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Entwicklung eines Projektmodells zur Einführung mobiler Geräte in betrieblichen Informationssystemen

©2005 Diplomarbeit 132 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Vorgehensmodelle für die Systementwicklung sind seit Beginn der Informatik sowohl in der Forschung als auch in der Praxis ein wichtiger und viel diskutierter Teilbereich. Mobile Informations- und Kommunikationstechnologien und damit verbunden die Einführung und Nutzung von mobilen Aufgabenträgern wie Mobiltelefonen oder Handhelds in Informationssystemen sind dagegen ein erst seit ein paar Jahren immer stärker aufkommendes Forschungs- und Anwendungsgebiet. Dieses „Mobile Computing“ genannte Gebiet wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten nicht nur die Informatik, sondern auch den Alltag grundlegend verändern.
Durch die neuen Technologien und Endgeräte und deren Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten entstehen zahlreiche neue Anwendungsfelder, aber auch neue Anforderungen an die Entwicklung darauf basierender betrieblicher Informationssysteme. Diese neuen Rahmenbedingungen und die daraus resultierenden Anforderungen an die Systementwicklung werden in der folgenden Arbeit aufgezeigt. Es soll geklärt werden welche Entwicklungsansätze geeignet sind und wie sie am besten in gängige Modelle zur Systementwicklung integriert werden können, oder ob es neuer Vorgehen und Konzepte bedarf.
Zu Beginn beschäftigt sich die Arbeit mit den wichtigsten Technologien zur drahtlosen Mobilkommunikation, mit den Besonderheiten und Charakteristika mobiler Endgeräte und Anwendungssysteme sowie mit deren Unterschieden zu stationären Systemen.
Im nächsten Schritt werden relevante Vorgehensweisen und -modelle zur Konzeption und Entwicklung von Softwaresystemen vorgestellt und auf ihre charakteristischen Eigenschaften sowie Vor- und Nachteile untersucht.
Als Ergebnis dieser Untersuchung wird ein darauf basierendes und auf die Eigenschaften mobiler Aufgabenträger ausgerichtetes allgemein gültiges Projektmodell zur Einführung mobiler Endgeräte und Anwendungssysteme in betrieblichen Informationssystemen entwickelt. Das Projektmodell selbst folgt dabei einer iterativ-inkrementellen Vorgehensweise unter Berücksichtigung einer komponentenbasierten Entwicklungstechnik.


Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
AbstractI
InhaltsverzeichnisII
AbkürzungsverzeichnisV
Abbildungs-, und TabellenverzeichnisVII
HinweiseVIII
1.Einführung1
1.1Motivation und Problemstellung1
1.2Aufbau der Arbeit4
2.Grundlagen mobiler Informationssysteme5
2.1Grundlagen und Begriffsdefinitionen5
2.2Kommunikationssysteme mobiler Informationssysteme7
2.2.1Systeme zur […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8722
Schmidt, Alban: Entwicklung eines Projektmodells zur Einführung mobiler Geräte in
betrieblichen Informationssystemen
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Diplomarbeit, 2005
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany

Abstract I
Abstract
Vorgehensmodelle für die Systementwicklung sind seit Beginn der Informatik
sowohl in der Forschung als auch in der Praxis ein wichtiger und viel disku-
tierter Teilbereich. Mobile Informations- und Kommunikationstechnologien
und damit verbunden die Einführung und Nutzung von mobilen Aufgabenträ-
gern wie Mobiltelefonen oder Handhelds in Informationssystemen sind dage-
gen ein erst seit ein paar Jahren immer stärker aufkommendes Forschungs-
und Anwendungsgebiet. Dieses ,,Mobile Computing" genannte Gebiet wird in
den kommenden Jahren und Jahrzehnten nicht nur die Informatik, sondern
auch den Alltag grundlegend verändern.
Durch die neuen Technologien und Endgeräte und deren Vielzahl an
Einsatzmöglichkeiten entstehen zahlreiche neue Anwendungsfelder, aber
auch neue Anforderungen an die Entwicklung darauf basierender betriebli-
cher Informationssysteme. Diese neuen Rahmenbedingungen und die dar-
aus resultierenden Anforderungen an die Systementwicklung werden in der
folgenden Arbeit aufgezeigt. Es soll geklärt werden welche Entwicklungsan-
sätze geeignet sind und wie sie am besten in gängige Modelle zur System-
entwicklung integriert werden können, oder ob es neuer Vorgehen und Kon-
zepte bedarf.
Zu Beginn beschäftigt sich die Arbeit mit den wichtigsten Technologien zur
drahtlosen Mobilkommunikation, mit den Besonderheiten und Charakteristika
mobiler Endgeräte und Anwendungssysteme sowie mit deren Unterschieden
zu stationären Systemen.
Im nächsten Schritt werden relevante Vorgehensweisen und -modelle zur
Konzeption und Entwicklung von Softwaresystemen vorgestellt und auf ihre
charakteristischen Eigenschaften sowie Vor- und Nachteile untersucht.
Als Ergebnis dieser Untersuchung wird ein darauf basierendes und auf die
Eigenschaften mobiler Aufgabenträger ausgerichtetes allgemein gültiges
Projektmodell zur Einführung mobiler Endgeräte und Anwendungssysteme in
betrieblichen Informationssystemen entwickelt. Das Projektmodell selbst folgt
dabei einer iterativ-inkrementellen Vorgehensweise unter Berücksichtigung
einer komponentenbasierten Entwicklungstechnik.

Inhaltsverzeichnis II
Inhaltsverzeichnis
Abstract ...I
Inhaltsverzeichnis...II
Abkürzungsverzeichnis... V
Abbildungs-, und Tabellenverzeichnis ... VII
Hinweise ... VIII
1
Einführung...1
1.1
Motivation und Problemstellung... 1
1.2
Aufbau der Arbeit... 4
2
Grundlagen mobiler Informationssysteme...5
2.1
Grundlagen und Begriffsdefinitionen ... 5
2.2 Kommunikationssysteme
mobiler Informationssysteme... 7
2.2.1 Systeme zur drahtlosen Mobilkommunikation ... 7
2.2.2 Technische Infrastruktur mobiler Informationssysteme ... 14
2.3 Mobile
Endgeräte... 19
2.3.1 Abgrenzung von stationären Geräten... 20
2.3.2 Klassifikation mobiler Endgeräte ... 21
2.3.3 Systemsoftware für mobile Endgeräte... 25
2.3.4 Charakteristika und Spezifika mobiler Aufgabenträger... 27
2.4 Mobile
Anwendungssysteme ... 30
2.4.1 Architekturmodelle mobiler Anwendungssoftware ... 31
2.4.2 Entwicklungsplattformen für die Entwicklung mobiler Systeme ... 34
2.4.3 Klassifikation mobiler Anwendungssysteme ... 37
2.5
Möglichkeiten und Grenzen der Entwicklung mobiler Systeme... 39
3
Entwicklung von Anwendungssystemen ...44
3.1
Grundlagen und Begriffsdefinitionen ... 45
3.2
Aktivitäten der Systementwicklung ... 48
3.2.1 Phasen der fachlichen Ebene der Systementwicklung ... 50
3.2.2 Phasen
der
software-technischen Ebene der Systementwicklung ... 52
3.2.3 Projektbegleitende
Aktivitäten ... 54

