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Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding

Systematisierung der B2B-Strategie 'Ingredient Branding' unter Berücksichtigung von derzeitigen Entwicklungen sowie Best Practices für eine erfolgreiche Umsetzung

©2005 Diplomarbeit 138 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
„Marken sind in“, jedoch gilt dieses Motto für die B2C- und B2B-Märkte (noch) nicht gleichermaßen. Die Bedeutung der Markierung von Produkten und Dienstleistungen - im Englischen auch „Branding“ genannt - ist zwar in B2C-Märkten den Unternehmen schon seit geraumer Zeit bekannt, jedoch wird diese Thematik in B2B-Märkten bisher nach wie vor eher stiefmütterlich behandelt.
Dieser bislang unterschiedliche Stellenwert der Kraft der Marke wird u.a. durch die Zahl der Markenanmeldungen im Jahr 2000 in Deutschland belegt. Von den mehr als 86.000 Markenneuanmeldungen entfielen nämlich knapp 80% auf B2C-Marken und nur 20% auf B2B-Marken. Dennoch ist abzusehen, dass sich zukünftig nahezu kein größeres Unternehmen im B2B-Sektor einer gezielt auf die Marke ausgerichteten Markenpolitik weiter verschließen kann, ohne Umsatz-, Gewinn - oder Markteinteile gegenüber Konkurrenten zu verlieren.
Wer heute und auch noch morgen im globalen Wettbewerb erfolgreich sein will, sollte sämtliche zur Verfügung stehenden Marketinginstrumente einsetzen. Diese Erkenntnis wird dazu führen, dass sich künftig B2B-Unternehmen verstärkt mit dem Thema Marke auseinandersetzen werden.
Die Praxis zeigt, dass es bereits eine Vielzahl von B2B-Anbietern gibt, denen die Wichtigkeit der Markenbildung und -führung bewusst ist. Intel, Dolby, Gore-Tex, Recaro, Shimano oder auch Tetra Pak sind nur einige dieser B2B-Marken respektive Unternehmen, die die Vorteile einer konsequenten Markenpolitik für den B2B-Sektor seit längerem erkannt haben und ihre Marketingaktivitäten verstärkt darauf ausrichten.
Es stellt sich nun die Frage, welche Marketinginstrumente diese Unternehmen, die ein vorbildliches Branding ihrer Marken betreiben, benutzen. Eine der Antworten darauf ist das Instrument „Ingredient Branding“, auf das im Folgenden näher eingegangen werden soll.

Gang der Untersuchung:
Ziel dieser Arbeit ist es, dem Leser aufzuzeigen, dass Marken auch im B2B-Sektor - und nicht nur wie derzeit hauptsächlich im B2C-Sektor - eine wichtige Rolle im Kaufprozess einnehmen können. Ein geeignetes Instrument zur Markierung von B2B-Marken stellt dabei Ingredient Branding dar. Neben einer ausführlichen Erklärung dieses spezifischen Marketinginstrumentes mit all seinen Besonderheiten sollen insbesondere Best Practices für eine erfolgreiche Umsetzung von Ingredient Branding dargelegt werden.
Als erstes erfolgt zunächst eine kurze Einführung in die bisherigen Marketingaktivitäten im […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis



I
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis... IV
Tabellenverzeichnis... V
1 Einleitung...
1
1.1 Einführung in die
Thematik... 1
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit... 2
2 Marketingaktivitäten
im B2B-Sektor...
3
2.1 Definitionen von B2B-Marketing und Abgrenzung zu B2C... 3
2.2 B2B-Sektor
und B2C-Sektor im Vergleich... 4
2.2.1 Gemeinsamkeiten beider Marktformen... 4
2.2.2 Unterschiede zwischen beiden Marktformen... 7
2.3 Der Einsatz von Marken im B2B-Bereich - Sinnvoll oder nicht?... 9
3 Ingredient Branding: B2B-Markenpolitik...
11
3.1 Definitionen und Begriffsabgrenzung... 11
3.1.1 Verschiedene
Definitionen von Ingredient Branding... 11
3.1.2 Begriffsabgrenzung
zu verwandten
Begriffen... 13
3.2 Objekte
und Funktionsweise
des Ingredient Branding... 17
3.2.1 Markierungsobjekte des Ingredient Branding... 17
3.2.2 Funktionsweise des Ingredient Branding... 20
3.2.2.1 Die Mehrstufigkeit
des Ingredient Branding... 20
3.2.2.2 Push- und Pull-Prinzip...
20
3.3 Besonderheiten
des
Ingredient
Branding... 24
3.3.1 Integralqualitäten des Ingredients... 24
3.3.2 Besonderheiten im Beschaffungsprozeß - Das Buying Center... 25
3.3.3 Besonderheiten im Akquisitions- und Verhandlungsprozeß -
Das Selling Center...
27
3.4 Ingredient Branding aus Sicht der beteiligten Gruppen... 28
3.4.1 Ingredient Branding aus Sicht des Ingredientherstellers... 28
3.4.2 Ingredient Branding
aus
Sicht
des
Endproduktherstellers... 29
3.4.3 Ingredient Branding
aus Sicht des Endverbrauchers... 30

II
4 Kommunikationspolitische Instrumente für eine erfolgreiche Umsetzung
von Ingredient Branding...
32
4.1 Unterschiedliche Gewichtung der eingesetzten Kommunikationsin-
strumente im B2B- und B2C-Bereich...
32
4.2 Kommunikationsinstrumente des B2B-Sektors... 32
4.2.1 Verkaufsförderung... 32
4.2.2 Personal Selling... 34
4.2.3 Werbung... 36
4.2.3.1 Klassische Werbung... 36
4.2.3.2 Direktwerbung... 38
4.2.4 Public Relations... 39
4.2.5 Sponsoring... 42
4.2.6 Event-Marketing... 43
4.2.7 Messen und Ausstellungen... 44
5 Bisherige Ingredient Branding Kampagnen...
46
5.1 Die Ursprünge des mehrstufigen Marketings... 46
5.2 Das Musterbeispiel ,,Intel Inside"... 47
5.3 Weitere Praxisbeispiele... 52
5.3.1 Beispiele aus der Chemiebranche... 52
5.3.2 Beispiele aus der Textilbranche... 59
5.3.3 Beispiele aus der Technologiebranche... 63
5.3.4 Beispiele aus der Automobilbranche... 64
5.3.5 Beispiele aus sonstigen Branchen... 67
5.3.6 Beispiele für Ingredient Branding bei Dienstleistungen... 70
6 Best Practices für die Umsetzung von Ingredient Branding...
71
6.1 Allgemeiner Leitfaden - Für Ingredient Hersteller aller Branchen... 71
6.1.1 Generelle
Empfehlungen für
ein
erfolgreiches
mehrstufiges
Marketing...
71
6.1.2 Empfehlungen für den Markenaufbau eines Ingredient Brand... 73
6.1.3 Empfehlungen zur Markenpositionierung eines Ingredient Brand.. 75
6.1.4 Auswahl einer geeigneten Markenstrategie... 77
6.1.5 Gestaltung des Ingredient Brand Markennamens... 80
6.1.6 Gestaltung des Ingredient Brand Markenzeichens... 82

III
6.1.7 Gestaltung des Ingredient Brand Slogans... 83
6.1.8 Gestaltung der Ingredient Brand Verpackung... 84
6.1.9 Lizenzierung von Ingredient Brands... 86
6.1.10 Rechtliche Aspekte des Ingredient Branding... 87
6.1.11 Auswahl geeigneter kommunikationspolitischer Instrumente... 88
6.2 Spezieller Leitfaden - Für Ingredient Hersteller in ausgewählten
Branchen...
90
6.2.1 Die Chemie- und Textilbranche... 90
6.2.2 Die Technologiebranche... 90
6.2.3 Die Automobilbranche... 91
7 Ingredient Branding - ,,Win-Win-Situation" für alle Beteiligte?...
95
8 Zusammenfassung und Ausblick...
98
Literaturverzeichnis...
VI
Anlagenverzeichnis...
XVI

IV
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Vergleich Ingredient Branding und Co-Branding... 14
Abb. 2:
Formen des Co-Branding... 15
Abb. 3:
Markierungsobjekte des Ingredient Branding... 18
Abb. 4:
Typologisierung der Verbrauchsgüter nach Verarbeitungsstufen... 19
Abb. 5:
Funktionsweise des Ingredient Branding... 21
Abb. 6: Arten der Verkaufsförderung... 33
Abb. 7:
Externe und interne PR-Instrumente... 40
Abb. 8:
Sponsoringarten... 42
Abb. 9:
,,Intel Inside"-Logo... 48
Abb. 10: Printanzeige zur Einführung des neuen ,,Intel Inside"-Logos... 49
Abb. 11: Makrolon Logo mit Bezug zur Bayer-Dachmarke... 55
Abb. 12: Arten von Markenzeichen... 82
Abb. 13: Verschiedene Ingredient Brand Markenzeichen mit integrierten
Slogan ...
84
Abb. 14: Unterstützungsinstrumente des Ingredient Branding... 89

