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Markenführung westlicher Unternehmen im chinesischen Internet

©2006 Diplomarbeit 173 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Das Internet gilt als Wegbereiter des globalen Marketings und eröffnet den Unternehmen neue weltweite Kommunikations- wie auch Vertriebsmöglichkeiten. Der chinesische Markt stellt dabei jedoch in besonderem Maße Neuland dar: Die starken, mit der Abschottung des chinesischen Internets vom World Wide Web verbundenen rechtlichen Restriktionen, die kulturellen Unterschiede in der Internetnutzung, die heterogene ökonomische und infrastrukturelle Entwicklung des Landes – all diese Faktoren müssen neben den Besonderheiten, die sich für die Markenführung im Medium Internet ergeben, sorgfältig bei der Markenkommunikation beachtet werden, wenn sich ausländische Marken in China etablieren wollen.
Die überwiegend jugendliche, schnell wachsende Internetgemeinde – in den Ballungszentren der östlichen Regionen konzentriert – ist geprägt von der Suche nach Unterhaltung und Austausch: Das Internet gibt ihr die Möglichkeit, sich auszudrücken und ein „sinisiertes Internet“ mit eigener Sprache, dem Internetjargon, zu schaffen. Zwar steht die Mehrzahl der chinesischen Internetnutzer dem Online-Shopping aufgrund der infrastrukturellen Engpassfaktoren noch skeptisch gegenüber, jedoch ist in diesem Bereich mit einer steigenden Akzeptanz und Anzahl kaufkräftiger Konsumenten auszugehen.
Webseitenbetreiber müssen dabei mit hohem personellen und bürokratischen Aufwand, der sich aus den gesetzlichen Regelungen ergibt, rechnen: das stark ausgeprägte Kontrollgefüge wacht streng darüber, dass staatsfeindliche Inhalte den Internetnutzer nicht erreichen und nehmen zu diesem Zweck auch die Webseitenbetreiber in die Pflicht, kostenintensive Lizenzgenehmigungen vorzunehmen und die laufende Kontrolle der eigenen Inhalte zu gewährleisten.
Für die Markenführung im Internet wiederum ergeben sich zusätzliche Potenziale, die die Markenbekanntheit erhöhen, das Image der Marke verbessern und den chinesischen Kunden an die Marke binden können. Dies ist grundsätzlich auf die höhere Aktiviertheit während der Nutzung des Pull-Mediums zurückzuführen und aufgrund des geringen Markenbewusstseins und Markenloyalität chinesischer Konsumente besonders wichtig: Die Eigenschaften Interaktivität und Multimedialität spielen bei der Emotionalisierung des Markenauftritts und dem Aufbau von marken-spezifischer und positiver Assoziationen eine besondere Rolle.
Um sich in der steigenden Wettbewerbsdichte im chinesischen Markt zu differenzieren, ist das Angebot funktionaler und […]

Leseprobe

Nina Schweinsberg
Markenführung westlicher Unternehmen im chinesischen Internet
ISBN-10: 3-8324-9966-0
ISBN-13: 978-3-8324-9966-2
Druck Diplomica® GmbH, Hamburg, 2006
Zugl. Fachhochschule Offenburg, Offenburg, Deutschland, Diplomarbeit, 2006
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© Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany


Kurzdarstellung
II
Kurzdarstellung
Das Internet gilt als Wegbereiter des globalen Marketings und eröffnet den
Unternehmen neue weltweite Kommunikations- wie auch Vertriebs-
möglichkeiten. Der chinesische Markt stellt dabei jedoch in besonderem Maße
Neuland dar: Die starken, mit der Abschottung des chinesischen Internets vom
World Wide Web verbundenen rechtlichen Restriktionen, die kulturellen
Unterschiede in der Internetnutzung, die heterogene ökonomische und
infrastrukturelle Entwicklung des Landes ­ all diese Faktoren müssen neben
den Besonderheiten, die sich für die Markenführung im Medium Internet
ergeben, sorgfältig bei der Markenkommunikation beachtet werden, wenn sich
ausländische Marken in China etablieren wollen.
Die überwiegend jugendliche, schnell wachsende Internetgemeinde ­ in den
Ballungszentren der östlichen Regionen konzentriert ­ ist geprägt von der
Suche nach Unterhaltung und Austausch: Das Internet gibt ihr die Möglichkeit,
sich auszudrücken und ein ,,sinisiertes Internet" mit eigener Sprache, dem
Internetjargon, zu schaffen. Zwar steht die Mehrzahl der chinesischen
Internetnutzer dem Online-Shopping aufgrund der infrastrukturellen
Engpassfaktoren noch skeptisch gegenüber, jedoch ist in diesem Bereich mit
einer steigenden Akzeptanz und Anzahl kaufkräftiger Konsumenten
auszugehen.
Webseitenbetreiber müssen dabei mit hohem personellen und bürokratischen
Aufwand, der sich aus den gesetzlichen Regelungen ergibt, rechnen: das stark
ausgeprägte Kontrollgefüge wacht streng darüber, dass staatsfeindliche Inhalte
den Internetnutzer nicht erreichen und nehmen zu diesem Zweck auch die
Webseitenbetreiber in die Pflicht, kostenintensive Lizenzgenehmigungen vorzu-
nehmen und die laufende Kontrolle der eigenen Inhalte zu gewährleisten.
Für die Markenführung im Internet wiederum ergeben sich zusätzliche
Potenziale, die die Markenbekanntheit erhöhen, das Image der Marke
verbessern und den chinesischen Kunden an die Marke binden können. Dies ist

Kurzdarstellung
III
grundsätzlich auf die höhere Aktiviertheit während der Nutzung des Pull-
Mediums zurückzuführen und aufgrund des geringen Markenbewusstseins und
Markenloyalität chinesischer Konsumente besonders wichtig: Die Eigenschaften
Interaktivität und Multimedialität spielen bei der Emotionalisierung des
Markenauftritts und dem Aufbau von marken-spezifischer und positiver
Assoziationen eine besondere Rolle.
Um sich in der steigenden Wettbewerbsdichte im chinesischen Markt zu
differenzieren, ist das Angebot funktionaler und sachlich-informativer Mehrwerte
- ausgerichtet an den Präferenzen der Internetnutzer, speziell der Zielgruppe ­
notwendig. Großen Einfluss haben hier die Unterschiede kulturellen
Hintergrunds, die sich z. B. in der Popularität von Communities, der Wichtigkeit
der visuellen, stark bildlichen Gestaltung von Internetpräsenzen und der
besonderen Symbol- und Farbwirkung manifestieren.
Der Grad der Dialogorientierung einer Webseite steht hierbei für viele Chinesen
im Vordergrund. Chats, Blogs, Communities, Hotlines ­ eine persönliche
Beziehung mit dem Gegenüber durch das Internet aufzubauen, fördert das
Vertrauen in die Marke und wird als Informationsquelle gegenüber den
maschinell bereitgestellten Informationen bevorzugt. Das bedeutet z. B. auch,
dass chinesische Konsumenten wissen wollen: Wer steht hinter dieser Marke?
Für Unternehmen ergeben sich hieraus neue Herausforderungen an die
Serviceorientierung, Steuerung der entstehenden Dialoge und die Darstellung
ihrer Marke im Internet.

Inhaltsverzeichnis
IV
Inhaltsverzeichnis
Kurzdarstellung ________________________________________________ II
Inhaltsverzeichnis ______________________________________________IV
Abkürzungsverzeichnis ________________________________________ VII
Darstellungsverzeichnis _________________________________________IX
1
Einleitung: Markenführung in China als Herausforderung __ 1
1.1
Problemstellung_____________________________________ 1
1.2
Zielsetzung und Vorgehensweise ______________________ 2
2
Das Internet in China _________________________________ 4
2.1
Internetnutzung in China______________________________ 4
2.1.1
Chinesische Internetnutzung im internationalen Vergleich
­ Status quo und Entwicklung
5
2.1.2
Internetzugang 7
2.1.3
Geografische Nutzerverteilung
8
2.1.4
Demografisches Nutzerprofil
10
2.1.5
Populäre Dienste und Nutzerwünsche
11
2.1.6
Engpassfaktoren des E-Commerce
13
2.2
Internet unter chinesischen Vorzeichen ________________ 15
2.2.1
Die chinesische Sprache im Internet
15
2.2.2
Internetjargon 16
2.2.3
Internetcafés 18
2.3
Rechtliche Rahmenbedingungen und Zensur ___________ 19
2.3.1
Staatliche und institutionelle Einrichtungen der
Internet-Regulierung 19
2.3.2
Instanzen der Internetkontrolle
20
2.3.3
The Great Firewall
23
2.3.4
Propaganda-Methoden im Internet
24
2.3.5
Urheberrecht 25