Inhaltsverzeichnis III
3.3
Klassen von Vorgehensmodellen ... 57
3.3.1 Klassische spezifikationsbasierte Vorgehensmodelle ... 58
3.3.2 Phasen-, Wasserfall- und Schleifenmodelle ... 59
3.3.3 Prototypische
Vorgehensmodelle ... 63
3.3.4 Evolutionäre inkrementelle und iterative Vorgehensmodelle ... 64
3.4
Entwicklungsparadigmen für Vorgehensmodelle... 68
3.4.1 Objektorientierte
Vorgehensmodelle... 69
3.4.2 Komponentenbasierte
Vorgehensmodelle... 70
3.5
Auswahl und Anpassung geeigneter Vorgehensmodelle ... 72
3.5.1 Allgemeine Eigenschaften von Vorgehensmodell... 72
3.5.2 Allgemeine Qualitätskriterien für Vorgehensmodelle... 73
3.5.3 Anpassung
von
Vorgehensmodellen ... 74
4
Entwicklung mobiler Anwendungssysteme ...76
4.1
Anforderungen an die Entwicklung mobiler Systeme ... 77
4.1.1 Anforderungen an zu entwickelnde mobile Systeme ... 77
4.1.2 Anforderungen an das Projektmodell... 80
4.2
Entwicklungsansatz des Projektmodells... 83
4.2.1 Evaluierung verschiedener Entwicklungsansätze... 84
4.2.2 Beschreibung des Entwicklungsansatzes... 86
4.3
Entwicklungsprozess des Projektmodells... 88
4.3.1 Analyse ... 90
4.3.2 Spezifikation ... 92
4.3.3 Entwurf... 94
4.3.4 Realisierung... 96
4.3.5 Test... 97
4.3.6 Einführung ... 97
4.4
Managementprozess des Projektmodells... 99
4.4.1 Projektmanagement... 99
4.4.2 Kundenintegration... 100
4.4.3 Qualitätsmanagement... 101
4.4.4 Werkzeugunterstützung und Konfigurationsmanagement ... 102
4.4.5 Rollenkonzept ... 103
4.5
Modellanwendung und -weiterentwicklung ... 104
4.6
Merkmale des Projektmodells... 105

Inhaltsverzeichnis IV
5
Fazit und Ausblick ...107
5.1
Zusammenfassung und Schlussbetrachtung... 107
5.2
Ausblick ... 108
Literaturverzeichnis...109
Erklärung ...122

Abkürzungsverzeichnis V
Abkürzungsverzeichnis
2G
Mobilfunk der 2. Generation
2.5G
Mobilfunk der 2.5 Generation
3G
Mobilfunk der 3. Generation
ARM
Advanced RISC Machines
AwS Anwendungssystem
Bit Binary
Digit
CASE
Computer Aided Software Engineering
COM Component
Object
Model
CSD
Circuit Switched Data
DAB
Digital Audio Broadcasting
DECT
Digital Enhanced Cordless Telecommunications
DVB-T
Digital Video Broadcasting - Terrestrical
DVB-H
Digital Video Broadcasting - Handhelds
EAI
Enterprise Application Integration
EDGE
Enhanced Data Rates for GSM Evolution
ERM Entity-Relationship-Modell
GPRS
General Packet Radio Service
GSM
Global Systems for Mobile Communications
HSCSD
High Speed Circuit Switched Data
HTML
Hypertext Markup Language
HTTP
Hypertext Transfer Protocol
IEEE Institute
of
Electrical and Electronics Engineers
IP Internet
Protocol
IPv4/IPv6
Internet Protocol Version 4/Internet Protocol Version 6
IrDA
Infrared Data Association
IS Informationssystem
ISDN
Integrated Services Digital Network
ISO International
Organization for Standardization
J2ME
Java 2 Platform, Micro Edition
JVM
Java Virtual Machine
Kbit/s
Kilobit pro Sekunde

Abkürzungsverzeichnis VI
KM Konfigurationsmanagement
LAN Local
Area
Network
MIDP
Mobile Information Device Profile
MMS Multimedia
Messaging
Service
OOA Objektorientierte
Analyse
OOD Objektorientiertes
Design
OPIE
Open Palmtop Integrated Environment
OSI
Open Systems Interconnection
PAN
Personal Area Network
PC Personal
Computer
PDA
Personal Digital Assisant
PIM Personal
Information
Management
PM Projektmanagement
POTS
Plain Old Telephone System
QM Qualitätsmanagement
QS Qualitätssicherung
ROM
Read Only Memory
SDK
Software Development Kit
SERM Strukturiertes
Entity-Relationship-Modell
SEU Softwareentwicklungsumgebung
SIM
Subscriber Identify Module
SMS
Short Message Service
SOM Semantisches
Objektmodell
SSL
Secure Sockets Layer
TCP
Transmission Control Protocol
UML
Unified Modeling Language
UMTS
Universal Mobile Telecommunications Systems
VM Vorgehensmodell
WAP
Wireless Application Protocol
WiMAX
Worldwide Interoperability for Microwave Access
WML
Wireless Markup Language
WLAN
Wireless Local Area Network
WPAN
Wireless Personal Area Network
xDSL
x Digital Subscriber Line

Abbildungsverzeichnis VII
Abbildungs-, und Tabellenverzeichnis
Abbildung 2-1: Systeme zur drahtlosen Kommunikation... 8
Abbildung 2-2: Mobilfunkstandards und Übertragungsraten im Vergleich ... 10
Tabelle 2-3: Eigenschaften der Mobilfunktechnologien... 11
Tabelle 2-4: Verfahrenskennwerte drahtloser Kommunikationstechnologien14
Abbildung 2-5: Gesamtinfrastruktur eines mobilen IS ... 15
Abbildung 2-6: Abgrenzung mobiler von nicht-mobiler Kommunikation ... 19
Abbildung 2-7: Abgrenzung mobiler und stationärer Geräte ... 22
Abbildung 2-8: Architekturmodelle mobiler Anwendungssoftware ... 32
Abbildung 2-9: Klassifikationsschema für mobile Anwendungen ... 39
Abbildung 2-10: Entwicklungsrahmen für mobile Anwendungssysteme ... 43
Abbildung 3-1: Entwicklungsschema, Vorgehensmodell, Projektmodell ... 46
Abbildung 3-2: Ordnungsschema Projektmodell ... 47
Abbildung 3-3: Aktivitäten während der Projektdurchführung ... 49
Abbildung 3-4: Wasserfallmodell... 60
Abbildung 3-5: Inkrementelles Vorgehensmodell... 66
Abbildung 3-6: Spiralmodell ... 67
Abbildung 3-7: Einsatzbereiche für Vorgehensmodelle ... 74
Abbildung 3-8: Anpassung von Vorgehensmodellen ... 75
Abbildung 4-1: Projektablauf des Projektmodells... 89

Hinweise VIII
Hinweise
Fast alle Hardware- und Softwarebezeichnungen, die in dieser Arbeit er-
wähnt werden, sind gleichzeitig auch eingetragene Warenzeichen oder soll-
ten als solche betrachtet werden.
,,Windows", ,,Windows CE" und ,,Windows Embedded" sind eingetragene Wa-
renzeichen der Microsoft GmbH, Konrad-Zuse-Straße 1, 85716 Unter-
schleißheim, Deutschland.
,,Palm OS" ist eingetragenes Warenzeichen der PalmSource, Inc., 1240
Crossman Avenue, Sunnyvale, CA 94089, USA.
,,Symbian OS" und ,,EPOC" sind eingetragene Warenzeichen der Symbian
Software Ltd., 2-6 Boundary Row, Southwark, London, SE1 8HP, United
Kingdom.