V
Tabellenverzeichnis
Tab.1:
Ausprägungen der drei Markenfunktionen in ausgewählten B2B-Pro-
duktmärkten...
5
Tab. 2: B2B-Markenrelevanz in 18 ausgewählten Produktmärkten... 6
Tab. 3: Verteilung des Kommunikationsbudgets im B2B-Sektor in den USA
2001...
38
Tab. 4: Genutzte Informationsquellen in den letzten 12 Monaten nach Ent-
scheidertypen in Deutschland 2001...
39

1
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
1
Einleitung
1.1
Einführung in die Thematik
,,Marken sind in", jedoch gilt dieses Motto für die B2C- und B2B-Märkte (noch) nicht
gleichermaßen. Die Bedeutung der Markierung von Produkten und Dienstleistungen
- im Englischen auch ,,Branding" genannt - ist zwar in B2C-Märkten den Unternehmen
schon seit geraumer Zeit bekannt, jedoch wird diese Thematik in B2B-Märkten bisher
nach wie vor eher stiefmütterlich behandelt.
Dieser bislang unterschiedliche Stellenwert der Kraft der Marke wird u.a. durch die
Zahl der Markenanmeldungen im Jahr 2000 in Deutschland belegt. Von den mehr als
86.000 Markenneuanmeldungen entfielen nämlich knapp 80% auf B2C-Marken und nur
20% auf B2B-Marken (vgl. Schröder/Perrey, 2002, URL, S.10). Dennoch ist abzusehen,
daß sich zukünftig nahezu kein größeres Unternehmen im B2B-Sektor einer gezielt auf
die Marke ausgerichteten Markenpolitik weiter verschließen kann, ohne Umsatz-, Ge-
winn - oder Markteinteile gegenüber Konkurrenten zu verlieren.
Wer heute und auch noch morgen im globalen Wettbewerb erfolgreich sein will, sollte
sämtliche zur Verfügung stehenden Marketinginstrumente einsetzen. Diese Erkenntnis
wird dazu führen, daß sich künftig B2B-Unternehmen verstärkt mit dem Thema Marke
auseinandersetzen werden.
Die Praxis zeigt, daß es bereits eine Vielzahl von B2B-Anbietern gibt, denen die Wich-
tigkeit der Markenbildung und -führung bewußt ist. Intel, Dolby, Gore-Tex, Recaro,
Shimano oder auch Tetra Pak sind nur einige dieser B2B-Marken respektive Unter-
nehmen, die die Vorteile einer konsequenten Markenpolitik für den B2B-Sektor seit
längerem erkannt haben und ihre Marketingaktivitäten verstärkt darauf ausrichten.
Es stellt sich nun die Frage, welche Marketinginstrumente diese Unternehmen, die ein
vorbildliches Branding ihrer Marken betreiben, benutzen.
Eine der Antworten darauf ist das Instrument ,,Ingredient Branding", auf das im Fol-
genden näher eingegangen werden soll.

2
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
1.2
Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Ziel dieser Arbeit ist es, dem Leser aufzuzeigen, daß Marken auch im B2B-Sektor - und
nicht nur wie derzeit hauptsächlich im B2C-Sektor - eine wichtige Rolle im Kaufprozeß
einnehmen können. Ein geeignetes Instrument zur Markierung von B2B-Marken stellt
dabei Ingredient Branding dar. Neben einer ausführlichen Erklärung dieses spezifischen
Marketinginstrumentes mit all seinen Besonderheiten sollen insbesondere Best Practices
für eine erfolgreiche Umsetzung von Ingredient Branding dargelegt werden.
Als erstes erfolgt zunächst eine kurze Einführung in die bisherigen Marketingaktivitäten
im B2B-Sektor mit dem Ziel, die zunehmende Bedeutung von B2B-Marken zu un-
terstreichen. Darüber hinaus werden der B2B- und B2C-Sektor miteinander verglichen
und Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede beider Marktformen hervorgehoben.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich dann ausführlich mit Ingredient Branding. Es werden
grundlegende Ingredient Branding Definitionen, Begriffsabgrenzungen zu verwandten
Begriffen sowie markenrelevante Besonderheiten des Ingredient Branding besprochen.
Des Weiteren wird die Mehrstufigkeit dieses Marketinginstrumentes erläutert.
Im nächsten Kapitel erfolgt dann eine Konzentration auf die kommunikationspolitischen
Instrumente, ohne die Ingredient Branding Kampagnen in der Praxis undenkbar sind.
Darauf aufbauend wird im fünften Kapitel auf bisherige Ingredient Branding Kampag-
nen eingegangen, wobei insbesondere aufgeführt werden soll, welche kommunikations-
politischen Instrumente diese Unternehmen bei ihren Kampagnen jeweils eingesetzt
haben. Im 6.Kapitel, dem Kernkapitel dieser Diplomarbeit, werden schließlich Best
Practices für eine Umsetzung von Ingredient Branding dargestellt, die es zu beachten
gilt, damit diese Strategie erfolgreich verläuft.
Letztendlich folgt eine kritische Beleuchtung von Ingredient Branding, in dem die Vor-
und Nachteile sowie die Chancen und Risiken dieser Strategie aufgeführt werden, bevor
es dann zu einer abschließenden Zusammenfassung der gewonnenen Erkenntnisse die-
ser Arbeit und einem Ausblick kommt.

3
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
2
Marketingaktivitäten im B2B-Sektor
2.1
Definition von B2B-Marketing und Abgrenzung zu B2C
Bevor der B2B- mit dem B2C-Sektor verglichen und auf den bisherigen Stellenwert der
Markenpolitik im B2B-Sektor in diesem Kapitel näher eingegangen werden soll, ist es
empfehlenswert, zunächst einmal kurz zu definieren, was B2B eigentlich genau bedeu-
tet. Der Begriff ,,B2B" stammt aus dem Englischen und steht für Business-to-Business.
Die Bezeichnung ,,B2B" hat sich hierbei vor allem in der neueren englischsprachigen
Literatur durchgesetzt. In der deutschen Literatur beginnt der Begriff ,,Business-to-
Business-Marketing" erst allmählich Fuß zu fassen; eine geeignete deutsche Überset-
zung dafür liegt leider noch nicht vor.
Unter Business-to-Business-Marketing sind alle Bereiche des Marketings zu verstehen,
die sich nicht direkt an private Endabnehmer richten. Das heißt, daß die Marktpartner in
B2B-Märkten ausschließlich Unternehmen bzw. Organisationen sind und niemals priva-
te Konsumenten, wie es im Konsumgütermarketing (der englische Begriff ist ,,Business-
to-Consumer-Marketing") üblich ist.
B2B-Märkte existieren - unabhängig davon, um welche Güter oder Dienste es im Ein-
zelnen geht und welche Branche betroffen ist - überall dort, wo gewerbliche Anbieter
und Nachfrager in einer Austauschbeziehung stehen (vgl. Pepels, 1999a, S.5). Die Ziel-
gruppe gibt also Aufschluß darüber, ob es sich um ein Investitions- (des B2B-Sektors)
oder Konsumgut (des B2C-Sektors) handelt.
Anzumerken ist, daß die deutschen Begriffe ,,Industriegütermarketing" und ,,Investiti-
onsgütermarketing" (vgl. Backhaus, 1999, S.VIII) zwar in vielen Bereichen dem Busi-
ness-to-Business-Marketing ähneln, jedoch umschließt letzterer Begriff auch das Zulie-
ferergeschäft und den gesamten Bereich von Dienstleistungen im Geschäftskundenbe-
reich. Daraus wird deutlich, daß der Begriff ,,B2B" damit weitergehender ausgerichtet
ist (vgl. Backhaus, 1999, S. 9 und Godefroid, 2003, S.23).