Inhaltsverzeichnis
V
2.4
Zwischenfazit: Situativer Handlungsrahmen ____________ 26
3
Markenführung im Internet ___________________________ 28
3.1
Grundlagen________________________________________ 28
3.1.1
Begriff der Marke
28
3.1.2
Begriff der Markenführung
30
3.1.3
Strategische Optionen der Markenführung im Internet
32
3.2
Marken im Internet __________________________________ 33
3.2.1
Problem der Nichtgreifbarkeit
33
3.2.2
Schaffung multimedialer Markenwelten
38
3.2.3
Markenbedrohung durch das Internet
41
3.2.4
Marken-Controlling 45
3.3
Die Rolle der Interaktivität____________________________ 46
3.3.1
Merkmale eines interaktiven Markenauftritts
47
3.3.2
Generierung von Flow-Erlebnissen
49
3.3.3
Interaktive Gestaltung des Markenauftritts
51
4
Markenkommunikation und -integration ________________ 54
4.1
Ziele der Markenkommunikation ______________________ 54
4.1.1
Markenbekanntheit 56
4.1.2
Markenimage 56
4.1.3
Markenbindung 57
4.1.4
Berücksichtigung des Konsumentenverhaltens
58
4.2
Interkulturelles Webdesign ___________________________ 60
4.2.1
Notwendigkeit der Lokalisierung
60
4.2.2
Kulturdimensionen nach H
OFSTEDE
und H
ALL
61
4.2.3
Anwendung der Kulturdimensionen an das Webdesign in China 64
4.2.4
Culturability 67
4.2.5
Symbole und Farbcodierung
69
4.3
Instrumente zur Steigerung der Markenbekanntheit ______ 72
4.3.1
Banner und Ads
73
4.3.2
Suchmaschinenmarketing 76
4.3.3
Virale Kommunikation
78

Inhaltsverzeichnis
VI
4.4
Instrumente zur Stärkung des Markenimages während des
Kontakts _________________________________________ 80
4.4.1
Markenspiele 81
4.4.2
Avatare 82
4.4.3
Mobile Value Added Services (MVAS)
84
4.4.4
Online Sponsoring
85
4.5
Instrumente zur Stärkung der Markenbindung ___________ 87
4.5.1
E-Mail-Werbung 87
4.5.2
Online Brand Communites und Blogs
89
4.5.3
Zugangsbeschränkte Services und E-CRM
91
4.6
Internetbezogene Markenintegration ___________________ 93
4.6.1
Formale Integration
95
4.6.2
Inhaltliche Integration
96
4.6.3
Internationale Integration
98
4.6.4
Zeitlich-taktische Integration
99
5
Qualitative Analyse westlicher und chinesischer
Markenpräsenzen in China_________________________ 100
5.1
Vorüberlegungen und Analysekriterien________________ 100
5.2
Lenovo Mobile und Nokia ___________________________ 102
5.2.1
Lenovo Mobile
102
5.2.2
Nokia 104
5.3
Mercedes-Benz und Zhonghua_______________________ 106
5.3.1
Mercedes-Benz 106
5.3.2
ZhongHua 109
6
Handlungsempfehlungen ___________________________ 111
7
Anhang __________________________________________ 120
8
Quellenangaben ___________________________________ 140

Abkürzungsverzeichnis
VII
Abkürzungsverzeichnis
AI Artificial
Intelligence
ARPU
Average revenue per user
B2B Business-to-Business
B2C
Business-to-Consumer
ccTLD
Country Code Top Level Domain
CNGI
China Next Generation Internet
COO Country-of-Origin
CRM Customer
Relationship Management
ECA
Embodied Conversational Agent
FMCG
Fast Moving Consumer Goods
FTTH
Fibre to the home
IP-Adresse
Internet Protocol Adresse
IPv6
Internet Protocol version 6
IuK
Information und Kommunikation
IAP
Internet Access Provider
ICP
Internet Content Provider
IDV Individualism, Individualität
IEP Integrated
Experience Proposition
ISP
Internet Service Provider
KPI
Key Performance Indicator
LTO
Long-Term Orientation, Langfristige
Orientierung
MAS Masculinity,
Maskulinität
MII
Ministry of Information Industry

Abkürzungsverzeichnis
VIII
MMORPG
Massive Multiplayer Online Role-
Playing Game
MMS
Multimedia Messaging Service
MPS
Minstry of Public Security
MVAS
Mobile
Value Added Services
NBE
Nation Brand Effect
PD
Power Distance, Machtdistanz
PoS
Point of Sale
PR
Public
Relations
SMS
Short Message Service
SSL
Secure Socket Layers
TLD Top
Level
Domain
UA
Uncertainty Avoidance, Vermeidung
von
Ungewissheit
UCE
Unsolicited Commercial E-Mail
URL
Uniform Resource Locator
USP
Unique Selling Proposition
VoD
Video on Demand
VR Volksrepublik
WTO
World Trade Organisation

Darstellungsverzeichnis
IX
Darstellungsverzeichnis
Darst. 1: Einordnung der in der Diplomarbeit behandelten Themenfelder
2
Darst. 2: Internetnutzer und Wachstumsraten in China
6
Darst. 3: Digital Divide in China
9
Darst. 4: Altersstruktur der chinesischen Internetnutzer
11
Darst. 5: Hauptgrund für die Nutzung des Internets in China
12
Darst. 6: Zeit, die Internetnutzer auf Webseiten unterschiedlicher
Sprachen verbringen
15
Darst. 7: Verschlüsselungsformen im chinesischen Internetjargon
17
Darst. 8: Beispiele für Domains mit Zahlenkombination
18
Darst. 9: Hierarchische Struktur der Internetregulierung in China
21
Darst. 10: Steuerrad der Markenführung
30
Darst. 11: Handlungsfelder der internetbezogenen Markenführung
31
Darst. 12: Informative und emotionale Ansprache bei Investitions- und
Konsumgütermarken
35
Darst. 13: Beispiel für ein produktbezogenes Leistungsangebot
36
Darst. 14: Beispiel für ein Angebot des näheren Markenumfelds
36
Darst. 15: Mittlere Responsezeit auf E-Mail/Internet-Anfragen
48
Darst. 16: Überblick über die Wirkungszusammenhänge hoch interaktiver
Markenauftritte im Internet
50
Darst. 17: Flow-Erlebnisse und ihre positiven bzw. negative Einflussfaktoren 53
Darst. 18: Geringe Loyalität chinesischer Internetnutzer
55
Darst. 19: Kulturdimensionen H
OFSTEDES
in China und ausgewählten
westlichen Ländern
63
Darst. 20 : Herabwürdigende Werbung des Schuhmarkenartiklers Nike
70
Darst. 21: Bedeutung, Produktassoziationen und Beliebtheit von Farben in
China
71

Darstellungsverzeichnis
X
Darst. 22: Internetauftritt von Siemens in Deutschland und China
71
Darst. 23: Wege, durch die chinesischen Internetnutzer auf neue
Webseiten aufmerksam werden
73
Darst. 24: Banner mit wechselnder Verlinkung
75
Darst. 25: Zusammensetzung des chinesischen
Suchmaschinenmarktes 2005
77
Darst. 26: Beispiel für MVAS der chinesischen Internetpräsenz der
Marke Disney
85
Darst. 27: Die niederländische Biermarke Heineken als Sponsor des
UEFA-Cups im chinesischen Internet
86
Darst. 28: Blog der Marke Ikea
91
Darst. 29: Prozesse des E-CRM
92
Darst. 30: Klassische Werbung einer reinen Internetmarke
94
Darst. 31: Integrationsdreiklang zur Gestaltung einheitlicher Kampagnen
95
Darst. 32: Instrumentell integrierte Kampagne von Coca Cola
97
Darst. 33: Analysekriterien der qualitativen Websiteanalyse
95
Darst. 34: Schlüsselbild der Marke Nokia
104
Darst. 35: MVAS der Marke Nokia auf dem Internetportal Sohu
98
Darst. 36: Beispiel fehlender länderspezifischer Contentadaption
108
Darst. 37: Ausgeprägte Service-Orientierung der Marke ZhongHua
109
Darst. 38: Übersicht der Problemfelder und Maßnahmen zur
Markenführung im chinesischen Internet
103

Einleitung: Markenführung in China als Herausforderung
1
1 Einleitung: Markenführung in China als
Herausforderung
1.1 Problemstellung
,,You may have a thoroughly researched brand strategy for Western markets,
you may know your positioning and your key messages, but there is no
guarantee that any of it will work in China":
1
Das strenge Kontrollsystem des Staates, die infrastrukturellen und
demografischen Besonderheiten des Landes, der chinesische Konsument als
,,Black Box" ­ diese neuen Herausforderungen verlangen eine Modifikation der
in den westlichen, gesättigten Märkten bewährten Maßnahmen und Strategien.
Seit dem Beitritt Chinas zur World Trade Organisation (WTO) drängen immer
mehr Unternehmen der westlichen Welt auf den chinesischen Markt und sehen
sich vielfältigen kulturellen, ökonomischen und gesetzlichen Hürden gegenüber,
die eine Auseinandersetzung mit und eine Anpassung an den Markt erfordern ­
nicht nur hinsichtlich des Portfolios und des Vertriebs, sondern auch
insbesondere der Kommunikation.
Im Rahmen der Markenführung im Internet, die sich auf die
Markenkommunikation konzentriert, ergeben sich neue Möglichkeiten der
Positionierung: zum einen durch die multimedialen und interaktiven
Ansprachemöglichkeiten, zum anderen durch die rasant steigende Anzahl und
Kaufkraft chinesischer Internetnutzer. Gleichzeitig stellt sich aber hier die Frage,
in wie weit sich die Nutzung des Mediums von der in westlichen Ländern
unterscheidet und welche Auswirkungen dies auf die praktische Umsetzung der
Markenkommunikation in China hat: Welche Maßnahmen der Kommunikation
können im Internet Erfolg versprechend eingesetzt werden? Für westliche
Unternehmen resultiert aus dem Engagement im chinesischen Markt eine
1
Colyer (2005), o.S.

