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Einstellungen zu Luxusartikeln am Beispiel von hochwertigem Porzellan

Eine empirische Untersuchung in der Berliner Bevölkerung

©1995 Diplomarbeit 207 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Mit dieser Diplomarbeit wird ein Einblick in die Inhalte und den Ablauf von Marktforschungsstudien gegeben. Die theoretischen Grundlagen werden praktisch untermauert - mit der Durchführung einer schriftlichen Umfrage in Berlin. Inhalt der Studie sind Einstellungen von (potentiellen) Konsumenten zu Luxusartikeln – hier am Beispiel von hochwertigem Porzellan.
Der praktische Teil ist vor allem ausgerichtet auf Schwerpunkte, die für die Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen, die als Sponsor der Untersuchung gewonnen werden konnte, von Interesse waren.

Problemstellung:
Die Manufaktur Meissen sieht sich in Deutschland sehr verschiedenem Kaufverhalten gegenüber. So gestaltet sich das Einkaufsverhalten selbst vier Jahre nach der Wiedervereinigung in West- und Ostdeutschland sehr differenziert. Eine Sonderstellung nahm und nimmt Berlin ein, da sich in dieser Stadt die „Vermischung“ von Ost und West schneller als in Deutschland insgesamt vollziehen konnte und kann. Berlin bildet außerdem einen interessanten Markt in der Hinsicht, dass die in dieser Stadt ansässige Königliche Porzellan-Manufaktur (KPM) eine starke Konkurrenz darstellt. Bei der Marktforschung sollte somit der Frage nachgegangen werden, ob und inwieweit sich Meissen im Berliner Markt gegenüber der KPM behaupten kann, wie bekannt die beiden Marken sind und wie die Porzellane der beiden Manufakturen bewertet werden.
Den Hauptteil der Kundschaft von Meissen machen - so wird von der Manufaktur angenommen - Personen über 45 Jahre aus, wobei bei dem Einkauf Männer als Entscheidungsträger eine große Rolle spielen. Der Anteil von Sammlern, Liebhabern und Kennern am Gesamtkundenkreis wird hoch eingeschätzt. Dadurch würden Wertanlage und Sammelleidenschaft vordergründige Motive zum Kauf des Porzellans sein. Diese Auffassungen sollten überprüft werden.
Somit standen die Probleme der Kaufmotive und der Struktur der Kunden (Alter, Einkommen, Geschlecht) bzw. der Personen, die sich für Porzellan interessieren, zur Untersuchung an. Besonders wichtig erschien auch, etwas über Einstellungen jüngerer Menschen, also der eventuell zukünftigen Käufer herauszufinden“.

Gang der Untersuchung:
Im ersten Teil werden alle Begriffe erläutert, die für das Verständnis der Inhalte der Markforschungsstudie wichtig sind. Kapitel 1 enthält eine kurze Darstellung der wesentlichen Dinge, die der Leser über Porzellan wissen sollte: Neben der Darlegung der Erfindung und Herstellung von „weißem […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 9114
Hildebrand, Anke: Einstellungen zu Luxusartikeln am Beispiel von hochwertigem
Porzellan - Eine empirische Untersuchung in der Berliner Bevölkerung
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Fachhochschule für Wirtschaft Berlin, Diplomarbeit, 1995
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany

Autorenprofil
Anke Hildebrand
-Diplomkauffrau (FH)-
Orchideenweg 67
12357 Berlin
e-mail: anke.hildebrand@web.de
Jahrgang 1970, ledig
Meine Qualifikationen in Kürze
·
BWL-Studium mit Schwerpunkt Markt und Konsum, Abschluss als Diplom-Kauffrau (FH),
Prädikat ,,sehr gut"
·
einjähriger Studienaufenthalt in der Republik Irland: Business Studies - Languages and
Marketing
·
10-jährige Berufserfahrung im Vertrieb/Management: Assistententätigkeit, Projektmana-
gement, Verkaufsgruppenleitung, Vertriebscontrolling, Innendienst-Leitung und Einkauf
Meine praktischen Erfahrungen und persönlichen Eigenschaften
Aufgrund mehrjähriger Tätigkeit im Großhandel verfüge ich über fundierte Kenntnisse in der
Vertriebsorganisation, -steuerung und -leitung. Die Schwerpunkte meiner bisherigen beruflichen
Praxis reichen von der Vor- und Nachbereitung von Angeboten und Aufträgen über tägliche
Kundenkontakte bis zum Erarbeiten von Vertriebskonzepten und deren zielorientierte
Umsetzung mit den Vertriebsmitarbeitern. Ich bin versiert in der Revision von Eingangs- und
Ausgangsrechnungen, im Erstellen von Leistungskennzahlen und in der Leitung von Projekten
zur Effizienzsteigerung im Vertrieb. Zu meinen besonderen Stärken gehört die Analyse und
Optimierung von Belegdurchflüssen und internen Abläufen. Außerdem war ich verantwortlich
für den gesamten operativen Einkauf und habe mir praktische Erfahrungen in folgenden
Bereichen angeeignet: Warenbestellung und -einbuchung, Reklamationsbearbeitung, Aktions-
und Preisverhandlungen, Lieferantengespräche und -beurteilungen.
Als Verkaufsgruppenleiterin motivierte ich 8 Fachberater meines Teams zur Erreichung aller
gesetzten Ziele. Ich bin sicher im Vorbereiten und Durchführen von regelmäßigen Team-
meetings und Personalgesprächen. Als Innendienstleiterin coachte ich 16 Mitarbeiter sehr
erfolgreich.
Zu meinen wichtigen persönlichen Eigenschaften gehört das Vermögen, Ziele mit Beharrlichkeit
und Ausdauer zu verfolgen ­ mit vernetztem Denken und ohne dabei Details aus den Augen zu
verlieren. Mich kennzeichnen Lernbereitschaft, Vertrauenswürdigkeit und ausgeprägtes
Kostenbewußtsein. Es gelingt mir, Zusammenhänge schnell zu erfassen und analytisch
auszuwerten, um effektivere Lösungen zu erarbeiten und umzusetzen. Oberste Priorität hat bei
meinen unternehmerischen Entscheidungen die Zufriedenheit des Kunden.
Berlin, den 15.11.2005

3
Inhaltsverzeichnis
Seite
0 Einleitung ...6
Teil I Die theoretischen Elemente dieser Untersuchung
1 Porzellan: Geschichte, Herstellung und Produzenten ...8
1.1 Erfindung des Porzellans und dessen Verbreitung in Europa...8
1.2 Herstellung des Porzellans...10
1.3 Der Porzellanmarkt in Deutschland ...11
2 Luxus und Luxusartikel ...13
2.1 Wesen und Bedeutung von Luxus...13
2.2 Hochwertiges Porzellan als Luxusartikel ...15
2.3 Besonderheiten für das Marketing von Luxusartikeln ...17
2.4 Einfluß von Trends auf den Konsum von Luxusartikeln...20
2.4.1 Materielle Versorgung der Konsumenten ...20
2.4.2 Bildungsniveau und Altersstruktur ...22
2.4.3 Wertewandel...23
3 Merkmale und Messung von Konsumenteneinstellungen...25
3.1 Was sind Einstellungen? ...25
3.2 Messung von Einstellungen...27
Teil II Die Marktforschungsstudie
4 Zweck, Formen und Ablauf von Marktforschungsstudien...30
4.1 Bedeutung der Marktforschung für Unternehmen ...30
4.2 Formen der Marktforschung ...33
4.3 Ablauf einer Marktforschungsstudie ...34
5 Planung und Vorbereitung der Erhebung ...36
5.1 Definition des Untersuchungsproblems ...36
5.2 Formulierung von Arbeitshypothesen ...37
5.3 Informationsquellen, finanzieller und zeitlicher Rahmen des Projektes ...38
5.4 Bestimmung der Erhebungsmethode ...41
5.4.1 Die Elemente einer Umfrage ...41
5.4.2 Die schriftliche Befragung...42

4
5.5 Die Stichprobe ...44
5.5.1 Das Auswahlverfahren ...44
5.5.2 Der Stichprobenumfang...47
5.6 Entwicklung des Fragebogens...50
5.6.1 Umfang, Inhalt und Layout des Fragebogens...51
5.6.2 Frageformulierungen und -arten ...52
5.6.3 Anordnung der Fragen ...54
5.6.4 Der Test des Fragebogens...55
6 Durchführung der Datenerhebung...56
6.1 Zusammenstellen der Befragungsmaterialien ...56
6.2 Räumliche Verteilung der Fragebögen ...58
6.3 Kontrolle des Rücklaufs...60
7 Vorbereitung der Datenanalyse, Auswertungs- und Prüfverfahren...62
7.1 Kodierung und Dateneingabe ...62
7.2 Repräsentanzprüfung ...65
7.3 Gewichtung der Daten...69
7.4 Methoden der Datenanalyse ...71
7.4.1 Univariate Analyseverfahren...72
7.4.2 Bivariate Verfahren...73
7.4.3 Das Testverfahren ...75
8 Datenanalyse ...79
8.1 Bekanntheitsgrad von Porzellanmarken ...79
8.1.1 Markenbekanntheit in Gesamt-, West- und Ost-Berlin ...79
8.1.2 Einfluß des Alters auf den Bekanntheitsgrad...85
8.2 Besitz und Erwerb von hochwertigem Porzellan...89
8.2.1 Besitz in Abhängigkeit vom Interesse für Porzellan, dem Alter
und Einkommen der Personen ...89
8.2.2 Erwerb des Porzellans...99
8.3 Kaufgründe für hochwertiges Porzellan...102
8.3.1 Unterschiede bei Kaufmotiven in Ost- und West-Berlin...102
8.3.2 Wer kauft aus Liebhaberei/Sammelleidenschaft?...104
8.3.3 Kauf von Porzellan als Wertanlage...106
8.4 Verkaufsstellen für Porzellan...109
8.4.1 Bevorzugter Typ von Porzellangeschäften ...110
8.4.2 Bekannte Porzellangeschäfte in Berlin ...112
8.4.3 Aufgesuchte Porzellangeschäfte ...114
8.5 Beurteilung der Meissener und der Berliner Manufaktur ...116
8.6 Auswertung der Statements ...120
8.7 Resümee ...126
9 Schlußwort...128
Literaturverzeichnis ...129

5
Anhang
Teil A: Die wichtigsten Porzellanhersteller... A1
Teil B: Ausschnitte aus der Satelliten-Bildkarte von Berlin ... B1
Teil C: Begleitschreiben für die Umfrage ... C1
Fragebogen ... C2
Teil D: Ausschnitt aus der Eingabemaske (
DATA ENTRY II
) ... D1
Auszug aus der Datenmatrix ... D2
Liste der Variablen mit Werteetiketten... D3
Teil E: Basisauszählungen
Berlin-Gesamt ... E 1
Berlin-West... E15
Berlin-Ost ... E28
Anhang zur Basisauszählung ... E41

6
0 Einleitung
Die hier vorliegende Arbeit umfaßt die Darstellung einer empirischen
Untersuchung, die in Berlin durchgeführt wurde. Inhalt der Studie waren
Einstellungen zu Luxusartikeln. Da es eine große Vielzahl von solchen
Luxusartikeln gibt, erfolgte eine Beschränkung auf hochwertiges
Porzellan. Als Sponsor dieser Untersuchung konnte die Porzellan-
Manufaktur Meissen gewonnen werden.
Im e r s t e n T e i l werden alle Begriffe erläutert, die für das Verständnis
der Inhalte der Markforschungsstudie wichtig sind. Kapitel 1 enthält
eine kurze Darstellung der wesentlichsten Dinge, die der Leser über
Porzellan wissen sollte: Neben der Darlegung der Erfindung und
Herstellung wird auf die Situation des Marktes in Deutschland
eingegangen und herausgestellt, welches Porzellan tatsächlich
hochwertig - und somit Gegenstand dieser Arbeit - ist. In Kapitel 2 wird
aufgezeigt, was unter Luxus und Luxusartikeln zu verstehen ist und von
welcher Bedeutung sie sind. Es wird auch der Beweis dafür erbracht,
daß hochwertiges Porzellan alle die Merkmale besitzt, die Luxusartikel
auszeichnen. Außerdem werden Besonderheiten für das Marketing
dieser Artikel geschildert. Da der Schwerpunkt der Untersuchung auf
Einstellungen zu hochwertigem Porzellan liegt, werden diese in Kapitel
3 definiert und die Möglichkeiten für deren Messung mit Hilfe von
Umfragen aufgezeigt.
Diesen Ausführungen schließt sich der eigentliche Hauptteil der Arbeit
an, der die Datenerhebung sowie deren Voraussetzungen und einige
der erzielten Ergebnisse darlegt (T e i l I I ).
Zur Einführung wird eine kurze Beschreibung des Marketingelementes
"Marktforschung" gegeben und auf die Bedeutung der Einstellungs-
forschung für Unternehmen hingewiesen (Kapitel 4). Danach folgen
Erläuterungen zu den Vorbereitungen für die empirische Studie
(Kapitel 5). Hierbei werden alle praktisch durchgeführten Schritte
theoretisch fundiert. Diese "Vorarbeiten", zu welchen die Festlegung der
Erhebungsmethode, die Entwicklung des Erhebungsinstrumentes und
die Bestimmung des Stichprobenauswahlverfahrens gehörten, stellten
die Voraussetzung für eine erfolgreiche Gewinnung der Daten dar. Die
tatsächliche Durchführung der Erhebung wird im darauf-folgenden
Kapitel beschrieben (Kapitel 6). Um die Auswertung der Daten

7
verständlicher zu machen, wird dieser eine Erläuterung der
Analysemethoden und statistischen Prüfverfahren vorangestellt
(Kapitel 7). Hierbei wird auch auf das Statistikprogramm SPSS/PC+
eingegangen, das zur Auswertung genutzt wurde. Abschließend folgt
der eigentlich interessante Teil der empirischen Studie: die
Interpretation der Ergebnisse (Kapitel 8). Die aufbereiteten Daten
sollen dem Sponsor zur Information dienen, eventuell sogar eine
Orientierungshilfe für Marketing-Maßnahmen geben oder lediglich die
Basis für weitere Marktforschungsstudien darstellen.