4
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
2.2
B2B-Sektor und B2C-Sektor im Vergleich
2.2.1
Gemeinsamkeiten beider Marktformen
Trotz des in Kapitel 2.1 aufgeführten grundsätzlichen Unterschiedes zwischen B2B-
und B2C-Märkten lassen sich zweifellos eine Reihe von Gemeinsamkeiten in der Funk-
tionsweise von beiden Märkten in vielen Bereichen feststellen.
Diese Aussage unterstützt eine empirische Analyse, die das Marketing Centrum Müns-
ter in Zusammenarbeit mit McKinsey & Consultancy sowie dem Marktforschungsinsti-
tut TNS Emnid im Jahr 2002 durchgeführt hat (vgl. Schröder/Perrey, 2002, URL, S.15).
Im Rahmen dieser Forschungsinitiative ,,Excellence in Branding" wurden insgesamt 20
Produktmärkte untersucht, die repräsentativ für den B2B-Sektor sind. Dabei wurde bei
einer Befragung von insgesamt 769 B2B-Unternehmen nachgewiesen, daß die drei we-
sentlichen Kernfunktionen, die für die Kaufentscheidung in B2C-Märkten relevant sind,
ebenfalls auch für die B2B-Märkte von großer Bedeutung sind.
Diese drei Funktionen sind im Einzelnen (vgl. Schröder/Perrey, 2002, URL, S.15ff. und
Meffert/Schröder/Perrey, 2002, S.29f. und Pförtsch/Schmid, 2005, S.60ff.):
· Steigerung der Informationseffizienz
Marken erleichtern sowohl den Konsumenten in B2C-Märkten als auch den am
Kaufprozeß beteiligten Personen im sogenannten ,,Buying Center" (vgl. hierzu Ka-
pitel 3.3.2) in B2B-Märkten die Kaufentscheidung, da sie Informationen über die
Eigenschaften der Produkte bzw. Dienstleistungen in sich bündeln. Damit geben
Marken besonders in Zeiten einer zunehmenden Informationsflut (Internet etc.) Ori-
entierung und reduzieren die Komplexität.
· Risikoreduktion
Marken schaffen in B2C- und B2B-Märkten Vertrauen und reduzieren folglich das
Risiko, eine falsche Kaufentscheidung getroffen zu haben. Ferner versprechen sie
Sicherheit, Zuverlässigkeit und Kontinuität. Marken räumen somit Zweifel an der
aktuellen und zukünftigen Qualität der Produkte bzw. Dienstleistungen aus.
Darüber hinaus spielt die Risikoreduktion gerade in B2B-Märkten eine noch größere
Rolle, da Einkäufer und Nutzer in der Regel nicht ein und dieselbe Person sind. So-
mit sorgt die Marke dafür, die Kaufentscheidung abzusichern und gegenüber ande-
ren im ,,Buying Center" beteiligten Personen zu legitimieren - gemäß der bekannten

5
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
Branchenweisheit ,,Nobody ever got fired for buying an IBM" (vgl. Chernato-
ny/McDonald, 1998).
· Stiftung eines ideellen Nutzens
Marken bieten in beiden Marktformen den Käufern einen bestimmten Nutzen. Wäh-
rend dieser ideelle Nutzen in B2C-Märkten für den Markenkäufer hauptsächlich in
der Selbstverwirklichung und -darstellung besteht (wie z. Bsp. bei Designersonnen-
brillen), ist dieser Nutzen im B2B-Bereich ein anderer. So ist hier besonders die
Außendarstellung der Mitarbeiter sowie des Unternehmens als Ganzes wichtig, die
durch die Marke positiv beeinflußt werden sollen.
Des Weiteren werden B2B-Marken häufig für einen Reputationstransfer genutzt,
d.h., daß ein Unternehmen z. B. durch Ingredient Branding oder Co-Branding (vgl.
hierzu Kapitel 3.1.1 und 3.1.2) vom guten Image des Partners profitiert.
Die Bedeutung der obigen drei Kernfunktionen für die Marke ist - ähnlich wie im B2C-
Bereich - für die einzelnen Produktmärkte des B2B-Bereichs unterschiedlich stark aus-
geprägt, wie das folgende Resultat einer Befragung von insgesamt 769 Unternehmen
aus 20 B2B-Produktmärkten erkennen läßt:
Risikoreduktion (0-5)
Informationseffizienz (0-5)
Ideeller Nutzen (0-5)
Schaltanlagen
3,34
Schaltanlagen
3,08
Wirtschaftsprüfung
3,77
Werkzeugmaschinen 3,18
Telekomm.-anlagen
3,05
Speditionsdienste
3.44
Dienstwagen
3,17
Werkzeugmaschinen
2,96
Dienstwagen
3,38
Wirtschaftsprüfung
2,86
Fertigungsstraßen
2,93
Schaltanlagen
3,11
Fertigungsstraßen
2,83
Kassensysteme
2,79
Strategieberatung
2,97
Telekomm.-anlagen
2,74
Dienstwagen
2,70
Werkzeugmaschinen
2,71
Speditionsdienste
2,57
Feuerversicherungen
2,70
Fertigungsstraßen
2,64
Industrieautomaten
2,55
Kantinenservice
2,63
Callcenter-Dienste
2,45
Kantinenservice
2,52
Callcenter-Dienste
2,48
Systemsoftware
2,41
Strategieberatung
2,44
Industrieautomaten
2,48
Industrieautomaten
2,32
Büromöbelsysteme 2,39
Systemsoftware
2,47
Kantinenservice
2,26
Feuerversicherungen
2,33
Büromöbelsysteme
2,40
Feuerversicherungen
2,24
Alarmanlagen
2,32
Speditionsdienste
2,35
Telekomm.anlagen
2,15
Systemsoftware
2,32
Strategieberatung
2,33
Büromöbelsysteme
2,02
Kassensysteme
2,28
Gebäudekom/plexe
2,27
Kassensysteme
1,93
Gebäudekomplexe
2,20
Wirtschaftsprüfung
2,26
Gebäudekomplexe
1,90
Industriechemikalien 1,99
Alarmanlagen
2,15
Alarmanlagen
1,68
Callcenter-Dienste
1,86
Industriechemikalien
2,03
Industriechemikalien
1,64
Tabelle 1: Ausprägungen der drei Markenfunktionen in ausgewählten B2B-Produktmärkten/
Bewertung von 0-5 (Quelle: Schröder / Perrey, 2002, URL, S.21).

6
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
Das Schaubild verdeutlicht, daß die Risikoreduktion und Informationseffizienz insbe-
sondere bei komplexen Anlagen und Maschinen von großer Bedeutung ist. Der ideelle
Nutzen ist dagegen vor allem bei öffentlich sichtbaren Dienstleistungen und Produkten
relevant, also immer dann, wenn die von einem B2B-Unternehmen gekauften Produkte
bzw. Dienstleistungen vor allem von Außenstehenden leicht wahrzunehmen sind.
Einen der letzteren Plätze nimmt bei allen drei für die Kaufentscheidung in B2B-
Märkten wesentlichen Markenfunktionen ein typisches Commodity-Produkt ein und
zwar Industriechemikalien, worauf zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht näher einge-
gangen werden soll (vgl. hierzu Kapitel 6.1.3).
Wenn man abschließend die Bedeutung der Markenfunktionen des B2B- mit dem des
B2C-Bereichs miteinander vergleicht, fällt auf, daß im B2B-Bereich die Markenrele-
vanz überwiegend durch die Risikoreduktion beeinflußt wird, während im B2C-Bereich
tendenziell die Stiftung des ideellen Nutzens am dominantesten für die Marke ist (vgl.
Schröder/Perrey, 2002, URL, S.23 und Meffert/Schröder/ Perrey, 2002, S.30).
Ein
Grund dafür ist gewiß in den unterschiedlich gearteten Beschaffungsprozessen auf B2B-
und B2C-Märkten zu suchen (vgl. hierzu Kapitel 2.2.2.).
Es gilt zu beachten, daß diese Ausprägungen nur Haupttendenzen darstellen und nicht
für alle Produkte des B2B- und B2C-Bereiches gleichermaßen gelten. So ist im Kon-
sumgüterbereich zwar generell zu beobachten, daß der ideelle Nutzen für die Marke am
relevantesten ist, gefolgt von der Risikoreduktion und Informationseffizienz. Jedoch
spielt etwa beim Kauf von B2C-Produkten wie Medikamenten oder Nahrungsmitteln
die Risikoreduktion und beim Kauf von kurzlebigen Verbrauchsgütern wie Zigaretten
oder Bier die Informationseffizienz die stärkste Rolle (vgl. Meffert/Schröder/Perrey,
2002, S.31f .).
Einen Überblick über die unterschiedliche Markenrelevanz für 18 ausgewählte B2B-
Produktmärkte gibt folgendes Schaubild:
1.
Schaltanlagen
3,21
10.
Feuerversicherungen
2,48
2.
Werkzeugmaschinen
3,04
11.
Strategieberatung
2,46
3.
Dienstwagen
3,00
12.
Kassensysteme
2,45
4.
Fertigungsstraßen
2,85
13.
Systemsoftware
2,40
5.
Telekommunikationsanlagen
2,80
14.
Büromöbelsysteme
2,35
6.
Wirtschaftsprüfung
2,70
15.
Gebäudekomplexe
2,19
7.
Speditionsdienste
2,57
16.
Alarmanlagen
2,18
8.
Kantinenservice
2,54
17.
Callcenter-Dienste
2,18
9.
Industrieautomaten
2,50
18.
Industriechemikalien
1,97
Tabelle 2: B2B-Markenrelevanz in 18 ausgewählten Produktmärkten / Bewertung von 0-5
(Quelle: Schröder/Perrey, 2002, URL, S.23).