Einleitung: Markenführung in China als Herausforderung
2
Gratwanderung zwischen lokaler Anpassung und globaler Markenführung mit
weit reichenden Folgen für den zukünftigen Erfolg.
1.2 Zielsetzung und Vorgehensweise
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, westlichen Unternehmen Handlungsempfeh-
lungen hinsichtlich der Markenführung im Internet für den chinesischen Markt
zu geben.
Um dies zu erreichen, wird in einem ersten Schritt auf den situativen und
medienspezifischen Handlungsrahmen der Markenführung eingegangen. Das
zweite Kapitel beinhaltet daher die Analyse technischer, sozialer und rechtlicher
Gegebenheiten und bildet den situativen Handlungsrahmen mit dem Ziel,
Unterschiede in der Nutzung des Mediums in China festzustellen und daraus
erste Anhaltspunkte für die Erreichbarkeit von Zielgruppen und die
Ausgestaltung der Markenpräsenz zu erhalten.
Darst. 1: Einordnung der in der Diplomarbeit behandelten Themenfelder
Quelle: in Anlehnung an Bongartz (2002), S. 24
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit dem medienspezifischen
Handlungsrahmen und soll Vor- und Nachteile der Markenführung im Medium
Internet aufdecken. Zu diesem Zweck wird auf die Themen Multimedialität,

Einleitung: Markenführung in China als Herausforderung
3
Nichtgreifbarkeit, informative und emotionale Mehrwerte, Interaktivität, Marken-
Controlling und Gefahrenanalyse eingegangen.
Das vierte Kapitel baut auf den Erkenntnissen der zwei vorhergehenden Kapitel
auf und nimmt sich der Markenkommunikation im chinesischen Internet an.
Dabei wird auf eine Auswahl der einsetzbaren Instrumente vertiefend
eingegangen und das Potenzial mit wichtigen Kenndaten (z.
B.
Suchmaschinenmarkt) für den praktischen Einsatz erfasst.
Im fünften Kapitel werden alle Erkenntnisse zu Kriterien zusammengefasst, die
einen Leitfaden zur Beurteilung von westlichen und chinesischen
Markenpräsenzen ergeben. Exemplarisch werden hier gute Lösungen,
Probleme und Unterschiede zwischen chinesischen und westlichen
Markenpräsenzen aufgezeigt.
Das sechste Kapitel fasst die gewonnenen Einsichten aus dem situativen,
medienspezifischen Handlungsrahmen und der Analyse der
Markenkommunikation zusammen, indem Problemfelder und deren
Lösungsansätze aufgezeigt und konkrete Empfehlungen an die
Markenmanager in China gegeben werden.

Das Internet in China
4
2 Das Internet in China
Mit Euphorie wird das Wachstum des chinesischen Internetsektors betrachtet.
Dies gilt für den rasanten Anstieg der Nutzerzahlen als auch den damit
verbundenen steigenden Einnahmen der nationalen Internetunternehmen: Nach
den USA sind hier die meisten Internetnutzer online. Dabei liegt die
Internetpenetration zurzeit bei insgesamt lediglich 8,5 % und weist ­ abhängig
von der jeweiligen Wirtschaftskraft ­ regional starke Unterschiede auf. Es gilt,
das Potenzial vorhandenen Internetnutzer zu aktivieren.
Die Ängste vor der Globalisierung und der damit einhergehenden
Verwestlichung hat zur Entwicklung eines ,,sinisierten Internets" geführt, das
durch die überwiegend jugendlichen Nutzer zu Spielwiese ihres neuen ,,E-
Lifestyles" geworden ist. Um die Verbreitung von ,,illegalen" Inhalten zu
verhindern, ist die Internetnutzung weitreichenden Einschränkungen
unterworfen. Der chinesische Staat unterhält zu diesem Zweck einen
Kontrollapparat, der technische und personale Ressourcen einbezieht und
Internet Service Provider (ISP)
1
, Internetcafé- und Webseitenbetreiber sowie
Internetnutzer gleichermaßen zur Selbstregulierung zwingt. Das chinesische
Internet steht also gleichzeitig für wirtschaftliche Expansion als auch für
staatliche Eingrenzung.
2.1 Internetnutzung in China
Die Rahmenbedingungen der Internetnutzung wie Entwicklung, Demografie und
Präferenzen der Internetnutzer hilft, die chinesischen Netizens besser
einzuschätzen und die angebotenen Inhalte auf die Nutzer am Markt
auszurichten. Die statistischen Daten basieren größtenteils auf der
Interneterhebung des China Information Network Center (CNNIC), dessen
Studien halbjährig veröffentlicht werden. Sie stützen sich auf die Evaluierung
1
Internet Service Provider sind Internetdienstanbieter, die Webseitenbetreibern gegen Entgelt
technische Leistungen anbieten. Dabei wird zwischen Host Provider, Internet Access Provider
(IAP) und Internet Content-Provider (ICP) unterschieden.

Das Internet in China
5
von Internetumfragen, die auf mehreren chinesischen Webseiten geschaltet
werden und zwischen 16.000 und 23.500 ausgefüllte Fragebogen umfasst.
2.1.1 Chinesische Internetnutzung im internationalen Vergleich
­ Status quo und Entwicklung
Im Januar 2006 gab es über 111 Millionen Internetnutzer in China, womit das
Land im internationalen Vergleich Platz zwei hinter den USA (mit 220 Millionen
Nutzern) einnimmt.
1
Das Potenzial ist allerdings angesichts der geringen
Internetpenetration von lediglich 8,5 % längst nicht ausgeschöpft.
2
China
befindet sich hinsichtlich der Internetnutzung noch in einem frühen
Entwicklungsstadium, wobei diese ­ je nach Einkommensstärke ­ durch große
regionale Unterschiede geprägt ist:
3
Großstädte Chinas wie Shanghai (25,8 %),
Beijing (27,6
%) und Tianjin (19,1
%)
4
weisen bereits eine höhere
Internetpenetration vergleichbar der osteuropäischer Staaten wie Polen
(27,8 %), Rumänien (23,1 %) und Russland (15,5 %)
5
auf.
Die Schnelligkeit, mit der die Anzahl der Netzbürger in China gewachsen ist
(s. Darst. 2), ist im internationalen Vergleich besonders auffallend. Betrug die
Zuwachsrate der Internetnutzer in der Europäischen Union von 2000 bis 2005
immerhin 141,5 % und in Asien 186,5 %, war in der Volksrepublik China ein
Anstieg von 292,5 % zu verzeichnen.
6
Diese Wachstumsraten, die um das Jahr
2000 im Halbjahresvergleich sogar zeitweise dreistellig waren, sind aber
seitdem deutlich gesunken, ebenso die der registrierten Domains und Websites.
Dennoch sind hier weiterhin substanzielle Zuwächse in Form neuer Nutzer aus
den bisher unterpräsentierten Regionen zu erwarten. Es muss daher das Ziel
sein, verstärkt potenzielle Neukunden zu erreichen und bereits erfahrene
Internetnutzer für neue und bestehende Services zu begeistern.
7
1
Vgl. CNNIC (2006)/a S. 5.
2
Vgl. CNNIC (2006)/a, eigene Berechnung auf Basis der Gesamtbevölkerung.
InternetWorldStats/Top 25 (2005), o. S. entsprechend machen Netzbürger in 30 Ländern der
Erde, darunter die USA, Hongkong, Singapur, Südkorea, Taiwan, Japan und dem Großteil der
europäischen Länder mehr als 50 % der Bevölkerung aus.
3
Vgl. Fang (2004), S. 1.
4
Prozentangaben aus CNNIC (2005)/b S. 5.
5
Vgl. InternetWorldStats/Welt (2005), o. S.
6
Vgl. Prozentangaben aus InternetWorldStats (2005)/Welt, o.S.
7
Vgl. Schmidkonz (2005), S. 79.

