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Kundenbindung im Verlag

Relevanz und Umsetzung bei Tageszeitungen und Publikumszeitschriften

©2004 Lizentiatsarbeit 141 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die Arbeit hat das Ziel, Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Theorie und Praxis der Kundenbindung im Verlag herauszuarbeiten und im Rahmen einer Bestandsaufnahme Relevanz, Gestaltungsmöglichkeiten und konkrete Umsetzung zu erfassen. Im ersten Teil werden die theoretischen Kenntnisse über Kundenbindung im Verlagsmarketing bis zu den Kundenbindungsmaßnahmen sowohl aus publizistikwissenschaftlicher als auch aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive diskutiert.
Mit ausgewählten Experten der Verlagspraxis wurden Leitfadeninterviews durchgeführt und die Datenauswertung erfolgte mittels inhaltsanalytischem Auswertungsverfahren. Dabei liegt die Konzentration auf Verlagen von Tageszeitungen und Publikumszeitschriften der deutschsprachigen Schweiz. Die Ausführungen erfolgen aus Anbieterperspektive und fokussieren den Leser- und Anzeigenmarkt.
Die Ergebnisse der Interviews werden zuerst entlang den Themengebieten des Leitfadens dargestellt. Bereits hier wird auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Experten der Verlage sowie auf Bezüge zu den theoretischen Grundlagen hingewiesen. In der Interpretation wird dann bewusst der Brückenschlag zwischen Theorie und Praxis gemacht. Es werden erstaunliche Übereinstimmungen festgestellt und gleichwohl zahlreiche Abweichungen in den Einschätzungen, z.B. zu bestimmten Kundenbindungsmaßnahmen, gefunden. Insgesamt zeigt die Untersuchung die Bedeutung und Wichtigkeit der Kundenbindung in der Verlagsbranche. Der Stellenwert ist aber in beiden Märkten verschieden bzw. von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Die Möglichkeiten geeignete Marketinginstrumente einzusetzen sind vielfältig; umsichtig geplant und zielgerichtet ausgeführt, bringen sie Erfolg und Rentabilität.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
Abbildungsverzeichnisvi
Tabellenverzeichnisvii
1.Einleitung8
1.1Problemstellung8
1.2Zielsetzung und Forschungsfragen10
1.3Vorgehen12
I.THEORETISCHER TEIL
2.Medienbezogene Grundlagen der Untersuchung16
2.1Der Zeitungs- und Zeitschriftenverlag als Forschungsobjekt16
2.2Tageszeitung und Publikumszeitschrift17
2.2.1Definition Tageszeitung und Publikumszeitschrift17
2.2.2Funktion der Printmedien als Massenmedien20
2.2.3Besonderheiten Printmedien21
2.3Interdependenz Vertriebs- und Anzeigengeschäft23
2.3.1Erlös- und Kostensituation im Verlag23
2.3.2Auflagen-Anzeigen-Spirale24
2.4Marketing im Verlag26
2.4.1Marketing-Begriff26
2.4.2Gesamtsystem […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8528
Morgen, Bettina: Kundenbindung im Verlag - Relevanz und Umsetzung bei
Tageszeitungen und Publikumszeitschriften
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Universität Zürich, Lizentiatsarbeit, 2004
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany

ii
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
... vi
Tabellenverzeichnis
... vii
1
Einleitung
... 8
1.1
Problemstellung
... 8
1.2
Zielsetzung und Forschungsfragen
... 10
1.3
Vorgehen
... 12
I THEORETISCHER TEIL
2
Medienbezogene Grundlagen der Untersuchung
... 16
2.1
Der Zeitungs- und Zeitschriftenverlag als Forschungsobjekt
... 16
2.2
Tageszeitung und Publikumszeitschrift
... 17
2.2.1
Definition Tageszeitung und Publikumszeitschrift
... 17
2.2.2
Funktion der Printmedien als Massenmedien
... 20
2.2.3
Besonderheiten Printmedien
... 21
2.3
Interdependenz Vertriebs- und Anzeigengeschäft
... 23
2.3.1
Erlös- und Kostensituation im Verlag
... 23
2.3.2
Auflagen-Anzeigen-Spirale
... 24
2.4
Marketing im Verlag
... 26
2.4.1
Marketing-Begriff
... 26
2.4.2
Gesamtsystem Verlagsmarketing
... 27
2.4.3
Ziele und Zielkonflikte Verlagsmarketing
... 29
2.5
Begriffsbestimmung Verlagskunden
... 30
2.6
Zusammenfassung
... 31
3
Kundenbindung im Verlagsmarketing
... 33
3.1
Relationship Marketing als Ausgangspunkt der Kundenbindung
... 33
3.1.1
Forschungsstand Relationship Marketing und Kundenbindung
... 33
3.1.2
Abgrenzung und Merkmale Relationship Marketing
... 35
3.1.3
Dimensionen und Prinzipien Relationship Marketing
... 38
3.2
Grundlagen Kundenbindung
... 40
3.2.1
Definition und Abgrenzung Kundenbindung
... 40

iii
3.2.2
Typologisierungsansatz der Kundenbindung
... 42
3.3
Ziele der Kundenbindung im Verlag
... 44
3.3.1
Sicherheit
... 44
3.3.2
Wachstum
... 45
3.3.3
Rentabilität
... 46
3.4
Gestaltung der Kundenbindung
... 47
3.4.1
Kundenbindung durch Information
... 48
3.4.1.1
Leser- und Mediaforschung
...48
3.4.1.2
Database-Marketing
...49
3.4.2
Kundenbindung durch Investition
... 51
3.4.3
Kundenbindung durch Individualisierung
... 51
3.4.4
Kundenbindung durch Interaktion
... 52
3.4.5
Kundenbindung durch Integration
... 52
3.4.6
Zielsystem Kundenbindung im Verlag
... 53
3.4.7
Ansatzpunkte zur Kundenbindung im Instrumentalbereich
... 53
3.5
Zusammenfassung
... 55
4
Kundenbindungsmassnahmen
... 57
4.1
Produktpolitische Kundenbindungsmassnahmen
... 57
4.1.1
Produktpolitische Massnahmen im Lesermarkt
... 58
4.1.2
Produktpolitische Massnahmen im Anzeigenmarkt
... 61
4.2
Preispolitische Kundenbindungsmassnahmen
... 63
4.2.1
Preispolitische Massnahmen im Lesermarkt
... 63
4.2.2
Preispolitische Massnahmen im Anzeigenmarkt
... 65
4.3
Distributionspolitische Kundenbindungsmassnahmen
... 66
4.3.1
Distributionspolitische Massnahmen im Lesermarkt
... 67
4.3.2
Distributionspolitische Massnahmen im Anzeigenmarkt
... 68
4.4
Kommunikationspolitische Kundenbindungsmassnahmen
... 68
4.4.1
Kommunikationspolitische Massnahmen im Lesermarkt
... 69
4.4.2
Kommunikationspolitische Massnahmen im Anzeigenmarkt
... 72
4.5
Beschwerdemanagement
... 73
4.6
Kundenclub
... 74
4.7
Zusammenfassung
... 76

iv
II
EMPIRISCHER TEIL
5
Design und Methode der Untersuchung
... 79
5.1
Das Experteninterview als Datenerhebungsinstrument
... 79
5.2
Praktisches methodisches Vorgehen
... 82
5.2.1
Interview-Leitfaden
... 82
5.2.2
Untersuchungseinheit
... 83
5.2.3
Durchführung der Interviews
... 84
5.3
Datenauswertung und -aufbereitung
... 85
5.3.1
Transkription
... 86
5.3.2
Paraphrasierung
... 86
5.3.3
Überschriften
... 86
5.3.4
Thematischer Vergleich
... 88
5.3.5
Soziologische Konzeptualisierung
... 88
5.3.6
Theoretische Generalisierung
... 88
6
Ergebnisse der Untersuchung und Interpretation
... 89
6.1
Ergebnispräsentation
... 89
6.2
Ergebnisse zu Relevanz und Stellenwert der Kundenbindung
... 90
6.2.1
Kundenbindung als Marketingziel
... 90
6.2.2
Relevanz und Begründung der Kundenbindung
... 91
6.2.3
Stellenwert der Kundenbindung im Lesermarkt
... 91
6.2.4
Stellenwert der Kundenbindung im Anzeigenmarkt
... 92
6.3
Interpretation Relevanz und Stellenwert der Kundenbindung
... 93
6.4
Ergebnisse zu Marktforschung und Database-Marketing
... 95
6.4.1
Marktforschung und Database-Marketing im Lesermarkt
... 95
6.4.2
Marktforschung und Database-Marketing im Anzeigenmarkt
... 96
6.5
Interpretation Marktforschung und Database-Marketing
... 96
6.6
Ergebnisse zu Kundenbindungsmassnahmen
... 98
6.6.1
Massnahmen im Produktbereich Lesermarkt
... 99
6.6.2
Massnahmen im Produktbereich Anzeigenmarkt
... 100
6.6.3
Massnahmen im Preisbereich Lesermarkt
... 102
6.6.4
Massnahmen im Preisbereich Anzeigenmarkt
... 102
6.6.5
Massnahmen im Distributionsbereich Lesermarkt
... 103
6.6.6
Massnahmen im Kommunikationsbereich Lesermarkt
... 103