7
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
Auch hier nehmen komplexe High-Involvement-Produkte (Anlagen, Maschinen und
Dienstwagen) die vorderen Plätze ein, während Industriechemikalien erneut ganz hinten
platziert sind. All die bisher genannten Aspekte sind für die Relevanz von B2B-Marken
eminent wichtig; zeigen sie doch, daß Marken im B2B-Sektor ebenfalls einen z.T. er-
heblichen Einfluß auf Kaufentscheidungen nehmen und die durchschnittliche Markenre-
levanz aller B2B-Märkte kaum schwächer ausgeprägt ist als im B2C-Bereich (vgl.
Schröder/Perrey, 2002, URL, S.23).
Für weitere, detaillierte Aussagen zu dieser Thematik wird auf die empirischen Ergeb-
nisse der gemeinsamen Untersuchung des Marketing Centrums Münster, der McKinsey
& Consultany sowie dem Marktforschungsinstitut TNS Emnid verwiesen (vgl. Schrö-
der/Perrey, 2002, URL, S.19ff.).
2.2.2
Unterschiede zwischen beiden Marktformen
B2B- und B2C-Märkte besitzen neben den oben erwähnten Gemeinsamkeiten jeweils
eine Reihe von speziellen Marktcharakteristika, die Meffert in die Kategorien Beson-
derheiten hinsichtlich der Nachfrageseite, der Anbieterseite und deren Marktbeziehun-
gen einteilt (vgl. Meffert, 2000, S.1204). Nach Studieren vieler Fachbücher- und -artikel
zu dieser Thematik lassen sich eine Reihe von Unterschieden feststellen, die unterstrei-
chen, daß sich beide Marktformen in völlig unterschiedlichen Rahmenbedingungen be-
wegen (vgl. Meffert, 2000, S.1204f. und Ginter/Dambacher, 2002, S.57f. und Go-
defroid, 2003, S.34 und Weis, 2001, S.38f. und Weidener, 2002, S.102 und Hom-
burg/Schneider, 2001, S.592):
Unterschiede auf der Nachfragerseite:
· Bei den Nachfragern in B2B-Märkten handelt es sich um Organisationen und
nicht um Einzelpersonen (wie es bei B2C-Marken üblich ist). Eine Folge ist,
daß das Beschaffungsmanagement in B2B-Märkten wesentlich professioneller
ist und aus mehreren Personen besteht (Stichwort ,,Buying-Center" / vgl. hierzu
Kap. 3.3.2).
· Ein zentraler Unterschied ist, daß die Nachfrage nach B2B-Marken keine origi-
näre, sondern eine abgeleitete Nachfrage ist (damit ist gemeint, daß z.B. die
Nachfrage nach Strom die Nachfrage nach einem Kraftwerk bedingt).

8
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
· Die Dauer von Beschaffungsprozessen im B2B-Sektor ist eher länger als die im
B2C-Sektor.
· Käufer von B2B-Marken erwarten in stärkeren Ausmaße Problemlösungen auf
Bestellung.
· Die Kaufentscheider befriedigen mit dem Kauf eines B2B-Produkts nicht ihren
eigenen Bedarf, sondern den des Unternehmens.
· Die auf B2B-Märkten angebotenen Produkte und Dienstleistungen setzen beim
Kunden meist ein gewisses technisches Grundverständnis voraus.
· Die Kaufentscheider auf B2B-Märkten haben höhere Anbieter-Wechselkosten.
· Die Käufer von B2B-Marken pflegen zu der Marke eine meist zweckbestimmte
Beziehung und nur selten eine persönliche Beziehung.
· Beim Kauf von Industriegütern werden in der Regel mehr rationelle Informatio-
nen benötigt, als es beim Kauf von Konsumgütern der Fall ist.
· B2B-Marken werden nicht mit eigenem Geld bezahlt, sondern mit fremden Ka-
pital.
· Der Kauf von B2B-Marken ist für das beschaffende Unternehmen meist mit ho-
hen Folgekosten wie Schulungen und Wartungen verbunden, so daß jede Be-
schaffungsentscheidung eine hohe Mittelbindung nach sich zieht.
Unterschiede auf der Anbieterseite:
· Analog zum Buying Center existiert im Verkaufsbereich des Anbieters oftmals
ein Selling Center (vgl. hierzu Kapitel 3.3.3).
· Während der überwiegende Teil der Konsumgütereinkäufe in einem Ladenge-
schäft mit sofortiger Bezahlung und Mitnahme der Ware erfolgt, kaufen Kunden
von B2B-Marken in der Regel durch Bestellung und auf Rechnung.
· Im B2C-Bereich dominiert auf der Anbieterseite der Handel (indirekter Absatz),
dagegen ist im B2B-Bereich auf diesem Gebiet der Hersteller vorherrschend (di-
rekter Absatz).
· Das Angebot in B2B-Märkten ist in der Regel individueller und weniger stan-
dardisiert als in B2C-Märkten.
· Ein weiteres Merkmal ist die eher kleine Anzahl von Anbietern für ein spezielles
Produkt im B2B-Sektor, wodurch eine hohe Internationalität bedingt ist.

9
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
· Dem persönlichen Verkauf und dem Kundendienst kommt im B2B-Sektor eine
wesentlich
höhere
Bedeutung zu, da die angebotenen B2B-Produkte und Dienst-
leistungen oftmals äußerst erklärungsbedürftig sind.
· Aufgrund der Komplexität und Erklärungsbedürftigkeit der B2B-Produkte spie-
len im B2B-Sektor Kooperationen von Komplementäranbietern und teilweise
auch von Konkurrenten eine große Rolle.
· Anders als im B2C-Bereich, in der eher das Produkt mit seinen Eigenschaften
das Markenimage beim Endkonsumenten prägt, steht bei B2B-Marken vornehm-
lich das Unternehmen, das die Industriegüter herstellt, im Vordergrund.
Unterschiede in der Beziehung zwischen den Marktpartnern:
· Die Beziehung zwischen den Marktpartnern ist im B2B-Bereich eine engere,
u.a. deshalb, da entstehende Probleme meist in einem interaktiven Prozeß zwi-
schen Anbieter und Nachfrager gelöst werden (Stichwort Personal Selling / vgl.
hierzu Kapitel 4.2.2).
· Die Verbreitung und Verfügbarkeit des Internets ist in B2B-Märkten höher als in
B2C-Märkten, wodurch die interaktive Beziehung zwischen den Marktpartnern
weiter erhöht wird.
· Die Marktteilnehmer in B2B-Märkten sind im Gegensatz zum Konsumgüterbe-
reich weder auf der Nachfrage- noch auf der Angebotsseite anonym.
· Die B2B-Geschäftsbeziehungen sind in der Regel langfristig und die vertragli-
che oder faktische Kundenbindung äußerst hoch; das ist auf B2C-Märkten in
diesem Ausmaß nicht gegeben.
Im Hinblick auf die Ausarbeitung von Best Practices für eine erfolgreiche Umsetzung
von Ingredient Branding (vgl. hierzu Kapitel 6) dürfen die obigen Ergebnisse auf keinen
Fall unberücksichtigt bleiben.
2.3
Der Einsatz von Marken im B2B-Sektor - Sinnvoll oder nicht?
Bedeutende B2C-Marken wie Coca-Cola, McDonalds, Marlboro, Nike oder Nivea - die
Liste läßt sich beliebig fortsetzen - sind im Konsumgüterbereich längst zu ,,Motoren des
Unternehmenswachstums" aufgestiegen (Meffert/Schröder/Perrey, 2002, S.28).

