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Jugendkonzepte und Jugendthemen in Vorabendserien

Eine Untersuchung anhand der Daily Soap "Gute Zeiten, schlechte Zeiten"

©2004 Magisterarbeit 117 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Der Medienalltag von Kindern und Jugendlichen hat sich im Zeitalter der Multimedialisierung stark verändert. Film und Fernsehen, von Soziologen gern auch als Leitmedien bezeichnet, erfuhren in den letzten Jahren immer mehr an gesellschaftlicher Bedeutung.
Die scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten, die das Fernsehen bietet, verändern auch unsere gesellschaftlichen Strukturen. So ent- bzw. verführt die unterhaltungsorientierte Vielfalt des Fernsehens nicht nur erwachsene Zuschauer in den Bann gestalteter Wirklichkeiten, sondern auch Kinder werden schon frühzeitig, noch bevor sie Lesen lernen, mit dem Medium Fernsehen sozialisiert.
Die neuen Medien haben ihre Spuren auch in den traditionellen Medien der Kinder- und Jugendliteratur hinterlassen. So spricht Ewers von Veränderungen der Kinder- und Jugendliteratur auf drei Ebenen: dem Wandel auf literarischer Ebene, in Form von neuen Inhalten und Themen, Techniken und Formen; dem Wandel auf funktioneller Ebene, in Form neuer Verwendungsweisen und Gebrauchsformen und als einen Systemwandel, einem Wandel der Grenzbeziehungen und Statusveränderungen traditioneller Medien.
Die Literatur für Kinder und Jugendliche kann, so Ewers, im Kontext der Mediatisierung des kindlichen Alltagsangebotes nicht mehr als eigenständig zu erfassender Bereich, losgelöst von anderen kinder- und jugendkulturellen Angeboten, betrachtet werden. Kinder und Jugendliteratur wird zumeist nur noch als Bestandteil eines umfassenden Medienangebotes wahrgenommen.
Multimediale Unterhaltungsangebote für Kinder und Jugendliche erfahren eine ausgesprochene Beliebtheit. Im Mittelpunkt stehen dabei zunächst Fernsehserien, an die sich eine vielfältige Begleitliteratur, sowohl in Form von Büchern und Zeitschriften, als auch in Form von Internetangeboten und Computerspielen anschließen.
Daily Soaps wie Gute Zeiten Schlechte Zeiten oder Verbotene Liebe gehören mittlerweile zum festen Bestandteil jugendlicher Alltags- und Unterhaltungskultur und sind aus den Vorabendprogrammen deutscher Fernsehsender nicht mehr wegzudenken. Tag für Tag, zu einem festen Zeitpunkt finden sich Jung wie Alt vor dem Bildschirm ein, um dem täglichen Melodram zu folgen. Die täglich ausgestrahlte Serie mit ihrem festen Sendeplatz und Publikum hat sich in Deutschland über die letzten zehn Jahre etabliert.
Die Daily Soap unterscheidet sich jedoch durch spezielle Charakteristika von üblichen fiktiven Fernsehangeboten und stellt eine eigene […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8693
Hartmann, Jana: Jugendkonzepte und Jugendthemen in Vorabendserien -
Eine Untersuchung anhand der Daily Soap "Gute Zeiten, schlechte Zeiten"
Hamburg: Diplomica GmbH, 2005
Zugl.: Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, Magisterarbeit, 2004
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2005
Printed in Germany

1
INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort... 3
Einleitung... 5
Zielsetzung ... 7
Kapitel I Fernsehen als Text ... 9
1. Polysemie und Offenheit von Fernsehtexten ...10
2. Intertextualität...11
3. Oralität...12
4. Die Textualität populärer Mythen...13
Kapitel II Die Soap Opera im Fernsehen ­ Geschichte und
Formprinzipien... 17
1. Serialität des Programms ...17
2. Serielles Erzählen im Fernsehen ­ Vorläufer und Vorbilder ...19
2.1 Die Soap Opera im Radio ...20
2.2 Die Soap Opera im Fernsehen...21
2.3 Die Etablierung der Seifenoper im deutschen Fernsehen ...23
2.4 Daily Soaps im deutschen Fernsehen der 90er Jahre ­ Attraktivität für ein
jugendliches Publikum...24
3. Die Soap Opera ­ Definitionen...25
3.1 Serienbegriffe ...26
3.1.1 serial, series, Soap Opera ...26
3.1.2 Serie, Mehrteiler, Sendereihe ...27
3.2 Genre Codes ...31
3.3 Alltagseinbindung von Daily Soaps ­ Grenzverwischung zwischen Fiktion und
Realität ...34
Kapitel III Gute Zeiten, schlechte Zeiten ­ Jugendkonzeptanalyse ... 37
1. Gute Zeiten Schlechte Zeiten ­ Hintergrund und Produktionsweise ...38
1.1 Entstehung und Entwicklung der Daily Soap
GZSZ
...38
1.2 Produktionsbedingungen...39
1.3 Inhalt ...40
2. Forschungsbasierte Jugendkonzepte in Daily Soaps...41
3. Analyse der Lebenswelt...43
3.1 Die Dimension der Darstellung alltäglicher Phänomene bei GZSZ ...43
3.2 Die Analyse der jugendlichen Alltagskonstruktionen anhand der Themen und
Konflikte ...44

2
3.2.1 Familien, Freundschaften und Liebesbeziehungen als
zwischenmenschliche Themen ...45
3.2.1.1 Die Familien ...45
3.2.1.2 Freundschaft ...55
3.2.1.3 Die Liebesbeziehungen ...57
3.2.2 Beruf und Ausbildung als nichtzwischenmenschliche Themen ...62
3.3 Zusammenfassung der inhaltsanalytischen Befunde zur Themen- und
Konfliktwahl ...67
3.3.1 Themen...67
3.3.2 Konflikte...70
4. Handlungsträger...71
4.1 Charaktere ...71
4.2 Stereotypien...71
4.3 Optik ...72
4.4 Lebensstilpräsentation ...73
4.5 Beschreibung der Handlungsträger ...75
4.5.1 Frühadoleszenz ...75
4.5.2 Spätadoleszenz...79
4.5.3 Zusammenfassung ...82
Kapitel IV Die Daily Soap im jugendkulturellen Kontext ... 84
1. Bestimmungsversuch der Lebensphase Jugend ...84
2. Jugend im Zeitalter der Individualisierung ...85
3. Die Daily Soap als multifunktionales Genre...87
3.1 Kult-Marketing und Publikumsbindung in Daily Soaps...89
3.2 Elemente von Kultmarketing und Publikumsbindung bei GZSZ ...90
Resümee ... 93
Ausblick Daily Soaps im Kontext Jugend-literarischer
Wandlungsprozesse ... 97
Literaturverzeichnis ... 100
Abbildungsverzeichnis ... 105
Anhang... 106

