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Der Retailmarkt für strukturierte Anlageprodukte in Deutschland

Produkte, Marktteilnehmer und rechtliche Aspekte

©2006 Diplomarbeit 141 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Der deutsche Markt für Zertifikate ist der größte der Welt. Das in Deutschland in Zertifikaten verwaltete Vermögen wuchs im Jahr 2005 um über 50%. Die Anzahl der erhältlichen Zertifikate hat sich gegenüber Ende 2004 fast verdoppelt.
Allein diese drei Sätze dokumentieren das enorme Wachstum und die Bedeutung des Marktes für strukturierte Anlageprodukte in Deutschland.
Die Gründe für das Wachstum liegen zum einen in der Entwicklung der Kapitalmärkte der letzen Jahre und zum anderen in der Innovationskraft der Emittenten von strukturierten Anlageprodukten, so die formale Bezeichnung von Zertifikaten. Die Verluste vieler Anleger am Aktienmarkt, insbesondere nach der Jahrtausendwende, und ein seit Jahren im historischen Vergleich niedriges Zinsniveau bilden ein günstiges Umfeld für eine Gruppe von Anlageprodukten, die über ein klares Produktversprechen verfügt und mit denen Anleger in der Lage sind, jede Anlagestrategie mit nur einem oder wenigen Wertpapieren präzise umzusetzen.
Ihren Ursprung besitzen strukturierte Anlageprodukte in den USA. In der Mitte der achtziger Jahre konnte dort die Etablierung von Produkten beobachtet werden, die die Eigenschaften von Finanzmarktanlagen und Terminmarktinstrumenten in einem einzigen Produkt kombinierten.
In Deutschland wurde das erste strukturierte Anlageprodukt 1990 in Form einer Aktienanleihe von Trinkaus & Burkhardt emittiert. Ein regelrechter Markt entstand in Deutschland allerdings erst Mitte der neunziger Jahre mit zunehmender Produktvielfalt. Spätestens mit Beginn dieses Jahrzehnts entwickelte sich der Markt für Zertifikate zu einer Erfolgsgeschichte. Während Ende des Jahres 2000 etwa 2 Mrd. Euro in ca. 2000 erhältlichen Zertifikaten investiert waren, stieg das investierte Vermögen per Ende 2003 auf 30 Mrd. Euro und die Zahl der Zertifikate auf über 10.000 an.
Heute sind über 30.000 strukturierter Anlageprodukte erhältlich, in denen ein Vermögen von über 80 Mrd. Euro investiert ist.
Über 90 % des in strukturierten Anlageprodukten verwalteten Vermögens ist im Besitz von Privatanlegern. Der Markt für strukturierte Anlageprodukte wird somit eindeutig von Privatanlegern dominiert.
Die gestiegene Bedeutung des Marktes manifestiert sich zudem durch die Gründung von zwei Interessenverbänden in den Jahren 2003 und 2004 und einer beinahe täglichen Berichterstattung in allen relevanten Wirtschaftsmedien.
Problemstellung:
Auch wenn die Anlageklasse „Zertifikate“ in den […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9592
Köker, Christian: Der Retailmarkt für strukturierte Anlageprodukte in Deutschland -
Produkte, Marktteilnehmer und rechtliche Aspekte
Druck Diplomica GmbH, Hamburg, 2006
Zugl.: Fachhochschule Düsseldorf, Diplomarbeit, 2006
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany

I
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ... I
Abbildungsverzeichnis ... V
Tabellenverzeichnis ... V
Abkürzungsverzeichnis ... VI
1 Einführung ... 1
1.1 Der Markt für Zertifikate in Deutschland... 1
1.2 Ziel der Arbeit ... 2
1.3 Aufbau und Gang der Untersuchung ... 2
2 Begriffsbestimmung und Grundlagen ... 4
2.1 Strukturierte Anlageprodukte ... 4
2.2 Zertifikat im Sinne dieser Arbeit ... 5
2.3 Retailmarkt... 6
2.4 Funktionen der Basiskomponenten ... 6
2.4.1 Basiskomponenten des Kassamarktes ... 7
2.4.1.1 Aktien... 7
2.4.1.2 Währungen ... 8
2.4.1.3 Anleihen... 8
2.4.2 Basiskomponenten des Terminmarktes ... 9
2.4.2.1 Standard-Optionen ... 12
2.4.2.1.1 Long Call ... 12
2.4.2.1.2 Short Call ... 13
2.4.2.1.3 Long Put... 14
2.4.2.1.4 Short Put ... 16
2.4.2.2 Exotische Optionen... 17
2.4.2.2.1 Kurspfadunabhängige Optionen... 18
2.4.2.2.2 Kurspfadabhängige Optionen... 21

II
3 Produkte ... 26
3.1 Partizipationszertifikate ... 28
3.1.1 Funktionsweise und Einsatzmöglichkeiten ... 28
3.1.2 Konstruktion ... 31
3.2 Discountzertifikate ... 32
3.2.1 Funktionsweise und Einsatzmöglichkeiten ... 32
3.2.2 Konstruktion ... 36
3.3 Aktienanleihen ... 38
3.3.1 Funktionsweise und Einsatzmöglichkeiten ... 38
3.3.2 Konstruktion ... 41
3.4 Bonus-Zertifikate... 42
3.4.1 Funktionsweise und Einsatzmöglichkeiten ... 43
3.4.2 Konstruktion ... 46
3.5 Garantie-Zertifikate ... 48
3.5.1 Funktionsweise und Einsatzmöglichkeiten ... 48
3.5.2 Konstruktion ... 51
4 Marktteilnehmer... 52
4.1 Die Emittenten als Produzenten ... 52
4.1.1 Deutsche Bank... 54
4.1.2 WestLB... 55
4.1.3 HSBC Trinkaus & Burkhardt... 56
4.2 Absatzhelfer... 58
4.2.1 Börsen... 58
4.2.1.1 Handelssegment EUWAX der Börse Stuttgart... 59
4.2.1.2 Deutsche Börse Smart Trading... 60
4.2.2 Distributoren... 61
4.2.2.1 Discountbroker... 61
4.2.2.2 Banken ... 62
4.3 Käufer ... 63
4.3.1 Privatanleger ... 64
4.3.2 Institutionelle Kunden ... 65
4.4 Beeinflusser ... 66
4.4.1 Verbände... 66
4.4.1.1 Deutsches Derivate Institut... 66

III
4.4.1.2 Derivate Forum ... 67
4.4.2 Medien ... 69
4.4.2.1 Printmedien... 69
4.4.2.2 Onlinemedien... 70
5 Rechtliche Aspekte ... 72
5.1 Das Wertpapierprospektgesetz... 72
5.1.1 Prospektpflicht nach dem Wertpapierprospektgesetz ... 73
5.1.2 Aufbau der Prospekte... 75
5.1.3 Übergangsregelungen... 76
5.1.4 Implikationen der neuen Gesetzgebung auf die Aktivitäten der
Emittenten ... 77
5.1.4.1 Auswirkungen des Konzeptes des Europäischen Passes ... 77
5.1.4.2 Widerrufsrecht der Anleger... 78
5.1.4.3 Anpassung der Werbemaßnahmen ... 78
5.1.4.4 Jährliche Aktualisierung des Prospektes ... 80
5.1.4.5 Erstellung eines jährlichen Dokumentes... 80
5.2 Steuerliche Behandlung von Zertifikaten im Privatvermögen... 81
5.2.1 Grundlagen ... 81
5.2.2 Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. 84
5.2.3 Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG. 84
5.2.4 Steuerliche Behandlung der untersuchten Produkte ... 86
5.2.4.1 Partizipationszertifikate... 86
5.2.4.2 Discountzertifikate und Bonus-Zertifikate ... 87
5.2.4.3 Aktienanleihen ... 89
5.2.4.4 Garantie-Zertifikate ... 92
6 Ausblick ... 94
Anhang
... VIII
Tabellenteil ... VIII
Experten-Interviews ... X
Experten-Interview Carsten Lütke-Bornefeld... X
Experten-Interview Thilo R. Wolf... XII
Experten-Interview Thomas Koch ...XV
Experten-Interview Dr. Ulf Sommer...XVII