v
6.6.7
Massnahmen im Kommunikationsbereich Anzeigenmarkt
... 104
6.6.8
Beschwerdemanagement und Leserbriefe
... 105
6.6.9
Kundenclub und Kundenkarte
... 105
6.6.10
Wichtigste Kundenbindungsinstrumente
... 106
6.7
Interpretation Kundenbindungsmassnahmen
... 107
6.8
Ergebnisse zu Chancen, Risiken und Zukunftsperspektiven
... 111
6.8.1
Chancen Kundenbindung
... 112
6.8.2
Risiken Kundenbindung
... 113
6.8.3
Zukunftsperspektiven und geplante Massnahmen
... 114
6.9
Interpretation Chancen, Risiken und Zukunftsperspektiven
... 115
7
Schlussbetrachtung und Ausblick
... 116
7.1
Gesamtüberblick und Beantwortung der Forschungsfragen
... 116
7.2
Kritische Reflexion über die Arbeit
... 120
7.3
Weitere Forschungsmöglichkeiten
... 121
Literaturverzeichnis
... 122
ANHÄNGE
Anhang A: Leitfaden Interview
... 132
Anhang B: Standardisierter Fragebogen Eckdaten
... 138
Anhang C: Untersuchungseinheit
... 139

vi
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Produktformen im Verlag
...19
Abbildung 2: Auflagen-Anzeigen-Spirale
...25
Abbildung 3: Gesamtsystem Verlagsmarketing
...28
Abbildung 4: Merkmale Transaktions- und Relationship Marketing
...38
Abbildung 5: Differenzierung der Kundenbindung nach psychologischen Aspekten
..43
Abbildung 6: Zielsystem Kundenbindung im Verlag
...53
Abbildung 7: Arten der Kundenbindung und Einsatz der Marketinginstumente
...54

vii
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Überschriften und Abkürzungen zur Datenaufbereitung
87
Tabelle 2: Zeitungsverlage und Gesprächspartner
139
Tabelle 3: Zeitschriftenverlage und Gesprächspartner
139

8
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
In den letzten Jahren musste die schweizerische Verlagsbranche in vielen Geschäftsbe-
reichen markante Rückgänge hinnehmen. Auflagenzahlen liefen rückläufig und der
Werbemarkt verschlechterte sich seit dem Spitzenjahr 2000 dramatisch. Fast 50 Pro-
zent Einbusse erlitten die Anzeigenerlöse und bei den Stelleninseraten waren es sogar
70 Prozent (vgl. Stäheli 2004: 1). Dazu kommt, dass Verlagshäuser hohe Fixkosten
generieren, die ihrerseits beträchtliche Deckungsbeiträge verlangen und damit unter
dem Konjunkturabschwung noch mehr leiden. Weiter verschiebt sich die Struktur der
Werbeausgaben kontinuierlich. Seit Jahren gibt die Presse Marktanteile an Radio,
Fernsehen und die elektronischen Medien ab. Medienmärkte sind sehr wettbewerbsin-
tensiv und die vielen Anbieter von Presseprodukten stehen konkurrenzierend zueinan-
der. Darüber hinaus gleichen sich die Medienangebote immer stärker, was eine Ähn-
lichkeit der Marktleistung und damit eine Nicht-Unterscheidbarkeit impliziert, die den
Wettbewerbsdruck noch weiter verstärkt. Besonders die traditionellen Printmedien
(Zeitung und Zeitschrift) verlieren im multimedialen Wettbewerb Marktanteile. Der
Werbemarkt stellt das ökonomische Rückgrat der Printmedien dar und so haben
strukturelle Verschiebungen der Werbeausgaben unweigerlich Auswirkungen auf die
finanzielle Basis der Verlage.
Die Informations- und Kommunikationstechnologie hat sich in den letzten Jahren e-
norm schnell fortentwickelt. Der technologische Fortschritt ist für die traditionellen
Printmedien eine Bedrohung und Chance zugleich. Die Bedrohung besteht darin, dass
neue Medien die gedruckten Printmedien aufgrund niedriger Eintrittsbarrieren ver-
drängen oder zumindest teilweise ersetzten (vgl. Henkel 1999: 2f.). Durch den Wegfall
von Druck- und Distributionskosten sowie die Möglichkeit, dass Informationsherstel-
ler im Internet die Printmedien umgehen und direkt publizieren, laufen Verlage im
Anzeigen- und Lesermarkt Gefahr, teilweise substituiert zu werden (vgl. Henkel 1999:
3). Die neuen Technologien ermöglichen aber auch eine verstärkte Interaktivität und
Individualisierung der Kunden sowie eine Entwicklung und Bearbeitung neuer Ge-
schäftsfelder. Um in der Dynamik der Entwicklungen nicht den Anschluss zu verlie-
ren, sind inzwischen viele Verlage, neben der gedruckten Ausgabe, auch online prä-
sent. Das Online-Engagement wird als strategisch bedeutsam erkannt und als sinnvolle

9
Ergänzung zur gedruckten Zeitung bzw. Zeitschrift gesehen (vgl. Riefler 1995: 144).
Es kann für Verlage eine Chance sein, diese neuen Technologien selbst zu nutzen, um
neue Einnahmequellen und Zielgruppen zu erschliessen bzw. das Produkt den verän-
derten Bedürfnissen der Kunden anzupassen. Das Online-Angebot stellt für Verlage
eine zusätzliche Einnahmequelle dar, weil die Internet-Nutzer eine attraktive Zielgrup-
pe der Werbung sind (vgl. Breyer-Mayländer 1999: 172f.).
Neben ökonomischen und technologischen Faktoren färben auch gesellschaftliche
Veränderungstendenzen auf die schwierige Situation der Verlage ab. Leserückgang bei
Printmedien, verändertes Mediennutzungs- und Freizeitverhalten sowie zunehmende
Mobilität verdeutlichen diese Tatsache. Mediennutzer werden immer sprunghafter,
hybrider und damit unberechenbarer für die Auswahl und Nutzung der Angebote (vgl.
Siegert 2003: 187). Eine Tageszeitung kostet etwa zwei Franken fünfzig, im Abonne-
ment gar nur einen Franken am Tag. Ein Wechsel des Titels ist für die Nutzer mit ge-
ringen monetären Wechselkosten verbunden. Die Wechselhaftigkeit der Rezipienten
kann, insbesondere bei Zeitungen, mit der Niedrigkostensituation begründet werden.
Der aktuelle Wettbewerbs- und Kostendruck, der auf Verlagen lastet und die Erkennt-
nis, dass jahrzehntelang erfolgreiche Strategien den Anforderungen des Wettbewerbes
nicht mehr entsprechen, führt dazu, dass der Kunde in den Vordergrund der Betrach-
tungen gerückt wird (vgl. Meffert 2003: 127). Mehr Sicherheit, Rentabilität und
Wachstum sind in einer Zeit, in der die Märkte stagnieren und die Sprunghaftigkeit der
Kunden zunimmt, besonders wichtig. Im Verdrängniswettbewerb sieht sich jener An-
bieter im Vorteil, dem es in der Vergangenheit gelungen ist, seine Kunden möglichst
eng an sich zu binden und sie auf diese Weise vor Abwerbungsversuchen der Wettbe-
werber zu immunisieren. In gesättigten, hart umkämpften (Printmedien-) Märkten
spielt die Kundenbindung eine zentrale Rolle, denn erst durch eine langfristige Bin-
dung kann das Ertragspotential eines Kunden ausgeschöpft werden (vgl. Reich-
held/Sasser 1991). Die kurzfristige Sichtweise des reinen Akquisitionsmarketing wird
also um die stärkere Betonung der Erhaltung und Verbesserung bestehender Kunden-
beziehungen ergänzt.
Erst seit wenigen Jahren lässt sich in der Verlagsbranche eine Reaktion auf die verän-
derten Anforderungen des Marktes beobachten. Die Sicherung und Intensivierung der

