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Integrative Ansätze zur Markenbewertung

Eine Benchmarking-Studie

©2005 Diplomarbeit 196 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Während allgemein anerkannt ist, dass der Marke eine erhebliche Bedeutung für das Unternehmen zukommt und Marken zum Teil beträchtliche Anteile des Wertes von Unternehmen darstellen, wird die Ermittlung tatsächlicher Wertgrößen für Marken oftmals vernachlässigt. Laut einer im Jahr 2003 durchgeführten Studie der Fachzeitschrift Marketingjournal in Zusammenarbeit mit der Universität Berlin messen zwar über 70 Prozent der befragten Markenexperten der Markenbewertung eine große Bedeutung zu, aber nur weniger als 20 Prozent kennen die gängigsten Verfahren und im Durchschnitt nutzen nur zwei Prozent diese in der Praxis.
Die große Diskrepanz zwischen Bedürfnis und Nutzung der Markenwertmessung lässt sich damit erklären, dass bis zum heutigen Zeitpunkt kein einheitlicher, standardisierter und objektiv anerkannter Ansatz zur Markenbewertung existiert, sondern vielmehr eine ganze Bandbreite meist sehr subjektiver Modelle, welche den Wert der Marke ganz unterschiedlich berechnen. Die Zahl der gängigen Verfahren beläuft sich in Deutschland derzeit auf über 30, wobei angenommen werden kann, dass 30 verschiedene Anbieter aufgrund unterschiedlicher Grundkonzeptionen 30 abweichende Ergebnisse für ein und dieselbe Marke bekommen. So wird der Wert der Marke VW im Jahr 2003 von der Semion Brand Broker GmbH mit 18,9 Mrd. Euro beziffert, während die BBDO Consulting GmbH VW einen Wert von 15,7 Mrd. Euro zuschreibt, was gegenüber der Interbrand-Bewertung von 6,1 Mrd. Euro einer Abweichung von mehreren hundert Prozent entspricht. Diese erhebliche Differenz zwischen den ermittelten Markenwerten ist kein Zufall, denn auch die Marke BMW wurde im Jahr 2003 von den genannten Markenbewertungsverfahren mit Abweichungen von mehr als 7 Milliarden Euro sehr unterschiedlich bewertet.
Ähnlich weitgestreute Ergebnisse erzielte die Fachzeitschrift Absatzwirtschaft, welche im März 2004 unter Unterstützung von sieben Unternehmen eine Studie zur Markenbewertung herausgegeben hat, bei der die ausgewählten Markenexperten ihre Berechnungskonzepte offen gelegt haben und das fiktive Unternehmen Tank AG bewertet haben. Die Bandbreite des ermittelten Markenwertes der Tank AG von 173 bis 958 Millionen Euro (± 554 Prozent!) verdeutlicht ebenfalls die Problematik der fehlenden Einheit in der Markenbewertung.
Es besteht kein Zweifel daran, dass solch divergierende Ergebnisse zu einer mangelnden Vergleichbarkeit und Aussagekraft der ermittelten Wertgrößen führen und die […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8905
Künzel, Manuela: Integrative Ansätze zur Markenbewertung - Eine Benchmarking-Studie
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Technische Universität Chemnitz, Diplomarbeit, 2005
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany

II
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis...IV
Abbildungsverzeichnis ...VI
Tabellenverzeichnis ...VIII
1.
Einleitung ... 1
1.1
Die Marke und ihr Wert ... 1
1.2
Zielstellung und Aufbau der Arbeit... 3
2.
Grundlagen der Markenbewertung... 7
2.1
Begriffsdefinition der Marke... 7
2.1.1
Formale Begriffsauffassung der Marke... 7
2.1.2
Inhaltliche Begriffsauffassung der Marke ... 8
2.2 Funktionen
der
Marke ... 11
2.2.1
Funktionen der Marke aus Herstellersicht... 11
2.2.2
Funktionen der Marke aus Absatzmittlersicht... 13
2.2.3
Funktionen der Marke aus Konsumentensicht ... 14
2.3
Begriffsdefinition des Markenwertes ... 16
2.3.1 Finanzorientierte
Betrachtung ... 16
2.3.2 Konsumentenorientierte
Betrachtung... 18
2.3.3
Integration der Finanz- und Konsumentenperspektive... 19
2.4
Bedeutung des Markenwertes für Unternehmen ... 21
3.
Anlässe der Markenbewertung ... 25
3.1 Unternehmensinterne
Anlässe ... 26
3.1.1
Leistungsbeurteilung im Personalmanagement ... 26
3.1.2
Allokation des Marketingbudgets... 27
3.1.3
Steuerung und Kontrolle von Marken ... 28
3.2 Unternehmensexterne
Anlässe ... 30
3.2.1 Unternehmensakquisition ... 30
3.2.2
Lizenzierung und Franchising von Marken... 32
3.2.3 Kreditsicherung ... 34
3.2.4 Schadensersatzansprüche
bei
Markenrechtsverletzungen... 34
3.2.5 Bilanzierung ... 36

Inhaltsverzeichnis
III
4.
Entwicklung der Benchmarking-Studie zu den Ansätzen der Marken-
bewertung ... 39
4.1 Benchmarking
im
Kontext
der Markenbewertung ... 39
4.2
Aktueller Überblick zu den Ansätzen der Markenbewertung ... 41
4.3
Auswahl und Strukturierung der bestehenden Markenbewertungsansätze ... 46
4.3.1 Finanzorientierte
Ansätze... 49
4.3.2 Verhaltenswissenschaftliche
Ansätze... 56
4.3.3 Integrative
Ansätze... 63
4.4
Anforderungskriterien an die Markenbewertungsansätze ... 69
5.
Benchmarking-Studie zu den integrativen Ansätzen der Marken-
bewertung ... 75
5.1 Integrative
Ansätze
linearer Modellstruktur... 77
5.1.1
Brand Equity Meter (McKinsey/Uni Kiel)... 78
5.1.2
Brand Rating (Icon Added Value)... 88
5.1.3
Brandvaluation (Semion Brand-Broker) ... 97
5.1.4
Interbrand (Interbrand Zintzmeyer & Lux) ... 104
5.2 Integrative
Ansätze
komplexer Modellstruktur... 114
5.2.1
Advanced Brand Valuation (GfK/PricewaterhouseCoopers/Uni
Hamburg)... 115
5.2.2
Brand Equity Evaluator (BBDO/Uni Mannheim) ... 124
5.2.3
Brand Performancer (ACNielsen/Konzept und Markt/TU
Berlin)... 134
5.2.4 Marktorientierte
Markenbewertung (Bekmeier-Feuerhahn) ... 144
5.3
Fazit zum Benchmarking der integrativen Ansätze zur Markenbewertung ... 153
6.
Praktische Einsatzfelder der integrativen Ansätze zur Marken-
bewertung ... 160
7.
Schlussbetrachtung... 167
Literaturverzeichnis ... X
Eidesstattliche Erklärung ...XXI

IV
Abkürzungsverzeichnis
ABV
Advanced Brand Valuation
BASS
Brand ASsessment System
BEE
Brand Equity Evaluator
BEES
Brand Equity Evaluation System
BEVA
Brand Equity Valuation for Accounting
BBDO
Batten, Barton, Durstine & Osborn
BPI
Brand Potential Index
BVA
Brand Value Added
CAPM
Capital Asset Pricing Model
CAPO
Computer Aided Psychological Observation
CAPI
Computer Aided Personal-Interview
CATI
Computer Aided Telephone-Interview
EBIT
Earnings Before Interest and Taxes
EBITDA
Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization
EStG Einkommensteuergesetz
EVA
Economic Value Added
F&E
Forschung und Entwicklung
GAAP
Generally Accepted Accounting Principles
GFI Goodness-of-Fit-Index
GfK
Gesellschaft für Konsumforschung
GIM
Gesellschaft für innovative Marktforschung
HGB Handelsgesetzbuch
IAS
International Accounting Standards
IFRS
International Financial Reporting Standards
k. A.
Keine Angabe

Abkürzungsverzeichnis
V
KPMG
Klynveld, Peat, Marwick & Goerdeler
MA Marktanteil
MKT Marketing
NOPAT
Net Operating Profit Before Interest
OECD
Organization for Economic Cooperation and Development
PAPI
Paper and Pencil-Interview
PR Public
Relations
PwC PricewaterhouseCoopers
TU Technische
Universität
Uni Universität
US-GAAP
United States Generally Accepted Accounting Standards
W&V
Werben und Verkaufen
WACC
Weighted Average Cost of Capital
WAPI
Web Aided Personal-Interview
WISA Wettbewerbs-Image-Struktur-Analyse

VI
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
Unterschiedliche Markenwerte für VW und BMW in Abhängigkeit
vom gewählten Markenwertverfahren im Jahr 2003... 1
Abbildung 2:
Grundaufbau der Diplomarbeit... 5
Abbildung 3:
Funktionen der Marke aus Sicht des Herstellers ... 11
Abbildung 4:
Funktionen der Marke aus Sicht des Absatzmittlers ... 13
Abbildung 5:
Funktionen der Marke aus Sicht des Konsumenten ... 15
Abbildung 6:
Integratives Begriffsverständnis des Markenwertes... 19
Abbildung 7:
Vergleich der Ergebnisse eines Blindtests und eines offenen Tests
zwischen Diet Pepsi und Diet Coke ... 22
Abbildung 8:
Systematisierung der Markenbewertungsanlässe ... 25
Abbildung 9:
Entwicklung des Counterfeitings in Deutschland ... 35
Abbildung 10: Unterschiedliche Markenwerte für ProSieben... 42
Abbildung 11: Systematisierung der Markenbewertungsansätze... 49
Abbildung 12: Merkmale finanzorientierter Ansätze ... 49
Abbildung 13: Gliederung der finanzorientierten Ansätze... 50
Abbildung 14: Markenbewertung nach dem hedonischen Preismodell von Sander ... 55
Abbildung 15: Merkmale verhaltenswissenschaftlicher Ansätze... 57
Abbildung 16: Dimensionen des Brand Potential Index ... 61
Abbildung 17: Merkmale integrativer Ansätze ... 64
Abbildung 18: Anforderungen an die Ansätze zur Markenbewertung... 74
Abbildung 19: Gliederung der ausgewählten integrativen Ansätze nach dem
Ursprung der Bewertungsverfahren ... 75
Abbildung 20: Gliederung der integrativen Ansätze nach der inneren Modellstruktur ... 76
Abbildung 21: Customer-Equity-basierte Markenbewertung nach dem Brand Equity
Meter... 78
Abbildung 22: Markenanteilsheuristik des Brand Equity Meter-Modells ... 81

Abbildungsverzeichnis
VII
Abbildung 23: Das 3-Komponenten-Modell Brand Rating... 91
Abbildung 24: Einflussfaktoren auf den Markenwert nach Semion... 98
Abbildung 25: Die Semion-Markenwert-Formel ... 100
Abbildung 26: Transformationskurve des Interbrand-Modells ... 107
Abbildung 27: Module des Advanced Brand Valuation-Modells ... 115
Abbildung 28: Kausalmodell am Beispiel einer Konsumgütermarke ... 117
Abbildung 29: Formel des Capital Asset Pricing Model (CAPM)... 118
Abbildung 30: Risikoprofil eines Markenwertes... 119
Abbildung 31: Markenwert-Komponenten des Brand Equity Evaluator-Modells... 125
Abbildung 32: BBDO 5-Stufen-Modell der Markenführung ... 127
Abbildung 33: Cashflowberechnung ... 129
Abbildung 34: Markenbewertung anhand des Brand Equity Evaluator-Modells... 129
Abbildung 35: Kriterienkatalog der Markenbilanz von ACNielsen... 135
Abbildung 36: Modularer Aufbau des Brand Performancer-Modells ... 136
Abbildung 37: Schritte der Markenbewertung anhand des Brand Performancer-
Modells ... 138
Abbildung 38: Kausalmodell nach Bekmeier-Feuerhahn... 146