10
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
Eine solche Vielzahl starker Marken - verteilt auf nahezu alle Branchen des B2C-
Sektors - trifft man in den B2B-Märkten bisher nicht an. Gründe dafür gibt es viele. So
gelten im B2B-Sektor natürlich teilweise andere Bestimmungen als im B2C-Sektor und
diese Regeln für eine erfolgversprechende Markenführung im Konsumgüterbereich sind
folglich nicht eins zu eins auf die B2B-Märkte übertragbar (vgl. hierzu Kapitel 2.2.2).
Als Folge davon ignorieren viele B2B-Anbieter weiterhin die Bedeutung des Aufbaus
und der Pflege von Marken, wie es im Konsumgüterbereich bereits an der Tagesord-
nung ist. Diese bei vielen B2B-Unternehmen nach wie vor bestehenden Vorbehalte ge-
genüber einem Branding von B2B Marken wird auch durch folgenden Sachverhalt deut-
lich: So verneinten bei der von der Forschungsinitiative ,,Excellence in Branding"
durchgeführten Studie knapp 22% aller 769 befragten Unternehmen prinzipiell die Exis-
tenz von Marken im jeweiligen B2B-Markt (vgl. Schröder/Perrey, 2002, URL, S.19).
Ist damit der Einsatz von Marken im B2B-Sektor überflüssig, ineffizient und pure
Geldverschwendung?
Beileibe nicht! Das ,,Branding" nicht nur im B2C-Sektor, sondern auch im B2B-Bereich
durchaus sehr sinnvoll sein kann, beweißt alleine die in Kapitel 2.2.1 aufgeführte Tatsa-
che, daß es eine Reihe von Gemeinsamkeiten in der Funktionsweise von beiden Markt-
formen gibt. Aufgrund dieser Gemeinsamkeiten können Marken damit auch auf B2B-
Märkten ein entscheidendes Differenzierungskriterium sein und für Kontinuität und
Wiedererkennung bei den Kaufscheidern sorgen.
Die Instrumente und Strategien für eine erfolgreiche Markenführung im B2C-Sektor
sind somit - wenn auch teilweise in modifizierter Form - auf dem B2B-Sektor anwend-
bar. Mit anderen Worten: Was für den B2C-Sektor bisher gut war, kann für den B2B-
Sektor in vielerlei Hinsicht ebenfalls nicht schlecht sein. Natürlich hat der B2B-Markt
aber auch seine speziellen Eigenheiten, was sich u.a. im unterschiedlichen Einkaufsver-
halten niederschlägt (vgl. hierzu Kapitel 2.2.2).
Eine äußerst wirkungsvolle Möglichkeit zur Markierung von B2B-Produkten und
Dienstleistungen spielt dabei das ,,Ingredient Branding", eine Strategie, die bei vielen
B2B-Unternehmen mittlerweile einen einflußreichen Platz im Marketingmix einge-
nommen hat.
Der Mikroprozessor-Hersteller Intel gilt mit seiner Anfang der 90er Jahre ins Leben
gerufenen ,,Intel Inside" Ingredient Branding Kampagne als eines der auffälligsten und
positivsten Beispiele für ein aktives ,,Branding" seiner B2B-Marke (vgl. hierzu Kapitel

11
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
5.2). Durch das Starten dieses ,,Intel Inside"-Programmes stand Intel nämlich bereits im
zweiten Jahr der Kampagne an dritter Stelle der wertvollsten Marken der Welt (vgl.
Erdmeier/Schmäh, 1997, S.125).
Aber Intel ist bei weitem nicht das einzige Unternehmen, das den hohen Stellenwert des
,,Brandings" seiner Produkte erkannt hat. B2B-Unternehmen wie Gore-Tex, DuPont /
Teflon oder Dolby Surround / Dolby Laboratories Inc. betreiben dieses Konzept schon
um einiges länger als Intel (vgl. hierzu Kapitel 5.3). Sie alle haben es durch eine aktive
Markenpolitik ebenfalls geschafft, stärker ins Bewußtsein und Blickfeld der Verbrau-
cher zu gelangen, wenngleich aber nicht in dem Ausmaße wie Intel - dem ,,Paradebei-
spiel" schlechthin auf diesem Gebiet.
3
Ingredient Branding: B2B-Markenpolitik
3.1
Definitionen und Begriffsabgrenzung
3.1.1
Verschiedene Definitionen von Ingredient Branding
In der Literatur gibt es bereits eine Vielzahl unterschiedlicher Definitionen des Begrif-
fes Ingredient Branding; einer Bezeichnung, die sich Anfang der 90er Jahre in den USA
für eine bestimmte Art der Markenpolitik im B2B-Sektor herausgebildet hat.
Einer der ersten, der den Begriff Ingredient Branding in der englischsprachigen Litera-
tur überhaupt in einem Artikel anwendete, ist der Amerikaner Norris. Ingredient Brand-
ing ist laut Norris ,,the promotion of an ingredient to final user" (Norris, 1992, S.20).
Hiervon inspiriert definierte Intel, die mit ihrer ,,Intel Inside"-Kampagne diesem Marke-
tingkonzept im B2B-Bereich zum Durchbruch verhalfen, Ingredient Branding als die
,,Promotion of a brand within a brand to the enduser" (Simon/Sebastian, 1995, S.42).
Eine treffende deutsche Übersetzung ist für diesen Begriff bisher schwer zu finden. Am
ehesten läßt sich Ingredient Branding noch mit ,,Bestandteilsmarkierung" bzw. ,,Zutaten
Markierung" wörtlich übersetzen. Beides sind aber Übersetzungen, die sich in der Lite-
ratur nicht durchgesetzt haben. Generell versteht man in der neueren deutschen Literatur
unter Ingredient Branding ,,die Markierung von Materialen, Komponenten und Teilen,
die in anderen Produkten zum Einsatz kommen und deren Leistungen von den Kunden
als eigenständiger Bestandteil dieser Produkte wahrgenommen werden" (Esch, 2003,
S.364). Die betroffenen Markierungsobjekte (vgl. hierzu Kapitel 3.2.1) gehen damit als
wesentlicher Bestandteil in das endgültige Erzeugnis ein bzw. verbinden sich mit ihm

12
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
und verlieren ihre Anonymität. Diese Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit versu-
chen die B2B-Hersteller durch eine Markierung ihrer Marken über mehrere Stufen hin-
weg zu erreichen (vgl. hierzu Kapitel 3.2.2.1). Erst durch die Markierung (Branding)
des Produktbestandteils (Ingredient) werden diese für den Endkonsumenten ,,sichtbar".
B2B-Produkte, die durch markierte Komponenten aufgewertet werden, entgehen somit
einer Substituierbarkeit (vgl. Simon/Sebastian, 1995, S.42).
Frether/Baumgarth gehen in ihrer Definition noch einen Schritt weiter, indem sie Ingre-
dient Branding als ,,Markenpolitik investiver Verbrauchsgüter (Rohstoffe, Einsatzstoffe
und Teile), die aus der Sicht der jeweiligen Zielgruppe einen Markenartikel darstellen",
auffassen (Freter/Baumgarth, 2000, S.296). Nach Einschätzung beider Autoren ist In-
gredient Branding damit ein Instrument zur Übertragung der Markenartikelpolitik aus
dem B2C- auf den B2B-Bereich (vgl. Freter/ Baumgarth, 2000, S.293). Eine ähnliche
Position bezieht Kemper, die unter Ingredient Branding eine über die reine Markierung
hinausgehende strategische Markenführung für Produktionsgüter wie Roh-, Hilfs-,
Einsatzstoffe und Teile versteht, die letztlich als Bestandteil in ein Endprodukt einflie-
ßen (vgl. Kemper, 1997, S.271). Des Weiteren stellt Ingredient Branding eine Art ,,Ü-
bersetzungsschlüssel" dar (Haller, 2001, S.21). Nach Haller ist dieser Schlüssel eine
starke Marke, die dem Endverbraucher die in Kapitel 2.2.1 beschriebenen drei wesentli-
chen Kernfunktionen für eine B2B-Marke vermitteln sollen. Je komplexer und speziel-
ler ein B2B-Produkt ist, desto eher wird dieser ,,Übersetzungsschlüssel" benötigt. Die-
ser Schlüssel soll dem Kunden Orientierung und Sicherheit bei der Auswahl des richti-
gen Produktes geben. Mittels Ingredient Branding sollen dem Kunden bestimmte Pro-
duktvorteile aufgezeigt werden, denen er vertrauen kann, ohne daß er diese detailgenau
verstehen muß (vgl. Haller, 2001, S.21).
In allen bisherigen Definitionen bleiben Dienstleistungen, die ebenfalls in ein Produkt
eingehen können, unberücksichtigt. Damit Dienstleistungen auch als mögliche Teil-
Bestandteile in Betracht kommen, soll Ingredient Branding im Folgenden aufgefaßt
werden als die Markenpolitik für Leistungspakete (Produktionsgüter und Dienstleistun-
gen), die als Bestandteil in ein Produkt eingehen und aus Sicht der Abnehmer einen
Markenartikel darstellen.
Daneben existieren in der deutschen Literatur zu dieser Thematik teilweise noch ältere
Begriffe wie ,,mehrstufige Absatzstrategie" (vgl. Engelhardt, 1976, S.175), ,,mehrstufi-
ges Marketing" (vgl. Rudolph, 1989, S.34), ,,Vertikalvertrieb" (vgl. Kölbel/Schulze,
1970, S.58) oder ,,vertikales Marketing" (vgl. Rudolph, 1989, S.38), die allesamt aber
dem Konzept des Ingredient Branding in ihrem Inhalt und ihrer Komplexität nicht voll-

