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Anreize zum Austausch von Kosteninformationen im Rahmen von Supply Chains

©2005 Diplomarbeit 115 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Mit zunehmender Fokussierung auf die eigenen Kernkompetenzen erfolgt ein großer Teil der Wertschöpfung heute nicht mehr innerhalb der Unternehmensgrenzen. Weite Teile der Produktion werden an Zulieferer ausgelagert, die ihrerseits wiederum Komponenten am Markt beziehen. So betrugen bereits im Jahr 2002 die Ausgaben für Material bei den 100 größten US amerikanischen Herstellern annähernd 50 % ihres Umsatzes. Ein globaler Wettbewerb, der von aggressiven Preiskämpfen und damit einhergehendem Margenverfall gekennzeichnet ist, zwingt die Unternehmen zu einer laufenden Optimierung ihrer Kosten. Da die Materialkosten den Großteil der Herstellkosten ausmachen, beschränken sich die Hersteller nicht nur auf Verbesserungen der eigenen Abläufe, sondern geben den Kostendruck auch an ihre Zulieferer weiter. So wurde von Zulieferern in der Automobilindustrie in 2003 durchschnittlich eine Preissenkung von 4,6 % gefordert. Die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens hängt damit unmittelbar auch von der Fähigkeit seiner Zulieferer ab, die nötigen Kostenreduzierungen umzusetzen.
Die Aussicht auf Kostenreduzierungen durch unternehmensübergreifende Verbesserungsmaßnahmen wird als wichtigster Grund für einen Austausch von Kosteninformationen angesehen. Unter einem Austausch von Kosteninformationen wird im Rahmen dieser Arbeit die Übermittlung von Informationen an einen Vertragspartner verstanden, aus denen hervorgeht, welche Kosten bei der Leistungserstellung anfallen. Diese Informationen können unterschiedliche Detaillierungsgrade besitzen und auch auf Teile der Leistungserstellung beschränkt sein. Insbesondere bedeutet ein Austausch im Rahmen dieser Arbeit nicht, dass der Vertragspartner im Gegenzug auch automatisch die bei ihm anfallenden Kosten offen legt. Vielmehr werden die Begriffe Übermittlung und Austausch hier synonym verwendet.
Der hier behandelte Austausch findet zwischen Unternehmen der gleichen Supply Chain statt. Eine Supply Chain setzt sich zusammen aus allen Unternehmen, die an der Erstellung über den Verkauf bis zur Auslieferung eines Produktes vom Rohstoff bis zum Endkunden beteiligt sind. Jeder Abnehmer eines Zwischenproduktes ist gleichzeitig Lieferant für die nachfolgende Wertschöpfungsstufe, bis das Endprodukt den Endkunden erreicht. Vereinfachend sei hier angenommen, dass die Supply Chain nur aus einem Zulieferer und einem Hersteller besteht und weitere Wertschöpfungsstufen nicht existieren.
Problematisch an einem […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9285
Lührs, Sebastian:
Anreize zum Austausch von Kosteninformationen im Rahmen von Supply Chains
Druck Diplomica GmbH, Hamburg, 2006
Zugl.: Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Diplomarbeit, 2005
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2006
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis...III
Tabellenverzeichnis ... IV
Abkürzungsverzeichnis...V
Symbolverzeichnis... VI
1 Einleitung ...1
2
Austausch von Kosteninformationen als Konfliktsituation...4
2.1
Gründe für einen Austausch von Kosteninformationen ...4
2.1.1 Kostensenkungen
durch
interorganisationales Kostenmanagement...4
2.1.2
Förderung der Geschäftsbeziehung...11
2.2
Probleme durch Möglichkeiten zu opportunistischem
Verhalten beim Austausch von Kosteninformationen...12
2.3
Ableitung der Untersuchungsziele...15
3
Entwicklung eines Analyserahmens...21
3.1
Informationsaustausch im Rahmen des Supply Chain
Managements...21
3.2
Die Prinzipal-Agent-Theorie zur Analyse von
opportunistischen Verhaltensweisen ...24
3.3
Spieltheorie zur formalen Verhaltensanalyse ...28
4 Spieltheoretische
Analyse
der Konfliktsituation ...34
4.1
Entwicklung eines Grundmodells...34
4.1.1
Darstellung des Modells von Leotta ...34
4.1.2
Kritik an dem Modell von Leotta...36
4.1.3
Anforderungen an das Grundmodell...41
4.1.4 Darstellung
des
Grundmodells...44
4.2
Anwendung des Grundmodells zur Analyse des
Spielerverhaltens bei symmetrischer Machtverteilung...50
4.2.1
Austausch von Kosteninformationen ohne
Beschränkung opportunistischen Verhaltens ...50
4.2.2
Formale Bedingung zur Vermeidung
opportunistischen Verhaltens...53

Inhaltsverzeichnis II
4.2.3
Ansätze zur Vermeidung opportunistischen
Verhaltens ...54
4.2.3.1 Einbeziehung von Auszahlungen
zukünftiger Perioden in das
Entscheidungskalkül ...55
4.2.3.2 Spezifische Investitionen als Pfand ...65
4.3
Erweiterung des Grundmodells zur Analyse des
Spielerverhaltens bei asymmetrischer
Machtverteilung...68
4.3.1
Austausch von Kosteninformationen ohne
Beschränkung opportunistischen Verhaltens ...68
4.3.2
Ansätze zur Vermeidung opportunistischen
Verhaltens ...72
5
Kritische Würdigung der Untersuchung...76
5.1
Spieltheoretische Modellierung von
Konfliktsituationen ...76
5.2
Annahmen zu Modellparametern ...77
5.3
Umfang der Untersuchung...79
6 Zusammenfassung
und
Ausblick...83
Anhang I: Notwendige Höhe einer Ausgleichszahlung zur
Vermeidung der Übermittlung von
Kosteninformationen...86
Anhang II: Einschränkung des Wertebereiches der
Kosteninformationsrenten ...89
Anhang III: Ermittlung der Gleichgewichtslösung im Grundmodell ...90
Anhang IV: Bestimmung der kritischen Größe des
Diskontierungsfaktors w...92
Anhang V: Ermittlung der Gleichgewichtslösung im erweiterten
Grundmodell ...93
Literaturverzeichnis ...95