VIII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:
Unterschiedliche Markenwerte der Absatzwirtschafts-Studie ... 41
Tabelle 2:
Überblick der für die Diplomarbeit ermittelten Ansätze zur Marken-
bewertung ... 44
Tabelle 3:
Möglichkeiten der Systematisierung der Markenbewertungsansätze ... 47
Tabelle 4:
Finanzorientierte Ansätze zur Markenbewertung... 53
Tabelle 5:
Verhaltenswissenschaftliche Ansätze der Markenbewertung ... 59
Tabelle 6:
Integrative Ansätze zur Markenbewertung... 67
Tabelle 7:
Erfüllung der Anforderungskriterien des Brand Equity Meter-
Modells ... 83
Tabelle 8:
Zusammenfassende Einschätzung des Brand Equity Meter-Modells ... 87
Tabelle 9:
Erfüllung der Anforderungskriterien des Brand Rating-Verfahrens ... 92
Tabelle 10:
Zusammenfassende Einschätzung des Brand Rating-Verfahrens ... 96
Tabelle 11:
Erfüllung der Anforderungskriterien des Brandvaluation-Ansatzes ... 101
Tabelle 12:
Zusammenfassende Einschätzung des Brandvaluation-Ansatzes ... 104
Tabelle 13:
Einflussfaktoren auf den Wert der Marke nach Interbrand ... 106
Tabelle 14:
Beispiel zur Berechnung des Markenwertes nach dem Interbrand-
Ansatz ... 108
Tabelle 15:
Erfüllung der Anforderungskriterien des Interbrand-Ansatzes ... 109
Tabelle 16:
Zusammenfassende Einschätzung des Interbrand-Ansatzes ... 114
Tabelle 17:
Erfüllung der Anforderungskriterien des Advanced Brand Valuation-
Modells ... 120
Tabelle 18:
Zusammenfassende Einschätzung des Advanced Brand Valuation-
Modells ... 124
Tabelle 19:
Erfüllung der Anforderungskriterien des Brand Equity Evaluator-
Modells ... 130
Tabelle 20:
Zusammenfassende Einschätzung des Brand Equity Evaluator-
Modells ... 134

Tabellenverzeichnis
IX
Tabelle 21:
Erfüllung der Anforderungskriterien des Brand Performancer ... 139
Tabelle 22:
Zusammenfassende Einschätzung des Brand Performancer ... 144
Tabelle 23:
Erfüllung der Anforderungskriterien der marktorientierten Marken-
bewertung nach Bekmeier-Feuerhahn... 148
Tabelle 24:
Zusammenfassende Einschätzung der marktorientierten Marken-
bewertung nach Bekmeier-Feuerhahn... 152
Tabelle 25:
Benchmarking der integrativen Ansätze zur Markenbewertung ... 153
Tabelle 26:
Auswertung des Benchmarkings der integrativen Ansätze zur
Markenbewertung... 157
Tabelle 27:
Einsatzfelder der integrativen Ansätze zur Markenbewertung... 160

1
1. Einleitung
1.1
Die Marke und ihr Wert
,,Während allgemein anerkannt ist, dass der Marke eine erhebliche Bedeutung für das
Unternehmen zukommt und Marken zum Teil beträchtliche Anteile des Wertes von
Unternehmen darstellen, wird die Ermittlung tatsächlicher Wertgrößen für Marken oftmals
vernachlässigt" (Wirtz et al, 2001, S. 159). Laut einer im Jahr 2003 durchgeführten Studie der
Fachzeitschrift Marketingjournal in Zusammenarbeit mit der Universität Berlin messen zwar
über 70 Prozent der befragten Markenexperten der Markenbewertung eine große Bedeutung
zu, aber nur weniger als 20 Prozent kennen die gängigsten Verfahren und im Durchschnitt
nutzen nur zwei Prozent diese in der Praxis (vgl. Schimansky, 2003, S. 44f.).
Die große Diskrepanz zwischen ,,Bedürfnis und Nutzung" (Stöckle, 2004, S. 65) der
Markenwertmessung lässt sich damit erklären, dass bis zum heutigen Zeitpunkt kein
einheitlicher, standardisierter und objektiv anerkannter Ansatz zur Markenbewertung existiert,
sondern vielmehr eine ganze Bandbreite meist sehr subjektiver Modelle, welche den Wert der
Marke ganz unterschiedlich berechnen (vgl. Göttgens et al., 2001, S. 2f.). Die Zahl der
gängigen Verfahren beläuft sich in Deutschland derzeit auf über 30, wobei angenommen
werden kann, dass 30 verschiedene Anbieter aufgrund unterschiedlicher Grundkonzeptionen
30 abweichende Ergebnisse für ein und dieselbe Marke bekommen (vgl. Stöckle, 2004, S.
65).
Abbildung 1: Unterschiedliche Markenwerte für VW und BMW in Abhängigkeit vom
gewählten Markenwertverfahren im Jahr 2003
Mrd. Euro
BBDO Consulting
Interbrand
Semion
0
5
10
15
20
15,7
6,1
18,9
BBDO Consulting
Interbrand
Semion
±
310 %
Mrd. Euro
BBDO Consulting
Interbrand
Semion
0
5
10
15
20
15,7
6,1
18,9
BBDO Consulting
Interbrand
Semion
±
310 %
8,5
13,4
15,7
Mrd. Euro
0
5
10
15
20
BBDO Consulting
Interbrand
Semion
±
185 %
8,5
13,4
15,7
Mrd. Euro
0
5
10
15
20
BBDO Consulting
Interbrand
Semion
±
185 %
Quelle: Semion, BBDO Consulting, Interbrand (in Anlehnung an Schunk; Heil; Simon, 2004, S. 13)
Wie erheblich die Abweichungen des Markenwertes zwischen den einzelnen Verfahren sind,
zeigt die Abbildung 1. So wird der Wert der Marke VW im Jahr 2003 von der Semion Brand

1. Einleitung
2
Broker GmbH mit 18,9 Mrd. Euro beziffert, während die BBDO Consulting GmbH VW einen
Wert von 15,7 Mrd. Euro zuschreibt, was gegenüber der Interbrand-Bewertung von 6,1 Mrd.
Euro einer Abweichung von mehreren hundert Prozent entspricht. Diese erhebliche Differenz
zwischen den ermittelten Markenwerten ist kein Zufall, denn auch die Marke BMW wurde im
Jahr 2003 von den genannten Markenbewertungsverfahren mit Abweichungen von mehr als 7
Milliarden Euro sehr unterschiedlich bewertet
1
.
Ähnlich weitgestreute Ergebnisse erzielte die Fachzeitschrift Absatzwirtschaft, welche im
März 2004 unter Unterstützung von sieben Unternehmen
2
eine Studie zur Markenbewertung
herausgegeben hat, bei der die ausgewählten Markenexperten ihre Berechnungskonzepte
offen gelegt haben und das fiktive Unternehmen Tank AG bewertet haben. Die Bandbreite
des ermittelten Markenwertes der Tank AG von 173 bis 958 Millionen Euro (± 554 Prozent!)
verdeutlicht ebenfalls die Problematik der fehlenden Einheit in der Markenbewertung (vgl.
Jossè, 2004, S. 45).
Es besteht kein Zweifel daran, dass solch divergierende Ergebnisse zu einer mangelnden
Vergleichbarkeit und Aussagekraft der ermittelten Wertgrößen führen (vgl. Wirtz et al., 2001,
S. 159) und die Notwendigkeit nach einem allgemein anerkannten und einheitlichem
Bewertungssystem erhöhen.
Hinzu kommen neue Bilanzierungsrichtlinien für Unternehmen und die zunehmende
Angleichung an international vorherrschende Bilanzierungsgrundsätze wie US-GAAP
3
und
IAS
4
. Im Rahmen der EU-Harmonisierung müssen demnach alle börsennotierten
Unternehmen ab 2005 bei Firmenübernahmen den Wert der zugekauften Marke ermitteln und
in der Bilanz nach den neuen International Financial Reporting Standards (IFRS) ausweisen
(vgl. Telgheder, 2004, S. 11). In den USA ist solch ein Vorgehen schon seit 2001 die Regel,
wobei die an der US-Börse notierten deutschen Unternehmen wie Siemens oder die Deutsche
Telekom eine Schonfrist von zwei Jahren genießen durften und den Markenwert erst ab 2003
in ihre Bilanz aufnehmen mussten (vgl. Pimpl, 2003, S. 21).
Die aktuellen Entwicklungen zeigen nicht nur die steigende Bedeutung der
Markenbilanzierung und ­bewertung, sondern auch die Dringlichkeit nach einheitlichen und
1
Um die ermittelten Markenwerte vergleichen zu können, wurde zunächst die Bewertung von Interbrand in
US-Dollar nach Euro-Referenzkurs der EZB von 2003 in Euro umgerechnet.
2
Dazu gehören BBDO Consulting, Brand Rating, Interbrand, Konzept & Markt/ACNielsen, KPMG,
PwC/GfK und Semion (vgl. Hanser, 2004).
3
US-GAAP = United States Generally Accepted Accounting Standards
4
IAS = International Accounting Standards (= IFRS = International Financial Reporting Standards)

1. Einleitung
3
nachvollziehbaren Methoden zur Markenbewertung (vgl. Schneider, 2004, S. 27f.). Aufgrund
dieser Tendenzen wurde im August 2003 das Institut für Markenwert gegründet, welches
binnen drei Jahren ein allgemein anerkanntes Markenwertmodell vorstellen möchte. Dieser
Verein besteht sowohl aus renommierten Wissenschaftlern, Vertretern der Wirtschaft,
Banken, Wirtschaftsprüfern und großen Rechtsanwaltskanzleien, die alle zusammen den einen
Standard in der Markenbewertung entwickeln wollen (vgl. Schunk; Heil; Simon, 2004, S. 17).
Als Gegenspieler formierte sich im selben Jahr der Arbeitskreis Markenbewertung mit
Vertretern der sieben verschiedenen Ansätze zur Markenbewertung, welche die Tank AG in
der Absatzwirtschafts-Studie so unterschiedlich bewertet haben (vgl. Jossé, 2004, S. 45). Ihr
Ziel ist es nicht, ein weiteres Verfahren zur Markenbewertung zu generieren, sondern ihre
Modelle methodisch weiterzuentwickeln (vgl. Forster, 2004, S. 30f.).
Welcher und ob einer der beiden Vereine erfolgreich im Hinblick auf die Entwicklung eines
standardisierten Markenbewertungsverfahren sein wird, lässt sich zum heutigen Zeitpunkt
noch nicht sagen. Die aktuellen Entwicklungen zeigen aber, dass der Wert der Marke und
seine Berechnungsarten ein hochaktuelles Thema sind und enormen Diskussionsbedarf
liefern.
1.2
Zielstellung und Aufbau der Arbeit
Das Ziel dieser Arbeit liegt darin, ein Benchmarking zu den vielzähligen Ansätzen der
Markenbewertung aus Wissenschaft und Praxis zu erarbeiten, welches mehr Transparenz im
Hinblick auf die Vergleichbarkeit und Aussagekraft der Verfahren verschafft. Dabei soll der
Markenwertansatz gekennzeichnet werden, welcher das Standardmodell in der integrativen
Markenbewertung übernehmen könnte. Aus diesem übergreifenden Hauptziel lassen sich drei
Unterziele ableiten, welche sich in ein theoretisches, ein methodisches und ein praktisches
Ziel aufteilen lassen und nachfolgend näher erläutert werden.
Theoretisches Ziel: Überblick über die vorliegenden Markenbewertungsansätze
Zunächst soll eine fundierte Darstellung zum gegenwärtigen Forschungsstand der
Markenbewertung gegeben werden. Aufgrund der Vielzahl der Veröffentlichungen in
Literatur und Praxis diskutierten Ansätze zur Markenbewertung wird eine Systematik zu den
bestehenden Verfahren entwickelt, die einen Überblick zum ,State of the Art' der
Markenbewertung geben soll. Anschließend werden Abgrenzungskriterien definiert, anhand
deren eine Selektion der für die weitere Untersuchung relevanten Markenwertmodelle