8
TEIL I DIE THEORETISCHEN ELEMENTE DIESER
UNTERSUCHUNG
1 Porzellan: Geschichte, Herstellung und Produzenten
1.1 Erfindung des Porzellans und dessen Verbreitung in Europa
Porzellan ist das feinste der keramischen Erzeugnisse. Es hat einen
feinkörnigen, rein weißen, harten, dichten Scherben und ist bis zu einer
Stärke von ca. 1 mm milchig durchscheinend. Es ist säure- sowie
temperaturwechselbeständig und mit Stahl nicht ritzbar. Benannt wurde
es nach dem rosa-weißen, glatten und glänzenden Gehäuse der
Porzellan- oder Kaurischnecke, die die Italiener mit "porcellana"
(Schweinchen) bezeichneten.
1
Von dieser Begriffsdefinition ausgehend wurde das erste Porzellan in
C h i n a vor mehr als 1000 Jahren produziert. Vorzügliche Rohmate-
rialien und jahrhundertelange Übung ließen die Chinesen zu einer er-
staunlichen technischen und künstlerischen Fertigkeit gelangen. Sie
vermittelten ihre Kenntnisse den Koreanern und Japanern. Mit der Ent-
deckung des Seeweges nach Indien (im Jahre 1498) wurde auch den
europäischen Völkern der Markt für diese kostbare Ware erschlossen.
Der Umfang der Transporte asiatischer Erzeugnisse nahm schnell zu.
Die drei für Europa neuen Getränke Tee, Kaffee und Schokolade
bürgerten sich mehr und mehr ein und forderten förmlich das edle
Porzellan zum Genießen.
2
Der Glanz und die Farbenpracht des reichlich bemalten Porzellans
führten in E u r o p a zu einer außerordentlichen Porzellanliebhaberei.
Fürsten richteten ganze Kabinette in ihren Schlössern mit der
zerbrechlichen Ware ein und begannen, miteinander zu wetteifern,
möglichst viel davon zu besitzen.
3
1 Vgl. zu diesem Absatz Wiench, P. (Red.leiter): Lexikon der Kunst, Bd. 9, Freiburg/Basel/Wien 1989,
S.
244.
2 Vgl. Schönberger, A.: Deutsches Porzellan, München 1949, S.6 f.
3 Vgl. Berling, K.: Festschrift zur 200jährigen Jubelfeier der ältesten europäischen Porzellan-Manufaktur
Meissen, Leipzig 1910, S. 1.

9
Die Suche nach Wegen und Mitteln, die teure Einfuhr durch Fabri-
kation im eigenen Land unnötig zu machen, führte zu ersten Versuchen
der Porzellanherstellung in Europa (im 15. Jh. in Venedig, im 16. Jh. in
Ferrara, im 17. Jh. in Frankreich, Holland und England). Doch nirgends
gelang es, den Chinesen das Porzellan nachzuerfinden; man erzeugte
lediglich eine porzellanähnliche Fritte.
4
Anfang des 18. Jahrhunderts gelang endlich die Nacherfindung des
echten, weißen Porzellans, und zwar in S a c h s e n . Dies war kein
Zufall. Zu jener Zeit regierte am Dresdner Hof August der Starke,
Kurfürst von Sachsen und König von Polen, der an Leidenschaft für die
chinesische Ware alle anderen fürstlichen Sammler weit übertraf.
5
Außerdem betrieb er eine merkantilistische Wirtschaftspolitik, d.h., er
war bestrebt, die heimische Industrie gegen fremde Konkurrenz zu
schützen. Somit bildeten seine Hofhaltung und Staatsführung Triebkraft
für technische, naturwissenschaftliche, künstlerische und handwerkli-
che Entwicklungen. Der König veranlaßte 1704 die Zusammenarbeit
des Physikers und Mineralogen Ehrenfried Walther von Tschirnhaus mit
dem Alchimisten Johann Friedrich Böttger. Beide führten mit Unter-
stützung des Freiberger Bergrates Papst von Ohain konsequente wis-
senschaftliche Experimente durch. Im November 1707 konnten sie
rotes Steinzeug herstellen und im Januar 1708 schrieb Böttger in sein
Brandprotokoll, daß er einen weißen Scherben erhalten habe. Im März
1709 meldete Böttger August dem Starken die Erfindung. Im Januar
1710 wurde vom König ein Patent für die Gründung einer Porzellanfa-
brik in Dresden erteilt. Im Juni 1710 wurde diese nach Meißen verlegt.
6
Trotz strengster Maßnahmen zur Bewahrung des Arkanums (des
Geheimnisses der Porzellanherstellung) und scharfer Bewachung ge-
lang einigen Mitarbeitern die Flucht von Meißen. Sie benutzten ihre
erworbenen Kenntnisse zu Manufakturgründungen in anderen Staaten.
So entstanden z.B. die folgenden Manufakturen in: Wien (1718),
Venedig (1720), Höchst (1746), Fürstenberg (1747), Berlin (1751),
München (1753), Ludwigsburg (1758) und zahlreichen anderen Orten.
7
"Den Ruhm aber und die ungeheure Produktionsfähigkeit von Meißen
4 Vgl. ebenda. Frittenporzellan enthält so gut wie keine erdigen Bestandteile, die für echtes Porzellan
charakteristisch sind. Vgl. hierzu auch Kapitel 1.2.
5 Vgl. Hofmann, Fr. H.: Das Porzellan der europäischen Manufakturen, Frankfurt am Main/Berlin/Wien
1980, S. 21.
6 Vgl. ebenda, S. 34 ff.
7 Vgl. Wiench, P., a.a.O., S. 247.

10
... erreichte keine einzige der Nachfolgemanufakturen."
8
Aus der Kon-
kurrenz heraus entstanden Porzellanmarken zur Kennzeichnung der
Produkte. Meissen versah als erste Manufaktur ihr Porzellan mit einer
Marke: seit 1723 mit den Buchstaben KPM und AR (der Besitzmarke für
den König) und den gekreuzten Kurschwertern, die sich später als
alleinige Marke durchsetzten.
9
Die Gründung einer Porzellanfabrik gehörte sehr bald zum guten Ton
der Fürstenhöfe, die auf Reputation Wert legten. Deutschland stand -
hinsichtlich Anzahl und künstlerischer Erfolge seiner Fabriken - als
klassisches Land des Porzellans in Europa an der Spitze.
10
Die Geschichte des Porzellans war an der Wende zum 19. Jahrhundert
nicht mehr die einer höfischen Kultur. Porzellan wurde der Werkstoff für
Gebrauchsgeschirr. Privatbetriebe lösten die meisten fürstlichen
Manufakturen ab. Besonders die in Thüringen gegründeten kleinen
Fabriken ermöglichten dem Bürgertum, preiswertes Porzellangeschirr
zu kaufen.
11
1.2 Herstellung des Porzellans
12
An dieser Stelle einige Erläuterungen zur Herstellung des Porzellans,
da diese einen Einfluß auf die Qualität und den Wert der Stücke hat.
Ausgangsstoffe des in Europa produzierten Porzellans sind Kaolin,
Feldspat, Quarz (im allgemeinen im Verhältnis 2:1:1) und in geringen
Mengen andere Zusätze.
13
Das in verschiedenen Arbeitsgängen aufbe-
reitete Material erhält durch Drehen oder Gießen seine künftige Ge-
stalt. Danach werden die Stücke getrocknet und anschließend bei einer
Temperatur von 900 bis 1000°C "verglüht". Hierbei werden die Stücke
gehärtet und vom gebundenen Wasser befreit. Unterglasurdekore trägt
man mit Scharffeuerfarben (z.B. Kobaltoxid-Blau, Chromoxid-Grün) auf,
entweder durch Handmalerei oder mechanische Verfahren. Das
8 Hofmann, Fr. H., a.a.O., S.55.
9 Vgl. Schönberger, A., a.a.O., S. 11.
10 Vgl. Hofmann, Fr. H., a.a.O., S. 55.
11 Vgl. ebenda, S. 225.
12 Vgl. zu diesem Kapitel Schäfer, E.: Grundlagen der Marktbeobachtung. Mit einer Darstellung der Beob-
achtungspraxis in der deutschen Porzellanindustrie, Nürnberg 1928, S. 127 ff.
13 Die Masse des in Asien produzierten Porzellans besteht aus nur ca. 20-30% Kaolin, jedoch mehr
Feldspat und Quarz. Dieses Porzellan wird deshalb auch "Weichporzellan" genannt. Das europäische
Porzellan hingegen wird aufgrund seiner Massezusammensetzung als "Hartporzellan" bezeichnet.

11
Glasieren erfolgt durch Eintauchen in eine dickflüssige Glasurmasse.
Anschließend wird die Ware dem Scharffeuer (bis über 1400°C)
ausgesetzt. Die Unterglasurdekore sind somit unzerstörbar. Bisher weiß
belassene Stücke erhalten nun gegebenenfalls mit Überglasur-farben
ihr Dekor. Das Auftragen erfolgt mit Druckverfahren (Siebdruck,
Stahldruck), durch Stempel, Schiebebilder, Ätztechnik oder Malen mit
der Hand. Die Palette der hier verwendbaren Farben ist äußerst reich-
haltig. In einem dritten, dem Farbbrand (ca. 800 bis 900°C), verbinden
sich die Farben mit der Glasuroberfläche.
Handarbeit spielt somit bei der Fabrikation des Porzellans eine sehr
unterschiedlich große Rolle. Vor allem in Qualitätsfabriken, die das
Porzellan manuell formen und bemalen, treten die Kosten für Roh- und
Hilfsstoffe gegenüber Lohnkosten weit an Bedeutung zurück.
Gegenstand dieser Arbeit ist hochwertiges Porzellan. Hierzu zählt
Porzellan, das in Manufakturen
14
hergestellt wird und zudem höchste
Qualitätsansprüche erfüllt.
1.3 Der Porzellanmarkt in Deutschland
Haushalts-, Wirtschafts- und Ziergegenstände aus Porzellan machen
den größten Anteil an den feinkeramischen Erzeugnissen aus. Die
Feinkeramik ist in Deutschland ein relativ kleiner Wirtschaftszweig und
zudem eine schrumpfende Branche.
15
Die wirtschaftliche Leistung ist in
den 80er Jahren um 1,5% jahresdurchschnittlich gesunken.
16
Zu Be-
ginn der 90er Jahre erlebte die Branche eine Krise, die auf unzu-
reichende Inlandskonjunktur, steigende Arbeitslosenzahlen, weiter
steigende Belastung der Privathaushalte durch die Verteuerung der
Lebenshaltungskosten sowie erhöhte Steuern und Abgaben zurück-
zuführen ist. Die sinkende Nachfrage und Kaufzurückhaltung der
Kunden führten bei den im Verband der keramischen Industrie zusam-
mengeschlossenen Herstellern von feinkeramischen Geschirr- und
Ziergegenständen 1993 zu einem Umsatzrückgang von mehr als 7%.
17
14 Der Begriff Manufaktur kommt aus dem Lateinischen (abgeleitet von manufacere) und bedeutet: "mit der
Hand fertigen". Heute bestehen mindestens 80% der Fertigung in Manufakturen aus Handarbeit.
15 Vgl. Neckermann, G.; Wessels, H.: Die feinkeramische Industrie - ein Branchenbild, Berlin 1992, S. 26.
16 Vgl. ebenda, S. 335 f.
17 Vgl. Hutschenreuther AG: Geschäftsbericht für 1993, S. 7 f.