3
VORWORT
Daily Soaps sind aus dem deutschen Fernsehen nicht mehr wegzudenken. Täglich fin-
den sich Millionen von Zuschauern vor dem Fernseher ein, um den alltäglichen Ge-
schehnissen rund um die Soap Familien zu folgen. Seit den frühen 90er Jahren hat sich
die Daily Soap in Deutschland etabliert und erfährt seit jener Zeit einen immensen Zu-
spruch, vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Für Millionen von Zuschauern ist sie
der unverzichtbare Höhepunkt des Feierabends, für Fernsehgegner symbolisiert sie den
Untergang der Kultur.
Seit den 90er Jahren sind wissenschaftliche Untersuchungen zu den einzelnen Soaps
keine Seltenheit mehr. Die universitäre Auseinandersetzung mit den Daily Soaps ist ein
beliebtes Forschungsgebiet geworden. Hier sind es insbesondere Fragen zur Produktion,
den Inhalten, den Rezipienten und vor allem der Vermarktung von deutschen Daily So-
aps die im Mittelpunkt des Interesses stehen. Die vorliegende Arbeit möchte diese Ent-
wicklungen aufgreifen und sie hinsichtlich jugendkonzeptioneller Fragen in der Daily
Soap Gute Zeiten Schlechte Zeiten
1
präzisieren. Mit GZSZ produziert der Sender RTL
seit den 90er Jahren die bisher erfolgreichste Daily Soap. Jeden Tag verfolgen circa vier
bis fünf Millionen Zuschauer das Geschehen vor dem Bildschirm. Schauspieler der So-
ap, wie Jeanette Biedermann oder Yvonne Catterfeld genießen über die Soap hinaus ei-
ne riesige Resonanz bei ihren Fans, da sie gleichfalls erfolgreich in der Musikbranche
tätig sind.
Ihre Dominanz im deutschen Fernsehen und die erfolgreichen Marketingstrategien hat
zur Folge, dass die Soap GZSZ für diese Arbeit ausgewählt wurde.
An dieser Stelle möchte ich den Menschen danken, die mir auf dem Weg zur Fertigstel-
lung dieser Arbeit Unterstützung gaben. Ganz besonderer Dank gilt Robert Faust für
seine Unterstützung, Motivierung und Rücksichtsnahme in jeglicher Hinsicht. Auch
danke ich meiner Mutter für ihre tatkräftige Hilfe in grammatikalischen und orthogra-
phischen Fragen.
1
Im Folgenden soll für den Titel Gute Zeiten schlechte Zeiten das Akronym
GZSZ
verwendet werden.

4
Mein Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. H.-H. Ewers für die Betreuung der Arbeit und sei-
ner Zustimmung für das ausgewählte Thema. Darüber hinaus danke ich Silke Röder,
Stefanie Buhlmann und Sabine Richter die mir stets eine wichtige und motivierende
Kraft waren und sind.
Abschließend noch einige Vorbemerkungen. Diese Arbeit wurde nach den Regeln der
neuen deutschen Rechtschreibung verfasst. Im Gegensatz zum Englischen gibt es im
Deutschen nur wenig geschlechtsübergreifende Personenbezeichnungen. Um den Lese-
fluss bzw. die Lesbarkeit dieser Arbeit nicht zu beeinträchtigen, wurde in Fällen, in de-
nen geschlechtsübergreifenden Personenbezeichnungen existieren, die kürzeren männli-
chen Bezeichnungen gewählt. Selbstverständlich sind damit stets beide Geschlechter
gemeint. Bei realen Personen wurde das Geschlecht beibehalten.

5
EINLEITUNG
Der Medienalltag von Kindern und Jugendlichen hat sich im Zeitalter der Multimediali-
sierung stark verändert. Film und Fernsehen, von Soziologen gern auch als Leitmedien
bezeichnet, erfuhren in den letzten Jahren immer mehr an gesellschaftlicher Bedeutung.
Die scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten, die das Fernsehen bietet, verändern auch
unsere gesellschaftlichen Strukturen. So ent- bzw. verführt die unterhaltungsorientierte
Vielfalt des Fernsehens nicht nur erwachsene Zuschauer in den Bann gestalteter Wirk-
lichkeiten, sondern auch Kinder werden schon frühzeitig, noch bevor sie Lesen lernen,
mit dem Medium Fernsehen sozialisiert.
Die neuen Medien haben ihre Spuren auch in den traditionellen Medien der Kinder- und
Jugendliteratur hinterlassen. So spricht Ewers von Veränderungen der Kinder- und Ju-
gendliteratur auf drei Ebenen: dem Wandel auf literarischer Ebene, in Form von neuen
Inhalten und Themen, Techniken und Formen; dem Wandel auf funktioneller Ebene, in
Form neuer Verwendungsweisen und Gebrauchsformen und als einen Systemwandel,
einem Wandel der Grenzbeziehungen und Statusveränderungen traditioneller Medien
(vgl. Ewers 1998, 170).
Die Literatur für Kinder und Jugendliche kann, so Ewers, im Kon-
text der Mediatisierung des kindlichen Alltagsangebotes nicht mehr als eigenständig zu
erfassender Bereich, losgelöst von anderen kinder- und jugendkulturellen Angeboten,
betrachtet werden. Kinder und Jugendliteratur wird zumeist nur noch als Bestandteil ei-
nes umfassenden Medienangebotes wahrgenommen.
Multimediale Unterhaltungsangebote für Kinder und Jugendliche erfahren eine ausge-
sprochene Beliebtheit. Im Mittelpunkt stehen dabei zunächst Fernsehserien, an die sich
eine vielfältige Begleitliteratur, sowohl in Form von Büchern und Zeitschriften, als auch
in Form von Internetangeboten und Computerspielen anschließen
(vgl. Ewers 2002, 11ff.).
Daily Soaps wie Gute Zeiten Schlechte Zeiten oder Verbotene Liebe gehören mittlerwei-
le zum festen Bestandteil jugendlicher Alltags- und Unterhaltungskultur und sind aus
den Vorabendprogrammen deutscher Fernsehsender nicht mehr wegzudenken. Tag für
Tag, zu einem festen Zeitpunkt finden sich Jung wie Alt vor dem Bildschirm ein, um

6
dem täglichen Melodram zu folgen. Die täglich ausgestrahlte Serie mit ihrem festen
Sendeplatz und Publikum hat sich in Deutschland über die letzten zehn Jahre etabliert.
Die Daily Soap unterscheidet sich jedoch durch spezielle Charakteristika von üblichen
fiktiven Fernsehangeboten und stellt eine eigene Programmform dar, die sich insbeson-
dere durch ihre Alltagsorientierung auszeichnet. Es wird mit Konstruktionen jugendli-
cher Lebenswelten operiert, die als zeitgemäß und authentisch gelten. Serienfiguren
führen dabei aktuelle Trends jugendkultureller Szenen vor, die sich auf aktuelle jugend-
kulturelle Szenen beziehen und dabei eine Dynamik zwischen Rezeption und dem Set-
zen von Trends entwickeln. Auch über Mode- und Musikverhalten dieser Serienfiguren
wird der Lifestyle vieler junger Zuschauer mitbestimmt oder zumindest beeinflusst.