13
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
kommen gerecht werden. Auf die Begriffe ,,mehrstufiges Marketing" und ,,vertikales
Marketing" wird im Kapitel 3.2.2.1 näher eingegangen, da Ingredient Branding gewiß
als der markenpolitische Aspekt des mehrstufigen Marketings zu verstehen ist.
3.1.2
Begriffsabgrenzung zu verwandten Begriffen
Neben dem Ingredient Branding existieren in der Literatur noch ähnliche Begriffe, die
vom Grundsatz her den gleichen Sachverhalt beschreiben. Davon sollen im Weiteren
besonders der Begriff Co-Branding sowie die Begriffe Inverses Ingredient Branding,
Self-branded Ingredient und Gütezeichen behandelt werden:
1. Co-Branding
Nach Baumgarth ist Co-Branding im engeren Sinne ,,die systematische Markierung ei-
ner Leistung durch mindestens zwei Marken, wobei diese sowohl für Dritte wahrnehm-
bar als auch weiterhin eigenständig auftreten müssen" (Baumgarth, 2003, S.30).
Co-Branding im weiteren Sinne ist die Verbindung von wenigstens zwei Marken. For-
men solcher Kooperationen sind Co-Advertising und Co-Promotion (vgl. Esch, 2003,
S.354). Ein Beispiel für Co-Advertising bildet die Kooperationswerbung von Intel mit
führenden Computerherstellern wie Dell, IBM oder Hewlett Packard (vgl. hierzu
Kapitel 5.2).
Aus diesen Definitionen lassen sich folgende Merkmale des Co-Branding ableiten (vgl.
Baumgarth, 2003, S.30):
· Verbindung von mindestens zwei Marken zu einer Markenallianz,
· beteiligte Marken sind vor und nach dem Co-Branding isolierte Marken aus
Sicht der Endabnehmer,
· gemeinsame Leistung von wenigstens zwei Marken,
· horizontale und vertikale Formen der Kooperation,
· Zusammenarbeit wird von den Endabnehmern wahrgenommen.
Eine Gemeinsamkeit zwischen Co- und Ingredient-Banding ist, daß beides Formen von
Markenallianzen sind, da durch sie ,,die Kraft von mindestens zwei Marken gebündelt
[wird]" (Esch, 2003, S.353).

14
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
Ein wesentlicher Unterschied des Co-Branding gegenüber dem Ingredient Branding ist,
daß Ingredient Branding ein umfangreicheres Konzept behandelt, da es zudem die iso-
lierte Markenpolitik eines B2B-Herstellers beinhaltet (vgl. Freter/Baumgarth, 2000,
S.298). Ferner läßt sich Co-Branding nach der Richtung in horizontale und vertikale
Formen unterscheiden, während Ingredient Branding sich ausschließlich auf den verti-
kalen Zusammenschluß zweier Marken bezieht (vgl. hierzu Kapitel 3.2.2.1).
Co-Branding kann also auch vertikal verlaufen, muß es aber nicht zwingend. Horizonta-
le Formen des Co-Branding liegen vor, wenn zwei oder mehr Hersteller derselben Stufe
miteinander kooperieren (z.B. bei Innovation-Co-Branding). Dagegen gehen bei verti-
kalen Formen Hersteller aus unterschiedlichen Stufen eine Kooperation ein; dies kann
in Form von Ingredient Branding geschehen. Demnach ist Ingredient Branding unter
bestimmten Voraussetzungen als eine Form des Co-Branding anzusehen (Ingredient-
Co-Branding), wie u.a. die vertikale Kooperation zwischen dem Produktionsgut
"Nutrasweet" und dem Endprodukt "Coca-Cola" in folgender Abbildung belegt:
Abbildung 1: Vergleich Ingredient Branding und Co-Branding (Quelle: Freter/Baumgarth, 2000,
S.297).
Eine weitere Form des horizontalen Co-Branding ist in der (mittlerweile beendeten) Ko-
operation zwischen der Deutschen Bahn und der Citibank zu finden. Es handelt sich
hier um keine vertikale Form und somit um kein Ingredient-Co-Branding, da bei dieser
Kooperation kein Produkt in einem anderen verarbeitet wurde, sondern ein komplett

15
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
neues Produkt entstand (Bahncard mit Zahlungsfunktion). Die vertikale Kooperation
der Marken "Lycra" und "Wollsiegel" stellt dagegen eine Form des Ingredient Branding
dar, da es sich hier um eine Allianz von zwei Produktionsgütern handelt. Nach Baum-
garth gibt es insgesamt vier verschiedenen Formen des Co-Branding zu unterscheiden,
die im Folgenden kurz beschrieben werden sollen (vgl. Baumgarth, 2003, S.65f. und
Esch, 2003, S.354f.). Dazu folgendes Schaubild:
Abbildung 2: Formen des Co-Branding (Quelle: Different GmbH, 2005, URL).
Promotion-Co-Branding:
Zeitlich begrenzte gemeinsame kommunikative Aktionen von häufig nur lateral verbun-
denen Marken (z.B. die Empfehlung von Fairy Ultra durch die Hersteller Siemens und
Bauknecht).
Multi-Co-Branding:
Zusammenschluß mehrerer meist lateral zueinander stehenden Marken zu einer Mega-
Brand (z.B. Star Alliance bei Airlines).
Ingredient-Co-Branding:
Vertikaler Zusammenschluß zweier Marken (z.B. Intel Inside bei IBM).
Innovation-Co-Branding:
Horizontale Kooperation zweier Unternehmen in Form eines neuen Produktes (z.B. ge-
meinsame Vermarktung des speziellen Rasierapparats ,,Philipshave Cool Skin" von
Philips und Beiersdorf / Nivea for Men).

16
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
2. Inverses Ingredient Branding
Eine weitere Form der Markierung von Produktionsgütern stellt das Inverse Ingredient
Branding dar. Hier wird das Ingredient Branding Prinzip quasi ,,umgedreht", d.h. die
Hauptproduktmarke hat keine dominante, sondern eine eher schwache Position und ver-
sucht diese durch den Einsatz einer starken Ingredient-Marke aufzuwerten (vgl. Haven-
stein, 2003, S.232). Die Ingredient-Marke wird damit zur ,,Helfer-Marke" (vgl. Bug-
dahl, 1996, S.112). Diese Strategie ist aber nicht nur für Endprodukthersteller mit einer
relativ schwachen Marke sinnvoll, sondern ist auch dann geeignet, wenn das Ingredient
Brand aus Sicht der Endabnehmer ein besonderes, von der Endproduktmarke nicht be-
setztes Kompetenzfeld einnimmt (vgl. Freter/Baumgarth, 2000, S.298 und Ludwig,
2001, S.275).
In der Praxis könnte das derart aussehen, daß ein unbekannter Milchproduzent eine Ko-
operation mit einer ,,starken Marke" wie Tetra Pak eingeht, um seine Milchprodukte
durch Hinzunahme des Ingredient ,,Getränkeverpackung" zukünftig erfolgreicher ver-
kaufen zu können.
3. Self-branded Ingredient
Der von Desai/Keller maßgeblich geprägte Begriff ,,Self-branded Ingredient" (vgl. De-
sai/Keller, 2002, S.73) liegt vor, wenn ein Hauptprodukthersteller an von ihm selber
erschaffenen Leistungsbestandteilen eine separate Markierung anbringt. Diese bestimm-
te Form des Ingredient Branding kommt vornehmlich bei technischen Innovationen
(z.B. Patente) eines Unternehmens vor. Beispiele dafür sind DaimlerChrysler mit dem
Hauptprodukt ,,Automobil" und dem innovativen Ingredient ,,Elektrohydraulisches
Bremssystems", das als ,,SBC" (Sensotronic Brake Control) in den jeweiligen Fahrzeu-
gen markiert wird, sowie Adidas mit dem Hauptprodukt ,,Sportbekleidung" und dem
Ingredient ,,Funktionsmembran", das mit dem Branding ,,ClimaProof" in der Kleidung
versehen wird (vgl. Havenstein, 2004, S. 78f.).
4. Gütezeichen als Ingredient Brand
Gütezeichen sind von der RAL (Reichsausschuß für Lieferbedingungen) anerkannte
Qualitätsnachweise zur Kennzeichnung von Waren oder Leistungen und garantieren
festgelegte Qualitätsmerkmale. Zur Zeit sind rund 150 Gütezeichen von Gütegemein-
schaften unterschiedlichster Branchen registriert, wie u.a. das CMA-Siegel für gleich-

17
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
bleibende Qualität von Agrarerzeugnissen aus Deutschen Landen oder das Deutsche
Weinsiegel für abgefüllte Qualitätsweine und Qualitätsweine mit Prädikat Trocken (vgl.
RAL, 2005, URL). Gütezeichen entstehen also primär durch die Einhaltung bestimmter,
von der RAL überwachter Eigenschaften, und nicht wie beim Ingredient Branding aus
ihrer Wirkung heraus, die die ,,markierten" Produkte beim Endkunden verursachen.
Obwohl damit zwischen Ingredient Brands und Gütezeichen ein wesentlicher Unter-
schied besteht, können Gütezeichen in der Praxis auch als Ingredient Brands funktionie-
ren. Das ist dann der Fall, wenn Gütezeichen für Verbrauchsgüter (z.B. Wollsiegel, das
einen Mindeststandard hinsichtlich Farbechtheit und Reißfestigkeit für Kleidung aus
Schurwolle garantiert) vergeben werden (vgl. Havenstein, 2004, S.80f. und Fre-
ter/Baumgarth, 2000, S.298f.).
3.2
Objekte und Funktionsweise des Ingredient Branding
3.2.1
Markierungsobjekte des Ingredient Brandings
Grundsätzlich können Sachleistungen und Dienstleistungen einer Unternehmung als
Markierungsobjekte dienen. Gemäß der abschließenden Definition aus Kapitel 3.1.1
stellt beim Ingredient Branding das Markierungsobjekt ein sogenanntes Leistungspaket
dar, bestehend aus Produktions- bzw. Investitionsgütern und Dienstleistungen.
Hierbei kann festgehalten werden, daß sich diese Marketingstrategie im Dienstleis-
tungsbereich jedoch kaum gewinnbringend einsetzen läßt. Denn so fehlen Dienstleis-
tungen oft aussagekräftige Eigenschaften (vgl. hierzu Kapitel 5.3.6).
Daher ist das Markenartikelpotential bei Produktionsgütern höher einzustufen als bei
Dienstleistungen. Nach Berekoven sollten die Produktionsgüter mit folgenden Merkma-
len ausgestattet sein, um für eine Umsetzung von Ingredient Branding als geeignet zu
erscheinen (vgl. Berekoven, 1962, S.819):
· große Abnehmerzahl,
· Massenfertigung,
· ein oder wenige Erzeugnisse unter einer Marke,
· Kauf mit hohem Vertrauenscharakter,
· hohe Unveränderlichkeit des Produktes.