12
Die drei größten Betriebe der Feinkeramik sind die Villeroy & Boch AG
(mit den Geschäftsbereichen Fliesen, Sanitärkeramik und Geschirrpor-
zellan) sowie die Porzellanhersteller Hutschenreuther AG und Rosen-
thal AG.
18
Ein Drittel der wertmäßigen Produktion von feinkeramischen Erzeugnis-
sen entfielen 1989 auf Geschirr, etwa 80% dieser Produkte bestanden
aus Porzellan. Dieser Bereich reagiert im allgemeinen stark auf kon-
junkturelle Schwankungen, da es sich um Erzeugnisse handelt, deren
Kauf meist hinausgeschoben werden kann. Ein Zehntel der Produktion
umfaßten Ziergegenstände, von welchen 20% aus Porzellan gefertigt
waren.
19
Porzellan findet ebenfalls Verwendung als technischer Artikel.
Porzellan konkurriert in vertikaler Linie - je nach Anwendungsgebiet -
mit Steingut, feinem Steinzeug, Majolika, Fayence, Glas und Metall-
waren. Als Abnehmer von Porzellan kommen Groß- und Einzelhändler
(unter diesen wiederum Spezialgeschäfte und Warenhäuser) in
Betracht. Deutsche Hersteller verkaufen einen großen Teil ihrer Pro-
dukte im Ausland, wobei sie mit den dort ansässigen Produzenten
konkurrieren müssen. In den letzten Jahren zeichnete sich auch auf
dem deutschen Markt eine Zunahme der Konkurrenz ab. Es kommt zu
verstärkten Importen von Porzellangeschirr, insbesondere in niedrigen
und mittleren Preisklassen. In den gehobenen Qualitätssegmenten be-
stehen jedoch auch weiterhin gute Absatzchancen im Inland, besonders
für Ziergegenstände.
20
Die zukünftige Entwicklung der Produktion und des Absatzes hängen
nicht zuletzt von der Entwicklung in Ostdeutschland ab (hinsichtlich
Kaufkraft der Kunden und Etablieren von Konkurrenzunternehmen).
Hier kam es nach den politischen und wirtschaftlichen Veränderungen
nach 1989 zu einem Zusammenbruch der Produktion in der Feinkera-
mik. Die Anpassungskrise werden vor allem Markenporzellanhersteller
wie Henneberg Porzellan in Ilmenau und Weimar Porzellan in Blanken-
hain überwinden. Die Meissener Porzellan-Manufaktur nimmt eine Son-
derstellung ein. Meissener Porzellan besitzt höchsten künstlerischen
18 Vgl. Neckermann, G.; Wessels, H., a.a.O., S. 181. Weitere Erläuterungen zu diesen Herstellern im
Anhang
A.
19 Vgl. ebenda, S.196 ff.
20 Vgl. ebenda, S. 310 ff.

13
und somit materiellen Wert. Es genießt weltweit ein hohes Ansehen und
hält seine Wettbewerbsfähigkeit vorwiegend über die hohe Qualität.
21
Neben der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen gibt es europa-
weit nur noch wenige andere Manufakturen, die überregional bekannt
sind: die Königliche Porzellan-Manufaktur (KPM) Berlin sowie die
Manufakturen von Herend (Ungarn), Augarten (Österreich), Sèvres
(Frankreich) und Royal Kopenhagen (Dänemark). In Deutschland sind
die Meissener und die Berliner Manufaktur vom Umsatz her die
bedeutendsten.
22
Von vorwiegend regionaler Bedeutung sind die
Ludwigsburger und die Nymphenburger Manufaktur. Alle diese Manu-
fakturen
23
beanspruchen jedoch nur einen geringen Anteil des Porzel-
lanmarktes. Die weitaus größeren Marktanteile fallen - wie bereits
erwähnt - auf Betriebe, die das Porzellan maschinell fertigen. Ein Ver-
gleich der Fabriken untereinander ist kaum möglich. Die Qualität des
Scherbens und vor allem des Dekors differieren zu stark, gleiches gilt
für die Preise.
24
2 Luxus und Luxusartikel
2.1 Wesen und Bedeutung von Luxus
Das Wort "Luxus" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet soviel
wie "Verschwendung". Es bezeichnet Aufwendungen, die über den als
notwendig erachteten (sinnvollen) Lebensbedarf hinausgehen. Aus die-
ser Definition wird bereits ersichtlich, daß Luxus etwas Relatives ist und
erst einen greifbaren Inhalt bekommt, wenn man weiß, was "der
notwendige Lebensbedarf" ist.
25
Dieser ist abhängig von kulturellen
Standards, der Einkommenshöhe und den Konsumgewohnheiten der
Verbraucher. So verändert sich die Vorstellung, von dem was Luxus ist,
von Jahrhundert zu Jahrhundert, mit dem Wandel gesellschaftlicher
Normen.
26
Das, was im 18./19. Jahrhundert noch als Luxus galt, steht in
21 Vgl. ebenda, S. 322 ff.
22 Beide Manufakturen spielen besonders auf dem Berliner Markt, der Gegenstand der Untersuchung war,
eine große Rolle. Für Meissen ist die Konkurrenz hier verstärkt, da die KPM ihren Sitz und ihre Produk-
tionsstätte in dieser Stadt hat und aus diesem Grund über einen hohen Bekanntheitsgrad und ein weit-
verzweigtes Verkaufsnetz verfügt (insgesamt gibt es in Berlin 12 Fachgeschäfte, die KPM Porzellan füh-
ren).
23 Nähere Informationen zu den einzelnen Manufakturen im Anhang A.
24 Vgl. Hofmann, Fr. H., a.a.O., S. 137.
25 Vgl. Sombart, W.: Luxus und Kapitalismus, 2. Aufl., München/Leipzig 1922, S. 71.
26 Vgl. Brockhaus-Enzyklopädie in 24 Bänden, Bd 13, 19. Aufl., Mannheim 1990, S. 645 f.

14
diesem Jahrhundert größeren Bevölkerungsgruppen zur Verfügung und
wird von diesen kaum noch als Luxus betrachtet, da die entspre-
chenden Güter bzw. Aufwendungen für die durchschnittliche Lebens-
haltung zu einer unentbehrlichen Notwendigkeit geworden sind.
Der Luxusbegriff ist sehr vielschichtig und enthält je nach dem Wissen-
schaftsgebiet, in dem er Gegenstand von Untersuchungen ist, ver-
schiedene Definitionselemente. In der Alltagssprache hat Luxus jedoch
die Bedeutung von etwas Seltenem.
27
Er gehört nicht zum Alltäglichen.
Luxus wird oft mit dem Einkommen assoziiert: er ist etwas, was man
sich nicht oft oder gar nicht "leisten" kann. Luxus bedeutet Konsum von
"überflüssigen" Gütern, auf die ohne Schaden auch verzichtet werden
könnte. Welche Güter darunter fallen ist von subjektiven Einschätzun-
gen als auch dem Einkommen und damit der Schichtzugehörigkeit
abhängig.
Luxus dient sehr verschiedenen Zwecken und entspringt einer Freude
am Genuß oder dem Wunsch, andere zu "übertreffen", also dem Motiv
der Selbst- und/oder Machtdarstellung.
28
Luxus steht auch als Symbol
von Freiheit. Menschen, die sich Luxus leisten können und diesen sich
auch tatsächlich leisten, leben glücklicher, zufriedener und ungezwun-
gener. Aus diesem Grund bewirkt Luxus nicht nur Neid, sondern auch
Bewunderung.
29
Somit ist Luxus an und für sich nicht unberechtigt. Er
gilt - zumindest in unserer Gesellschaft - als etwas Erstrebenswertes.
Er gibt dem Leben teilweise einen Sinn, vor allem solange noch
wesentliche Wünsche unbefriedigt sind.
30
Trotz alledem wird Luxus oft noch kritisiert. Er würde soziale
Unterschiede und Armut deutlich machen.
31
Damit dieses Argument
tatsächlich greifen kann, darf Luxus nicht aus den einzelnen sozialen
Schichten heraus erklärt werden. Der als notwendig erachtete Lebens-
bedarf unterscheidet sich von einer sozialen Schicht zu einer anderen.
Es existieren z.B. Unterschiede in der Lebenshaltung, die von dem
einen als luxuriös und von einem anderen als normal bezeichnet
werden kann. Was für Angehörige der unteren Schicht Luxus bedeutet,
27 Vgl. ebenda, S. 645.
28 Vgl. Sombart, W., a.a.O., S. 73 f.
29 Vgl. Krockow, Ch. Graf von: Die Heimkehr zum Luxus. Von der Notwendigkeit des Überflüssigen,
1. Aufl., Zürich 1989, S. 13.
30 Vgl. Pöll, G.: Luxus. Eine wirtschaftstheoretische Analyse, Berlin 1980, S. 12.
31 Vgl.
ebenda.

15
wird von Personen der Oberschicht als eine Notwendigkeit für das
Bestehen im entsprechenden sozialen Umfeld betrachtet. Die Lebens-
haltung von den wohlhabenden Leuten kann als "Luxus" bezeichnet
werden, wenn sich der Begriff nicht auf eine bestimmte soziale Schicht,
sondern auf den durchschnittlich notwendigen Lebensbedarf einer
Gesellschaft bzw. eines ganzen Volkes bezieht. Dann ist es beispiels-
weise möglich zu sagen, ein Gut X
32
oder ein anderer bestimmter
Aufwand (z.B. für einen Hausangestellten) sind Luxus, obwohl sie für
Angehörige der Oberschicht bereits als üblich gelten und für diese erst
eine weitere Verfeinerung des Gutes X oder ein höherer Aufwand (z.B.
für zwei Haushaltshilfen) Luxus darstellen. Nach dieser Definition
verdeutlicht Luxus soziale Unterschiede. So läßt sich auch sagen, daß
für Luxus eine bestimmte Einkommenshöhe Voraussetzung ist.
2.2 Hochwertiges Porzellan als Luxusartikel
Um zu klären, ob hochwertiges Porzellan ein Luxusartikel ist, muß
zunächst bestimmt werden, welche Eigenschaften solche Güter
besitzen. Im alltäglichen Sprachgebrauch rechnet man teure, kostbare
Güter für den persönlichen Gebrauch dazu. Was teuer ist, ist natürlich
wieder relativ, aber es soll hier der gesellschaftliche Durchschnitt als
Grundlage der weiteren Erläuterungen dienen. Um andere als die
genannten Merkmale von Luxusartikeln zu finden, kann man auf die
Einteilung von Produkten aus der Sicht der Einkaufsgewohnheiten der
Konsumenten zurückgreifen. Hierbei unterscheidet man drei
Güterkategorien mit folgenden Eigenschaften:
33
·
C o n v e n i e n c e g o o d s sind Konsumgüter, die der Konsument
üblicherweise häufig, ohne Zögern und mit einem minimalen
Vergleichs- und Einkaufsaufwand erwirbt. Es handelt sich vorwie-
gend um Produkte mit geringem Einzelwert (z.B. Seife, Zeitungen,
viele Lebensmittel).
·
S h o p p i n g g o o d s sind bewußt ausgewählte Konsumartikel, bei
deren Kauf der Kunde hinsichtlich Angemessenheit, Preis, Qualität
und Aussehen Vergleiche anstellt. Hierzu gehören Güter mit zum
Teil längerer Nutzungsdauer oder Güter für besondere Anlässe, wo
32 Welche Güter hierunter fallen können siehe Kapitel 2.2.
33 Die folgenden Definitionen wurden übernommen aus: Definitions Committee of the American Marketing
Association: Marketing Definitions. A Glossary of Marketing Terms, Chicago 1960, S. 11, 21, 22.

16
Qualität etc. eine wichtige Rolle spielen (z.B. größere Haushalt-
geräte, Möbel).
·
S p e c i a l t y g o o d s sind Artikel mit einzigartigen Merkmalen und/
oder Markenidentifikation, für die eine signifikante Käufergruppe
gewöhnlich zu besonderen Einkaufsanstrengungen bereit ist. Diese
Güter erfordern kein Suchen (da der Konsument genau weiß, was er
kaufen will), sondern lediglich Zeit, um jene Händler ausfindig zu
machen, die die gewünschten Produkte führen. Specialty goods
werden relativ selten gekauft. Als Beispiel für diese Produktgruppe
werden Luxusartikel genannt.
Es ist zu erwähnen, daß ein und derselbe Artikel von dem einen
Konsumenten als specialty good und von einem anderen als shopping
good gekauft werden kann. Und es ist auch möglich, daß für ein- und
denselben Konsumenten einmal ein bestimmtes Produkt ein specialty
und ein anderes Mal ein shopping good ist. Die allgemeine Einteilung
richtet sich jedoch nach dem häufigsten Verhalten der meisten Konsu-
menten.
34
Luxusgüter werden größtenteils wie specialty goods gekauft. Die
Preise sind höher als die von denjenigen Artikeln, die den gleichen
Grundnutzen haben, jedoch nicht die einzigartigen Eigenschaften be-
sitzen. Für diese Produkte bestehen starke persönliche Präferenzen
und der Kunde wird nicht so schnell bereit sein, die Marke zu wechseln
und nimmt - wenn nötig - längere Lieferzeiten in Kauf. Es handelt sich
um Güter, die für den Konsumenten von hohem Interesse sind.
35
Vergleicht man nun die eben genannten Merkmale von Luxusartikeln
mit denen von hochwertigem, d.h. handgeformten und handbemaltem
Porzellan, so ist festzustellen, daß dieses zur Kategorie der Luxus-
artikel zählt. Es ist kostbar, weist einen gewissen Seltenheitswert auf
und wird nicht regelmäßig gekauft. Handgefertigtes Porzellan besitzt
einzigartige Merkmale, die einen hohen Zusatznutzen garantieren und
deshalb zum Kauf anregen. Denn Interesse für ein Gut entsteht nicht
nur durch das, was das Produkt tatsächlich darstellt (z.B. Porzellan
einen Gebrauchs- oder Ziergegenstand), but for what it helps the buyer
34 Vgl. zu diesem Absatz Holton, R. H.: The Distinction between Convenience Goods, Shopping Goods, and
Specialty Goods, in: Journal of Marketing, vol. 23 (July 1958), S. 54.
35 Vgl. zu diesem Absatz Böcker, F.: Marketing, 5. Aufl., Stuttgart 1994, S. 12.

