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Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools

©2003 Diplomarbeit 120 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Card Sorting ist eine Methode, die zur Strukturierung von Webseiten eingesetzt werden kann. Sie findet ihren Einsatz in einem auf den Benutzer ausgerichteten Entwicklungsprozess (User-Centered Design). Dabei haben Testnutzer die Aufgabe, Karteikarten, die die jeweiligen Inhalte einer Webseite repräsentieren – eine Karte steht für einen abgegrenzten Inhalt - hinsichtlich ihrer Zusammengehörigkeit zu gruppieren und anschließend den Gruppen sinnvolle Namen zuzuweisen. Die Ergebnisse der Sortierung geben wertvolle Rückschlüsse auf das mentale Modell, dass Nutzer von der Webseite haben und bieten eine wichtige Grundlage zur Konzeption der Informationsarchitektur.
Die Arbeit besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil wird die Card Sorting Methode thematisch eingeordnet, indem übergeordnete Gebiete wie User-Centered Design oder Informationsarchitektur näher betrachtet werden. In diese Themenbereiche fallen beispielsweise Personas, Scenarios, Task Analyse oder mentale Modelle. Anschließend wird auf die verschiedenen Card Sorting Verfahren eingegangen, beispielsweise Open Card Sort, Closed Card Sort oder Card Based Classification Evaluation. Dabei werden die Unterschiede zwischen Computerbasiertem und dem Papierbasiertem Card Sorting verdeutlicht, die sich vor allem in der Analyse der Ergebnisse unterscheiden (Eyeballing vs. Clusteranalyse).
Im zweiten Teil wird die Konzeption einer Card Sorting Software basierend auf dem User-Centered Design Prozesses beschrieben, von der Anforderungsanalyse bis hin zur Spezifizierung der Benutzeroberfläche. Ein Schwerpunkt bildet eine Competitive Analysis anhand der Card Sorting Software EZSort Die daraus entstandene Software CardSort kann unter www.cardsort.net kostenlos heruntergeladen werden.


Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Einleitung5
1.1Motivation5
1.2Ausgangslage und Ziel5
1.3Vorgehensweise6
2.User-Centered Design7
2.1Einführung7
2.2Die Phasen des User-Centered Design Prozesses und deren Methoden10
2.2.1Der UCD Prozess nach DIN EN ISO 1340710
2.2.2Nutzung und Nutzungskontext verstehen10
2.2.3Anforderungen festlegen16
2.2.4Entwerfen von Gestaltungsmöglichkeiten17
2.2.5Evaluation der Gestaltungslösungen18
3.Informationsarchitektur20
3.1Einführung20
3.2Die zentralen Elemente21
3.2.1Die Struktur und Navigation21
3.2.2Das konzeptionelle und mentale Model24
3.2.3Die Gruppierung und Hierarchie27
3.2.4Das Labeling28
3.2.5Die Orientierung30
4.Card […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8488
Schilb, Steffen: Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
Hamburg: Diplomica GmbH, 1999
Zugl.: Universität, Fachhochschule Kaiserslautern, 2003
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Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine
Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 1999
Printed in Germany

AUTORENPROFIL
Steffen Schilb
Vor dem Steintor 158
28203 Bremen
Tel.: 0421/9598248
Mobil: 0173/6629922
eMail: steffenschilb@gmx.de
ICQ: 66717467
Persönliche Daten
Geboren am 5.10.1978 in Zweibrücken, ledig
Angestrebtes Berufsfeld
User-Centered Design, Konzeption, Forschung
Ausbildung, Qualifikation
Beruflicher Werdegang (Auszug)
1989 ­ 1998:
Juli/August 2000
Helmholtz-Gymnasium Zweibrücken
Abschluss: Abitur;1,9
IDS Scheer, Saarbrücken: Konzeption, Web-
Development, Screendesign,
Programmierung
1999 ­ 2003:
Mai - August 2002
Studium Digitale Medien FH Kaiserslautern,
Abschluss: Diplom-Informatiker (FH); 1,7
Swisscom IT Services, Bern: Konzeption,
Web-Development, Screendesign
2003 ­ 2005:
März - August 2003
Internationales Masterstudium Digital
Media an der Universität Bremen und
Hochschule für Künste Bremen (in
Englisch).
IBM E-Business Innovation Center,
Hamburg: User-Centered Design
Websites (Auszug)
www.cardsort.net (Eine Card Sorting Software)
www.cardsort.net/wp (Mein Weblog)
www.cardsort.net/NaviTax (Eine aktuelles Projekt)
Skills
Gestaltung: Photoshop (sehr gut), Illustrator (gut), Flash (mittel)
Webprogrammierung: HTML, CSS, PHP, Apache, MYSQL, JavaScript, Perl
Programmiersprachen: Java (gut), C++(mittel), C (mittel)
Betriebssysteme: Windows (sehr gut), Mac OS (gut), Linux (mittel)
Sprachen: Englisch (fließend), Französisch (fließend), Italienisch (Grundkentnisse)
Interessen
Human-Computer Interaction, Konzeption, User-Centered Design, Usability Engineering,
Informationsdesign, Informationsarchitektur, Card Sorting

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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1 Einleitung ... 5
1.1 Motivation ... 5
1.2 Ausgangslage und Ziel ... 5
1.3 Vorgehensweise ... 6
2 User-Centered Design ... 7
2.1 Einführung ... 7
2.2 Die Phasen des User-Centered Design Prozesses und deren Methoden ...10
2.2.1 Der UCD Prozess nach DIN EN ISO 13407
...10
2.2.2 Nutzung und Nutzungskontext verstehen
...10
2.2.3 Anforderungen festlegen
...16
2.2.4 Entwerfen von Gestaltungsmöglichkeiten
...17
2.2.5 Evaluation der Gestaltungslösungen
...18
3 Informationsarchitektur ... 20
3.1 Einführung ...20
3.2 Die zentralen Elemente ...21
3.2.1 Die Struktur und Navigation
...21
3.2.2 Das konzeptionelle und mentale Model
...24
3.2.3 Die Gruppierung und Hierarchie
...27
3.2.4 Das Labeling
...28
3.2.5 Die Orientierung
...30
4 Card Sorting ... 32
4.1 Einführung ...32
4.2 Open Card Sort ...32
4.2.1 Die Vorbereitung
...32
4.2.2 Die Durchführung
...35
4.2.3 Die manuelle und computerbasierte Auswertung
...36
4.3 Weitere Card Sorting Varianten ...44
4.3.1 Closed Card Sort
...44
4.3.2 Card Sorting mit Untergruppen
...44
4.3.3 Labeling der Themen
...45
4.3.4 Card Based-Classification System
...45
4.3.5 Non-Affinity Card Sorting
...46
4.3.6 Card Sorting mit Punktevergabe
...47
4.3.7 Gemeinsames Card Sorting
...47
4.4 Bestimmten der richtigen Methode ...48
4.5 Vorteile des Card Sorting Verfahrens...49
4.6 Zusammenfassung ...49
5 Konzeption ... 50
5.1 Einführung ...50
5.2 Die Erfassung des Nutzungskontextes ...50
5.2.1 Die Zielgruppe
...50

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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5.2.2 Der Anwendungsbereich
...51
5.2.3 Die Arbeitsumgebung
...51
5.2.4 Die Aufgaben
...51
5.2.5 Benchmark der Konkorrenzprodukte
...51
5.2.6 Usability-Test USort (Competitive Analysis)
...58
5.3 Die Spezifikationsphase ...79
5.3.1 Zielgruppenspezifikation
...79
5.3.2 Usabilityspezifikation
...79
5.3.3 Funktionale Spezifikation
...80
5.3.4 Technische Spezifikation
...81
5.3.5 Inhaltliche Spezifikation
...81
5.3.6 Brandspezifikation
...82
5.4 Das Interaktionsdesign ...82
5.4.1 Das konzeptuelle Modell
...82
5.4.2 Konventionen in der Softwarenutzung
...85
5.4.3 Die Prozessmodellierung
...87
5.5 Das Storyboard ...89
5.5.1 Einleitung
...89
5.5.2 Legende
...89
5.5.3 Template_01: Start_Screen
...91
5.5.4 Template_02: Create/Edit_Cards_Screen
...93
5.5.5 Template_03: Pop-up_Identifikation_Teilnehmer_Screen
...96
5.5.6 Template_04: Sort_Cards_Screen
...97
5.5.7 Template_05: Pop-up_Hilfe_Screen
...99
5.5.8 Template_06: Pop-up_CardSort_Information_Screen
... 100
6 Zusammenfassung... 101
7 Ausblick ... 102
8 Literaturverzeichnis... 103
8.1 Bücher... 103
8.2 Online-Quellen ... 104
8.3 Sonstige Quellen ... 106
9 Abbildungsverzeichnis... 107
10 Anhang... 108