1. Einleitung
4
vorgenommen werden kann. Mit Hilfe dieser Abgrenzungskriterien wird die Auswahl der
Ansätze für die weitere Diskussion begründet.
Methodisches Ziel: Kritische Auseinandersetzung
Aufbauend auf die Auswahl und Strukturierung der Ansätze zur Messung des Markenwertes
sollen Anforderungskriterien an die Verfahren definiert werden, die zur Bewertung der
selektierten Modelle dienen. Anhand der formulierten Anforderungen an die
Markenwertansätze, wird eine Benchmarking-Studie verfasst, bei der die ausgewählten
Verfahren auf diese Kriterien kritisch geprüft werden. Im Zentrum der Studie steht somit die
kritische Würdigung der Ansätze hinsichtlich eines direkten Vergleichs ihrer Vor- und
Nachteile zur Ermittlung des Markenwertes. Ziel ist es, eventuelle Defizite hinsichtlich
ausstehender Methodenentwicklung der einzelnen Markenbewertungsverfahren zu eruieren,
um künftigen Forschungsbedarf zu offenbaren. Tabellarische Übersichten erleichtern dabei
die Vergleichbarkeit und Übersichtlichkeit der Modelle.
Die Benchmarking-Studie wird im Rahmen einer Meta-Analyse durchgeführt. Dabei werden
umfangreiche Recherchen in einschlägigen Bibliothekskatalogen sowie in bibliographischen
Abstract- und Volltext-Datenbanken getätigt, um die in Literatur und Praxis diskutierten
Markenwertansätze zu sichten, strukturieren, analysieren und einer kritischen Würdigung zu
unterwerfen.
Praktisches Ziel: Einsatzfelder der Ansätze zur Markenbewertung
Im Anschluss an die Benchmarking-Studie werden Einsatzfelder in der Praxis vorgestellt, für
welche sich die dargestellten Ansätze zur Ermittlung des Markenwertes eignen. Dabei soll die
praktische Einsatzfähigkeit der einzelnen Verfahren im Hinblick auf die verschiedenen
Anlässe zur Markenbewertung kritisch geprüft werden und aus Gründen der Vergleichbarkeit
und Übersicht in einer Tabelle dargestellt werden.
Die Diplomarbeit gliedert sich in sieben Kapitel und ist folgendermaßen aufgebaut (vgl.
Abbildung 2).
Der Einleitung mit Problem- und Zielstellung folgt die Beschreibung der wesentlichen
Begriffe und Grundlagen zur Markenbewertung. Dabei wird dargestellt, was allgemein
unter einer Marke und dem Wert einer Marke zu verstehen ist, welche Funktionen die Marke

1. Einleitung
5
für Hersteller, Handel und Konsumenten besitzt und welche Bedeutung der Markenwert für
Unternehmen aufweist.
Im nächsten Schritt werden die Anlässe und Zwecke der Markenbewertung vorgestellt,
welche neben den Grundlagen zur Markenbewertung aus dem 2. Kapitel den Ausgangspunkt
für die Benchmarking-Studie bilden.
Abbildung 2: Grundaufbau der Diplomarbeit
Kapitel 1: Einleitung
Kapitel 2: Grundlagen der Markenbewertung
Kapitel 3:
Anlässe der
Markenbewertung
Kapitel 5:
Benchmarking-
Studie zu den
Ansätzen der
Markenbewertung
Kapitel 6:
Praktische Einsatz-
felder der Marken-
bewertungs-
ansätze
Kapitel 7: Schlussbetrachtung
Kapitel 4:
Entwicklung der
Benchmarking-Studie
zu den Ansätzen der
Markenbewertung
Um der Zielstellung nachzukommen, erhöhte Transparenz bezüglich der Vergleichbarkeit der
Markenbewertungsansätze zu generieren, wird in Kapitel 4 zunächst die Benchmarking-
Studie vorbereitet. Dabei wird vorab der Begriff Benchmarking im Kontext der
Markenbewertung vorgestellt und definiert. Anschließend werden sowohl die in Literatur und
Praxis diskutierten und angewandten Markenbewertungsverfahren strukturiert und für die
weitere Diskussion nach den vorher definierten Abgrenzungskriterien selektiert. Nachfolgend
werden Anforderungen an die Markenbewertungsmodelle aufgestellt, welche die Grundlage
für die Beurteilung der Eignung der ausgewählten Verfahren bilden.
Gegenstand des 5. Kapitels ist die eigentliche Benchmarking-Studie zu den ausgewählten
Verfahren der Markenbewertung. Zunächst werden die Modelle in ihren Grundzügen
dargestellt und anschließend einer kritischen Analyse unterzogen. Es wird untersucht, ob und
inwieweit die ausgewählten Markenbewertungsverfahren den vorher aufgestellten
Anforderungen gerecht werden. Den Abschluss des Kapitels bildet eine Zusammenfassung
der Benchmarking-Studie in Form einer Tabelle, welche den Vergleich der Verfahren
hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile ermöglicht.

1. Einleitung
6
Um kompetente Aussagen zur Beurteilung der selektierten Ansätze zur Ermittlung des
Markenwertes gewinnen zu können, ist es anschließend erforderlich, die vorliegenden
Verfahren auf ihre praktische Eignung hin zu untersuchen, wobei dabei auf die in Kapitel 3
aufgezeigten Anlässe der Markenbewertung zurückgegriffen wird.
Im Rahmen einer Schlussbetrachtung werden die gewonnenen Ergebnisse der
Benchmarking-Studie zusammengefasst und ein Ausblick auf künftige Entwicklungen im
Bereich der Markenbewertung gegeben.

7
2.
Grundlagen der Markenbewertung
Nachdem in der Einführung das Thema und die Problemstellung der Diplomarbeit dargestellt
sowie die Vorgehensweise kurz umrissen wurde, sollen im Folgenden die Grundlagen der
Markenbewertung näher erläutert werden. Beginnend mit der begrifflichen Grundlegung der
Marke, werden anschließend die Funktionen der Marke betrachtet. Schwerpunkt des Kapitels
bilden die Begriffsbestimmung des Markenwertes und die Bedeutung desselben für
Unternehmen.
2.1 Begriffsdefinition
der
Marke
Obwohl die meisten Menschen mit Marken im täglichen Leben in Berührung kommen und
annähernd wissen, was darunter zu verstehen ist, existiert in der einschlägigen Literatur bis
heute keine einheitliche terminologische Abgrenzung für den Begriff Marke (vgl. Kriegbaum,
2000, S. 27).
Grundsätzlich kann zwischen zwei Sichtweisen des Markenverständnisses unterschieden
werden: einer formalen und einer inhaltlichen Begriffsabgrenzung der Marke (vgl. Sander,
1994, S. 56; Bekmeier-Feuerhahn, 1998, S. 12; Bentele et al., 2003, S. 3; Cheridito, 2003, S.
23; Bruhn; Homburg, 2004, S. 478).
2.1.1 Formale Begriffsauffassung der Marke
Das formale Begriffsverständnis der Marke umfasst die äußere Kennzeichnung von Gütern,
um diese von denen der Konkurrenten abzuheben. Durch Kennzeichnung eines Produktes mit
einer Marke entsteht aus einer anonymen Ware ein ,,markiertes Produkt" (vgl. Bruhn;
Homburg, 2004, S. 478).
Bereits 1960 hat die American Marketing Association eine Marke wie folgt definiert: "A
brand can be defined as a name, term, sign, symbol, or design, or a combination of them,
intended to identify the goods or services of one seller or group of sellers and to differentiate
them from those of competitors. Thus a brand identifies the seller or maker" (Kotler, 2003, S.
418).
Nach Aussage des Markengesetzes, welches am 01.01.1995 als Überarbeitung des
Warenzeichengesetztes eingeführt wurde, können Marken als ,,Zeichen, insbesondere Wörter
einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen,

2. Grundlagen der Markenbewertung
8
dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung
sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen geschützt
werden, die geeignet sind, Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen
anderer Unternehmen zu unterscheiden" (§ 3 Abs. 1 Markengesetz). Geschützt sind auch
klassische Produktdesigns (z. B. die Coca-Cola-Flasche) oder Farbvarianten (z. B. rot und
gelb bei Maggi) sowie Werbeslogans (,,Auf diese Steine können sie bauen") (vgl. Esch, 2003,
S. 20). Ferner können geographische Herkunftsangaben (z. B. Meißener Porzellan), welche
besonders bekannt sind (vgl. Kriegbaum, 2000, S. 28), sowie Hörzeichen (z. B. Telekom-
Melodie), Geruchszeichen (z. B. Maggi Würze-Geruch), Geschmackszeichen (z. B.
Kinderschokolade) und Bewegungszeichen (z. B. Bewegung des Zeige- und Mittelfingers
zum rechten Auge als Symbol für den Slogan der Marke ZDF ,,Mit dem Zweiten sieht man
besser!") geschützt werden. Der Markenschutz wird durch den Eintrag ins Markenregister
beim Deutschen Patent- und Markenamt in München bzw. Jena gewährleistet. Man spricht
dabei vom sog. förmlichen Markenrecht
5
(vgl. Schröder, 2001, S. 313). Während im Jahr
1991 ungefähr 316.000 Zeichen eingetragen waren (vgl. Dichtl, 1992, S. 7), stieg die Zahl der
registrierten Marken am Ende des Jahres 2001 auf 606.337 und verdoppelte sich damit in 10
Jahren nahezu (vgl. Klein-Bölting; Maskus, 2003, S. 29).
Entsprechend der formalen Begriffsbestimmung wird unter einer Marke ein rechtlich
geschütztes Zeichen verstanden, welches die Unternehmen primär zur Kennzeichnung und
zur Differenzierung ihrer Waren von denen der Konkurrenten verwenden (vgl. Bruhn;
Homburg, 2004, S. 479).
2.1.2 Inhaltliche Begriffsauffassung der Marke
Im Gegensatz zur engen, formalen Begriffsauffassung geht die inhaltliche Sichtweise der
Marke nicht von einem Markenzeichen aus, sondern von einem Markenartikel bzw.
Markenprodukt
6
. Nach diesem Begriffsverständnis stellt ein Waren- oder Kennzeichen
allein noch keine Marke dar. Erst wenn das Markenzeichen in Verbindung mit einem
5
Andererseits kann Markenschutz auch ohne Eintragung in das Markenregister durch Verkehrsgeltung und
notorischer Bekanntheit von Zeichen entstehen (vgl. § 4 Markengesetz). Der Markeneigner erlangt auf diese
Weise das sog. sachliche Markenrecht (vgl. Schröder, 2001, S. 313).
6
Im Folgenden meint die Marke ­ dem allgemeinen Sprachgebrauch folgend ­ mit dem Markenartikel und
dem Markenprodukt dasselbe (vgl. Kriegbaum, 2000, S. 32; Schneider et al., 2003, S. 11f.). Andere Autoren
betonen eine Unterscheidung zwischen den Begriffen Markenartikel und Marke. So betrachtet Mellerowicz
(1963, S. 8) den Markenartikel beispielsweise als die ,,vollkommenste Ausprägung markierter Ware".

2. Grundlagen der Markenbewertung
9
Produkt
7
und dessen Eigenschaften gesehen wird sowie durch Kommunikations- und
Vertriebsleistungen ergänzt wird, entsteht ein Markenprodukt (vgl. Kriegbaum, 2000, S. 30f.).
Damit geht die inhaltliche Betrachtungsweise weit über die formale Begriffsbestimmung der
Marke hinaus, denn eine Marke ist nicht nur Kennzeichen, sondern weckt bei den
Konsumenten auch bestimmte Assoziationen von einem Produkt, für das ein ganz bestimmtes
Markenimage aufgebaut werden kann (vgl. Kriegbaum, 2000, S. 31f.).
In der Literatur findet man eine Vielzahl von Erklärungsansätzen zur inhaltlichen Begriffs-
auffassung der Marke bzw. Markenartikel. Bruhn klassifiziert allein sieben unterschiedliche
Kategorien zur Markenartikelabgrenzung
8
(vgl. Bruhn, 1994, S. 7ff.). Da insbesondere die
intensitätsbezogenen Ansätze, die herkunftsbezogenen Ansätze oder die instrumentalen
Ansätze eher eine historische Entwicklung der Markenbetrachtung charakterisieren und die
Kundenperspektive vernachlässigen (vgl. Esch, 2003, S. 20), konzentrieren sich die folgenden
Ausführungen auf den merkmalsbezogenen Ansatz und den wirkungsbezogenen Ansatz
zur Begriffsabgrenzung der Marke.
Erfolgt die Markendefinition merkmalsbezogen, wird ein Eigenschaftskatalog erstellt,
welcher die Marke kennzeichnen soll. Nach der klassischen Auffassung von Mellerowicz soll
der Markenartikel demnach die folgenden Kriterien erfüllen (vgl. Mellerowicz, 1963, S. 40):
·
markierte Fertigwaren,
·
konstante oder verbesserte Qualität,
·
gleichbleibende Menge,
·
gleichbleibende Aufmachung der Ware,
·
starke Verbraucherwerbung,
·
hohe Anerkennung am Markt und
·
weite Verbreitung im Absatzmarkt (Überallerhältlichkeit bzw. Ubiquität).
7
Unter einem Produkt wird nach Keller (1998) ,,anything that can be offered to a market for attention,
acquisition, use or consumption that might satisfy a need or want" (Keller, 1998, S. 3) verstanden und
schließt sowohl physische Güter als auch Dienstleistungen mit ein (vgl. Kriegbaum, 2000, S. 31).
8
Dazu zählen merkmalsbezogene, intensitätsbezogene, herkunftsstrukturierende, instrumentale, absatzsystem-
orientierte, erfolgsorientierte und wirkungsbezogene Ansätze (vgl. Bruhn, 1994, S. 7).