Das Internet in China
6
Darst. 2: Internetnutzer und Wachstumsraten in China
Quelle: CNNIC (1998-2005), eigene Darstelllung, eigene Berechnungen,
angelehnt an Schmidkonz (2005), S. 73.
Seit dem Jahr 2000 veröffentlicht ,,The Economist Intelligence Unit" (EIU)
jährlich eine ländervergleichende Studie zur ,,e-Readiness", d.
h. dem
Befähigungsgrad zur Nutzung von Informations- und
Kommunikationstechnologien. Dieses Ranking basiert auf über einhundert
qualitativen und quantitativen Faktoren, die anzeigen, wie zugänglich ein Markt
für Internetgeschäfte ist.
Diese Faktoren sind zu folgenden Teilen auf sechs Kriterien verteilt und
gewichtet:
1
1. Verbindung und technologische Infrastruktur / 25 % Gewichtung
2. Wirtschaftliche Rahmenbedingungen / 20 % Gewichtung
3. Akzeptanz von Verbrauchern und Unternehmern / 20 % Gewichtung
4. Rechtliche Rahmenbedingungen und Richtlinien / 15 % Gewichtung
5. Soziales und kulturelles Umfeld / 15 % Gewichtung
6. Vorhandensein von E-Services (z. B. Beratung, IT) / 5 % Gewichtung
Im internationalen Vergleich liegt China hinter Ägypten auf Platz 54, im Asien-
Pazifik-Vergleich ­ mit der Bewertung 3,85 von 10 ­ auf dem 12. von 16
Plätzen. Zwar vereinigt China zusammen mit Indien nahezu ein Drittel aller
weltweiten IuK-Investitionen und bietet durch seinen wachsenden Technologie-
1
Vgl. Economist Intelligence Unit (2005), S. 20-21; ausführliche Beschreibung s. Anhang 1.

Das Internet in China
7
Fertigungs-Sektor eine Grundlage für die globale IuK-Wirtschaft, trotzdem
schlagen sich diese milliardenumfassenden Investitionen nicht positiv in der
Gesamtbewertung beider Länder nieder, da sie nur einen sehr kleinen Teil ihrer
Gesamtwirtschaft ausmachen.
1
In den Einzelbewertungen zu den Bereichen ,,Verbindung und technologische
Infrastruktur" (2,50 von 10) und ,,Akzeptanz von Verbrauchern und
Unternehmern" (2,75 von 10) schnitt China besonders schwach ab.
2
Die geringe
Internetpenetration, die zum Durchschnittsgehalt verhältnismäßig hohen Kosten
für den Internetzugang und den Mobilfunk sowie das zurückhaltende Verhalten
gegenüber Online-Shopping sind hier vermutlich Schlüsselkomponenten für die
geringe Bewertung.
3
2.1.2 Internetzugang
Chinas Internet-Ordnungsbehörde autorisiert vier staatliche Organisationen,
zusammengefasst unter dem Namen ,,Ministry of Information Industry" (MII), zur
Betreibung von Netzwerken, die mit dem globalen Internet verbunden sind. Das
MII beaufsichtigt sieben staatlich lizenzierte Internet Access Provider (IAP)
4
,
unter denen der Anbieter ChinaNET 79 % aller Netzzugänge zur Verfügung
stellte.
5
Ein Großteil der chinesischen Internetnutzer geht immer noch über Dial-up-
Modems ins Internet. Teure Breitbandzugänge werden jedoch immer beliebter,
so dass die Anzahl der Breitbandnutzer seit Januar 2002 auf momentan ca.
51,5 % aller Internetnutzer angestiegen ist.
6
ChinaNET bot als erster IAP
Breitbandzugänge an und plant bis 2006 eine landesweite Versorgung.
7
Im
Dezember 2004 wurde außerdem die erste Aufbaustufe des
Hochgeschwindigkeitsnetzes ,,CERNET2" im Rahmen des staatlich finanzierten
1
Vgl. Economist Intelligence Unit (2005), S. 3.
2
S. Liste mit ausgewählten Ländern und deren Bewertungen unter Anhang 2.
3
CNNIC (2005)/b zufolge gingen im Juni 2005 nur 19,6% der Internetuser online einkaufen.
4
Backbone Netwerkbetreiber
5
Vgl. Schmidkonz (2005), S. 75, Die Gesamtkapazität der Netze CSTNET, ChinaNET,
CERNET, UNINET, CHINA169, CIETNET und CMNET lag im Juni 2005 bei 82.617 Mbps.
6
Vgl. CNNIC (2005)/b, eigene Berechnung, Hinweis: Mehrfachangaben waren möglich
7
People's Daily Online (2005), o.S.; Großstädte wie Beijing und Shanghai haben Investitionen
in den Ausbau des Telekommunikationsnetzwerkes Höhe von mehreren Milliarden US-Dollar
bis 2010 angekündigt

Das Internet in China
8
Projektes CNGI (China Next Generation Internet) abgeschlossen. Ein Backbone
mit einer Geschwindigkeit von 2,5 Gbit/s verbindet nun 25 Universitäten des
Landes und verwendet ausschließlich IPv6-Adressen.
1
Der beliebteste Zugangsort ist dabei die eigene Wohnung. Waren es 1999 nur
44 % der ,,Netizens", die von zu Hause aus ins Internet gingen, gaben dies im
Juli 2005 bereits über 68 % an. Weitere 57 % nutzen das Internet im Büro oder
in der Schule.
2
Eine substanziell große Zahl von Internetnutzern besucht
weiterhin Internetcafés, so genannte ,,Wangbas". Diese bieten
Bevölkerungsschichten mit geringem Einkommen, insbesondere außerhalb der
Großstädte, die Möglichkeit, den Umgang mit dem Internet zu lernen und es
ohne hohe Anschaffungskosten eines PCs zu nutzen. Eine 30-Stunden-Karte
kostet allerdings trotzdem schon US$ 12,4 (100 RMB),
3
was bereits ein Zehntel
eines chinesischen Durchschnittseinkommens ausmacht.
4
2.1.3 Geografische Nutzerverteilung
Die globale Kluft zwischen Industrie- und Entwicklungsländern hinsichtlich des
Entwicklungsstands der Informationsgesellschaft wird allgemein als ,,Digital
Divide" bezeichnet. Der rasante wirtschaftliche Aufschwung und die
Implementierung von Telekommunikationsnetzwerken im Speziellen haben zu
einer inner-chinesischen Spaltung geführt. Anfang 2005 entfallen allein auf die
regierungsnahen Städte Shanghai, Beijing, Tianjin und Chongqing 12,17
Millionen Internetnutzer, also 12,2 % der Gesamtnutzerzahl in China. Im
Westen des Landes hingegen liegt die Internetpenetration fast ausnahmslos
unter 5 %, was nicht nur an der wirtschaftlich schwierigeren Lage, sondern auch
an der Infrastruktur des Telekommunikations-netzwerkes liegt; lediglich die
östliche Küstenregion verfügt eine hohe Anzahl an Breitbandverbindungen.
Unter den nutzerreichen Provinzen führt Guangdong mit 11,88 Millionen Usern
(12,6 % aller chinesischen User), gefolgt von Jiangsu (6,610 Mio.: 7,0 %) und
Zheijang (5,340 Mio.: 5,7 %).
5
Zusammen mit Sichuan und Hubei stellen diese
1
Heise Online/Cernet2 (2004), o.S.
2
Prozentangaben vgl. CNNIC (2005)/b, Hinweis: Mehrfachangaben waren möglich.
3
Vgl. Liang (2003). S. IX.
4
Laut CNNIC (2005)/b verdienen 50 % der Internetnutzer unter 500 RMB (62 US$).
5
S. Anhang 3: Provinzen der VR China und Taiwan, zur Orientierung.

Das Internet in China
9
Provinzen mehr als ein Drittel der chinesischen User.
1
Der Vergleich mit den
Zahlen der dünn besiedelten, westlich gelegenen Provinzen Chinas (Xinjiang,
Tibet, Gansu, Qinghai, und die Innere Mongolei) zeigt den Digital Divide (s.
Darst. 3) deutlich: Diese Gebiete beanspruchen 55 % der Fläche Chinas,
stellen aber nur 3,9 % aller Internetnutzer.
2
Gründe für diese Ost-West-Teilung
sind die unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklung, die fehlende oder
schlechte infrastrukturelle Anbindung und die dadurch verursachte Armut.
Darst. 3: Digital Divide in China
Quelle: eigene Darstellung, Prozentangaben aus CNNIC (2005)/a, S. 5f
Mit der ,,Go-West-Policy" der Regierung, die diese Ungleichheiten durch Ver-
besserung des Transport- und Logistiksystems der westlichen Provinzen
abzumildern und damit chinesische und ausländische Investoren für diese
Gebiete zu gewinnen versucht, konnte eine Erhöhung des Bruttosozialprodukts
(BSP) dieser Regionen erreicht werden.
3
Auch die so genannten ,,Golden
Projects"
4
, eine staatliche, 1993 eingeführte Initiative mit dem Ziel der
Modernisierung der Telekommu-nikations- und Informationsstruktur,
verbesserten die Voraussetzungen für den Zugang zum Internet.
1
Vgl. Goldenstein (2004), S. 32 f und CNNIC (2005)/a, S. 5 f.
2
Zahlenangaben aus CNNIC (2005)/a und eigene Berechnungen.
3
Vgl. Chinadaily (2005), o.S.
4
S. Anhang 4, empfohlene Literatur: Fries (2000)