Abbildungsverzeichnis
Abb. 2.1: Open book accounting zur Unterstützung der
Instrumente des interorganisationalen
Kostenmanagements ... 10
Abb. 3.1: Darstellung einer Konfliktsituation als Spiel in
strategischer und extensiver Form ... 31
Abb. 3.2: Gleichgewichtslösung der Konfliktsituation... 32
Abb. 4.1: Darstellung des Modells von Leotta als strategisches
Spiel ... 40
Abb. 4.2: Zweiter Iterationsschritt zur Bestimmung der
Gleichgewichtslösung im Modell von Leotta ... 41
Abb. 4.3: Auszahlungmatrix im Grundmodell... 49
Abb. 4.4: Auszahlungen für den Lieferanten bei Austausch von
C
K
+
/C
L
+
-Kosteninformationen und eigenem
opportunistischen Verhalten ... 59
Abb. 4.5: Darstellung der Mindestgröße des
Diskontierungsfaktors w in Abhängigkeit der
Aufdeckungswahrscheinlichkeit p ... 64
Abb. 4.6: Auszahlungsmatrix zum erweiterten Grundmodell bei
asymmetrischer Machverteilung zu Gunsten des
Käufers ... 70
Abb. A.1: Erster Iterationsschritt zur Bestimmung der
Gleichgewichtslösung im Grundmodell... 90
Abb. A.2: Zweiter Iterationsschritt zur Bestimmung der
Gleichgewichtslösung im Grundmodell... 91
Abb. A.3: Erster Iterationsschritt zur Bestimmung der
Gleichgewichtslösung im erweiterten Grundmodell... 93
Abb. A.4: Zweiter Iterationsschritt zur Bestimmung der
Gleichgewichtslösung im erweiterten Grundmodell... 94

Tabellenverzeichnis
Tab. 2.1: Die Rolle von open book accounting im
interorganisationalen Kostenmanagement ... 8
Tab. 2.2: Formen des opportunistischen Verhaltens bei open
book accounting ... 15
Tab. 3.1: Die Opportunismusproblematik beim Austausch von
Kosteninformationen im Prinzipal-Agenten-Kontext... 28
Tab. 4.1: Kostenreduktionen in Abhängigkeit der
Offenlegungsniveaus der Unternehmen... 47
Tab. 4.2: Beziehungen zwischen den Kosteninformationsrenten r
i
sowie den Kosten für opportunistisches Verhalten s
i
... 48
Tab. 4.3: Beziehungen zwischen den Kosteninformationsrenten r
i
sowie den anteiligen Effizienzgewinnzuwächsen bei
vollständiger Offenlegung von Kostendaten... 49
Tab. 4.4: Variablenausprägungen in den dargestellten Szenarios... 63
Tab. A.1: Beziehungen zwischen den Kosteninformationsrenten r
i
sowie den Kosten opportunistischen Verhaltens
s
= s
K
= s
L
... 89

Abkürzungsverzeichnis
Abb.
Abbildung
bzw.
beziehungsweise
CCM
concurrent cost management
d.h.
das
heißt
ERP
Enterprise Resource Planning
FPQ
function ­ price - quality
ICI
interorganizational cost investigation
IOKM
interorganisationales Kostenmanagement
N-OPP
Entscheidung gegen opportunistisches Verhalten
OBA
open book accounting
OPP
Entscheidung für opportunistisches Verhalten
PAT
Prinzipal-Agent-Theorie
SCM
Supply Chain Management
S. Seite
Tab.
Tabelle
u.a.
und
andere
vgl.
vergleiche
z.B.
zum
Beispiel

Symbolverzeichnis
1
C
i
-
Eingeschränkter Austausch von Kosteninformationen
(Treiberinformationen) des Unternehmens i ohne Gefahr
opportunistischer Ausnutzung
C
i
+
Vollständiger Austausch von Kosteninformationen des
Unternehmens i unter der Gefahr opportunistischer
Ausnutzung
D
i
Wahl der Strategie ,,Defektieren" durch Spieler i
ê
Effizienzgewinn im Modell von Leotta mit ê > 0
e
Effizienzgewinn bei gegenseitigem vollständigem Austausch
von Kosteninformationen mit e > 0
EW
Erwartungswert der Summe zukünftiger Auszahlungen
h
ij
Wert eines Pfandes von Unternehmen i für Unternehmen j
mit h
ij
0
i Unternehmensindex
mit
i
{L; K}
-i Unternehmensindex
mit
-i = K für i = L und -i = L für i = K
j Unternehmensindex
mit
j
{L; K}
K Käufer
K
i
Wahl der Strategie ,,Kooperation" durch Spieler i
L Lieferant
n Periodenindex
mit
n =
^p
Wahrscheinlichkeit, dass r
L
< ê mit ^p [0;1]
p
Wahrscheinlichkeit der Aufdeckung opportunistischen
Verhaltens mit p
[0;1]
p
i
Wahrscheinlichkeit der Aufdeckung opportunistischen
Verhaltens von Unternehmen i mit p
i
[0;1]
P
Periodenauszahlung für den Lieferanten im C
K
-
/C
L
-
-Fall
mit P = e
r
i
Kosteninformationsrente des Unternehmens i mit r
i
> 0
r
max
Maximale Kosteninformationsrente des Lieferanten mit
r
max
r
L
1
Eine Kopie des Symbolverzeichnisses liegt dieser Arbeit bei.