2. Grundlagen der Markenbewertung
10
Allerdings gibt es wesentliche Kritikpunkte an der merkmalsbezogenen Markendefinition,
die eine solche Betrachtung heutzutage nicht mehr zeitgemäß erscheinen lassen. Ebenso wie
Fertigwaren von Herstellern können auch Dienstleistungen (z. B. die Bahncard der Deutschen
Bahn AG), Vorprodukte (z. B. Gore-tex), Personen (z. B. Verona Feldbusch) und Ideen (z. B.
die ,,Aktion Mensch") Markenstatus erlangen (vgl. Esch, 2003, S. 20). Die merkmals-
bezogene Beschreibung der Marke geht weiterhin von einer statischen Betrachtungsweise aus,
welche die Dynamik einer Marke im Zeitablauf vollkommen vernachlässigt. Ferner fallen
Handelsmarken aus der Definition heraus, da sie in der Regel nicht das Merkmal der starken
Verbraucherwerbung erfüllen (vgl. Bölting; Maskus, 2003, S. 4). Auch Luxusmarken wie
Armani-Anzüge wären nach der klassischen Definition von Mellerowicz keine Marken, weil
sie gerade nicht überall erhältlich sind (vgl. Esch, 2003, S. 23). Zusammenfassend könnte
man sagen, dass man bei der Erfüllung der oben genannten Kriterien von einer Marke
sprechen kann, jedoch sind diese Merkmale nicht zwingend erforderlich (vgl. Klein-Bölting;
Maskus, 2003, S. 4).
Die wirkungsbezogene Markenwertdefinition betrachtet dagegen die Wirkungen des
Markenartikels beim Konsumenten und geht davon aus, dass eine Marke letztlich in den
Köpfen der Kunden entsteht und nicht nur durch formale Kennzeichnung definiert werden
kann (vgl. Homburg; Krohmer, 2003, S. 516). Der Konsument assoziiert mit der Marke
bestimmte Eigenschaften (Markenschemata
9
), welche er mit bereits gespeicherten
Gedächtnisinhalten vergleicht, wiedererkennt, für gut befindet und die positive Emotionen bei
ihm hervorrufen. Die ausgesendeten Signale der Markenkommunikation werden dann vom
Menschen verknüpft und bilden mit der bisherigen persönlichen Markenerfahrung das
subjektive Gesamtbild Marke (vgl. Klein-Böltig; Maskus, 2003, S. 5).
Eine Marke wird also nur dann zur Marke, wenn sie vom Konsumenten als solche
wahrgenommen wird und sich von den Wettbewerbern abhebt (vgl. Klein-Böltig; Maskus,
2003, S. 5). Im Hinblick auf die inhaltliche Begriffsbestimmung kann eine Marke als ,,ein in
der Psyche des Konsumenten verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild von
einem Produkt oder einer Dienstleistung" verstanden werden (Meffert; Burman; Koers,
2001, S. 6). Diese wirkungsbezogene Begriffsauffassung der Marke soll im Folgenden der
Diplomarbeit zugrunde gelegt werden.
9
Schemata sind im Allgemeinen standardisierte Vorstellungen darüber, wie ein Sachverhalt typischerweise
aussieht (vgl. Kroeber-Riel; Weinberg, 2003, S. 233). An dieser Stelle meinen die Markenschemata die
standardisierten Vorstellungen von Marken.

2. Grundlagen der Markenbewertung
11
2.2
Funktionen der Marke
Die Funktionen einer Marke sind vielfältig und unterscheiden sich nach der Sicht der
Bezugsgruppe. So erfüllt die Marke für den Markenhersteller eine andere Funktion als für den
Konsumenten und den Handel als Absatzmittler (vgl. Homburg; Krohmer, 2003, S. 516).
2.2.1 Funktionen der Marke aus Herstellersicht
Aus Sicht des Herstellers erfüllt die Marke vor allem eine Unterscheidungsfunktion,
welche die eigenen Produkte vom Angebot der Konkurrenz, von anonymer Ware und von
anderen eigenen Produkten differenzieren kann (vgl. Esch; Wicke, 2001, S. 12). Im Sinne der
Herkunftsfunktion zeigt die Marke an, von welchem Anbieter sie stammt (vgl. Abbildung 3)
(vgl. Irmscher, 1997, S. 30).
Abbildung 3: Funktionen der Marke aus Sicht des Herstellers
Unterscheidungs-
funktion
Herkunftsfunktion
Schutzfunktion
Stabilisierungs-
funktion
Generierung eines
Preispremiums
Erhöhte
Absatzsicherheit
Kundenbindungs-
funktion
Profilierungs-
funktion
Funktionen
der Marke
aus Herstellersicht
Werbefunktion
Transferfunktion
Unterscheidungs-
funktion
Transferfunktion
Herkunftsfunktion
Stabilisierungs-
funktion
Schutzfunktion
Funktionen
der Marke
aus Herstellersicht
Generierung eines
Preispremiums
Erhöhte
Absatzsicherheit
Kundenbindungs-
funktion
Werbefunktion
Profilierungs-
funktion
Quelle: In Anlehnung an Meffert; Burmann; Koers, 2000, S. 11
Weiterhin haben Marken für den Markenhersteller eine absatzfördernde Wirkung, da die
signalisierte gleich bleibende, hohe Qualität der Marken durch den Markeneigner den
Konsumenten die Kaufentscheidung erleichtert und das Kaufrisiko reduziert (vgl. Kriegbaum,
2000, S. 45). Die erhöhte Absatzsicherheit begründet sich durch die Kommunikations-
maßnahmen (sog. Sprungwerbung) des Herstellers, infolgedessen die Konsumenten
bestimmte Herstellermarken im Sinne eines ,,Nachfragesogs" beim Absatzmittler nachfragen
und der Handel aufgrund des angeregten Bedarfs der Konsumenten gezwungen wird, die

2. Grundlagen der Markenbewertung
12
Marke in seinem Sortiments zu führen (Pull-Strategie) (vgl. Meffert, 2000, S. 647f.; Dichtl,
1992, S. 21).
Durch Kommunikationsmaßnahmen ist der Hersteller gezielt in der Lage, ein Markenimage
aufzubauen (Werbefunktion), durch das sich die Marke von anderen homogenen Produkten
in der Wahrnehmung der Konsumenten differenziert (vgl. Sander, 1994, S. 12f.; Kriegbaum,
2000, S. 45). Man spricht von der Profilierungsfunktion, wenn sich die Marke insbesondere
durch die Vermittlung eines psychologischen Zusatznutzens für die Konsumenten gegenüber
den Konkurrenzprodukten abhebt und diese von den Verbrauchern gegenüber anderen
Produkten präferiert wird.
Die Kundenbindungsfunktion wird erfüllt, wenn die Konsumenten die Marke wieder
kaufen, sofern das Produkt die Erwartungen der Verbraucher erfüllt und Zufriedenheit
entsteht (vgl. Schneider et al., 2003, S. 23). Daraus kann Markentreue bzw. Markenloyalität
resultieren, die sich in der Verbundenheit der Stammkunden mit einer Marke äußert. Darüber
hinaus können loyale Kunden ein Preispremium
10
für das Unternehmen generieren, da sie in
der Regel weniger preissensibel sind (vgl. Homburg; Krohmer, 2003, S. 517). Im Rahmen
langfristiger Absatzpläne führt Markenloyalität demnach zu erhöhter Absatzsicherheit
(Stabilisierungsfunktion) (vgl. Bruhn, 1994, S. 21).
Die Schutzfunktion der Marke dient einerseits dazu, den Markeneigner gegen
missbräuchliche Nachahmung (Markenpiraterie) von Wettbewerbern zu schützen (vgl. § 3
Abs. 1 Markengesetz). Andererseits bieten insbesondere starke Herstellermarken Schutz vor
Krisen und Einflüssen von Konkurrenten sowie vor Handelsmarken, weil sie in der Regel
leichter und günstiger Akzeptanz im Handel finden (vgl. Esch; Wicke, 2001, S. 12).
Im Rahmen einer Transferfunktion eröffnet eine etablierte Marke die Möglichkeit, neue
Produkte im Sinne einer Markendehnung (Brand ­ oder Line-Extensions
11
) am Markt
einzuführen (vgl. Esch; Wicke, 2001, S. 12), indem die bestehende, erfolgreiche Marke das
10
Das Preispremium einer Marke wird ,,als die Summe der in der Zukunft erzielbaren Preisdifferenzen
gegenüber unmarkierten Produkten" (Schneider et al., 2003, S. 82) definiert.
11
Markendehnung konzentriert sich auf den Markteintritt in neue Produktbereiche und Branchen (vgl. Esch;
Wicke, 2001, S. 8). Unter Line-Extensions werden Produktlinienerweiterungen verstanden, bei denen das
Hauptprodukt um Zusatzeigenschaften erweitert oder mit leichten Modifikationen verändert wird (z. B. bietet
Ritter Sport 18 verschiedene Sorten Schokolade an) (vgl. Klein-Bölting; Maskus, 2003, S. 52). Bei Brand-
Extensions erfolgt die Erweiterung nicht im angestammten Produktbereich, sondern die etablierte Marke
wird auf neue Produktbereiche übertragen (z. B. bieten Modemarken wie Joop nicht nur Bekleidung, sondern
auch Parfüm, Brillen, Taschen und weitere ergänzende Mode-Accessoires an) (vgl. Klein-Bölting; Maskus,
2003, S. 52).

2. Grundlagen der Markenbewertung
13
Floprisiko mindert und so den Neuprodukterfolg nachhaltig fördert (vgl. Homburg; Krohmer,
2003, S. 517).
2.2.2 Funktionen der Marke aus Absatzmittlersicht
Der Absatzmittler kann selbst als Markenführer auftreten, indem er eigenständige
Handelsmarken anbietet. In diesem Fall können die vorher beschriebenen Funktionen der
Marke aus Herstellersicht ebenfalls auf den Handel übertragen werden (vgl. Homburg;
Krohmer, 2003, S. 517). Tritt der Handel als Absatzmittler von Herstellermarken auf, so
erfüllt die Marke die folgenden Funktionen (vgl. Abbildung 4).
Abbildung 4: Funktionen der Marke aus Sicht des Absatzmittlers
Minderung des
Absatzrisikos
Imagetransfer
Renditefunktion
Kostenersparnis
Begrenzung der
eigenen Beratungs-
aktivitäten
Loyalitätsfunktion
Funktionen
der Marke
aus Absatzmittlersicht
Solidarisierungs-
funktion
Minderung des
Absatzrisikos
Imagetransfer
Renditefunktion
Kostenersparnis
Begrenzung der
eigenen Beratungs-
aktivitäten
Loyalitätsfunktion
Funktionen
der Marke
aus Absatzmittlersicht
Solidarisierungs-
funktion
Quelle: In Anlehnung an Meffert; Burmann; Koers, 2000, S. 11
Aus Sicht des Absatzmittlers dient die Marke insbesondere zu einer Minderung des
Absatzrisikos aufgrund der Selbstverkäuflichkeit etablierter Herstellermarken (vgl. Dichtl,
1992, S. 21; Bruhn, 1994, S. 22). Die Händler profitieren wegen der Bekanntheit und
Wertigkeit von Markenprodukten bei den Konsumenten, wodurch sich Verkäufe schneller
und mit weniger Aufwand realisieren lassen (vgl. Schneider et al., 2003, S. 24). Darüber
hinaus können positiv belegte Marken zu einem Imagetransfer vom Hersteller auf den
Absatzmittler führen (vgl. Homburg; Krohmer, 2003, S. 518). Sind die Konsumenten nicht
nur den Marken, sondern auch der Einkaufsstätte aufgrund des Markenartikelsortiments bzw.
der Handelsmarken treu, so spricht man von der Loyalitätsfunktion der Marke aus
Handelssicht. Der Absatzmittler ist daher in der Lage, durch das Angebot etablierter Marken

