Lade Inhalt...

Die Entwicklung von Marketingkonzepten zur Optimierung von TV-Formaten im Privatfernsehen

Kommunikationspolitik als Sprachrohr des Marketings

©2004 Masterarbeit 120 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Der Hauptfilm- und Fernsehmarkt liegt seit vielen Jahren unbestritten in den USA. Die Universal Studios, Paramount und Twentieth Century Fox haben die Amerikanisierung weltweit durchgesetzt. Deutschland stieg nach der Wiedervereinigung zum zweitgrößten TV-Markt auf. Große Zukunftschancen liegen jedoch direkt vor unserer Tür, der europäische Wachstumsmarkt. Der deutsche Film muss nach einem nationalen Erfolg in der zweiten Stufe den europäischen Markt erreichen. Warum in die USA gehen, wenn ein viel größerer Markt doch so nah ist? Des Weiteren dürfen die Ostmärkte nicht vergessen werden. Wir können stolz sein auf unseren so reichhaltigen und qualitativen Fernsehmarkt. Damit das so bleibt, gilt es diesen ständig zu verbessern.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Marketing, also der Entwicklung und dem Absatz filmischer Software unter Wettbewerbsbedingungen und geht dabei besonders auf die Kommunikationspolitik als Teil des Marketingmixes ein. Dabei werden grundlegenden sach-inhaltliche Grundfragen besonders des konzeptionellen Grundsteines der Kommunikationspolitik geklärt. Diese Ausarbeitung unterstreicht, dass klassische Werbung und Kommunikation zu kostenaufwendig sind und dass die Massenkommunikation auf einem veralteten Denkmuster beruht. Die Fernsehbranche hat es bei ihrer werblichen Kommunikation nicht immer leicht, da die Sender es in Deutschland generell mit einem werbefeindlichen Umfeld zu tun haben. Dieses gesamtgesellschaftliche negative werbliche Denken wurde seit den fünfziger Jahren in unseren Köpfen herangezüchtet mit dem Ausgangspunkt, dass Werbung etwas Anstößiges sei. Und natürlich hat sich die Werbung auch verändert. Neue Werbeformen werden ausprobiert und die Konkurrenz im Werbemarkt steigt stetig an.
Es hat sich nicht nur der publizistischer Wettbewerb, welcher die Beschaffung, Verbreitung und Nutzung von Programmen betrifft, verstärkt, sondern auch der ökonomische Wettbewerb, der sich besonders im Kampf um die Werbeeinnahmen zeigt. Durch diese zwei Wettbewerbsformen sind die Medien gezwungen, sich neue Wege zu suchen, um auf ihr Programm aufmerksam zu machen. Außerdem stehen sie vor einem erhöhten Finanzierungsbedarf, weil die stetig steigende Nachfrage nach Programmangeboten nicht mehr aus Werbe- und Gebühreneinnahmen gedeckt werden kann. Durch die Zunahme des Medienangebots hat die Konsumgüterindustrie wiederum mit einer Informations- und Werbeüberlastung der Konsumenten zu kämpfen. Weiterhin […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


1. EINLEITUNG

1.1 Untersuchungsgegenstand und Marktsituation

Der Hauptfilm- und Fernsehmarkt liegt seit vielen Jahren unbestritten in den USA. Die Universal Studios, Paramount und Twentieth Century Fox haben die Amerikanisierung weltweit durchgesetzt. Deutschland stieg nach der Wiedervereinigung zum zweitgrößten TV-Markt auf. Große Zukunftschancen liegen jedoch direkt vor unserer Tür, der europäische Wachstumsmarkt. Der deutsche Film muss nach einem nationalen Erfolg in der zweiten Stufe den europäischen Markt erreichen. Warum in die USA gehen, wenn ein viel größerer Markt doch so nah ist? Des Weiteren dürfen die Ostmärkte nicht vergessen werden. Wir können stolz sein auf unseren so reichhaltigen und qualitativen Fernsehmarkt. Damit das so bleibt, gilt es diesen ständig zu verbessern.

Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Marketing, also der Entwicklung und dem Absatz filmischer Software unter Wettbewerbsbedingungen und geht dabei besonders auf die Kommunikationspolitik als Teil des Marketingmixes ein. Dabei werden grundlegenden sach-inhaltliche Grundfragen besonders des konzeptionellen Grundsteines der Kommunikationspolitik geklärt. Diese Ausarbeitung unterstreicht, dass klassische Werbung und Kommunikation zu kostenaufwendig sind und dass die Massenkommunikation auf einem veralteten Denkmuster beruht. Die Fernsehbranche hat es bei ihrer werblichen Kommunikation nicht immer leicht, da die Sender es in Deutschland generell mit einem werbefeindlichen Umfeld zu tun haben. Dieses gesamtgesellschaftliche negative werbliche Denken wurde seit den fünfziger Jahren in unseren Köpfen herangezüchtet mit dem Ausgangspunkt, dass Werbung etwas Anstößiges sei. Und natürlich hat sich die Werbung auch verändert. Neue Werbeformen werden ausprobiert und die Konkurrenz im Werbemarkt steigt stetig an.