Symbolverzeichnis VII
s
i
Kosten
opportunistischen
Verhaltens für Unternehmen i mit
s
i
> 0
t Periodenindex
mit
t = 0, 1, 2, ..., n
T
Periodenauszahlung für den Lieferanten bei
opportunistischem Verhalten durch ihn im C
K
+
/C
L
+
-Fall mit
T = e + r
K
- s
L
u Periodenindex
mit
u = t + 1 für t = 1, 2, 3, ..., n-1
w
Diskontierungsfaktor, um den Auszahlungen des Lieferanten
jede Periode diskontiert werden, mit w [0;1[
x
Auszahlung an den Lieferanten bei Abbruch der
Geschäftsbeziehung durch den Käufer bei asymmetrischer
Macht mit x < 0
z
i
Strafzahlung bei Aufdeckung opportunistischen Verhaltens
des Spielers i mit z
i
> 0
Anteil des Lieferanten am Effizienzgewinn
Faktor, der die Reduzierung des Effizienzgewinnes
beschreibt, wenn ein Unternehmen einen eingeschränkten
Austausch von Kosteninformationen vornimmt
Faktor, der die Reduzierung des Effizienzgewinnes
beschreibt, wenn beide Unternehmen einen eingeschränkten
Austausch von Kosteninformationen vornehmen
Anteil
des
Effizienzgewinnes, auf den der Lieferant zur
Vermeidung einer Offenlegung von Kosteninformationen
verzichtet

1 Einleitung
Mit zunehmender Fokussierung auf die eigenen Kernkompetenzen erfolgt
ein großer Teil der Wertschöpfung heute nicht mehr innerhalb der
Unternehmensgrenzen. Weite Teile der Produktion werden an Zulieferer
ausgelagert, die ihrerseits wiederum Komponenten am Markt beziehen. So
betrugen bereits im Jahr 2002 die Ausgaben für Material bei den 100
größten US amerikanischen Herstellern annähernd 50 % ihres Umsatzes.
2
Ein globaler Wettbewerb, der von aggressiven Preiskämpfen und damit
einhergehendem Margenverfall gekennzeichnet ist, zwingt die Unternehmen
zu einer laufenden Optimierung ihrer Kosten. Da die Materialkosten den
Großteil der Herstellkosten ausmachen,
3
beschränken sich die Hersteller
nicht nur auf Verbesserungen der eigenen Abläufe, sondern geben den
Kostendruck auch an ihre Zulieferer weiter. So wurde von Zulieferern in der
Automobilindustrie in 2003 durchschnittlich eine Preissenkung von 4,6 %
gefordert.
4
Die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens hängt damit
unmittelbar auch von der Fähigkeit seiner Zulieferer ab, die nötigen
Kostenreduzierungen umzusetzen.
Die Aussicht auf Kostenreduzierungen durch unternehmensübergreifende
Verbesserungsmaßnahmen wird als wichtigster Grund für einen Austausch
von Kosteninformationen angesehen.
5
Unter einem Austausch von
Kosteninformationen wird im Rahmen dieser Arbeit die Übermittlung von
Informationen an einen Vertragspartner verstanden, aus denen hervorgeht,
welche Kosten bei der Leistungserstellung anfallen. Diese Informationen
können unterschiedliche Detaillierungsgrade besitzen und auch auf Teile der
2
Vgl. Liker, Choi (2004), S. 104.
3
Carr, Ng (1995), S. 347 sowie Seal u.a. (1999), S. 307 geben Beispiele von
Unternehmen der verarbeitenden Industrie, bei denen die Kosten für zugekauftes
Material (über) 80 % der Herstellkosten ausmachen.
4
Vgl. Weber (2004), S. 14.
5
Vgl. Kajüter, Kulmala (2005), S. 200.

1 Einleitung
2
Leistungserstellung beschränkt sein. Insbesondere bedeutet ein Austausch
im Rahmen dieser Arbeit nicht, dass der Vertragspartner im Gegenzug auch
automatisch die bei ihm anfallenden Kosten offen legt. Vielmehr werden die
Begriffe Übermittlung und Austausch hier synonym verwendet.
Der hier behandelte Austausch findet zwischen Unternehmen der gleichen
Supply Chain statt. Eine Supply Chain setzt sich zusammen aus allen
Unternehmen, die an der Erstellung über den Verkauf bis zur Auslieferung
eines Produktes vom Rohstoff bis zum Endkunden beteiligt sind.
6
Jeder
Abnehmer eines Zwischenproduktes ist gleichzeitig Lieferant für die
nachfolgende Wertschöpfungsstufe, bis das Endprodukt den Endkunden
erreicht.
7
Vereinfachend sei hier angenommen, dass die Supply Chain nur
aus einem Zulieferer und einem Hersteller besteht und weitere
Wertschöpfungsstufen nicht existieren.
Problematisch an einem Austausch von Kosteninformationen ist, dass die
Kenntnis der Kostendaten von Geschäftspartnern eine Ausnutzung dieses
Wissens zum eigenen Vorteil auf Kosten des offen legenden Unternehmens
ermöglicht. Aufgrund dieser Gefahr wird der Austausch von Kostendaten
oft vermieden.
Damit ein Austausch dennoch stattfinden könne, sei ein vertrauensvolles
Verhältnis zwischen den Supply Chain Partnern erforderlich.
8
Unter
Vertrauen wird im Rahmen dieser Arbeit die Überzeugung verstanden,
dass die andere Partei in einer Beziehung nicht opportunistisch handeln
wird, auch wenn sich ihr hierzu die Möglichkeit bietet.
9
Es erscheint jedoch
fraglich, ob von einem solchen Verhältnis in Anbetracht der oft feindlich
6
Vgl. Chow, Heaver, Henriksson (1994), S. 22.
7
Vgl. Monczka, Trent, Handfield (2002), S. 4.
8
Vgl. Cooper, Slagmulder (2004); Tomkins (2001); Berry u.a. (1997).
9
Vgl. Jap (2001), S. 28.