18
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
Abbildung 3 gibt einen systematischen Überblick über die Markierungsobjekte des In-
gredient Branding:
Abbildung 3: Markierungsobjekte des Ingredient Branding (Quelle: Freter/Baumgarth, 2000,
S.296 und eigene Darstellung).
Die Objekte des Ingredient Branding sind demgemäß investive Verbrauchsgüter, wie
Rohstoffe, Einsatzstoffe und Teile, die letztlich Bestandteile von Folgeprodukten wer-
den. Die Unterscheidung zwischen diesen Verbrauchsgütern erfolgt nach dem Merkmal
Verarbeitungsgrad. Dabei besitzen Rohstoffe den geringsten Verarbeitungsgrad.
Einsatzstoffe weisen dagegen einen höheren Verarbeitungsgrad auf, da Ihnen ver- oder
bearbeitete Rohstoffe zu Grunde liegen. Unter dem Verbrauchsgut Teile sind Fertigpro-
dukte zu verstehen, die ohne bemerkenswerte Be- oder Verarbeitung in andere Produk-
tionsgüter eingearbeitet werden (vgl. Freter/Baumgarth, 2000, S.295 und Engel-
hardt/Günter, 1981, S.182).
Beispiele für Ingredient Branding in den jeweiligen Produktklassen sind u.a. (vgl. Fre-
ter/Baumgarth, 2000, S.295f. und Havenstein, 2004, S.92f.):
· Rohstoffe: Chiquita (Bananen), Wollsiegel/Woolmark (Schurwollteppichböden);
· Teile: Intel Inside (Speicherchips), Triniton (Flat Display), Michelin (Reifen),
Shimano (Gangschaltung), Hella (Scheinwerfer), Ceran (Glaskeramik-Koch-
flächen);
Teile
Markierungsobjekte
Markierungsobjekte des
Ingredient Branding
Roh-
stoffe
Erzeugnis-
bestandteil
Gebrauchsgüter
(Inv. i.e.S.)
Verbrauchsgüter
(Produktionsgüter)
Verarbeitungs-
grad
Erzeugnis-
bestandteil
Werteverzehr
Institutioneller
Verbleib
Einsatz-
stoffe
Leistungspaket *
Konsumgüter
* =
Produktionsgüter
und Dienstleistungen
Kein Erzeugnis-
bestandteil

19
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
· Einsatzstoffe: Makrolon (Kunststoff), Gore-Tex (Kunststoff-Textilmembran), Teflon
(Antihaft-Beschichtung), Sympatex (Membransysteme), CoolMax (Po-
lyesterfasern-Stoff), Isomalt (Zuckeraustauschstoff).
Diese Beispiele zeigen, daß ein Branding von Rohstoffen in der Praxis eher selten anzu-
treffen ist, da eine erfolgreiche Umsetzung von Ingredient Branding Strategien für Roh-
stoffe als außerordentlich schwierig anzusehen ist. Das liegt darin begründet, daß der
von Berekoven empfohlene und einzuhaltende Zustand ,,der Unveränderlichkeit des
Ingredients bei Rohstoffen" wegen Ihres naturbedingten Ursprungs praktisch kaum ein-
zuhalten ist (vgl. Berekoven, 1962, S.818). Zudem ist die fehlende Markierungsfähig-
keit der Mehrzahl der Rohstoffe aufgrund ihrer meist flüssigen oder gasförmigen Eigen-
schaften ebenfalls ein Hindernis für ein erfolgreiches Branding (vgl. Freter/Baumgarth,
1996, S.485). Wenn überhaupt, dann werden Rohstoffe am ehesten noch mittels Güte-
zeichen ,,markiert" (vgl. hierzu Kapitel 3.1.2). Aufgrund dieser Tatsachen werden Roh-
stoffe als Möglichkeit eines Markierungsobjektes in den weiteren Kapiteln weniger be-
rücksichtigt und es erfolgt vornehmlich eine Konzentration auf die Objekte Einsatzstof-
fe und Teile. Denn im Gegensatz zu Rohstoffen ist die Realisierung eines Ingredient
Branding Konzepts bei Teilen am einfachsten, gefolgt von einem Branding bei Einsatz-
stoffen. Einer der Gründe dafür ist, daß diese Vorprodukte als relativ eigenständiges
Objekt in das Endprodukt einfließen und damit einer Substituierbarkeit durch andere
Produkte eher entgehen können als es bei Rohstoffen der Fall ist (vgl. Fre-
ter/Baumgarth, 1996, S.485f.). Die nachfolgende Übersicht verdeutlicht den Zusam-
menhang der drei Verbrauchsgüter anhand des Endproduktes Automobil:
Abbildung 4: Typologisierung der Verbrauchsgüter nach Verarbeitungsstufen (Anmerkung:
Die in den einzelnen Verarbeitungsstufen erwähnten Güter stellen nur einen Teil-
bereich der in jeder Stufe benötigten Güter dar / Quelle: Havenstein, 2004, S.52).
Reifen
Getriebe
Automobil
Abgasanlagen
Gummi
Textilgewebe
Stahlcord
Schwefel
Kautschuk
Endprodukt
Teile
Einsatzstoffe
Rohstoffe

20
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
3.2.2
Funktionsweise des Ingredient Branding
3.2.2.1
Die Mehrstufigkeit des Ingredient Branding
Wie in Kapitel 3.1.1 bereits erwähnt, wird in der deutschen Literatur das Konzept des
Ingredient Branding auch als ,,mehrstufiges Marketing" (vgl. Rudolph, 1989, S.34) und
,,vertikales Marketing" (vgl. Rudolph, 1989, S.38) bezeichnet.
Bei der Abgrenzung zum verwandten Begriff ,,Co-Branding" (vgl. hierzu Kapitel 3.1.2)
wurde bereits deutlich, daß Ingredient Branding ausschließlich vertikal verlaufen kann.
Alle Marketingmaßnahmen dieser Strategie sind dabei auf vor- oder nachgelagerte
Marktstufen gerichtet. Aus der Sicht eines Herstellers von Ingredient Brands kann der
Begriff vertikales Marketing daher als ,,eine mehrere Stufen der Vertikalkette berück-
sichtigende Strategie und deren taktische Ausgestaltung" (Baumgarth, 1998a, S.39) de-
finiert werden, mit der das Ingredient Branding Konzept bis zum Endabnehmer durch-
gesetzt werden soll. Der Begriff ,,mehrstufiges Marketing" ist dagegen enger gefaßt und
stellt nach Rudolph nur einen Teilbereich des vertikalen Marketings dar (vgl. Rudolph,
1989, S.34). Und was heißt das nun genau?
Konkret bedeutet dies, daß das Ingredient Branding Konzept eine Form der B2B-Marke
für mehrstufige Märkte innerhalb des vertikalen Marketings darstellt. Diese Mehrstu-
figkeit führt in der Praxis zu unterschiedlichen vertikalen Reichweiten der Marke. Als
alternative Ausgestaltungsformen eines Ingredient Brand kommen dabei zum einen die
begleitende Marke und zum anderen die Verarbeitungsmarke in Betracht. Die beglei-
tende Marke kennzeichnet sich dadurch aus, daß sie mittels Ingredient Branding über
alle Stufen hinweg innerhalb der Vertikalkette bis zum Endabnehmer geführt wird, wäh-
rend bei Verarbeitungsmarken das Ingredient Branding Konzept nicht bis zur letzten
Stufe, der Endabnehmerstufe, weitergeführt wird. Beispiele für Verarbeitungsmarken
bilden die Kunststoffe Makrolon, Luran oder Hostaform. Beispiele für Begleitende
Marken sind Intel Inside, Tetra Pak oder CoolMax (vgl. Baumgarth, 2004, S.319).
3.2.2.2
Push- und Pull-Prinzip
Eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung von Ingredient Bran-
ding ist das sogenannte Push- und Pull-Prinzip, das als Basismechanismus des Ingre-
dient Branding anzusehen ist.