7
ZIELSETZUNG
In der folgenden Arbeit wird die Daily Soap GZSZ im Hinblick auf ihre jugendlichen
Konzepte und Themen untersucht. Mit Hilfe literaturwissenschaftlicher Methoden, un-
ter Verwendung literarischer Begriffe werden zunächst typische genrespezifische
Merkmale und dramaturgische Besonderheiten von Daily Soaps herausgearbeitet und
unter Einbeziehung soziologischer Ansätze in den jugendkulturellen Kontext eingebun-
den.
Bei der Analyse genrespezifischer Merkmale der Daily Soap werden zum einen fern-
sehwissenschaftliche und zum anderen medien- und literaturwissenschaftlich-
hermeneutische Methoden verbunden. Um zu zeigen welche Art von Alltäglichkeit über
die Themen und Konflikte vermittelt werden und welche (s) Konzept (e) von Jugend der
Daily Soap GZSZ zugrunde liegen, werden anschließend inhaltliche Aspekte zur The-
men- und Figurenstruktur herausgestellt.
Die RTL Erfolgsserie dient im Besonderen als Untersuchungsgegenstand, da sie seit
Jahren die höchsten Einschaltquoten im Vorabendprogramm erreicht und sich durch ei-
ne Publikumsbeliebtheit im besonderen Maße auszeichnet.
Das Fernsehen wird hierbei als Text verstanden und auch als solcher analysiert und in-
terpretiert.
In ihrem Kern orientiert sich diese Arbeit an den wissenschaftlichen Ansätzen von E-
wers, der die Kinder- und Jugendliteratur im Zuge medialer Veränderungen einem um-
fassenden Wandel gegenüber stehen sieht, welcher jedoch nicht den Untergang der
Kinder- und Jugendliteratur bewirkt, sondern laut Ewers zu einer Entwicklung neuer
kinder- und jugendliterarischer Funktionstypen führt, die keinen Niveauverlust bedeu-
ten, jedoch Veränderungen in der konventionellen Verwendung von kinder- und jugend-
literarischen Texten ankündigt
(vgl. Ewers 1998, 174ff)
.
Vor der eigentlichen Analyse ist es notwendig den zu untersuchenden Gegenstand der
Arbeit näher zu bestimmen. In einem ersten Kapitel werden daher zunächst allgemeine

8
Struktureigenschaften des Fernsehtextes unter Rückriff auf die Ansätze der Cultural
Studies näher bestimmt.
Daran (Kapitel II) wird sich ein Überblick über die Entstehung und Geschichte von Se-
rien in Literatur und Radio bis hin zum Medium Fernsehen anschließen. Dem folgt ein
Blick auf die Tradition der Familienserie und die Entwicklung der Daily Soap in
Deutschland. Da in der einschlägigen Literatur die Definitionen von Soap Operas weit
auseinander gehen, soll zunächst eine begriffliche Klärung geleistet werden. Dabei wer-
den verschiedene Formen der Darstellung ,Serie, Sendereihe und Mehrteiler' erläutert.
Typisch genrespezifische Merkmale sowie dramaturgische und narrative Strukturen der
Soap Opera, als zentrale Erzählform des Fernsehens, sollen herausgearbeitet werden.
Abschließend wird beleuchtet, wie sich durch die Einbindung von Serien in den Alltag
der Rezipienten die "Wirklichkeit" der Medien und die "Realität" vermischen können.
Im Hauptteil der Arbeit (Kapitel III) schließt sich die Analyse der Daily Soap GZSZ an.
Sie wird exemplarisch unter dem Aspekt der Inszenierung jugendlicher Alltagwelten
und der Darstellung spezifischer Jugendtypen untersucht. Als Parameter dienen hier im
Besonderen die Familiensituation bzw. -strukturen, die Sozialbeziehungen unter den
Darstellern und jugendliche Handlungsrollen. An eine ausführliche Analyse der jugend-
lichen Lebenswelt schließt sich eine Darstellung der jugendlichen Protagonisten an.
Herausgestellt werden soll hier, welche Art von Jugendlichkeit in der Daily Soap ver-
mittelt wird und wie die einzelnen Protagonisten charakterisiert sind.
Das vierte Kapitel thematisiert sowohl Merkmale, als auch Beschaffenheiten des Objek-
tes Jugend. Dabei wird zunächst von der Begrifflichkeit des Objektes Jugend ausgegan-
gen, weiterhin wird die Identitätsbildung und Orientierung Jugendlicher in einer sich
wandelnden Gesellschaft betrachtet. Spezieller Fokus ist die sich verändernde Kindheit
von Jugendlichen, die zunehmend durch die Medien geprägt ist. Besondere Formen des
Jugend-Marketings, wie beispielsweise Kult-Marketing und Erlebnis-Marketing, wer-
den herausgearbeitet und die Relevanz für die individuelle und gesellschaftliche Bedeu-
tung der Soap Operas aufgezeigt. Aspekte des Kultcharakters bei GZSZ werden benannt
und ihre Bedeutung für die Identitätsbildung der Jugendlichen aufgezeigt.

9
KAPITEL I
FERNSEHEN ALS TEXT
Als Texte werden grundsätzlich schriftliche Manifestationen gesprochener Sprache ver-
standen. Mit der Etablierung des Fernsehens als bedeutendstes gesellschaftliches Kom-
munikationsmittel unserer Zeit rückte das Interesse am Zusammenhang von Medium,
Medientext und Rezipient zunehmend in den Mittelpunkt wissenschaftlicher Auseinan-
dersetzungen.
Seit Mitte der 60er Jahre findet an den Universitäten in Deutschland eine analytische
Auseinandersetzung mit Filmen und ihren ästhetischen Strukturen statt.
Hierbei wird von Autoren wie
Fiske (1987), Mikos (1987
) und
Hickethier (1996)
der allge-
meine Textbegriff auf audiovisuelle Medien wie Film und Fernsehen und auditive Me-
dien wie den Hörfunk übertragen. Dazu werden in der Auseinandersetzung mit den
Film
-
und Fernsehtexten literaturwissenschaftliche Ansätze benutzt, ergänzt und trans-
formiert.
Ein wesentliches Strukturmerkmal von Film- und Fernsehtexten ist ihre ästhetische
Gestaltung. Dabei geschehen die ästhetische Gestaltung und Inszenierung sowohl auf
formaler Ebene (Bildausschnitt, Perspektive, Kameraeinstellung, Licht und Ton), als
auch auf inhaltlicher (Dramaturgie, Erzähltechnik, Charaktere).
Im Folgenden werden allgemeine Struktureigenschaften des Fernsehtextes näher be-
stimmt, bevor auf spezifische ästhetische, narrative und dramaturgische Prinzipien der
Soap Opera, als spezielle Erzählform des Fernsehens, eingegangen werden soll.