Das Internet in China
10
Tatsächlich kann seit 1999 eine geringe regionale Annäherung der Internet-
penetration festgestellt werden:
1
Anfang 2002 stellten die Metropolen Beijing
und Shanghai noch knapp 20 % der Internetnutzer, Anfang 2005 waren es nur
noch 9 %.
2
Internetcafés spielen dabei für die Bewohner der Kleinstädte Chinas
eine Schlüsselrolle, da das Geld für eigene Computer und Zugänge fehlt.
3
In
China ist also das Internet immer noch ein ,,vom ,Reichtum` der Regionen, aber
auch vom individuellen ,Reichtum` abhängiges und geprägtes Phänomen",
4
also
ein partielles Erlebnis einer Minderheit und einiger weniger Landesteile.
2.1.4 Demografisches Nutzerprofil
Seit 1998 hat sich der durchschnittliche chinesische Internetnutzer sehr
gewandelt. So war das Internet in seiner Anfangszeit ein vornehmlich von
Männern genutztes Medium; im Jahre 1998 waren lediglich 7,2 % der
Internetnutzer weiblich.
5
Diese Form der Digital Divide hat sich aber bis Mitte
2005 soweit angeglichen, dass von einem ,,ausgeglichenen
Geschlechterverhältnis der Internetnutzer"
6
ausgegangen werden kann.
Der Großteil chinesischer Netizens, nämlich über der Hälfte der nicht
studierenden Internetnutzer, muss mit weniger als 1.500 RMB
7
monatlich
auskommen.
8
Grund dafür ist zum einen die steigende Zahl an Nutzern aus
ländlichen Gebieten und zum anderen die steigende Anzahl an Netizens, die
keinen Highschool-Abschluss besitzen, sich also noch in der Ausbildung
befinden und kein eigenes Einkommen vorweisen können. Gerade 10 % der
chinesischen Internetnutzer verdienen mehr als 2.000 RMB monatlich.
9
Diese
Verteilung beeinflusst maßgeblich das Potenzial für E-Commerce-Aktivitäten
und erklärt das starke Interesse an kostenlosen bzw. mit geringen Kosten
verbundenen Online-Diensten.
1
Vgl. Goldenstein (2004), S. 33.
2
Vlg. CNNIC (2002)/a, o. S. und CNNIC (2005)/a, S. 5
3
Vgl. Markle Foundation (2003)/Small Cities. S. VIII.
4
Fang (2005), o. S.
5
Vgl. CNNIC (1998)/b, o. S.
6
Schmidkonz (2005), S. 80.
7
1.500 RMB entsprechen 154 EUR, www.xe.com, Stand 14.01.2006.
8
Vgl. CNNIC (2005)/b, S. 11, unter den Studenten sind es über 90 %, die mit einem
Einkommen unter 1.500 RMB auskommen müssen.
9
Vgl. CNNIC (2005)/b, S. 11, eigene Berechnung.

Das Internet in China
11
Die Alterstruktur der Internetnutzer ist ein weiterer Indikator. Über die Hälfte der
Nutzer ist jünger als 25 Jahre, der Großteil davon wiederum ist zwischen 18
und 24 (insgesamt 37,7
%).
1
Das chinesische Internet kann also als
,,Jugendkultur"
bezeichnet werden.
2
Es überrascht daher nicht, dass ein Drittel
der Netizens Studenten (33,2 %) sind, gefolgt von (Service-)Angestellten
(11,1 %), Technikern (11,0 %) und Managern (8,8 %).
3
Darst. 4: Altersstruktur der chinesischen Internetnutzer
Quelle: CNNIC (2005)/b, S. 9
2.1.5 Populäre Dienste und Nutzerwünsche
,,Life and work are serious, but people go online for fun":
4
Um chinesischen
Internet-nutzern mit ihren Wünschen und Interessen anzusprechen, ist es
unerlässlich, deren Präferenzen, Verhalten und Kritiken an diesem Medium zu
beleuchten.
Eine Analyse der inhaltlichen Nutzung des Mediums zeigt, dass der Hauptgrund
zur Internetnutzung sich in den letzten Jahren von ,,Informationsbeschaffung" zu
,,Entertainment" verlagert hat. Chinesische Nutzer möchten unterhalten werden:
durch Online-Spiele, Video on Demand (VoD), Musik zum Downloaden. Dies
1
Vgl. CNNIC (2005)/b, S. 9, eigene Berechnung.
2
Vgl. Fang (2004), S. 14.
3
CNNIC (2004), S.10.
4
Markle Foundation (2003)/Small Cities,
S. 13.

Das Internet in China
12
gilt vor allen Dingen für die Netizens aus ländlichen Gebieten, die 85 % aller
Online-Spieler ausmachen.
1
Selbst für chinesische Verhältnisse zahlen sie sehr
geringe Gebühren für den Zugang zu Spielen.
2
Die Anzahl der Spieler wird ­ angesichts sich ständig verbessernder Computer-
und Netzwerk-Technologien, der Entstehung von Spieler-Communites sowie
die Veranstaltung von ,,Internet Gaming"-Wettkämpfen ­ weiter zunehmen.
Prognosen gehen von jährlichen Zuwachsraten von durchschnittlich 24 % in
den nächsten drei Jahren aus.
3
Die wichtigsten Informationsarten, die über das Internet abgerufen werden
(s. Darst. 5), sind Nachrichten, Computer-News, Unterhaltung, Services sowie
E-Books und wissenschaftliche Beiträge. Ähnliche Ergebnisse liefern auch
Befragungen in westlichen Ländern.
4
Darst. 5: Hauptgrund für die Nutzung des Internets in China
Quelle: in Anlehnung an CNNIC (2005)/b, S. 13
Einerseits wird das Internet als Kommunikationsmedium (E-Mails, Communities
und Chats) genutzt, andererseits als Informationsquelle oder
Unterhaltungsmedium. Zu den dabei meist genutzten Services in China
gehören E-Mails, Nachrichten, Suchmaschinen, Download von Musik, Filmen
1
Vgl. Morgan Stanley (2005), S. 6.
2
Die Kosten betragen durchschnittlich 0,4 RMB/Stunde; vgl. Morgan Stanley (2005), S. 54.
3
Vgl. iResearch (2004)/Online Games, S. 13.
4
S. beispielsweise ARD/ZDF (2005), S. 369.

Das Internet in China
13
und Sendungen, gefolgt von Instant Messaging, Online Communities und
Internet-Spielen.
1
Auch diese Ergebnisse ähneln denen aus Befragungen von deutschen Internet-
nutzern. Einen bedeutenden Unterschied gibt es jedoch: E-Commerce-Services
spielen in China eine wachsende, aber immer noch geringe Rolle. 75 % der
Internetnutzer geben an, noch nie online eingekauft zu haben und nur 10 %
wählen diesen Vertriebskanal regelmäßig.
2
2.1.6 Engpassfaktoren des E-Commerce
Viele Chinesen vertrauen dem Einkaufen im Internet nicht. Dafür gibt es vier
Hauptgründe:
3
Kulturelle Aspekte
Für Chinesen ist es wichtig, die Produkte haptisch und visuell zu prüfen. Das
Internet bietet jedoch nur beschränkte Möglichkeiten der Darstellung und birgt
deshalb die Gefahr eines Fehlkaufs in sich. Auch nach dem Kauf wird an der
Qualität des Produkts gezweifelt.
4
Zahlsysteme
Momentan werden die meisten Rechnungen online per Debit- oder Kreditkarte
beglichen. Diese Zahlungsmethode ist jedoch auch für Offline-Käufe in China
wenig gebräuchlich. Alternative Internet-Bezahl-Produkte, wie Billingsysteme
oder Micro-payment per Telefonrechnung, werden seit 2005 verstärkt
angeboten.
5
Die Vielzahl der Zahlungsmöglichkeiten (beispielsweise durch
Spielkarten, Postaufträge, Bank-transfer, internationale oder lokale
Kreditkarten) hat für Verwirrung gesorgt.
6
Deshalb bezahlen rund ein Viertel der
Online-Shopper noch bar bei Lieferung.
7
1
CNNIC (2005)/b, S. 14.
2
Vgl. BBC (2005)/E-Commerce, o. S.
3
Vgl. Schmidkonz (2005), S. 289 ff.
4
Vgl. BBC (2005)/E-Commerce, o.S.
5
Die drei führenden Zahlungsssysteme werden von Alibaba.com's AliPay Service
(www.alipay.com), eBay Inc.'s PayPal Service (www.paypal.com.cn) und 99Bill Corp.
(www.99bill.com) angeboten.
6
Vgl. CNN (2005)/E-Payment, o.S.
7
Vgl. CNN (2005)/E-Payment, o.S.