1 Einführung
1
1 Einführung
1.1 Motivation und Problemstellung
Einen Einstieg in das Thema ,,Mobile Business" zu finden, fällt nicht schwer.
Man muss lediglich auf eine der unzähligen Prognosen oder Visionen ver-
weisen, um die Bedeutung des Themas zu verdeutlichen. So sollen im Jahr
2006 zwei Milliarden Menschen auf der Welt ein Mobiltelefon nutzen, das
dann mit Abstand das weit verbreiteste technische Kommunikationsgerät in
der Welt sein wird [heis04]. Erwartet wird auch, dass in ein einigen Jahren
mehr Menschen über mobile Endgeräte mit dem Internet verbunden sein
werden als über stationäre PCs [NiPe01, S. V] und von jedem Ort und zu je-
der Zeit Informationen abgefragt und Geschäfte abgewickelt werden können.
So werden mit dem mobilen Handel künftig immense Umsätze erwartet (vgl.
[Müll99a], [Zobe01] oder [SeTu03]). Spätestens in ein paar sollen die Erlöse
aus dem Mobile Commerce bereits die des herkömmlichen Mobilfunkge-
schäfts überschreiten [NiPe01, S. 2], [Wolf02, S. 234].
All diese Erwartungen sind auf den ersten Blick auch vorstellbar, schließlich
hat in den letzten Jahren kaum ein Thema mehr Aufmerksamkeit auf sich
gezogen als die Entwicklungen im Bereich der mobilen Informations- und
Kommunikationstechnologien. Nahezu kein anderes technisches Gerät wur-
de so in den Mittelpunkt des allgemeinen Interesses gerückt wie das Mobilte-
lefon. Es wurde in den 90er Jahren zum Lifestyleprodukt, das in optimaler
Weise den Wunsch nach Beweglichkeit und Information mit dem menschli-
chen Grundbedürfnis der Kommunikation verband.
Und ebenso wie die Technologien für das Internet haben auch die des Mobil-
funks durch ihre rasante Verbreitung in den letzten Jahren eindrucksvoll un-
ter Beweis gestellt, wie hoch in einer durch stetig steigende Mobilität ge-
kennzeichneten Informationsgesellschaft der Bedarf für derartige Technolo-
gien ist. Sie haben schon jetzt Wirtschaft und Privatleben enorm verändert
und bilden gleichzeitig die Grundlage für eine Weiterentwicklung der Informa-
tionsgesellschaft, in der Dienste, Transaktionen und Informationsprodukte
nachgefragt werden, die mobil, überall und jederzeit verfügbar sind [Gesc01].

1 Einführung
2
Die Konvergenz der beiden Schlüsseltechnologien Internet und Mobilfunk ist
eine logische Folge dieser Entwicklung [SeTu03, S. 9] und findet in der Ent-
stehung des Mobile Business als neuer Ausprägung des Electronic Business
ihren Ausdruck. Beide werden in den nächsten Jahren zusammenwachsen
und nochmals erhebliche wirtschaftliche wie organisatorische Veränderungs-
prozesse bewirken und branchenübergreifend neue Geschäftspotenziale er-
öffnen [LeKu03, S. 130f.]. Die anfängliche Euphorie über die Einführung der
dritten Mobilfunkgeneration mit UMTS und dem mobilen Internet auf der Ba-
sis von WAP hat die Erwartungen an die unzähligen neuen potenziellen An-
wendungsfelder und Geschäftsmodelle (vgl. [FrKK01]) erst recht untermau-
ert. Während die Technologien noch in den Kinderschuhen steckten, entwar-
fen Visionäre aus Marketing und Technik bereits sensationelle Szenarien.
Und so wurde schon bald der Durchbruch des Mobile Business erwartet.
Doch um auf die Prognosen und Visionen zurückzukommen: So beeindru-
ckend sie auch sein mögen, ohne entsprechende Dienste und Anwendun-
gen, die die neuen Möglichkeiten ausnutzen, sind alle Potenziale hinfällig.
Denn es reicht nicht mehr aus, wenn mobile Endgeräte lediglich zum Telefo-
nieren oder für einfache SMS-Dienste bereitgestellt werden. Es müssen An-
wendungen entwickelt werden, die die neuen technischen Möglichkeiten in-
novativ und systematisch umsetzen.
Dabei haben die aufgetretenen Probleme wie bspw. geringe Nutzerakzep-
tanz, unausgereifte oder fehlende Standardisierungen, niedrige Übertra-
gungsgeschwindigkeiten oder umständliche Eingabemechanismen die vor
einigen Jahren noch überschwänglich vorhandene Euphorie wirkungsvoll ge-
bremst, sie vermögen dennoch die aufgezeigte Grundrichtung und die Ten-
denz hin zu immer leistungsfähigeren mobilen Systemen und Anwendungen
nicht zu ändern. Dass mobile Systeme und Anwendungen jedoch ein noch
da gewesenes Potenzial vorweisen, ist unbestritten.
Voraussetzung für den Erfolg des Mobile Business ist nicht nur eine breite
Verfügbarkeit neuer mobiler Technologien, sondern vor allem auch leistungs-
fähigere mobile Endgeräte. Diese unterliegen zwar im Vergleich zu stationä-
ren Geräten noch einer Reihe von Einschränkungen, werden jedoch in Zu-
kunft ein breites Spektrum gänzlich neuer Anwendungssysteme ermöglichen

1 Einführung
3
und deutlich mehr als eine 1:1-Übertragung von PC-basierten Angeboten
darstellen. Dabei stellt sich die Frage welche mobilen Anwendungen unter
welchen Rahmenbedingungen und mit welchen Technologien sinnvoll sind,
und wie diese systematisch geplant, entwickelt und bereitgestellt werden
können. Darin besteht eine der wichtigsten Herausforderungen, die sich dem
Mobile Computing derzeit stellt.
Was bedeutet diese Entwicklung für die Informatik? Auch sie muss sich neu
orientieren und neue Vorgehensweisen entwickeln, um diesen Änderungen
Rechnung tragen zu können. Bisher gängige und weit verbreitete Vorge-
hensmodelle zur Systementwicklung wie etwa das Wasserfallmodell sind -
trotz zahlreicher theoretischer und praktischer Ansätze - teilweise nicht mehr
zeitgemäß und stoßen an ihre Grenzen. Sie müssen an die neuen Einfluss-
faktoren und Anforderungen entweder angepasst oder sogar neu erdacht
werden. Weil es sich zudem um innovative Technologien und Systeme han-
delt, stehen kaum Orientierungsmöglichkeiten aus der Vergangenheit zur
Verfügung. Für die Softwareentwicklung heißt es, die veränderten Bedingun-
gen und Anforderungen zu erkennen, geeignete Vorgehen zu entwickeln und
diese erfolgreich umzusetzen.
Da traditionelle Vorgehensweisen schnell an ihre Grenzen stoßen, wenn es
gilt, in einem dynamischen Umfeld wie dem Mobile Computing flexibel und
schnell auf neue Erfordernisse zu reagieren, hat es sich die vorliegende Ar-
beit zum Ziel gesetzt, die Entwicklungen aus verschiedenen Perspektiven zu
betrachten und zu analysieren sowie ein mögliches Vorgehen zur Einführung
mobiler Endgeräte in betrieblichen Informationssystemen aufzuzeigen.
Das Mobile Computing genannte Forschungsgebiet befasst sich mit den o-
ben angeschnittenen Themen. Es umfasst nach [Roth02, S. 1] sowohl The-
men der Mobilkommunikation und mobiler Endgeräte als auch die dazugehö-
rigen Anwendungen. Diese sollen in dieser Arbeit behandelt werden, um auf-
zuzeigen, wie mit Hilfe der neuen Technologien und Geräte auf der Grundla-
ge gängiger Konzepte der Systementwicklung neue mobile Anwendungssys-
teme entwickelt werden können. Dies bedarf einerseits der Behandlung und
Untersuchung von Grundlagen mobiler Informationssysteme und deren
Technologien sowie der Analyse von Konzepten zur Systementwicklung.