10
Leser- und Werbekundenbindung gewinnt in Verlagen allmählich an Bedeutung. Ver-
leger und Redakteure beginnen, Kundenbindung bzw. -orientierung in den Mittelpunkt
verlegerischen Handelns zu stellen (vgl. Schaefer-Dieterle 1997a: 44). Einerseits soll
die Kundenbindung im Hinblick auf die Konkurrenz neuer Medien gestärkt werden,
andererseits können Verlage die neue Technologie aktiv zum Aufbau und zur Siche-
rung langfristiger Kundenbeziehungen einsetzen. Auch gesellschaftliche Faktoren
können die Intensität der Bindung der Kunden an die Verlage beeinflussen. Verlage
sollten demnach gesellschaftlichen Entwicklungstendenzen, welche die Bindungsstär-
ke an das Printmedium beeinträchtigen, mit gezielten Massnahmen des Verlagsmarke-
ting wirksam begegnen.
1.2 Zielsetzung und Forschungsfragen
Nach diesen Ausführungen wird deutlich, dass eine Auseinandersetzung mit Kunden-
bindung im Verlag angeraten ist. Das Erkenntnisinteresse der Untersuchung richtet
sich deshalb auf die Gestaltungsmöglichkeiten der Kundenbindung in Verlagen sowie
deren konkrete Umsetzung mittels marketingpolitischen Instrumenten. Dabei sollen
wesentliche Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Theorie und Praxis herausgear-
beitet werden. Weiter ist die Relevanz bzw. der Stellenwert der Kundenbindung in der
Verlagspraxis zu ermitteln. Der Zusammenhang zwischen Marktforschung und Kun-
denbindung soll erforscht und Chancen, Risiken sowie Zukunftsperspektiven der Kun-
denbindung aufgespürt werden. Ziel ist es, einen Beitrag zur Schliessung der For-
schungslücke im Bereich Kundenbindung im Verlag aus anbieterbezogener Perspek-
tive sowie unter leser- und anzeigenmarktlichen Gesichtspunkten zu leisten.
Verlage weisen im Vergleich zu anderen Branchen kommunikationswissenschaftliche
Besonderheiten auf, welche erkannt, thematisiert und kritisch angegangen werden
müssen. Zu beachten ist auch die Charakteristik des Marketing in Zeitungs- bzw. Zeit-
schriftenverlagen. Bestehende Erkenntnisse der betriebswirtschaftlichen Forschung
über Relationship Marketing und Kundenbindung werden auf den kommunikations-
wissenschaftlichen Untersuchungsgegenstand, den Zeitungs- und Zeitschriftenverlag,
übertragen. Die vorliegende Arbeit kann bzw. muss demnach auf betriebswirtschaftli-
che Forschung zurückgreifen und die Begriffe der Publizistik mit der Terminologie der
Wirtschafts-/Marketingwissenschaft verbinden. Darüber hinaus sind mögliche Grenzen
und Probleme aufzuzeigen. Diese Übertragung verlangt Sorgfalt und kann nicht ohne

11
kritische Überlegungen erfolgen. Verlagsprodukte sind, nicht zuletzt aufgrund der
teilweise konfliktären Beziehung zwischen publizistischen und ökonomischen Zielen,
keine gewöhnlichen Massengüter, auf die Ergebnisse und Konzepte aus anderen Bran-
chen einfach übertragen werden können. Verlage weisen zudem die Besonderheit auf,
dass für sie zwei unterschiedliche Märkte, nämlich der Leser- und Werbemarkt, exis-
tieren. Die einzelnen Teilmärkte erfordern einen differenzierten Ansatz des marketing-
politischen Instrumentariums zur Kundenbindung.
Bisher wurden kaum empirische Untersuchungen bezüglich Kundenbindung im Verlag
durchgeführt, weshalb bewusst auf Hypothesen verzichtet wird, da es sich nur um vage
Vermutungen handeln würde.
Entsprechend der Zielsetzung dient als wichtiger Ausgangspunkt des Erkenntnisinte-
resses folgende Forschungsfrage:
Welche Relevanz und konkrete Ausgestaltung hat Kundenbindung in Zeitungs- und
Zeitschriftenverlagen?
Relevanz meint in obiger Forschungsfrage die Begründung, Stellung und Gewichtung
der Kundenbindung in beiden Märkten, insbesondere in Relation zu Kundenakquisi-
tion bzw. -rückgewinnung. Die konkrete Ausgestaltung fokussiert die operative Ebene,
d.h. die marketingpolitischen Kundenbindungsmassnahmen im Leser- und Anzeigen-
markt.
Aus der Hauptfrage, die im Zentrum der Arbeit steht, lassen sich weitere Forschungs-
fragen ableiten. Die Differenzierung der Frage ermöglicht eine Strukturierung der ge-
samten Untersuchung und bringt den Vorteil einer breiteren Betrachtungsweise. Fol-
gende Fragen wurden von der Hauptfrage abgeleitet:

12
1. Welcher Stellenwert kommt der Kundenbindung in der Verlagspraxis zu?
2. Wie und wofür beziehen Verlage Informationen bezüglich Leser- und Anzeigen-
markt?
3. Welche konkreten Kundenbindungsinstrumente setzen Verlage auf operativer Ebene
ein?
4. Welche Chancen ergeben sich durch Kundenbindung und welche Risiken kann Kun-
denbindung im Verlag nach sich ziehen?
5. Wie sehen die Zukunftsperspektiven der Kundenbindung in der verlegerischen Pra-
xis aus?
1.3 Vorgehen
Die Arbeit ist neben der Einleitung mit Problemstellung, Zielsetzung, Forschungsfra-
gen und Vorgehensweise noch in sechs weitere Kapitel gegliedert.
Wie bereits erwähnt, handelt es sich beim vorliegenden Untersuchungsgegenstand um
die Schnittmenge aus publizistischen und wirtschaftswissenschaftlichen Ansätzen.
Deshalb werden in Kapitel 2 zuerst die medienspezifischen Grundlagen der Untersu-
chung erklärt, um eine solide Basis der medienwissenschaftlichen Betrachtungs-
schwerpunkte zu gewährleisten. Der Presseverlag als Forschungsobjekt wird in Kapitel
2.1 eingeführt und definiert. Kapitel 2.2 grenzt Tageszeitungen und Publikumszeit-
schriften begrifflich ab, um eine definitorische Grundlage der Untersuchung zu leisten.
Dabei wird die Funktion der Presseprodukte als Massenmedien erklärt und ihre Be-
sonderheiten herausgearbeitet. Die Interdependenzen des dualen Marktes werden in
Kapitel 2.3 anhand der Erlös- und Kostensituation, als auch der Anzeigen-Auflagen-
Spirale, verdeutlicht. Bevor in den späteren Ausführungen auf Relationship Marketing
als wirtschaftswissenschaftlicher Ausgangspunkt bzw. Ansatz der Kundenbindung
eingegangen wird, muss (Verlags-) Marketing allgemein erklärt werden. Kapitel 2.4
stellt, nach einer kurzen Erläuterung des Marketing, das Gesamtsystem des Verlags-
marketing vor, damit das Zusammenspiel von Leser- und Anzeigenmarkt bzw. von
Leser- und Anzeigenmarketing nochmals verdeutlicht wird. Um die vielfältigen Syn-
onyme für Verlagskunden zu ordnen, wird in Kapitel 2.5 die Begrifflichkeit der Kun-

13
den für vorliegende Untersuchung definiert. Kapitel 2.6 fasst abschliessend die me-
dienbezogenen Grundlagen kurz zusammen.
Nach Klärung der medienspezifischen Grundlagen kann in Kapitel 3 das theoretische,
wirtschaftswissenschaftliche Fundament der Untersuchung, die Kundenbindung, erar-
beitet und auf den Verlag übertragen werden. Kapitel 3.1 erklärt das Konzept Rela-
tionship Marketing (Beziehungsmarketing) als Ausgangspunkt bzw. Ansatz der Kun-
denbindung. Es beginnt mit dem wirtschaftswissenschaftlichen und medienökonomi-
schen Forschungsstand bezüglich Relationship Marketing und Kundenbindung. Die
begrifflichen und konzeptionellen Grundlagen von Relationship Marketing werden im
Anschluss aufgezeigt. Kapitel 3.2 widmet sich den Grundlagen der Kundenbindung.
Das vielfältige Konstrukt Kundenbindung wird definiert, abgegrenzt und typologisiert.
Die Begründung für Kundenbindung im Verlag liegt zusammengefasst in der Siche-
rung bzw. Steigerung des Verlagserfolgs, was in Kapitel 3.3 anhand der Ziele der
Kundenbindung im Verlag gezeigt wird. Kapitel 3.4 verdeutlicht die Gestaltung der
Kundenbindung und Kapitel 3.5 schliesst das Schlüsselkapitel mit einer Zusammenfas-
sung ab.
In Kapitel 4 stehen die Kundenbindungsmassnahmen des Zeitungs- und Zeitschriften-
verlags im Mittelpunkt. Es folgen Überlegungen auf marketingpolitischer Betrach-
tungsebene. Zunächst werden die konkreten Kundenbindungsmassnahmen auf pro-
dukt- (Kapitel 4.1), preis- (Kapitel 4.2), distributions- (Kapitel 4.3) und kommunikati-
onspolitischer (Kapitel 4.4) Ebene für die beiden Absatzmärkte (Leser- und Anzei-
genmarkt) systematisch herausgearbeitet und geeignete Kundenbindungsmöglichkeiten
theoriegeleitet aufgezeigt. Auch das Beschwerdemanagement, als eine weitere Kun-
denbindungsmöglichkeit, wird in Kapitel 4.5 dargestellt. In einem nächsten Schritt
wird der Kundenclub als integrierte Kundenbindungsmassnahme im Verlag vorgestellt
(Kapitel 4.6). Kapitel 4.7 fasst die Instrumente zur Bindung der Verlagskunden zu-
sammen.
Kapitel 5 stellt die Methode der Untersuchung vor. Als Datenerhebungsinstrument
vorliegender Untersuchung dient das Experteninterview, welches den qualitativen For-
schungsmethoden zuzuordnen ist. Die Gespräche mit Experten der verlegerischen Pra-
xis dienen als grundlegende Erkenntnisquelle vorliegender Arbeit. Kapitel 5.1 erklärt