Es hat sich nicht nur der publizistischer Wettbewerb, welcher die Beschaffung, Verbreitung und Nutzung von Programmen betrifft, verstärkt, sondern auch der ökonomische Wettbewerb, der sich besonders im Kampf um die Werbeeinnahmen zeigt. Durch diese zwei Wettbewerbsformen sind die Medien gezwungen, sich neue Wege zu suchen, um auf ihr Programm aufmerksam zu machen. Außerdem stehen sie vor einem erhöhten Finanzierungsbedarf, weil die stetig steigende Nachfrage nach Programmangeboten nicht mehr aus Werbe- und Gebühreneinnahmen gedeckt werden kann. Durch die Zunahme des Medienangebots hat die Konsumgüterindustrie wiederum mit einer Informations- und Werbeüberlastung der Konsumenten zu kämpfen. Weiterhin kommt für alle Branchen noch eine Marktsättigung in Verbindung mit einer wachsenden Uniformität der Produkte hinzu.

So stellt das zweite Kapitel die Basis dieser Arbeit dar, denn es gilt für die Sender in der Informationsflut zu überleben. Die aktuelle Situation auf dem Werbemarkt sowie die Veränderung der Werbelandschaft werden in Kapitel 3 beschrieben. Kapitel 4 symbolisiert den Übergang zur Praxis und beschäftigt sich ausführlich mit den einzelnen Komponenten des Marketingmix. Das Herz dieser Arbeit stellt das Kapitel 5 dar, welches alle für die Senderpolitik wichtigen Kommunikationsinstrumente beleuchtet. Wie die Sender es dann schaffen, ihre TV-Formate von der Konkurrenz abzuheben und wie die Umsetzung des Marketings im Privatfernsehen realisiert wird, erfährt der Leser im Kapitel 6. Die vorliegende Arbeit basiert auf einer ausführlichen und interdisziplinären Literaturrecherche akademischer sowie angewandter Forschung und versucht Ansatzpunkte für intelligente Strategien für eine erfolgreiche TV-Format Vermarktung aufzuzeigen. Dem Autor ist bewusst, dass dieses Thema in diesem Rahmen nur Ansatzweisen angeschnitten werden kann und ist daran interessiert einzelne Punkte in einer späteren Arbeit zu präzisieren.

2. INFORMATION OVERLOAD

2.1 Informationsüberlastung

Jedes Jahr müssen Firmen ihr Werbebudget erhöhen, um die gleiche Werbeerinnerung zu erzielen wie in dem vergangenen Jahr. Beispielsweise waren es 1998 schon 40 Prozent mehr Werbeausgaben als im Jahr 1995 (Denzel 4). Die Werbebranche kann sich wohl kaum noch mit ihrem Erfolg brüsten (vgl. Sjurts 145). Sicherlich geben Firmen immer noch jedes Jahr mehr Geld für Werbung aus, aber vor allem um das Niveau der Werbewirkung zu halten (vgl. A/Tab. 2).

Abb. 1: Verhältnis der Werbeausgaben zu der Werbeerinnerung in der Werbung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Klewes 28

Werbliche Kommunikation intendiert eine dezidierte Wirkung bei angesprochenen Zielpersonen. „Die möglichst direkte Beeinflussung des Wissens, der Meinungen, der Gefühle und/oder der Handlungen der Konsumenten, und zwar jeweils in eine bestimmte, von dem Kommunikator vorher definierte Richtung“ (Schierl 15). Werbung ist in ihrer Aussage bewusst parteiisch für das eigene Produkt und vermittelt keine ausgeglichene Darstellung. Werbliche Kommunikation will nicht allgemein informieren oder Markttransparenz erzeugen, sondern den Konsumenten immer zu Gunsten des Kommunikators informieren. Markttransparenz ist letztendlich ein positiver externer Effekt, der lediglich seitens der Werbetreibenden unintendiert durch die konkurrierende Darstellung der jeweiligen Produkte entsteht (Schierl 15). Ein Hauptgrund der gestiegenen Werbeausgaben lieg in der Informationsüberlastung. „Unter Informationsüberlastung oder Informationsüberschuss versteht man den Anteil der nicht beachteten Informationen an den insgesamt angebotenen Informationen“ (Kroeber-Riel und Esch 9). Fachleute sprechen von einem Zuviel an verfügbaren Informationen, das der Konsument nicht mehr verarbeiten kann. „Psychologisch betrachtet, besteht diese Informationsüberlastung in der Unfähigkeit, die Menge an Informationen über Marktprodukte aufnehmen und verarbeiten zu können“ (Müller 71).