IV
Experten-Interview Bernd Wiedemuth...XIX
Literatur- und Quellenverzeichnis ...XXI

V
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 2.1: Auszahlungsprofil eines Long Call... 13
Abbildung 2.2: Auszahlungsprofil eines Short Call ... 14
Abbildung 2.3: Auszahlungsprofil eines Long Put ... 15
Abbildung 2.4: Auszahlungsprofil eines Short Put... 17
Abbildung 3.1: Auszahlungsprofil eines Endlos-Partizipationszertifikates ... 30
Abbildung 3.2: Auszahlungsprofil eines Discountzertifikates... 34
Abbildung 3.3: Auszahlungsprofil einer Aktienanleihe... 40
Abbildung 3.4: Auszahlungsprofil eines Bonus-Zertifikates... 45
Abbildung 3.5: Auszahlungsprofile von Garantie-Zertifikaten... 50
Tabellenverzeichnis
Tabelle 2.1: Grundpositionen von Standard-Optionen ... 12
Tabelle 2.2: Systematik exotischer Optionen ... 18
Tabelle 2.3 Grundpositionen von Barrier-Optionen ... 22
Tabelle A.1: Börsliche Umsätze und Marktanteile der Emittenten in
Anlagezertifikaten November 2005... VIII
Tabelle A.2: Umsätze je Anlagezertifikat in Euro im November 2005 ... VIII
Tabelle A.3: Anzahl Anlagezertifikate je Emittent ... IX

VI
Abkürzungsverzeichnis
ABN
Algemene Bank Nederland
Abs.
Absatz
AG
Aktiengesellschaft
AO
Abgabenordnung
ASX
Australian
Stock
Exchange
BaFin
Bundesanstalt
für
Finanzdienstleistungsaufsicht
BGB
Bürgerliches
Gesetzbuch
BGH
Bundesgerichtshof
BNP
Banque Nationale de Paris
BörsG Börsengesetz
BörsZulV
Börsenzulassungs-Verordnung
bzgl.
bezüglich
bzw.
beziehungsweise
c.a.
circa
CBOE
Chicago Board Options Exchange
CDU
Christlich
Demokratische Union Deutschlands
CSU
Christlich-Soziale Union in Bayern
DAB
Direkt
Anlage
Bank
DAX
Deutscher
Aktienindex
DDI
Deutsches
Derivate
Institut
DWS
Deutsche
Gesellschaft
für
Wertpapiersparen
EBS
European
Business
School
EStG
Einkommensteuergesetz
EStR
Einkommensteuerrichtlinien
ETF
Exchange Traded Fund
EU
Europäische Union
EUREX European Exchange
EURIBOR
Euro Interbank Offered Rate
EUWAX European Warrant Exchange
EWR
Europäischer Wirtschaftsraum
e.V.
eingetragener Verein
f.
folgende (Seite)
ff.
fortfolgend

VII
FWB
Frankfurter Wertpapierbörse
gem.
gemäß
ggf.
gegebenenfalls
HSBC
Hongkong and Shanghai Banking Corporation
i.d.R.
in der Regel
i. S. d. im
Sinne
des,
(der)
i.V.m.
in
Verbindung
mit
Mio.
Millionen
Mrd.
Milliarden
Nr.
Nummer
OTC
over the counter
o.g.
oben genannte, (-r), (-s), (-n)
o.V.
ohne Verfasser
Rz.
Randziffer
S.
Seite
sog.
sogenannte, (-r), (-s), (-n)
SPD
Sozialdemokratische Partei Deutschlands
TUB
Trinkaus & Burkhardt
u.a.
unter anderem
UBS
United Bank of Switzerland
USA
United States of America
VerkProspG
Verkaufsprospektgesetz
vgl.
vergleiche
WestLB Westdeutsche Landesbank
WKN
Wertpapierkennnummer
WpHG Wertpapierhandelsgesetz
WpPG Wertpapierprospektgesetz
XETRA Exchange Electronic Trading
z.B.
zum Beispiel

1
1 Einführung
1.1 Der Markt für Zertifikate in Deutschland
Der deutsche Markt für Zertifikate ist der größte der Welt.
1
Das in Deutschland in
Zertifikaten verwaltete Vermögen wuchs im Jahr 2005 um über 50 %.
2
Die Anzahl
der erhältlichen Zertifikate hat sich gegenüber Ende 2004 fast verdoppelt.
3
Allein diese drei Sätze dokumentieren das enorme Wachstum und die Bedeutung
des Marktes für strukturierte Anlageprodukte in Deutschland.
Die Gründe für das Wachstum liegen zum einen in der Entwicklung der
Kapitalmärkte der letzen Jahre und zum anderen in der Innovationskraft der
Emittenten von strukturierten Anlageprodukten, so die formale Bezeichnung von
Zertifikaten. Die Verluste vieler Anleger am Aktienmarkt, insbesondere nach der
Jahrtausendwende, und ein seit Jahren im historischen Vergleich niedriges
Zinsniveau bilden ein günstiges Umfeld für eine Gruppe von Anlageprodukten, die
über ein klares Produktversprechen verfügt und mit denen Anleger in der Lage
sind, jede Anlagestrategie mit nur einem oder wenigen Wertpapieren präzise
umzusetzen.
Ihren Ursprung besitzen strukturierte Anlageprodukte in den USA.
4
In der Mitte der
achtziger Jahre konnte dort die Etablierung von Produkten beobachtet werden, die
die Eigenschaften von Finanzmarktanlagen und Terminmarktinstrumenten in
einem einzigen Produkt kombinierten.
5
In Deutschland wurde das erste strukturierte Anlageprodukt 1990 in Form einer
Aktienanleihe von Trinkaus & Burkhardt emittiert. Ein regelrechter Markt entstand
in Deutschland allerdings erst Mitte der neunziger Jahre mit zunehmender
Produktvielfalt.
6
Spätestens mit Beginn dieses Jahrzehnts entwickelte sich der
Markt für Zertifikate zu einer Erfolgsgeschichte. Während Ende des Jahres 2000
etwa 2 Mrd. Euro in ca. 2000 erhältlichen Zertifikaten investiert waren, stieg das
investierte Vermögen per Ende 2003 auf 30 Mrd. Euro und die Zahl der Zertifikate
auf über 10.000 an.
7
1
Vgl. ICME (2006), S. 8.
2
Vgl. DERIVATE FORUM (2005a), S. 2 und DERIVATE FORUM (2005c), S. 1.
3
Vgl. EUWAX (2005a), S. 2 und EUWAX (2005b), S. 2.
4
Vgl. WILKENS/ERNER/RÖDER (2003), S. 55.
5
Vgl. WOHLWEND (2001), S. 2.
6
Vgl. STOIMENOV/WILKENS (2004), S. 207.
7
Vgl. ICME (2006), S. 2 und EUWAX (2004), S. 2.