1 Einführung
4
1.2 Aufbau der Arbeit
Die Arbeit ist in drei aufeinander aufbauende Hauptteile gegliedert, die die
Kapitel 2 bis 4 darstellen.
Nach der bereits erfolgten Einleitung in diesem Kapitel soll zunächst in Kapi-
tel 2 der Entwicklungshintergrund mobiler Informationssysteme näher erläu-
tert werden. Der Schwerpunkt liegt auf einer Behandlung der maschinellen
Aufgabenträgerebene mobiler Informationssysteme. Dabei wird auf techni-
sche Grundlagen drahtloser Informations- und Kommunikationstechnologien,
mobile Endgeräte und auf mobile Anwendungssysteme selbst eingegangen.
Besonderes Augenmerk gilt den Charakteristika und Besonderheiten mobiler
Systeme und Endgeräte sowie der Abgrenzung zu stationären Systemen und
Geräten. In diesem Zusammenhang werden zudem spezielle Protokolle, Be-
triebssysteme, Architekturkonzepte und Entwicklungsplattformen näher be-
handelt. Diese sind insbesondere bei der Entwicklung mobiler Anwendungs-
systeme von Bedeutung. Die Ergebnisse sollen es später ermöglichen, An-
forderungen an das zu entwickelnde Projektmodell herzuleiten.
Kapitel 3 behandelt die in Theorie und Praxis gängigsten Konzepte der Sys-
tementwicklung und damit verbunden die zur Umsetzung von mobilen An-
wendungssystemen notwendigen wissenschaftlichen Ansätze. Diese sollen
auf spezifische Eigenschaften sowie Vor- und Nachteile untersucht werden,
die in Kapitel 4 bei der Auswahl und Entwicklung des Projektsmodells rele-
vant sein werden.
Aufbauend auf den geschaffenen Grundlagen und Erkenntnissen zum Mobile
Computing und der Systementwicklung wird in Kapitel 4 ein - teils neues,
teils angepasstes - allgemeines Projektmodell für die Entwicklung und Ein-
führung mobiler Anwendungssysteme beschrieben. Dazu werden Anforde-
rungen an einen geeigneten Entwicklungsansatz charakterisiert und unter
Berücksichtigung der Eigenschaften der vorgestellten Vorgehensmodelle ge-
eignete Konzepte und Vorgehensweisen ausgewählt. Danach gilt es zu un-
tersuchen, wie die definierten Anforderungen und Ansätze in einem Projekt-
modell umgesetzt und angewandt werden können.
In Kapitel 5 werden abschließend die Ergebnisse kurz zusammenfassend
beurteilt.

2 Grundlagen mobiler Informationssysteme
5
2 Grundlagen mobiler Informationssysteme
Betriebliche Informationssysteme auf der Basis von mobilen Kommunikati-
ons- und Rechnersystemen sind ein vergleichsweise neues und innovatives
Forschungsgebiet. Deswegen werden in Kapitel 2 mit der Behandlung mobil-
maschineller Aufgabenträger und der auf diesen basierenden mobilen An-
wendungssysteme die Grundlagen für Entwicklung mobiler Systeme gelegt.
2.1 Grundlagen und Begriffsdefinitionen
Unter einem Informationssystem (IS) wird nach [FeSi01, S. 2] ,,ein System
verstanden, das Informationen verarbeitet, d.h. erfasst, überträgt, transfor-
miert, speichert und bereitstellt". Ein betriebliches IS stellt das gesamte in-
formationsverarbeitende Teilsystem eines Unternehmens oder Unterneh-
mensbereiches dar. Die Architektur eines betrieblichen IS umfasst hinsicht-
lich ihres Umfangs eine Aufgabenebene, bestehend aus Informationsverar-
beitungsaufgaben (Lenkungs- oder Leistungsaufgaben), die durch Informati-
onsbeziehungen miteinander verknüpft sind, sowie eine Aufgabenträgerebe-
ne, bestehend aus personellen Aufgabenträgern (Personen) und maschinel-
len Aufgabenträgern (elektronische Rechner- und Kommunikationssysteme),
welche ,,durch ein oder mehrere Kommunikationssysteme miteinander ver-
bunden sind" [FeSi01, S. 2] und kooperativ die Informationsverarbeitungs-
aufgaben durchführen.
Unter einem mobilen Informationssystem wird ein betriebliches IS mit mobil-
maschinellen Aufgabenträgern, den mobilen Endgeräten als Kleinstrechnern
und drahtlosen Kommunikationssystemen, verstanden. Rechner- und Kom-
munikationssysteme bilden die maschinelle Aufgabenträgerebene mobiler
ISe. Die Kommunikationssysteme ermöglichen mit Hilfe mobiler Endgeräte
eine drahtlose Kommunikation zwischen Personen, zwischen Rechnern oder
zwischen Personen und Rechnern. Personen und Rechner können wiederum
mit anderen Systemen, z.B. drahtgebunden, in Verbindung stehen.
Der Begriff der Mobilität steht hierbei allgemein für hohe Ortsflexibilität bzw.
physische Beweglichkeit. [Roth02, S. 7] unterscheidet dabei je nach Sicht-
weise zwischen Endgeräte-, Benutzer- und Dienstmobilität.

2 Grundlagen mobiler Informationssysteme
6
Diese mobilen Computer- und drahtlosen Kommunikationssysteme sind um
Programme (System- und Anwendungssoftware) zu erweitern. Ein so erwei-
tertes System wird als betriebliches mobiles Anwendungssystem (AwS) be-
zeichnet. Mobile AwSe ,,sind speziell auf einzelne Aufgaben oder Aufgaben-
bereiche eines IS zugeschnitten. Sie bilden zusammen mit Personen und
Kommunikationssystemen für die Mensch-Mensch-Kommunikation die ei-
gentliche Aufgabenträgerebene eines" [FeSi01, S. 4] mobilen IS.
In Verbindung mit mobilen AwSen sind zahlreiche weitere Begriffe in
Gebrauch, die trotz ihrer häufigen Verwendung unterschiedlichst aufgefasst
werden. Die wichtigsten sollen daher an dieser Stelle kurz einer näheren Be-
trachtung unterzogen werden:
Mobile AwSe, kurz mobile Anwendungen (bzw. im Englischen ,,mobile appli-
cations" oder ,,wireless applications"), sind Bestandteil des umfassenden
Konzeptes Mobile Business, welches für betriebliche Funktionen die Abwick-
lung von Geschäftsprozessen über (ortsflexible) mobile Aufgabenträger vor-
sieht [Lehn03, S. 5f.]. Der Begriff des Mobile Business beinhaltet im Allge-
meinen das gesamte Geschäftsumfeld eines Unternehmens [Lehn02, S. 6]
und schließt auch den Begriff des Mobile Commerce mit ein.
Beim so genannten Mobile Commerce steht der Austausch von Informatio-
nen, Dienstleistungen oder Gütern im Vordergrund. Dabei wird dieser Aus-
tausch nicht nur - wie beim Electronic Commerce der Fall - mit Hilfe von In-
ternet-Technologien, sondern auch mit Hilfe mobiler Rechner- und Kommu-
nikationssysteme geleistet [Lehn02, S. 7f.]. Zusammenfassend kann festge-
stellt werden, dass hier der transaktionale Anteil der Geschäftsabwicklung im
Rahmen von Leistungsanbahnung, -vereinbarung und -erbringung (vgl. [Ge-
Fo02, S. 239f.]) im Vordergrund steht [TuPo04, S. 1]. Mobile AwSe bilden
somit die Grundlage für Mobile Business- und Commerce-Lösungen.
In den folgenden beiden Abschnitten 2.2 und 2.3 steht die maschinelle Auf-
gabenträgerebene mobiler ISe im Vordergrund. Sie umfasst sowohl drahtlose
Kommunikationssysteme als auch mobile Computersysteme und stellt somit
die technische Grundlage jedes mobilen AwS dar. Aus der Unterteilung
Kommunikations-, Rechner- und Anwendungssysteme können im Verlauf
von Kapitel 4 konkrete Anforderungen identifiziert und zugeordnet werden.