21
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
Die Abbildung 5 veranschaulicht das Push- und Pull-Prinzip sowie die im vorherigen
Kapitel beschriebene Mehrstufigkeit des Ingredient Branding:
Abbildung 5: Funktionsweise des Ingredient Branding (Quelle: Havenstein, 2003, S.231 und eigene
Darstellung / Anmerkung: Die gestrichelte Kennzeichnung des obigen Pfeiles stellt
nur ein Beispiel des Push-Prinzipes von mehreren dieser Art in dem Schaubild dar).
Gegenüber stehen sich hier jeweils der B2B- und B2C-Markt. Die dünnen Pfeilen sym-
bolisieren mögliche Güterströme zwischen den einzelnen Stufen. Die vertikalen Pfeile
verbinden die einzelnen Verarbeitungsstufen der Produktionsgüter Rohstoffe, Einsatz-
stoffe und Teile.
Jede dieser Stufen kann dabei jederzeit verlassen werden, ,,wenn und soweit eine kon-
sumtive Verwendung der Güter erfolgt" (Engelhardt/Günter, 1981, S.27). Die direkten
Verbindungen vom B2B- zum B2C-Sektor sind bei den Ingredients Roh- und Einsatz-
stoffen schwächer ausgeprägt als bei den Teilen und Komponenten. Bei letzteren kann
Rohstoff-
hersteller
Endabnehmer
Zwischen-
stufe(n)
Hauptprodukt-
Hersteller
Handel
Einsatzstoff-
hersteller
Zwischen-
stufe(n)
Zwischen-
stufe(n)
Teile-
hersteller
Hauptprodukt-
Hersteller
Hauptprodukt-
Hersteller
Handel
Handel
Markenpolitische Maßnahmen der Produktionsgüterhersteller
Nachfragesog (Pull-Prinzip)
B
2C
- M
ar
kt
Push-Prinzip
B
2B
-
M
ar
kt

22
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
das sogenannte Ersatzgeschäft eine dominante Rolle spielen, wie es etwa insbesondere
beim Hersteller von Automobilsitzen ,,Recaro" in der Automobilbranche der Fall ist
(vgl. hierzu Kapitel 5.3.4). Die stufenübergreifende Markierung von Verbrauchs- bzw.
Produktionsgütern bezieht sich auf die direkten oder über die Zwischenstufen verlaufe-
nen Güterströme von den drei Produktionsgüter- zu den Hauptproduktherstellern, die
abschließend unter teilweiser ,,Nutzung" der Stufe Handel (Groß- und Einzelhandel) die
Konsumenten bedienen (vgl. Havenstein, 2004, S.74f.).
In der Praxis kommen hierbei das Push- und Pull-Prinzip zum Einsatz:
1. Push-Prinzip
Die Push-Strategie wird gewählt, um einen Angebotsdruck auf die nachfolgende Ab-
nehmerstufe zu erzeugen. Diese Strategie ist in der Regel immer einstufig und bezieht
sich damit lediglich auf die direkt nachfolgende Marktstufe. Das Hauptaugenmerk rich-
tet der Ingredienthersteller dabei vorwiegend auf den Handel. Mit Hilfe handelsgerich-
teter Marketingmaßnahmen durch den Außendienst, wie besonderer Umwerbung, leis-
tungsgerechter Rabattpolitik oder intensiver Betreuung, sollen dem Handel Anreize ge-
boten werden, das Produkt in sein Sortiment aufzunehmen und sich seinerseits für den
Absatz des Produktes einzusetzen. Beispielsweise bietet der Teilehersteller Shimano
dem Handel u.a. mittels Schulungen, Zugaben, Preisaktionen oder verlängerten Zah-
lungsfristen besondere Anreize, damit dieser die beworbenen Fahrrad-Komponenten/
-Teile verstärkt nachfragt (siehe gestrichelter Pfeil im Schaubild). Der Handel soll dann
durch eigene Marketingaktivitäten wie Werbung, Verkaufsgesprächen oder Sonderakti-
onen einen Angebotsdruck auf die (potentiellen) Käufer ausüben. Aufgrund der Tatsa-
che, daß sich die Push-Strategie meist nur auf die unmittelbar folgende Stufe auswirkt,
ist es speziell für Unternehmen, deren Ingredient über mehrere Stufen hinweg innerhalb
der Vertikalkette bis zum Konsumenten geführt wird (Stichwort ,,Begleitende Marke"),
weniger sinnvoll, sich nur auf diese Strategie zu konzentrieren. Denn je länger die Ver-
tikalkette ist, desto eher überwiegen auf nachfolgenden Stufen die Interessen der ande-
ren Marktteilnehmer. Daher ist es für solche Ingredienthersteller sinnvoll, konsumen-
tengerichtete Werbemaßnahmen (s. ,,Pull-Prinzip") einzusetzen. Für ein erfolgreiches
Branding von Verarbeitungsmarken wie Makrolon, Luran oder Industriechemikalien ist
die Push-Strategie sehr geeignet. So reicht bei homogenen Produkten die vertikale
Reichweite meist nur bis zur direkt nachgelagerten Stufe, weshalb die Erzeugung eines
zusätzlichen Angebotsdrucks auf diese Nachbarstufe besonders angebracht ist (vgl.
Baumgarth, 1998a, S.234ff. und Kotler, 1999, S.691f.).

23
Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
Bei dieser Strategie ist der Handel in einer dominanteren Position, weil er mit den Kon-
sumenten enger in Kontakt steht, wodurch er Marktveränderungen frühzeitiger erkennt
als die Hersteller. Das Push-Prinzip ist die Basisstrategie für einen Hersteller, um in die
einzelnen Absatzkanäle zu gelangen. Ein kommunikationspolitisches Instrument dieser
Strategie ist u.a. die Verkaufsförderung (vgl. hierzu Kapitel 4.2.1).
2. Pull-Prinzip
Die Pull-Strategie versucht durch das Überspringen mindestens einer Stufe für einen
Nachfragesog nach den Produktionsgütern auf nachgelagerten Stufen zu sorgen, wobei
überwiegend konsumentengerichtete Marketingaktivitäten ergriffen werden. Die Nach-
frage nach entsprechenden Produkten, die die ,,markierten" Rohstoffe, Einsatzstoffe
bzw. Komponenten/Teile enthalten, soll damit mittels dem Pull-Effekt vor allem bei den
Endabnehmern gesteigert werden. Dieses Prinzip ist folglich eine Strategie des mehrstu-
figen Marketings und bildet eine ideale Ergänzung zu dem Push-Prinzip des einstufigen
Marketings. Die mehrstufigen, vorwiegend auf die Endabnehmer gerichteten Marke-
tingmaßnahmen sind vor allem auf Märkten mit einer starken Nachfragemacht vorzu-
finden (z.B. in der Automobilzuliefererbranche) (vgl. hierzu Kapitel 6.2.3). Für solche
Unternehmen stellt damit das Pull-Prinzip innerhalb einer Ingredient Branding Kam-
pagne ein ideales Werkzeug dar, um die eigene Unabhängigkeit in der Produktions- und
Distributionskette langfristig zu gewährleisten (vgl. Backhaus, 1999, S.715f. und Baum-
garth, 1998a, S.237f. und Kotler, 1999, S.691f).
Im Vergleich zum Push-Prinzip ist das Pull-Prinzip in der Umsetzung wesentlich kos-
tenintensiver und es besitzt nach Baumgarth vielfältigere kommunikationspolitische
Ausgestaltungsmöglichkeiten (vgl. Baumgarth, 1998a, S.237ff.):
a) Autonomes Pull-Marketing (z.B. durch klassische Werbung in Form von Anzei-
gen in Fach- und Publikumszeitschriften, Direktmarketing oder durch eine ge-
zielte Direktansprache von potentiellen Kunden auf Messen);
b) Buying-Center-bezogenes Pull-Marketing (z.B. direkte und gezielte Ansprache
der einzelnen Personen eines Buying Center, um diese von den Produktvorteilen
des beworbenen Ingredients zu überzeugen (beispielsweise durch gemeinsame
Forschungs- und Entwicklungsprojekte);
c) Synergetisches Pull-Marketing (hierbei kooperieren Unternehmen aus zwei oder
mehr Stufen, um einen Nachfragesog auf der nachfolgenden Stufe zu erzielen. In

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783956360619
ISBN (Paperback)
9783832497224
Dateigröße
2.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Pforzheim – Fakultät für Wirtschaft & Recht
Erscheinungsdatum
2006 (Juli)
Note
1,7
Schlagworte
co-branding markenpositionierung markenstrategie buying center
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Titel: Markenführung im B2B-Sektor am Beispiel von Ingredient Branding
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