2
Heute sind über 30.000 strukturierter Anlageprodukte erhältlich
8
, in denen ein
Vermögen von über 80 Mrd. Euro investiert ist.
Über 90 % des in strukturierten Anlageprodukten verwalteten Vermögens ist im
Besitz von Privatanlegern. Der Markt für strukturierte Anlageprodukte wird somit
eindeutig von Privatanlegern dominiert.
9
Die gestiegene Bedeutung des Marktes manifestiert sich zudem durch die
Gründung von zwei Interessenverbänden in den Jahren 2003 und 2004 und einer
beinahe täglichen Berichterstattung in allen relevanten Wirtschaftsmedien.
1.2 Ziel der Arbeit
Auch wenn die Anlageklasse ,,Zertifikate" in den letzten Jahren einen regen Zulauf
erfahren hat, so sind diese Produkte für viele Anleger und Anlageberater noch
immer eine ,,Terra incognita".
10
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es daher, einen Teil
zur erforderlichen Aufklärung über das Thema Zertifikate beizutragen. Es soll
durch die Vorstellung der jeweiligen Einsatzmöglichkeiten gezeigt werden, warum
diese Produkte immer populärer werden.
Um die Erfolgsgeschichte des Marktes für strukturierte Anlageprodukte vollständig
nachvollziehen zu können, ist eine ganzheitliche Betrachtung des
Marktgeschehens notwendig. Weiteres Ziel dieser Arbeit ist es demnach, dem
Leser durch eine erstmalige Vorstellung der einzelnen Marktteilnehmer und der
derzeit wichtigsten rechtlichen Aspekte ein umfassendes Verständnis des Marktes
zu vermitteln.
1.3 Aufbau und Gang der Untersuchung
In Kapitel 2 ,,Begriffsbestimmung und Grundlagen" werden zunächst die in dieser
Arbeit regelmäßig verwendeten Begriffe ,,strukturiertes Anlageprodukt" und
,,Zertifikat" definiert bzw. vorgestellt sowie eine kurze Eingrenzung des Begriffes
,,Retailmarkt" vorgenommen. Da strukturierte Produkte auf Basis mindestens je
einer Komponente des Kassa- und des Terminmarktes kombiniert werden, stellt
Kapitel 2 im weiteren Verlauf die regelmäßig verwendeten Komponenten des
Kassamarktes wie Aktien, Anleihen und Währungen ebenso vor, wie die
derivativen Instrumente des Terminmarktes in Form von Standard- und exotischen
Optionen. Diese Informationen bilden die Grundlage für Kapitel 3 ,,Produkte".
8
Vgl. Anlage Tabelle 1.2.
9
Vgl. ICME (2004), S. 2.
10
Lateinisch für ,,unentdecktes Land".

3
Letztlich ist der Erfolg von strukturierten Produkten auf die, besonders im
Vergleich zu traditionellen Anlageprodukten, vielfältigen Einsatzmöglichkeiten
zurückzuführen. Es werden deshalb die relevantesten Produkte des Marktes auf
ihre Funktionsweise und ihre Einsatzmöglichkeiten hin untersucht. Ferner wird
offengelegt, wie diese Produkte konstruiert sind und mit welchen Instrumenten des
Kassa- und des Terminmarktes ihre Auszahlungsprofile generiert werden.
Kapitel 4 ,,Marktteilnehmer" stellt alle am Marktgeschehen beteiligten Parteien vor
und erläutert deren Ziele und Funktionen, sowie deren Einfluss auf den Markt. Es
erfolgt eine Kategorisierung der Marktteilnehmer in Anlehnung an das Marktmodell
von Jung.
In Kapitel 5 ,,Rechtliche Aspekte" wird das erst seit wenigen Monaten wirksame
Wertpapierprospektgesetz vorgestellt und erläutert, welche Implikationen für die
Emittenten von strukturierten Anlageprodukten aus der neuen Gesetzgebung
resultieren. Im zweiten Teil des fünften Kapitels werden die in Kapitel 3
besprochenen Produkte auf ihre steuerliche Behandlung im Privatvermögen hin
untersucht.
Kapitel 6 ,,Ausblick" bildet den Abschluss dieser Arbeit und stellt aktuelle
Entwicklungstendenzen heraus und beschreibt das zukünftige Potenzial des
Marktes für strukturierte Anlageprodukte.
Bei der Erstellung dieser Arbeit wurde Wert darauf gelegt, auch komplexe
ökonomische Sachverhalte verbal darzustellen. Es wurde daher auf die
Anwendung von mathematischen Modellen verzichtet. Besondere Sorgfalt galt der
Auswahl der zitierten Literatur. Dies erscheint vor dem Hintergrund der Aktualität
des Themas von besonderer Relevanz. Die Mehrheit der verwendeten Quellen
stammt aus den zurückliegenden zwei Jahren. Um den hohen Praxisbezug der
Arbeit zu intensivieren, wurden zudem einige Experten zu Themen interviewt, auf
deren Gebiet keine bzw. bislang nur wenig Literatur existent ist.

4
2 Begriffsbestimmung und Grundlagen
2.1 Strukturierte Anlageprodukte
Derzeit existiert noch keine allgemein anerkannte und verbreitete Definition des
Begriffes "strukturierte Anlageprodukte".
11
Ohnehin werden neben dem in dieser
Arbeit verwendeten Begriff ,,strukturierte Anlageprodukte" eine Reihe anderer
Begriffe in der Literatur verwendet, die identische oder verwandte Sachverhalte
kennzeichnen. So finden sich neben der häufig genutzten Bezeichnung
strukturierte Produkte
12
u.a. auch die Begriffe strukturierte Finanzprodukte
13
,
structured notes
14
oder hybrid structures
15
.
Die vorliegenden Definitionen des Begriffs strukturierte Produkte stimmen
allerdings hinsichtlich zentraler Definitionsmerkmale weitgehend überein. Alle
Definitionen besagen, dass bei einem strukturierten Produkt mindestens zwei
Finanzanlagen in einem Produkt kombiniert werden. Eine der kombinierten
Finanzanlagen ist am Kassamarkt handelbar, bei mindestens einer weiteren
Finanzanlage handelt es sich um ein derivatives Instrument, das am Terminmarkt
gehandelt wird.
Stellvertretend für viele, werden nachfolgend zwei Definitionen des Begriffes
strukturiertes Produkt aufgeführt:
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht definiert ein strukturiertes
Produkt wie folgt: ,,Bei einem strukturierten Produkt handelt es sich um einen
Anlagegegenstand, bei dem ein Kassainstrument mit einem oder mehreren
derivativen Finanzinstrument(en) (...) fest zu einer rechtlichen und wirtschaftlichen
Einheit verbunden ist."
16
Wohlwend bezeichnet ein strukturiertes Produkt als ,,ein durch eine Bank oder
eine Finanzgesellschaft im Rahmen einer öffentlichen Emission begebenes
Finanzprodukt, in welchem mindestens zwei Finanzanlagen in einem Produkt
kombiniert werden, wovon mindestens eine der Komponenten ein derivatives
Produkt ist."
17
11
Ein Überblick verschiedener Definitionen findet sich bei WOHLWEND (2001), S. 3-4. Ein sehr
ausführlicher Versuch der Definition des Begriffes ,,strukturierte Produkte" wird von ELLER
vorgenommen: ELLER (1999a), S. 297 ff.
12
Vgl. TOLLE/HUTTER/RÜTHEMANN/WOHLWEND (2005), S. 89 oder BAFIN (1999), S. 2.
13
Vgl. STOIMENOV/WILKENS (2004), S. 207 oder WILKENS/SCHOLZ/VÖLKER (1999a), S. 262.
14
Vgl. DAS (2001), S. 1.
15
Vgl. AGER/HOUARI (2005).
16
Vgl. BUNDESMINISTERIUM DER FINANZEN BAFIN (1999), S. 2.
17
Vgl. WOHLWEND (2001), S. 9.