17
to be
36
. Durch den Kauf von hochwertigem Porzellan mit den
Eigenschaften wertvoll, qualitätsvoll, einmalig, berühmt erwirbt
der Kunde Prestige, es bietet ihm die Möglichkeit, sein Image positiv zu
beeinflussen und er kann sozial differenzierende Signale setzen. Der
Preis ist hierbei ein mit dem Nutzen korrelierendes Indiz.
37
Billige
Massenwaren können solche Bedürfnisse nach Selbstdarstellung nicht
befriedigen. Massenprodukte werden von fast allen Leuten benutzt und
sind monoton wie ihre Herstellung. Eßgeschirr beispielsweise, das
größtenteils maschinell gefertigt wird, gebrauchen die Menschen ganz
selbstverständlich, ohne Sinn für sein Äußeres. Lediglich beim Kauf
oder einige Male danach beim Gebrauch betrachtet man seine Form
und sein Dekor. Handgefertigtes Porzellan dagegen erregt die Auf-
merksamkeit sehr viel länger. Kein Stück gleicht dem anderen. Diese
minimalen Unregelmäßigkeiten verleihen jedem Teil etwas Einzigar-
tiges, das ungewollt immer wieder ins Auge fällt. Ist dieses handge-
fertigte Porzellan noch zusätzlich von hoher künstlerischer Qualität (wie
das der Manufaktur Meissen und der KPM Berlin), sind viele Kunden
bereit, größere Summen für dessen Besitz zu zahlen. Handge-fertigte
Gegenstände (ob zum Gebrauch oder zur Dekoration) bieten
Abwechslung von der Eintönigkeit einer massenproduzierten Umge-
bung.
38
Und das dem Menschen innewohnende Bedürfnis nach
Abwechslung und Neuheit führt dann oft zu Verschwendung, d.h.
Luxus. Somit können handgefertigte Porzellane auf jeden Fall als
Luxusgegenstände bezeichnet werden.
Markenpräferenz ist bei hochwertigem Porzellan sehr wahrscheinlich,
da jede Manufaktur ihre eigenen Besonderheiten aufweist, ihre eigenen
Dekore, Formen und Farben besitzt, die nicht vergleichbar sind mit
denen anderer Manufakturen. Hat sich ein Kunde einmal für eine Marke
entschieden - aus welchen Gründen auch immer - so wird er nicht ohne
weiteres die Treue zu eben dieser Marke brechen.
2.3 Besonderheiten für das Marketing von Luxusartikeln
Die genannten Merkmale bzw. Einstellungen der Konsumenten beein-
flussen natürlich das Marketing-Mix für diese Produkte.
36 Kaish, S.: Cognitive Dissonance and the Classification of Consumer Goods, in: Journal of Marketing,
vol. 31 (Oct. 1967), S. 30.
37 Vgl. Pöll, G., a.a.O., S. 81.
38 Vgl. zu diesem Abschnitt Scitovsky, T.: Psychologie des Wohlstands. Die Bedürfnisse des Menschen und
der Bedarf des Verbrauchers, Frankfurt/New York 1989, S. 210 ff.

18
So muß die Kommunikation für specialty goods ganz andere Funk-
tionen erfüllen als für convenience goods. Bei specialty goods (und
somit bei hochwertigem Porzellan) besteht oft bereits eine Präferenz für
eine Marke und das Ziel der Kommunikationsmaßnahmen (Wer-bung,
Personal Selling etc.) sollte sein, diese Präferenz in Insistence zu
entwickeln.
39
Es müssen die besonderen Eigenschaften (special
features) des Produktes bzw. der Marke kommuniziert werden. D.h., es
ist wichtig, nicht nur den praktischen, sondern auch den sozialen
Nutzen des Produktes, die hohe Qualität, die Exklusivität, die hervorra-
gende Kundenbetreuung usw. zu vermarkten, da diese Attribute beson-
ders bei specialty goods für Kunden von Bedeutung sind und sie auch
dafür höhere Preise zu zahlen bereit sind. Soll erst eine Präferenz
geschaffen werden, so kann die gleiche Strategie angewendet werden.
Auf jeden Fall muß man vermeiden, mit Super-Billig-Angeboten oder
anderen typischen Eigenschaften für Produkte des täglichen Bedarfs zu
werben. Die Werbung oder andere Promotion-Aktivitäten müssen an
die Bedürfnisse appellieren, die der Konsument des Produktes verspürt
bzw. verspüren will. Es muß deutlich gemacht werden, daß genau das
Angebot des Kommunizierenden - und nur dieses - geeignet ist, die
Bedürfnisse zu befriedigen. Und bei Luxusartikeln besteht nun einmal
das Bedürfnis nach oben genannten Faktoren, nach Prestige und nach
dem Sich-von-anderen-abheben-Wollen. Werden diese emotionalen
Erlebniswerte vermittelt, erhält die Marke ihre besondere Note und es
wird eine gefühlsmäßig starke Bindung zur Marke erzeugt, die die
Konsumenten zum Kauf verleitet und somit zur Erreichung des
Hauptzieles einer Unternehmung, mehr Umsatz und Gewinn, beiträgt.
Auch ist bei der Gestaltung des Promotional Mix für Luxusartikel zu
beachten, daß aufgrund der Exklusivität der Produkte nicht alle Medien
zur Kommunikation geeignet sind. Um so schwieriger ist es, von den
möglichen Medien die geeignetste herauszufinden, vor allem dann,
wenn die potentiellen Kunden verschiedene sozio-demographische
Merkmale und Mediengewohnheiten besitzen.
Bei der Distribution der Produkte sollte beachtet werden, daß die
Konsumenten erwarten, daß sich Geschäfte für Luxusprodukte in
prestige areas befinden. Die Art des Geschäftes ergänzt die Produkt-
linie und das Image des Produktes selbst erhöht natürlich den Ruf der
39 Vgl. Copeland, M. T.: Relation of Consumers' Buying Habits to Marketing Methods, in: Harvard Business
Review, vol. 1 (April 1923), S. 288.

19
Verkaufsstätte. Das Interesse, das der Kunde den Luxusartikeln entge-
genbringt und die Einkaufsanstrengungen, die er auf sich nimmt, recht-
fertigen eine Distribution der Produkte auf einer sehr exklusiven und
höchst selektiven Basis.
40
Da Luxusartikel großen Service verlangen,
tendieren die Hersteller dazu, die Produkte über autorisierte Fach-
geschäfte zu verkaufen.
41
Diese sind der Tempel der hochwertigen und
exklusiven Produkte
42
. Auch die Manufaktur Meissen geht diesen Weg.
In Berlin befinden sich sechs autorisierte Fachhändler, die vorwiegend
in den Zentren der Stadt (Ost und West) konzentriert sind. Davon sind
zwei Geschäfte manufaktureigene. Solche können eine höhere
Anziehungskraft für die Konsumenten besitzen und die Verkäu-fer sind
besser in der Lage, die Kunden zu beraten und zu betreuen. Werden
zudem noch andere Vertriebswege genutzt, so geschieht dies vor allem
aus dem Grund heraus, mehr Marktsegmente zu erreichen und/oder
der Konkurrenz entsprechend zu begegnen. Will man also alle
potentiellen Kunden befriedigen, sind verschiedene Marketing-
strategien notwendig. Ein Gut kann von unterschiedlichen Zielgrup-
pen - wie bereits erwähnt - auf verschiedene Art und Weise bezogen
werden (z.B. als convenience, shopping oder specialty good). Dies hat
Auswirkungen nicht nur auf die Distribution, sondern auch auf die
Preisgestaltung und den Service.
43
So ist es möglich, daß für
hochwertige Güter nicht nur eine Präferenz für eine Marke, sondern
auch für ein Geschäft besteht (diese Läden werden auch specialty
stores genannt). Hierbei sollte der Schwerpunkt der Marketingaktivität
auf Service und Personal Selling liegen, um sich von anderen Geschäf-
ten wirksam abzuheben. Auch eine zentrale Lage sollte bevorzugt
werden. Besteht keine Präferenz für ein Geschäft, d.h., das nächstgele-
gene oder das mit den besten Preisen und dem besten Service wird
gewählt, so muß man auf eine richtige Preispolitik und die Nähe zum
Konsumenten achten.
44
Da die Nachfrage nach Luxusgütern im allge-
meinen geringer ist als für andere Waren, gibt es nur eine begrenzte
Zahl an Geschäften, die das gewünschte Produkt führen. Solche
Geschäfte sind meist specialty stores, die von den Luxusgüterher-
40 Vgl. zu diesem Abschnitt Buell, V. P.: Handbook of Modern Marketing, New York u.a. 1970, S. 2-25.
41 Vgl. Copeland, M. T., a.a.O., S. 285.
42 Redwitz, G.: Handelsentwicklung. Wertewandel-Perspektiven für die Handelslandschaft, in: Szallies, R.;
Wiswede, G. (Hrsg.): Wertewandel und Konsum. Fakten, Perspektiven und Szenarien für Markt und Mar-
keting, 2. Aufl., Landsberg am Lech 1991, S. 276.
43 Service (pleasing customers) spielt eine immer größere Rolle und kann als Element des Marketing-Mix'
angesehen werden, d.h. es tritt zu den traditionellen 4 P's (price, product, place, promotion) als fünftes
P
hinzu.
44 Vgl. zu diesem Abschnitt Bucklin, L. P.: Retail Strategy and the Classification of Consumer Goods, in:
Journal of Marketing, vol. 27 (Jan. 1963), S. 53 ff.

20
stellern bevorzugt werden, um den exklusiven Charakter der Produkte
zu unterstreichen bzw. um dem Image der Produkte Rechnung zu
tragen.
45
Oft präferieren Hersteller auch einen konstant hohen Preis
(soweit kontrollierbar), den sie auch in nachfrageschwächeren Zeiten
halten sollten. Ein Trading-down würde dem Image nachhaltig schaden
und ein erneutes Trading-up bei Konjunktur- und Nachfrageauf-
schwung wäre schwer durchführbar.
Das Produkt selbst sollte natürlich solche Merkmale besitzen, daß es
tatsächlich vom Konsumenten als Luxusgut erkannt und akzeptiert wird.
Qualität hat absolute Priorität. Sie stellt den Kunden zufrieden und
verbessert das Image der Marke. Qualität bedeutet damit auch, daß
das Produkt auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten ist. Bei der
Meissener Manufaktur leistet die Vielfalt an Formen und Dekoren (die
einmalig in der Welt ist) dazu ihren Beitrag. Außerdem werden
Kundenwünsche beispielsweise hinsichtlich der Farbe und Motive der
Blumen bei der Blumenmalerei berücksichtigt, es wird auftragsbezogen
gearbeitet. Da die Aufträge den Bedarf der Kunden, der sich aus den
Bedürfnissen ergibt, widerspiegeln, erreicht man mit der Erfüllung der
Aufträge eine hohe Bedürfnisbefriedigung und Kundenorientierung.
Auch werden ständig neue Formen und Dekore entwickelt, die zum Teil
andere als die traditionellen Maktsegmente ansprechen.
2.4 Einfluß von Trends auf den Konsum von Luxusartikeln
Das Konsumentenverhalten wird von einer Vielzahl von Faktoren
bestimmt, die sich im Laufe der Zeit verändern. In diesem Kapitel soll
auf solche eingegangen werden, die für unsere Gesellschaft typisch
sind und die vermuteterweise einen unmittelbaren Einfluß auf den
Konsum von Luxusartikeln in Zukunft ausüben. Es erscheint dabei ein
Ost/West-Vergleich angebracht, da die Faktoren zum Teil sehr unter-
schiedlich ausgeprägt sind.
46
2.4.1 Materielle Versorgung der Konsumenten
Der private Verbrauch wird in großem Maße, zumindest langfristig, von
der Entwicklung des verfügbaren Einkommens und dem Vermögen der
Konsumenten bestimmt.
45 Vgl. Holton, R. H., a.a.O., S. 55.
46 Es sei bereits hier angemerkt, daß dies auch später bei der Auswertung der Daten der empirischen
Studie zu beobachten war.