Das Internet in China
14
Sicherheitsbedenken
Viele Online-Shopper fürchten um die Sicherheit ihrer persönlichen Daten und
Bankverbindungen sowie die Missbrauchsmöglichkeiten. Eine gesetzliche
Gewährleistung gibt es nicht. Das heißt, je höher die Glaubwürdigkeit von E-
Commerce Webseiten eingestuft wird, desto erfolgreicher können diese Kunden
zum Kauf überzeugt werden. Offline etablierte Marken sind hier klar im Vorteil.
Transaktionsorientierte Webseitenbetreiber können durch
Sicherheitsmaßnahmen, z. B. durch das Anbieten von verschlüsselten SSL-
Zugängen wie sie in westlichen Ländern bereits zum Standard gehören, das
Vertrauen in die Webseite erhöhen.
Logistik und Distribution
Ein weiterer Hinderungsgrund für die Entwicklung des E-Commerce ist die
schlechte bzw. fehlende Infrastruktur des Distributionsnetzwerkes. Dieser Fakt
schränkt alle E-Commerce-Aktivitäten auf einen regional begrenzten
Spielraum ein, denn weder im B2B- (Business-to-Business) noch im B2C-
Bereich (Business-to-Consumer) gibt es eine ausreichende Anzahl an Logistik-
Unternehmen, die landesweit agieren. Tatsächlich werden die meisten online
bestellten Waren traditionell mit dem Fahrrad geliefert.
1
Am alten Verfahren ,,Bestellung per Mausklick, Lieferung per Fahrrad und
Bezahlung in bar"
2
wird sich dabei in naher Zukunft lediglich der Bezahlvorgang
ändern. Langfristig ist jedoch ungeachtet der regionalen Beschränkungen zu
erwarten, dass die Anzahl der Online-Käufer zunimmt: Die Studenten von
heute, werden zu (für chinesische Verhältnisse) kaufkräftigen und mit dem
Internet vertrauten Kunden von morgen.
1
Vgl. CNN (2005)/E-Payment, o.S.
2
Fang (2004), S.39.

Das Internet in China
15
2.2 Internet unter chinesischen Vorzeichen
2.2.1 Die chinesische Sprache im Internet
Im weltweiten Kontext sind Computersysteme deutlich von der englischen
Sprache dominiert. Diese Tatsache allein rief und ruft in China Ängste über den
Verlust der mit der Globalisierung einhergehenden kulturellen Identität hervor,
die als ,,Westernization"
1
(Verwestlichung) wahrgenommen wird. Hinzu kommt
die Sprachbarriere. Auch wenn Englischkenntnisse wichtiger denn je geworden
sind: Die meisten Chinesen finden sich auf englischen Internetseiten nicht
zurecht und besuchen daher fast ausschließlich chinesischsprachige Seiten
(vgl. Darst. 6).
Einzelne englische Ausdrücke werden vor allem von Jugendlichen in
Chatrooms verwendet; eine Kommunikation ausnahmslos in dieser Sprache
findet aber nicht statt. Englische Ausdrücke in der Werbesprache sollen das
Gefühl der Weltoffenheit und Modernität hervorrufen
2
und werden daher auch
im Internet vereinzelt benutzt, um eine Marke dementsprechend zu
positionieren.
Darst. 6: Zeit, die Internetnutzer auf Webseiten unterschiedlicher
Sprachen verbringen
Quelle: in Anlehnung an Markle Foundation (2005), S. 33
1
Hockx/Strauss (2005), S. 529.
2
Vgl. Jia (2005), S. 174.

Das Internet in China
16
Selbst in der Internetfachsprache wurden nicht einfach die englischen Begriffe
wie ,,Internet", ,,Chatroom", ,,WWW" übernommen, sondern ein
chinesischsprachiges Pendant kreiert. Dies gilt auch für Spezialausdrücke wie
,,Transfer Control Protocol" oder ,,ASCII-Kodierung".
Mit der Einführung des chinesischen Textverarbeitungssystems ,,Cangjie" vor
26 Jahren wurde der erste Baustein zur ,,Sinisierung des Computers"
geschaffen.
1
Auf diesem Sprachsystem aufbauend können seit Mai 2003 URLs
auch unter der chinesischen Schriftweise registriert und abgerufen werden.
2
Die
Online-Plattform www.3721.com bietet außerdem die Registrierung von E-Mail-
Adressen mit chinesischen Schriftzeichen an. Die chinesische ID wird dabei mit
einer in lateinischer Schrift angemeldeten E-Mail-Adresse verlinkt.
Grundsätzlich kann zwischen den Darstellungsweise in
vereinfachtem
Chinesisch
(dargestellt durch die Schriftkodierung ,,Guibao"
3
), das hauptsächlich
in der VR China benutzt wird, und in
traditionellem Chinesisch
(dargestellt
durch die Schriftkodierung ,,Big5") welches vorzugsweise in Macau, Taiwan und
Hongkong angewandt wird, unterschieden werden.
2.2.2 Internetjargon
Die Popularität von E-Mail, Foren und Chatrooms bringt nicht nur eine
Veränderung in der Kommunikation und der Kontaktaufnahme mit sich, sondern
schlägt sich auch in der Sprache nieder. Die Benutzung von speziellen
Buchstaben- und Zahlenfolgen trennt erfahrene von den weniger erfahrenen
Internetnutzern ­ und damit meist die ältere Generation von der jüngeren. Diese
gebraucht inzwischen über 2.000 neu erfundene Netzwörter, deren Sinn auch
ein durchschnittlicher chinesischer Internetnutzer nicht unbedingt
nachvollziehen kann.
1
Die Abkürzungen gehen auf eine Mischung von
Chinesisch und Englisch zurück. Auch arabische und japanische Wörter werden
im chinesischen Internetjargon eingesetzt und durch eine abgekürzte
1
Vgl. Fang (2004), S. 96.
2
Vgl. Fang (2004), S. 96 f. Beispielsweise ist die Internetseite der Pekinger Universität auch
unter der URL http://
.
cn oder mit der Länderkennung
(chin. ,,China"),
.
(chin. ,,.net")
oder
.
(chin. ,,.com") erreichbar. Auch der chinesische Punkt ( ) kann verwendet werden, um
sich umständliche Sprachwechsel auf der Tastatur zu sparen.
3
Die aktuelle Version heißt ,,GB18030".

Das Internet in China
17
Schreibweise verschlüsselt. Dabei gibt es unterschiedliche
Verschlüsselungsformen (s. Darst. 7).
Vorgehensweise
Ausdruck
Bedeutung
Abkürzung von
bestehenden Wörtern
GF
GG [gege]
Girl friend
Bruder
Homophone
Trockner
[hong pei ji]
88 [ba ba]
TMD [ta ma de]
Homepage
Bye bye
Verdammt noch mal
Beibehalten des ersten
ausgegebenen Wortes des
Textverarbeitungssystems
Garnele
= Internetexperte
Ritter
Metaphern
Frosch
Drache
MM [meimei]
= Schöne Augenbrauen
Hässlicher Mann
Hässliche Frau
Frau
Sonstige Assoziationen
101
365
,,Eisen schmieden"
100 als beste Note in der
Schule
365 Tage eines Jahres
Am Chat teilnehmen
Darst. 7: Verschlüsselungsformen im chinesischen Internetjargon
Quelle: eigene Zusammenstellung
Eine Vermischung dieser Formen der Wortveränderung ist möglich. So steht ein
Ritter als Metapher für Internetexperten, wird aber durch das chinesische
Zeichen
für Garnele dargestellt. Der Grund ist folgender: Das PC-Eingabesystem für
chinesische Zeichen wird nach Homophonen sortiert. Da unter den
Homophonen von ,,da xia" als erstes das Zeichen von Garnele auftaucht, wird
dieses der Schnelligkeit halber benutzt und dadurch zu einem Synonym von
Internetexperte.
2
1
Anhang 5 zeigt eine Auswahl an Wörtern.
2
Vgl. Fang (2005), S. 106 f.

Das Internet in China
18
Darst. 8: Beispiele für Domains mit Zahlenkombination
Quellen: www.so.265.com, www.17173.com, www.163.com, www.520music.com
Besonders beliebt für den Einsatz in Domains ist die Zahlensprache, wie das
Beispiel der erfolgreichen Spielplattform 163.com
1
zeigt. Die chinesische
Aussprache der Zahlen ergeben Schlagwörter, aber auch ganze Sätze.
Grundlage ist jedoch nicht nur die Aussprache im Mandarin-Chinesisch,
sondern auch die in verschiedenen Dialekten wie Kantonesisch und dem
Shanghaier Dialekt. Die Entschlüsselung der Zahlenkombinationen ist daher oft
mit Spekulation und Raten verbunden. Zu der homophonen Interpretation
kommt die Bedeutung, denen einzelnen Zahlen in China zugesprochen
werden.
2
Die Gründe für das Spiel mit der chinesischen Sprache sind vielfältig.
Zum einen geht darum, sich von den traditionsbewussten Eltern und
Internetlaien abzuheben, zum anderen ermöglicht diese Art der Abkürzung die
schnelle Kommunikation im Chat ­ und Contentanbietern die Einsatz-
möglichkeit von suggestiven Domain-Namen.
2.2.3 Internetcafés
Es kann zwischen zwei Arten von Internetcafés unterschieden werden: Kleine
Familienbetriebe, die aufgrund ihrer Flexibilität und günstigen Gebühren
konkurrenzfähig bleiben, und Großunternehmen, die meistens eine regional
ansässige Kette betreiben. Letztere verfügen oft über eine größere Ausstattung
und Services höherer Qualität. Seit 2000 verlangt die Regierung eine
Zulassungslizenz für den Betrieb eines Internetcafés und vergibt diese nur an
Cafés mit mindestens 20 Computern.
1
Aus diesem Grund legen sich seitdem
mehrere kleinere Cafés zusammen, die trotzdem separat geführt werden. Durch
eine staatliche Police werden seit kurzem große Wangba-Ketten-Betreiber
unterstützt, wodurch die kleinen Internetcafés in die Illegalität gezwungen
1
,,163" bedeutet in der homophonen Übersetzung ,,alles Gute" oder ,,gute Reise".
2
Sechs, Acht und Neun werden als Glückszahlen angesehen, die Vier als eine Unglückszahl.