1 Einleitung
3
geprägten Zulieferer-Hersteller-Beziehungen in westlichen Unternehmen
10
ausgegangen werden kann.
Ziel dieser Untersuchung ist es zu zeigen, ob auch ohne Vertrauen in einen
Geschäftpartner und unter der Möglichkeit opportunistischen Verhaltens
Kosteninformationen zwischen Supply Chain Partnern ausgetauscht werden.
Ferner sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, die einen solchen
Austausch begünstigen können. Insbesondere soll dargestellt werden,
inwiefern unterschiedliche Machtverhältnisse zwischen den Unternehmen
zu verschiedenen Ergebnissen bezüglich dieser Fragen führen.
Die Arbeit ist wie folgt gegliedert: Zunächst wird im folgenden Kapitel der
bereits angedeutete Konflikt beim Austausch von Kosteninformationen
dargestellt. Welche Untersuchungsziele sich in Anbetracht dieses Konfliktes
und der hierzu vorhandenen Literatur ableiten lassen, schließt sich dieser
Darstellung an. Hierauf folgt in Kapitel 3 die Entwicklung eines geeigneten
Analyserahmens zur Untersuchung der Problemstellung. In Kapitel 4
werden die bis dahin nur qualitativ beschriebenen Anreizstrukturen in einem
formalen spieltheoretischen Zusammenhang dargestellt und analysiert. Des
Weiteren werden Ansätze entwickelt, die zu einer Vermeidung von
opportunistischem Verhalten führen und somit einen Austausch von
Kosteninformationen begünstigen können. Einer kritischen Würdigung der
vorgestellten Untersuchung folgen im letzten Teil eine Zusammenfassung
der Ergebnisse sowie ein Ausblick auf weiterführende Forschungsbereiche.
10
Vgl. z.B. Liker, Choi (2004), S. 106; Cooper, Slagmulder (2003a), S. 30.

2 Austausch von Kosteninformationen als
Konfliktsituation
2.1 Gründe für einen Austausch von Kosteninformationen
2.1.1 Kostensenkungen durch interorganisationales
Kostenmanagement
Unter Kosten wird der bewertete und sachzielgerichtete Verbrauch von
Ressourcen verstanden.
11
Zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit ist es
erforderlich, diesen Ressourcenverbrauch aktiv zu gestalten und dabei
laufend zu optimieren. Diese Funktion wird vom Kostenmanagement
wahrgenommen
12
, wobei die Reduktion von Kosten als dessen wichtigstes
Ziel angesehen wird.
13
Ein erfolgreiches Kostenmanagement setzt eine
Kenntnis der vorliegenden Kostendaten voraus. Im Hinblick auf die
weitgehende Spezialisierung von Unternehmen auf ihre Kernkompetenzen
sind die intern verfügbaren Kostendaten jedoch auf einen geringen
Wertschöpfungsanteil begrenzt. Da die beim Zulieferer anfallenden Kosten
über den Verkaufspreis undifferenziert an den Kunden weitergegeben
werden, kann dieser die Effizienz der Abläufe beim Zulieferer nicht
beurteilen oder analysieren.
14
Diese Einschränkung des Umfangs von
Kostenmanagement auf die Grenzen des eigenen Unternehmens verhindert,
dass Synergien und Interdependenzen zwischen den Supply Chain Partnern
aufgedeckt und mögliche Kostenreduktionen verwirklicht werden können.
15
11
Vgl. Coenenberg (2003), S. 19.
12
Vgl. Franz, Kajüter (1997), S. 8.
13
Vgl. Kajüter (2005), S. 85f.
14
Vgl. Kajüter, Kulmala (2004), S. 2f.
15
Vgl. Cooper, Slagmulder (1998), S. 18.

2 Austausch von Kosteninformationen als Konfliktsituation
5
Diesem Problem versuchen C
OOPER UND
S
LAGMULDER
16
mittels eines
interorganisationalen Kostenmanagements (IOKM) zu begegnen.
Unter interorganisationalem Kostenmanagement (IOKM) verstehen
C
OOPER UND
S
LAGMULDER
17
einen ,,structured approach to coordinate the
activities in a supplier network so that total costs in the network are
reduced." Hierunter subsumieren sie eine Reihe von Instrumenten, die unter
anderem bei Kostenoptimierungen während der Produktentwicklung und
des Fertigungszeitraumes zwischen den Supply Chain Partnern Anwendung
finden können. Eine ähnliche Systematik findet sich bei K
AJÜTER
18
, der
bezüglich der Anwendung von verschiedenen Instrumenten des
Kostenmanagements einen Entwicklungs- und Marktzyklus unterscheidet.
C
OOPER UND
S
LAGMULDER
19
unterscheiden bei den dargestellten
Instrumenten zwischen disziplinierenden und befähigenden Mechanismen.
Kostenziele stellen dabei das disziplinierende Element dar, wobei die
befähigenden Mechanismen ein Erreichen dieser Ziele ermöglichen sollen.
In der Produktentwicklungsphase wird mittels Target Costing bestimmt,
zu welchen Kosten ein Produkt festgelegter Qualität und Funktionalität
hergestellt werden darf, um bei einem erwarteten Verkaufspreis eine
gewünschte Mindestmarge zu erzielen. Das Kostenziel ist somit
marktorientiert, da es erwartete Absatzpreise in die Betrachtungen
einschließt.
20
Target Costing zeigt auf, in welcher Höhe und für welche
Produkte oder Produktkomponenten Kostenreduzierungen erforderlich sind.
Bei unternehmensübergreifender Anwendung (,,chained target costing"
21
)
werden die Zielkosten ausgehend vom Ende der Supply Chain über die
einzelnen Stufen bis zur Quelle weitergegeben. Insofern diszipliniert Target
16
Vgl. Cooper, Slagmulder (1999).
17
Cooper, Slagmulder (1999), S. 145f.
18
Vgl. Kajüter (2000), S. 227-229.
19
Vgl. Cooper, Slagmulder (1999), S. 149-151.
20
Vgl. Kajüter (2000), S. 228.
21
Cooper, Slagmulder (1999), S. 203-231.