2. Grundlagen der Markenbewertung
14
den Aufwand für Beratungstätigkeiten zu reduzieren (Begrenzung der eigenen Beratungs-
tätigkeiten) (vgl. Homburg; Krohmer, 2003, S. 518).
Die Renditefunktion der Marke äußert sich durch höhere Gewinnspannen infolge höherer
Erlöse (vgl. Bruhn, 1994, S. 22). Ein schnellerer Lagerumschlag und eine geringere
Beanspruchung des Verkaufspersonals, sowie die verminderte Notwendigkeit weiterer
Marketinginstrumente (z. B. Werbeaufwendungen) versprechen vor allem eine Kosten-
ersparnis für den Handel (vgl. Dichtl, 1992, S. 21).
Handelsmarken können darüber hinaus eine Solidarisierungsfunktion durch einen
horizontalen Verbund zwischen Händlern erfüllen, indem Handelsmarken bei kooperierenden
Handelspartnern verkauft werden. Ein vertikaler Verbund ergibt sich, wenn den Marken-
artikel betreffende Übereinkünfte zwischen Handel und Hersteller geschlossen werden (vgl.
Bruhn, 1994, S. 22; Maretzki, 2001, S. 19).
2.2.3 Funktionen der Marke aus Konsumentensicht
Aus Sicht des Konsumenten stellt die Marke eine wichtige Orientierungshilfe dar, welche
die Verbraucher bei ihrer Kaufentscheidung unterstützt (vgl. Bruhn, 1994, S. 22). Die Marke
erleichtert dem Konsumenten das Wiedererkennen eines Produktes in der Vielfalt der
Angebote und damit die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen, wodurch vor allem
Zeit bei der Informationsbeschaffung gespart wird (vgl. Abbildung 5) (vgl. Homburg;
Krohmer, 2003, S. 516).
Aufgrund der gleich bleibenden hohen Qualität und Kompetenz einer Marke (Qualitäts-
sicherungsfunktion), verringert sie das vom Konsumenten subjektiv wahrgenommene
Kaufrisiko (Risikominderung), erleichtert die Kaufentscheidung und reduziert Fehl-
entscheidungen (vgl. Meffert; Burmann; Koers, 2000, S. 10). Die implizite Qualitäts-
vermutung einer Marke schafft außerdem Vertrauen beim Verbraucher (Vertrauensfunktion)
(vgl. Biel, 2001, S. 69).
Im Rahmen einer Entlastungsfunktion kommt die Marke dem Bequemlichkeitsstreben des
Konsumenten entgegen. Ist der Verbraucher nach dem Erstkauf mit einem Produkt zufrieden,
reduziert sich der Such- und Informationsaufwand des Konsumenten beim
Wiederholungskauf durch die Markierung des Produktes erheblich (vgl. Meffert; Burmann;
Koers, 2000, S. 9). Dadurch werden nachfolgende Kaufentscheidungsprozesse beschleunigt

2. Grundlagen der Markenbewertung
15
und vereinfacht, weil die Marke in Sinne eines ,,information chunk", d. h. einer Blockbildung
von Informationen, zur Komplexitätsreduktion beiträgt (vgl. Bruhn, 1994, S. 23).
Abbildung 5: Funktionen der Marke aus Sicht des Konsumenten
Orientierungs-
funktion
Qualitäts-
sicherungsfunktion
Zugehörigkeits-
funktion
Risikominderung
Vermittlung eines
Erlebniswertes
Vertrauensfunktion
Identifikations-
funktion
Entlastungs-
funktion
Funktionen
der Marke
aus Konsumentensicht
Prestigefunktion
Quelle: In Anlehnung an Meffert; Burmann; Koers, 2000, S. 11
Die Marke erleichtert ferner die Identifikation mit dem Produkt, indem der Konsument
Eigenschaften und Werte der Marke auf sich selbst überträgt (vgl. Meffert; Burmann; Koers,
2000, S.11f.). Marken vermitteln als ,,emotionale Anker" Gefühle und Images und übertragen
damit neben einem funktionalen Nutzen auch emotionale Erlebnisse (Vermittlung eines
Erlebniswertes) (vgl. Esch, 2003, S. 25). Diese emotionalen Zusatzreize stellen gerade bei
funktional gleichwertigen und austauschbaren Produkten den ausschlaggebenden Grund für
die Wahl einer Marke dar (vgl. Homburg; Krohmer, 2003, S. 516). Markenartikel tragen
außerdem zur Abgrenzung und zur Vermittlung eigener Wertvorstellungen bei, da der
Konsument durch das Kaufen bestimmter Marken bestimmte Werthaltungen demonstriert
(vgl. Esch; Wicke, 2001, S. 11). Indem der Verbraucher mit Hilfe der Marke in seinem
sozialen Umfeld kommuniziert, kann er auch seine Bezugsgruppenzugehörigkeit oder einen
besonderen sozialen Status zum Ausdruck bringen (vgl. Homburg; Krohmer, 2003, S. 516).
Darüber hinaus kann die Marke für den Konsumenten eine Image- bzw. Prestigefunktion im
sozialen Umfeld erfüllen, indem vor allem exklusive Marken (z. B. Rolex Uhren) dazu
dienen, den Verbraucher von anderen abzuheben (vgl. Kriegbaum, 2000, S. 48). Marken
genießen gesellschaftliche Anerkennung, die sich auf den Markenbesitzer überträgt. Der
Konsument nutzt das Image bestimmter Marken, um sich selbst zu profilieren.

2. Grundlagen der Markenbewertung
16
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Marke für die verschiedenen
Marktteilnehmer (Hersteller, Absatzmittler, Konsumenten) ganz unterschiedliche Funktionen
erfüllt. Vor diesem Hintergrund soll im folgenden Kapitel aufgezeigt werden, was unter dem
Wert einer Marke zu verstehen ist.
2.3 Begriffsdefinition
des
Markenwertes
Die Begriffsbestimmung des Markenwertes (synonym: Brand Equity) ist von zentraler
Bedeutung, da an dieser Stelle der Ausgangspunkt für die Vielzahl der Lösungsansätze zur
Markenbewertung deutlich wird. So hat sich bis zum heutigen Zeitpunkt keine allgemein
akzeptierte Begriffsbestimmung des Markenwertes herausgebildet, vielmehr existiert eine
ganze Bandbreite von verschiedenen Definitionen (vgl. beispielhaft Schunk; Heil; Simon,
2004, S. 13). Schimansky (2004, S. 17) spricht sogar von einem ,,Begriffswirrwarr", das in
der Marken-Literatur vorherrscht.
Irmscher (1997, S. 56) erklärt die Vielfalt der Markenwertdefinitionen mit den
unterschiedlichen Funktionen der Marke für die verschiedenen Marktakteure (vgl. Kapitel
2.2). Demnach ist der Wert einer Marke für den Konsumenten ein anderer als der Markenwert
für den Markeninhaber oder den Absatzmittler.
Zumindest ist allen Definitionen eines gemeinsam: ,,Der Anspruch, die Gesamtwirkung der
Marke zu quantifizieren und ­ teilweise ­ in einen monetären Wert zu überführen" (Maretzki,
2001, S. 37).
Seit 1989 haben sich drei zentrale Begriffskategorien durchgesetzt (vgl. Franzen,
Trommsdorff, Riedel, 1994, S. 1376f.), welche im Anschluss näher erläutert werden: eine
finanzorientierte, eine konsumentenorientierte und eine integrative Begriffsbestimmung
des Markenwertes.
2.3.1
Finanzorientierte Betrachtung
Die erste Begriffskategorie, unter der sich verschiedene Markenwertdefinitionen
zusammenfassen lassen, betrachtet den Markenwert als monetäre Kenngröße. In der
finanzorientierten Betrachtung steht demnach die Ermittlung eines absoluten Geldwertes im
Mittelpunkt. Der finanzorientierte Markenwert wird hiernach als das Ergebnis einer nach
bestimmten Methoden vorgenommenen Bewertung in monetären Einheiten bezeichnet (vgl.

2. Grundlagen der Markenbewertung
17
Schneider et al., 2003, S. 90) und steht für eine rein finanzielle Größe (vgl. Bruhn;
Homburg, 2004, S. 490).
Ein typisches Beispiel für die Betrachtung des Markenwertes aus finanzwirtschaftlicher
Perspektive gibt Kaas (1990, S. 48), der den Markenwert als ,,Markenkapital" bezeichnet und
ihn als ,,Barwert aller zukünftigen Einzahlungsüberschüsse, die der Eigentümer aus der Marke
erwirtschaften kann" definiert. Kaas schließt sich damit den bereits vorher verwendeten
Markenwertdefinitionen von Kern (1962) und Herb (1982) an (vgl. Riedel, 1996, S. 34).
Der finanzielle Markenwert konzentriert sich auf die Sicht des Markeninhabers und wird als
derjenige ,,Gewinn bezeichnet, der eindeutig auf die Marke als Markenzeichen zurück-
zuführen ist und den er (der Markeneigner), ohne die Marke zu besitzen, nicht erzielen
könnte" (Sander, 1994, S. 46). Danach ergibt sich der Gewinn und damit der finanzielle Wert
einer Marke aus den Erlösen abzüglich den Kosten, die der Markierung eines Produktes
zuzuordnen sind (vgl. Sander, 1994, S. 46).
Da eine eindeutige Abgrenzung und Zuordnung der Erlöse und Kosten einer Marke ein
Problem darstellt (vgl. Bentele et al., 2004, S. 13), ist dieser finanzielle Markenwert nur
schwer zu quantifizieren
12
(vgl. Esch; Geus, 2001, S. 1027).
Den verschiedenen finanzwirtschaftlichen Begriffsbestimmungen des Markenwertes ist
gemeinsam, dass sie von Erträgen oder zumindest Gewinnerwartungen ausgehen (vgl.
Bekmeier-Feuerhahn, 1998, S. 31) und den Markenwert als einen Geldwert ausgeben (vgl.
Drees, 1999, S. 14). Zu unterschieden sind die finanzorientierten Begriffsdefinitionen
hinsichtlich einer zeitlichen und inhaltlichen Dimension. In zeitlicher Hinsicht ist der
Markenwert entweder gegenwarts- oder zukunftsorientiert und die inhaltliche Unterscheidung
betrifft die Frage, ob ein Bruttowert oder ein Nettowert in die Betrachtung einbezogen werden
soll (vgl. Bruhn; Homburg, 2004, S. 490).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine finanzorientierte Sichtweise der
Markenwertbestimmung keinesfalls als ,,tragfähig" anzusehen ist, da Aussagen über den
Konsumenten als Käufer der Marke vollkommen außen vor bleiben. Weiterhin lassen sich
nach der finanzwirtschaftlichen Betrachtungsweise keine Indikatoren entwickeln, die für eine
aktive Markensteuerung nützlich sein könnten (vgl. Bentele et al., 2003, S. 12f.). Der
Markenwert aus Konsumentensicht erlangt demzufolge an Bedeutung.
12
Auf die Probleme der Ermittlung des finanziellen Markenwertes wird insbesondere im Kapitel 4.3.1
eingegangen.