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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1
Einleitung
1.1 Motivation
Trotz anhaltender Krise im Bereich der Digitalen Medien boomt das Internet
wie nie zuvor. Laut einem Bericht von www.spiegel-online.de vom 29.08.2003
1
,,ha-
ben in Deutschland inzwischen 26,3 Millionen Menschen Erfahrungen mit dem Internet
gesammelt."
Rund ein Viertel aller Deutschen sind mittlerweile sogar täglich online.
Die meisten dieser Nutzer surfen im Internet, um sich zu informieren bzw., um
bestimmte Aufgaben zu erledigen wie das Bestellen von Büchern oder das Einholen
von Fahrplanauskünften (Vgl. [ChWo03]). Ihr Hauptaugenmerk liegt demnach auf
der Suche nach Inhalten, die ihnen diese Informationen bereitstellen.
Werden diese Inhalte nicht gefunden, steigt die Frustration der Nutzer. Auf der
anderen Seite heißt das aber auch, dass, je besser die Inhalte gefunden werden und
je intuitiver die Webseite genutzt werden kann, desto zufriedener sind die Nutzer
mit der Seite und desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie wieder auf diese
zurückkehren.
Zu überlegen ist somit, wie die Inhalte strukturiert werden können, um sie für
möglichst viele Menschen schnell auffindbar zu machen. Mit dieser und anderen
Themen beschäftigt man sich während der Informationsarchitektur einer Webseite.
Eine Methode während dieser konzeptionellen Phase stellt das Card Sorting Ver-
fahren dar. Dabei haben potentielle Nutzer die Aufgabe, Karten, die die Inhalte der
Webseite repräsentieren, zu gruppieren. Die Ergebnisse können wichtige Ansatz-
punkte für die Konzipierung einer eigenen Informationsarchitektur liefern.
Card Sorting kann manuell, aber auch mit Hilfe von bestimmten dafür vorgesehenen
Computer-Programmen durchgeführt werden. Diese Programme selbst lassen aber
zum großen Teil das vermissen, wofür sie eingesetzt werden: Eine gute
Bedienbarkeit und Strukturierung.
Die Motivation dieser Arbeit besteht somit darin, eine neue Card Sorting Software zu
konzipieren und zu implementieren, die die Grundsätze eine benutzerfreundlichen
Bedienung in größerem Maße berücksichtigt als die vorhandenen.
1.2 Ausgangslage und Ziel
Als Ausgangslage diente die Sichtung vorhandener Card Sorting Programme
mit dem Schwerpunkt auf dem Softwarepaket EZSort, das vom IBM Ease of Use Team
entwickelt wurde. Dieses Paket besteht aus den beiden Programmen USort und
EZCalc. EZCalc stellt die Funktionalitäten zur Auswertung der von verschiedenen
Testpersonen sortierten Karten bereit und steht somit außerhalb des Fokus, während
mit USort das eigentliche Kartenerstellen und -anlegen durchgeführt wird. Um zu
verstehen, wie Nutzer mit dieser Software zurechtkommen, wurde ein Usability-Test
mit elf Testpersonen durchgeführt, dessen Ergebnisse wertvolle Rückschlüsse auf
eine Neuimplementierung gaben. Basierend auf diesem Test wurde eine neue Card
Sorting Software unter User-Centered Design Gesichtspunkten
2
konzipiert, mit
eigenen Ideen ergänzt und implementiert.
Ziel war es, ein Programm zu entwickeln, dass kompatibel mit dem
Auswertungsprogramm EZCalc ist und hinsichtlich der Usability
3
einer Card Sorting
Software einen Fortschritt darstellt.
1
Siehe http://www.spiegel.de/netzwelt/netzkultur/0,1518,263299,00.html
2
Der Begriff User-Centered Design wird in Kapitel 2 erläutert
3
Der Begriff Usability wird in Kapitel 2.1 erläutert

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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1.3 Vorgehensweise
Um Card Sorting als Methode vorzustellen, müssen zuvor zwei weitere
wichtige Begriffe näher beleuchtet werden. Einer dieser Begriffe ist User-Centered
Design, oder kurz UCD. UCD beschreibt die Methodik, wie Nutzer in den
Entwicklungsprozess von Software, Webseiten oder Gebrauchsgegenständen
miteinbezogen werden können. Somit stellt Card Sorting eine Methode des UCD dar.
Dieser nutzerorientierte Prozess wird in Kapitel 2 beschrieben.
Anschließend wird der Begriff der Informationsarchitektur erläutert. Dies ist wich-
tig, da Card Sorting eine UCD Methode ist, um die Informationsarchitektur zu be-
stimmen. In Kapitel 3 wird dieser Begriff näher betrachtet.
Kapitel 4 befasst sich mit der Beschreibung der Card Sorting Methode, deren Varian-
ten und der manuellen und computerbasierten Auswertung.
Das nächste Kapitel umfasst die Konzeptionsphase von der Anforderungsanalyse bis
hin zur Templatebeschreibung. Anschließend werden die Ergebnisse
zusammengefasst und es wird ein Ausblick auf das weitere Vorgehen gegeben.
Die neuentwickelte Card Sorting Software liegt der Arbeit bei.

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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2 User-Centered
Design
2.1 Einführung
Bevor das zentrale Thema Card Sorting näher beschrieben wird, ist es an dieser
Stelle sinnvoll, den Begriff UCD, vorzustellen, um einen Einstieg in das Thema zu
finden. Dazu sind zwei Definitionen wichtig: Zum einen der Begriff der Usability
und zum anderen der Begriff des UCD.
Usability wird in der DIN EN ISO Norm 9241 beschrieben als ,,The effectiveness,
efficiency, and satisfaction with which specified users achieve specified goals in
particular environments."
(Vgl. [DeUs99]).
UCD wird laut [Task00] wie folgt definiert: "User-centered design, or UCD, is a
comprehensive proprietary software development methodology driven by (1) clearly
specified, task-oriented business objectives and (2) recognition of user needs, limitations,
and preferences."
Usability ist also das Maß der Gebrauchstauglichkeit, während UCD eine Methode
darstellt, um ein hohes Maß, also eine gute Usability zu erreichen. Der Begriff der
Usability lässt sich auf alle alltäglichen Gebrauchsgegenstände anwenden. Aufgrund
des Kontextes wird sich im Folgenden auf den Bereich World Wide Web bezogen
4
.
In diesem Zusammenhang ist UCD eine Methode zur Konzeption einer Webseite -
von der Aufgabenstellung bis zum finalen Produkt - mit Fokus auf den Nutzerbe-
dürfnissen. Diese Fokussierung stellt das zentrale Element des Prozesses dar. Der
Nutzer steht im Zentrum der UCD Methode und wird so früh wie möglich aktiv in
die Entwicklung des Produkts miteinbezogen.
Um ein hohes Maß an Nutzerzufriedenheit zu erzielen, ist es laut [GaJe02] wichtig,
dass die Bedienung für den Nutzer effizient und effektiv ist. Diese Faktoren
verbessern die Usability der Webseite und führen dazu, dass deren Nutzung leichter
und schneller ist und mehr Spaß macht (Vgl. [CoLo99]).
Um dieses Ziel zu erreichen, werden im Folgenden die aus [CoLo99] entnommenen
fünf wichtigsten UCD Elemente genannt und kurz vorgestellt.
1. Pragmatic design guidelines
UCD basiert auf bestimmten Usability-Grundregeln, die während des kompletten
UCD Prozesses berücksichtigt werden sollten. J. Nielsen fasst diese in [NiJa93] zu
zehn Heuristiken zusammen, die an dieser Stelle kurz vorgestellt werden.
1. Simple and Natural Dialogue
Es sollten nur die Informationen aufgeführt werden, die an der jeweiligen Stelle
auch wirklich relevant sind. Alle weiteren Informationen stehen in Konkurrenz
zu der tatsächlich wichtigen und mindern deren Bedeutung. Außerdem sollten
die Informationen in einer natürlichen, logischen, für den Nutzer nachvollzieh-
baren Art und Weise dargestellt werden.
2. Speak the Users' Language
Die Inhalte sollten in einer für den Nutzer verständlichen, klaren, familiären
Sprache formuliert sein. Systemorientierte Begriffe sollten vermieden werden.
3. Minimize User Memory Load
Der Nutzer soll sich keine Informationen merken müssen, sondern soll an den
benötigten Stellen die Möglichkeit haben, auf diese zugreifen zu können.
4
In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu erwähnen, dass Card Sorting seinen Einsatz fast
ausschließlich im Web-Bereich findet.

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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4. Consistency
Gleiche Aktionen sollen gleiche Reaktionen auslösen. Klickt der Nutzer
beispielsweise in der Navigation auf einen Link, was zur Folge hat, dass sich
die Seite neu lädt, soll in einem anderen Fall dieselbe Reaktion erfolgen und
beispielsweise sich keine neue Seite öffnen. Außerdem sollten bestimmte
Begriffe über die gesamte Webseite einheitlich verwendet werden.
5. Feedback
Das System sollte dem Nutzer an jeder Stelle mitteilen, was er machen kann
oder was das System gerade macht.
6. Clearly Marked Exits
Nutzer sollten die Möglichkeit haben, jede Aktion abbrechen zu können, um in
den ursprünglichen Zustand zurückkehren zu können.
7. Shortcuts
Für erfahrene Nutzer sollten Shortcuts angeboten werden, um die Anwendung
schneller bedienen zu können.
8. Good Error Messages
Fehlermeldungen sollten so aufgebaut werden, dass sie dem Nutzer
verständlich mitteilen, wo der Fehler liegt und außerdem konstruktiv eine
Möglichkeit zur Behebung aufzeigen.
9. Prevent Errors
Ein gutes Design bzw. ein gutes Konzept lässt wenig Fehler zu.
10. Help and Documentation
Die Hilfe sollte Aufgaben-orientiert aufgebaut sein und eine Anleitung
bereitstellen, die in konkreten Schritten und verständlichen Sätzen
verdeutlicht, wie der Nutzer die Probleme lösen kann.
2. Model-driven design process
Der UCD Prozess ist modell-orientiert, d.h. er orientiert sich an bestimmten Modellen
der Wirklichkeit, um Nutzerbedürfnisse möglichst gezielt abbilden zu können. L.
Constantine und L. Lockwood nennen in [CoLo99] folgende Modelle als die wichtig-
sten:
- Role Model
- Task Model
- Content Model
Das Rollenmodell beschreibt die unterschiedlichen Nutzertypen und ihre Verhalten
gegenüber dem System. Soll beispielsweise eine Webseite für ein Computerspiel
konzipiert werden, kann davon ausgegangen werden, dass die Zielgruppe aufgrund
ihrer Computer-Affinität eine gute Internet-Erfahrung besitzt und somit weniger
Führung braucht als z.B. ein Gelegenheitssurfer, der auf www.bahn.de eine
Zugverbindung sucht.
Das Task-Modell oder das Aufgabenmodell beschreibt, welche Ziele bzw. Aufgaben
der Nutzer mit der Webseite erreichen will. Die meisten Nutzer handeln beim
Surfen aufgaben- bzw. informationsorientiert, d.h., sie suchen nach bestimmten
Informationen, um ein Ziel zu erreichen, beispielsweise, um ihre Mails abzurufen