21
In Westdeutschland sind die Menschen so wohlhabend wie nie zuvor
und dieses erreichte hohe Niveau materieller Versorgung bleibt auch in
den nächsten Jahren erhalten. Es kommt lediglich zu vorübergehenden
Einschränkungen durch die einigungsbedingte zusätzliche Steuerlast.
47
Das monatliche Haushaltsnettoeinkommen bei einem 4-Personen-
Haushalt von Arbeitern und Angestellten mit mittlerem Einkommen
betrug 1993 DM 4.850,-.
48
Das frei verfügbare Einkommen (= Haus-
haltsnettoeinkommen minus feste, wiederkehrende Kosten) wuchs auf
ca. 28% des Nettoeinkommens an. Dies ist der Durchschnitt für alle
alten Bundesländer. Für Berlin ist dabei zu beachten, daß bei einem
Großteil der Bevölkerung die fixen Kosten höher sind als bei dem
Durchschnitt, da die Mietbelastung in dieser Stadt sehr groß ist. Doch
neben dem Einkommen verfügen die Deutschen über erstaunliches
privates Geldvermögen (DM 2,5 Bio). Während das Einkommen sich in
den letzten 25 Jahren vervierfacht hat, ist das Geldvermögen um den
Faktor 16 angewachsen. Setzt sich dies - bei unterstellter gleicher
Sparbereitschaft - fort, so wird sich das Geldvermögen bis zum Jahr
2000 verdoppeln und dann bei ca. DM 200.000,- pro Haushalt liegen.
49
Dieses Vermögen erstreckt sich auf breite Bevölkerungsschichten und
erweitert den Finanzspielraum der Konsumenten enorm. Dies führt zu
Nachfragestrukturen, die sich immer mehr vom Regelkonsum lösen.
D.h., daß die Güter des Grundbedarfs immer mehr an Gewicht verlie-
ren und zugleich beispielsweise hochwertige Markenprodukte an
Bedeutung gewinnen. Die steigende Kaufkraft fördert das Qualitäts-
bewußtsein und Hochpreissegmente.
In Ostdeutschland sind die verfügbaren Einkommen noch geringer als
im Westen. Das monatliche Haushaltsnettoeinkommen eines 4-Per-
sonen-Haushaltes mit mittlerem Einkommen betrug 1993 DM 3.863,-
50
also knapp DM 1.000,- weniger als im Westen bzw. 80% des West-
einkommens. Die Mehrheit der Bevölkerung im Ostteil Deutschlands,
fast zwei Drittel, muß sich auf reinen Versorgungskonsum beschrän-
ken
51
, d.h., sie ist finanziell nicht in der Lage, Überflüssiges zu kaufen.
Die reale Kaufkraft, die dem Konsum letztendlich zu Verfügung steht,
47 Vgl. Rosenberger, G.: Überlegungen zum Wohlstandskonsum im vereinigten Deutschland, in: Rosen-
berger, G. (Hrsg.): Konsum 2000. Veränderungen im Verbraucheralltag, Frankfurt/New York 1992, S. 10.
48 Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch 1994 für die Bundesrepublik Deutschland,
Wiesbaden 1994, S. 573.
49 Vgl. zu diesem Abschnitt Anders, H.-J.: Entwicklungstendenzen im privaten Verbrauch, in: Rosenber-
ger, G. (Hrsg.), a.a.O., S. 59.
50 Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.), a.a.O., S. 577.
51 Vgl. Opaschowski, H. W.: Freizeitökonomie: Marketing von Erlebniswelten, Opladen 1993, S. 63.

22
wird auch weiterhin noch durch die höheren Belastungen reduziert
werden, die durch den Abbau von Subventionen (z.B. für Mieten und
Energie
52
) entstehen. Eine gedämpfte Ausgabebereitschaft wird
ebenfalls bestimmt durch die Unsicherheit des Arbeitsplatzes und damit
eines regelmäßigen Einkommens. Auch die Vermögenssituation ist
nicht annähernd so gut wie in Westdeutschland. Zu DDR-Zeiten
konnten Durchschnittsverdiener kaum sparen. Mieten, Lebensmittel u.a.
waren zwar gering, aber das, was die Menschen dort sparten, mußten
sie durch geringere Löhne und Renten einbüßen.
53
Trotz längerer
Jahresarbeitszeit erreichten im Osten die durchschnittlichen
Einkommen nicht einmal die Hälfte vergleichbarer Löhne und Gehälter
im Westen.
54
Aus diesen Gründen ist der Konsum in Ostdeutschland
noch geprägt von der Wechselwirkung zwischen den Bedürfnissen der
Menschen einerseits und den real existierenden Möglichkeiten ihrer
Befriedigung andererseits. Die Wünsche der Ostdeutschen zeigen
ähnliche Tendenzen wie die der Westdeutschen (s.o.), aber im Osten
reichen die finanziellen Mittel zur Erfüllung der Wünsche nicht aus.
Langfristig gesehen gleichen sich die Ostdeutschen Zug um Zug dem
Lebensstandard der Westdeutschen an, da die Einkommen durch wirt-
schaftlichen Aufschwung steigen werden. Damit wird sich auch der
Anteil derjenigen, die von den Möglichkeiten zum Luxuskonsum
Gebrauch machen können, vergrößern.
2.4.2 Bildungsniveau und Altersstruktur
Der Konsument von morgen wird gebildeter, informierter und konsum-
erfahrener sein. Daraus kann eine höhere Kritikfähigkeit und eine
distanziertere Einstellung zum Konsum generell resultieren. Aber
höhere Bildung induziert höhere Einkommen und dies bedeutet eine
bessere Kaufkraft mit den (in Kapitel 2.4.1) geschilderten Auswir-
kungen.
55
Im Hinblick auf die Altersstruktur wird es zu folgenden Veränderungen
kommen: Der Anteil von Kindern und Jugendlichen nimmt von Jahr zu
52 Der Preisindex für Wohnungsmieten und Energie (ohne Kraftstoffe) hat sich in den neuen Bundesländern
(einschließlich Berlin-Ost) in den letzten vier Jahren mehr als vervierfacht. Vgl. Preisindex für die Lebens-
haltung, in: Berliner Wirschaft, 45. Jg. (Jan. 1995), S. 105.
53 Vgl. Jungblut, M.: Wirtschaftswunder ohne Grenzen. Wohlstand diesseits und jenseits der Elbe, Stuttgart
1990, S. 35.
54 Vgl. ebenda, S. 22.
55 Vgl. Anders, H.-J., a.a.O., S. 62.

23
Jahr ab und der Anteil der über 60jährigen Menschen erhöht sich. Der
aktive, mit Kaufkraft ausgestattete Senior stellt ein Wachstumssegment
dar
56
, gewinnt somit an Bedeutung für Luxusgüterhersteller. Zu einer
nachfragewirksamen Komponente werden auch die 50er und 60er
Jahrgänge, die noch im Berufsleben stehen und vermögend sind.
Gerade diese beiden Zielgruppen sind für Markenartikelhersteller
interessant, da bei diesen noch Markenbewußtsein einen besonderen
Wert hat: als Orientierungshilfe und Symbol der Sicherheit. Jüngere
Zielgruppen wollen ständig in sein und dies setzt klassische Marken-
artikel stark unter Druck, wenn sie dem wechselnden Modetrend nicht
folgen.
57
Offen bleibt, welches Verhalten für diese jungen Menschen
typisch sein wird, wenn sie älter sind.
Für die hier genannten Entwicklungen sind für Ost- und West-
deutschland keine gravierenden Unterschiede zu verzeichnen.
2.4.3 Wertewandel
Dinge, auf die die Menschen Wert legen, verändern sich im Laufe der
Zeit. Von Interesse ist, welcher Wandel sich für die nächsten Jahre
abzeichnet. Wie bereits dargestellt, verfügen die Deutschen in Zukunft
über mehr Geld, Bildung und Wohlstand als je zuvor. Dies beeinflußt
die Einstellung zum Leben und zum Konsum:
Die Menschen wollen und können bewußter leben und das Leben
genießen, Geld ausgeben und ohne schlechtes Gewissen konsu-
mieren. Man kauft sich Dinge, die man nicht unbedingt zum Leben
braucht, die es aber schöner machen. Geldausgaben und Glücksgefühl
gehören zusammen. Man hat Freude am Luxus und der Verschwen-
dung. Konsumieren soll ein Erlebnis sein. Sogar für die Ostdeutschen
trifft das zu. Sie halten zwar nach wie vor an materiellen Interessen fest,
entdecken aber auch zunehmend die Freude, den Spaß und Genuß am
Leben. D.h., auch die Ostdeutschen, die vorwiegend Spar- und
Versorgungskonsumenten sind, haben das Bedürfnis, ab und zu
Erlebniskonsument zu sein.
58
Sie demonstrieren
-
wie die West-
deutschen auch - ein Verhalten, das zwischen Bescheidenheit auf der
einen und Luxus auf der anderen Seite pendelt. Es zeichnet sich in Ost
und West gleichermaßen eine Polarisierung ab. Es boomen zunehmend
56 Vgl. ebenda, S. 61 f.
57 Vgl. Opaschowski, H. W., a.a.O., S. 135.
58 Vgl. ebenda, S. 66 ff.

24
low-level-Marken der unteren Preissegmente und Spitzen-produkte, bei
welchen Werte nicht-materieller Art besonders gefragt sind
(psychologische Erlebniswerte).
59
Ein weiterer Trend ist der Rückzug ins Private, in die eigenen vier
Wände. 30% der Deutschen wollen mehr Zeit für sich haben und 25%
wollen weniger Zeit mit Freunden zusammen sein.
60
Dies kann
bedeuten, daß es in Zukunft nicht mehr so viele Begegnungen und
Feste mit Freunden zu Hause gibt. Dies kann sich auf den Absatz von
Luxusgütern für den häuslichen Bereich negativ auswirken, da dieser
Wandel bewirkt, daß solche Artikel nicht mehr gezeigt und von
Freunden wahrgenommen werden können. Sie verlieren an Bedeutung
als Hilfe für die soziale Orientierung bzw. für die Förderung des sozialen
Prestiges. Positiv könnte der Trend dahin gehend interpretiert werden,
daß die Menschen sich mehr mit sich selbst, ihrem Heim und Hobby
(Sammlungen) beschäftigen.
Fazit:
Zwischen Ost und West existieren hinsichtlich der materiellen
Versorgung noch erhebliche Unterschiede. Gelingt in den nächsten
Jahren in Ostdeutschland allerdings ein rascher wirtschaftlicher Auf-
schwung, begleitet von sicheren und steigenden Einkommen, dann
entstehen auch dort die Voraussetzungen für Nachfragewandlungen
zugunsten der höheren Qualitäts- und Preisklassen. Trotz dieser opti-
mistischen Zukunftsaussichten ist jedoch ein genereller Wertewandel
zum Luxus und damit die Orientierung auf Luxusartikel im Osten bis
zum Jahr 2000 nicht zu erwarten.
61
In Westdeutschland wird in Rela-
tion zu den Gesamtausgaben immer mehr für Prestige und Luxus
gezahlt. Die Nachfrage nach hochwertigen Produkten, die den Lebens-
stil prägen, steigt.
Auch der Bereich der Haushaltwaren (Glas, Porzellan etc.) ist geeignet,
die von den Konsumenten gewünschten Erlebnisse beim Kauf und
Konsum zu bieten.
62
Es ist aber nicht mit Bestimmtheit zu sagen, daß
von dem allgemeinen Trend zum Luxus Luxusporzellan profitieren wird.
Denn Luxus und Leben genießen umfaßt auch Dinge wie Essen gehen
59 Vgl. ebenda, S. 132.
60 Vgl. ebenda, S. 123.
61 Vgl. Wittek, G.; Weichsel, R.: Wertewandel und Konsum in Ostdeutschland, in: Szallies, R.; Wis-
wede, G. (Hrsg.), a.a.O., S. 302.
62 Vgl. Redwitz, G., a.a.O., S. 280.

25
und Reisen, denen der Konsument eventuell eine größere Bedeutung
beimißt als einer gediegenen Tafelkultur.
3 Merkmale und Messung von Konsumenteneinstellungen
Einstellungen spielen als Konstrukt des Konsumentenverhaltens in
Theorie und Praxis eine bedeutende Rolle. Theoretisch gelten Einstel-
lungen als besonders verhaltensprägend und zugleich zugänglich für
Messung und Beeinflussung durch Marketingaktivitäten von Unterneh-
men. Einstellungen sind daher eine der am häufigsten gemessenen
Variablen, die als Determinanten des Konsumentenverhaltens gelten.
63
3.1 Was sind Einstellungen?
In der Literatur findet man viele Definitionen und Erläuterungen zu
Einstellungen von Konsumenten, die keineswegs einheitlich sind.
Übereinstimmende Auffassungen herrschen jedoch zu folgenden
M e r k m a l e n :
1. Bei einer Einstellung handelt es sich um eine innere Haltung einer
Person, gegenüber einem Objekt
64
in einer entsprechenden
Situation positive oder negative Reaktionen zu zeigen.
65
2. Einstellungen werden im Laufe der individuellen Lerngeschichte
erworben. Quellen, aus denen gelernt werden kann, sind bisherige
Erfahrungen durch Kauf oder anderes Zusammentreffen mit dem
Produkt (direkte Konfrontation) und das, was über Informationen an
die Person herangetragen wird (z.B. über Werbung oder Äuße-
rungen Dritter). Einstellungen können sich somit auch im Zeitablauf
verändern.
66
3. Einstellungen umfassen Motivationen (= Beweggründe des mensch-
lichen Verhaltens wie Bedürfnisse, Wünsche) und zusätzlich die
63 Vgl. Trommsdorff, V.: Konsumentenverhalten, 2. Aufl., Stuttgart 1993, S. 136. Neben den psycholo-
gischen Determinanten (zu welchen Einstellungen zählen) beeinflussen u.a. auch soziale und ökono-
mische Größen das Kaufverhalten.
64 Unter einem Objekt ist in dieser Arbeit ein Produkt bzw. eine Marke zu verstehen. Marken werden
gleichzeitig mit erfaßt, da Luxusartikel (und somit hochwertiges Porzellan) zum überwiegenden Teil
Markenartikel
sind.
65 Vgl. Trommsdorff, V., a.a.O., S. 137.
66 Vgl. Müller-Hagedorn, L.: Das Konsumentenverhalten. Grundlagen für die Marktforschung, Wiesbaden
1986, S: 88.