5
Da mindestens zwei Finanzanlagen kombiniert werden müssen, wird ersichtlich
warum das Wort Struktur Verwendung findet. Der Begriff ,,Struktur" ist vom
lateinischen ,,structura" abgeleitet und bedeutet Zusammenfügung bzw. Aufbau.
18
Für die vorliegende Arbeit wurde der Begriff strukturierte Produkte bewusst um
den Zusatz ,,Anlage-" erweitert. Durch diesen Zusatz werden insbesondere die
Produkte fokussiert, die sich für eine mittel- bis langfristige Investition eignen. Es
soll so neben der inhaltlichen auch eine begriffliche Abgrenzung zu den
mehrheitlich zur kurzfristigen Spekulation verwendeten Hebelprodukten wie Turbo-
und Standard-Optionsscheinen erfolgen, die analog zu strukturierten Produkten
einen derivativen Charakter besitzen.
19
Da öffentliche Emissionen auch nicht börsennotierte Wertpapiere umfassen
können, wie es bei Emissionen zu beobachten ist, die sich ausschließlich an
qualifizierte Anleger oder einen begrenzten Personenkreis (früher
Privatplatzierung) richten und derivative Produkte am Terminmarkt gehandelt
werden, ergibt sich in Anlehnung an Wohlwend folgende, für diese Arbeit gültige
Definition eines strukturierten Anlageproduktes:
Ein strukturiertes Anlageprodukt ist ein von einer Bank oder Finanzgesellschaft
emittiertes, zum Börsenhandel zugelassenes Wertpapier, welches aus mindestens
je einer Komponente des Kassa- und des Terminmarktes zusammengesetzt ist
und dessen Einsatz sich mehrheitlich zur mittel- bis langfristigen
Kapitalvermehrung eignet.
2.2 Zertifikat im Sinne dieser Arbeit
Strukturierte Anlageprodukte werden überwiegend unter der Bezeichnung
,,Zertifikat" von einer Bank emittiert.
20
Von ihrer inhaltlichen Bedeutung können die
beiden Begriffe daher - bezogen auf diese Arbeit - synonym verwendet werden.
Der Begriff Zertifikat hat sich jedoch im allgemeinen Sprachgebrauch als
Sammelbegriff für eine bestimmte Wertpapiergattung etabliert und existiert
mittlerweile gleichberechtigt neben den Begriffen Aktie, Anleihe und Fonds.
Im Gegensatz zu Aktien und Anleihen bestimmt sich der Kurs eines Zertifikates
nicht durch Angebot und Nachfrage, sondern wird wesentlich durch die
Kursentwicklungen der enthaltenen Finanzanlagen determiniert.
21
18
Vgl. WOHLWEND (2001), S. 9.
19
Vgl. DERIVATE FORUM (2005b), S. 4. Demnach werden Hebelprodukte durchschnittlich sechs
Tage, Anlageprodukte vierzig Monate gehalten.
20
Vgl. HSBC TUB (2005a), S. 90.

6
Rechtlich betrachtet handelt es sich bei einem Zertifikat um eine
Inhaberschuldverschreibung. Anders als bei traditionellen Schuldverschreibungen
mit Nennwert und festem Zinskupon, richten sich der Ertrag und der
Rückzahlungsbetrag eines Zertifikates nach bestimmtem Modalitäten.
Beispielsweise können die Kursentwicklungen einer oder mehrerer Aktien
maßgebend für Ertrag und Rückzahlung sein.
22
Diese Modalitäten werden
detailliert und sachlich in einem Verkaufsprospekt dokumentiert.
23
Hieraus lässt
sich auch der wahrscheinliche Ursprung des Begriffes Zertifikat folgern: Die
Eigenschaften eines strukturierten Anlageproduktes werden in einem Wertpapier
verbrieft bzw. zertifiziert.
2.3 Retailmarkt
Der engl. Begriff Retail (zu Deutsch: Einzelhandel) fasst Aktivitäten im
Massenmarkt zusammen, die Privatkunden und kleine bis mittelständische
Unternehmen umfassen.
24
Im Sinne dieser Arbeit umfasst der Retailmarkt insbesondere alle Privatkunden,
die im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Geschäfte mit strukturierten
Anlageprodukten abschließen. Auf eine Differenzierung der Kunden hinsichtlich
ihrer Vermögensverhältnisse wird verzichtet.
2.4 Funktionen der Basiskomponenten
Bei der Begriffsbestimmung wurde festgestellt, dass strukturierte Anlageprodukte
mindestens aus einer Komponente des Kassamarktes und einer Komponente des
Terminmarktes bestehen. Um die Konstruktion und Funktionsweisen der in dieser
Arbeit vorgestellten Produkte nachvollziehen zu können, bedarf es einer
Erläuterung der relevanten Basiskomponenten. Im weiteren Verlauf dieses
Kapitels werden daher die verwendeten Instrumente aus Kassa- und Terminmarkt
vorgestellt und erklärt.
21
Vgl. SAL. OPPENHEIM (2003a), S. 7.
22
Vgl. SCHMIDT (2005), S. 14.
23
Vgl. BEIKE/SCHLÜTZ (2005), S. 630.
24
Vgl. KOBLER (1993), S. 8.

7
2.4.1 Basiskomponenten des Kassamarktes
Finanzmärkte werden allgemein in Kassa- und Terminmärkte unterteilt. Im
Kassamarkt werden Geschäfte getätigt, die in Form eines Direktgeschäftes eine
sofortige Bezahlung und Lieferung des Vertragsgegenstandes erfordern.
25
Vertragsabschluss und Vertragserfüllung eines Kassageschäftes fallen demnach
zeitlich zusammen. Bezogen auf Geschäfte, die in Deutschland an einer
organisierten Börse getätigt werden, bedeutet ,,sofort" gewöhnlich, dass die
Erfüllung (Valuta) binnen eines Zeitraumes von zwei Börsentagen erfolgt.
26
Zu den
für die Konstruktion von Zertifikaten meistgenutzten Geschäftsgegenständen am
deutschen Kassamarkt zählen neben Aktien auch Anleihen und Währungen.
27
Die häufig als Basiswert von Zertifikaten genutzten Aktienindizes sind dagegen
nicht unmittelbar am Kassamarkt handelbar. Zwar werden die Kursfeststellungen
eines Aktienindex auf Basis der im Kassamarkt gehandelten Aktien
vorgenommen, erwerben kann man einen Index aber nur indirekt über
Hilfsinstrumente wie Exchange Traded Funds (ETF)
28
oder Index- bzw.
Partizipationszertifikate.
29
2.4.1.1 Aktien
Bei Aktien handelt es sich um deklaratorische Wertpapiere die Anteils- und
Mitgliedschaftsrechte an einer Aktiengesellschaft verbriefen. Der Inhaber einer
Aktie ist, entsprechend seines Anteils am Grundkapital, am Vermögen der
Aktiengesellschaft beteiligt.
30
Hinsichtlich der Ausgestaltung können Aktien nach drei Merkmalen unterschieden
werden. Nach dem Umfang der Aktionärsrechte, nach den Möglichkeiten der
Übertragung und hinsichtlich der Kapitalzerlegungsmethode.
31
Bezogen auf die Aktionärsrechte differenziert man zwischen den Gattungen der
stimmberechtigten Stammaktien und den stimmrechtslosen Vorzugsaktien. Bei
dem Merkmal Übertragung wird unterschieden nach Namensaktien, die auf den
Namen des Aktionärs lauten, nach vinkulierten Namensaktien, die nur mit
Zustimmung der Gesellschaft verkauft werden dürfen, und nach Inhaberaktien, bei
25
Vgl. MÜLLER-MÖHL (1999), S. 21.
26
Vgl. RULAND (2004), S. 161.
27
Vgl. Kapitel 3 und DERIVATE FORMUM (2005c), S. 4.
28
ETF sind Investmentfonds die einen bestimmten Index 1:1 nachbilden. Vgl. hierzu
BEIKE/SCHLÜTZ (2005), S. 704 ff.
29
Letztere werden in Kapitel 3.1 ausführlich beschrieben.
30
Vgl. BECKER/PEPPMEIER (2000), S. 245.
31
Vgl. STEINER/BRUNS (2002), S. 205.