14
das Experteninterview als Erhebungsinstrument und definiert den Begriff ,,Experte".
Die Methode wird für vorliegende Untersuchung begründet und ihre Vorteile werden
aufgezeigt. Das praktische methodische Vorgehen wird in Kapitel 5.2 verdeutlicht,
indem der Interview-Leitfaden, die Auswahl der Verlage und Experten und schliess-
lich die Durchführung der Interviews dokumentiert werden. In Kapitel 5.3 wird die
interpretative Datenauswertung nach Meuser/Nagel erklärt und die einzelnen Schritte
der Datenaufbereitung kurz beschrieben.
In Kapitel 6 wird zuerst die Ergebnisdarstellung und die Anonymisierung der Exper-
tenaussagen vorgestellt (Kapitel 6.1). Die Resultate der empirischen Bestandsaufnah-
me werden anschliessend in den Kapiteln 6.2, 6.4, 6.6 und 6.8 zusammengeführt und
deskriptiv präsentiert. Im Anschluss an oben genannte Kapitel erfolgt eine theorie-
orientierte Interpretation der Ergebnisse (Kapitel 6.3, 6.5, 6.7 und 6.9).
Kapitel 7 verschafft einen Gesamtüberblick über die Untersuchung und zugleich wer-
den die forschungsleitenden Fragen beantwortet (Kapitel 7.1). Arbeit und Methode
werden in Kapitel 7.2 kritisch reflektiert und Kapitel 7.3 gibt schliesslich Anregungen
für weiteren Forschungsbedarf.

15
I THEORETISCHER TEIL

16
2 Medienbezogene Grundlagen der Untersuchung
Die in diesem Kapitel vorgestellten medienbezogenen Grundlagen bilden die inhaltli-
che Basis für die durchzuführende Untersuchung. Sie haben die Aufgabe, das relevante
Untersuchungsfeld zu erfassen und transparent zu machen. In Kapitel 2.1 wird der
Zeitungs- und Zeitschriftenverlag als Forschungsobjekt definiert. Die Printmedien
Zeitung und Zeitschrift werden in Kapitel 2.2 abgegrenzt, damit die definitorische
Grundlage für diese Arbeit, insbesondere für Tageszeitungen und Publikumszeit-
schriften, gewährleistet ist. Es wird deutlich gemacht, dass Printmedien spezifische
Produktmerkmale aufweisen und als Massenmedien einen öffentlichen Auftrag zu er-
füllen haben, was für die Kundenbindung relevant ist. Kapitel 2.3 dient der Erklärung
des Zusammenhangs zwischen Vertriebs- und Anzeigengeschäft. Kapitel 2.4 befasst
sich mit Marketing in Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen. Zu diesem Zweck wird
zuerst der allgemeine Marketing-Begriff eingeführt, bevor das Gesamtsystem als auch
die Zielkonflikte im Verlagsmarketing vorgestellt werden. Damit ist das Grundver-
ständnis des Marketing gegeben, wenn im Folgekapitel auf Relationship Marketing
eingegangen wird. Kapitel 2.5 zeigt die synonymen Begriffe für Verlagskunden und
definiert sie schliesslich für die vorliegende Arbeit. Im abschliessenden Kapitel 2.6
werden die medienbezogenen Grundlagen kurz zusammengefasst.
2.1 Der Zeitungs- und Zeitschriftenverlag als Forschungsobjekt
Traditionell verbindet man das Verlagswesen mit der Veröffentlichung von auf Papier
gedruckten Inhalten. Diese Sichtweise begründet sich aus der historischen Entwick-
lung des Verlagswesens, welches seinen Anfang in der Erfindung des Buchdrucks
durch Johannes Gutenberg hatte (vgl. Pürer/Raabe 1996: 13f.). Ein Verlag im medien-
ökonomischen Sinne ist ein Unternehmen, das Produkte des Medienmarktes produziert
und vertreibt, insbesondere Zeitungen und Zeitschriften, aber auch Musik und Bücher
(vgl. Heinrich 2001: 214). Zeitungs- und Zeitschriftenverlage werden unter dem Beg-
riff Presseverlag zusammengefasst und grenzen sich von Buch- und anderen Verlagen
durch die periodische, in einer bestimmten Kontinuität erscheinenden Veröffentli-
chung ab. Presseverlage gehören nach Handelsrecht zu den Grundhandelsgewerben,
die als Wirtschaftsunternehmen darauf angewiesen sind, einen Gewinn zu erzielen
(vgl. Heinrich 2001: 214). Nur ein wirtschaftlich leistungsfähiger Verlag ist in der La-
ge, die notwendigen Investitionen durchzuführen, um die redaktionelle Qualität und

17
Unabhängigkeit der Zeitung bzw. Zeitschrift und die Arbeitsplätze der Mitarbeiter zu
sichern (vgl. Brand/Schulze 1997: 85). Ziel des Verlags ist es, Zeitungen und Zeit-
schriften bzw. die darin enthaltenen Informationen (redaktionelle Beiträge und Anzei-
gen) zu veröffentlichen. Dies deutet darauf hin, dass Verlage auf dem Lesermarkt ei-
nen Mix aus Informations- bzw. Unterhaltungsinhalten und, parallel dazu, Werberaum
auf dem Anzeigenmarkt anbieten.
Der Zweck des Presseverlages ­ das Herstellen und Verbreiten von Printmedien ­ be-
dingt die Verankerung von Grundfunktionen wie Verleger bzw. Verlagsleitung, Re-
daktion, Vertrieb, Anzeigenbereich und Druckerei (vgl. Wolf 1983: 33f.). Neben den
genannten Funktionen sind Marktforschung und Werbung weitere wichtige Bereiche
im Presseverlag. Die Marktforschung versorgt sowohl die Marketingbereiche Anzei-
gen und Vertrieb, als auch die Redaktion mit relevanten Marktdaten. Im Vordergrund
stehen die Redaktions- und die Anzeigenmarktforschung, die sich im wesentlichen als
verlagseigene Mediaforschung bezeichnen lässt (vgl. Bleis 1996: 66).
In vorliegender Arbeit wird ein Presseverlag als eine Unternehmung verstanden, deren
Schwerpunkt die Produktion von Zeitungen und Zeitschriften bildet (Heinrich 2001:
214). Dieses Begriffsverständnis liegt zugrunde, wenn nachfolgend in der Arbeit die
Begriffe Presseverlag oder vereinfacht Verlag, Verwendung finden.
2.2 Tageszeitung und Publikumszeitschrift
2.2.1 Definition Tageszeitung und Publikumszeitschrift
Die Untersuchung fokussiert Verlage von Tageszeitungen und Publikumszeitschriften,
weshalb diese Presseprodukte definiert werden müssen. Tageszeitungen werden nach
Schütz präzise als ,,alle Periodika angesehen, die mindestens zweimal wöchentlich
erscheinen und einen aktuellen politischen Teil mit inhaltlich unbegrenzter (universel-
ler) Nachrichtenvermittlung enthalten" (Schütz 1985: 498). Diese Definition grenzt die
Tageszeitung klar von den Wochen- und Sonntagszeitungen ab, die jeweils nur einmal
wöchentlich erscheinen. Ausserdem werden alle Zeitungen ausgeklammert, die ihr
Konzept auf einen bestimmten thematischen Bereich ausrichten. Damit sind insbeson-
dere Anzeigenblätter sowie Fach- und Spezialzeitungen, wie z.B. Sport- oder Wirt-