2 Grundlagen mobiler Informationssysteme
7
2.2 Kommunikationssysteme mobiler Informationssysteme
Mobile ISe sind ein stark von der Technologieentwicklung abhängiges The-
ma. UMTS (Universal Mobile Telecommunications Systems), Bluetooth oder
auch WAP (Wireless Application Protocol) und Mobile IPv6 sind Schlagworte
beim Umgang mit mobilen Anwendungen und bei deren Spezifikation und
Konstruktion. Auch wenn sie im optimalen Fall von Anwendern und Kunden
kaum wahrgenommen wird, so ,,ist die Technologie eine wichtige Determi-
nante" [GeGr01, S. 17] für die Entwicklung darauf basierender AwSe.
Im vorliegenden Abschnitt werden in einem strukturierten Überblick aktuell
und in naher Zukunft zur Verfügung stehende Schlüsseltechnologien für
Kommunikationssysteme mobiler ISe aufgezeigt.
2.2.1 Systeme zur drahtlosen Mobilkommunikation
Für mobile Systeme ist der mobile Anschluss, die sog. letzte drahtlose Meile,
von großer Bedeutung [Baum02, S. 110]. Mögliche Kommunikationssysteme
zur Realisierung dieser werden nachfolgend aufgezeigt.
,,Unter mobilen elektronischen Kommunikationstechniken versteht man die
verschiedenen Arten drahtloser Kommunikation" [TuPo04, S. 2], insbesonde-
re die, die von mobilen Endgeräten genutzt werden. Den Großteil der draht-
losen Mobilkommunikation decken hauptsächlich die Mobilfunknetze ab. Und
wegen ihrer ,,breit gefächerten technologischen Entwicklung" [Sinn02, S. 115]
stehen sie mittlerweile an der Schwelle, konventionelle stationäre Netze teil-
weise abzulösen. Verstärkt wird dieser Trend dadurch, dass die zum Teil
noch existierenden technischen Einschränkungen durch immer leistungsfähi-
gere Systeme aufgehoben werden [Sinn02, S. 115]. Aber ebenso Technolo-
gien für drahtlose Rundfunksysteme sowie drahtlose lokale Netze oder Kurz-
streckennetze werden für spezielle Einsatzgebiete verstärkt an Bedeutung
gewinnen. Im Folgenden soll ein grober Überblick über bestehende und zu-
künftig relevante Technologien zur drahtlosen Kommunikation (vgl. Abbil-
dung 2-1) geben werden. Auf technische Details soll nicht vertieft eingegan-
gen werden. Von Interesse sind eher die bei der Konzeption mobiler Anwen-
dungen zu berücksichtigenden Aspekte. Die Aufteilung stellt zugleich
schwerpunktmäßige Einsatzgebiete dar.

2 Grundlagen mobiler Informationssysteme
8
Abbildung 2-1: Systeme zur drahtlosen Kommunikation (in Anlehnung an [Roth02, S. 27] und [Sinn02, S. 116])
Drahtlose Rundfunksysteme
Die europaweit eingeführten digitalen und drahtlosen Rundfunksstandards
DAB (Digital Audio Broadcasting, vgl. [Wiki04]) mit dem Datendienst IP over
DAB und insbesondere DVB-H (Digital Video Broadcasting - Handhelds, vgl.
[Henr03]) können als unidirektionale Verteilnetze für den Broadcast oder Mul-
ticast großer Datenmengen mit Bitraten von bis zu 15 Mbit/s sorgen. Der Ü-
bertragungsstandard DVB-H baut auf der Technik von DVB-T (Digital Video
Broadcasting - Terrestrical) auf und ist speziell für den digitalen Fernsehemp-
fang auf mobilen Endgeräten ausgelegt [Wiki04a], [telt04b].
Beide Systeme können zudem - um einen Rückkanal zur bidirektionalen
Kommunikation zu ermöglichen - mit Mobilfunktechnologien kombiniert wer-
den (Hybridsysteme) [Sinn02, S. 116]. DVB-H in Kombination mit UMTS bie-
tet z.B. Potenziale für Multimedia- und Informationsdienste wie TV-
Übertragungen (Nachrichtensendungen, Live-Übertragungen oder auch Pay-
TV), ergänzt durch interaktive (Zusatz-)dienste (Hintergrundinformationen,
Abrechnung usw.). Erste Endgeräte sollen 2005 auf den Markt kommen, bis
spätestens 2008 soll DVB-H als flächendeckender Standard in Deutschland
eingeführt sein [Göbe04, S. 126].
Drahtlose
Rundfunksysteme
Systeme zur
drahtlosen
Kommunikation
Zellulare
Mobilfunknetze
Drahtlose
lokale Netze
Drahtlose
Piconetze
Funk
Infrarot
DAB
DVB-H
HSCSD, GPRS
GSM
HiperLAN
Wireless LAN
EDGE
HomeRF
UMTS
Bluetooth IrDA
DECT
WiMAX
Stationäre Netze (POTS, ISDN, xDSL, LAN,...)

2 Grundlagen mobiler Informationssysteme
9
Zellulare Mobilfunknetze
Die heute allgemein bekannten digitalen D- und E-Netze sind in Deutschland
die Erben des bereits 1958 etablierten analogen Funktelefonnetzes. Diese
Netze der sog. zweiten Generation (2G) basieren auf dem Standard GSM
(Global Systems for Mobile Communications, vgl. [Wiki04b]). GSM ist heute
das weltweit erfolgreichste zellulare digitale Mobilfunkverfahren, das in Euro-
pa flächendeckend zur Verfügung steht und in Deutschland derzeit von ca.
68 Millionen [Müll04] Menschen genutzt wird. Obwohl der GSM-Standard für
ein reines Sprachnetz konzipiert wurde, eröffnet er neben einer Möglichkeit
zur Datenübertragung eine Anbindung von Geräten wie Notebooks oder eine
Installation neuer Dienste wie Fax, Modem oder SMS [GeGr01, S. 18]. Der
große Nachteil von GSM für mobile AwSe liegt jedoch in einer hohen Störan-
fälligkeit und niedrigen Datenraten von lediglich 9,6 Kbit/s für Daten- und
14,4 Kbit/s für Sprachübertragung [Roth02, S. 63].
Der Übergang zu einer breitbandigen Übertragungskapazität in mobilen Net-
zen wurde 2004 durch die Einführung der dritten Mobilfunkgeneration (3G)
mit dem UMTS-Standard gekennzeichnet. Der fundamentale - und für die
Datenübertragung in mobilen ISen entscheidende - Unterschied zwischen 2G
und 3G stellt die Verwendung von paket- statt leitungsvermittelnden Diensten
(wie des GSM-Datendienstes Circuit Switched Data) dar. Nachrichten, unab-
hängig ob Sprache oder Daten, werden in einzelne ,,Pakete" umgewandelt
und beim Empfänger wieder zusammengesetzt [TuPo04, S. 33f.].
Der Übergang zu 3G ist jedoch durch Erweiterungen des GSM-Standards
geprägt. Diese sog. 2.5 Generation (2.5G) versucht mit den Diensten
HSCSD (High Speed Circuit Switched Data) und GPRS (General Packet Ra-
dio Service) durch Bündelung von Leitungen einerseits und Paketierung von
Informationen andererseits höhere Datenübertragungsgeschwindigkeiten als
bei GSM zu ermöglichen [GeGr01, S. 20].
Bei HSCSD handelt es sich um eine Mehrkanaltechnik, die mehrere GSM-
Kanäle bündelt. Für Echtzeitanwendungen, die eine mittlere und garantierte
bzw. konstante Datenrate benötigen, ist HSCSD auch aufgrund des geringen
Veränderungsbedarfs bei der Implementierung besonders geeignet.
GPRS bietet im Gegensatz zum verbindungsorientierten HSCSD-Dienst
durchgehende Paketvermittlung auf der Basis von X.25 (vgl. [Wiki04c]) und