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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oder einen Artikel auf ebay zu ersteigern. (Vgl. 3.1). Es bietet sich dabei an, die
bekannten Modelle aus der Realität auf den Computer zu übertragen, wie bei ebay
etwa der Ablauf einer Auktion, um dem Nutzer die Bedienung so intuitiv wie
möglich zu machen (Vgl. 3.2.2).
Auf ähnliche Art und Weise lässt sich auch das Inhalts-Modell oder Content-Modell
erklären. Der Nutzer hat eine bestimmte Vorstellung davon, wie bestimmte Inhalte
zusammengehören. Er vermutet z.B. hinter dem ,,Contact" Button den Namen,
Adressinformationen und die eMail-Adresse. Er nimmt also eine eigene Strukturie-
rung der Inhalte vor. Im Idealfall deckt sich diese mit der Strukturierung der
Webseite, was ihm dabei hilft, sich so schnell wie möglich zurechtzufinden, ohne
dass er die ganze Seite durchsuchen muss.
Diese Modelle helfen dabei, ein eigenes konzeptionelles Modell einer Webseite zu
erstellen, das die Nutzer möglichst intuitiv verstehen.
3. Organized development activities
Die UCD Methode stellt einen Prozess dar, der von der Aufgabenstellung bis hin zum
finalen Produkt reicht. Dieser Prozess ist in mehrere Phasen aufgeteilt, die jeweils
Methoden bereitstellen, um Nutzer direkt oder indirekt in die Entwicklung mit
einzubeziehen. Der Einsatz dieser Methoden kann flexibel bestimmt werden, je nach
Ausgangslage und Ziel. Der UCD Prozess stellt also ein Grundgerüst dar, dessen
Methoden flexibel eingesetzt werden können, aber nicht zwangsläufig eingesetzt
werden müssen.
4. Iterative improvement
In den Phasen gibt es Iterationen. Die Phasen sind nicht in sich abgeschlossen, son-
dern gehen ineinander über. Nach jedem Nutzertest werden die Ergebnisse an den
letzten Konzeptionsstand angepasst.
5. Measures of quality
Mit Hilfe dieser unterschiedlichen Methoden in den verschiedenen Prozessphasen
kann die Qualität der Webseite schon während des Entwicklungsprozesses getestet
und gezielt verbessert werden.
Während in der Literatur der UCD Prozess wie erwähnt immer als kontinuierlicher
Prozess dargestellt wird, sind die verschiedenen Ausprägungen der Phasen
autorenspezifisch doch sehr unterschiedlich. D. Mayhew teilt beispielsweise UCD in
[MaDe99] in die drei Phasen ,,Requirement Analysis", ,,Design/Testing/Development"
und ,,Installation" auf, J. Garrett nennt in [GaJe02] die Phasen ,,Strategy Plane",
,,Scope Plane"
, ,,Structure Plane", ,,Skeleton Plane" und ,,Surface Plane", während J.
Rubin in [RuJe94] eine Einteilung in ,,User and Usage Needs Analysis", ,,Specification
of Requirements"
, ,,Preliminary (High Level) Design", ,,Detailed Design", ,,Product
Build"
und ,,Product Release" vornimmt. Alle diese unterschiedlichen Darstellungen
beschreiben denselben Prozess und unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch,
dass die Autoren andere Begriffe verwenden bzw. den Gesamtprozess in
unterschiedlichen Detaillierungsgraden darstellen.
Im folgenden Unterkapitel wird der UCD Prozess anhand der DIN EN ISO 13407
beschrieben.

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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2.2 Die Phasen des User-Centered Design Prozesses und deren Methoden
2.2.1 Der UCD Prozess nach DIN EN ISO 13407
Neben den zuvor erwähnten UCD Phasenbeschreibungen von D. Mayhew, J.
Garrett und J. Rubin beschreibt die ISO Norm 13407 ebenfalls einen ,,auf
Benutzerfreundlichkeit ausgerichteten Prozess"
(Vgl. [HeVo03]).
Laut [HeVo03] sind die entscheidenden Elemente dieses Prozesses ,,eine aktive
Beteiligung echter Nutzer"
und ,,eine Iteration der Gestaltungslösungen".
Nutzertests sollen, wenn möglich vor, während und nach der Entwicklung
durchgeführt werden. Folgende Abbildung verdeutlich den UCD Prozess nach DIN
EN ISO 13407
5
.
Abbildung 1: UCD Prozess
Im Folgenden werden die einzelnen Phasen näher erläutert und deren Methoden zur
Einbeziehung der Nutzer dargestellt.
2.2.2 Nutzung und Nutzungskontext verstehen
Bevor mit der Konzeption bzw. der Festlegung der Anforderungen an die
Website begonnen wird, ist es im UCD Prozess von entscheidender Bedeutung, die
Nutzung und den Nutzungskontext zu verstehen. Dazu müssen die Nutzergruppen
und -vorgänge identifiziert werden, mit folgendem Ziel: ,,Aus einem unbekannten
Nutzer soll ein gläserner Nutzer gemacht werden, damit dem Entwickler die Interaktion
und Interaktionswünsche des Nutzers verständlich werden."
(Vgl. [HeVo03]).
An dieser Stelle muss unterschieden werden, ob die zu entwickelnde Webseite eine
bestehende ersetzen soll oder ob eine komplett neue Webseite erstellt wird. Im
Folgenden werden die unterschiedlichen Herangehensweisen an diese beiden Fälle
beschrieben, beginnend mit dem Relaunch einer bestehenden Seite.
In diesem Fall ist der Vorteil gegeben, dass schon eine Basis besteht, auf die
aufgebaut werden kann. Eine gängige UCD Methode ist hierbei die Task Analyse.
5
Die Abbildung ist aus [HeVo03] entnommen.
Nutzung und
Nutzungskontext
verstehen
Anforderungen
(,,Requirements")
festlegen
Evaluation der
Gestaltungs-
lösungen
Entwerfen von
Gestaltungs-
lösungen
Die
festgelegten
Änderungen
sind erfüllt

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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Mit dieser Methode wird laut [HeVo03] herausgearbeitet, welche Aufgaben die
Nutzer mit der bisherigen Webseite durchführen und auf welche Art und Weise sie
diese lösen. J. Nielsen beschreibt die Task Analyse in [NiJa93] als wesentlichen
Faktor, um Ansätze für die eigene Konzeption zu finden, da sie u.a. aufzeigt, welche
Mängel das bisherige Produkt hat. Wichtig dabei ist laut Nielsen nicht nur die
Analyse der Aufgaben und der Nutzer an sich, sondern auch weitere Faktoren, die
die Erledigung dieser Aufgaben mit beeinflussen können, wie etwa die Arbeits-
erfahrung, das Alter, die Ausbildung und das soziale Umfeld der Nutzer.
In [HeVo03] werden zehn Punkte aufgeführt, die bei einer Task Analyse berück-
sichtigt werden müssen:
1. Wer sind die Nutzer des Produkts/Systems?
2. Welche Aufgaben führen die Nutzer tatsächlich durch?
3. Wie häufig wird welche Aufgabe durchgeführt?
4. Unter welchen Zeitvorgaben müssen welche Aufgaben erledigt werden?
5. Welches Wissen benötigen die Nutzer, um ihre Aufgabe zu bewältigen?
6. In welcher Umgebung wird das Produkt/System zur Aufgabenerfüllung genutzt?
7. Wie stellt sich der Datenzugriff für den Nutzer dar?
8. Welche weiteren Produkte/Systeme bzw. Hilfsmittel verwendet der Nutzer?
9. Wenn es mehrere Nutzer gibt, wie kommunizieren diese untereinander?
10. Wie ist das Vorgehen im Fehlerfall bzw. bei Zwischenfällen?
Bei der Task Analyse werden diese Daten anhand der Einbeziehung der
Nutzergruppe ermittelt. Die Nutzer führen bestimmte Aufgaben durch und diese
werden anschließend analysiert. Punkt eins ist hierbei also ganz entscheidend, da
die weitere Konzeption wesentlich von der Zielgruppe abhängt, für die die Webseite
entwickelt werden soll. In manchen Fällen ist diese klar umrissen, wenn z.B. ein
neues Intranet innerhalb eines Firmenumfeldes entwickelt werden soll. In anderen
Fällen ist es schwerer, Zielgruppen zu definieren, beispielsweise, wenn ein Relaunch
der Webseite der Deutschen Bahn ansteht.
Ist die Zielgruppe also offensichtlich, kann gleich mit den nachfolgend erklärten
Analysetechniken fortgefahren werden, um Daten zu den Punkten zwei bis zehn zu
ermitteln. Ist die Zielgruppe noch unklar, muss diese ermittelt werden.
Dazu gibt es verschiedene Methoden. Eine Möglichkeit ist es, mit dem Auftraggeber
zu sprechen und mit ihm die Zielgruppe anhand von unternehmensinternen Markt-
forschungsergebnissen festzulegen, falls solche vorliegen. Eine andere Methode ist,
sich bei unabhängigen Marktforschungsinstituten über zugängige Studien zu
informieren oder, wenn finanziell machbar, eine eigene Studie in Auftrag zu geben.
Soll beispielsweise eine neue e-Commerce Fashion Webseite erstellt werden, kann
man sich an dieser Stelle bei Marktforschungsinstituten nach Profilen von Nutzern
erkundigen, die Internet-affin sind, online bestellen und modebewusst sind. Auf
diese Weise können Rückschlüsse auf die Zielgruppe geschlossen werden. Häufig
kommt es auch vor, dass eine Webseite mehrere Zielgruppen hat, beispielsweise die
Nutzer der Webseite der Deutschen Bahn (Geschäftskunden, Privatkunden).
Eine weitere, allerdings umfangreiche Möglichkeit, die Zielgruppe zu definieren, ist,
eine eigene Umfrage zu starten, beispielsweise auf der bestehenden Webseite anhand
eines kurzen online-Fragebogen, der Nutzerdaten wie Alter, Geschlecht, Internet-
nutzung, etc. ermittelt.