8
denen die Gesellschaft Ihre Aktionäre nicht kennt.
32
Zudem können Aktien - die
Kapitalzerlegungsmethoden betreffend - nach Nennwertaktien und nach
Stückaktien gegliedert werden. Der Nennwert einer Aktie gibt an, mit welchem
Anteil der Aktionär am Grundkapital beteiligt ist, während sich der relative Anteil
am Grundkapital von Stückaktien nur durch die Anzahl der ausgegebenen Aktien
bestimmt.
33
Aktionäre können Erträge durch den Erhalt von Dividenden, sowie durch den
Verkauf der Aktien zu einem höheren Kurs als dem Kaufkurs erzielen.
2.4.1.2 Währungen
Der Begriff der Währung umfasst mehrere Bedeutungen. Zum einen bezeichnet er
im erweiterten Sinne das durch eine Behörde geregelte Geldwesen eines Landes
oder einer Währungsunion. Im Sinne dieser Arbeit bezeichnet der Begriff Währung
die Geldeinheit eines Landes. Währungen werden als Bargeld als sog. Sorten
und in Form von Buchgeld als sog. Devisen gehandelt. Aufgrund des weitaus
größeren Handelsvolumens ist der Devisenmarkt von größerer Bedeutung für die
Finanzmärkte als der Sortenmarkt. Am Devisenmarkt bildet sich der Devisen- bzw.
Wechselkurs als gegenwärtiger Preis einer Währung im Verhältnis zu einer
anderen.
Währungen werden immer paarweise gehandelt. Die erste Währung eines
Kurspaares wird als Basiswährung bezeichnet, die zweite als die Gegenwährung.
Die Basiswährung ist daher der Nenner, die Gegenwährung der Zähler des
Verhältnisses. Der Wert der Basiswährung beträgt stets 1. Der Wechselkurs gibt
also an, wie viel der Gegenwährung gezahlt werden muss, um eine Einheit der
Basiswährung zu erhalten.
34
2.4.1.3 Anleihen
Anleihen sind fungible Wertpapiere, die Forderungsrechte verbriefen. Dem
Emittenten dient die Ausgabe einer Anleihe klassischerweise zur langfristigen
Kreditfinanzierung. Ergo ist der Inhaber der Anleihe kein Miteigentümer des
Emittenten, sondern Gläubiger. Durch Erwerb der Anleihe vom Emittenten stellt
32
Vgl. KRIMPHOVE/REGEL (2002), S. 180 f.
33
Vgl. DEUTSCHES AKTIENINSTITUT (2004), S. 6 f.
34
Vgl. EASY FOREX (2005).

9
der Inhaber Fremdkapital zur Verfügung. Im Gegenzug erwirbt der Gläubiger
Ansprüche auf Verzinsung und Rückzahlung des überlassenen Kapitals.
35
Anleihen können generell in festverzinsliche und variabel verzinsliche Anleihen
unterteilt werden. Hauptmerkmal von festverzinslichen Anleihen ist der bei
Emission festgelegte Nominalzinssatz. Der Gläubiger erhält während der Laufzeit
periodische Zinszahlungen.
36
Eine Sonderform der festverzinslichen Anleihen
stellen die Nullkuponanleihen
37
dar. Wie der Name erkennen lässt, erfolgt bei
Nullkuponanleihen keine turnusmäßige Zahlung der Zinsen, sondern die bei
Emission definierte Verzinsung wird mit Zinseszins bei Tilgung der Anleihe
ausgezahlt. Nullkuponanleihen werden unter dem Nennwert ausgegeben und bei
Fälligkeit zu 100% zurückgezahlt.
Bei variabel verzinslichen Anleihen hängt die Höhe des Zinssatzes regelmäßig
von einem Referenzzinssatz wie z.B. dem EURIBOR
38
ab.
39
So könnte die
Verzinsung einer Anleihe immer ein Prozent größer sein als der EURIBOR.
2.4.2 Basiskomponenten des Terminmarktes
Im Gegensatz zum Kassamarkt werden im Terminmarkt nur Verträge über ein in
der Zukunft liegendes Geschäft geschlossen. Vertragsschluss und
Vertragserfüllung fallen somit zeitlich auseinander.
Ihren Ursprung haben Termingeschäfte schon in der Antike. So beschreibt
Aristoteles 580 v. Chr. die Termingeschäfte des griechischen Naturphilosophen
Thales, der in heutiger Semantik sog. Call-Optionen auf Olivenpressen kaufte, um
sich gegen steigende Preise für Olivenpressen abzusichern.
40
Innerhalb der Termingeschäfte wird heutzutage grundsätzlich zwischen
unbedingten und bedingten Termingeschäften unterschieden.
Abgrenzungskriterium ist hierbei die Existenz eines Wahlrechts, welches einer der
Vertragsparteien die Möglichkeit einräumt, auf der Erfüllung des Vertrages zu
bestehen oder diesen verfallen lassen zu können. Bei unbedingten Geschäften
kommt es in jedem Fall zur Erfüllung des Geschäftes. Bei bedingten Geschäften
35
Vgl. BECKER/PEPPMEIER (2000), S. 257.
36
Vgl. STEINER/BRUNS (2002), S. 135 ff.
37
Nullkuponanleihen werden häufig auch als Zero-Bonds bezeichnet.
38
EURIBOR = Euro Interbank Offered Rate, wichtiger Referenzzinssatz für kurzfristige
Geldanlagen unter Geschäftsbanken. Vgl. hierzu BECKER/PEPPMEIER (2000), S. 30.
39
Vgl. BECKER/PEPPMEIER (2000), S. 257.
40
Vgl. BEILNER (1992), S. 9.

10
steht dem Käufer das oben beschriebene Wahlrecht zu, weshalb die Erfüllung von
seiner Entscheidung abhängig ist.
41
Zu den unbedingten Termingeschäften zählen die Forwards und Futures. Bei
einem Forward handelt es sich um einen individuell vereinbarten Vertrag zwischen
zwei Parteien, dem den Geschäft zugrundeliegenden Basiswert
42
zu einem
bestimmten zukünftigen Zeitpunkt, zu einem bestimmten Preis zu liefern. Ein
Forwardgeschäft kann deshalb als das Gegenteil eines Kassageschäftes
angesehen werden.
43
Aufgrund ihrer individuellen Ausgestaltung werden Forwards
im Freiverkehrsmarkt, international OTC - over-the-counter - genannt, gehandelt.
Futures können dagegen als die börsenfähige Variante des Forwards betrachtet
werden. Die Vertragsspezifikationen eines Futuresgeschäftes sind demnach so
von der jeweiligen Börse standardisiert, dass ein größtmöglicher Grad an
Fungibilität gewährleistet ist.
44
Bedingte Termingeschäfte werden mittels Optionen durchgeführt. Der Käufer einer
Option erwirbt das Recht, aber nicht die Pflicht, einen bestimmten Basiswert zu
einem festgelegten Preis an einem definierten Termin in der Zukunft zu kaufen
(Call-Option) bzw. zu verkaufen (Put-Option). Der Verkäufer der Option, der auch
als Stillhalter tituliert wird, steht hingegen immer in der Pflicht. Er muss auf
Wunsch des Optionskäufers das Geschäft erfüllen.
45
Der Stillhalter gewährt dem
Käufer dieses Recht gegen Zahlung einer bestimmten Summe, der
Optionsprämie. Der festgelegte Preis des Basiswertes wird Basiskurs
46
genannt.
Bei dem Termin, zu dem die Option ausgeübt werden kann, handelt es sich um
den Fälligkeitstermin.
47
Der Preis einer Option setzt sich zusammen aus dem
innerem Wert und dem Zeitwert. Der innere Wert determiniert sich ausschließlich
als positive Differenz zwischen dem Basiskurs und dem aktuellen Kassakurs des
Basiswertes. Der Zeitwert wird von mehreren Einflussgrößen wie der Restlaufzeit
der Option, der Volatilität des Basiswertes und dem risikofreien Zinssatz
determiniert.
Verfügt eine Option über einen inneren Wert, so ist sie ,,im Geld" bzw. ,,in-the-
money". ,,Aus dem Geld" bzw. ,,out-of-the-money" ist eine Option, deren aktueller
41
Vgl. MÜLLER-MÖHL (1999), S. 22.
42
Synonym verwendet wird häufig der Begriff Underlying.
43
Vgl. HULL (2006), S. 26.
44
Vgl. HARTMANN-WENDELS/PFINGSTEN/WEBER (2004), S. 277.
45
Vgl. TOLLE/HUTTER/RÜTHEMANN/WOHLWEND (2005), S. 41 ff.
46
Andere synonym verwendete Bezeichnungen sind: Strike oder Ausübungspreis.
47
Andere synonym verwendete Bezeichnungen sind: Verfall oder Maturität.