18
schaftszeitungen, angesprochen, die in vorliegender Arbeit keine Berücksichtigung
finden.
Publikumszeitschriften sind dadurch gekennzeichnet, dass sie sich an ein möglichst
breites Publikum wenden, indem sie inhaltlich nicht oder nur insofern beschränkt sind,
dass sie auch von Nicht-Fachleuten verstanden werden können (vgl. Stahmer 1995:
51). Sie sind eine sehr heterogene, umsatzstarke Gruppe, denn sie umfassen verschie-
dene Zeitschriftentypen, wie z.B. Illustrierte, Frauen-, Mode-, Fernseh-, Wirtschafts-
oder Reisezeitschriften. Sie bieten Unterhaltung, Beratung und allgemeinverständliche
Information ohne tagesaktuelle Nachrichten.
In vorliegender Arbeit werden die Bezeichnungen Zeitungen und Zeitschriften ver-
wendet, gemeint sind dabei stets die Tageszeitungen und Publikumszeitschriften.
Die Einteilung bzw. Abgrenzung der Presseprodukte kann nach Schlegel anhand der
Kriterien Erscheinungshäufigkeit, Erscheinungsweise, Verbreitungsgebiet und Ver-
triebsart vorgenommen werden (vgl. Schlegel 2002: 19). Diese Merkmalsausprägun-
gen stellen exemplarisch Extrempole eines Kontinuums dar, in der Realität existieren
auch Mischformen. Diese Kriterien werden im folgenden für Zeitungen und Zeit-
schriften kurz beschrieben.
Die Erscheinungshäufigkeit bei Zeitungen erfolgt in den kürzesten Intervallen, na-
mentlich täglich, zweimal die Woche oder wöchentlich. Daraus ergibt sich nach Er-
scheinungsweise die Typologisierung in Tages-, Wochen- und Sonntagszeitungen. In
Bezug auf das Verbreitungsgebiet unterscheidet man lokale, regionale und überregio-
nale Zeitungen. Lokalzeitungen setzten fast ihre gesamte Auflage in einem relativ
kleinen, umgrenzten Gebiet ab, während regionale oder überregionale Zeitungen na-
tional oder auch international erhältlich sind. Je nach dominierender Vertriebsart
spricht man von Zeitungen im Abonnement oder Einzelverkauf (vgl. Wirtz 2001: 138).
Zeitschriften unterscheiden sich bezüglich Zeitungen insbesondere im Merkmalskrite-
rium Erscheinungshäufigkeit. Sie besitzen ein längeres Intervall als Zeitungen, sie er-
scheinen wöchentlich, 14-tägig, monatlich oder quartalsweise. Auch Zeitschriften
werden wie Zeitungen lokal, regional und überregional verbreitet und die Vertriebsar-

19
ten stellen ebenfalls das Abonnement oder der Einzelverkauf dar. Bei den Zeitschriften
hat sich die grobe Einteilung in Publikumszeitschriften und Fachzeitschriften durchge-
setzt (vgl. Heinrich 2001: 304ff.). Letztere wenden sich mit einem eingegrenzten The-
menspektrum an einen kleinen Leserkreis. Ihr Hauptanliegen ist die Vermittlung fach-
spezifischer Information aus Wissenschaft und Praxis. Durch die hohe thematische
Spezialisierung erscheinen sie in einer geringeren Auflage als Publikumszeitschriften.
In Abbildung 1 wird ersichtlich, wie in der Verlagspraxis die Zeitungen üblicherweise
nach Erscheinungsweise unterteilt und die Zeitschriften nach Inhalten abgegrenzt wer-
den (vgl. Wirtz 2001: 137).
Zeitungen
Zeitungen
Zeitschriften
Zeitschriften
Presseverlag
Presseverlag
Tages-
zeitungen
Tages-
zeitungen
Sonntags-
zeitungen
Sonntags-
zeitungen
Wochen-
zeitungen
Wochen-
zeitungen
Publikums-
zeitschriften
Publikums-
zeitschriften
Fach-
zeitschriften
Fach-
zeitschriften
Zeitungen
Zeitungen
Zeitschriften
Zeitschriften
Presseverlag
Presseverlag
Tages-
zeitungen
Tages-
zeitungen
Sonntags-
zeitungen
Sonntags-
zeitungen
Wochen-
zeitungen
Wochen-
zeitungen
Publikums-
zeitschriften
Publikums-
zeitschriften
Fach-
zeitschriften
Fach-
zeitschriften
Zeitungen
Zeitungen
Zeitschriften
Zeitschriften
Presseverlag
Presseverlag
Tages-
zeitungen
Tages-
zeitungen
Sonntags-
zeitungen
Sonntags-
zeitungen
Wochen-
zeitungen
Wochen-
zeitungen
Tages-
zeitungen
Tages-
zeitungen
Sonntags-
zeitungen
Sonntags-
zeitungen
Wochen-
zeitungen
Wochen-
zeitungen
Publikums-
zeitschriften
Publikums-
zeitschriften
Fach-
zeitschriften
Fach-
zeitschriften
Publikums-
zeitschriften
Publikums-
zeitschriften
Fach-
zeitschriften
Fach-
zeitschriften
Abbildung 1: Produktformen im Verlag
(vgl. Wirtz 2001: 137)
Abschliessend lässt sich sagen, dass Zeitungen sowie Zeitschriften gleiche Güter sind,
die prinzipiell auf die gleiche Art und Weise hergestellt werden, wenn auch mit unter-
schiedlichen Druckverfahren. Beide weisen die Eigenschaft auf, neben den redaktio-
nellen Beiträgen Anzeigen bzw. neben den Anzeigen Redaktionsbeiträge zu beinhal-
ten, sodass sie üblicherweise Erlöse sowohl aus dem Absatz des Objektes selbst, als
auch aus dem Verkauf von Anzeigenraum, beziehen. Weitgehende Übereinstimmung
besteht in den grundlegenden Wesensmerkmalen der Zeitung bzw. Zeitschrift (vgl.
z.B. Heinrich 2001: 216; Möllmann 1998: 5; Streng 1996: 23). Die Zeitschrift besitzt
mit der Zeitung gemeinsam die Merkmale Periodizität und Publizität. Die Periodizität
ist bei Zeitschriften gewährt, die Erscheinungsintervalle sind lediglich länger. Hin-
sichtlich Publizität sind Zeitungen und Zeitschriften identisch, beide sind an die Öf-

20
fentlichkeit gerichtet. Dagegen sind die Merkmale Universalität und Aktualität nur
begrenzt vorhanden (vgl. Heinrich 2001: 304). Im Vergleich zu (Tages-) Zeitungen,
die in der Regel tagesaktuelle Informationen beinhalten und im Tagesrhythmus er-
scheinen, zeigen sich Zeitschriften dadurch aus, dass sie Ereignisse der Woche in
Hintergrundberichten verarbeiten und im Wochen- oder Monatsrhythmus erscheinen.
Inhaltlich sind Zeitschriften universell ausgelegt; dies gilt aber nicht für die einzelne
Zeitschrift, denn Publikumszeitschriften weisen häufig eine thematische Beschränkung
auf und richten sich auf einzelne Themenbereiche aus. Zeitungen und Zeitschriften
dienen den gleichen Informationsbedürfnissen der Konsumenten nach Nachrichten,
Meinungen, Unterhaltung und Anzeigen. Diesbezüglich besteht folglich kein Unter-
schied zwischen den beiden Medien. So hält auch Stahmer fest, dass es aus ökonomi-
scher Sicht per se keinen Grund gibt, Zeitungen und Zeitschriften getrennt zu behan-
deln bzw. separat zu analysieren, und dass auch die exakte begriffliche Abgrenzung
aus ökonomischer Sicht sekundär ist (vgl. Stahmer 1995: 58). So kann die vorliegende
Untersuchung Kundenbindungsmöglichkeiten in Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen,
präziser ausgedrückt bei Tageszeitungen und Publikumszeitschriften, gleichzeitig er-
forschen.
2.2.2 Funktion der Printmedien als Massenmedien
Zeitungs- und Zeitschriftenverlage produzieren Zeitungen und Zeitschriften, die unter
dem Begriff Printmedien zusammengefasst werden und zu den traditionellen Massen-
medien gehören. Sie richten publizistische Inhalte an ein disperses Publikum und
verbreiten darüber hinaus Werbebotschaften für die werbetreibende Wirtschaft (vgl.
Schulz 1999: 142f.). Die Besonderheit der Massenmedien zeigt sich in der Erfüllung
zweier verschiedenartiger Funktionen. Auf der einen Seite ist dies eine gesellschafts-
politische Funktion, auf der anderen Seite eine Funktion als Werbeträger. Die gesell-
schaftspolitische Funktion der Printmedien, oft als ,,öffentliche Aufgabe" bezeichnet,
besteht darin, die Öffentlichkeit zu informieren (vgl. Wolf 1983: 37). Verlage müssen
diese respektieren und auch das Verlagsmarketing muss sie in den Überlegungen mit-
einbeziehen. Die Presse greift Themen aus verschiedenen Lebensbereichen heraus und
stellt sie zur öffentlichen Diskussion. Sie ermöglicht damit den Informationsaustausch
zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, sozialen Gesellschaftsschichten,
Gruppierungen oder Minderheiten. Dadurch trägt die Presse zur freien Meinungs- und
Willensbildung bei. Aus politologischer Sicht sind Massenmedien ein wichtiger Be-