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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Aus den Daten, die aus der
Zielgruppenfindung resultieren,
können Nutzerportraits entwickelt
werden, so genannte Personas oder
User Profiles (Vgl. [GaJe02]), die
archetypische Nutzer der Webseite
darstellen. J. Garrett beschreibt die-
se in [GaJe02] als ,,fictional Character
constructed to represent the need of a
whole range of real users".
Sie
können zusätzlich mit einem Bild
und einem kurzen Informationstext
zur Person ergänzt werden, um die
Zielgruppe weiter zu personalisie-
ren. Abbildung 2 zeigt ein Beispiel
einer Persona
6
.
Ist die Phase der Zielgruppenanalyse
abgeschlossen, werden aufgrund der
Ergebnisse potentielle Nutzer
rekrutiert. Dazu gibt es wiederum
verschiedene Möglichkeiten. Eine Möglichkeit ist es, durch Zeitungsannoncen oder
Aushänge, mögliche Kandidaten zu suchen. Diese Variante kann jedoch unter
Umständen sehr unsicher sein, da man nicht voraussagen kann, wie viele Menschen
sich darauf melden. Viele professionelle Usability-Agenturen haben aus diesem
Grund eine Testpersonen-Datenbank angelegt, in die man sich unter Angaben
bestimmter persönlicher Informationen eintragen kann, um dann, wenn das Profil
der Zielgruppe mit dem eigenen Eintrag übereinstimmt, als Testpersonen rekrutiert
zu werden
7
.
Eine weitere kostenintensivere Möglichkeit ist der Einsatz einer professionellen
Rekrutierungsagentur. Dabei wird das Personenprofil telefonisch übermittelt und die
Agentur sucht in ihrer Datenbank nach korrespondierenden Testspersonen.
Laut J. Nielsen in [RPUS03] wenden nur 9% aller Unternehmen diese Methode an,
da sie erheblich teurer ist als die eigene Suche. Ferner merkt er an, dass die Suche
nach einer geeigneten Testperson bei eigener Suche durchschnittlich 1 ¼ Stunden
dauert und dass fast 2/3 aller Teilnehmer Geld für den Test erhalten. An dieser Stelle
muss unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Zeit und des Budget eine
vernünftige Entscheidung getroffen werden.
Ist die Zielgruppe bestimmt und sind die Teilnehmer rekrutiert worden, kann die
Task Analyse anhand der zehn zuvor genannten Punkte beginnen. In [HeVo03]
werden sieben Methoden genannt, um Informationen zu den aufgeführten Fragen zu
erhalten. Diese werden im Folgenden kurz vorgestellt.
Informationsanalyse
Bei der Informationsanalyse werden die allgemeinen Informationen zu der Webseite
und den Nutzern gesammelt. Es wird festgestellt, welche Funktionalitäten die Seite
bereitstellt, welche Aufgaben man mit ihr erledigen kann und wer die Nutzer sind.
Die Kommunikation läuft hauptsächlich über den Auftraggeber und dessen
6
Die Darstellung ist angelehnt an [GaJe02]
7
Interface Consult bietet beispielsweise unter
http://www.interface.co.at/versuchspersonen/versuchspersonen.html eine solche Möglichkeit an
Age
: 23
Occupation
: Student
Family
: Single
Household
income: 6.000
/year
Technical Profil:
Laptop running Windows 98,
1 hour/week online
Internet Use:
100% at home, information,
eMails
,,I never bought something
online, it seems to me too
complicated."
Jane is a little bit frustrated with
the use of the internet, but is not
aversed to use it, if it would be
easier.
Jane
Abbildung 2: Persona

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Informationsmaterialien wie Anleitungen, evtl. vorherige Usability-Tests, etc. (Vgl.
[HeVo03]).
Beobachtung
Die Beobachtung der Teilnehmer stellt einen ganz zentralen Bereich der Task
Analyse dar. Wohl keine andere Methode stellt so viele unterschiedliche
Möglichkeiten bereit. Generell gibt es laut [HeVo03] zwei Arten: Die teilnehmende
und die anonyme Beobachtung. Bei der teilnehmenden Beobachtung greift der
Beobachter aktiv ins Geschehen ein, indem er beispielsweise Fragen stellt. Bei der
anonymen Beobachtung verhält er sich passiv.
Diese Beobachtungen können z.B. im Arbeitsumfeld der Zielgruppe selbst
durchgeführt werden. Dann spricht man von so genannten Field Studies. Dieses
Szenario entspricht ihrer realen Situation am ehesten, da das äußere Umfeld
zusätzlich mit einbezogen wird. Somit können gute Rückschlüsse auf das
Nutzungsverhalten geschlossen werden.
Eine weitere Methode der Beobachtung ist der klassische Usability-Test. Dabei
bekommt der Teilnehmer typische Aufgaben, sog. Szenarien präsentiert, die mit
dieser Webseite durchgeführt werden sollen. Er hat nun die Aufgabe, diese
Szenarien zu durchlaufen. Sinnvoll ist es an dieser Stelle, ihn anzuhalten, laut zu
denken (Vgl. [NiJa93]: Thinking Aloud). Auf diese Weise verbalisieren die Teil-
nehmer ihre Gedanken bei der Ausführung der einzelnen Schritte und helfen dabei,
ihre Sichtweise hinsichtlich des Systems zu verdeutlichen. Der Aufbau und die Art
und Weise des Tests kann sich je nach Intention ändern. Je nachdem, welche
Absicht der Test verfolgt, kann der Schwerpunkt z.B. darauf liegen, ob die
Platzierung der Elemente gut erkannt wird, ob die Nutzer ihr Ziel erreichen oder ob
sie dieses schnelle erreichen. Gute Anhaltspunkte, für die Bildung eines
Schwerpunktes stellen die beiden DIN EN ISO Normen 9241 und 9241-10 dar. Die
ISO Norm 9241 beschreibt (wie in der Einführung erwähnt) Usability über die
Kriterien Effektivität, Effizienz und Zufriedenheit. In der ISO Norm 9241-10 geht es
um die Grundsätze der Dialoggestaltung (Vgl. [ENIS95]). Die darin erwähnten
Kriterien sind Aufgabenangemessenheit, Selbstbeschreibungsfähigkeit, Steuerbar-
keit, Erwartungskonformität, Fehlertoleranz, Individualisierbarkeit und Lernförder-
lichkeit. Diese Kriterien können beispielsweise in einem Usability-Test den Leitfaden
darstellen und somit eine gute Orientierung geben.
Man unterscheidet generell zwischen objektiven und subjektiven Daten. Objektive
Daten beschreiben statistische Werte wie ,,80% der Nutzer haben das Ziel erreicht",
während subjektive Daten persönliche Empfindungen widerspiegeln wie ,,Die An-
ordnung der Elemente ist konfus".
Die Durchführung des Usability-Tests kann auf verschiedene Art und Weisen
erfolgen. Der Test kann z.B. so durchgeführt werden, dass der Leiter des Tests und
der Teilnehmer zusammen an einem Bildschirm sitzen und der Teilnehmer die
Aufgaben, die ihm der Leiter stellt, zu lösen versucht. Dabei werden ihm Fragen
gestellt, die ihn animieren sollen, laut zu denken. Seine Reaktionen werden mit
einem Mikrofon und einer Screencam aufgezeichnet. Ferner kann sich der
Teilnehmer auch ganz alleine in einem Raum befinden und die Aufgaben werden
ihm per Lautsprecher übermittelt. Sein Verhalten wird mit einer Videokamera
aufgezeichnet. Der Usability-Test lässt also sehr viele Variationen zu, die je nach
Intention flexibel eingesetzt und kombiniert werden können. In [RuJe94] und
[DuRe99] wird diese Methode ausführlich dargestellt.