2. Grundlagen der Markenbewertung
18
2.3.2 Konsumentenorientierte
Betrachtung
Nach der verhaltenswissenschaftlichen bzw. der konsumentenorientierten Sichtweise liegt der
Markenwert nicht im Unternehmen, sondern spiegelt sich in den Köpfen der Konsumenten
wider (vgl. Esch; Geus, 2001, S. 1031). Im Gegensatz zu den finanzwirtschaftlichen
Definitionen betrachten die konsumentenorientierten Begriffsbestimmungen den Markenwert
nicht aus der Sicht des Markeninhabers, sondern aus der Perspektive der Konsumenten.
Letztendlich wird der Wert einer Marke durch die Reaktionen der Verbraucher auf die
Marketingmaßnahmen eines Unternehmens bestimmt (vgl. Meissner, 2003, S. 40). Als Ort
der Entstehung des Markenwertes wird damit die Wahrnehmung einer Marke durch den
Konsumenten angesehen (vgl. Sander, 1994, S. 44f.). Folglich kann der Markenwert als ,,das
Ergebnis eines mit Assoziationen, Einstellungen und Gefühle mit der Marke verbundenen
Prozesses" (Bruhn; Homburg, 2004, S. 490) dargestellt werden.
Vor dem Hintergrund der enormen Bedeutung des Verbrauchers hat sich eine Vielzahl an
konsumentenorientierten Definitionen herausgebildet. Andresen (1991, S. 31f.) spricht von
einem ,,inneren Markenwert", welcher sich aus dem inneren Markenbild und dem
Markenguthaben zusammensetzt. Das innere Markenbild entsteht dabei durch den aktuellen
Auftritt der Marke und das Markenguthaben wird als Bezeichnung für das Vertrauen in die
Marke aufgrund langfristiger Erfahrungen des Konsumenten verwendet.
Esch (2001) gibt ebenfalls eine verhaltenswissenschaftliche Begriffsbestimmung des
Markenwertes und versteht ihn ,,als das Ergebnis der unterschiedlichen Reaktionen von
Konsumenten auf Marketingmaßnahmen einer Marke im Vergleich zu identischen
Maßnahmen einer fiktiven Marke aufgrund spezifischer, im Gedächtnis gespeicherter
Markenvorstellungen" (Esch; Geus, 2001, S. 1027).
Innerhalb der konsumentenorientierten Betrachtungsweise sind neben dem Markenwert auch
andere Begriffe entstanden. So wird in diesem Zusammenhang an mehreren Stellen in der
Marken-Literatur von Markenstärke oder Markenkraft gesprochen (vgl. Franzen, 1995, S.
562; Irmscher, 1997, S. 60; Bekmeier-Feuerhahn, 1998, S. 37; Drees, 1999, S. 15; Maretzki,
2001, S. 38; Schneider et al., 2003, S. 89f.; Schunk; Heil; Simon, 2004, S. 12f.; Schimansky,
2004, S. 17). Unabhängig von der gewählten Begrifflichkeit handelt es sich bei dem
konsumentenorientierten Markenwert vorwiegend um eine qualitative, nicht-monetäre
Größe, die nicht zwangsläufig in Geldeinheiten quantifiziert werden muss. Weiterhin ist für

2. Grundlagen der Markenbewertung
19
diesen Markenwert charakteristisch, dass er einen relativen Maßstab darstellt, den man nur
im Vergleich zu anderen Wettbewerbsprodukten, zu unmarkierten Produkten oder zu einem
Idealwert setzen kann (vgl. Franzen, 1995, S. 562).
Eine alleinige Ausrichtung der Definition des Markenwertes auf den Konsumenten erscheint
dennoch unzureichend, da der Wert einer Marke auch für den Markeninhaber bedeutsam ist
(vgl. Sander, 1994, S. 48). Daher werden im folgenden Kapitel beide Sichtweisen und vorher
genannten Gesichtspunkte miteinander verbunden.
2.3.3 Integration der Finanz- und Konsumentenperspektive
Um eine möglichst vollständige Erfassung des Konstrukts Markenwert zu erhalten, werden
die finanzorientierte und die konsumentenorientierte Betrachtungsperspektive des
Markenwertes integriert (vgl. Abbildung 6). Ein erweitertes Markenwertverständnis liegt
vor, da neben dem Konsumenten auch der Markeninhaber in die Betrachtung mit eingezogen
wird (vgl. Drees, 1999, S. 15). Die dritte Kategorie enthält somit umfassende Definitionen,
welche verhaltenswissenschaftliche und ökonomische Aspekte aus den vorherigen Kategorien
zusammenführen.
Abbildung 6: Integratives Begriffsverständnis des Markenwertes
Finanzorientierte
Definition
Konsumentenorientierte
Definition
Markenwertbegriffe
Umfassende Definition
Schulz und Brandmeyer (1989) definieren den Markenwert dabei als ,,die Gesamtheit aller
positiven und negativen Vorstellungen, die im Konsumenten ganz oder teilweise aktiviert
werden, wenn er das Markenzeichen wahrnimmt, und die sich in ökonomischen Daten des
Marktwettbewerbs spiegeln" (Schulz; Brandmeyer, 1989, S. 366).

2. Grundlagen der Markenbewertung
20
Berücksichtigt werden in dieser Definition auf der einen Seite der Markenbezug als
immaterieller Wert, welcher allein dem Markenzeichen anhängt und unabhängig vom
sonstigen Firmenwert ist. Auf der anderen Seite wird einem verhaltenswissenschaftlichen
Bezug Rechnung getragen, bei dem der Markenwert in den Köpfen der Konsumenten
entsteht. Weiterhin existiert ein Marketing- und Finanzbezug, bei dem die ökonomischen
Daten des Marktwettbewerbs sich aus monetären und nicht-monetären Zielgrößen
zusammensetzten (vgl. Riedel, 1996, S. 35f.).
Verhaltenswissenschaftliche und finanzwirtschaftliche Aspekte der Markenwertbestimmung
können als ,,zwei Seiten einer Medaille" verstanden werden. Theoretisch sind sie ineinander
überführbar, weil der ökonomische Erfolg einer Marke und damit der finanzielle Markenwert
auf vorökonomische, psychografische Größen (z. B. Bekanntheitsgrad einer Marke)
zurückgeführt werden kann (vgl. Meissner, 2003, S. 41). Praktisch ist eine solche
Überführung mit Schwierigkeiten verbunden, die an späterer Stelle in der Diplomarbeit zur
Sprache kommen werden.
Fasst man die drei Betrachtungsweisen der Markenwert-Begriffsbestimmung zusammen, kann
dabei festgehalten werden, dass es weder eine richtige, noch eine falsche Definition des
Markenwertes gibt. Aufgrund der subjektiven Sichtweise von Marken und der Abhängigkeit
vom spezifischen Zweck der Markenbewertung (vgl. Kapitel 3), ist es nicht möglich, den
,,einzigen richtigen Markenwert" begrifflich zu bestimmen (vgl. Irmscher, 1997, S. 61; Drees,
1999, S. 15).
Die weiteren Ausführungen in der Diplomarbeit bauen auf der integrativen Definition von
Bekmeier-Feuerhahn (1998) auf und nehmen damit folgende Begriffsbestimmung als
Ausgangspunkt: ,,Markenwert wird definiert als die durch Markierung ausgelösten
gegenwärtigen und zukünftigen Wertsteigerungen von Leistungen auf Konsumenten-
und Unternehmensseite, die ökonomisch nutzbar und in monetäre Maßeinheiten zu
bewerten sind" (Bekmeier-Feuerhahn, 1998, S. 46).
Diese umfassende Definition des Markenwertes scheint deshalb geeignet, weil sie die
Unternehmens- und Konsumentenperspektive integriert, indem sie alle Marktpartner mit
einbezieht. Die Begriffsbestimmung trennt Markierungs- und Produktleistungen einer Ware
voneinander, da bei der Ermittlung des Markenwertes nur der immaterielle Wert der Marke zu
betrachten ist. Weiterhin wird der Markenwert in Geldeinheiten beziffert, welcher daher mit
der finanzorientierten Sichtweise einhergeht. Schließlich wird das Potenzial einer Marke auch

2. Grundlagen der Markenbewertung
21
zukunftsorientiert berücksichtigt (vgl. Bekmeier-Feuerhahn, 1998, S. 46ff.; Bentele et al.,
2003, S. 16).
Im Anschluss an die Begriffsbestimmung des Markenwertes soll nun gezeigt werden, welcher
Bedeutung insbesondere ein hoher Markenwert für Unternehmen zukommt.
2.4
Bedeutung des Markenwertes für Unternehmen
Ein hoher Markenwert stellt für jedes Unternehmen einen großen Anreiz dar, weil dadurch
grundlegende Vorteile entstehen. An dieser Stelle sollen die wesentlichen Aspekte dieses
positiven Wirkungsspektrums erklärt werden.
Für eine Marke mit einem hohen Wert führt der zusätzliche Wert zu wachsender
Kaufbereitschaft und zu Wiederholungskäufen bei den Konsumenten. Marken mit hohem
Markenwert genießen demnach eine höhere Markenloyalität, da die Bedürfnisse der
Verbraucher besser befriedigt werden. Dies führt im Zeitverlauf wieder zu einem
Wertzuwachs (vgl. Biel, 2001, S. 66ff.). Ein hoher Markenwert kann daher höhere
Markentreue und einen größeren Kundenstamm realisieren als Marken mit einem
geringeren Wert. Folglich können höhere Gewinne (z. B. durch die Durchsetzbarkeit hoher
Marktpreise im Sinne eines Preispremiums) verbucht werden und die Abhängigkeit von
kurzfristigen Sonderaktionen reduziert werden. Schließlich ist die Bindung vorhandener
Kunden auch kostengünstiger als die Akquisition von Neukunden (vgl. Aaker, 1992, S. 33ff.;
Esch; Wicke, 2001, S. 44f.).
Des Weiteren ruft ein hoher Markenwert sog. Halo-Effekte
13
bei den Konsumenten hervor
(vgl. Kroeber-Riel, 2003). In diesem Zusammenhang bewirkt der hohe Wert einer Marke eine
positive Beurteilung einzelner Eigenschaften der Marke und ermöglicht demnach eine
größere Effizienz der Kommunikation im Sinne einer Wirkungsspirale: Ein hoher
Markenwert wirkt sich zunächst positiv auf die Wahrnehmung einzelner Marketing-
Maßnahmen aus und diese beeinflussen wiederum den Markenwert positiv usw. (vgl. Esch;
Wicke, 2001, S. 45; Matetzki, 2001, S. 50).
13
Unter einem Halo-Effekt versteht man die Beeinflussung des Urteils über die gesamte Produktqualität auf die
Wahrnehmung einzelner Eigenschaften (vgl. Kroeber-Riel; Weinberg, 2003, S. 310). Wenn der Konsument
z. B. das gesamte Produkt als gut beurteilt, neigt er auch dazu, einzelne Eigenschaften, welche er nicht
wahrnimmt und die in keinem Zusammenhang mit der bisherigen Einschätzungen stehen, ebenfalls positiv
einzuschätzen.

2. Grundlagen der Markenbewertung
22
Der sog. Halo-Effekt wird am folgenden Beispiel deutlich (vgl. Abbildung 7). Regelmäßig
verliert die Marke Coca-Cola im Geschmackstest gegen Pepsi ­ dies aber nur im Blindtest.
Bei der Darstellung des jeweiligen Markenlabels, wird dagegen Coca-Cola wesentlich besser
beurteilt als bei der entsprechenden Blinddarbietung. Damit ist offensichtlich, dass durch das
gute Image einer Marke automatisch auch einzelne Produkteigenschaften, wie der Geschmack
eines koffeinhaltigen Getränks, besser eingeschätzt werden können (vgl. Esch; Wicke, 2001,
S. 7).
Abbildung 7: Vergleich der Ergebnisse eines Blindtests und eines offenen Tests zwischen
Diet Pepsi und Diet Coke
51%
44%
5%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
23%
65%
12%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
Ziehen Pepsi
vor
Ziehen Coke
vor
Egal
(gleich gut)
Blindtest
Test mit Darbietung der Marken
Ziehen Pepsi
vor
Ziehen Coke
vor
Egal
(gleich gut)
Quelle: Esch, 2003, S. 10 nach Chernatony/Mc Donald, 1992, S. 9
Eine starke Marke kann weiterhin im Sinne einer Markteintrittsbarriere
14
wirken, indem sie
potenziellen Wettbewerbern den Zutritt zum Markt erschwert. Dadurch bietet ein hoher
Markenwert einen Wettbewerbsschutz vor Einflüssen zukünftiger Konkurrenten und stärkt
somit die vorhandene Wettbewerbsposition des Unternehmens. Die aufgebauten
Wettbewerbsbarrieren sind für die Konkurrenten nur durch kostenintensive Angriffe
überwindbar (vgl. Esch; Wicke, 2001, S. 45; Esch, 2003, S. 26).
Außerdem weisen starke Marken mit hohem Wert eine lange Lebensdauer auf. Die Marken
Levis, Kellogg's oder Kodak haben nur durch behutsame Anpassung ihrer Leistungs-
merkmale und Kommunikationsauftritte schon mehr als 100 Jahre erreicht und überdauern
damit viele Konkurrenzmarken, bei denen der Lebenszyklus immer kürzer wird (vgl. Klein-
Bölting; Maskus, 2003, S. 16; Biel, 2001, S. 69).
14
Markteintrittsbarrieren sind Faktoren, welche das Ziel eines erfolgreichen und ertragreichen Markteintritts
verhindern oder zumindest erschweren bzw. verlangsamen (vgl. Töpfer; Durchmann, 2001, S. 1042).