2 Austausch von Kosteninformationen als Konfliktsituation
6
Costing die Produktentwicklung dahingehend, als dass Grenzen aufgezeigt
werden, innerhalb derer ein Produkt erstellt werden muss. Sofern die
Zielkosten nicht erreicht werden können, werden befähigende Mechanismen
wie das Value Engineering (,,Wertgestaltung"
22
) eingesetzt: Die Idee des
Value Engineering besteht darin, den Wert eines Produktes zu erhöhen,
indem entweder die Funktionalität ohne Erhöhung der Kosten vergrößert
wird oder die Kosten bei gleich bleibender Funktionalität gesenkt werden.
23
Kernelement des IOKM während des Fertigungszeitraumes stellt Kaizen
Costing dar, das Produkten und Produktkomponenten ähnlich wie beim
Target Costing Kosten(senkungs)ziele zuweist. Dadurch soll sichergestellt
werden, dass Produkte während des gesamten Produktlebenszyklus einen
angemessenen Gewinn erzielen.
24
Um die Kostenziele zu erreichen,
schlagen C
OOPER UND
S
LAGMULDER
die Durchführung einer Wertanalyse
(Value Analysis) vor. Da die Funktionalität des Produktes nicht mehr
geändert werden kann, kann der Wert des Produktes anders als bei der
Wertgestaltung nur noch durch Kostensenkungen erhöht werden.
25
Entscheidend für den Erfolg des IOKM sei es, dass die beteiligten
Unternehmen neben anderen Daten auch ihre Kosteninformationen offen
legen.
26
In der Literatur wird diese Offenlegung mit verschiedenen, aber
ähnlich gelagerten Begriffen beschrieben. C
OOPER UND
S
LAGMULDER
27
bezeichnen sie als ,,open-book policies", E
LLRAM
28
spricht von ,,open
books", während andere Autoren
29
den Begriff ,,open-book accounting"
22
Kajüter (2000), S. 227.
23
Vgl. Cooper, Slagmulder (1999), S. 18.
24
Vgl. Cooper, Slagmulder (1999), S. 271-286.
25
Vgl. Cooper, Slagmulder (1999), S. 20f.
26
Vgl. Cooper, Slagmulder (1999), S. 108.; Kulmala, Varis (2001), S. 17.
27
Vgl. Cooper, Slagmulder (1999), S. 106.
28
Vgl. Ellram (1996), S. 17.
29
Vgl. z.B. Kajüter, Kulmala (2005); Mouritsen, Hansen, Hansen (2001).

2 Austausch von Kosteninformationen als Konfliktsituation
7
verwenden. S
EAL U
.
A
.
30
nennen in diesem Zusammenhang ,,open book
agreements" sowie ,,open book relations". M
C
I
VOR
31
sowie B
ERRY U
.
A
.
32
bezeichnen die Offenlegung von Kosteninformationen ,,open book costing".
Weitere Benennungen des grundsätzlich gleichen Sachverhaltes finden sich
bei M
UNDAY
33
mit "accounting cost data disclosure", bei L
AMMING
34
mit
,,Kostentransparenz" oder bei D
ECKER
35
mit ,,exchange of cost
information".
Allen Benennungen ist gemeinsam, dass Kosteninformationen mindestens
in eine Richtung von einem Supply Chain Partner zum anderen übertragen
werden. Auf die Notwendigkeit des gegenseitigen Austausches zwischen
Supply Chain Partnern weist L
AMMING
36
ausdrücklich hin:
,,Kostentransparenz kann jedoch keinen sinnvollen Beitrag zur
Reduzierung der gesamten Wertschöpfungskosten leisten, wenn
es sich um eine Einbahnstraße handelt. Auch der Abnehmer
muß dem Zulieferer Daten (einschließlich Kosten- und
Wertschöpfungsberechnungen) [...] zugänglich machen."
Hiermit wird implizit darauf hingewiesen, dass es häufig nicht zu einem
echten Austausch von Kosteninformationen kommt, sondern nur zu einer
Übermittlung der Informationen in Richtung des Abnehmers. Eine solche
Darstellung eines einseitigen Austausches findet sich beispielsweise bei
E
LLRAM
37
. Fallbeispiele, bei denen ein einseitiger Austausch von
Kosteninformationen stattfindet, finden sich bei M
OURITSEN
,
H
ANSEN UND
30
Vgl. Seal u.a. (1999), S. 310.
31
Vgl. McIvor (2001), S. 236.
32
Vgl. Berry u.a. (1997), S. 75.
33
Vgl. Munday (1992a), S. 245.
34
Vgl. Lamming (1994), S. 275.
35
Vgl. Decker (2003), S. 18.
36
Lamming (1994), S. 276. Ähnlich äußern sich auch Seal u.a. (1999), S. 321.
37
Vgl. Ellram (1996), S. 17.

2 Austausch von Kosteninformationen als Konfliktsituation
8
H
ANSEN
38
sowie C
ARR UND
N
G
.
39
Da bis auf diesen Unterschied keine
formalen Abweichungen zwischen den oben genannten Begriffen vorliegen,
wird im folgenden Teil der Arbeit zur Vereinfachung der Begriff open book
accounting (OBA) synonym zu Austausch von Kosteninformationen
verwendet. Eine Differenzierung zwischen einseitigem und gegenseitigem
OBA wird hierbei explizit vorgenommen, wenn dies erforderlich ist.
Bezüglich der Rolle des open book accounting im interorganisationalen
Kostenmanagement besteht in der Literatur kein Konsens: Ein Großteil der
Autoren fasst OBA als Möglichkeit auf, die Instrumente des IOKM zu
unterstützen und geben teilweise in ihren Ausführungen Beispiele für
konkrete Anwendungsbereiche. Andere dagegen klassifizieren OBA als ein
eigenständiges Instrument zur Kostenreduzierung, das gleichwertig neben
anderen steht. Einen Überblick über die verschiedenen Interpretationen der
Rolle von OBA bietet Tab. 2.1.
OBA zur Unterstützung der Instrumente des IOKM
OBA als
eigenständiges
Instrument
Cooper, Slagmulder (1999)
Kajüter, Kulmala (2004)
Kulmala, Varis (2001)
Lamming (1994)
Tomkins (2001)
Ellram (1996)
McIvor (2001)
Mouritsen, Hansen,
Hansen (2001)
Ramos (2004)
Darstellung von OBA als unterstützendes Element
im Rahmen von
Target Costing
Value Analysis
Kaizen Costing
Berry u.a. (1997)
Carr, Ng (1995)
Kajüter, Kulmala
(2005)
Axelsson , Laage-
Hellmann, Nilsson
(2002)
Decker (2003)
Munday (1992a)
Berry u.a. (1997)
Cullen u.a. (1999)
Kajüter, Kulmala
(2005)
Seal u.a. (1999)
Tab. 2.1: Die Rolle von open book accounting im interorganisationalen
Kostenmanagement
Quelle: Eigene Darstellung
38
Vgl. Mouritsen, Hansen, Hansen (2001), S. 232-236.
39
Vgl. Carr, Ng (1995), S. 356-359.