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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Datenerhebung
Bei dieser Methode ist der Nutzer nur indirekt beteiligt. Sie umfasst die Analyse der
Log-Files (Vgl. [HeVo03]), die laut [WoCh03] wichtige Erkenntnisse bringen kann.
Log-Files sind Dateien, die alle Zugriffe auf den Webserver protokollieren. Anhand
dieser können bestimmte Nutzerverhalten analysiert werden. Log-Files geben
beispielsweise Aufschluss darüber, wie oft eine bestimmte Seite angefordert wurde,
welche die zuletzt dargestellte Seite vor dem Verlassen des Auftritts war oder wie
viele Nutzer nur eine Seite abgerufen haben. Diese Daten lassen sich mit Hilfe eines
Log-File Analyseprogramms statistisch darstellen. Anhand dieser Informationen
können Rückschlüsse auf die Wege der Nutzer durch das Programm gewonnen wer-
den.
Eine weitere Form der Datenerhebung ist laut [HeVo03] das Messen der Zeit, die ein
bestimmter Nutzer braucht, um eine Aufgabe zu erledigen. Diese Informationen
dienen ebenfalls dazu, Schwachstellen des Programms aufzudecken.
Interview
J. Nielsen schreibt in [NiJa93]: ,,Many aspects of usabilty can best be studied by simply
asking the users"
. Interviews eignen sich sehr gut zur Gewinnung von subjektiven
Daten (Vgl. [EnPa03]). In [HeVo03] werden zwei Arten von Interviewformen be-
schrieben: Offene und geschlossene Interviews. Bei offenen Interviews kann der
Fragesteller spontan auf den Teilnehmer reagieren und bestimmte Punkte, die dieser
erwähnt, näher beleuchten. Sollen aber verschiedene subjektive Meinungen zu
bestimmten, immer gleich bleibenden Fragen gesammelt werden, werden
geschlossene Interviews geführt. Da bei dieser Methode die Abfolge der Fragen
immer gleich ist, ähnelt sie sehr dem Fragenbogen, der im Folgenden erläutert wird.
Fragebogen
Auf den Einsatz von Fragebögen wird an dieser Stelle detaillierter eingegangen, da
während der Konzeptionsphase (Kapitel 5) ein Fragebogen (siehe Anhang) verwen-
det wird, um die Card Sorting Software USort zu testen. Generell eignet sich diese
Methode, wie das Interview auch, vor allem um subjektive Daten zu gewinnen.
Laut [HeVo03] werden bei Fragebögen zwei Arten von Fragestellungen unter-
schieden: Offene und geschlossene Fragen, die je nach Intention eingesetzt bzw.
kombiniert werden können. Bei offenen Fragestellungen kann der Teilnehmer seine
Antwort in ein Freitextfeld eintragen. Auf dieser Weise können gute subjektive
Daten gewonnen werden. Außerdem können so Nutzerzitate gesammelt werden, die
man später für die Analyse sinnvoll einsetzen kann. Nachteil dieser Methode ist der
hohe Aufwand in der Auswertung. Bei geschlossenen Fragestellungen werden die
Antworten vorgegeben z.B. durch Multiple-Choice oder Pick-Multiple
8
und der
Nutzer muss sich für die jeweilige(n) Antwort(en) entscheiden. Vorteil dieser Metho-
de ist die schnelle statistische Auswertung.
Die Rating Scale (Vgl. [NiJa93]) ist ein gutes Beispiel für die Verwendung ge-
schlossener Fragen. Dabei werden dem Nutzer bestimmte Aussagen präsentiert, die
er mit Hilfe einer Skala von beispielsweise ,,trifft vollkommen zu" bis hin zu ,,trifft
überhaupt nicht zu" bewerten muss. An dieser Stelle ist es sinnvoll, ungerade
Skalen einzusetzen mit beispielsweise fünf Abstufungen zwischen dem Maximalwert
und dem Minimalwert. So können unentschlossene Teilnehmer ihr Kreuz in der
Mitte machen und müssen sich nicht für eine Seite entscheiden.
8
Multiple-Choice Fragen lassen nur eine richtige Antwort zu, bei Pick-Multiple Fragen gibt es
mehrere richtige Antworten.

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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Ist bei einem Fragebogen die Reihenfolge der Fragen und das Antwortformat vorge-
geben, spricht man laut [HeVo03] von einem vollstandardisierten Fragebogen.
Können Antworten frei formuliert werden, nennt man das einen teilstandardisierten
Fragebogen.
Ebenso wie bei einem Usability-Test oder einem Interview und eigtl. allen UCD-
Design Methoden muss vor der Erstellung eines Fragebogens deutlich werden, was
untersucht werden soll, bzw. welche Schwerpunkte gesetzt werden. An dieser Stelle
bieten die beiden zuvor erwähnten ISO Normen einen guten Ansatz, um Test-
Kriterien festzulegen.
Diese Kriterien dienen dazu, den Fragebogen zu entwickeln und zu strukturieren.
Generell sollte in die Entwicklung viel Zeit investiert werden und sich an Standards
orientiert werden. Es kommt häufig vor, dass Fragebögen auf dem Postweg
verschickt werden. In diesem Fall können keine Erklärungen zu spontan
auftretenden Fragen gegeben werden. Sind gewissen Fragen unklar formuliert, kann
somit das ganze Testergebnis verfälscht werden. Um diesen Fehler zu minimieren
wurden in den letzten Jahren mehrere Fragebögen entwickelt, die als Vorlage dienen
können, beispielsweise das Software Usability Measurement Inventory (SUMI) oder
der ISONorm Fragebogen (Vgl. [HeVo03]).
Die Nachteile des Einsatzes eines Fragebogens sind laut [HeVo03] die hohe
Subjektivität, die stark von der Selbstwahrnehmung und Aufmerksamkeit des Teil-
nehmers abhängt und die Unklarheit darüber, in welcher Situation die Testperson
den Fragenbogen beantwortet. Außerdem ist an dieser Stelle anzumerken, dass man
das Testgeschehen nicht beeinflussen kann und somit ungewollte Effekte auftreten
können, die die Ergebnisse verfälschen. Beispielsweise könnte eine Frage lauten:
,,Was vermuten Sie hinter diesem Button?". Ist der Nutzer nun zu voreilig und
klickt schon vor der Beantwortung dieser Frage darauf, kann an dieser Stelle kein
unvoreingenommenes Ergebnis erzielt werden.
Vorteile sind laut [HeVo03], dass die Anwendung sehr ökonomisch ist und die
Teilnehmer direkt an dem realen Produkt testen.
Strukturlegetechniken
Bei dieser Methode entwerfen laut [HeVo03] die Nutzer selbst den Weg ihrer
Handlung, also von der Ausgangssituation bis hin zur Erledigung ihrer Aufgabe.
Diesen Handlungsablauf stellen sie in Form von Karteikarten dar, die sie selbst
beschriften. Anhand der Begriffe und Wege können Rückschlüsse auf das mentale
Modell des Nutzers gezogen werden (Vgl. 3.2.2).
Fokusgruppen
Diese Methode ähnelt laut [MaDe99] dem Interview mit dem Unterschied, dass bei
Fokusgruppen mehrere Nutzer auf einmal beteiligt sind. Zusätzlich bedarf es eines
Moderators. In [HeVo03] werden Fokusgruppen beschrieben als themenspezifische
Gruppendiskussionen. Je nach Bedarf kann in Fokusgruppen über spezifische
Probleme oder grundlegende Ansichten diskutiert werden.
Alle diese vorgestellten Methoden stellen unterschiedliche Varianten dar, die dabei
helfen, den Nutzungskontext zu verstehen. An dieser Stelle sollte entschieden
werden, welche Informationen für den weiteren Verlauf der Konzeption besonders
wichtig sind und auf dieser Grundlage über den Einsatz der Varianten entschieden
werden. In [HeVo03] werden die einzelnen Methoden schematisch gegenübergestellt
und deren Vor- und Nachteile erläutert.
Ferner sei an dieser Stelle erwähnt, dass es noch weitere Methoden gibt, um Abläufe
zu analysieren, beispielsweise die Heuristische Evaluation und der Cognitive Walk-

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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through. Bei der Heuristischen Evaluation wird die bestehende Webseite anhand
bestimmter Usability Richtlinien, beispielsweise der zuvor genannten zehn
Heuristiken von Nielsen, von verschiedenen Usability Experten untersucht. Beim
Cognitive Walkthough geht der Experte vorgegebene korrekte Handlungsabläufe
durch und analysiert an jeder Stelle, ob die Handlungsabläufe eines potentiellen
Nutzers damit konform gehen. Der Cognitive Walkthrough kann auch mit Test-
nutzern durchgeführt werden. In diesem Fall spricht man auch von einem User
Walkthrough (Vgl. [EnPa03]).
Wie zuvor erwähnt, wurde bisher vorausgesetzt, dass schon eine Webseite besteht,
die getestet werden kann. Es kommt jedoch auch häufig vor, dass noch keine
existiert und man auf andere Art und Weise den Nutzungskontext erfassen muss.
Eine Möglichkeit stellt laut [NiJa93] die competitive analysis dar. Diese Methode
kann eingesetzt werden, wenn zwar noch kein eigenes Produkt existiert, aber
Konkurrenzprodukte zur Verfügung stehen. An dieser Stelle wird ebenso verfahren,
wie bei der Task Analyse, mit dem Unterschied, dass man nicht an einem eigenen
Produkt testet, sondern an einem konkurrierenden. Diese Methode gibt Rück-
schlüsse darauf, welche Schwächen die Konkurrenz hat und wie man diese evtl. im
eigenen Produkt überwinden kann.
Ferner spielt an dieser Stelle die Beobachtung von Nutzern in realen Situationen eine
wichtige Rolle. Diese Situationen werden analysiert und es wird versucht, sie auf
Handlungsabläufe im World Wide Web zu übertragen. An dieser Stelle spielen die
Scenarios eine wichtige Rolle. Diese fassen die gewonnenen Erkenntnisse in typische
Nutzungsszenarien zusammen. In [UsFi02] steht dazu: ,,Scenarios are often created
quite early in a design cycle to help identify requirements and, like task analysis, to
identify necessary features that might otherwise have been overlooked. Scenarios make
sure that you have a specific idea of who the product is targeted at and that you have
considered the different types of users and how their needs and goals may be different."
Als Grundlage für die Szenarien können die Personas eingesetzt werden und daraus
spezifische Nutzerszenarien für die jeweiligen Zielgruppen gebildet werden. Neben
der Beobachtung der realen Situation, können an dieser Stelle natürlich auch
Elemente eingesetzt werden, die der Task Analyse zugeordnet wurden. Generell sind
die Methoden so flexibel, dass sie sich nicht nur einer bestimmten Phase zuordnen
lassen, sondern bei Bedarf an mehreren Stellen eingesetzt werden können. Eine
Möglichkeit ist etwa ein Interview mit der Zielgruppe durchzuführen oder einen
Fragebogen auszugeben.
Das typische Ergebnis einer Task Analyse ist laut [NiJa93] eine Liste von allen
Aufgaben, die die Nutzer mit dem System durchführen möchten und was zu ihrer
Erreichung benötigt wird.
2.2.3 Anforderungen festlegen
In dieser Phase werden die Ergebnisse der Analysephase ausgewertet. Neben
den gewonnenen Nutzerbedürfnissen sind jedoch noch weitere Elemente von
Bedeutung, beispielsweise die Vorgabe des Auftraggebers und die Einbringung
eigener kreativer Vorschläge.
Die Meinung des Auftraggebers ist zu diesem Zeitpunkt sehr wichtig, um einen
erfolgreichen Abschluss zu erzielen. Es muss überprüft werden, inwieweit sich die
Anforderungen, die die Nutzer an das System haben, sich mit denen des
Auftraggebers decken. Beispielsweise können Nutzer Ideen einbringen, die in ihrer