11
Preis nur aus Zeitwert besteht. Notiert der Kassakurs des Basiswertes in Höhe
des Basiskurses, so ist die Option ,,am Geld" bzw. ,,at-the-money". Bei Fälligkeit ist
nur der innere Wert von Bedeutung, da in diesem Augenblick der Zeitwert Null
ist.
48
Optionen können hinsichtlich des Zeitpunktes der Ausübung in europäische und
amerikanische Optionen unterschieden werden. Europäische Optionen können
nur bei Fälligkeit ausgeübt werden. Bei amerikanischen besteht die Möglichkeit
zur Ausübung während der gesamten Laufzeit.
49
Optionen können ferner, ähnlich
wie Forwards und Futures, in OTC-Optionen und börsengehandelte Optionen
unterteilt werden.
50
Nichtstandardisierte Optionsgeschäfte wurden schon lange vor den heute üblichen
börsengehandelten Optionen abgeschlossen. Die aus dem individuellen Charakter
der Optionen resultierenden Probleme, wie Erfüllungsrisiko bei Ausfall eines
Vertragspartners oder eingeschränkter Handel, führten zur Gründung der Chicago
Board Options Exchange (CBOE), die am 26. April 1973 als erster Markt für
standardisierte Aktienoptionen eröffnet wurde. Ausgehend von diesem Tag
entwickelte sich ein außerordentliches Wachstum der Optionsmärkte, das neben
der Entstehung weiterer Handelsplätze, wie z.B. der EUREX
51
, auch die
Entstehung einer Vielzahl verschiedenartigster Optionskontrakte begünstigte.
52
Aufgrund der vielfältigen Nutzung von Optionen zur Konstruktion von strukturierten
Produkten, wird nun zum besseren Verständnis zu den Standard Optionen sowie
den wichtigsten exotischen Optionen ausführlicher Stellung bezogen.
48
Vgl. für eine ausführlichere Beschreibung STEINER/BRUNS (2002), S. 321.
49
Vgl. JARROW/TURNBULL (1996), S. 14.
50
Vgl. ELLER (1999b), S. 15.
51
Die EUREX ist die weltweit führende elektronische Terminbörse mit Sitz in Frankfurt am Main.
Vgl. STEINBRENNER (2001), S. 58.
52
Vgl. STEINER/BRUNS (2002), S. 516.

12
2.4.2.1 Standard-Optionen
Die Standard-Optionen
53
umfassen die sog. vier Grundpositionen. Die
nachfolgende Tabelle stellt diese systematisch dar:
Art der Option
Tätigkeit des
Anlegers
Kaufoption (Call)
Verkaufsoption (Put)
Kauf einer Option
Long Call
Long Put
Verkauf einer Option
Short Call
Short Put
Tabelle 2.1: Grundpositionen von Standard-Optionen
Quelle: ELLER (1999b), S. 15.
2.4.2.1.1 Long Call
Der Inhaber einer Call-Option besitzt das Recht, den Basiswert der Option am
Fälligkeitstermin zum Basispreis vom Verkäufer der Option zu erwerben.
Der Erwerber einer Kaufoption erwartet steigende Kurse des Basiswertes, da die
Ausübung der Option aus wirtschaftlicher Sicht nur dann sinnvoll ist, wenn der
Kurs des Basiswertes bei Fälligkeit über dem Basiskurs der Option notiert. Sollte
der Kurs des Basiswertes bei Fälligkeit unter dem Basiskurs notieren, so wäre ein
Erwerb des Basiswertes im Kassamarkt günstiger.
54
Ein Gewinn durch das
Optionsgeschäft entsteht dann für den Inhaber der Call-Option, wenn die Differenz
zwischen dem Kassakurs des Basiswertes und dem Basiskurs der Option am
Fälligkeitstag größer ist als die ursprünglich gezahlte Optionsprämie oder - anders
ausgedrückt - der Kurs des Basiswertes über den Break-even-Punkt hinaus
gestiegen ist (siehe Abbildung 2.1).
55
Sollte sich der Kurs des Basiswertes bei
Fälligkeit zwischen dem Basiskurs und dem Break-even-Punkt befinden, so
können die dem Optionskäufer entstandenen Kosten bei Ausübung zumindest
teilweise kompensiert werden. Notiert der Basiswert am Fälligkeitstag dagegen
unterhalb des Basiskurses, wird der Käufer die Option verfallen lassen. Hieraus
resultiert der Verlust des vom Optionskäufer eingesetzten Kapitals. Dieser ist
jedoch auf die Höhe der gezahlten Prämie begrenzt. Bei steigenden Kursen des
Basiswertes ist der potenzielle Gewinn unbegrenzt.
56
Die folgende Abbildung illustriert die möglichen Szenarien:
53
Wegen ihrer einfachen Konstruktion werden diese auch als ,,plain vanilla" Optionen bezeichnet.
54
Vgl. TOLLE/HUTTER/RÜTHEMANN/WOHLWEND (2005), S. 45.
55
Vgl. STEINBRENNER (2001), S. 30 ff.
56
Vgl. ELLER (1999b), S. 16.

13
Abbildung 2.1: Auszahlungsprofil eines Long Call
Quelle: In Anlehnung an STEINER/BRUNS (2002), S. 524.
2.4.2.1.2 Short Call
Der Verkäufer einer Call-Option ist verpflichtet, den Basiswert der Option am
Fälligkeitstermin zum Basispreis an der Käufer der Option zu veräußern. Er hat die
Entscheidung des Optionskäufers zu akzeptieren und die Ansprüche aus der
Option zu erfüllen. Der Stillhalter einer Kaufoption erwartet konsequenterweise
fallende, gleichbleibende oder maximal leicht steigende Kurse des Basiswertes.
Sollte der Basiswert am Fälligkeitstag über dem Basiskurs notieren, wird der
Optionskäufer von seinem Recht Gebrauch machen und den Basiswert zum
vereinbarten Preis einfordern.
57
Der Stillhalter erleidet dann einen Verlust, wenn die Differenz zwischen dem
Kassakurs des Basiswertes und dem Basiskurs der Option bei Fälligkeit größer ist
als die vereinnahmte Optionsprämie, (siehe Break-even-Punkt). Befindet sich der
Kurs des Basiswertes zwischen dem Basiskurs und dem Break-even-Punkt, so
erzielt der Stillhalter zumindest einen verminderten Gewinn.
58
57
Vgl. STEINBRENNER (1996), S. 31.
58
Vgl. STEINER/BRUNS (2002), S. 525.
Gewinn
Verlust
0
Kurs des
Basiswertes
Verlustzone
Zone des
verminderten
Verlustes
Gewinnzone
Basiskurs Break-even-Punkt

14
Der maximal erzielbare Gewinn des Verkäufers der Call Option ist auf die
vereinnahmte Optionsprämie beschränkt, während der Verlust unbegrenzt ist, da
der Preis des Basiswertes theoretisch gegen unendlich streben kann.
59
Offensichtlich handelt es sich bei Long und Short um die zwei notwendigen Seiten
eines Call-Optionsgeschäftes, der Käufer der Option ist ,,long", der Verkäufer ist
,,short". Es überrascht daher nicht, dass sich das Auszahlungsprofil eines Short
Call spiegelbildlich zu dem eines Long Call verhält, wenn die Abszisse den
Spiegel darstellt
60
:
Abbildung 2.2: Auszahlungsprofil eines Short Call
Quelle: In Anlehnung an STEINER/BRUNS (2002), S. 524.
2.4.2.1.3 Long Put
Der Halter einer Put-Option verfügt über das Recht, den Basiswert der Option am
Fälligkeitstermin zum Basispreis an den Verkäufer der Option zu verkaufen.
Der Käufer einer Verkaufsoption erwartet sinkende Kurse des Basiswertes. Sollte
die Erwartung eintreten, so kann er den Basiswert zu einem höheren Kurs als den
bei Fälligkeit gehandelten Kassakurs an den Verkäufer der Option abgeben. Die
59
Vgl. BECKER/PEPPMEIER (2000), S. 287.
60
Vgl. STEINER/BRUNS (2002), S. 524.
Gewinn
Verlust
0
Kurs des
Basiswertes
Gewinnzone
Zone des
verminderten
Gewinns
Verlustzone
Basiskurs Break-even-Punkt