2 Austausch von Kosteninformationen als Konfliktsituation
9
Die Interpretation des OBA als eigenständiges Instrument im Rahmen des
IOKM würde bedeuten, dass bereits durch den Austausch von
Kosteninformationen eine bessere Koordination der Tätigkeiten sowie
Aufdeckung von Kostensenkungspotentialen erreicht wird. Es ist jedoch
nicht zu erwarten, dass die Verfügbarkeit von Daten alleine schon zu
solchen Erfolgen führt. Vielmehr kann die durch OBA verbesserte
Datenlage dazu beitragen, dass die oben erwähnten Instrumente des IOKM
die gewünschten Kostensenkungen möglich machen beziehungsweise zu
besseren Ergebnissen führen.
So kann beispielsweise die Durchführung einer interorganisationalen
Kostenuntersuchung (,,interorganizational cost investigation"
40
) zum
Erreichen von Zielkosten beitragen, indem ein unternehmensübergreifendes
Team Designänderungen am Produkt bzw. Komponenten vornimmt. Nur
bei Offenheit bezüglich der Kosteninformationen der beteiligten Supply
Chain Partner kann eine solche Untersuchung überhaupt stattfinden.
41
OBA
trägt also in diesem Fall dazu bei, dass die durch die Zielkostenrechnung
aufgedeckten Reduzierungserfordernisse mittels eines befähigenden
Mechanismus wie der interorganisationalen Kostenuntersuchung erreicht
werden können. Ähnlich kann OBA auch unterstützend für die anderen
Instrumente des IOKM wirken. Abb. 2.1 stellt diese unterstützende Rolle
des OBA im Rahmen eines IOKM dar.
40
Cooper, Slagmulder (1999), S. 233-250.
41
Vgl. Cooper, Slagmulder (1999), S. 247.

2 Austausch von Kosteninformationen als Konfliktsituation
10
Target Costing
Kaizen Costing
Value Engineering
Value Analysis
FPQ
tr
ad
e-
off
IC
I
CC
M
Open book accounting
Disziplinierung
Bestimmung von
Kostenreduzierungs-
erfordernissen
Befähigung
Erreichen dieser
Kostenreduktionen
Unterstützung
der Instrumente
des IOKM
Produktentwicklungsphase
Fertigungszeitraum
Abb. 2.1: Open book accounting zur Unterstützung der Instrumente des
interorganisationalen Kostenmanagements
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Cooper, Slagmulder (1999), S. 150
Abschließend sei bemerkt, dass die Verbesserung der Kostensituation in der
Supply Chain an sich noch kein ausreichender Grund für einen Austausch
von Kosteninformationen ist. Dies liegt daran, dass potenzielle
Kostenreduzierungen in der Regel nicht gleichmäßig bei allen beteiligten
Unternehmen anfallen. Denkbar ist auch, dass zur Erreichung eines
wertkettenübergreifenden Optimums bei einzelnen Unternehmen
Kostensteigerungen auftreten können. Als Grund für eine Teilnahme an
unternehmensübergreifenden Kostensenkungsmaßnahmen kann daher eine
angemessene Beteiligung an dem erzielten Effizienzgewinn gesehen
werden.
42
Somit hätte im Idealfall jedes beteiligte Unternehmen nach
Durchführung der Maßnahmen und eventuell erfolgten
Ausgleichszahlungen eine bessere Ertragssituation als vorher. Ein
Austausch von Kosteninformationen kann auch der Förderung einer
Geschäftsbeziehung dienen. Einen Überblick hierüber gibt der folgende
Abschnitt.
42
Vgl. Decker (2003), S. 8; Cooper, Slagmulder (1998), S. 20.

2 Austausch von Kosteninformationen als Konfliktsituation
11
2.1.2 Förderung der Geschäftsbeziehung
Kosteninformationen können auch zur Begründung der Höhe und
Entwicklung von Verkaufspreisen gegenüber Kunden offen gelegt
werden. Ein solches Vorgehen ist besonders bei einem großen Preisdruck
durch den Abnehmer und einem damit verbundenen Margenverfall zu
erwarten. Dem Käufer soll durch die Offenlegung der (geringen) Marge des
Lieferanten deutlich gemacht werden, dass weitere Preissenkungen bei der
bestehenden Kostensituation nicht möglich sind.
43
Unter der Voraussetzung,
dass der Abnehmer die gewünschten Produkte nicht zu einem günstigeren
Preis am Markt beziehen kann, wird somit über die Offenlegung der
Verhandlungsdruck reduziert. Weiterhin wird der Abnehmer durch die
Offenlegung selbst in die Verantwortung genommen, den Lieferanten bei
Kostensenkungen zu unterstützen. Der bereits erfolgte Austausch von
Kosteninformationen kann dabei den Grundstein für ein IOKM bilden.
Wenn es unter Mitarbeit des Kunden gelingt, Kostensenkungspotentiale
aufzudecken, können Preissenkungen erfolgen ohne die Ertragssituation des
Lieferanten zu verschlechtern.
Über einen Austausch von früher geheim gehaltenen Kosteninformationen
kann auch eine stärkere Bindung zwischen den beteiligten Unternehmen
erzielt werden.
44
Durch die Offenlegung von Kostendaten wird den anderen
beteiligten Unternehmen signalisiert, dass man an einer langfristigen
Zusammenarbeit interessiert ist. Eine engere Zusammenarbeit kann
gleichsam zum Aufbau von Vertrauen führen.
45
Hieraus erhofft man sich
einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten, die sich weniger
kooperativ zeigen und ihre Kostenstruktur nicht offen legen. So finden sich
Beispiele, dass eine so ermöglichte engere und verbesserte Zusammenarbeit
43
Vgl. Naranayan, Raman (2004), S. 101.
44
Vgl. Monczka, Trent, Handfield (1998), S. 476.
45
Vgl. Seal u.a. (1999), S. 310.