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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Ausführung finanziell in dem vorhandenen Rahmen nicht machbar sind. Hier ist
eine enge Absprache mit dem Auftraggeber wichtig, um zu wissen, was entwickelt
werden soll und was nicht (Vgl. [GaJe02]).
Außerdem kann es sinnvoll sein, eigene Vorschläge einzubringen, um ein gutes
Ergebnis zu erzielen. Bei Nutzertests stellt man nämlich fest, dass Nutzer zwar sagen
können, was sie an einer Webseite stört, aber oft Probleme damit haben, Vorschläge
einzubringen, wie ein bestimmter Sachverhalt anders gelöst werden kann bzw.
welche Funktionalitäten zusätzlich bereitgestellt werden sollten. Wichtig ist jedoch
laut [NiJa94] nicht nur wie die aktuellen Arbeitschritte optimiert werden können,
sondern auch was außerdem verbessert werden kann.
J. Garrett erwähnt in [GaJe02] drei Arten von Spezifikationen, die an dieser Stelle
festgelegt werden müssen:
Funktionale Spezifikation
Dabei handelt es sich um Spezifikationen, welche Funktionalitäten das System
abdeckt, beispielsweise: ,,Nutzer haben die Möglichkeit, einen Artikel auf die
Merkliste zu setzen".
Technische Spezifikation
Die Technische Spezifikation beschreibt die Computerumgebung, auf der die
Webseite laufen soll, beispielsweise: ,,Windows XP, Internet Explorer ab 5.0, Flash
Plug-in".
Content Spezifikation
Hierbei werden die Inhalte der Webseite festgelegt. Es wird bestimmt, welche
Informationen auf der Seite zugänglich gemacht werden, z.B. die Hilfe oder die
Wegbeschreibung und in welcher Form deren Darstellung erfolgt, beispielsweise
HTML oder PDF.
Diese Spezifikationen können je nach gewünschtem Detaillierungsgrad beschrieben
werden. In [GaJe02] wird angemerkt, dass so wenig wie möglich Interpretationsraum
gegeben sein soll und die Spezifikationen so objektiv wie möglich dargestellt werden
sollten.
Daneben gibt es Spezifikationen, die die Seite im gesamten betreffen, wie z.B. die
Corporate Identity, die in dieser Phase ebenfalls berücksichtigt werden müssen.
2.2.4 Entwerfen von Gestaltungsmöglichkeiten
Sind die Anforderungen festgelegt, kann mit der eigentlichen Konzeption
begonnen werden. Die Konzeption umfasst im ersten Schritt laut [GaJe02] vor allem
das Interaktionsdesign und die Informationsarchitektur. Diese beiden Faktoren, die
auch oft zusammengefasst werden, basieren auf den Erkenntnissen über das mentale
Modell des Nutzers, die bei der Task Analyse gewonnen wurden. Die Erläuterung
des mentalen Modells erfolgt ausführlich im nächsten Kapitel.
Das Interaktionsdesign beschreibt laut [GaJe02] das typische Nutzerverhalten und
die Reaktion des Systems darauf. Wenn das System so reagiert, wie der Nutzer dies
erwartet, handelt es sich um ein gelungenes Interaktionsdesign. Viele dieser Nutzer-
erwartungen basieren auf Konventionen. Beispielweise ist es der Nutzer gewohnt,
dass, wenn er Daten speichern möchte und dies vorher noch nicht getan hat, auf
,,Speichern" zu klicken und dann den entsprechenden Dialog angezeigt zu be-
kommen. Ändert er danach die Datei und klickt wieder auf ,,Speichern", erwartet er,

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
Seite 18 von 118
dass kein neuer Dialog erscheint, sondern die zuvor angelegte Datei automatisch
überschrieben wird. Viele dieser Konventionen sind gebräuchlich und leicht zu
verstehen, während manche anderen nicht unbedingt nachvollziehbar, aber ange-
lernt sind. Beispielsweise muss man auf einem Windows Rechner in der Taskleiste
auf ,,Start" klicken, um den Computer herunterzufahren, was auf den ersten Blick
widersprüchlich erscheint. Während dieser Phase ist es äußert hilfreich, sich an den
zehn Heuristiken von Nielsen zu orientieren.
Neben dem Interaktionsdesign spielt die Informationsarchitektur eine wichtige Rolle.
In dieser Phase kommt auch die Card Sorting Methode zum Einsatz. Beide Begriffe
werden in den nächsten Kapiteln ausführlich erläutert.
Wurde ein erstes konzeptuelles Modell erstellt, kommt es zur Entwicklung eines
ersten Prototyps, der auf diesem Modell aufsetzt. Ein Prototyp kann in
unterschiedlichen Variationen existieren. Zu Beginn steht meistens eine sehr rudi-
mentäre Version, beispielsweise ein Papier-Prototyp. Mittelkomplexe Prototypen
können z.B. anhand eines Klick-Demos dargestellt werden, in dem Funktionalitäten
noch nicht implementiert sind, diese aber schon grafisch dargestellt werden.
Umfangreiche Prototypen gegen Ende der Entwicklung sind dem finalen Produkt
schon sehr ähnlich. Der Vorteil von Prototypen liegt laut [HeVo03] darin, dass man,
ohne großen Aufwand zu betreiben, erste Ideen und Konzepte auszuprobieren kann.
Laut [NiJa93] kann man damit Kosten und Zeit sparen, da Fehler frühzeitig erkannt
werden, verbessert werden können und die Resultate in die weitere Entwicklung mit
einfließen. Werden Fehler erst in einem späten Stadium erkannt, müssen evtl. ganze
Programmteile neu gestaltet oder das gesamte Design überdacht werden. Nielsen
unterscheidet in [NiJa93] zwei Arten der Erstellung von Prototyping: Vertical
Prototyping und Horizontal Prototyping. Beim Vertical Prototyping wird die Anzahl
der Funktionalitäten reduziert. D.h. beispielsweise, dass der Prototyp einer Webseite
noch nicht alle Funktionalitäten des Endprodukts zur Verfügung stellt, sondern nur
eine Auswahl, diese aber zumindest rudimentär funktionsfähig sind. Beim Horizontal
Prototyping werden hingegen alle Funktionalitäten angeboten, jedoch nur mit
statischen Platzhaltern (,,Fake-Data").
Die Entwicklung von den ersten Papierprototypen bis hin zum finalen Produkt
verläuft iterativ. Die Prototypen werden laut [HeVo03] kontinuierlich mit Nutzern
getestet und auf Grund der gewonnenen Erkenntnisse stetig weiterentwickelt. Als
Testmethoden werden an dieser Stelle ja nach Stadium des Prototyps die zuvor
erwähnten Möglichkeiten eingesetzt, wie Beobachtungen, Interviews, Heuristische
Walkthroughs etc. Eine weitere Möglichkeit bezeichnet Nielsen in [NiJa93] als
Participatory Design. Bei dieser Methode werden Teilnehmer direkt in das
Prototyping miteingebunden.
Hat man die letzte Stufe erreicht und steht kurz vor der Veröffentlichung, ist laut
[HeVo03] die Qualitätssicherung nicht zu vernachlässigen. An dieser Stelle ist
intensives Testen und Fehler korrigieren wichtig.
2.2.5 Evaluation der Gestaltungslösungen
Ist die Qualitätssicherung abgeschlossen, wird die Webseite veröffentlicht. An
dieser Stelle ist der Prozess jedoch noch nicht zu Ende, denn die Usability eines
Produkts kann immer verbessert werden, z.B. für einen nächsten Relaunch.
Beispielsweise können weitere Usability-Tests durchgeführt oder die Log-Files
analysiert werden, um laut [NiJa93] Feedback für die nächste Überarbeitung zu
sammeln.

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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Der Einsatz der UCD Methode hängt natürlich stark von den finanziellen
Möglichkeiten ab, die zur Verfügung stehen. Oft sind Aufträge so knapp kalkuliert,
dass für einen gewissenhaften Einsatz des UCD Design Prozesses nur ungenügend
Zeit zur Verfügung steht. An diesem Punkt ist es die Aufgabe, den Kunden von
diesem Vorgehen zur überzeugen, um so einige Methoden einsetzen zu können.