10
1. Polysemie und Offenheit von Fernsehtexten
Zentral für die folgenden Überlegungen sind die innerhalb der Cultural Studies
2
entwi-
ckelten Thesen von der Polysemie
(Hall 1986)
und Offenheit
(Fiske 1986 und 1989)
von
Fernsehtexten. Der Text wird im Zuge des Cultural ­ Studies - Ansatzes nicht mehr als
geschlossenes Zeichensystem verstanden, sondern es besteht grundsätzlich die Mei-
nung, dass der Text im Wechselverhältnis von Produktions- und Rezeptionsvorgang
entsteht.
Halls
Polysemie - Konzept bezieht sich insbesondere auf dessen Auseinandersetzung mit
Fernsehtexten als Verkörperung populärer Kultur. Er kommt zu der Erkenntnis, dass die
Bedeutungen und Lesarten, die in der Auseinandersetzung mit Fernsehtexten entwickelt
werden, in Abhängigkeit zu der jeweiligen Klassenzugehörigkeit der Rezipienten ste-
hen. Die Lesarten müssen daher variieren, weil die Codes, die bei der Encodierung
Verwendung finden, nicht in jedem Fall auch vom Rezipienten gleichbedeutend deco-
diert werden
(vgl. Jurga 1999, 29)
. Resultierend können Fernsehtexte im Rahmen ihrer
Erzählung lediglich mögliche Lesarten inszenieren, die Bedeutungszuweisungen kön-
nen sie nicht festlegen. Fiske spricht hier von einer allgemeinen ,Offenheit des Fernseh-
textes'
(Fiske 1989, 68)
, denn nur innerhalb der sozialen und kulturellen Beziehungen in
denen die Texte integriert sind, können sie ihr Sinnpotential entfalten, denn ,,[...] Texte
funktionieren immer nur im gesellschaftlichen Kontext."
(Fiske 1993, 12)
Anlehnend an
die Theorie
Fiskes
und
Halls
, und deren Annahme dass das Fernsehen ein Medium ist,
welches grundsätzlich offene Texte hervorbringt, sieht
Jurga
in der Seifenoper aufgrund
ihrer spezifischen Eigenschaften eine Textsorte, ,,[...] in der diese ,Offenheit´ im höchs-
ten Maße perfektioniert ist."
(Jurga 1999, 142) Jurga
konstatiert in Bezug auf die Seifen-
oper einen Zustand ständiger Gleichgewichtsstörung. Da die Erzählungen nie zu einem
Ende geführt werden, zeichnen sich gerade Seifenopern durch ihre Offenheit aus. Be-
sondere Offenheitsmerkmale des Seifenopertextes sind: ihre starke Segmentierung, die
mit dem Verlust von Transparenz und Einheit einhergehen; ihre narrative Unabge-
2
Seit den 70er Jahren erforscht das britische Centre for Contemporary Cultural Studies die Beziehungen
zwischen Medienbotschaften und ihren Rezipienten. In diesem Cultural Studies Ansatz werden verschie-
dene theoretische und methodische Konzepte und Erkenntnisse aus den Geisteswissenschaften integriert.
Innerhalb des Cultural Studies Ansatzes werden die Produkte der Hoch- und Populärkultur in derselben
Weise berücksichtigt und auch deren Konsum vor dem Hintergrund eines kulturellen Kontextes analy-
siert. (vgl. Luchting 1997, 20ff)

11
schlossenheit und die daraus resultierende Unvorhersagbarkeit des zukünftigen Gesche-
hens; die Pluralisierung von Handlungssträngen und damit die Möglichkeit wechselnde
Themen und Figuren in die Handlungen einzuflechten; Textlücken bzw. Leer- und Un-
bestimmtheitsstellen, die den Text öffnen und damit den Leser aktiv am Geschehen
beteiligen lassen, als dass er dem Text Bedeutungen gibt
(vgl. ebd., 143ff).
2. Intertextualität
Einhergehend mit Überlegungen zur Polysemie und Offenheit ist eine weitere Eigen-
schaft von Fernsehtexten die Intertextualität. Das Konzept also, dass Texte grundsätz-
lich in einem einheitlichen Kontext stehen und auch nur in Beziehung zu anderen Tex-
ten ihre Bedeutung erlangen. Somit sind Texte immer Produkt einer Rezeptions- und
Wirkungsgeschichte anderer Texte und gleichzeitig sind sie selbst auf Rezeption und
Aneignung hin konzipiert.
,,Die Aneignung der Texte im Rahmen alltäglicher Relevanzstrukturen und der
lebensweltlichen Zirkulation von Bedeutungen schafft gewissermaßen den Meta-
text, in dessen Rahmen sich erst die Wirkungsgeschichte des rezipierten Textes
entfaltet."
(Mikos 2001, 232)
Mikos
unterscheidet dabei nochmals zwischen einer produktionsästhetischen und einer
rezeptionsästhetischen Intertextualität, wobei in produktionsästhetischer Hinsicht Film
und Fernsehtexte in eine Relation zu anderen Filmen und Fernsehsendungen treten. In
rezeptionsästhetischer Hinsicht treten Film- und Fernsehtexte in Beziehung zu anderen
Texten, die sich auf sie beziehen, als auch zu Rezeptionserfahrungen der Zuschauer
(vgl.
ebd., 233).
Ferner unterscheidet
Fiske
zwischen einer horizontalen und vertikalen Intertextualität
(vgl. Fiske 1987, 108ff.).
Auf der horizontalen Ebene weisen Fernsehtexte referentielle
Bezüge hinsichtlich Genres, Charaktere, Schauspielern, Inhalten und Regisseuren auf
und verweisen dabei auch auf nicht-filmische populäre Texte
(vgl. Mikos 2001, 234)
. Da-
mit schafft das Fernsehen indirekt ein horizontales Referenzsystem, das permanent auf
das Medium selbst und seine Texte verweist. Wenn Fernsehstars in Quizsendungen mit-
spielen, verweisen sie beispielsweise auf die Fernsehtexte, in denen sie zu sehen sind.

12
Mikos
fasst dies zusammen und spricht vom Medium Fernsehen als ,,[...] eine Art
selbstreflexives Universum, aus dem es für die Fernsehpersönlichkeiten kaum noch ein
Entrinnen gibt."
3
(ebd., 235)
Eine wesentliche Rolle auf der vertikalen Ebene der Intertextualität spielen sogenannte
sekundäre und tertiäre Texte. Serien und deren Darsteller stehen immer auch in einem
großen Vermarktungszusammenhang. Es erscheinen Hintergrundinformationen in Zei-
tungen und Zeitschriften zu den Serien, Episoden werden nacherzählt, es entstehen se-
rienbegleitende Romane als auch Kalender, CDs, T-Shirts mit den Lieblingsstars. Wenn
Serien oder deren Darsteller in anderen Medientexten, vor allem in Zeitungen oder Zeit-
schriften, thematisiert werden, spricht man von sekundären Texten
(vgl. Fiske 1987, 108)
.
Zu unterscheiden von den
sekundären Texten
sind die tertiären Texte, die sich auf Zu-
schauerreaktionen, meist in Form von Leserbriefen oder Gesprächen über Medieninhal-
te beziehen. Sie sind als Teil der Zuschaueraktivitäten das Ergebnis von Verstehens-
und Aneignungsprozessen
(vgl. Mikos 2001, 236)
. Sie stellen eine Antwort der Rezipien-
ten auf die primären Texte des Fernsehens und die sekundären Texte der Medien dar.
Fiske
spricht von einem Verhältnis vertikaler Intertextualität zwischen Primärtexten
und tertiären Texten
(Fiske 1987, 108f.).
Das Merkmal der Offenheit von Fernsehtexten
spiegelt sich am deutlichsten in den tertiären Texten wider, da in ihnen zum Ausdruck
kommt, in welcher Weise ein Primärtext von den Zuschauern wahrgenommen, verarbei-
tet und bewertet wird.
3. Oralität
Das Fernsehen ist nicht ausschließlich als visuelles Medium zu betrachten. Vielmehr
besteht ein Wechselverhältnis von Visuellem und Verbalem, was in besonderer Weise
bei Fernsehtextarten wie Nachrichten, Quizsendungen, Talkshows sowie für fiktionale
Textarten wie die Soap Opera zu beobachten ist
(vgl. Jurga 1999, 47).
Dabei ist die Oralität eine grundlegende Eigenschaft des Fernsehens. Sie dient in anth-
ropologischer Sichtweise als Kriterium zur Unterscheidung von Kulturen bzw. Gesell-
3
Als Beispiel nennt
Mikos
das Popidol Madonna, ,,[...]die in einem Netz horizontaler intertextueller
Verweise gefangen ist."(
Mikos
2001, 236f.)