26
individuelle Beurteilung des Objektes hinsichtlich dessen Eignung
zur Erfüllung bestimmter Motivationen.
67
4. Einstellungen können schwach oder stark ausgeprägt sein. Bei
einem Individuum kann eine Einstellung gegenüber einer Marke X
das ganze Leben lang bestehen und gegenüber der Marke Y ist sie
sehr oberflächlich und ändert sich schnell.
68
Der Einstellungsbegriff repräsentiert die Verbindung von drei wichtigen
K o m p o n e n t e n :
69
a) kognitive Komponente: drückt das subjektive Wissen und Denken
einer Person über das Objekt aus.
b) affektive Komponente: kennzeichnet die gefühlsmäßige Stellung-
nahme zum Objekt, meist unter dem Aspekt der positiven und nega-
tiven Bewertung bzw. Zu- oder Abneigung gegenüber dem Objekt.
c) konative (intentionale) Komponente: gibt die Verhaltensbereitschaft
gegenüber einem Objekt an.
Diese Komponenten bilden ein System: ändert sich beispielsweise die
Affektlage wird die Person auch anders denken, wahrnehmen und
anders handeln.
Das Interesse an der Erforschung von Einstellungen hat sich in den
letzten Jahrzehnten mit der wachsenden Bedeutung des Marketing
verstärkt, da Einstellungen sich als besonders praktikable Zielgrößen
für das Marketingmanagement erwiesen haben.
70
Einstellungen gehö-
ren zu jenem Komplex von Variablen, die helfen sollen zu erklären,
welche Vorgänge im Organismus (O) zu bestimmten Reaktionen (R) bei
Einwirkung von Reizen aus der Umwelt (Stimuli S) führen. Vereinfacht
im Modell ausgedrückt: S --- O --- R. Einstellungen befinden sich in
dieser Wirkungskette nicht zu weit entfernt von Stimuli, die eine
Unternehmung gezielt auf die Personen wirken lassen kann (z.B.
Werbung, Produktdesign), aber auch nah genug an den Reaktionen
(z.B. Kauf des Produktes), die direkt beobachtbar sind. Einstellungen
selbst sind der Beobachtung nicht direkt zugänglich und werden
deshalb häufig als theoretische Konstrukte bezeichnet. Man schuf diese
67 Vgl. Kroeber-Riel, W.: Konsumentenverhalten, 5. Aufl., München 1992, S. 53.
68 Vgl. Webb, J. R.: Understanding and Designing Marketing Research, London u.a. 1992, S. 154.
69 Vgl. zu folgendem Abschnitt ebenda, S. 156 f.
70 Vgl. Trommsdorff, V., a.a.O., S. 138. Weitere Ausführungen zur Bedeutung der Einstellungsforschung für
das Marketing in Kapitel 4.1.

27
theoretische Größe, um Unterschiede zwischen den einzelnen
Konsumenten zu verdeutlichen und um möglicherweise zu
prognostizieren, wie sich Konsumenten verhalten, wenn sie bestimmten
Stimuli ausgesetzt sind.
71
Es ist weitgehend unbestritten, daß Einstel-
lungen einen Einfluß auf das Verhalten ausüben. Es kann allerdings
auch der Fall eintreten, daß das Verhalten auf die Einstellung wirkt und
diese in positive oder negative Richtung verändert. Es darf aber kein
unmittelbarer Zusammenhang erwartet werden. Manchmal gibt es
überhaupt keine Beziehung zwischen Einstellung und Verhalten.
3.2 Messung von Einstellungen
Messen ist das systematische Aufzeichnen von empirischen Sachver-
halten. Da das abstrakte Konstrukt der Einstellung nicht direkt gemes-
sen werden kann, müssen meßbare Größen gefunden werden, die
anzeigen, ob und inwieweit eine bestimmte Einstellung tatsächlich
vorliegt. Solche Größen, auch Indikatoren genannt, können verschie-
denen Ebenen zugeordnet werden:
72
der psychobiologischen Ebene
Hierbei geht man davon aus, daß emotionale Reaktionen mit
physiologischen Reaktionen (z.B. Änderung des Hautwiderstandes,
der Pulsfrequenz, der Pupillenweite) einhergehen. Man mißt diese
Reaktionen der Testpersonen und schließt dann auf das Vor-
handensein und die Ausprägung einer Einstellung. Die zu verwen-
denden Meßmethoden erfordern alle einen hohen technischen
Aufwand und werden deshalb in der Praxis selten angewendet.
der Ebene der Verhaltensbeobachtung
Die Einstellungsmaße werden hierbei von Verhaltensweisen, die der
direkten Beobachtung zugänglich sind, abgeleitet. Sie setzen
voraus, daß die Testpersonen keine Kenntnis von der Beobachtung
besitzen. Diese Verfahren sind ebenfalls sehr aufwendig.
der Ebene der Befragung
Bei dieser Meßmethode befragt man die Testpersonen direkt nach
ihren Einstellungen, sie geben eine Selbsteinschätzung. Aus der
Beantwortung der präsentierten Aussagen und Behauptungen
schließt man auf die Einstellungen zu dem Objekt. Diese Meß-
71 Vgl. zu diesem Abschnitt Müller-Hagedorn, L., a.a.O., S. 73 f.
72 Vgl. Kroeber-Riel, W., a.a.O., S. 184 f.

28
methode fand Anwendung bei der durchgeführten Befragung und
wird deshalb nachfolgend näher erläutert.
Um Messungen vornehmen zu können, benötigt man einen Maßstab.
Solch einen Maßstab liefert eine Skala, deren Werte bei Befragungen
die Antwortvorgaben zu einer Frage oder Aussage bilden. Eine Skala ist
das Ergebnis einer Skalierung, d.h. eines abstrakten Vorganges der
Zuordnung von Zahlen zu den Antworten einer Frage oder Aussage
(Statement). Es gibt verschiedene S k a l i e r u n g s v e r f a h r e n , bei
welchen aber zum Teil die Konstruktion der Skalen sehr aufwendig ist.
Man unterscheidet ein- und mehrdimensionale Einstellungsmes-
sungen.
73
Bei eindimensionalen wird nur eine Komponente der Einstel-
lung operationalisiert, bei den mehrdimensionalen Messungen werden
mehrere Komponenten gleichzeitig erfaßt. Eine Darstellung dieser Ver-
fahren würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, deshalb sei auf die
Literatur verwiesen, die sich mit Einstellungen und deren Messung be-
faßt (Literatur zum Konsumentenverhalten und zur Marktforschung).
74
Der Informationsgehalt der Daten hängt vom Meßniveau einer Skala
ab.
Man unterscheidet vier S k a l e n n i v e a u s :
75
·
Nominalniveau: Skalen dieses Meßniveaus bestehen aus rangmä-
ßig nicht geordneten Kategorien. Sie stellen die einfachste Form von
Skalen dar.
·
Ordinalniveau: Hier können Rangeinstufungen erfolgen. Es läßt sich
zwischen den Ausprägungen eine größer als Beziehung aufstel-
len, die Abstände zwischen den Kategorien sind jedoch nicht fest
definiert.
·
Bei
Intervall- und Rationiveau ist es möglich, neben der Rangord-
nung die Abstände zwischen den einzelnen Ausprägungen anzuge-
ben. Verhältnisskalen (Rationiveau) weisen zudem einen absoluten
Nullpunkt auf. Daten dieser Meßniveaus werden auch als metrische
Daten bezeichnet.
73 Zu den eindimensionalen Skalierungsverfahren gehören z.B. die von Likert, Thurstone und Guttmann; zu
den mehrdimensionalen das von Osgood entwickelte Semantische Differential und die Multiattributmo- delle
von Fishbein und Trommsdorff.
74 Siehe beispielsweise Kroeber-Riel, W., a.a.O., S. 182-198; Trommsdorff, V., a.a.O., S. 155-162;
Webb, J. R., a.a.O., S. 159-171.
75 Vgl. Bleymüller, J.; Gehlert, G.; Gülicher, H.: Statistik für Wirtschaftswissenschaftler, 8. Aufl., München
1992, S. 3.

29
Bei der Messung von Einstellungen findet sich als häufigster Skalentyp
die sogenannte R a t i n g - S k a l a (Zuordnungsskala). Es gibt vielfältige
Gestaltungsmöglichkeiten dieser Skala: verbale Umschreibung aller
Antwortabstufungen bzw. von Extrempunkten, graphische Darstellung
oder eine Kombination aus beidem. Hier ein Beispiel:
Stimme
Stimme
voll zu
gar nicht zu
6
5
4
3
2
1
Rating-Skalen liefern zunächst nur ordinal skalierte Angaben. Die
Abstände auf den Skalen werden jedoch von den Befragten subjektiv
als gleichwertig eingeschätzt bzw. so interpretiert. Somit kann bei der
Auswertung der Daten durchaus von der Annahme des Intervall-
skalenniveaus ausgegangen werden.
76
Die Bestimmung einer Einstellung wird um so genauer, je größer die
Anzahl von erfaßten Äußerungen über den Untersuchungsgegenstand
ist. Zu diesem Zweck formuliert man verschiedene Behauptungen, die
den Einstellungsgegenstand betreffen. Die Befragten machen auf der
Skala kenntlich, inwieweit die in den Aussagen behaupteten Sach-
verhalte zutreffen. Die Verbindungslinie der Kreuze ergibt ein Einstel-
lungsprofil. Dies erfolgt in der Regel für die Stichprobengesamtheit oder
eine ausgewählte Teilmenge, wobei pro Aussage der Mittelwert der
jeweiligen Angaben gebildet wird.
77
76 Vgl. Kroeber-Riel, W., a.a.O., S. 186.
77 Vgl. Meffert, H.: Marketingforschung und Käuferverhalten, 2. Aufl., Wiesbaden 1992, S. 209.

30
TEIL II DIE MARKTFORSCHUNGSSTUDIE
4 Zweck, Formen und Ablauf von Marktforschungsstudien
4.1 Bedeutung der Marktforschung für Unternehmen
Zunächst eine Definition des Begriffes Marktforschung:
Marktforschung ist die systematische Gewinnung, Aufberei-
tung und Interpretation von Daten mit dem Ziel, Manage-
mententscheidungen zu verbessern.
78
Häufig wird in der Literatur zwischen Marktforschung (market
research) und Marketingforschung (marketing research) unterschieden.
Erfolgt diese Trennung, so wird unter ersterer die systematisch
betriebene Erforschung der Märkte (Absatz- und Beschaffungsmärkte)
verstanden. Mit Marketingforschung bezeichnet man all jene
Informationsprobleme, die die gesamte Absatzgestaltung umfassen
(d.h. Distributions-, Preis-, Produkt-, Kommunikations- und Konsumen-
tenverhaltensforschung). Oft werden beide Begriffe auch synonym
gebraucht, denn sowohl Marktforschung als auch Marketingforschung
stellen Instrumente und Methoden zur Verfügung, die die Lösung von
Managementproblemen unterstützen.
79
Aus diesem Grund wird auch
die Meinung vertreten, daß eine Unterscheidung nicht mehr sinnvoll
erscheint.
80
Sich dieser Auffassung anschließend wird in der
vorliegenden Arbeit auch keine Differenzierung vorgenommen. Die
Arbeit betrifft das Verhalten und die Einstellungen von Konsumenten,
fällt demnach in den Bereich der Marketingforschung. Hier wird jedoch
durchgängig der Begriff Marktforschung verwendet, da er in der Praxis
gebräuchlicher ist.
Die Motivation zur Marktforschungstätigkeit entspringt einem aktuellen
oder auch zukünftig zu erwartenden Informationsbedarf des Manage-
ments zur Unterstützung der Entscheidungsfindung.
81
Entscheidungen
können um so leichter getroffen werden, je besser die für die Entschei-
78 Vgl. Hammann, P.; Erichson, B.: Marktforschung, 3. Aufl., Stuttgart/Jena/New York 1994, S. 24.
79 Vgl. zu diesem Abschnitt Meffert, H.: Marketingforschung und Käuferverhalten, 2. Aufl., Wiesbaden 1992,
S.
15.
80 Vgl. Hüttner, M.: Grundzüge der Marktforschung, 4. Aufl., Berlin/New York 1989, S. 1.
81 Vgl. Bausch, Th.: Stichprobenverfahren in der Marktforschung, München 1990, S. 7.