2 Austausch von Kosteninformationen als Konfliktsituation
12
auch zu einer Steigerung bzw. Garantie von Abnahmemengen führen
kann.
46
Als wichtigsten Grund für einen Austausch von Kosteninformationen wird
die eingehend geschilderte Aussicht auf unternehmensübergreifende
Kostenreduktionen gesehen.
47
Daher wird der Kostensenkungsaspekt als
Anreiz für einen Austausch von Kosteninformationen auch im Rahmen
dieser Arbeit im Fokus der Betrachtung stehen. Den hier geschilderten
Vorteilen von OBA stehen jedoch Opportunismusprobleme entgegen. Auf
diese wird im folgenden Abschnitt eingegangen.
2.2 Probleme durch Möglichkeiten zu opportunistischem
Verhalten beim Austausch von Kosteninformationen
Trotz der erläuterten Vorteile, die ein Austausch von Kosteninformationen
über Unternehmensgrenzen hinweg bietet, ist ein solcher Austausch derzeit
nicht selbstverständliche Unternehmenspraxis.
48
Ein Grund hierfür ist in der
Möglichkeit opportunistischen Verhaltens zu sehen. Unter Opportunismus
wird die arglistige Verfolgung eigener Interessen verstanden.
49
Die Kenntnis
von Kostendaten anderer Unternehmen in der Supply Chain ermöglicht es
einem Unternehmen, dieses Wissen zum eigenen Vorteil und zum Schaden
der anderen Supply Chain Mitglieder auszunutzen.
Im Folgenden wird dargestellt, welche Formen dieses opportunistische
Verhalten annehmen kann. Besondere Erwähnung in der Literatur findet ein
verschärfter Druck auf die Verkaufspreise, nachdem der Zulieferer einem
Hersteller seine Kosten offen gelegt hat.
50
Der Hersteller kennt dadurch die
Marge des Zulieferers und kann versuchen, den Preis auf ein Minimum zu
46
Vgl. Kulmala (2004), S. 74; Jap (2001), S. 22.
47
Vgl. Kajüter, Kulmala (2005), S. 200; Lamming (1994), S. 275f.
48
Vgl. z.B. Monczka, Trent, Handfield (2002), S. 442; McIvor (2001), S. 235-238; Ukko,
Tenhunen (2003).
49
Vgl. Jap, Anderson (2003), S. 1686.
50
Vgl. z.B. Monczka, Trent, Handfield (2002), S. 236; Seal, Berry, Cullen (2004), S. 75.

2 Austausch von Kosteninformationen als Konfliktsituation
13
drücken. Der Lieferant findet sich nach der Offenlegung in einer stark
geschwächten Verhandlungsposition, da er nunmehr die Höhe seiner Marge
gegenüber dem Käufer begründen beziehungsweise verteidigen muss. Über
die Angemessenheit der Höhe der Zulieferermarge werden regelmäßig
unterschiedliche Auffassungen zwischen Zulieferer und Hersteller auftreten,
insbesondere wenn dem Zulieferer ein Einblick in die Ertragssituation des
Herstellers verwehrt bleibt. Denkbar ist weiterhin, dass ein Hersteller bei
Kenntnis der Kostendaten von mehreren Lieferanten den Wettbewerbsdruck
durch Benchmarking weiter erhöht.
51
Befürchtet werden muss außerdem eine Weitergabe der Kostendaten an
Wettbewerber des Unternehmens, das einer Offenlegung seiner
Kosteninformationen zugestimmt hat.
52
Durch diese Weitergabe kann die
Wettbewerbsposition des Unternehmens erheblich geschwächt werden, da
seine Konkurrenten damit seinen Preissetzungsspielraum abschätzen und
somit ihre Preissetzungsstrategie verbessern können. Auch können
Konkurrenten durch einen detaillierten Einblick in die Kostenstruktur
innovative Prozessabläufe oder Produktionstechniken erkennen und diese
zur Stärkung ihrer eigenen Wettbewerbsfähigkeit bei sich selbst einsetzen.
Ebenfalls Erwähnung findet die Situation, dass sich ein Unternehmen nach
Offenlegung seiner Kosteninformationen nicht (mehr) aktiv am
Verbesserungsprozess beteiligt.
53
Diese Passivität begründet das
Unternehmen mit der Aussage, dass das andere Unternehmen seine
Kostendaten kenne und damit auch alleine die richtigen Entscheidungen
treffen könne. Ein solches Verhalten führt in der Regel nicht nur zu
suboptimalen Projektergebnissen, sondern auch zu einer Bevorteilung des
Unternehmens, das sich nicht im vereinbarten Maße an dem Projekt
beteiligt. Bei einer feststehenden Projektgewinnverteilung minimiert es
51
Vgl. Cäker (2001), S. 20.
52
Vgl. z.B. Cooper, Slagmulder (1999), S. 361; Decker (2003), S. 8.
53
Vgl. z.B. Cooper, Slagmulder (1999), S. 107; Baiman, Rajan (2002), S. 215.