13
schaftsformen. In linguistischer Sichtweise ist Oralität ein Kriterium zur Unterschei-
dung kommunikativer Akte und Textsorten.
In Bezug auf die Oralität des Fernsehens hat
W.J. Ong (1987)
den Begriff der sekundä-
ren Oralität bzw. neuen Oralität geprägt, welche in Abhängigkeit von literalen Formen
gegenwärtiger Gesellschaftsformen steht. Als Beispiel benennt
Jurga
die Nachrichten.
Sie werden zunächst in einer schriftlichen Form fixiert, bevor sie dann vom Nachrich-
tensprecher verlesen werden
(vgl. Jurga 1999, 45).
Dabei ist ein wesentlicher Aspekt die
Inszenierung von Spontaneität und die Simulierung von Mündlichkeit, die den Eindruck
von spontanerer Rede und spontanem Handeln beim Zuschauer erwecken soll.
,,Denn neben diesen literal geprägten Eigenschaften, weist das Fernsehen in
struktureller Hinsicht etliche Merkmale der Alltagsmündlichkeit auf, wie die Un-
terhaltungsorientierung, die kleinen Zeiteinheiten, die Kaleidoskophaftigkeit und
die unbestimmte (offene) Fortschreibung der ,großen Fernseherzählung'."(ebd.,
45)
4. Die Textualität populärer Mythen
Eine wesentliche Rolle bezüglich Offenheitsmerkmalen von Film- und Fernsehtexten
und Zuschauerrezeptionen spielen populäre Mythen. Mythen operieren nach
Mikos
an
der Schnittstelle von horizontaler und vertikaler Intertextualität. Sie verweisen sowohl
auf andere Texte, als auch auf die kulturelle, soziale und symbolische Praxis der Zu-
schauer. ,,Auf diese Weise umfassen die Film- und Fernsehtexte in der ästhetischen
Vergegenwärtigung der Interferenz populärer Mythen zugleich immer den sozialen
Kontext."
(Mikos 2001, 240)
Joan Kristin Bleicher
legt mit ihrem Buch ,,Fernsehen als Mythos. Poetik eines narrativen
Erkenntnissystems"
(Bleicher 1999)
erstmals eine umfangreiche Poetik des deutschen
Fernsehens vor.
Bleicher
führt die These an, das Fernsehen im 20. Jahrhundert eine Posi-
tion einnimmt, die in der Antike der Mythos innehatte, denn ,,Wie der Mythos so lässt
auch das Fernsehen Ereignisse als naturhaft und damit unabänderlich erscheinen."
(Bleicher 1999, 13)
Das Fernsehen und der Mythos fungieren durch das Zusammenspiel
einzelner Erzählungen als Großerzähler. Beiden wird das Ziel zugesprochen, die Welt in
einer Vielzahl symbolischer Erzählungen zu erklären
(vgl. ebd., 15,18).
Bleicher versucht

14
in ihrer Arbeit ,,das Fernsehen in seiner spezifischen ästhetischen Erscheinungsform,
der Vermittlungsstruktur seiner Inhalte, der sie konstituierenden narrativen Vermitt-
lungsformen und seiner kollektiven medialen Wirkung zu beschreiben."
(ebd.,18f.)
Dafür wählt sie den narrationstheoretischen Ansatz, wie er einst dem antiken griechi-
schen Mythos als narrative Vermittlungsstruktur zukam, um ihn auf das Medium Fern-
sehen zu übertragen. Hierfür werden sowohl formale, als auch inhaltliche Charakteristi-
ken des Fernsehens mit den formalen und inhaltlichen Strukturen des Narrationssystems
Mythos verglichen. Narration wird von der Autorin verstanden als ,,[...] das Erzählen
von fiktionalen oder nichtfiktionalen Ereignissen oder Begebenheiten durch unter-
schiedliche Vermittlungsträger (orale Vermittlung, Schrift, Bild und Ton)."
(ebd.,19)
Poetik dient dabei ,,[...] als Theorie der Vermittlungsstrukturen von Narrationen."
(ebd.,19)
Mythos definiert
Bleicher
,,[...] als ein aus einzelnen symbolhaften Erzählungen
über die Götterwelt konstituiertes, strukturiertes additives Erkenntnissystem, das sich
mit seinen Narrationen an ein Kollektiv von Adressaten richtet und diverse individuelle
und kollektive Funktionen erfüllt."
(ebd., 19f)
Somit verweisen Mythen auf gesellschaftliche Bedeutungsgehalte und die Sinnhaftig-
keit sozialen Handelns. Nach
Barthes
fungieren die Mythen des Alltags im Sinne von
Mitteilungssystemen und Botschaften
(vgl. Barthes 1970, 85)
. Mythen werden demnach
kommunikative Funktionen zugesprochen, indem durch sie gesellschaftliches Handeln
zum Ausdruck gebracht wird. Nach
Bleicher
werden Mythen als Symbole bezeichnet,
deren Bedeutung durch Vereinbarungen innerhalb einer Gruppe von Menschen festge-
legt wird und somit Spielraum für Variationen und Interpretationen lassen
(vgl. Bleicher
1999, 20).
Mythen im Sinne von Erzählungen sind demnach eine Ansammlung verschiedener
Symbolformen. Der Mythos gibt Erklärungen von Gesellschaft in Form von schöpfe-
risch gestalteten Erzählungen, wobei der Gegenstand die wirkliche Welt und das
Schicksal der Menschen ist. Dabei ist die vergangene Wirklichkeit für die Individuen
mit eigenen Erfahrungen und Emotionen verbunden, wonach populäre Mythen in den
Film- und Fernsehtexten symbolische Objektivationen sozialer Erfahrungen darstellen
(vgl. Mikos 2001, 241).
Durch die Mythen kann Wirklichkeit erlebt und gelebt werden.