Das Internet in China
19
werden. Normalerweise sind ,,Wangbas" dazu verpflichtet, die Passnummer der
Kunden zu registrieren und Minderjährigen nach 21 Uhr den Zugang zu
verweigern. Der einzige Weg, für Kunden attraktiv zu bleiben, ist Vorschriften
wie diese zu umgehen. Die Absicht der Regierung, die Zahl der
Internetcafébetreiber zu begrenzen und damit die Kontrolle zu maximieren, hat
also den gegenteiligen Effekt bewirkt. Um das Problem in den Griff zu
bekommen, werden von Zeit zu Zeit Razzien veranstaltet, bei der die
Schließung erzwungen oder Verwarnungen ausgesprochen werden.
2.3 Rechtliche Rahmenbedingungen und Zensur
Die chinesische Staatsregierung unterstützt die Entwicklung des Internets und
dessen Infrastruktur und betrachtet es als grundlegend für die ökonomische und
technologische Entwicklung. Gleichzeitig wendet sie erhebliche Ressourcen
auf, um die Kontrolle über den Inhalt und den öffentlichen Zugang zu behalten:
Das Land ist immer noch ein Einparteienstaat, dessen Führer die freie Rede
und den unkontrollier-ten Informationsfluss fürchten.
2
Ihre Maßnahmen zur
Steuerung und Kontrolle von Internet-Content reichen von Propaganda über
staatseigene Webseiten und Diskussionsforen über das Verhindern des
Zugangs und der Veröffentlichung staatsfeindlicher oder sittenwidriger Themen.
Diese Regelungen basieren auf behördlichen Verordnungen und der
technischen Kontrolle auf mehreren Ebenen - vom Staat bis zum Internetnutzer.
Dadurch entsteht das weltweit strengste und effektivste System zur Begrenzung
von Internetinhalten.
2.3.1 Staatliche und institutionelle Einrichtungen der Internet-Regulierung
Im Dezember 1997 übernahm das ,,Ministry of Public Security" (MPS) die
Verantwortung dafür, die Interessen Chinas zu wahren und erließ so genannte
,,Computer Information Network and Internet Security, Protection and
Management Regulations".
3
Demzufolge müssen sich alle Netzwerkeinheiten
1
Vgl. Markle Foundation (2003)/Small Cities, S. XI; die genaue Zahl ist abhängig von Vorgaben
der Provinz.
2
Vgl. Qiang (2005), o. S.
3
Vgl. ATIP (1998), o. S.

Das Internet in China
20
und Organisationen, die mit dem Internet verbundene Computernetzwerke
nutzen, registrieren lassen. Zum ersten Mal wurde darin die Kritik an dem
sozialistischen System und den Staatsorganen unter Strafe gestellt. Seit dem
Jahr 2000 expandiert die Zahl der für das Internet zuständigen
Kontrollinstitutionen: Mittlerweile sind es mehr als ein Duzend Institutionen und
Behörden, die heute internetbezogene Vorschriften und Verbote aufstellen.
1
Da die Definitionen, die in vielen Verordnungen verwendet werden, sehr
ungenau und weit gefasst sind, kommt es häufig dazu, dass Vorschriften sich
überschneiden und früher eingeführte Regeln neu definiert werden.
2
Für
Betreiber multimedialer Webseiten ergibt sich dadurch ein großer
bürokratischer Aufwand. Wollen sie beispielsweise ein Internetspiel anbieten,
brauchen sie zusätzlich zu einer ICP-Lizenz für das Hosten der Seiten eine
Lizenz vom Kultusministerium in Peking; eine Genehmigung von dem ,,State
Bureau of Radio, Film and Television" wird nötig, sollte ein Werbespot auf der
Webseite laufen. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit den benötigten
Lizenzen für den Internetauftritt und seinen Elementen ist immer notwendig,
wenn nicht gegen lokales Recht verstoßen werden soll.
2.3.2 Instanzen der Internetkontrolle
Die Durchsetzung der von den Ministerien und Behörden erlassenen
Verordnungen wird durch ein hierarchisch gegliedertes Kontrollgefüge
sichergestellt. Sanktionierungsmaßnahmen lassen sich von einer
übergeordneten Ebene auf eine niedrigere ausüben. Oberstes Ziel ist es, von
der Regierung als sensibel oder kontrovers erachtete Themen aus den Medien
auszuschließen.
3
Journalisten, die über unvorteilhafte Ereignisse berichten oder
1
Eine Liste der staatlichen, institutionellen Einrichtungen zur Regulierung des Internets und ihre
Aufgabengebiete sind unter Anhang 6 einzusehen.
2
Vgl. OpenNet (2005), S. 8, OpenNet ist ein Kooperationszusammenschluss zwischen den drei
Akademischen Institutionen
Munk Centre for International Studies
, Toronto, der
Harward Law
School
und der
University of Cambridge
und gibt Studien zur Internetzensur unterschiedlicher
Länder heraus. Ausführliche Informationen zu den Ergebnissen der OpenNet-Studie China sind
unter Anhang 7 einsehbar.
3
Zu diesen Themengebieten gehören OpenNet (2005), S. 4 f zufolge revolutionäre politische
Ideen und kontroverse Staatshandlungen einschließlich des Tiananmen-Massakers, die
Unterstützung für ein freies Tibet, die Falun Gong Bewegung, Kritik an den Menschen- und
Sozialrechten, Pressefreiheit und pro-demokratische und pro-westliche Kommentare sowie
pornografische Inhalte.

Das Internet in China
21
die Parteilinie anzweifeln, landen regelmäßig im Gefängnis oder müssen
Strafen zahlen. Um solche Inhalte im Internet zu verhindern bzw. binnen
Stunden löschen zu lassen und den ,,Schuldigen" zu finden, werden innerhalb
des Kontrollgefüges, der Staat und Bürger gleichermaßen einbezogen (s. Darst.
9).
Die oberste Instanz ist dabei das ,,Ministerium für Öffentliche Sicherheit" (MPS)
mit seinen regionalen Behörden. Es beschäftigt 30.000 Internetüberwacher,
auch ,,Cyberpolizei" genannt. Sie operiert in 700 Städten und Provinzen Chinas
als eine Untereinheit in den Polizeirevieren und führt regelmäßig
stichprobenartige Prüfungen von Webseiten und E-Mails durch. Verstöße
gegen die allgemeine Pflicht der Selbstzensur können für Webseitenbetreiber
Strafen in Form von Lizenzentzug, Entzug der Mitgliedschaft oder Gefängnis
ausgesprochen werden.
1
Darst. 9: Hierarchische Struktur der Internetregulierung in China
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Qiu (2000), S. 14 und Schmidkonz (2005), S. 247
Internet Service Provider
(ISP) müssen jegliche Verantwortung für die Inhalte
auf ihren Seiten übernehmen. Werden illegale Inhalte auf der Webseite
gefunden, drohen den Unternehmen Lizenzentzug und Geldstrafen. Außerdem
1
Schmidkonz (2005), S.246

Das Internet in China
22
sind sie dazu verpflichtet, Logfiles und persönliche Daten von Abonnenten wie
Kontobezeichnung, Adresse oder Domain-Name der Webseite und
Telefonnummer, 60 Tage aufzubewahren und den Behörden auf Verlangen
auszuhändigen.
1
Wenn
Webseitenbetreiber
eine Nachricht verbotenen Inhalts entdecken, sind
sie ebenfalls dazu verpflichtet, diese Information an das MII, das MPS und das
,,State Secret Bureau" (SSB) weiterzuleiten. Eine unmittelbare Folge aus diesen
Vorschriften ist die Selbstregulierung. Dies ist besonders wichtig, wenn
Internetnutzer direkt Inhalte hinzufügen können, wie bei virtuellen Communities,
Blogs und Chatrooms. Um kritische Inhalte und ganze Konten zu löschen, wird
Überwachungspersonal eingestellt ­ dies ist auch vom Gesetzgeber so
verlangt, um die erforderliche Lizenz zu bekommen.
2
Für die Beantragung von
Lizenzen müssen hauptsächlich Berichte verfasst und Personal nachgewiesen
werden. Besonders streng sind die Regeln für Webseiten, die Nachrichten
anbieten wollen. Ohne die entsprechende Zulassung dürfen nur Texte anderer
veröffentlichten Zeitungen oder anderer Medien übernommen werden. Die
Registrierungsnummer und Lizenzangaben müssen dann auf der Webseite
leicht sichtbar platziert werden.
3
Sehr umstritten ist die Zusammenarbeit westlicher Webseitenbetreiber mit den
chinesischen Behörden. So leitete Yahoo im Oktober 2005 Informationen an
den Staat weiter, die zu der Verhaftung eines chinesischen Journalisten führten.
In einem Interview von CNN mit Jack Ma kommentiert der Gründer von
Alibaba.com den Vorfall wie folgt: ,,Where ever you do business these are the
basic principles. As a company, you have to make profits, to make profits you
have to follow the local laws."
4
Die Bestrebungen der Regierung, die Anzahl der Internetcafébetreiber zu
minimieren und dadurch die Kontrolle über sie zu erhöhen,
1
führt seit 2001
regelmäßig zu Razzien, in der Tausende Cafés geschlossen oder verwarnt
werden. Zusammen mit der Information über den benutzten Computer und
Dauer der Sitzung werden die Ausweisdaten festgehalten. Diese Informationen
1
OpenNet (2005), S. 14
2
Die Kopie einer Lizenz für das Internetportal Sina.com.cn ist unter Anhang 8 einsehbar.
3
Vgl. OpenNet (2005), S. 9
4
CNN (2005)/Interview with Ma, o.S.