2. Grundlagen der Markenbewertung
23
Ferner ermöglicht ein hoher Markenwert eine bessere Zusammenarbeit mit dem Handel, da
die Verhandlungsposition des Herstellers gestützt und verbessert wird (vgl. Maretzki, 2001, S.
49). Sehr starke Marken weisen eine ,,gewisse Unverzichtbarkeit" (Klein-Bölting; Maskus,
2003, S. 17) auf, d. h. der Konsument möchte bestimmte Marken in den Regalen des Handels
vorfinden. Der Hersteller ist aufgrund der ,,Pull"-Wirkung
15
seiner Marken nicht so stark auf
eine ,,Push"-Politik
16
angewiesen, da sich der Handel ohnehin dem Druck beugt, die Marken
mit hohem Wert in den Regalen aufzunehmen (vgl. Klein-Bölting, 2003, S. 17).
Marken mit hohem Markenwert überstehen außerdem Krisen durch ihre dominierende
Marktstellung besser als schwache Marken. So hat die geplante Versenkung der Öl-Plattform
Brent Spar der Marke Shell zwar negative PR bereitet, doch aufgrund des langfristigen
starken Markencharakters konnte sich Shell schnell wieder von diesem öffentlichen Desaster
erholen (vgl. Klein-Bölting; Maskus, 2003, S. 17).
Klein-Bölting und Maskus (2003) zeigen weiterhin, dass sich der Markenwert eines
Unternehmens relativ stabil entwickelt, weil er nur in geringem Maße vom konjunkturellen
Umfeld und anderen externen Einflüssen abhängig ist. Eine starke Marke ist auch dann noch
stark, wenn die Aktienwerte eines Unternehmens beispielsweise durch Krisen gefallen sind.
Ein hoher Markenwert kann demnach ein Unternehmen sowohl in der Bilanz als auch an der
Börse vor einem Wertverfall schützen (vgl. Klein-Bölting; Maskus, 2003, S. 7f.).
Darüber hinaus kann ein hoher Markenwert verschiedene Markentransfermöglichkeiten
erleichtern und bietet damit eine Plattform für die Einführung neuer Produkte im Sinne
von Brand- oder Line Extensions, um neue Märkte und Zielgruppen zu erschließen (vgl.
Transferfunktion der Marke in Kapitel 2.2.1) (vgl. Esch; Wicke, 2001, S. 45; Esch, 2003, S.
25). Das Potenzial zur Dehnung einer Marke lässt sich mit den einmal geschaffenen
Markenwerten und den Marken-Assoziationen erklären. Zum Beispiel schuf Sony eine ganze
Palette von Untermarken (Subbrands), die alle die Eigenschaften der modernen Technik,
Eigenständigkeit und Jugendlichkeit vereinigen (vgl. Klein-Bölting; Maskus, 2003, S. 17).
15
Die ,,Pull-Wirkung" bezieht sich auf die aktive Nachfrage der Konsumenten beim Handel in Sinne eines
Nachfragesogs (vgl. Meffert, 2000, S. 649). Zu den zentralen Pull-Marketinginstrumenten zählen die
Produktqualität, Marke und Endverbraucherwerbung (vgl. Tomczak; Schögel; Feige, 2001, S. 921).
16
Mit der ,,Push-Politik" versucht der Hersteller seine Marken in die Regale des Handels ,,hineinzudrücken"
(Meffert, 2000, S. 648). Dazu bedient sich der Hersteller sog. Push-Anreizen, die direkt beim Handel
ansetzen. Solche Anreize können z. B. Rabatt- und Nebenleistungszugeständnisse oder eine intensive
Betreuung durch den Außendienst sein (vgl. Tomczak; Schögel; Feige, 2001, S. 921f.).

2. Grundlagen der Markenbewertung
24
Zuletzt eröffnen starke Marken mit einem hohen Markenwert ein großes Potenzial
hinsichtlich der Lizenzmöglichkeiten
17
und erleichtern damit Unternehmen eine angestrebte
internationale Expansion (vgl. Meffert; Burmann; Koers, 2000, S. 12).
17
Lizenzierungen von Marken werden als Bewertungsanlass in Kapitel 3.2.2 näher betrachtet.

25
3. Anlässe
der
Markenbewertung
Vor dem Hintergrund der zahlreichen Definitionen und der Bedeutung des Markenwertes
scheint es sinnvoll, die verschiedenen Motive der Markenbewertung zu diskutieren, denn die
Unterschiede zwischen den Begriffsbestimmungen des Markenwertes reflektieren auch die
unterschiedlichen Anlässe bzw. Zwecke der Markenbewertungsansätze (vgl. Franzen;
Trommsdorff; Riedel, 1994, S. 1377).
Eine Einteilung der Anlässe der Markenwertermittlung in eine unternehmensinterne und
unternehmensexterne Sichtweise (vgl. Sattler, 1995, S. 665; Göttgens et al., 2001, S. 3f.;
Kranz, 2002, S. 436) ist genauso überzeugend wie die Einordnung in eine
finanzwirtschaftlich-juristische und eine Marketingperspektive (vgl. Maretzki, 2001, S.
41), wobei bei genauerer Betrachtung die unternehmensinterne Sichtweise der
Marketingperspektive entspricht und die unternehmensexterne Aufteilung mit der
finanzwirtschaftlich-juristischen Perspektive gleichzusetzen ist. Die folgende Abbildung
stellt den Zusammenhang dar (vgl. Abbildung 8).
Abbildung 8: Systematisierung der Markenbewertungsanlässe
Unternehmens-
intern
Unternehmens-
extern
Marketing-
perspektive
Finanzwirt-
schaftlich-
juristische
Perspektive
· Leistungsbeurteilung
· Allokation des Marketingbudgets
· Steuerung und Kontrolle von Marken
· Unternehmensakquisition
· Lizenzierung/Franchising
· Kreditsicherung
· Schadensersatzanspruch
· Bilanzierung
Quelle: In Anlehnung an Sattler, 1995, S. 665
Ferner lassen sich die Anlässe der Markenbewertung danach unterscheiden, ob die
Ermittlung des Markenwertes in regelmäßigen Abständen oder unregelmäßig/fallweise
durch spezielle Impulse vorgenommen wird (vgl. Maretzki, 2001, S. 40f.; Gerpott; Thomas,
2004, S. 395). In ähnlicher Weise differenzieren Schneider et al. (2003, S. 119f.) die
Markenwertanlässe in einmalige und wiederkehrende Zwecke der Markenbewertung.

3. Anlässe
der
Markenbewertung
26
Im Folgenden wird die erstgenannte Einteilung beibehalten, welche die Ermittlung des
Markenwertes für unternehmensinterne und unternehmensexterne Anwendungsbereiche
beleuchtet.
3.1
Unternehmensinterne Anlässe
Betrachtet man zunächst die Markenbewertungsanlässe aus unternehmensinterner Sicht, dient
die Bestimmung des Markenwertes vornehmlich für interne Personen wie den Markeninhaber,
der Geschäftsführung/Vorstand oder der Marketing-Verantwortlichen etc. (vgl. Cheridito,
2003, S. 31). Informationen über den Markenwert interessieren aus Sicht des Marken-
managements bzw. der Personalführung vor allem für die folgenden Aspekte, welche
anschließend näher erläutert werden:
·
Leistungsbeurteilung im Personalmanagement,
·
Allokation des Marketingbudgets,
·
Steuerung und Kontrolle von Marken.
3.1.1
Leistungsbeurteilung im Personalmanagement
Der Markenwert kann zunächst als Erfolgsmaßstab für die Leistungsbeurteilung von
Produkt- und Markenmanagern dienen und somit als Entlohnungsgrundlage und für die
Festlegung variabler Entlohnungsbestandteile und Prämien herangezogen werden (vgl.
Göttgens et al., 2001, S. 4; Klein-Bölting; Maskus, 2003, S. 153).
Im Rahmen von Mitarbeiterentgeltsystemen ermöglicht die Bewertung einer Marke die
Verknüpfung der Vergütungen mit den Veränderungen des Markenwertes (vgl. Gerpott;
Thomas, 2004, S. 396). Demnach werden Produktmanager nicht nur nach dem kurzfristig
erwirtschafteten Gewinn einer Marke beurteilt, sondern zusätzlich nach der durch den
Manager innerhalb einer bestimmten Periode bewirkten Veränderungen des Wertes einer
Marke (vgl. Sattler, 1995, S. 665).
Die Kopplung der Anreizsysteme an den Markenwert als langfristiges Maß sichert zudem
eine wertorientierte Unternehmensführung, weil die Entscheidungen der Manager in Richtung
Steigerung des Markenwertes der Unternehmung gelenkt werden (vgl. Schunk; Lütje; Heil,
2004, S. 28). Dadurch soll die Gefahr unterbunden werden, dass Manager kurzfristige

3. Anlässe
der
Markenbewertung
27
vorteilhafte Investitionsprojekte realisieren, die sich eventuell erst in späteren Perioden als
unvorteilhaft auswirken
18
(vgl. Cheridito, 2003, S. 32).
Als Leistungskennziffer ergänzt der Markenwert daher die bisherige Leistungsmessung auf
Basis von Umsatz- oder Marktanteilsgrößen, wodurch sich nicht nur ,,der operative
Aktionsrahmen" erweitert und die Kurzfrist-Orientierung der Manager eingeschränkt wird,
sondern auch das ,,Bewusstsein für die strategische Bedeutung und Wirkung der Marke"
besser verankern lässt (Franzen, 1995, S. 131).
3.1.2 Allokation
des
Marketingbudgets
Vor dem Hintergrund steigender Marketingkosten lässt sich der Markenwert weiterhin für die
Allokation des Marketingbudgets verwenden (vgl. Sattler, 1995, S. 665). Allein die
Investitionen in klassische Kommunikationsmaßnahmen wie Werbung sind in den letzten
Jahren drastisch gestiegen. So summierten sich die Werbeausgaben in Deutschland im Jahr
2000 auf über 33,21 Mrd. Euro, Tendenz steigend (vgl. Nieschlag; Dichtl; Hörschgen, 2002,
S. 987).
Vorwiegend bei Budgetdiskussionen von Marketing-Verantwortlichen mit Finanzexperten
spielt der Markenwert eine wichtige Rolle. Hierbei werden Marketingausgaben nicht mehr als
kurzfristig, sondern als langfristige Investitionen angesehen. Infolgedessen benötigen die
Marketingmanager ein quantitatives Maß, um den Investitionscharakter von Marketing-
ausgaben und die steigenden Budgetanforderungen gegenüber dem Finanzvorstand zu
begründen (vgl. Sattler, 1995, S. 665). Zudem besteht durch die Ermittlung des Markenwertes
für den Marketing-Bereich die Möglichkeit der Rechtfertigung von bestimmten Investitions-
entscheidungen gegenüber dem Controlling (vgl. Schunk; Lütje; Heil, 2004, S. 26f.).
Bei Kenntnis eines funktionalen Zusammenhangs zwischen den Instrumenten des Marketing-
Mix und dem Markenwert, dient das Markenwertkonzept zur optimalen Allokation des
Marketingbudgets (vgl. Sattler, 1995, S. 665). Dabei kann der Markenwert die Entscheidung
zur Aufteilung der finanziellen Mittel auf die einzelnen Marketing-Instrumente unterstützen
(vgl. Berndt; Sander, 1994, S. 1358). Insbesondere bei Mehrmarken-Unternehmen können
aufgrund beschränkter Marketing-Budgets nicht alle Marken gleichermaßen gefördert werden.
Die Markenbewertung hilft daher bei der Entscheidung, in welche Marken investiert oder
18
Zum Beispiel kann die Investition eines prachtvollen Firmengebäudes für den Markenmanager aus
Prestigegründen kurzfristig von Vorteil sein, aber langfristig dem Marktwert der Unternehmung schaden
(vgl. Schunk; Lütje; Heil, 2004, S. 28).