2 Grundlagen mobiler Informationssysteme
10
des IP (Internet Protocol). Aufgrund der Paketvermittlung kann GPRS als
Vorstufe von UMTS betrachtet werden. Mittlere Datenübertragungen sind (im
praktischen Betrieb) mit maximal 53,6 Kbit/s in kürzerer Zeit möglich, da
auch keine Verbindungsaufbauzeit anfällt. Weitere Vorteile von GPRS sind
eine gesicherte Dienstgüte (Quality of Service) für benutze Dienste und eine
permanente Online-Verbindung (sog. Always on-Betrieb) [Sinn02, S. 118].
Abbildung 2-2: Mobilfunkstandards und Übertragungsraten
1
im Vergleich (in Anlehnung an [Lehn03, S. 41] sowie
unter Heranziehung von [Wiki04b], [telt04] und [GeGr01, S. 22-26])
Eine Alternative für breitbandige Verbindungen stellt EDGE (Enhanced Data
Rates for GSM Evolution, vgl. [Lehn03, S. 51-56]) dar. EDGE ist wie GPRS
eine evolutionäre Weiterentwicklung der konventionellen GSM-Technik, die
mit geringem Aufwand eine weitere Steigerung der Datenrate in Mobilfunk-
netzen ermöglicht. EDGE wurde der BRD jedoch bisher nicht eingeführt.
Das neue Funkübertragungsverfahren UMTS nutzt Merkmale der Leitungs-
sowie der Paketvermittlung, um eine schnelle und ressourcenschonende
0
1
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
Jahr
verbindungsorientiert
paketorientiert
2G
2.5G
GSM
9,6-14,4 Kbit/s
3G
4G
Mobilfunk-
generation
HSCSD
14,4-115,2 Kbit/s
1
GPRS
max. 171,2 Kbit/s
EDGE
48-384 Kbit/s
1
UMTS
max. 2 Mbit/s
WiMAX
max. 75 Mbit/s

2 Grundlagen mobiler Informationssysteme
11
Übertragung von Daten, Audio, Bildern und Videos bei hoher Dienstgüte zu
ermöglichen. Die Spezifikationen des UMTS-Standards sehen für den Trans-
port die Orientierung an dem Internet-Protokoll vor. Somit ist eine für viele
mobile AwSe notwendige Internetanbindung mit vergleichsweise hohen Da-
tenraten
2
von theoretisch bis zu 2,048 Mbit/s ohne großen Aufwand möglich.
Tabelle 2-3 stellt die Merkmale der Datendienste vergleichend gegenüber.
GSM
HSCSD
GPRS
UMTS
Übertragungs-
verfahren
leitungsvermittelt
leitungsvermittelt
paketvermittelt
paket- und
codevermittelt
Datenrate
(Theorie)
9,6 bzw. 14,4 Kbit/s
max. 115,2 Kbit/s
1
(8 x 14,4 Kbit/s)
171,2 Kbit/s
384 Kbit/s-2 Mbit/s
(Downlink)
2
64 Kbit/s (Uplink)
Datenrate
(Praxis)
~9 Kbit/s
57,6 Kbit/s (Downl.)
28,8 Kbit/s (Uplink)
~40-56 Kbit/s
~370 Kbit/s (Downl.)
Abrechnung
zeitbasiert
zeitbasiert
zeit- und
volumenbasiert
volumenbasiert
Always on-
Betrieb
nein
nein
ja ja
Verfügbarkeit
in der BRD
seit 1992
bundesweit
seit Ende 1999
bundesweit
seit Mitte 2001
bundesweit
seit Mitte 2004
in Ballungszentren
Anwendung
Fax, einfache
Datenübertragung
Echtzeit-
datenübertragung
mobiler Internet-
zugang
gr. Datenmengen,
Multimedia
Tabelle 2-3: Eigenschaften der Mobilfunktechnologien (unter Verwendung von [Roth02], [Ambe02, S. 38], [Schn04] ,
[JuLe01] und [GeGr01, S. 22-26])
Einen Ausblick auf die Zukunft bietet WiMAX (Worldwide Interoperability for
Microwave Access). WiMAX ist ein noch neuer Standard für lokale Funknet-
ze, von dem ab 2007 erste Umsetzungen zu erwarten sind. Die Reichweiten
von bis zu 50 km sind deutlich höher als bei WLANs und mit Datentransferra-
ten von bis zu 75 Mbit/s übertrifft WiMAX UMTS [Wiki04d]. Ein weiterer Vor-
teil liegt in einer optimalen Abstimmung auf das Internet-Protokoll, so dass
kurze Paketlaufzeiten zu erwarten sind, die z.B. bei einer Sprachübertragung
auf Basis des IP (Voice over IP) nötig sind [telt04a].
Abbildung 2-2 stellt zusammenfassend den Zusammenhang zwischen zeitli-
cher Entwicklung und Übertragungsraten aller Mobilfunkstandards dar.
1
Abhängig von der Zahl der verwendeten Kanäle (max. 8).
2
Datenraten sind bei UMTS variabel und von verschiedenen Faktoten abhängig. Von Basis-
station in Richtung mobiles Endgerät beträgt sie 384 Kbit/s [GeGr01, S. 25].

2 Grundlagen mobiler Informationssysteme
12
Drahtlose lokale Netze (Wireless LANs)
Ein WLAN bezeichnet ein drahtloses lokales Funknetzwerk. Der De-facto-
Standard ist der nach der IEEE 802.11-Norm
3
. Die Einsatzgebiete eines
WLANs können nach [Sinn02, S. 120] in zwei Gruppen aufgeteilt werden:
Zur ersten Gruppe gehören Gebiete, die eine flexible drahtlose Dateninfra-
struktur (z.B. schwer zugängliche Gebäude) oder -anbindung (drahtloser
Intra- und Internetzugang in Lagern, Büros, usw.) benötigen. Die Kommuni-
kation zwischen den Clients dieser Netze wird von einer oder mehreren Ba-
sisstationen organisiert (Infrastruktur-Modus). Die eher seltene Betriebsart
sind mobile Ad-hoc-Netze (vgl. [Wiki04e]), bei denen die Mobilgeräte zum
Datenaustausch direkt miteinander kommunizieren. Sie sind für den kurzfris-
tigen und temporären Einsatz gedacht.
Hohe Datenübertragungsraten zwischen 11 Mbit/s und 54 Mbit/s (unter opti-
malen Bedingungen) und Reichweiten von bis zu 300 Metern außerhalb von
Gebäuden sind für beide Einsatzgebiete ausreichend. Nachtteile von WLANs
sind eine mangelnde Datensicherheit, eine fehlende gesicherte Dienstgüte
sowie eine fehlende Unterstützung von Sprachübertragung.
Alternative Standards, um Funknetze zwischen Rechnern aufzubauen, sind
HomeRF und die HiperLAN-Standards
4
(vgl. [Roth02, S. 96-115]). Vor allem
HiperLAN/2 bietet eine bessere Unterstützung von Dienstgüte-Parametern
für Multimedia-Anwendungen und unterstützt außerdem eine Anbindung zu
Weitverkehrnetzen. HiperLAN/2 kann in Kombination mit UMTS eine Lösung
für Nomadic Computing ([Roth02, S. 4f.]) darstellen [Sinn02, S. 120]. Bis jetzt
haben sich diese Standards nicht auf breiter Ebene durchsetzen können.
Drahtlose Piconetze (Wireless PAN)
Auch drahtlose Piconetze (Kurzstreckennetze) sind zunehmend als Zu-
gangsnetze einsetzbar. Mit diesen können mobile Endgeräte über ein WPAN
(Wireless Personal Area Network) an eine öffentliche oder private Netzinfra-
struktur angebunden werden können. Die zurzeit verbreitesten Technologien
sind DECT, IrDA und Bluetooth.
3
Umfasst die Normen IEEE 802.11b bis 801.11i
4
HiperLAN ist der Oberbegriff für die Standards HiperLAN/1, HiperLAN/2, HiperAccess (frü-
her HiperLAN/3) und HiperLink (früher HiperLAN/4).