Das Internet in China
23
werden für den Zugriff des zuständigen ,,Public Security Bureau" und des Amtes
für Kultur 60 Tage lang aufbewahrt und ermöglicht bestenfalls die
Rückverfolgung einzelner Personen anhand der IP-Adresse und/oder Logfiles
sowie persönlichen Daten der ISPs. Zusätzlich muss auf jedem Rechner
Software installiert sein, die den Zugang zu ausgewählten Webseiten
beschränkt. Technische Maßnahmen zur Blockierung von Webseiten finden
also nicht ausnahmslos durch das nationale Backbone, sondern auch lokal über
spezielle Softwareinstallationen statt, die seit dem Jahr 2000 für Internetcafés
verpflichtend ist. Da im Frühjahr 2001 bei gerade der Hälfte aller Wangbas
diese Software ordnungsgemäß installiert war, wurden im Laufe einer, so
genannten ,,Ausrichtungsbewegung" 17.488 Internetcafés geschlossen und
48.390 neu registriert.
2
Bis Ende 2003 hieß es offiziell, dass die Zahl der
Internetcafés um 45 % reduziert worden sei und von anfänglichen 200.000 nur
noch 110.000 operierten; die meisten von ihnen sollen aus den genannten
Gründen unter die Kontrolle von nicht mehr als 100 Filialketten gebracht
werden.
3
Die
Internetnutzer
, als letzte Instanz der Hierarchie, üben dazu gegenseitig
Kontrolle aus. Im Oktober 2004 führte das MPS ein Netzwerk von Online-
Berichterstattungszentren ein, die Internetnutzer dazu aufforderten, ,,schädliche"
und ,,illegale" Informationen zu melden. Die Informanten erhielten dafür
Belohnungen, die bis zu 10.000 RMB betrugen.
4
Anfang 2006 wurden auch
Pfadfinder und Jugendliche anderer organisierter Gruppen dazu aufgerufen,
sich als ,,Internet-Spitzel" im Dienste des Staates zu betätigen.
5
2.3.3 The Great Firewall
Der gesamte chinesische Cyberspace, unter der Verantwortung des MPS, ist
abgeschottet vom globalen Netz nur über die Backbones (Hauptnetzwerke) mit
der Außenwelt verbunden. Jeder von aus China getätigte Seitenabruf muss
also über diese Gateways laufen und gibt den Netzwerkbetreibern dadurch die
1
Vgl. Kapitel 2.2.4.
2
Vlg. Fang (2004), S. 66.
3
Vgl. Heise Online (2003)/Internetcafés, o. S.
4
Vgl. Lau (2005), o. S. z. B. über www.net.china.com.
5
Vgl. NetZeitung (2006), o. S.

Das Internet in China
24
Befugnis darüber, welche IP-Adressen von China aus aufgerufen werden
können. Der größte Hersteller von Netzwerkausstattungen, Cisco Systems aus
den USA, stellt dafür eine moderne Content-Filter-Software, Chinas ,,Great
Firewall"
1
, bereit. Mit ihr ist es z. B. möglich, alle Webseiten, die das Wort
,,Falun" beinhalten, zu sperren. Dabei wird die URL an eine falsche IP-Adresse
weitergeleitet. Dann erscheint beim Internetnutzer eine Fehlermeldung,
teilweise auch als Netzwerkfehler, Weiterleitung oder Laufzeitfehler getarnt.
2
Dabei wird ,,over-blocking"
3
, also die Sperrung einer ganzen Domain bei nur
einzelnen Seiten mit illegalen Inhalten, als Vorsichtsmaßnahme toleriert.
4
Die Zahl der durch die ,,Great Firewall" geblockten Webseiten beläuft sich auf
mehrere Zehntausend.
5
E-Mails werden Nachforschungen der Initiative
OpenNet zufolge auch auf dem Level der ISPs und nicht dem Backbone-Level
blockiert. Die verwendete Filtertechnik wird bei westlichen E-Mail-Service-
Provider als Mittel zur Bekämpfung von ,,Spam" eingesetzt.
Suchmaschinenergebnisse hingegen werden durch Filter der Suchmaschinen
und
Chinas Netzwerkbetreiber aus der Listung genommen, was eine aktive
Mithilfe der Suchmaschinenbetreiber voraussetzt.
2.3.4 Propaganda-Methoden im Internet
Um auch die Internetnutzer als aktives Element in die Zensur von Internetseiten
mit einzubeziehen, muss die chinesische Regierung deren Unterstützung
gewinnen. In den letzten sechs Jahren hat das ,,Internet Propaganda
Administrative Bureau" daher erhebliche finanzielle Ressourcen für den Aufbau
und die Unterstützung regierungseigener Web-Portale verwendet. Ca. 10 %
aller chinesischen Webseiten werden direkt von der Regierung betrieben.
6
Neben den fünf populären Webseiten Renmin Ribao, Xinhua News Agency,
China Radio International, ChinaDaily und dem China Internet Information
1
in Anlehnung an den Begriff ,,Great Wall" (engl. Chinesische Mauer).
2
OpenNet (2005), S. 20.
3
Lau (2005), o.S.
4
OpenNet (2005), S. 10 f.
5
Vgl. La Grande Epoque (2005), o. S.,
6
Vgl. Qiang (2005), o. S.

Das Internet in China
25
Centre
1
gibt es weitere 150 Nachrichten-Webseiten, die von den zentralen und
lokalen Regierungen implementiert wurden. Alle chinesischen Webportale, die
keine Lizenz für die Verbreitung von Nachrichten besitzen oder sie nicht
verlieren wollen, sind dazu angehalten, die Inhalte der staatlichen Webseiten zu
übernehmen.
Der Staat hat nun auch die zahlreichen Online-Foren als Möglichkeit der
Meinungsbeeinflussung für sich entdeckt: Beispielsweise werden zu
anstehenden Events staatliche Experten und Beamte eingeladen, die direkt mit
den Internetnutzern chatten und dabei die Sicht des Staates vertreten.
2.3.5 Urheberrecht
Am 30. Mai 2005 wurden in China ­ offenbar als Reaktion auf die Mahnung der
USA, sich an die Regeln der ,,World Trade Organisation" (WTO) zu halten ­ die
,,Administrative Protection Rules on Internet Copyright" (APRIC)
2
implementiert,
die die Verletzung von geistigem Eigentum im Internet unter Strafe stellen. Mit
diesen neuen Regulierungen will das MII vor allem die ISPs in die Pflicht
nehmen: Sie sollen in Zukunft dafür verantwortlich sein, dass Inhalte, die
fremde Urheberrechte verletzen, aus dem Internet entfernt werden.
3
So kann
ein Autor, wenn er seine Urheberrechte durch eine Webseite gefährdet sieht,
den ISP in schriftlicher Form benachrichtigen. Dieser muss nach Prüfung der
Angaben über den Besitz des Urheberrechts den Inhalt von seinen Seiten
unverzüglich löschen. Bei Nichteinhaltung drohen dem ISP Strafen von bis zu
100.000 RMB. Diese Rechte gelten auch für Künstler und Inhaber von Rechten
zu Video-, Audio- oder sonstigen Produktionen.
Eine staatlich durchgeführte Studie zum Thema Urheberrecht zeigte das
geringe Interesse an der Durchsetzung der Urheberrechte. Oftmals seien sich
die Konsumenten nicht einmal bewusst, dass diese verletzt werden, da die
Kopien kaum von den Originalen zu unterscheiden seien. Dieser Zustand wird
als Anlass genommen, die Gesetze für den Vertrieb im Internet zu verschärfen:
,,If the government doesn't take measures to deal with Internet piracy, its efforts
1
Diese Webseiten sind unter www.people.com.cn, gb.chinabroadcast.cn, www.chinadaily.net
und www.cnnic.com.cn abrufbar.
2
Vgl. Buyusainfo.net (2005), o. S.
3
Vgl. ISC (2005), o.S.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783832499662
ISBN (Paperback)
9783838699660
DOI
10.3239/9783832499662
Dateigröße
5.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Offenburg – Medien und Informationswesen
Erscheinungsdatum
2007 (Januar)
Note
1,3
Schlagworte
markenkommunikation china internet webseite marke
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Titel: Markenführung westlicher Unternehmen im chinesischen Internet
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