15
In den Film- und Fernsehtexten werden demnach gesellschaftliche Erfahrungsmuster
verarbeitet, die dem Zuschauer aus der eigenen Erfahrungs- und Lebenswelt vertraut
sind.
Intertextuelle Bezüge populärer Mythen konstruieren im Film ein Verweisungssystem,
das sich sowohl auf andere mediale Verarbeitungen der Mythen bezieht, als auch einen
Ausschnitt von lebensweltlichen Verweisungszusammenhängen darstellt. Film und
Fernsehtexte dienen somit als Projektionsfläche und machen dem Publikum eine Viel-
zahl von Übertragungsangeboten.
Auf der vertikalen Ebene spielt sowohl die Aktivierung kognitiver Wissensbestän-
de, als auch die Bedeutungszuweisung im Rahmen emotionaler Erlebnisprozesse
eine tragende Rolle. Es geht um die Aktivierung von narrativem Wissen, Wissen
über filmische Form-Inhalt-Korrespondenzen, sowie um die Aktivierung von le-
bensweltlichen Zusammenhängen, die in Einklang mit der Aktivierung eigener
emotionaler Befindlichkeiten in einem lebensweltlichen Wissen verortet werden.
Ihr symbolisches Sinnpotential entfaltet sich jedoch erst in der textuellen Rezepti-
on und Aneignung durch das Publikum, das ihnen im Rahmen lebensweltlicher
Verweisungszusammenhänge Bedeutungen zuweist, die je nach Gruppenzugehö-
rigkeit der Zuschauer unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten zulassen
(vgl.
ebd., 243).
Mikos
definiert
Intertextualität
als ein Moment kultureller und sozialer Praxis. ,,Erst
im Prozess der Aneignung eines Produktes offenbaren sich die Beziehungen zwi-
schen den zahlreichen horizontalen Verweisungszusammenhängen und den vertika-
len Aktivierungen von Wissens- und Erfahrungsbeständen."
(ebd., 244)
Er bezieht
sich damit auf
Fiske
, der das Fernsehen aufgrund seiner Textualität als ein zum
Publikum hin geöffnetes Medium konstituiert, dessen vielfältige textuelle Bedeu-
tungspotentiale vom Zuschauer erst im Aneignungsprozess entfaltet werden.
Somit haben populäre Texte keine Bedeutung an sich, sondern sie dienen vielmehr als
Folie für Verstehens- und Sinnzuweisungsaktivitäten. Sie werden so zu ,,[...] semanti-
schen Material, mit dem im Rahmen von Interpretationsgemeinschaften gruppeneigene
Werte ausgehandelt und Identitäten rekonstruiert und ausgebildet werden können."

16
(ebd., 244)
Intertextualität schafft demnach einen Raum, der sich erst in der Interaktion
von Text und Publikum erschließt.

17
KAPITEL II
DIE SOAP OPERA IM FERNSEHEN ­
GESCHICHTE UND FORMPRINZIPIEN
Das Fernsehen hat eine Vielzahl von Textsorten fernsehspezifisch adaptiert, eine we-
sentliche Textsorte stellt dabei die Soap Opera als eine eigene Programmform dar. So-
mit stehen Soap Operas in einem besonderen Traditionszusammenhang, sie haben sich
aus anderen Medien und fiktional-seriellen Fernsehtexten heraus entwickelt.
Ausgehend von der Bestimmung, was Serialität grundsätzlich bedeutet, soll zunächst
die Entwicklung der Soap Opera chronologisch skizziert werden. Daran schließt sich
eine Abgrenzung der Soap Opera gegenüber anderen Serienbegriffen innerhalb des Me-
diums Fernsehen an. Nachfolgend wird das Genre der Soap Opera unter Berücksichti-
gung der speziellen dramaturgisch-ästhetischen Stillmittel, Erzählweisen, Thematiken
und Charaktere näher bestimmt.
1. Serialität des Programms
Serialität stellt eine bedeutsame textuelle Eigenschaft dar, die medienübergreifend zu
beobachten ist. Unter dem Begriff der Serialität werden verschiedenartige Phänomene
gefasst. Zum einen wird darunter ein Produktionsprinzip im Hinblick auf die Wieder-
kehr und Variation gleicher Muster oder Modelle bei der Produktion von Serien ver-
standen, das vor allem in der massenhaften Produktion industrieller Fertigung gilt und
in Opposition zu Einzelwerken steht. Zum anderen kann Serialität dem Menschen als
Wahrnehmungs- und Ordnungsprinzip dienen, indem durch Kontinuität Alltagsorien-
tiertheit evoziert wird.
Rezidivierende Produktionsmuster finden sich dabei in unterschiedlichsten Arten und
Medien wieder, wie beispielsweise in der Literatur, Malerei und Architektur.
Für die serielle Produktion im Bereich der Massenmedien lässt sich ein besonderes
ökonomisches Interesse konstatieren. Durch die kontinuierliche Offerte eines gleichen
Produktes, versucht der Produzent das Publikum an sich zu binden, um einen anhalten-

18
den und kalkulierbaren Erfolg des Produktes zu erreichen
(vgl. Jurga 1999, 91f)
. Dabei
verbinden sich die Interessen der Industrie, nach hoher Akzeptanz und Reichweite ihrer
Produkte, mit dem Wunsch der Konsumenten, nach Unterhaltungsangeboten
(vgl. ebd.,
92).
Hickethier
bezieht den Begriff der Serialität auf die Ebene des Fernsehprogramms und
sieht in der Serienform eine logische Konsequenz der Programmentwicklung
(vgl. Hi-
ckethier 1991, 12)
. Der Bedarf nach permanenter Unterhaltung und Information führt zur
Einrichtung von Serien mit einem festen, wiederkehrenden Sendeplatz im Programm,
die dem Zuschauer insbesondere eine Orientierung bieten sollen. Die serielle Struktur
des Programms muss nicht zwangsläufig zu einer seriellen Produktion von Texten füh-
ren, jedoch steigt unter den Bedingungen eines sich ausdifferenzierenden Marktes kon-
kurrierender Programmanbieter die Serienproduktion kontinuierlich an. ,,Das Struktur-
prinzip des Programms wird damit zum Strukturprinzip der Produkte."
(ebd., 12)
Das Fernsehen in seiner Gesamtheit ist oft als Programmfluss begriffen worden.
Williams
spricht dabei auch von einem Fluss in Sequenzen
(Williams 1975, 88)
, der sich dem Zu-
schauer in einer einheitlichen zeitlichen Struktur präsentiert. Im Laufe der Programm-
entwicklung entstanden spezifische Formen der Darbietung und Strukturierung des Pro-
gramms, die sich von konventionellen Gestaltungsmitteln aus Hörfunk, Theater und
Film in den Anfängen des Fernsehens unterscheiden. Unter den Bedingungen eines
konkurrierenden Marktes, wandelte sich das Programm ,,[...] zu einem immer mehr ent-
grenzten, auf Gesamtkonsum hin orientierten, endlos fließenden Angebot vielfältiger
audiovisueller Formen, die einen geplanten Fluss ergeben."
(Jurga 1999, 93)
Die Orientierung der Programmplaner ist insbesondere auf die Zusammensetzung des
Publikums, deren Alltagsstrukturierungen, Zeitbudgets und Interessen ausgerichtet. So
entstehen Programmschemata, die auf ein spezielles Publikum zugeschnitten sind und
durch attraktive Programmformen, vornehmlich serieller Natur, versuchen, den Zu-
schauer dauerhaft an das Programm zu binden. Dazu gehören sowohl die im Alltags-
gebrauch als Serien bezeichneten fiktional-seriellen Textsorten, als auch Nachrichten-,
Quiz-, oder Kochsendungen
(vgl. ebd., 94).
Als besondere Form der Programmgestaltung
hat sich die Endlos- bzw. Langzeitserie (Soap Opera) erwiesen, da sie einerseits kosten-
günstig und zeitnah produziert werden kann und andererseits durch besondere drama-