2 Grundlagen mobiler Informationssysteme
13
DECT (Digital Enhanced Cordless Telecommunications) ermöglicht eine
Punkt-zu-Punkt Verbindung zwischen einer Basisstation und einem mobilen
Endgerät zur drahtlosen Funkübertragung von Daten und Sprache. DECT ist
hauptsächlich für die picozellulare Telefonie innerhalb von Gebäuden ausge-
legt, da nur kurze Entfernungen (maximal 300 Meter im Freien, nur mit Ein-
satz von Verstärkern mehrere Kilometer) überbrückt werden können. DECT
steht für hohe Zuverlässigkeit, garantierte Dienstgüte und explizite Sicher-
heitsmaßnahmen. In der Praxis kommt DECT oft in Kombination mit anderen
Verfahren im Bereich der kabellosen Kommunikation zum Einsatz.
IrDA (Infrared Data Association, vgl. [Wiki04f]) beschreibt ein Verfahren zur
drahtlosen optischen Datenübertragung mittels unsichtbaren Infrarotlichts
über kurze Strecken von maximal zwei Metern mit einer Übertragungsge-
schwindigkeit von 9,6 Kbit/s bis zu 16 Mbit/s (bei Spezifikation IrDA 1.1). Die
Haupteinsatzgebiete sind die Synchronisation, der Ad-hoc-Datenaustausch
und der Kabelersatz zwischen Endgeräten. Dabei ist immer eine Sichtverbin-
dung zwischen Sender und Empfänger nötig. Obwohl der Datentransfer über
Infrarotlicht eine hohe Abhörsicherheit sowie Datenrate - bei sehr geringen
Stromverbrauch - bietet und viele mobile Endgeräte über eine Infrarot-
Schnittstelle verfügen, wird diese Schnittstelle in letzter Zeit immer mehr
durch die Bluetooth-Schnittstelle verdrängt.
Bei Bluetooth (siehe [Wiki04g]) handelt es sich um einen Industriestandard
zur drahtlosen Ad-hoc-Vernetzung und Kommunikation von Geräten, der im
weltweit zulassungsfreien Frequenzband betrieben werden kann. Bluetooth
bietet eine drahtlose Funkschnittstelle, über die sowohl mobile Endgeräte als
auch stationäre Geräte und Peripheriegeräte im Umkreis von ca. zehn Me-
tern - mit Verstärkung bis maximal 100 Meter - miteinander kommunizieren
können. Bluetooth unterstützt die Übertragung von Sprache und Daten. Eine
Verschlüsselung der transportierten Daten ist ebenfalls möglich. Wegen einer
Datenrate von theoretisch bis zu 2,2 Mbit/s (ab Version 1.2), wenig Strom-
verbrauch und niedrigen Herstellungskosten ist der Standard als Ablösung
von Kabelschnittstellen vorgesehen.
In Tabelle 2-4 sind die vorgestellten Technologien hinsichtlich Datenübertra-
gungsrate und Reichweite gegenübergestellt.

2 Grundlagen mobiler Informationssysteme
14
Datenrate
Reichweite
(innen)
Reichweite
(außen)
DECT
64 Kbit/s-1,152 Mbit/s
25-50 m
300 m (bis 15 km)
IrDA
9,6 Kbit/s-16 Mbit/s
2 m
2 m
Bluetooth
bis 2,2 Mbit/s
10-100 m
10-100 m
WLAN
2-54 Mbit/s
bis 50 m
100-300 m
HiperLAN/2
bis 54 Mbit/s
30 m
150 m
Tabelle 2-4: Verfahrenskennwerte drahtloser Kommunikationstechnologien (u. a. n. [Sinn02, S. 122])
Die Kommunikationssysteme bilden mit den mobilen Endgeräten die maschi-
nelle Aufgabenträgerebene eines mobilen IS und schaffen die notwendige
technische Voraussetzung für die Entwicklung mobiler AwSe. Sie sorgen da-
für, ,,dass die mobilen Endgeräte über Versorgungszonen auf unterschiedli-
chen Netzebenen Zugang auf das Backbone-Netzwerk und somit auf das
Dienste-/Servicespektrum haben." [Sinn02, S. 122] Überwiegend zellulare
Mobilfunknetze übernehmen den individuellen Datenaustausch der drahtlo-
sen Verbindung. Eine lokale Erweiterung kann durch die kurzreichweitigen
und breitbandigen drahtlosen Systeme abgedeckt werden. Zur Komplettie-
rung eines umfassenden Kommunikationssystems ist eine Einbeziehung sta-
tionärer Netze wie analoge (POTS, Plain Old Telephone System, vgl.
[Stef03]) oder digitale Telefonnetze (ISDN, Integrated Services Digital Net-
work), LANs (Local Area Networks) und anderen nötig [Sinn02, S. 122].
2.2.2 Technische Infrastruktur mobiler Informationssysteme
Neben den Kommunikationssystemen selbst ist auch deren Infrastruktur für
die Spezifikation mobiler AwSe von Bedeutung. Die technische Infrastruktur
aggregiert (verschiedene) Telekommunikationssysteme und -netze sowie
Verfahren zur Verarbeitung und zum Austausch von Daten [MüEK03, S. 4].
,,Eine wichtige Eigenschaft [...] ist, dass sie [...] Nutzer ohne großen Aufwand
verbinden und so auf einer höheren Ebene wieder neue Infrastrukturen und
Informationsbeziehungen erzeugen, d.h. die Nutzung der Infrastruktur be-
wirkt dynamisch neue Varianten von Vernetzungen." [MüEK03, S. 3] Zentrale
Aufgaben sind Vermittlungsfunktionen, Unterstützung der Teilnehmermobili-
tät, Verwaltung der Netzressourcen und Anbindung an andere Netze.

2 Grundlagen mobiler Informationssysteme
15
Um unter den gegebenen Rahmenbedingungen mobiler Aufgabenträger die-
se Aufgaben zu erfüllen und zufrieden stellende Lösungen und Leistungen zu
liefern, benötigen mobile AwSe häufig eine ausgefeilte technische Infrastruk-
tur. Meist führt der Einsatz mobiler AwSe zu einer Erweiterung der bereits
vorhandenen Infrastruktur. Dies erfordert eine enge Abstimmung mit den
verwendeten Systemen und Verfahren. Dabei spielen zudem sehr unter-
schiedliche, teils konträre Forderungen wie z.B. nach hoher Zuverlässigkeit,
Verfügbarkeit, Leistungsfähigkeit oder Sicherheit wichtige Rollen.
Für die Konzeption und Realisierung der Infrastruktur eines mobilen Systems
wird daher ein komplexes technisches System herangezogen. Dieses um-
fasst vor allem die Komponenten Endgeräte, Kommunikationssysteme und
(stationäre) Server. Bei allen dreien handelt es sich im weitesten Sinne um
autonome, miteinander verbundene Computersysteme, die primär der Kom-
munikation dienen [MüEK03, S. 23] und Teil der AwS-Architektur sind.
Abbildung 2-5: Gesamtinfrastruktur eines mobilen IS (in Anlehnung an [CSCP01, S. 20] und [Baum02, 104])
Abbildung 2-5 zeigt ein Beispiel einer möglichen Gesamtinfrastruktur eines
mobilen IS: Anhand eines mobilen Endgerätes kann über drahtlose und
drahtgebundene Telekommunikationssysteme und entsprechenden Schnitt-
stellen auf stationäre Netze zugegriffen werden. Die Mobilgeräte folgen in der
Regel einer Grobarchitektur von Schichten (Rechner-Schichtenmodell), die
Mobiles Endgerät
Mobiler Client
Betriebssystem
Hardwaresystem
Back-End
Gateway
EAI
Mobile IP
TCP/IP
Internet
Service
Provider
Telekommu-
nikations-
anbieter
Application
Service
Provider
LAN/Internet
Mobilfu
nk-
netze
Daten- und
Anwendungs-
server