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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3 Informationsarchitektur
3.1 Einführung
Im folgenden Kapitel wird der Begriff der Informationsarchitektur erklärt,
deren zentrale Elemente vorgestellt und anschließend Methoden erläutert, wie diese
konzipiert werden kann.
Die Informationsarchitektur ist nach [GaJe02] wie folgt definiert: ,,Information
architecture ist concerned with creating organizational and navigational schemes that
allow users to move through site content efficiently and effectively."
Diese Definition
bzw. der Begriff der Informationsarchitektur wird nachstehend näher erläutert.
Laut [ChWo03] werden Webseiten vor allem aus drei Gründen besucht:
1. Der Internetnutzer sucht nach etwas
2. Er versucht, eine Aufgabe zu erledigen
3. Er schaut schnell mal rein
Der Hauptgrund für den Besuch einer Webseite ist also die Informations-
orientierung: Nutzer suchen nach bestimmten Informationen, um ein Ziel zu
erreichen. Sie suchen beispielsweise unter www.google.de nach Begriffen, kaufen
ein Buch auf www.amazon.de, ersteigern ein Video auf www.ebay.de, lesen auf
www.gmx.de ihre eMails oder holen sich auf www.bahn.de Fahrplanauskünfte ein.
Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, dass die Informationen, die der Nutzer einer
Seite sucht, auch an der Stelle zu finden sind, an der er sie vermutet. Ist dies nicht
der Fall, hat der Nutzer Schwierigkeiten sein Ziel zu erreichen, ist unzufrieden und
wechselt zu einem Anbieter, der ihm dies ermöglicht. Besonders für Unternehmen,
die ihr Geschäft nur über das Internet betreiben, ist es überlebenswichtig, dass sie
zufriedene Nutzer haben, da sonst ihr Geschäft darunter leidet.
Wenn der Nutzer sein Ziel nicht erreicht, so kann dies zwei Gründe haben: Die ge-
suchten Informationen sind nicht vorhanden oder sie sind vorhanden und werden
nicht gefunden.
Ziel ist es, die Informationen so aufzubereiten, dass sie für den Nutzer möglich
effizient wieder zu finden sind. Das ist die Aufgabe der Informationsarchitektur.
Der Informationsarchitekt
9
muss die Inhalte so strukturieren, dass sie für den Nutzer
logisch nachvollziehbar und erwartungskonform aufbereitet sind.
Diese Aufgabe ist oft nicht leicht, da er zwischen Kundenwünschen
10
, eigenem
Empfinden und Nutzerverhalten vermitteln muss. Als Ergebnis davon steht zumeist
ein Kompromiss, der, sofern er gelungen ist, alle Seiten zufrieden stellen sollte.
Im Folgenden werden die zentralen Elemente der Informationsarchitektur
dargestellt.
9
Im folgenden Kapitel wird der Einfachheit halber vom Informationsarchitekten gesprochen.
Natürlich können an diesem Prozess auch User-Centered Designer, Usability-Experten, Konzeptioner
etc. beteiligt sein. Da die Berufsbezeichnungen in diesem Gebiet oft wechseln und uneinheitlich sind,
wird dieser Begriff als Bezeichnung gewählt.
10
Häufiges Problem an dieser Stelle ist die Inside-Out-View: Der Kunde hat oft eigene Wünsche
dahingehend, welche Inhalte er wo platziert haben möchte. Diese Inhalte haben firmenintern
bestimmte Namen, die aber von den tatsächlichen Nutzern nur schwer verstanden werden. Dies muss
dem Kunden an dieser Stelle deutlich gemacht werden.

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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3.2 Die zentralen Elemente
3.2.1 Die Struktur und Navigation
Hinter jeder guten Webseite steht ein abstraktes Modell, das die Struktur
dieser Seite darstellt. Dieses Modell visualisiert deren Aufbau. J. Garrett nennt in
[GaJe02] vier Arten von solchen Organsationsstrukturen, die im Folgenden
vorgestellt werden.
Hierarchische Struktur
Bei der Hierarchischen Struktur handelt es sich um den üblichsten Ansatz. Laut
[RoMo98] ist die Basis einer guten Informationsarchitektur eine konsistente, nach-
vollziehbare hierarchische Anordnung der Elemente. Der Grund dafür liegt laut L.
Rosenfeld und P. Morville darin, dass der potentielle Nutzer dieser Seite an die Ein-
teilung von Informationen in Hierarchien gewöhnt ist. Als Beispiele nennt er
Stammbäume oder das Inhaltsverzeichnis in Büchern. Aus diesem Grund haben
Nutzer ein mentales Modell (siehe 3.2.2) dieser hierarchischen Struktur und es fällt
ihnen somit leichter, das abstrakte Modell dieser Webseite zu verstehen. Folgende
Abbildung zeigt die Darstellung einer hierarchischen Struktur.
Abbildung 3: Hierarchische Struktur
In [RoMo98] wird ferner zwischen zwei Arten von Hierarchien unterschieden. Die
erste Art wird narrow and deep genannt. Damit sind Hierarchien gemeint, die sehr
wenig Elemente auf einer Hierarchieebene haben, aber sehr weit in die Tiefe reichen.
Vorteil dieser Art ist, dass die Hierarchie auf den ersten Blick sehr übersichtlich
wirkt, da zu viele Elemente, auf einmal gesehen, verwirrend wirken können. Nach-
teil ist, dass sehr viele Klicks benötigt werden, um von der ersten Ebene auf die un-
terste zu gelangen. Außerdem kann es passieren, dass auf diese Weise bestimmte
Inhalt nicht gefunden werden, da man sie an anderer Stelle vermutet. Die zweite Art
stellt das Gegenteil dar. Sie wird broad and shallow genannt. Bei dieser Art der
Hierarchie werden sehr viele Elemente pro Ebene dargestellt. Der Vorteil dabei ist,
dass wenige Mausklicks nötig sein werden, um zum Ziel zu kommen. Ein Nachteil
ist, dass die vielen Inhalte auf den ersten Blick sehr unübersichtlich wirken.
An dieser Stelle scheint ein Kompromiss zwischen beiden Arten am sinnvollsten, um
eine sinnvolle, für den Nutzer gut verständliche Hierarchie zu erstellen. Im Folgen-
den werden zwei Regeln vorgestellt, an denen sich bei der Erstellung dieser
Hierarchie orientiert werden kann.
Seven Plus Minus Two Rule
G. Miller beschreibt in dem Artikel "The Magical Number Seven, Plus or Minus
Two: Some Limits on Our Capacity for Processing Information" ([TMNS56]), dass das
menschliche Kurzzeitgedächtnis nicht in der Lage ist, sich im Schnitt mehr als sieben
Fachbereiche
BWL
Informatik/MST
DM
AI
MST
FD
WInfo
TBWL

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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(plus/minus zwei) Inhalte zu merken. Dies hat er durch empirische Versuche
herausgefunden. Mit dem Aufkommen des Internet und der Informationsarchitektur
wurde diese ,,Regel" auf das neue Medium übertragen mit der Konsequenz, dass pro
Navigationsebene nach Möglichkeit nicht mehr als sieben (plus/minus zwei)
Elemente Platz finden sollten.
Diese Übertragung weist jedoch Schwächen auf, die im Folgenden erörtert werden.
Der Test von Miller wurde mit sog. sinnlosen Silben durchgeführt, die im Internet
nicht zu finden sein sollten. Außerdem ging es bei Miller um das Merken und
Erinnern von Inhalten. Im Internet geht es jedoch vielmehr um das (Wieder-) Finden
von Inhalten. Da der Mensch Informationen besser wieder erkennen kann als aus
dem Gedächtnis abzurufen (Vgl. [HMLW98]), ist die Anwendung dieser Regel im
Webbereich umstritten. Dies wird vor allem deutlich, wenn man sich komplexe
Webseiten wie www.spiegel-online.de oder www.cnn.com betrachtet, die trotzdem
funktionieren, obwohl sie weitaus mehr als die sieben (plus/minus zwei) Inhalte pro
Navigationsebene vorweisen.
Es zeigt sich also, dass diese Regel keine absoluten Dogmen für die
Informationsarchitektur vermittelt, jedoch bestimmte Limitationen des menschlichen
Gedächtnisses verdeutlicht, die für die Bildung einer hierarchischen Struktur
wichtig sein könnten.
Three-Klick Rule
Die Three-Klick Rule besagt, dass jede Seite eines Webauftritts von einer beliebigen
anderen Seite mit maximal drei Mausklicks erreicht werden soll. Die Begründung
dafür lautet, dass der Internetnutzer in solcher Eile ist, dass seine Geduld bei mehr
als drei Klicks erschöpft ist und er den Vorgang abbricht.
Diese Regel ist ebenso wie die Millersche Regel nur in Abmilderung anwendbar,
ansonsten könnten komplexe Webseite wie www.amazon.de nicht funktionieren.
Solange der Nutzer weiß, dass er auf dem richtigen Weg ist, wird er diesen nicht
unbedingt abbrechen, auch wenn er dafür mehr als drei Klicks benötigt. Als Beispiel
hierfür sei der Shopping-Prozess bei Amazon genannt (Vgl. [GaJe02]).
Wichtig für die Informationsarchitektur ist dabei, dass die Inhalte konsistent und für
den Nutzer nachvollziehbar dargestellt werden, so dass er weiß, wo er sich befindet
und wie es weitergeht. Diese Regel hilft insofern, als dass noch einmal verdeutlicht
wird, dass nicht mehr als die unbedingt notwendigen Schritte durchlaufen werden
sollen, aber auch nicht weniger.
Ferner kann es vorkommen, dass sich manche Inhalte nicht exkusiv zu einer
Kategorieebene zuordnen lassen, sondern auch an anderer Stelle eingegliedert
werden könnten. In dem Beispiel aus Abbildung 3
könnte der Studiengang ,,DM" (Digitale Medien)
nicht nur im Fachbereich ,,Informatik/MST" zu
finden sein, sondern auch unter einem Hauptpunkt
,,Studium". Generell lehnen es L. Rosenfeld und P.
Morville nicht ab, dass ein Element unter mehreren
Kategorien zu finden ist (,,cross-listed"), jedoch
sollte dabei mit Vorsicht vorgegangen werden. Gibt
es zu viele Elemente, die zu mehreren Kategorien
gehören, wird das Hierarchieprinzip aufgeweicht.
Nun stellt sich die Frage, wie durch dieses
hierarchische Modell navigiert wird. Es besteht die Möglichkeit, die Navigation so
zu gestalten, dass die hierarchische Struktur eingehalten wird. Abbildung 4
verdeutlicht diesen Sachverhalt. Will man von von ,,B1" zu ,,C1" zu gelangen, muss
A
B
C
C2
C1
B2
B1
Abbildung 4:
Hierarchieprinzip