15
gezahlte Optionsprämie wird daher auch als Versicherungsprämie gegen fallende
Kurse verstanden.
61
Aus einer Long Put Position wird ein Gewinn erzielt, wenn der Abstand zwischen
Kassakurs des Basiswertes am Fälligkeitstag und Basiskurs größer als die vom
Optionskäufer bezahlte Prämie ist. Dies ist gleichbedeutend mit einem Rückgang
des Kurses des Basiswertes unter den Break-even-Punkt. Bei einer Kursnotierung
am Fälligkeitstermin zwischen Break-even-Punkt und Basiskurs verliert der Put-
Inhaber einen Teil der eingesetzten Prämie.
62
Sollte der Basiswert bei Verfall einen Wert größer dem Basiskurs annehmen, wird
der Käufer die Option verfallen lassen. Die gezahlte Prämie entspricht dem
Verlust, der analog zum Long Call auf die Höhe der gezahlten Prämie begrenzt ist.
Der maximal mögliche Gewinn aus dieser Position entspricht der Höhe des
Basiskurses abzüglich des gezahlten Optionspreises. Dieser wird erreicht, wenn
der Basiswert bei Verfall keinen Wert mehr hat.
63
Abbildung 2.3 stellt die
Ausführungen graphisch dar:
Abbildung 2.3: Auszahlungsprofil eines Long Put
Quelle: In Anlehnung an STEINER/BRUNS (2002), S. 526.
61
Vgl. O.V. (2002).
62
Vgl. STEINBRENNER (2001), S. 37 f.
63
Vgl. TOLLE/HUTTER/RÜTHEMANN/WOHLWEND (2005), S. 48.
Gewinn
Verlust
0
Kurs des
Basiswertes
Verlustzone
Zone des
verminderten
Verlustes
Gewinnzone
Basiskurs
Break-even-Punkt

16
2.4.2.1.4 Short Put
Der Verkäufer eines Puts hat die Pflicht, den Basiswert der Option am
Verfallstermin vom Optionskäufer zum vereinbarten Basispreis zu kaufen.
Die Stellung eines Put-Verkäufers lässt sich mit der eines Versicherer vergleichen,
denn bei Vertragsabschluss erhält er eine Prämie in Form des Optionspreises.
Dafür muss er den Basiswert im Schadenfall vom Versicherungsnehmer, dem Put-
Käufer, zum festgelegten Preis abkaufen.
64
Der Short Put-Strategie liegt die Erwartung steigender, gleichbleibender bis
maximal leicht fallender Kurse des Basiswertes zugrunde. Der Stillhalter erleidet
dann einen Verlust, wenn die Differenz zwischen dem Basiskurs der Option und
dem Kassakurs des Basiswertes bei Fälligkeit größer ist als die vereinnahmte
Optionsprämie bzw. der Kurs des Basiswertes unter den Break-even-Punkt fällt.
Notiert der Basiswert bei Fälligkeit in der Spanne zwischen Break-even-Punkt und
Basiskurs, so wird zumindest ein teilweiser Gewinn realisiert. Der maximale
Gewinn ist auf die kassierte Prämie limitiert, während der maximale Verlust auf die
Höhe des Basiskurses abzüglich der Optionsprämie begrenzt ist.
65
Das Auszahlungsprofil der Abbildung 2.4 ergibt sich aus der Spiegelung des
Profils der zugehörigen Inhaberposition des Long Put an der horizontalen Achse
66
:
64
Vgl. TOLLE/HUTTER/RÜTHEMANN/WOHLWEND (2005), S. 48 f.
65
Vgl. BECKER/PEPPMEIER (2000), S. 290.
66
Vgl. RUDOLPH/SCHÄFER (2005), S. 21.

17
Abbildung 2.4: Auszahlungsprofil eines Short Put
Quelle: In Anlehnung an STEINER/BRUNS (2002), S. 526.
2.4.2.2 Exotische Optionen
Seit den frühen 80er Jahren werden von Banken zunehmend sog. exotische
Optionen
67
konzipiert. Ziel dabei ist es, den Wünschen nach immer komplexeren
Auszahlungsprofilen, die mit Standard Optionen nicht erfüllt werden können,
gerecht zu werden.
68
Eine genaue Definition des Begriffes ,,exotische Option" existiert nicht. Ebenso ist
die Gruppe von Optionen, die zu den Exoten gehören, nicht eindeutig festgelegt.
69
Generell lässt sich jedoch konstatieren, dass exotische Optionen von den
Standard Optionen abweichende Charakteristika aufweisen. So kann die
Wertentwicklung nicht nur von der Kursnotierung des Basiswertes bei Verfall,
sondern auch von der Entwicklung des Basiswertes während der Laufzeit
abhängig sein. Dies ist z.B. bei Barrier-Optionen oder Asiatischen Optionen der
Fall, weswegen diese als pfadabhängige Optionen bezeichnet werden. Die
Auszahlung anderer exotischer Optionen wie Basket-Optionen oder Quanto-
67
Der Begriff geht zurück auf RUBINSTEIN/REINER (1992). Vorher waren Bezeichnungen wie
Boutique- oder Designer-Optionen üblich. Vgl. hierzu ONG (1996), S. 4.
68
Vgl. HULL (2006), S. 636.
69
Vgl. REINMUTH (2005), S. 34.
Gewinn
Verlust
0
Kurs des
Basiswertes
Zone des
verminderten
Gewinns
Gewinnzone
Verlustzone
Basiskurs
Break-even-Punkt

18
Optionen wird zudem neben dem Basiswert noch von anderen Faktoren
beeinflusst.
70
Man spricht in diesem Fall von Multi-Faktor-Optionen.
71
Ausgehend von diesen beiden Abweichungskriterien lassen sich exotische
Optionen folgendermaßen systematisch unterscheiden:
Option ist
Anzahl der
Einflussfaktoren
kurspfadunabhängig kurspfadabhängig
ein Faktor
Digital-Optionen
Power-Optionen
(Standard-Optionen)
Barrier-Optionen
Asiatische-Optionen
Extremwert-Optionen
mehrere Faktoren
Basket-Optionen
Quanto-Optionen
Rainbow-Optionen
Compound-Optionen
Chooser-Otionen
Tabelle 2.2: Systematik exotischer Optionen
Quelle: In Anlehnung an RUDOLPH (2005), S. 335.
Im weiteren Verlauf dieses Abschnitts werden die im Markt gängigsten exotischen
Optionen, die allgemein zur Konstruktion von Zertifikaten verwendet werden, kurz
vorgestellt und, sofern bekannt, Produkte genannt, bei deren Konstruktion sie
Verwendung finden. Dabei wird eine Unterteilung nach der Kurspfadabhängigkeit
vorgenommen.
Da Barrier-Optionen Bestandteil der in Kapitel 3 besprochenen Bonus-Zertifikate
sind und zudem die am meisten gehandelten exotischen Optionen sind, werden
diese etwas detaillierter diskutiert.
72
2.4.2.2.1 Kurspfadunabhängige Optionen
Kurspfadunabhängige Optionen sind dadurch gekennzeichnet, dass der
Kursverlauf des Basiswertes während der Laufzeit für das Auszahlungsprofil der
Option am Fälligkeitstag unerheblich ist. Ein anschaulicher Vergleich stammt in
diesem Zusammenhang von Rubinstein/Reiner: ,,It is as if it did not matter whether
70
Vgl. HUTTER/WOHLWEND/RÜTHEMANN (2004), S. 71.
71
Vgl. MÜLLER-MÖHL (1999), S. 296.
72
Vgl. DUPONT (2004), S. 2.