31
dung zuständigen Personen informiert sind über die Dinge, die sie
beurteilen sollen. D.h., die Güte der getroffenen Entscheidungen steht
in engem Zusammenhang mit den verfügbaren Informationen. Das
Bereitstellen von solchen Informationen und das fortlaufende Aktuali-
sieren von vorhandenen Daten ist Hauptaufgabe der Marktforschung.
Sie trägt somit entscheidend zum Erfolg des Unternehmens bei.
Die Unternehmen operieren derzeit in einer sehr komplexen, sich
schnell verändernden und somit unsicheren Umwelt. Die Geschäfte
weiten sich von nationalen zu internationalen Tätigkeiten aus. Die
Märkte verengen sich zunehmend. Es bilden sich immer kleinere und
stärker spezialisierte Marktsegmente heraus... All diese Gegebenheiten
führen dazu, daß Manager in stärkerem Maße zuverlässige Informa-
tionen vom Markt und den Marktteilnehmern (z.B. Konkurrenz, Bedürf-
nisse und Absatzwege) benötigen, um Risiken im Entscheidungs-
prozeß zu minimieren und Chancen zu erkennen.
82
Auf Grundlage der
gewonnenen Informationen kann es auch möglich sein, Prognosen für
die Zukunft zu geben.
Die zunehmende Schwierigkeit, auf den Märkten zu bestehen, zeigt
sich auch auf dem Porzellanmarkt (siehe Kapitel 1.3). Besonders
Luxusporzellanhersteller sind sehr abhängig von der konjunkturellen
Entwicklung. Probleme ergeben sich auch auf Auslandsmärkten. Dies
trifft fast alle bedeutenden Hersteller von Porzellan, da diese in andere
Länder exportieren. Die Meissener Manufaktur beispielsweise setzt ihr
Porzellan in über 20 Ländern der Welt ab. Hier fallen besonders die
unterschiedlichen Kulturen, Geschmäcker und Eßgewohnheiten ins
Gewicht. Will man im Ausland erfolgreich sein, ist es unabdingbar, sich
über diese Dinge zu informieren. Die genannten Unterschiede können
bewirken, daß die Zielgruppen in jedem Markt andere Merkmale auf-
weisen und alle gesondert definiert werden müssen. Hierzu dient - wie
dargestellt - Marktforschung. In manchen Fällen ist es auch möglich,
grenzübergreifende Gemeinsamkeiten ausfindig zu machen. Dann kann
global oder regional (z.B. für Asien) ein Bedarfssegment heraus-gefiltert
werden, für welches ein bestimmtes Marketing-Mix zusammen-gestellt
wird. Dieses kann dann ohne oder mit geringen Anpassungen an die
lokalen Marktgegebenheiten international oder regional ange-wendet
werden, was überall ein einheitliches Image aufbauen hilft und zudem
82 Vgl. Webb, J. R.: Understanding and Designing Marketing Research, London u. a. 1992, S. 8.

32
Kostenersparnisse bringen kann. Neben den kulturellen spielen die
ökonomischen Gegebenheiten eine große Rolle (Finanzkraft der
Handelspartner, Kaufkraft der Konsumenten, stabile Währung). Außer-
dem gestaltet sich in jedem Land eine andere Konkurrenzsituation, eine
andere Rechtslage, es gibt verschiedene Handelspraktiken, die
Medienverfügbarkeit variiert von Markt zu Markt etc.
Die Dinge, die ein Unternehmen als lohnend für eine Erforschung
ansehen kann, sind sehr vielfältiger Natur und können gar nicht alle hier
aufgeführt werden. Entsprechend groß ist das Anwendungsgebiet der
Marktforschung und die Rolle, die Marktforschungsergebnisse für die
verschiedenen Unternehmensbereiche spielen. An dieser Stelle soll -
entsprechend dem Schwerpunkt dieser Arbeit - auf die Bedeutung der
Einstellungsforschung für das Marketing einge-gangen werden.
Marketing bedeutet heute vor allem Kundenorien-tierung. Deshalb ist es
wichtig, mehr über die Kunden, deren Wünsche und Bedürfnisse zu
erfahren, um diese dann gezielt zu befriedigen. Die Messung von
Einstellungen kann die Basis für folgende Aufgaben bilden:
83
Erklärung sowie eventuell Prognose des Konsumentenverhaltens
und damit Schätzung zukünftiger Umsätze.
Feststellen der Wirkung von bereits erfolgten absatzpolitischen
Maßnahmen (z.B. Veränderung der Einstellung gegenüber einer
Marke durch positive Aufnahme und Verarbeitung von Werbebot-
schaften oder durch neues Produktdesign).
Aufdecken von Ursachen für bestimmte Reaktionen (z.B. ver-
ringerter Kauf einer bestimmten Produktkategorie durch falsches,
wenig oder gar kein Wissen über die Produkteigenschaften).
Identifikation von Marktsegmenten, d.h. von Konsumgruppen, die
homogener sind als der inhomogene Gesamtmarkt. Konsumenten
mit ähnlichen Einstellungen faßt man zu einem Marktsegment
zusammen. Zusätzlich kann die Segmentierung nach sozio-demo-
graphischen Merkmalen erfolgen. Die Charakteristika der Segmente
geben Hinweise für die Produktgestaltung und Argumentation bei
Werbung und Verkauf. Es ist möglich ein speziell auf diese
(potentiellen) Käufer zugeschnittenes Marketing-Mix zu entwickeln,
wodurch sich die Effektivität aller Marketingaktivitäten um ein
Vielfaches erhöht.
83 Vgl. zu folgendem Abschnitt Kroeber-Riel, W.: Konsumentenverhalten, 5. Aufl., München 1992, S. 198 ff.

33
Die Ermittlung des IST-Zustandes von Einstellungen, die die
Voraussetzung für die genannten Maßnahmen bildet, war auch Ziel und
Inhalt der durchgeführten empirischen Studie.
4.2 Formen der Marktforschung
Aufgrund einer Vielzahl von unterschiedlichen Informationsansprüchen
gibt es eine Vielzahl möglicher Einteilungsformen der Marktforschung.
An dieser Stelle sollen drei näher erläutert werden.
a) Unterteilung nach Art des Untersuchungsobjektes
Hierbei unterscheidet man zwischen demoskopischer und ökosko-
pischer Markforschung. Erstere beschreibt und erfaßt die mit den
Handlungssubjekten untrennbar verbundenen Merkmale objektiver und
subjektiver Art (z.B. Alter, Geschlecht, Beruf und Einstellungen,
Meinungen, Bedürfnisse). Die ökoskopische Marktforschung ermittelt
ökonomische Größen (z.B. Umsätze), die das Resultat menschlichen
Handelns darstellen.
84
b) Unterscheidung nach Art der Informationsgewinnung
Marktforschung kann sowohl sekundärstatistisch als auch primär-
statistisch betrieben werden. Sekundärforschung (desk research) liegt
vor, wenn bereits vorhandenes Material beschafft, zusammengestellt
und dem Untersuchungszweck entsprechend analysiert wird. Sekun-
därforschung ist somit im wesentlichen Quellenforschung. Der Vorteil
besteht darin, daß die Informationen relativ kostengünstig und schnell
verfügbar sind. Sekundärforschung bildet die sogenannte Ausgangs-
information der Marktforschung. Im Anschluß daran setzt die Primär-
forschung (field research) ein, bei welcher originäre Daten durch
Erhebungen im Markt gewonnen werden. Im Rahmen der
Primärforschung unterscheidet man üblicherweise drei Erhebungs-
methoden: die Befragung, die Beobachtung, das Experiment.
85
84 Vgl. zu diesem Absatz Rogge, H.-J.: Marktforschung. Elemente und Methoden betrieblicher Informations-
gewinnung, 2. Aufl., München/Wien 1992, S. 22.
85 Vgl. zu diesem Absatz Meffert, H.: Marketing. Grundlagen der Absatzpolitik. Mit Fallstudien/Einführung
und Relaunch des VW Golf, 1. Aufl., Wiesbaden 1990, S. 185.

34
c) Gliederung nach dem Kriterium des Bezugszeitraumes
Hierbei unterscheidet man zwischen Marktbeobachtung und Markt-
analyse. Erstere umfaßt die Betrachtung der Entwicklung einer
ökonomischen Größe im Zeitablauf.
86
Sie soll Veränderungen und
deren Ursachen offenlegen. Die Marktanalyse hingegen ist zeitpunkt-
bezogen. Sie liefert eine Momentaufnahme, die den Istzustand eines
Marktes aufzeigen soll.
87
4.3 Ablauf einer Marktforschungsstudie
Die Bereitstellung von Informationen stellt einen Prozeß dar, der
systematisch geplant und gestaltet werden muß. Dieser Prozeß
durchläuft mehrere Phasen. Diese Phasen werden in der Literatur sehr
unterschiedlich beschrieben, sie variieren in der Anzahl und der
Benennung. Hier soll von fünf Stadien ausgegangen werden, die
Hüttner als die 5 D's der Marktforschung bezeichnet:
88
Definition
Design
Datengewinnung
Datenanalyse
Dokumentation
In der Definitionsphase ist klarzustellen, worin das zentrale
Marktforschungsproblem (im Rahmen des allgemeinen Marketing-
problems) besteht. Der Auftraggeber hat oft keine deutlich umrissene
Problemstellung, sondern nur eine mehr oder weniger genaue
Vorstellung von dem, was er wissen will oder was ihn interessiert.
89
Dieses Interesse muß zunächst in eine Fragestellung umgewandelt und
dann in ein Forschungsproblem umgesetzt werden. Aus der Definition
86 Vgl. Berndt, R.: Marketing 1. Käuferverhalten, Marktforschung und Marketing-Prognosen, 2. Aufl.,
Berlin u.a. 1992, S. 113.
87 Vgl. Rogge, H.-J., a.a.O., S. 46 ff.
88 Vgl. Hüttner, M., a.a.O., S. 16.
89 Vgl. Sonje, D.: SPSS/PC+ für Einsteiger, Stuttgart 1991, S. 17.

35
leitet man Untersuchungsziel und -gegenstand ab. Es wird festgestellt,
welche Informationen im einzelnen zu beschaffen sind.
In der Designphase legt man die Methoden und Verfahrensregeln zur
Beschaffung von Informationen fest und sucht nach Informations-
quellen, die den Informationsbedarf am besten decken können. Dies
bildet die Grundlage für die Aufstellung eines Forschungsplanes,
welcher sich aus Arbeits-, Zeit- und Kostenplan zusammensetzt.
90
Bei
primärstatistischer Datengewinnung entscheidet man anschließend, mit
welcher Methode (Befragung, Beobachtung, Experiment) Informationen
gesammelt werden sollen. Bei Teilerhebung muß zusätzlich das
Auswahlverfahren festgelegt werden. Im nächsten Schritt gestaltet und
testet man den Fragebogen bzw. bestimmt den Ablauf der Be-
obachtung oder des Experiments.
91
Danach kann man mit den festgelegten Techniken die Daten gewinnen
bzw. erheben.
Bei der Datenanalyse wird mit Hilfe von statistischen Methoden geprüft,
ob die ursprünglich aufgestellten Beziehungen in den gewonnenen
Daten nachweisbar sind.
92
Die Analyse und Interpretation der Ergeb-
nisse dienen somit zur Lösung der zu Beginn des Prozesses definier-
ten Problemstellung.
Die Dokumentation umfaßt das Abfassen des Forschungsberichtes und
die Präsentation der Ergebnisse. Sie ist untrennbarer Bestandteil einer
Studie.
93
Nach diesem (idealtypischen) Ablauf wurde auch bei der Durchführung
dieses Projektes vorgegangen. Es erfolgten oft Rückkoppelungen zu
einer vorhergegangenen Phase und Festlegungen wurden nochmals
überarbeitet. Diese einzelnen Rückkoppelungen werden allerdings nicht
beschrieben. Gegenstand des Berichtes sind vorwiegend die endgültig
getroffenen Entscheidungen in den verschiedenen Stadien.
90 Vgl. Hüttner, M., a.a.O. S. 19.
91 Vgl. Berekoven, L.; Eckert, W.; Ellenrieder, P.: Marktforschung. Methodische Grundlagen und praktische
Anwendung, 6. Aufl., Wiesbaden 1993, S. 32.
92 Vgl. Schnell, R.; Hill, P. B.; Esser, E.: Methoden der empirischen Sozialforschung, 4. Aufl., München/Wien
1993, S. 125.
93 Vgl. Nieschlag, R.; Dichtl, E.; Hörschgen, H.: Marketing, 16. Aufl., Berlin 1991, S. 641.