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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über den Knoten ,,B" zurück zu ,,A" navigiert werden, um über ,,C" zu ,,C1" zu
gelangen. Würde man diese Methode an jeder Stelle der Hierarchie auf diese Art
umsetzen, hätte man zwar eine konsistente Navigation, jedoch würde diese dem
Medium Internet nicht gerecht werden. Das Word Wide Web ermöglicht es, jeden
Inhalt einer Webseite mit einem anderen Inhalt durch Hyperlinks zu verknüpfen.
Dieser Vorteil des neuen Mediums sollte an dieser Stelle nicht außer Acht gelassen
werden.
Um nicht jedes Mal in einer ,,Sackgasse" zu
landen, sollte es zumindest über eine
Hauptnavigation möglich sein, auf andere
Hierarchieebenen und deren Inhalt durch
wenige Mausklicks zu wechseln. Des Weiteren
werden oft noch Querverlinkungen eingesetzt,
mit denen man innerhalb einer Ebene zu an-
deren Inhalten navigieren kann. Abbildung 5
verdeutlicht die Herangehensweise exempla-
risch am Beispiel der Navigationsmöglichkei-
ten von ,,B1". Die Navigation zu anderen Hie-
rarchien wird rot dargestellt, die Querver-
linkungen grün. An dieser Stelle sei auch
darauf hingewiesen, dass eine angemessene
Mischung aus beiden Prinzipien als die sinnvollste Lösung erscheint. Ist der Inhalt
nur über die Hierarchie zu erreichen, geht der Grundgedanke des Word Wide Web,
also die Hypertextstruktur verloren. Ist jeder Inhalt an jeder Stelle mit der
Navigation erreichbar, ist diese viel zu überfrachtet und für den Nutzer nicht mehr
intuitiv nutzbar. An dieser Stelle muss der Informationsarchitekt Entscheidungen
darüber treffen, welche Inhalte von wo aus zugänglich sind und welche dauerhaft
verfügbar sind.
Matrix Struktur
J. Garrett beschreibt in [GaJe02] die Matrix Struktur als weiteres Organisationssche-
ma einer Webseite neben der hierarchischen Anordnung. Diese Art der Darstellung
eignet sich seiner Ansicht nach, wenn Nutzer mit
unterschiedlichen Intentionen durch dieselben
Inhalte navigieren. Als Beispiel nennt er eine
Fashion-Webseite. Manche Nutzer interessieren
sich mehr für die Größe eines Artikels, andere für
den Preis. Mit dieser Art der Organisationen
können verschiedene Nutzungsverhalten unter
Beibehaltung der gleichen Struktur abgebildet
werden. J. Garrett sieht aber Probleme darin,
wenn die Matrix eine Größe von mehr als drei
Dimensionen annimmt, da das menschliche
Gehirn, nur bedingt in der Lage ist, mit dieser
Größenordnung umzugehen.
B1
Abbildung 5:
Hyperlinkprinzip
Abbildung 6: Matrixstruktur

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Organische Struktur
Organische Strukturen scheinen laut [GaJe02] keinem konstanten Muster zu folgen.
Aus diesem Grund ist es schwer für den Nutzer,
diese Art der Struktur zu verstehen. Er weiß nie
genau, wo er sich im Gesamtkontext befindet und
so wird es schwer, ein mentales Modell der Seite zu
entwickeln. Garrett ist der Meinung, dass sich diese
Form weniger für die gezielte Informationssuche
eignet, sondern vielmehr für exploratives Surfen,
beispielsweise im Unterhaltungssektor.
Sequentielle Struktur
Die letzte in [GaJe02] erwähnte Struktur stellt die Sequenz dar. Diese Form der
Darstellung ist dem Nutzer gut vertraut, da er selbst viele sequentielle Vorgänge
durchführt, z.B. das Lesen. Sie ist ihm durch die
Nutzung anderer Medien schon bekannt. Diese Form
wird laut J. Garrett hauptsächlich für kleine Strukturen
eingesetzt, bei denen die Reihenfolge der Inhalte eine
Rolle spielt, beispielsweise bei eLearning Anwen-
dungen.
Wie man feststellt, gibt es viele unterschiedliche Arten, eine Webseite zu strukturie-
ren, von denen die Hierarchiebasierte die wohl gebräuchlichste Form ist. Die hier
dargestellten Strukturen sind vielmehr Ansatzpunkte zur Entwicklung einer eigenen
Organisation als feststehende Gesetze.
Oft werden auch Mischformen eingesetzt, besonders bei komplexeren e-Commerce
Seiten. Amazon ordnet beispielsweise die Artikel hierarchisch an, setzt jedoch
innerhalb des Bestellvorgangs eine sequentielle Struktur ein.
Eine beliebte Variante zur Bildung einer eigenen Struktur ist laut [WoCh03] die
Analyse der Konkurrenzprodukte. Der Aufwand dafür ist relativ gering und die
Ergebnisse geben einen guten Überblick über den State-of-Art. Die Analyse wird
häufig in Form eines Benchmarks durchgeführt. Dabei wird der Leistungsumfang der
Produkte kurz beschrieben und anschließend deren Stärken und Schwächen
dargestellt.
3.2.2 Das konzeptuelles und mentale Model
Die Begriffe konzeptuelles Modell und mentales Modell oder besser conceptual
model und mental model werden häufig synonym verwendet. Selbst unter Experten
ist die Unterscheidung beider Begriffe nicht immer klar
11
. Im Folgenden werden die
Erklärungen aus [NoDo88] zugrunde gelegt. Damit sind mentale Modelle, ,,the
models people have of themselves, others, the environment, and the things with which
they interact."
Dies kann am besten an einem Beispiel erklärt werden: In manchen
Lokalen ist es üblich, dass man seine Getränke an der Theke bestellen muss. Kunden,
die ein Lokal öfter besuchen, in dem dies der Fall ist, wissen das und tätigen auf
11
Vgl. dazu die Diskussion unter
http://www.boxesandarrows.com/archives/whats_your_idea_of_a_mental_model.php?page=discuss
Abbildung 7: Organische Struktur
Abbildung 8: Sequentielle
Struktur

Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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diese Weise ihre Bestellungen. Neue Kunden wissen das möglicherweise nicht, setzen
sich an einen Tisch und warten vergeblich auf die Bedienung. Darin unterscheiden
sich die mentalen Modelle beider Kundengruppen. Neukunden kennen die Kneipe
nicht und haben somit ,,nur" ein mentales Modell einer Kneipe bzw. des
Bestellvorgangs an sich, bei dem sie davon ausgehen, dass man am Tisch bedient
wird. Erst nach einer Weile wird ihnen klar, z.B. durch das Beobachten der anderen
Kundschaft, dass der Bestellvorgang in dieser Kneipe anders verläuft. Ab diesem
Zeitpunkt wissen sie, dass sie in Zukunft in dieser Kneipe auf diese Art und Weise
bestellen müssen. Menschen bilden laut [NoDo98] mentale Modelle also durch
Erfahrung, Training und Anweisungen.
Mentale Modelle haben laut [WIMM03] folgende Charakteristiken:
- Sie besagen, dass das, was die Person denkt, wahr ist, unabhängig davon, ob es
tatsächlich wahr ist
- Sie ähneln von der Struktur her der Sache, die sie repräsentieren
- Sie erlauben es, Personen, die Auswirkungen ihrer Aktionen vorauszusehen
- Sie sind weniger komplex als das Konzept oder die Sache, die sie repräsentieren
- Sie beinhalten nur so viele Informationen, die nötig sind, um Aktionen richtig
vorauszusehen
Bezogen auf das Word Wide Web bedeutet dies, dass Nutzer beim Surfen auf einer
Webseite ein mentales Modell dieser Seite entwickeln oder ein bestehendes Modell
erweitern und anpassen. Ist das Konzept oder die Struktur, die hinter dieser Seite
steht gut zu verstehen und nachvollziehbar, sollte es dem Nutzer leicht fallen, ein
gutes mentales Modell dieser Seite zu
formen. Auf diese Weise kann eine
Abgrenzung zwischen den Begriffen
konzeptuelles Modell und mentales
Modell gefunden werden. Das
konzeptuelle Modell ist das Modell,
das der Informationsarchitekt er-
stellt. Das mentale Modell ist das
Modell, dass der Nutzer auf dieser
Grundlage entwickelt. Abbildung 9
verdeutlich dies
12
. Der Informations-
architekt entwickelt basierend auf
seinem eigenen mentalen Modell ein
konzeptuelles Modell der Seite und
überträgt dies auf die Gegebenheiten
des WWW (roter Pfeil). Der Nutzer
agiert nun mit dem System (grüne
Pfeile) und kann im Falle eines guten konzeptuellen Modells ein gutes mentales
Modell dieser Seite bilden, was ihm dabei hilft, sich zurechtzufinden und bestimmte
Aktionen vorauszusagen.
Um ein möglichst gelungenes konzeptuelles Modell zu erstellen, ist es für den
Informationsarchitekten wichtig, zu wissen, welche schon bekannten mentalen
Modelle des Nutzers möglicherweise miteinbezogen werden können. Laut [GaLe02]
fällt es dem Nutzer nämlich leichter, etwas zu bedienen, was ihm vertraut erscheint.
Als Bespiel hierfür sei die Desktop-Metapher genannt, die erstmals auf dem Apple
Lisa eingesetzt wurde. Damit wurde das konzeptionelle Modell eines Schreibtisches
12
Die Darstellung wurde aus [NoDo88] entnommen und angepasst.
Informations-
architekt
Konzeptuelles
Modell
Nutzer
Mentales
Modell
System
Abbildung 9: Konzeptuelle und Mentale
Modelle

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2003
ISBN (eBook)
9783832484880
ISBN (Paperback)
9783838684888
Dateigröße
1.2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Kaiserslautern – unbekannt
Note
1,3
Schlagworte
user centered design informationsarchitektur usability clusteranalyse interaktionsdesign
Produktsicherheit
Diplom.de
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Titel: Konzeption und Implementierung eines Card Sorting Tools
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