21
standteil der Demokratie, sie sind sogar eine wichtige Voraussetzung eines demokrati-
schen Systems, denn es liegt im Wesen der Demokratie, dass Konflikte öffentlich aus-
getragen werden. Massenmedien stellen die dafür notwendige Öffentlichkeit her, da sie
allen ermöglichen, an den politischen und sozialen Auseinandersetzungen der Gesell-
schaft teilzuhaben.
Die Funktionsgerechtigkeit der Massenmedien ist eine elementare Voraussetzung jedes
demokratischen Systems. Medien haben als sozio-kulturelle Institutionen gewisse
Funktionen zu erfüllen (vgl. hierzu und im folgenden Müller von Blumencron 1994:
44ff.). Massenmedien müssen in der Lage sein, die Bürger über alle relevanten The-
men objektiv und schnell zu informieren, Wissen zu übermitteln und zum Verständnis
des gesellschaftlichen Geschehens beizutragen (Informations- und Wissensfunktion).
Neben der legislativen, exekutiven und richterlichen Gewalt wird den Massenmedien
oft der Titel der ,,Vierten Gewalt" gegeben. Dies liegt daran, dass sie andere Institutio-
nen in ihrer Aufgabenerfüllung kontrollieren und kritisieren können (Kritik- und Kon-
trollfunktion). Massenmedien sollen durch ihre Aktivität auch eine Bildungs- und Er-
ziehungsfunktion erfüllen, d.h. sie sollen die Aktivitäten der Bürger anregen und alter-
native Entscheidungsmöglichkeiten für die Lebensgestaltung anbieten, indem sie die
Bürger über alle Vorgänge im politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen
Bereich informieren. Die Massenmedien bilden neben Familie und Schule eine wichti-
ge Instanz für die Integration in die Gesellschaft (Integrationsfunktion), denn verschie-
dene Ebenen des Gesellschaftssystems können nur mit dem übergreifenden Instrument
Printmedium verknüpft werden. Die Integrationsfunktion der Massenmedien steht im
Widerspruch zur zunehmenden Segmentierung in den Anbieter- und Nachfragemärk-
ten. Zielgruppenorientierte Medienkonzepte (u.a. Kundenbindung) wenden sich ab
vom zentralistischen Grundsatz der Integration, indem sie einzelne Bevölkerungsseg-
mente mit bedürfnisgerechten Medieninhalten versorgen. Neben den genannten Funk-
tionen muss letztlich die Unterhaltungsfunktion der Massenmedien ebenfalls genannt
werden.
2.2.3 Besonderheiten Printmedien
Printmedien weisen als Massenmedien verschiedene Funktionen auf. Neben den in
Kapitel 2.2.1 bereits erwähnten Eigenschaften Periodizität, Aktualität, Universalität
und Publizität, weisen Printmedien eine Reihe weiterer Merkmale auf, die in Bezug

22
auf die Kundenbindung relevant sind. Die Charakteristik der Printmedien verhindert
eine ungeprüfte Übertragung von Marketingkonzepten aus der Wirtschaftswissen-
schaft. Anschliessend werden deshalb die in Zusammenhang mit Kundenbindung
wichtigsten Merkmale der Printprodukte verdeutlicht.
Erfahrungs-, Vertrauens- und Inspektionsgut: Für den Rezipient sind Printmedien Er-
fahrungsgüter, da deren Nutzen erst nach dem Kauf bzw. Konsum möglich ist. Es han-
delt sich auch um Vertrauensgüter, weil der Konsument die Produktqualität nur schwer
beurteilen kann (vgl. Heinrich 2001: 99). Entsprechend der Qualitätsunsicherheit beim
Kauf ist es wichtig, dass Marketingaktivitäten auf eine starke Leserbindung ausge-
richtet werden (vgl. Streng 1996: 39f.). Für die Werbetreibenden haben Printmedien in
ihrer Funktion als Werbeträger die Eigenschaft von Inspektionsgütern, d.h. die Wer-
betreibenden können vor dem Konsum eine Bewertung der Produktqualität vornehmen
(vgl. Sjurts 2002: 11). Regelmässige Media-Analysen mit Angaben zur Reichweite
dient der Werbewirtschaft zur quantitativen und qualitativen ex-ante-
Qualitätsbeurteilung des Angebots.
Sachgut und Dienstleistung: Eine zentrale Unterscheidung in der ökonomischen Gü-
terlehre ist die Unterscheidung in Sachgüter und Dienstleistungen bzw. in materielle
und immaterielle Güter. Üblicherweise werden Dienstleistungen als immaterielle, für
den fremden Bedarf produzierte Wirtschaftsgüter verstanden (vgl. Kiefer 2001: 129).
Für Dienstleistungen ist es auch charakteristisch, dass Produktion und Verbrauch zeit-
lich und örtlich zusammenfallen (Uno-Actu-Prinzip), dass sie nicht lagerfähig sind und
dass ein externer Produktionsfaktor eingebracht werden muss, um die Dienstleistung
produzieren zu können (vgl. Kiefer 2001: 130). Zeitungen und Zeitschriften stellen
genau genommen eine Kombination aus Sachgut und Dienstleistung dar. Der Dienst-
leitungscharakter wird deutlich, wenn man sich vor Augen hält, dass Printmedien In-
formationsangebote darstellen, die immaterieller Natur sind und die materielle Kom-
ponente ­ das bedruckte Papier ­ stellt die verkehrsfähige Form für den immateriellen
Inhalt der Zeitung dar (vgl. Stahmer 1995: 58f.). Den Dienstleistungscharakter der
Printmedien untermauert auch die Gegebenheit, dass die Leser Druckerzeugnisse we-
niger nach Menge, sondern nach ihrem immateriellen Inhalt bewerten. Zeitungen bzw.
Zeitschriften werden mehr denn je als Dienstleistungen definiert. Entscheidend ist die

23
Tatsache, dass Kundenbindung in den letzten Jahren vor allem in der Dienstleistungs-
branche an Bedeutung gewonnen hat.
Kuppelprodukt: Der Verlag bietet seine Leistungen auf zwei verschiedenen Märkten
an, dem Leser- und dem Werbemarkt (vgl. Althans 1994: 442; Hensmann 1980: 239).
Als Kuppelprodukt verbindet die Zeitung und Zeitschrift diese unterschiedlichen
Märkte, indem sie einerseits redaktioneller Inhalt und andererseits Werberaum zur
Verfügung stellt (vgl. Kapitel 2.3). Diese Tatsache ist mitverantwortlich, dass die vor-
liegende Untersuchung die Kundenbindungsmöglichkeiten auf beiden Märkten prüft.
2.3 Interdependenz Vertriebs- und Anzeigengeschäft
Die Verlagsprodukte Zeitung und Zeitschrift werden auf zwei unterschiedlichen
Märkten, dem Leser- und Anzeigenmarkt, vermarktet (vgl. Althans 1994: 1540). Beide
Märkte sind wirtschaftlich verflochten und hängen gegenseitig voneinander ab (vgl.
Stahmer 1995: 143ff.). Von besonderer Bedeutung für das Verständnis von Relation-
ship Marketing bzw. Kundenbindung bei Printmedien ist dabei einerseits die Werbe-
abhängigkeit der Presse, die sich in der Erlös- und Kostenstruktur der Verlage wider-
spiegelt und andererseits der Mechanismus der Auflagen-Anzeigen-Spirale.
2.3.1 Erlös- und Kostensituation im Verlag
Betrachtet man die Struktur der Kosten- und Erlöskomponenten von Verlagen, lässt
sich feststellen, dass sich Verlage fast ausschliesslich über Anzeigen- und Vertriebs-
erlöse finanzieren. Die Anzeigenerlöse stellen im Verlag einen entscheidenden Anteil
am Gesamterlös dar. Bei Zeitungen beträgt der Anzeigenerlös rund 70 Prozent des
Umsatzes, bei Zeitschriften rund 60 Prozent (vgl. Weissenfluh 1996: 198). Die Ver-
triebserlöse zählen bei Zeitungen dementsprechend 30 Prozent und bei Zeitschriften 40
Prozent des Umsatzes (vgl. Wolf/Wehrli 1990: 79). Auf der Gegenseite fallen Kosten
in den Bereichen Verlag, Redaktion, Herstellung, Vertrieb sowie Marketing an (vgl.
Ludwig 1996: 93). Charakteristisches Merkmal der Zeitungs- und Zeitschriftenindust-
rie ist zudem der relativ hohe Anteil der fixen Kosten an den Gesamtkosten (vgl. Kie-
fer 2001: 164f.).