3. Anlässe
der
Markenbewertung
28
welche Marken abgebaut werden sollen
19
(vgl. Irmscher, 1997, S. 71; Maretzki, 2001, S.
43f.).
Zuletzt können Informationen über den Wert einer Marke die Stellung des Marketing
innerhalb der Unternehmung verstärken (vgl. Schunk; Lütje; Heil, 2004, S. 26f.).
3.1.3
Steuerung und Kontrolle von Marken
Aus unternehmensinterner Sicht ist die Markenbewertung vor allem für Aspekte der
Markensteuerung und ­kontrolle (Markenführung
20
) von Interesse. Im Rahmen des
Markenmanagements nimmt der Markenwert die Funktion eines Planungs- und
Kontrollinstruments ein und soll Handlungsanweisungen für strategische und operative
Marketing-Entscheidungen erleichtern (vgl. Berndt; Sander, 1994, S. 1358).
Wertvolle Hinweise für Entscheidungen im Rahmen der Markenpolitik kann z. B. die
Beobachtung des Markenwertes einer Marke im Zeitablauf oder der Vergleich firmeninterner
Marken untereinander geben (vgl. Franzen; Trommsdorff; Riedel, 1994, S. 1378).
Insbesondere ein direkter Vergleich des eigenen Markenwertes mit den wichtigsten
Wettbewerbsmarken ermöglicht eine gezielte Stärken-Schwächen-Analyse und liefert
wertvolle Hinweise für die Steuerung der Marken und für die Kontrolle des bisherigen
Marketing-Erfolges (vgl. Franzen, 1995, S. 563). Im Bereich der Markenpflege können
dadurch Marketing-Maßnahmen identifiziert werden, um die eigene Stellung am Markt zu
verbessern (vgl. Bekmeier, 1995, S. 1462).
Für die strategische Markenführung spielt die Markenbewertung außerdem zur Vorgabe von
anzustrebenden Markenwerten als Planungs- und Zielgröße eine größere Rolle (vgl.
Ellerbrock; Frank, 2004, S. 51; Göttgens et al., 2001, S. 4). Der Vorteil des Markenwertes als
19
So reduzierte z. B. Unilever sein Markenportfolio systematisch um 60 Prozent (1999: 1600 Marken; 2001:
964 Marken), um eine Konzentration auf starke Marken zu gewährleisten, die das Portfolio zukünftig stärken
sollen (vgl. Kranz, 2002, S. 438; Zimmermann et al., 2002, S. 10).
20
In der Marketingtheorie wird der Begriff Markenführung sehr unterschiedlich verwendet. Dabei lassen sich
zwei Gruppen voneinander unterscheiden. Zum einen existiert die Gruppe, welche die Markenführung als
Oberbegriff für alle Initiativen und Maßnahmen versteht und die Planung, Steuerung und Kontrolle von
Marken zum Gegenstand hat (Markenführung im weiteren Sinne). In diesem Fall wird den Begriff
Markenführung synonym zum Markenmanagement verwendet. Demgegenüber steht eine zweite Gruppe,
welche die Markenführung speziell auf die grundsätzliche Ausrichtung einer Marke beschränkt
(Markenführung im engeren Sinne). Diese Variante richtet sich auf die rein strategische Ebene und befasst
sich eher mit grundlegenden Fragestellungen (Markenanalyse, strategisches Markencontrolling etc.). In
Abgrenzung dazu wird die Markentechnik als operative Ebene des Markenmanagements (Markengestaltung,
Markenpolitik etc.) verstanden (vgl. Herrmann, 1999, S. 59). In dieser Arbeit soll die Markenführung nach
der ersten Variante (Markenführung im weiteren Sinne) aufgefasst werden, welche sowohl strategische als
auch operative Fragestellungen der Marke berücksichtigt.

3. Anlässe
der
Markenbewertung
29
Zielgröße besteht darin, den kurzfristig orientierten Zielen wie Umsatz, Gewinn, Marktanteil
etc. und den daraus resultierenden Maßnahmen, welche der Marke langfristig schaden
können, entgegenzuwirken. Demzufolge lassen sich langfristig wirkende Markenmaßnahmen
besser beurteilen und als Investitionen durch ihre positive Wirkung auf den Markenwert
leichter rechtfertigen (vgl. Kapitel 3.1.2) (vgl. Kriegbaum, 2000, S. 71).
Im Rahmen der Markenführung ist aber nicht allein die Höhe des Markenwertes wichtig,
sondern vielmehr müssen die Gründe ermittelt werden, warum ein hoher bzw. niedriger
Markenwert zustande gekommen ist. Erst dadurch können Maßnahmen zur Verbesserung
bzw. der Erhaltung des Markenwertes eingeleitet werden (vgl. Esch; Geus, 2001, S. 1030).
Im Hinblick auf die Markenführung dient der Markenwert ferner dazu, das Transfer-
potenzial der Marke für neue Produktkategorien (Brand-Extensions) abzuschätzen (vgl.
Markentransferfunktion in Kapitel 2.2.1) und Entscheidungen bezüglich der
Internationalisierung von Marken zu unterstützen (vgl. Sander, 1994, S. 57; Maretzki, 1999,
S. 44f.). Großkonzerne stehen heutzutage oftmals vor der Frage, sich auf globale Marken zu
konzentrieren oder lokale Marken in globale Marken zu überführen bzw. die Beziehungen
zwischen lokalen und globalen Marken effizient neu zu bestimmen. Die Markenbewertung
kann ein Instrumentarium bieten, um solche Internationalisierungsentscheidungen besser
beurteilen zu können (vgl. Zimmermann et al., 2002, S. 10).
Im Rahmen des Markenmanagements kann der Wert einer Marke weiterhin ein nützliches
Kontrollinstrument darstellen, indem ein Soll-Ist-Vergleich zwischen den angestrebten und
tatsächlich erreichten Zielvariablen
21
vorgenommen wird. Bei Abweichungen von den
angestrebten Zielgrößen können die Ursachen analysiert und Maßnahmen getroffen werden,
um weitere Fehlentwicklungen zu vermeiden (vgl. Berndt; Sander, 1994, S. 1358).
Für eine effektive und effiziente Markenkontrolle reicht dennoch die Ermittlung eines
ökonomischen Markenwertes nicht aus, sondern die Einflussfaktoren, welche den Markenwert
bestimmen, müssen kontrolliert werden (vgl. Esch; Geus, 2001, S. 1030). Die Verwendung
des Markenwertes als Steuerungs- und Kontrollinstrument hängt also entscheidend vom
Einfluss markenbezogener Maßnahmen (z. B. Imagekampagnen, Relaunchs oder Marken-
transfers) ab. Erst wenn die Ursachen und die Wirkungen der Markenwertentstehung
analysiert werden und die Einflussfaktoren langfristig auf den Markenwert zurückzuführen
21
Typische markenpolitische Ziele sind neben Marktanteil-, Gewinn- und Umsatzzielen vor allem Zielgrößen,
die sich auf die Markentreue oder die Markenbekanntheit etc. beziehen (vgl. Berndt; Sander, 1994, S. 1358).

3. Anlässe
der
Markenbewertung
30
sind (vgl. Sattler, 1995, S. 666), können daraus diagnostische und therapeutische
Rückschlüsse für die Markensteuerung gezogen werden (vgl. Esch; Geus, 2001, S. 1030).
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass aus den unterschiedlichen Zielsetzungen der
unternehmensinternen Markenbewertungszwecke je nach konkretem Anlass (Leistungs-
beurteilung des Managements, Budgetallokation, Steuerung und Kontrolle von Marken)
sowohl ein monetärer als auch ein nicht-monetärer Markenwert von Interesse sein kann
(vgl. Zimmermann et al., 2002, S. 11).
3.2 Unternehmensexterne
Anlässe
Die Markenbewertung aus unternehmensübergreifender Sicht ist vorwiegend für externe
Zielgruppen wie Kauf- und Lizenzierungsinteressenten, Kreditgebern, Shareholdern, Finanz-
und Bilanzierungsexperten relevant (vgl. Ellerbrock; Frank, 2004, S. 51). Die Ermittlung des
Markenwertes liefert wertvolle Hinweise für folgende unternehmensexterne Anlässe:
·
Preisermittlung im Rahmen von Unternehmensakquisitionen,
·
Feststellung der Höhe von Lizenzzahlungen im Falle von Lizenzierung und
Franchising von Marken,
·
Kreditsicherung durch Marken,
·
Ermittlung der Höhe von Schadensersatzansprüchen bei Markenrechtsverletzungen,
·
externe Berichterstattung und Bilanzierung.
3.2.1
Unternehmensakquisition
Zunächst spielt die Markenbewertung beim Erwerb von Unternehmen und Markenrechten
eine bedeutende Rolle. Insbesondere bei Unternehmensakquisitionen mit erfolgreichen
Marken kann der Markenwert den Kauf- bzw. Verkaufspreis entscheidend beeinflussen.
Während früher Produktionskapazitäten und Fertigungstechnologien als die wichtigsten
Faktoren für die Übernahme von Unternehmen galten, stellen heute Marken in den meisten
Fällen den bedeutendsten Vermögenswert dar (vgl. Klein-Bölting; Maskus, 2003, S. 150).
Bekanntes Beispiel ist die Akquisition von Kraft durch Phillip Morris, wo allein 11,6 Mrd.

3. Anlässe
der
Markenbewertung
31
US-$ von einem gezahltem Kaufpreis von 12,9 Mrd. US-$ für den Markenwert entrichtet
wurden (vgl. Esch; Geus, 2001, S. 1029).
Die Motive für eine Markenakquisition liegen auf der Hand: Unternehmensübernahmen
haben im Vergleich zur Eigenentwicklung von neuen Marken den Vorteil, dass mit dem
Erwerb bereits eingeführter Marken ein geringeres Risiko, eine erhebliche Zeitersparnis
sowie geringere Kosten verbunden sind (vgl. Sander, 1994, S. 50ff.).
Gerade in gesättigten Märkten erschweren die zunehmende Internationalisierung und den
daraus resultierenden Markteintritt neuer Wettbewerber (Konkurrenzdruck), die wachsende
Informationsüberflutung der Konsumenten sowie die dramatische Verkürzung der
Produktlebenszyklen
22
eine Neuproduktentwicklung und erhöhen das Misserfolgsrisiko bei
der Einführung von neuen Marken. So liegt die Floprate von neu eingeführten Produkten bei
ca. 85 bis 95 Prozent (vgl. Esch; Wicke, 2001, S. 13f.; Esch et al., 2001, S. 759). Dagegen
scheint das Risiko beim Erwerb eingeführter Marken überschaubarer zu sein. Die
Konsumenten registrieren selten sofort die Marken­ und Unternehmenstransaktion und
weisen dadurch auch keine Verhaltensänderungen gegenüber der Marke auf (vgl. Sander,
1994, S. 52; Bekmeier-Feuerhahn, 1998, S. 51).
Von Vorteil ist eine Markenübernahme weiterhin aus zeitlichen Gründen. Im Vergleich zu
Neuproduktentwicklungen, die i. d. R. einen erheblichen Zeitaufwand bedürfen, erfolgt die
Akquisition von Marken relativ kurzfristig (vgl. Bekmeier-Feuerhahn, 1998, S.51). Durch die
Verwendung bewährter Marken können außerdem Wachstumsziele schneller erreicht werden
(vgl. Sander, 1994, S. 52f.).
Betrachtet man den Kostenaspekt, so kann festgehalten werden, dass die Entwicklung und
Neueinführung neuer Marken mit hohen finanziellen Kosten
23
verbunden ist (vgl. Esch et al.,
2001, S. 759). Dem ungeachtet können Kaufpreise für Markentransaktionen ebenfalls Beträge
in einer Höhe von mehreren Millionen bis zu mehreren Milliarden Euro erreichen
24
. Sander
(1994, S. 53) begründet die hohen Preise mit den oben genannten Vorteilen, das i. d. R.
geringere Risiko und die Zeitersparnis beim Erwerb bereits eingeführter Marken.
22
Experten sprechen von einer Verkürzung der Produktlebenszeiten um 60 bis 80 Prozent. Zum Teil dauert die
Entwicklungszeit eines neuen Produktes länger als dessen Lebenszeit (vgl. Klein-Bölting; Maskus, 2003, S.
30).
23
In der amerikanischen Automobilindustrie rechnet man für die Einführung eines neuen Produktes mit
Marketingkosten von rund 75 Millionen Dollar jährlich (drei bis fünf Jahre lang) (vgl. Klein-Bölting;
Maskus, 2003, S. 30).
24
Zum Beispiel investierte E.ON bei der Übernahme von Ruhrgas im Jahr 2003 4,1 Mrd. Euro.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832489052
ISBN (Paperback)
9783838689050
DOI
10.3239/9783832489052
Dateigröße
1.4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Chemnitz – Fakultät für Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2005 (Juli)
Note
1,0
Schlagworte
marke markenwert markenbewertung
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Titel: Integrative Ansätze zur Markenbewertung
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