19
you travelled from Paris to London by air or by the Channel Tunnel, as long as you
arrived on time."
73
Zu den pfadunabhängigen Optionen gehören auch die bereits oben vorgestellten
Standard-Optionen. Nachfolgend werden die anderen in Tabelle 2.2 aufgeführten
exotischen Optionsarten kurz vorgestellt.
Digital-Optionen
Wie es der Name bereits vermuten lässt, gibt es bei Fälligkeit einer Digital-Option
zwei mögliche Zustände. Liegt der Basiswert bei Fälligkeit über dem Basiskurs
einer sog. Cash-or-nothing Option, kommt es zur Auszahlung eines im Voraus
festgelegten Betrages. Die Höhe der positiven Differenz zwischen Basiskurs und
Kurs des Basiswertes beeinflusst die Zahlung nicht. Bei sog. Asset-or-nothing
Optionen ist die etwaige Höhe der Auszahlung im Voraus nicht bekannt. Es kommt
statt einer Zahlung zur Lieferung des Basiswertes, weshalb der Wert der
Auszahlung vom Wert des Basiswertes abhängig ist.
74
Die Auszahlung einer
Digital-Option erfolgt nur in Dependenz der Entwicklung des Basiswertes, dessen
Kursentwicklung während der Laufzeit dagegen hat keinen Einfluss.
Digital-Optionen werden u.a. bei Lock-out-Optionsscheinen
75
, Korridor-
Optionsscheinen
76
und Express-Zertifikaten
77
genutzt.
Power-Optionen
Power-Optionen unterscheiden sich von Standard-Optionen durch Potenzierung,
in der Regel Quadrierung, des Auszahlungsbetrages bei Fälligkeit. Häufig wird der
Auszahlungshöchstbetrag begrenzt, um den Preis der Option geringer zu halten.
78
Der Wert einer Power-Option bei Fälligkeit ist nur vom zugrundeliegenden
Basiswert abhängig, der Kursverlauf zwischen Emission und Verfall ist für die
Höhe der Auszahlung irrelevant.
Power-Optionsscheine stellen die als Wertpapier verbriefte Form einer Power-
Option dar.
79
73
Vgl. RUBINSTEIN/REINER (1992), S. 28.
74
Vgl. TOLLE/HUTTER/RÜTHEMANN/WOHLWEND (2005), S. 84.
75
Siehe Lock-out-Optionsscheine der UBS, z.B. WKN UB97TE.
76
Siehe Korridor-Optionsscheine der Dresdner Bank, z.B. WKN DR86S8.
77
Siehe Express-Zertifikate der Deutschen Bank, z.B. WKN DB4072.
78
Vgl. RUDOLPH/SCHÄFER (2005), S. 336.
79
Siehe Power-Optionsscheine von HSBC Trinkaus & Burkhardt, z.B. WKN TB9D8D.

20
Basket-Optionen
Basket-Optionen beziehen sich auf mehrere Basiswerte zugleich, weshalb sie zu
den Multi-Faktor-Optionen zählen. Einer Basket-Option kann z.B. ein Korb von
vorher festgelegten Aktien oder Währungen zugrunde liegen. Die Auszahlung bei
Fälligkeit ist abhängig von der Gewichtung der im Korb enthaltenen Werte.
Übertrifft der gewichtete Kurs der einbezogenen Werte am Fälligkeitstag den
Basiskurs einer Basket-Call-Option, wird wie bei einer Standard-Option der
positive Differenzbetrag ausbezahlt.
Der Vorteil von Basket-Optionen gegenüber Standard-Optionen liegt im
geringeren Preis. Je geringer die Korrelation der Kursentwicklungen der im Korb
enthaltenen Basiswerte ist, umso geringer wird der Preis der Option.
80
Basket-Optionen dienen zur Konstruktion von Basket-Zertifikaten oder Basket-
Optionsscheinen.
81
Quanto-Optionen
Die Bezeichnung Quanto ist eine Abkürzung für ,,quantitiy adjusting option".
82
Bei
einem Geschäft mit Quanto-Optionen sind immer zwei Währungen beteiligt. Der
Basiswert notiert dabei in einer anderen Währung als der Auszahlungsbetrag der
Option bei Fälligkeit.
83
Der Einsatz von Quanto-Optionen dient zum Schutz gegen
Wechselkursrisiken. Er kann sinnvoll sein, wenn der Anleger von steigenden
Kursen des Basiswertes ausgeht und sich gleichzeitig vor einem Fall der
Währung, in der der Basiswert notiert, absichern möchte. Folglich ist der Wert
einer Quanto-Option bei Verfall von der Notierung des Basiswertes und dem
Wechselkursverhältnis der Währungen zueinander bestimmt.
84
Quanto-Optionen dienen z.B. zur Konstruktion einer Vielzahl von
währungsgesicherten Zertifikaten.
85
Rainbow-Optionen
Eine Rainbow-Option verbrieft dem Optionskäufer das Recht, am Ende der
Laufzeit denjenigen Basiswert aus einem vorher bestimmten Korb von
Basiswerten zu einem vorher definierten Basiskurs zu kaufen bzw. zu verkaufen,
80
Vgl. HSBC TUB (2000), S. 71 f.
81
Siehe z.B. Bluechips-Basket-Zertifikat von der DZ Bank, WKN 687669.
82
Vgl. MÜLLER-MÖHL (1999), S. 296.
83
Vgl. HULL (2006), S. 766.
84
Vgl. DAS (2001), S. 722.
85
Siehe z.B. Bonus-Zertifikate von Sal. Oppenheim, z.B. WKN SAL8E2.

21
der den höchsten (Best-of-Option) bzw. niedrigsten (Worst-of-Option) Wert hat.
Erkennbar sind die Auszahlungen von Rainbow-Optionen von mehreren Faktoren,
der Mehrzahl von Basiswerten, beeinflusst.
Rainbow-Optionen werden vielfältig eingesetzt.
86
Unter anderem sind Worst-of-
Puts Bestandteil von Multi- oder Doppel-Discountzertifikaten
87
und Doppel-
Aktienanleihen.
88
Aber auch den gleichnamigen Rainbow-Zertifkaten
89
liegt die
Funktion der Rainbow-Optionen zugrunde.
Compound-Optionen
Eine Compound-Option ist eine Option auf eine weitere Option. Der Käufer einer
Compound-Call-Option (Compound-Put-Option) sichert sich das Recht, bei
Fälligkeit die zugrundeliegende Option kaufen (verkaufen) zu dürfen. Die
Ausstattungsmerkmale (u.a. Call/Put) der als Basiswert fungierenden Option
werden im Voraus festgelegt. Folglich sind vier verschiedene Varianten von
Compound-Optionen möglich: Calls auf Calls, Calls auf Puts, Puts auf Calls und
Puts auf Puts.
90
Die Anwendung von Compound-Optionen bietet sich bei
unsicheren Markteinschätzungen an, sollte man sich beispielsweise vor fallenden
Kursen schützen wollen, diese aber für unwahrscheinlich halten.
91
Compound-Optionen werden z.B. zur Konstruktion von Hochzinswandler-Anleihen
verwendet.
92
2.4.2.2.2 Kurspfadabhängige Optionen
Pfadabhängige Optionen sind dadurch charakterisiert, dass die Auszahlung der
Option unter Berücksichtigung des Kursverlaufs des Basiswertes in einem
vorgegebenen Zeitraum während der Optionslaufzeit erfolgt. Als vorgegebener
Zeitraum kommen die gesamte Optionslaufzeit sowie vorher definierte
Zeitabschnitte oder Zeitpunkte in Betracht.
93
86
Vgl. HSBC TUB (2000), S. 71.
87
Siehe Multi-Discountzertifikate von HSBC Trinkaus & Burkhardt, z.B. WKN TB6EBE.
88
Siehe Doppel-Aktienanleihen von HSBC Trinkaus & Burkhardt, z.B. WKN TB88LP.
89
Siehe Rainbow-Zertifkate von Goldman Sachs, z.B. WKN GS2KJ0.
90
Vgl. HULL (2001b), S. 280.
91
Vgl. HSBC TUB (2000), S. 72.
92
Siehe Hochzinswandler-Anleihen von HSBC Trinkaus & Burkhardt, z.B. WKN 820349.
93
Vgl. REINMUTH (2005), S. 42.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (eBook)
9783832495923
ISBN (Paperback)
9783838695921
DOI
10.3239/9783832495923
Dateigröße
702 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Düsseldorf – Wirtschaft
Erscheinungsdatum
2006 (Mai)
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1,3
Schlagworte
zertifikat derivate produkte optionsschein anlage
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Titel: Der Retailmarkt für strukturierte Anlageprodukte in Deutschland
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