24
Dieser Tatbestand verdeutlicht die Subventionierung des redaktionellen Teils durch
den Anzeigenteil. Infolgedessen werden Printmedien heute weit unter ihren Herstel-
lungskosten verkauft, wodurch eine gewisse Abhängigkeit vom Anzeigengeschäft be-
steht. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass der Verkaufspreis der
Printmedien nicht nur eine wirtschaftliche Funktion hat, sondern möglichst vielen
Bürgern den Kauf eines Printmediums ermöglichen sollte (vgl. Rogall 2000: 57).
2.3.2 Auflagen-Anzeigen-Spirale
Auflagen und Anzeigen bzw. Leser- und Werbemarkt spielen im Verlag eng zusam-
men und lassen sich in Abbildung 2 anhand der sogenannten ,,Anzeigen-Auflagen-
Spirale" versinnbildlichen (vgl. Heinrich 2001: 240f.; Kiefer 2001: 318f.; Stahmer
1995: 153f.). Der Ausgangspunkt bildet die Auflagensteigerung von Zeitungen oder
Zeitschriften. Diese beeinflusst die Gewinn- und Erlössituation der Printmedien auf
mehreren Ebenen. Es lassen sich Grössenvorteile der Produktion realisieren, d.h. die
Stückkosten je Zeitungsexemplar sinken. Es sinkt aber auch der Tausenderpreis
1
für
die Werbewirtschaft, woraus sich in der Regel eine stärkere Nachfrage nach Anzeigen-
raum ergibt. Heinrich spricht hier von ,,Mengeneffekt", denn der Mehrverkauf von
Anzeigen steigert den Gewinn (vgl. Heinrich 2001: 243). Üblicherweise werden die
Preise für die Werbewirtschaft nach einiger Zeit an die gestiegene Auflage angepasst,
was den Gewinn noch einmal steigert (Preiseffekt) (vgl. Kiefer 2001: 318). Dieser lässt
sich nun für eine Verbesserung des Medienproduktes einsetzen und die so verbesserte
publizistische Qualität lockt wiederum neue Leser an, welche, wenn sie zu Käufern
werden, die Auflage erneut steigern lassen. Die Spirale beginnt sich zu drehen. Dieses
Zusammenspiel von Leser- und Anzeigenmarkt ist in Abbildung 2 dargestellt.
1
Dies ist der Preis, den ein Anzeigenkunde bezahlen muss, um tausend Leser zu erreichen (vgl. Schlegel 2002: 29).

25
Grössenersparnisse
Gewinnsteigerung
höheres
Anzeigenaufkommen
Lesermarkt
Anzeigenmarkt
Geringerer
Tausenderpreis
Geringerer
Tausenderpreis
Auflagensteigerung
Auflagensteigerung
Qualitätsverbesserung
Qualitätsverbesserung
Grössenersparnisse
Gewinnsteigerung
höheres
Anzeigenaufkommen
Lesermarkt
Anzeigenmarkt
Lesermarkt
Anzeigenmarkt
Geringerer
Tausenderpreis
Geringerer
Tausenderpreis
Auflagensteigerung
Auflagensteigerung
Qualitätsverbesserung
Qualitätsverbesserung
Abbildung 2: Auflagen-Anzeigen-Spirale
(Stahmer 1995: 154)
Die Interdependenz der beiden Märkte lässt aber auch eine Abwärtsspirale zu, wie es
in der aktuellen Marklage der Verlagsbranche der Fall ist. D.h. eine sinkende Auflage
erhöht nicht nur die Stückkosten, sondern zieht auch eine Verschlechterung im Anzei-
gengeschäft nach sich. Beides beeinträchtigt die Erlössituation und erzwingt eine den
Gegebenheiten optimal angepasste Kostensenkung. Dies ist in Verlagen allerdings
schwer umzusetzen, da viele Kostenkomponenten als fix anzusehen sind, wie bei-
spielsweise folgende: Personalkosten, die Kosten für freie Mitarbeiter, Pressedienste,
bezogene redaktionelle Teile, Post-, Fernmelde- und Lizenzgebühren, Druckerei,
Miete, Steuern, Verlagskosten etc. (vgl. Heinrich 2001: 243, 315). Alle diese Kosten-
arten sind prinzipiell unabhängig von kurzfristigen Schwankungen der Auflage. Zu
den variablen Kosten können z.B. Materialkosten, Kosten der Zustellung sowie der
fremden technischen Herstellung, der Verbrauch von Brennstoffen und Reparaturen,
gezählt werden. Der Rest sind ,,sonstige" Kosten, die nicht direkt zugerechnet werden
können. Eine Kostenkomponente, die als ,,disponible Masse" betrachtet werden kann,
sind die Marketingkosten (vgl. Rzesnitzek 2003: 238). Deshalb muss Marketing all-
gemein und insbesondere die Marketingmassnahmen zur Kundenbindung begründet
werden (vgl. Kapitel 3.3). Der Fixkostenanteil beträgt bei Zeitungsverlagen rund 50
Prozent, der Anteil der variablen Kosten am Umsatz beträgt gut ein Drittel (vgl. Hein-
rich 2001: 243). Der Fixkostenanteil bei der Zeitschriftenproduktion ist mit etwa 40
Prozent deutlich geringer als bei Zeitungen (vgl. Heinrich 2001: 315). Dies liegt nach
Heinrich daran, dass der Personalkostenanteil bei Zeitschriften geringer ist als bei

26
Zeitungen. Dementsprechend ist der Anteil variabler Kosten bei Zeitschriften höher,
insbesondere wegen den hohen Kosten für den Druck ausser Haus.
Es muss kritisch angemerkt werden, dass die Auflagen-Anzeigen-Spirale nur mit er-
heblicher Zeitverzögerung wirkt, da Veränderungen der Mediadaten erst mit einer ge-
wissen Zeitverzögerung für die Mediaplanung relevant werden. Zudem ist die anfäng-
liche Auflagensteigerung mit Initialkosten verbunden, die es zu berücksichtigen gilt.
Weiterhin müssen auch die Reaktionen anderer Wettbewerber und Konkurrenzzeitun-
gen bzw. -zeitschriften genau beobachtet werden. Letztlich fördert der geschilderte
Auflagen-Anzeigen-Mechanismus die Konzentration auf dem Zeitungs- und Zeit-
schriftenmarkt, d.h. sie bewirken, dass ein immer grösserer Anteil der Gesamtauflage
aller Zeitungen und Zeitschriften auf eine kleiner werdende Zahl von Verlagen entfällt.
2.4 Marketing im Verlag
2.4.1 Marketing-Begriff
Bevor in Kapitel 3 auf das Konzept Relationship Marketing als Grundlage der Unter-
suchung eingegangen werden kann, soll an dieser Stelle kurz das Grundverständnis
von Marketing erläutert werden. Grundsätzlich ist Marketing ,,ein Prozess im Wirt-
schafts- und Sozialgefüge, durch den Einzelpersonen und Gruppen ihre Bedürfnisse
und Wünsche befriedigen, indem sie Produkte und andere Dinge von Wert erzeugen,
anbieten und miteinander austauschen" (Kotler/Bliemel 2001: 12). Marketing wird in
dieser Arbeit als Konzept aufgefasst, das besagt dass ,,der Schlüssel zur Erreichung
unternehmerischer Ziele darin liegt, ein Wertangebot für den Zielmarkt zu konzipieren
und zu kommunizieren, sowie dieses dann wirksamer und wirtschaftlicher zu verwirk-
lichen als die Wettbewerber" (Kotler/Bliemel 2001: 34).
Im Mittelpunkt vorliegender Arbeit steht ein Marketing-Verständnis, das an ein duales
Konzept der marktorientierten Unternehmensführung anknüpft: Marketing als Leitbild
des Managements und als gleichberechtigte Funktion in Unternehmen. Der Betrach-
tungsschwerpunkt vorliegender Untersuchung liegt jedoch auf dem funktionalen Kern
des Marketing in Verlagen im Sinne einer planmässigen Bearbeitung der relevanten
Absatzmärkte, konkret auf der Gestaltung des Marketing-Instrumentariums.