2 Austausch von Kosteninformationen als Konfliktsituation
14
schließlich den bei ihm anfallenden Ressourceneinsatz auf Kosten des
Partners.
Weiterhin ist bei der Anwendung eines einseitigen OBA denkbar, dass das
nicht offen legende Unternehmen die bei ihm durch Optimierungsprojekte
entstehenden Kosten übertreibt.
54
Sofern die Kosten und Gewinne aus der
Kooperationstätigkeit geteilt werden, kann er sich dadurch einen Vorteil
gegenüber der vereinbarten Verteilung sichern. Da bei einem gegenseitigen
OBA definitionsgemäß beide Seiten Einblick in ihre Kosteninformationen
gewähren, kann dieses Problem in dem Fall theoretisch nicht auftreten.
Tab. 2.2 gibt einen Überblick, wo die verschiedenen beschriebenen Formen
opportunistischen Verhaltens beim Austausch von Kosteninformationen in
Supply Chains in der Literatur dargestellt werden.
54
Vgl. Schoppmann (2005), S. 242f.; Miraglia, Rizzotti, Leotta (2005), S. 19-22.

2 Austausch von Kosteninformationen als Konfliktsituation
15
Form opportunistischen Verhaltens
Referenz
Margendruck, Schwächung der
Verhandlungsposition
Axelsson, Laage-Hellmann, Nilsson (2002), S. 56
Barringer (1997), S. 76
Carr, Ng (1995), S. 360
Dainty, Briscoe, Millett (2001), S. 845
Decker (2003), S. 8
Drake, Haka (2005), S. 16
Leotta (2005a), S. 2
McIvor (2001), S. 237
Monczka, Trent, Handfield (2002), S. 236
Munday (1992a), S. 249
Ramsay (2004), S. 224
Seal, Berry, Cullen (2004), S. 75
Absprachewidrige Weitergabe an Dritte Barringer (1997), S. 76
Blumberg (2001), S. 826
Cooper, Slagmulder (1999), S. 361
Decker (2003), S. 8
Monczka, Trent, Handfield (2002), S. 236
Passivität bei gemeinsamen
Kostensenkungsprojekten
Baiman, Rajan (2002), S. 215
Blumberg (2001), S. 826
Cooper, Slagmulder (1999), S. 107
de Man (o.J.), S. 7
Kostenübertreibung
Baiman, Rajan (2002), S. 215
Miraglia, Rizzotti, Leotta (2005), S. 19-22
Schoppmann (2005), S. 242f.
Tab. 2.2: Formen des opportunistischen Verhaltens bei open book accounting
Quelle: Eigene Darstellung
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass den in Abschnitt 2.1.1
genannten Gründen für eine Offenlegung von Kostendaten eine
Ausbeutungsgefahr durch opportunistisches Verhalten des Supply Chain
Partners gegenübersteht. Welche Ziele sich aus diesem Konflikt unter
Berücksichtigung vorhandener Forschungsbeiträge für die Untersuchungen
in dieser Arbeit ergeben, wird im folgenden Abschnitt dargestellt.
2.3 Ableitung der Untersuchungsziele
In den vorangegangenen Abschnitten wurde dargelegt, welche Anreize es
für und gegen einen Austausch von Kosteninformationen gibt. Die
Unternehmen befinden sich in einer Konfliktsituation, weil sie zwar die
positiven Folgen von OBA erfahren möchten, jedoch Opportunismus von

2 Austausch von Kosteninformationen als Konfliktsituation
16
Seiten des anderen Unternehmens befürchten müssen. Eine Reduzierung
oder Beseitigung der erwähnten Probleme kann zu einer Entschärfung des
Konfliktes führen. D
ECKER
55
verweist in diesem Zusammenhang zum einen
auf Schutzmechanismen gegen Opportunismus und zum anderen auf die
Notwendigkeit von Vertrauen bei einer derartigen
unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit.
Insbesondere die Vertrauensdiskussion wird weithin geführt: So findet sich
bereits bei M
UNDAY
56
der Hinweis, dass gegenseitiges Vertrauen
Grundvoraussetzung sei, damit sensible Informationen wie Kostendaten
ausgetauscht werden. Diese Auffassung findet sich auch bei M
OURITSEN
,
H
ANSEN UND
H
ANSEN
57
, A
XELSSON
,
L
AAGE
-H
ELLMAN UND
N
ILSSON
58
sowie weiteren Autoren.
59
K
ULMALA
60
weist allerdings darauf hin, dass in
der Literatur zum OBA widersprüchliche Aussagen bezüglich der Rolle des
Vertrauens gemacht werden. So fänden sich im Gegensatz zu den oben
genannten Quellen auch Autoren, die im Austausch von
Kosteninformationen eine Ursache für ein Entstehen von Vertrauen
erkennen. Er verweist hierbei auf S
EAL U
.
A
.
61
, eine entsprechende
Interpretation findet sich beispielsweise aber auch bei V
OSSELMAN UND VAN
DER
M
EER
-K
OOISTRA
.
62
Dieser Widerspruch in Bezug auf Ursache und
Wirkung von Vertrauen im Rahmen von OBA muss nicht zwangsläufig
aufgelöst werden. Beide dargestellten Interpretationsansätze können
nebeneinander existieren, indem man Vertrauen sowohl als Bedingung für
als auch Ergebnis aus dem Austausch von Kosteninformationen auffasst.
55
Vgl. Decker (2003), S. 8; Decker (2004), S. 42-46.
56
Vgl. Munday (1992b), S. 28.
57
Vgl. Mouritsen, Hansen, Hansen (2001).
58
Vgl. Axelsson, Laage-Hellman, Nilsson (2002).
59
Cooper, Slagmulder (2004); Tomkins (2001); Berry u.a. (1997).
60
Vgl. Kulmala (2004), S. 67.
61
Vgl. Seal u.a. (1999).
62
Vgl. Vosselman, van der Meer-Kooistra (2005).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832492854
ISBN (Paperback)
9783838692852
DOI
10.3239/9783832492854
Dateigröße
768 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Münster – Wirtschaftswissenschaften, Betriebswirtschaftslehre
Erscheinungsdatum
2006 (Januar)
Note
1,3
Schlagworte
principal-agent supply chain management spieltheorie opportunismus
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Titel: Anreize zum Austausch von Kosteninformationen im Rahmen von Supply Chains
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