36
5 Planung und Vorbereitung der Erhebung
5.1 Definition des Untersuchungsproblems
Inhalt dieser Arbeit sind Einstellungen zu hochwertigem Porzellan. Da
Einstellungen sich aus verschiedenen Komponenten zusammensetzen
(siehe Kapitel 3.1) und auch mit dem Produkt selbst viele Eigen-
schaften verbunden sind, die man nicht alle in einer Marktforschungs-
studie untersuchen kann, mußte das Thema eingegrenzt bzw. präzisiert
werden. Dazu berücksichtigte man besondere Interessen-schwerpunkte
der Meissener Porzellan-Manufaktur, die das Projekt unterstützte.
Die Manufaktur Meissen sieht sich in Deutschland sehr verschiedenem
Kaufverhalten gegenüber. So gestaltet sich das Einkaufsverhalten
selbst vier Jahre nach der Wiedervereinigung in West- und Ost-
deutschland sehr differenziert. Eine Sonderstellung nahm und nimmt
Berlin ein, da sich in dieser Stadt die Vermischung von Ost und West
schneller als in Deutschland insgesamt vollziehen konnte und kann.
Berlin bildet außerdem einen interessanten Markt in der Hinsicht, daß
die in dieser Stadt ansässige Königliche Porzellan-Manufaktur (KPM)
eine starke Konkurrenz darstellt. Bei der Marktforschung sollte somit
der Frage nachgegangen werden, ob und inwieweit sich Meissen im
Berliner Markt gegenüber der KPM behaupten kann, wie bekannt sind
die beiden Marken und wie werden die Porzellane der beiden
Manufakturen bewertet.
Den Hauptteil der Kundschaft von Meissen machen - so wird von der
Manufaktur angenommen - Personen über 45 Jahre aus, wobei bei
dem Einkauf Männer als Entscheidungsträger eine große Rolle spielen.
Der Anteil von Sammlern, Liebhabern und Kennern am Gesamtkunden-
kreis wird hoch eingeschätzt. Dadurch würden Wertanlage und Sam-
melleidenschaft vordergründige Motive zum Kauf des Porzellans sein.
Diese Auffassungen sollten überprüft werden. Somit standen die
Probleme der Kaufmotive und der Struktur der Kunden (Alter,
Einkommen, Geschlecht) bzw. der Personen, die sich für Porzellan
interessieren, zur Untersuchung an. Besonders wichtig erschien auch,
etwas über Einstellungen jüngerer Menschen, also der eventuell
zukünftigen Käufer herauszufinden.

37
Des weiteren erschienen Vergleiche von Meinungen und Einstellungen
der Ostberliner und Westberliner angebracht. Von Interesse war auch,
ob Ostberliner im Westteil der Stadt und/oder Westberliner im Ostteil
einkaufen und welche Art von Geschäften sie bevorzugen.
Es zeigte sich, daß nicht ein einzelnes Kernproblem mit der Markt-
forschung untersucht werden sollte, sondern sich der Problemkreis
Einstellungen in viele kleinere Probleme bzw. Fragen untergliederte.
Bereits bei der Formulierung der einzelnen Probleme war klar, daß es
schwierig sein würde, realitätsbezogene Ergebnisse zu erzielen. Viele
Resultate können nur hypothetischen Charakter haben, es sei denn,
man hätte Informationen von Leuten erhalten, die tatsächlich schon
Erfahrungen mit Luxusporzellan und den Herstellern gesammelt haben.
5.2 Formulierung von Arbeitshypothesen
Aus den Problemstellungen wurden sogenannte Arbeitshypothesen
abgeleitet. Diese Hypothesen stellten Vermutungen über Beziehungen
von Faktoren (Variablen
94
) dar. Die in den Hypothesen gestellten
Erwartungen an mögliche Ergebnisse der Marktforschung bildeten bei
der Datenauswertung die Grundlage für die statistischen Prüfungen.
Es wurden folgende Hypothesen formuliert:
1. Marken von hochwertigem Porzellan sind vorwiegend älteren Men-
schen geläufig, da diese eher eine Beziehung zu traditionellen
Marken besitzen und eher durch Erbschaft und/oder Kauf direkt in
Berührung mit solchen Porzellanen kommen.
2. Je größer das Interesse für hochwertiges Porzellan ist, desto mehr
wird sich entsprechendes Porzellan im Besitz der Personen befin-
den.
3. Es besitzen solche Haushalte mehr hochwertiges Porzellan, die:
- über höheres Einkommen verfügen und
- deren Haushaltangehörige bereits älter sind.
4. Die Personen, die Porzellan durch Kauf erworben haben, sind
vorwiegend weiblichen Geschlechts und haben höheres Einkommen.
94 Variablen sind Merkmale, die verschiedene meßbare Ausprägungen (Werte) besitzen.

38
5. Diejenigen, die bereits Porzellan geerbt haben, kaufen noch wel-
ches hinzu, da man eventuell zerbrochene Stücke ersetzen will oder
generell Interesse und Liebhaberei geweckt wurden.
6. Aus Gründen der Wertanlage kaufen vorwiegend ältere Personen,
da bei ihnen eine stärkere Beziehung zu Gegenständen mit bleiben-
dem oder steigendem Wert vorhanden ist.
Zum Testen der Hypothesen und zum Lösen der in Kapitel 5.1 genann-
ten Probleme war es notwendig, Informationen zu sammeln über:
- Bekanntheit der Porzellanmarken und
- Besitz dergleichen,
-
Kaufmotive,
- Interesse für Porzellan,
- Wissen über und Beurteilung von hochwertigem Porzellan hin-
sichtlich prägnanter Eigenschaften und Wertsteigerungsmöglich-
keiten,
- Bewertung von Luxusporzellan allgemein (Zu- bzw. Abneigung),
- benutzte Einkaufsstätten und
- persönliche Daten (Einkommensverhältnisse, Alter, Geschlecht).
5.3 Informationsquellen, finanzieller und zeitlicher Rahmen des
Projektes
In der Vorbereitungs- und Planungsphase einer Untersuchung sind
Entscheidungen zu treffen hinsichtlich der Kosten, des Zeitbedarfs und
der Informationsquellen, die geeignet sind, den Informationsbedarf zu
decken.
a) Informationsquellen
Informationen kann man mit Hilfe von Primär- und Sekundärforschung
erhalten (siehe Kapitel 4.2 b).
S e k u n d ä r d a t e n stellen Basisinformationen dar, sie sind in der
Regel kostengünstiger und schneller als Primärdaten zu beschaffen.
Die Daten wurden allerdings zu einem früheren Zeitpunkt und zu einem
anderen Zweck erhoben. Dadurch sind der Aussagefähigkeit Grenzen

39
gesetzt:
95
Die Informationen aus den verschiedenen Quellen sind nicht
oder schwer vergleichbar, nicht aktuell und nicht problemspezifisch. Als
Sekundärquellen lassen sich grundsätzlich innerbetriebliche und
außerbetriebliche unterscheiden.
Unternehmensexterne Informationen erhält man z.B. von
Wirtschaftsverbänden, aus den amtlichen Statistiken, von
wirtschaftswissenschaftlichen Institutionen, aus Fachliteratur und Zei-
tungen.
96
Zu dem Thema Einstellungen zu hochwertigem Porzellan
gab es keine frei verfügbaren Sekundärinformationen. Marktfor-
schungsinstitute, die auf Daten hierzu und allgemein zu dem Bereich
hochwertige Konsumgüter angesprochen wurden, gaben die Aus-
kunft, daß sie auf diesem Gebiet noch nicht geforscht haben oder daß
sie Exklusiverhebungen durchgeführt hätten und deshalb die
Ergebnisse aus diesen empirischen Studien Dritten nicht zugänglich
gemacht werden dürften. Sobald Material verfügbar für andere sei, so
gab man an, könne es nicht kostenlos abgegeben werden. Auch der
Verband der keramischen Industrie e. V. verfügte nach Angaben der
Abteilung Marktfragen nicht über frei zugängige Informationen zum
Porzellan des gehobenen Qualitäts- und Preisbereiches. Außerbetrieb-
liche Informationen, die zu erhalten waren, umfaßten nur allgemeine
Informationen zur Branche. Sie wurden aber zum Einarbeiten in die
Materie genutzt.
Innerbetriebliche Informationen (Absatzstatistiken etc.) konnten
ebenfalls nicht zur Lösung des Problems beitragen. Wie bereits
erwähnt, wurde bisher vom Unternehmen auf diesem Gebiet noch keine
Untersuchung durchgeführt. Man verfügte allerdings über Erfah-rungen
und Vermutungen, die die Kunden und deren Charakteristika betrafen.
Da problemspezifische Sekundärinformationen nicht ohne Kosten zu
erhalten und nicht ausreichend waren, mußte der Informationsbedarf
mit P r i m ä r d a t e n zu decken versucht werden.
b) Finanzieller Rahmen
Zur Durchführung der empirischen Studie standen DM 2.000,- zur
Verfügung. Dieser Finanzrahmen durfte nicht überschritten werden und
mußte bei dem weiteren Vorgehen (Festlegen der Erhebungsmethode
95 Vgl. Meffert, H.: Marktforschung. Grundriß mit Fallstudien, Wiesbaden 1986, S. 32.
96 Vgl. Berndt, R., a.a.O., S. 118.

40
etc.) Beachtung finden. Welche Überlegungen oder Berechnungen zur
Festsetzung dieser Höhe geführt hatten, ist dem Forscher unbekannt.
c) Zeitlicher Rahmen
Die Meissener Manufaktur als Sponsor der Untersuchung gab keinen
festen Abschlußtermin vor. So hätte genügend Zeit zur Durchführung
und Auswertung bestanden, wenn das Projekt nicht im Rahmen der
Diplomarbeit durchgeführt worden wäre. Die von der Hochschule fest-
gelegte Diplomarbeitszeit betrug lediglich drei Monate. Einige Vorberei-
tungen mußten deshalb bereits vor Beginn der Frist getroffen werden.
Auch die Auswertung mußte auf einige wesentliche Punkte beschränkt
werden.
Unter Beachtung all dieser Fakten konnte der folgende Arbeits- und
Zeitplan aufgestellt werden:
Wintersemester 1994/95
-----------------------------------
bis Ende August '94
Planung und Vorbereitung der Erhebung
Auswahl der Informationsgewinnungsmethode; Entwicklung des Erhe-
bungsinstrumentes und Diskussion darüber (Rücksprache mit dem
Sponsor und betreuenden Professor); Festlegen des Stichproben-
auswahlverfahrens.
September
'94
Datenerhebung
Durchführung der Befragung im Feld; Prüfung des Rücklaufs.
Oktober/November '94
Beginn der Datenanalyse
Kodieren und Datenerfassung am Computer; Vorbereitung der
Basisauszählung als Grundlage der weiteren Datenanalyse.
Dezember '94/Januar '95
Dokumentation
Fortsetzen der Datenanalyse, Test der Hypothesen sowie weitere
Auswertungen und Interpretationen der Daten.
5.4 Bestimmung der Erhebungsmethode
Die Festlegung der einzusetzenden Erhebungsmethode ist eine
zentrale Frage im Rahmen der Primärforschung. Man kann die Daten
im Prinzip mit zwei Methoden erheben: der Befragung oder der

41
Beobachtung. Das oft als dritte Methode bezeichnete Experiment
basiert auf diesen beiden Erhebungsmethoden. Für die hier
durchgeführte empirische Studie wählte man die Befragung, da die
Auskunftspersonen selbst Aussagen zu der angesprochenen
Fragestellung treffen sollten.
5.4.1 Die Elemente einer Umfrage
Die Befragung - oft auch als Umfrage bezeichnet - ist die am häufigsten
angewandte und bedeutendste Form der primären Informationsge-
winnung in der Marktforschung.
97
Sie gibt über einen relativ großen
Bereich marketingrelevanter Probleme Aufschluß. Sie eignet sich zur
Erfassung von beobachtbarem als auch nicht beobachtbarem Verhalten
(z.B. bisheriges oder beabsichtigtes Kaufverhalten, Einstel-lungen und
Motive).
98
Die wichtigsten Elemente der Befragung sind:
99
a) die Befragten
Diese können sein: Händler, Experten oder Verbraucher. Bei der
empirischen Untersuchung handelte es sich um eine Verbraucher-
befragung, da die Zielpersonen Konsumenten von Konsumgütern (hier:
Porzellan) waren. Außerdem erfolgten Einzelinterviews, da nur eine
Person befragt wurde und nicht mehrere gleichzeitig.
b) der Befragungsgegenstand
Hier unterscheidet man zwei Arten: die Ein-Themen-Umfrage und die
Mehr-Themen-Umfrage (auch Omnibusumfrage genannt). Die durchge-
führte Studie bezog sich auf einen Themenkomplex, man führte
sozusagen eine Spezialbefragung über Einstellungen zu hochwer-
tigem Porzellan durch.
c) die Befragungshäufigkeit
Befragungen können einmalig oder mehrmals (in bestimmten Zeit-
abständen) erfolgen. Die empirische Untersuchung hatte den Charak-
ter eine einmaligen Umfrage.
d) die Kommunikationsweise
Nach Art der Verständigung mit dem Befragten lassen sich schriftliche,
mündliche und Computer-Befragung unterscheiden. Bei den Formen
der mündlichen Umfrage (persönliche bzw. face to face und
telefonische Befragung) werden die Äußerungen der Befragten auf dem
97 Durchschnittlich 87,2% aller Untersuchungen werden auf Basis von Befragungsergebnissen durch-
geführt. Vgl. Bausch, Th., a.a.O., S. 68.
98 Vgl. Meffert, H.: Marketing, a.a.O., S. 195.
99 Vgl. zu dem folgenden Abschnitt Berekoven, L. et al., a.a.O., S. 89 f.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1995
ISBN (eBook)
9783832491147
ISBN (Paperback)
9783838691145
DOI
10.3239/9783832491147
Dateigröße
4.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin – Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2005 (November)
Note
1,0
Schlagworte
marktforschung befragung umfrage konsum keramik
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Titel: Einstellungen zu Luxusartikeln am Beispiel von hochwertigem Porzellan
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