27
Operatives Marketing umfasst die Anwendung der Aktionsinstrumente des Marketing.
Die Kombination der verschiedenen Marketinginstrumente, die ein Unternehmen zur
Erreichung seiner Marketingziele auf dem Zielmarkt zum Einsatz bringt, wird als
Marketing-Mix bezeichnet (vgl. Kotler /Bliemel 2001: 152). Es gibt deren vier Instru-
mente ,,Product", ,,Price", ,,Place" und ,,Promotion", die vereinfacht als die ,,4P's"
bekannt sind. Verstanden werden darunter jene vier Bereiche, in denen Marketing an-
setzen kann. Es geht darum, das marktgerecht konzipierte Leistungsprogramm, d.h.
das konkrete Angebot der Zeitung bzw. Zeitschrift (Produkt- oder Programmpolitik)
mit finanziellen Konditionen zu versehen (Preis- oder Kontrahierungspolitik), zur Nut-
zung verfügbar zu machen (Distributionspolitik) und es schliesslich den Zielgruppen
zu kommunizieren (Kommunikationspolitik) (vgl. Meffert 2000: 327ff.). Operatives
Zeitungs- bzw. Zeitschriftenmarketing ist somit die Gestaltung der Produkt-, Preis-,
Distributions- und Kommunikationspolitik des Verlags mit dem Ziel, die Nachfrage
nach den Leistungen der Printmedien zu erhöhen und zu befriedigen (vgl. Heinrich
2001: 256). Es ist festzuhalten, dass bei der Kombination der Marketinginstrumente
zum Marketing-Mix von Zeitungen und Zeitschriften eine Vielzahl von Besonderhei-
ten und Wechselwirkungen zwischen den beiden Zielmärkten Leser- und Werbemarkt
zu berücksichtigen sind.
2.4.2 Gesamtsystem Verlagsmarketing
Wie bereits angedeutet, erfordert die Interdependenz von Auflagenhöhe und Anzei-
gengeschäft eine simultane Berücksichtigung von Leser- und Anzeigenmarkt bei Ent-
scheidungen des Verlagsmarketing (vgl. Stahmer 1995: 143). Für das Grundverständ-
nis nachstehender Ausführungen ist das Verständnis des gesamten Verlagsmarketing
wichtig, denn es beeinflusst mitunter auch die instrumentellen Marketingmassnahmen
zur Kundenbindung. Das Gesamtsystem des Verlagsmarketing skizziert Abbildung 3
in Form eines abstrahierten Erklärungsmodells. Es zeigt nochmals den dualen Markt
und verdeutlicht zugleich die Besonderheit der Produktpolitik im Verlag.

28
Gesamtleitung
Redaktion
Druckerei
Marketing
Distributionspolitik
Preispolitik
Kommunikationspolitik
Distributionspolitik
Preispolitik
Kommunikationspolitik
Produktpolitik
Anzeigenmarketing
Lesermarketing
Anzeigenmarkt
Lesermarkt
Zielgruppe
Leserschaft
Gesamtleitung
Redaktion
Druckerei
Marketing
Distributionspolitik
Preispolitik
Kommunikationspolitik
Distributionspolitik
Preispolitik
Kommunikationspolitik
Produktpolitik
Anzeigenmarketing
Lesermarketing
Anzeigenmarkt
Lesermarkt
Zielgruppe
Leserschaft
Gesamtleitung
Redaktion
Druckerei
Marketing
Distributionspolitik
Preispolitik
Kommunikationspolitik
Distributionspolitik
Preispolitik
Kommunikationspolitik
Produktpolitik
Anzeigenmarketing
Lesermarketing
Anzeigenmarkt
Lesermarkt
Zielgruppe
Leserschaft
Gesamtleitung
Redaktion
Druckerei
Marketing
Distributionspolitik
Preispolitik
Kommunikationspolitik
Distributionspolitik
Preispolitik
Kommunikationspolitik
Produktpolitik
Anzeigenmarketing
Lesermarketing
Anzeigenmarkt
Lesermarkt
Zielgruppe
Leserschaft
Gesamtleitung
Gesamtleitung
Redaktion
Druckerei
Marketing
Distributionspolitik
Preispolitik
Kommunikationspolitik
Distributionspolitik
Preispolitik
Kommunikationspolitik
Produktpolitik
Anzeigenmarketing
Lesermarketing
Anzeigenmarkt
Lesermarkt
Zielgruppe
Leserschaft
Distributionspolitik
Preispolitik
Kommunikationspolitik
Distributionspolitik
Distributionspolitik
Preispolitik
Preispolitik
Kommunikationspolitik
Kommunikationspolitik
Distributionspolitik
Preispolitik
Kommunikationspolitik
Distributionspolitik
Distributionspolitik
Preispolitik
Preispolitik
Kommunikationspolitik
Kommunikationspolitik
Produktpolitik
Produktpolitik
Anzeigenmarketing
Lesermarketing
Anzeigenmarkt
Lesermarkt
Zielgruppe
Leserschaft
Anzeigenmarkt
Lesermarkt
Zielgruppe
Leserschaft
Abbildung 3: Gesamtsystem Verlagsmarketing
(vgl. Hensmann 1980: 240)
Wie bereits erwähnt, ist es für Verlage charakteristisch, dass ihre Leistung auf zwei
verschiedenen Märkten angeboten wird. Auf dem Lesermarkt richten sich alle Aktivi-
täten des Vertriebsmarketing unter Einsatz der Instrumente aus den Bereichen Kom-
munikations-, Preis- und Distributionspolitik. Im Anzeigenmarkt werden Zeitungen
und Zeitschriften den Werbetreibenden als Anzeigenraum zur Verfügung gestellt; hier
wird die Kommunikationsleistung eines Printmediums als Werbeträger angeboten. Auf
diesem Werbemarkt operiert das Anzeigenmarketing. Leser- und Inserentenmarkt er-
fordern einen unterschiedlichen Einsatz des Marketing-Instrumentariums. Die beiden
Märkte werden durch die Doppelfunktion derjenigen Personen verbunden, die eine
Zeitung oder Zeitschrift zur Hand nehmen. Sie bilden die Gesamtheit der Leserschaft
und sind zum anderen die Zielpersonen der werblichen Botschaft (vgl. Wolf 1983: 2).
Wie Abbildung 3 weiter zeigt, ist die Produktpolitik im Kern redaktionelles Marketing
(Qualität der Berichterstattung, Produktsortiment, Produktionsmenge, Verpackung)
(vgl. Heinrich 2001: 257). Die Produktpolitik im Verlag wird überwiegend von der

29
Redaktion konzipiert. Die übrigen Elemente des operativen Marketing (Preis-, Distri-
butions- und Kommunikationspolitik) für den Leser- und Werbemarkt werden hinge-
gen von der Marketingabteilung gestaltet. Eine markt- und damit leserbezogene
Denkweise wird insbesondere innerhalb der Redaktionen oft als kontraproduktiv und
mit Hinweis auf die Spezifika von publizistischen Leistungen zurückgewiesen. Der
Gedanke eines redaktionellen Marketing und einer damit verbundenen Markt- bzw.
Leserorientierung gewinnt aber zunehmend an Akzeptanz.
Mit Recht werden Kritiken laut, dass Verlage über kein Marketing-Verständnis verfü-
gen, weil der Kernpunkt des Marketing, die Produktpolitik, von Marketing-
Überlegungen ausgeklammert wird (vgl. Wolf 1983: 3). Auf der anderen Seite lassen
Daten über Aufbau und personelle Ausstattung der jeweiligen Marketingabteilungen
eine Interpretation bezüglich der Relevanz des Marketing im jeweiligen Verlag einge-
schränkt zu (vgl. Büchelhofer et al. 1993: 398). So kann man aus der Grösse der Mar-
ketingabteilung (Zahl der Mitarbeiter, Gliederungstiefe) im Verhältnis zur Grösse des
Titels (Mitarbeiter des Verlages, Auflage) Schlüsse hinsichtlich der Bedeutung des
Marketing ziehen. Dabei wird unterstellt, dass eine personell und ressourcenmässig gut
ausgestattete und in der Hierarchie hochstehende Marketingabteilung ein Indikator
dafür ist, dass Marketing im jeweiligen Verlag hoch bewertet wird (vgl. Büchelhofer et
al. 1993: 399).
Diese Andeutungen lassen erkennen, dass in der Ausgangslage für das Verlagsmarke-
ting eine Reihe möglicher Konflikte eingeschlossen sind. Das Bild wird deutlicher,
wenn man in nachstehendem Kapitel die Ziele der verschiedenen Organisationsein-
heiten näher betrachtet.
2.4.3 Ziele und Zielkonflikte Verlagsmarketing
Die Ziele in den beiden Teilmärkten leiten sich aus den übergeordneten Unterneh-
menszielen ab. Darin gleicht ein Verlag jedem anderen Unternehmen, ebenso sind die
Formulierungen dieser Ziele nach Inhalt, Ausmass und zeitlichem Bezug sowie ihre
Hierarchie weitgehend identisch. Im Lesermarkt lassen sich ökonomische, publizisti-
sche und kommunikative Ziele unterscheiden, deren Verwirklichung teilweise zu Kon-
flikten führen kann (vgl. Althans 1989: 761f.). So wird jede Redaktion im Rahmen der
Verfolgung ihrer publizistischen Zielsetzungen stets nach einer Maximierung der

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832485283
ISBN (Paperback)
9783838685281
DOI
10.3239/9783832485283
Dateigröße
1.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Zürich – Philosophie
Erscheinungsdatum
2005 (Januar)
Note
1,0
Schlagworte
medienmarketing verlagsmarketing relationship zeitung zeitschrift
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