19
turgische Gestaltungsmittel die Aufmerksamkeit des Zuschauers trotz Unterbrechung
aufrecht erhält.
2. Serielles Erzählen im Fernsehen ­ Vorläufer und
Vorbilder
Mediale Formen, die in ein neues Medium adaptiert werden, haben meist Vorläufer in
bereits etablierten Medien. Bewährte Produktionsmuster werden somit auf ein neues
Medium übertragen. Serielle Programmmuster sind demnach keine Erfindung des Fern-
sehens, sondern haben sich schon in anderen Medien als erfolgreiches Konzept erwie-
sen.
Historisch gesehen bildet die Fernsehserie eine Weiterentwicklung konventioneller se-
rieller Erzählformen. Dabei gelten die rapsodischen Gesänge
Homers
und die Erzählun-
gen
Scheherazadens
in den 1001 Nächten als die ältesten überlieferten Beispiele für se-
rielle Unterhaltung
(vgl. Hickethier 1991, 17).
Für
Mikos
beginnt die Entwicklung der Serie
erst mit Bereitstellung der technischen Möglichkeiten des Druckes und der Verbreitung
von Schrift
(vgl. Mikos 1994, 130).
Auch jüngere Formen, wie die Fortsetzungsgeschich-
ten in Magazinen und Zeitschriften (Feuilletonroman), Kolportageromane, die populä-
ren Unterhaltungsstücke Kotzebues oder auch die frühe Serienliteratur wie das Unter-
haltungstheater und die Kinoserie werden als mediale Vorläufer für serielles Erzählen
im Fernsehen angesehen
(vgl. Hickethier 1992, 12).
Die Etablierung von Fortsetzungsge-
schichten in Zeitungen und Zeitschriften, insbesondere die Entstehung des Feuilleton-
romans in Frankreich am Anfang des 19. Jahrhunderts, sind erste Beispiele für die öko-
nomische Funktion serieller Produktion. Sie dienten insbesondere der Auflagensteige-
rung und Leserbindung. ,,Das Prinzip der Serie als Fortsetzungsgeschichte hat dann
auch den Effekt, dass damit das jeweilige Medium nicht nur für die veröffentlichte Ge-
schichte, sondern auch für sich selbst wirbt."
(vgl. Mikos 1994, 132)
Somit charakteri-
siert
Mikos
die Serie im Allgemeinen als ,,[...] ein typisches Phänomen des kommerziel-
len Wettbewerbs im Medienbereich."
(ebd., 132)
Die Einbindung des Fernsehens in den Alltag der Zuschauer evoziert den Wunsch nach
regelmäßiger und verlässlicher Erfüllung bestimmter Erwartungen. Folglich sieht
Hi-
ckethier
in der Serienproduktion insbesondere ein Grundbedürfnis menschlicher Unter-

20
haltung, das in der Fernsehserie nur ihre TV bezogene, massenmediale Form gefunden
hat
(vgl. Hickethier 1992, 12).
2.1 Die Soap Opera im Radio
Als unmittelbarer Vorläufer für die Soap Opera gilt die Radioserie bzw. Radio-
Seifenoper, die in den 30er Jahren in den USA mit der Serie ,,Amos ´n´ Andy" entstand
und ,,die Produktion serieller Medientexte in eine neue Phase zuvor nie dagewesener
Quantität und Reichweite"
(Jurga 1999, 99)
aufsteigen ließ.
Der amerikanische Radiomoderator
Norman Brokenshire
betrachtet sich selbst als Erfin-
der der Radiosoap. Als sich die von ihm geladenen Schauspieler zu seiner Sendung ver-
späteten, las er zur Überbrückung der Zeit aus einem Buch vor. Er brach mitten in der
Geschichte ab, als die Gäste schließlich erschienen. Daraufhin erhielt er Säcke von Zu-
schauerpost mit Anfragen zum Fortgang der Geschichte und Brokenshire musste weiter
lesen. So war die Seifenoper geboren
(vgl. Liebnitz 1992, 151).
Zunächst waren es vor allem Waschmittelkonzerne und Seifenfabrikanten wie
Procter
and Gamble
oder Colgate-Palmolive, die das Radio als Werbemedium nutzten und somit
die täglich gesendeten, an ein vorwiegend weibliches Publikum gerichteten
,
Seifen-
opern finanzierten.
4
Die Produkte der Waschmittel- und Seifenhersteller waren zunächst
direkt in die Handlung der Geschichte eingebunden. Eine Hausfrau servierte beispiels-
weise die Suppe des eigenen Sponsoren, um den Teller dann mit dem Spülmittel eines
anderen Sponsoren abzuwaschen. Mit der zunehmenden Entwicklung der Werbeindust-
rie wurde die Produktwerbung raffinierter und es folgten kurze Werbepausen zwischen
der eigentlichen Erzählung
(vgl. ebd., 152).
Erste empirische Studien zum Genre der Soap Opera wurden bereits Ende der 30er Jah-
re durchgeführt. Meist initiiert durch die Radiosender selbst ging es im Wesentlichen
um Rezeptionsfragen, Fragen zur Zusammensetzung des Publikums, zu den Gründen
4
Eine Darstellung zur kommerziellen Bedeutsamkeit des Mediums Radio und der Werbeindustrie findet
sich bei Jurga 1999 s. 98ff. Seifenopern stellen nach Jurga Texte dar die primär auf die Interessen einer
webetreibenden Industrie zurückgehen und für eine spezielle Zielgruppe konzipiert werden. Werbung für
Kosmetik-, Waschmittel-, oder Haushaltsartikel sollen vor allem Frauen ansprechen. Dies trug dazu bei
dass die Radioserie (radio serial) schließlich in Seifenoper (Soap Opera) umbenannt wurde (vgl. ebd.,
100)

21
für die Rezeption und zur Wirkung beim Publikum
(vgl. ebd., 152).
In den 40er Jahren
weitete sich das Interesse an der Soap Opera auf akademische Kreise aus. Dabei lag das
Forschungsinteresse vor allem auf der Interaktion zwischen Soap Opera und Publikum.
Den Höhepunkt erlebte die Radiosoap in den 40er Jahren, als in den USA täglich 64 Se-
rien ausgestrahlt wurden.
Mit der Etablierung des Fernsehens verlor das Radio als primäres Unterhaltungsmedium
im Laufe der Jahre immer mehr an Bedeutung. Formate der Radiosoap wurden in den
50er Jahren auf das Fernsehen übertragen.
2.2 Die Soap Opera im Fernsehen
In den 40er Jahren stellte sich wegen der beträchtlichen Popularität der Radiosoap erst-
mals die Frage nach einer visuellen Adaption, sie wurde jedoch auf Grund der geringen
Ausstattung amerikanischer Haushalte mit Fernsehgeräten zunächst wieder verworfen.
Die Ära der Seifenoper im Fernsehen beginnt mit der Soap Opera Search for Tomorrow,
die erstmals am 3. September 1951 vom amerikanischen Fernsehsender CBS ausge-
strahlt wurde und 35 Jahre im Programm blieb
(vgl. ebd., 154).
Vier Jahre später sende-
ten die amerikanischen Fernsehsender bereits 17 Soap Operas. Die Jahre 1955-1964
können hinsichtlich der Soap Opera als Jahre der Stabilisierung gewertet werden. Zum
einen hatte sich der Ausstattungsgrad der amerikanischen Haushalte mit Fernsehgeräten
deutlich erhöht, zum anderen wurden viele TV-Soaps bereits täglich ausgestrahlt. Die
Jahre 1963/64 sind von besonderer Bedeutung, da sich die Sendezeit der Soaps von 15
Minuten auf 30 Minuten verdoppelte und die in dieser Zeit entwickelten Soaps teilweise
bis in die 80er Jahre überdauerten (Beispiel Dallas)
(ebd., S.154).
Die Jahre nach 1970 gelten, so
Liebnitz
, in ihrer qualitativen als auch quantitativen Ent-
wicklung als sehr bezeichnend. Zunächst besaßen rund 96% der amerikanischen Haus-
halte ein Fernsehgerät, zum anderen entwickelten Fernsehsender alternative formale
und inhaltliche Strategien, um die Zuschauerresonanz zu erhöhen. Die Attraktivität der
Soaps wurde zunächst durch technische Verbesserungen und höhere Budgetierung er-
reicht. Während in den 60er Jahren Fernsehsoaps noch live gesendet wurden, ähnelten
sie in den 70er Jahren formal eher Spielfilmen. Inhaltliche Veränderungen vollzogen
sich vor allem durch die Einbindung von Gewalt und der freizügigeren Behandlung se-