2 Grundlagen mobiler Informationssysteme
16
sich neben den Schichten Hardware- und Betriebssystem über systemnahe
Dienste bis hin zum Anwendungsprogramm (hier in Form eines mobilen
Clients dargestellt) erstreckt [Baum02, S. 109]. Auf die Details der einzelnen
Schichten wird in Abschnitt 2.3 und 2.4 näher eingegangen. Das mobile
Endgerät muss entweder in einer Zelle des Mobilfunknetzes oder einem an-
derem drahtlosen Netz eingebucht sein. Die Netze werden in der Regel von
Telekommunikationsanbietern gebührenpflichtig zur Verfügung gestellt.
Mit Hilfe von speziellen Verfahren und Formaten zum Transport von Daten
geht der Kommunikationsfluss über Gateways in stationäre Netze. Die Da-
ten- oder Anwendungsserver stellen evtl. bereits vorhandene Serverkonzepte
dar, die sich teilweise nicht von denen im Festnetzbereich unterscheiden. Sie
können von speziellen Dienstleistern (Application Service Provider) betrieben
und bereitgestellt werden [KaRo02, S. 67-71, 116f.]. Die Enterprise Applicati-
on Integration (EAI) ermöglicht eine prozessorientierte Integration des mobi-
len AwS in bestehende heterogene Anwendungsarchitekturen [Wiki04h], die
,,Abläufe innerhalb eines Unternehmens unterstützen" [Feig04]. Details zum
Einsatz von Gateways und Anwendungsservern für mobile Systeme behan-
delt bspw. [HMNS03, S. 327-354].
Vor allem die Verfahren zur Verarbeitung und Übertragung von Daten stellen
bei der Entwicklung mobiler Anwendungen einen entscheidenden Punkt dar.
Hauptsächlich aufgrund der räumlichen Mobilität der Endgeräte ergeben sich
verschiedene Anforderungen an die technische Ausgestaltung der Kommuni-
kationsinfrastruktur mobiler ISe. So müssen während der Systemkonstruktion
und -implementierung einige zusätzliche Aspekte betrachtet werden, die bei
bisherigen Anwendungen keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Die zu überbrückende drahtlose Verbindungsstrecke zwischen mobilen und
stationären Systemen stellt dabei die größte technische Hürde dar. Sie bringt
eine Vielzahl unerwünschter Effekte und möglicher Probleme wie schwan-
kende Sende-/Empfangsqualität, hohe Störungsanfälligkeit, Verzögerungen,
unkonstante Datenraten oder lange Nachrichtenlaufzeiten mit sich, falls die
Datenübertragung nicht besonders behandelt wird. Diese Problematik muss
speziell bei der Entwicklung mobiler Systeme und den verwendeten Kommu-
nikationsprotokollen Berücksichtigung finden.

2 Grundlagen mobiler Informationssysteme
17
Die Problematik lässt sich anhand des ISO/OSI-Referenzmodells darstellen.
Das ISO/OSI-Modell ist ein Architekturmodell für die Kommunikation zwi-
schen offenen Systemen [MüEK03, S. 23], nach dessen Schichten sich die
verschiedenen Aspekte der drahtlosen und mobilen Kommunikation nach
[Roth02, S. 29-31] und [Baum02, S. 106-108] wie folgt zuordnen lassen:
Die
Anwendungs- (7) und Darstellungsschicht (6) sorgen für die eigentli-
chen Funktionen und die Darstellung der Anwendung. Insbesondere die
eingeschränkten Fähigkeiten mobiler Endgeräte müssen hier berücksich-
tigt werden. Wegen der sehr heterogenen Systeme muss zudem die Dar-
stellung von Informationen in einer plattformunabhängigen Form für einen
semantisch korrekten Datenaustausch ermöglicht werden.
Drahtlose Kommunikationssysteme sind - z.B. wegen wechselnder Sig-
nalstärke - teilweise sehr starken Schwankungen in der Güte ihrer Dienst-
erbringung unterworfen. Daher müssen in der Sitzungsschicht (5), um
Schäden und Verluste in Grenzen zu halten und um einen synchronisier-
ten Datenaustausch sicherzustellen, Sitzungen mit Wiederaufsetzpunkten
eingeführt werden.
Die Transportschicht (4) stellt eine vollständige Ende-zu-Ende-
Kommunikation zwischen Sender und Empfänger für den Datentransport
zur Verfügung. Existierende Transportprotokolle wie das verbindungsori-
entierte TCP (Transmission Control Protocol) sind zwar auch für die
drahtlose Kommunikation einsetzbar, in der Realität jedoch mit schlechte-
rer Performance verbunden.
Die Schichten 4 bis 7 werden in den Endgeräten erbracht und sind für das
darunter liegende Transportsystem, das aus den Schichten 3 bis 1 besteht,
transparent.
Die
Netzwerk- bzw. Vermittlungsschicht (3) muss Aufgaben im Zusam-
menhang mit der räumlichen Mobilität der Nutzer übernehmen. Beispiele
sind Roaming oder Handover-Mechanismen. Bei mobilen Systemen zer-
fällt das Transportsystem in viele einzelne und - wegen unterschiedlichs-
ter Topologien und Übertragungstechniken - sehr verschiedenartige mit-
einander verbundene Teilnetze. Deswegen muss die Vermittlungsschicht
außerdem die geografische Adressierung und Weitervermittlung von Da-
tenpaketen in den Teilnetzen sicherstellen.

2 Grundlagen mobiler Informationssysteme
18
In
der
Sicherungs- (2) und Bitübertragungsschicht (1) sind vor allem die
Spezifika der Luftschnittstelle zu behandeln. Eng verknüpft mit einer zu-
verlässigen Übertragung über ein gemeinsames Medium sind Fragen des
Mehrfachzugriffs und der Sicherheit. Dies ist besonders bei der ,,letzten
drahtlosen Meile", also der Funkstrecke zwischen Mobilgerät und Basis-
station, von großer Bedeutung. Für diese müssen physikalisch, nachrich-
tentechnisch oder protokolltechnisch benötigte Festlegungen getroffen
werden.
Die letzten Schichten zeigen die meisten Unterschiede im Vergleich zur
drahtgebundenen Kommunikation. Insbesondere bei der Bitübertragungs-
schicht muss eine Reihe von Randbedingungen wie erhöhte Störanfälligkeit
oder mangelnder Schutz vor unerlaubtem Mithören beachtet werden.
Unabhängig davon, welches Zugangsnetz auf Schicht 2 gewählt wird, bieten
fast alle zellularen Netze darüber hinaus eine vereinheitlichende Protokollar-
chitektur auf Schicht 3 an, die in der Regel IP-basiert ist. Damit werden höhe-
re Anwendungsprotokolle ermöglicht, zu denen unter anderem das WAP ge-
hört (siehe Abschnitt 2.4.3). Mit der Mobilität der Endgeräte ist es jedoch
notwendig, ein Mobilitätsmanagement für das IP einzuführen. Im Rahmen
der Version 6 des Internet-Protokolls (IPv6) kann dies mit Mobile IP realisiert
werden [Roth02, S. 177-181]
.
Mobile IP ermöglicht eine ,,Überall-Erreich-
barkeit" mit der gleichen IP-Adresse. Das Routing der Adressen wird unter
Zuhilfenahme eines Agenten-Rechners am Hauptstandort des Mobilgeräts
und durch Redirects geregelt [ipv604]. Mobile IP steht jedoch zurzeit im noch
nicht ganz abgeschlossenen Standardisierungsprozess.
In Zukunft ist mit einer permanenten Weiterentwicklung der drahtlosen Da-
tenübertragungsverfahren auf allen Ebenen zu rechnen. Neben einem Über-
gang zu IPv6 auf der zentralen Netzwerkschicht werden auf den höheren
Schichten Mobilitäts-, Routing- und Sitzungsprotokolle hinzugefügt, die spe-
zielle Anforderungen mobiler AwSe realisierbar machen [Baum02, S. 111].
Für manche mobile ISe ist es inzwischen nicht mehr notwendig, dass die
drahtlose Infrastruktur fest vorgegeben wird, wie das in zellularen Netzen der
Fall ist. Denn ,,zunehmend kommen, wie am Beispiel von Bluetooth erkenn-
bar, auch Ad-hoc-Netze als Zugangsnetze in Betracht" [Baum02, S. 111].

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2005
ISBN (eBook)
9783832487225
ISBN (Paperback)
9783838687223
DOI
10.3239/9783832487225
Dateigröße
1.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg – Wirtschaftsinformatik und Angewandte Informatik
Erscheinungsdatum
2005 (Mai)
Note
2,0
Schlagworte
mobile computing systementwicklung vorgehensmodell business engineering
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Titel: Entwicklung eines Projektmodells zur Einführung mobiler Geräte in betrieblichen Informationssystemen
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