22
xueller Beziehungen, ohne dabei gültige Moral oder Geschlechterbeziehungen zu kriti-
sieren
(ebd., 155).
Ebenso vollzog sich eine Veränderung hinsichtlich des Schauplatzes. Während zunächst
die Küche und das Wohnzimmer als Handlungsort dienten, gewann der Arbeitsplatz als
Schauplatz der Handlung an Bedeutung. Ferner wurden in den 70er Jahren mehr und
mehr Frauen in nichtkonventionellen Berufen gezeigt und soziale Fragestellungen in die
Handlung eingebunden.
Der Erfolg der Soap Operas im amerikanischen Fernsehen führte zu einer regelrechten
Soap- Kultur. Es folgten zahlreiche Features in Zeitschriften, es wurden Begleithefte -
Soap digests - herausgegeben, in denen die Geschichten der einzelnen Folgen nacher-
zählt wurden, und colleges boten Kurse zu Soap Operas an, währenddessen zahlreiche
Forschungsarbeiten zu Inhalten und Rezeptionsweisen von Soap Operas entstanden
(vgl.
ebd., 155 und Mikos 1987, 4).
Ende der 70er Jahre leitet Dallas
5
in den USA eine neue Ära der Fernsehunterhaltung
ein. Während Soap Operas bis dahin zumeist tagsüber für ein Hausfrauenpublikum ge-
sendet wurden, sollte sie jetzt auch in den Abendprogrammen für ein männliches Publi-
kum Attraktivität erlangen.
Die TV-Soap Dallas gilt als Wegbereiter aller täglich ausgestrahlten Serien, da es ihr
erstmals erfolgreich gelang, das Format der billig produzierten Daily Soaps für das ame-
rikanische Abendprogramm attraktiv zu machen. Gegenüber eher banalen Themen und
Motiven in den vorangegangenen Soap Operas im Tagesprogramm steckt hinter dem
Erfolg von Dallas eben gerade dieser Tabubruch mit Themen und Motiven. Von Impo-
tenz bis zur Vergewaltigung, vom Ehebruch bis zum Inzest findet sich bei Dallas alles
wieder. Das
Zeit-Magazin
spricht 1981 kurz vor der Ausstrahlung der ersten Folge von
Dallas im deutschen Fernsehen, am 30. Juni 1981, vom ,,[...] Aufstand des aufrichtig
Bösen gegen die scheinheilige ­ aber auch gegen jede wahre Tugend [...]."
(Zeit 1981,
12.06.)
5
Dallas
wurde 1978 erstmals vom amerikanischen Fernsehsender CBS ausgestrahlt. Wobei für Mikos
die Fernsehserie
Dallas
keine Seifenoper im typischen Sinne darstellt. Sie ist thematisch vielfältiger an-
gelegt, wendet sich an die ganze Familie und bietet keine Patentlösung für Konflikte oder Probleme wie
die soap opera an (Mikos 1987, 4). Hickethier spricht auch von einer Mischform der soap opera mit Ele-
menten anderer Serienformen (Hickethier 1991, 26)

23
Die Serienprotagonisten zeichneten sich überwiegend durch negative Werte wie Hab- ,
Macht- , und Geldgier, Alkoholismus, Überheblichkeit sowie Falschheit aus. Gerade
diese Umgestaltung, von der eher harmonischen Familienkonstellation hin zur intrigan-
ten Ewing-Familie, brachte auch die gewünschte Zuschauerresonanz. Jetzt waren es
nicht nur Hausfrauen, sondern auch Jugendliche, Studenten und Berufstätige, die zum
regelmäßigen Rezipientenstamm von Dallas gehörten.
2.3 Die Etablierung der Seifenoper im deutschen Fernsehen
Knuth Hickethier
hat die Seriengeschichte des deutschen Fernsehens nach Dekaden perio-
disiert und an bedeutsamen Beispielen festgemacht. Er spricht so vom Jahrzehnt der
Schölermanns (50er Jahre), dem Bonanza- Jahrzehnt (60er Jahre), dem Jahrzehnt der
sozialkritischen Serien (70er Jahre) und letztendlich dem Dallas - Jahrzehnt (80er Jah-
re)
(vgl. Hickethier 1991, 20ff)
.
Jurga
erweitert diese Periodisierung und bezeichnet die
neunziger Jahre als Jahrzehnt der Daily Soaps
(vgl. Jurga 1999, 115).
In Deutschland fand das Genre der Soap Opera zunächst wenig Beachtung. Seit den
50er Jahren dominierten die sogenannten Kriminal- und Familienserien in den Vor-
abendprogrammen deutscher Fernsehsender. Erst mit dem weltweiten Dallas-Erfolg,
adaptierte auch das deutsche Fernsehen die TV-Soap und die ARD sendete die erste
Folge Dallas am 30. Juni 1981. Daraufhin folgten weitere US - amerikanische Seifen-
opern wie Guiding Light unter dem deutschen Titel Springfield Story, Schatten der Lei-
denschaft (The Young And The Restless) oder Reich und Schön (The Bold and the Beau-
tiful). Der Erfolg dieser Serien initiierte im deutschen Fernsehen eine neue Seriengene-
ration. So versuchte man vor dem Hintergrund amerikanischer Serien mit der Schwarz-
waldklinik oder Praxis Büllowbogen, neue Serienformen zu entwickeln und durch Ei-
genproduktionen die Gunst der Zuschauer zurück zu gewinnen, die bis dahin eine Vor-
liebe für US-amerikanische Serienimporte zeigten.
Am 8. Dezember 1985 startete die ARD mit der eigens produzierten TV-Serie Linden-
straße, die bis zum heutigen Zeitpunkt einmal wöchentlich (sonntags) gesendet wird
und die nach wie vor eine große Publikumsresonanz erreicht. Jedoch unterscheidet sich
die Serie Lindenstraße deutlich in Inhalt und Struktur von den Daily Soaps der 90er
Jahre. Nach
Sybille Simon-Zülch
steckt in dieser Serie nach wie vor ,,[...] der sozialpä-

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832486938
ISBN (Paperback)
9783838686936
DOI
10.3239/9783832486938
Dateigröße
693 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main – Neuere Philologien, Jugendbuchforschung
Erscheinungsdatum
2005 (April)
Note
1,3
Schlagworte
soap opera kult marketing lebensstil fernsehen textualität
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Titel: Jugendkonzepte und Jugendthemen in Vorabendserien
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