Schon Mitte der 1980er Jahre stellte Brünne fest, dass die Informationsüberlasung 98 Prozent betrug. Die Informationsbelastung bezieht sich auf das mediale Informationsangebot, welches die Menge an Informationen aus dem Fernsehen, dem Hörfunk, den Zeitungen und Zeitschriften umfasst. Bei einer Betrachtung des Gesamtwerbeaufkommens in Deutschland erzielen die Tageszeitungen einen Anteil von 45 Prozent, die Publikumszeitschriften erreichen 9 Prozent, das Fernsehen 19 Prozent und der Hörfunk kann nur 3 Prozent am gesamten Werbeaufkommen einnehmen (Kruse 63). Nicht einmal 2 Prozent der angebotenen Informationen werden vom Rezipienten wahrgenommen (Schierl 14). Auch Kroeber-Riel und Esch bestätigen schon 1980 die 98 Prozent der Informationsüberlastung, mit einem Überschuss von 99 Prozent im Rundfunk, 97 Prozent im Fernsehen, 94 Prozent in Zeitschriften und 92 Prozent in Zeitungen (9). Bei der Interpretation dieser Zahlen ist zu beachten, dass die so berechnete Informationsüberlastung auch den Streuverlust enthält, also den Teil des Informationsangebotes, der an ein breites Publikum weitergegeben wird, aber von vornherein nur für eine ganz bestimmte Zielgruppe vorgesehen ist, beispielsweise Sportzuschauer. Die Streuverluste sind nicht zu überschätzen.

Abb. 2: Netto-Werbeumsätze der Fernsehwerbung (in Mio. DM)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: MEDIA PERSPEKTIVEN (1998), 84 zit. Schmidt und Spiess 116

An gleicher Stelle betont Schierl, dass durch die Informationsüberlastung „ … sich beim Rezipienten die empfundende Wertlosigkeit von Informationen in Form einer verschärften Selektion …“ äußert . Es hat sich ein inflationärer Prozess bis zur scheinbaren Wertlosigkeit bestimmter Angebote beim Rezipienten entwickelt. Kostenlose Anzeigenblätter sind aus dieser Entwicklung entstanden. Der Kampf um die Aufmerksamkeit der Rezipienten wird immer stärker. Das Angebot an Informationen hat schon lange die Nachfrage überstiegen. Die Werbung stellt ein unerwünschtes Kommunikationsangebot für die Rezipienten und ein intentionales Kommunikationsangebot für den Kommunikator dar (vgl. Schössler 135).

Vergegenwärtigt man sich die besondere Kommunikationssituation zwischen Werbetreibendem und Konsumenten - auf der Seite des Werbetreibenden ist sie gekennzeichnet durch eine außerordentliche Zielgerichtetheit der Kommunikation, beim Zielpublikum ist sie hingegen charakterisiert durch eine eher beiläufige bis abwehrende Haltung bei der … (Schorr 86).

Gerade „ … die erheblich gestiegene Leistungsfähigkeit des Mediensystems ist dafür verantwortlich, dass die Aufmerksamkeit des Rezipienten ein zunehmend knapper werdendes Gut zu werden droht“ (389). Der Rezipient selektiert heutzutage die Informationsangebote sehr stark und übergeht auch Medienangebote. In dieser Informationsflut muss die Werbung überleben und auch dann wirksam werden, wenn sie nur flüchtig und bruchstückhaft aufgenommen wird. Der größte Teil der Werbung ist allerdings den Bedingungen, die durch die Informationsüberlastung entstehen nicht angepasst: Entweder wird dann die Werbebotschaft gar nicht aufgenommen (Vermeideverhalten) oder die aufgenommenen Bruchstücke der Werbung reichen zum Verständnis und zur Wirkung der Werbebotschaft nicht aus. Prof. Klaus Mertens bestätigt die wachsende Informationsüberlastung innerhalb einer Generation sowie die sich verringernden Verarbeitungskapazitäten der Rezipienten:

Diese Evolution läßt sich auch für den Rezipienten nachweisen. So kann man zeigen, dass zwischen 1960 und 1990, also innerhalb einer Generation, das Medienangebot der vier „klassischen" Medien Tageszeitung, Zeitschrift, Radio und Fernsehen um den Faktor 40 (4000 %) zugenommen hat. … Gleichzeitig aber steigt die Verarbeitungskapazität (Intelligenz) des Menschen pro Generation nur um etwa 4%, so dass sich hier eine Schere mangelnder Informationsverarbeitung von riesigem Ausmaß öffnet.

Experten rechnen bis zum Jahre 2010 mit einer Vervielfachung der Fernsehwerbung und einer Verdopplung der Werbung in den Printmedien. Die Schere zwischen Informationsangebot und Informationsnachfrage wird sich auch in Zukunft weiter öffnen, da die Informationsverarbeitungskapazitäten der Konsumenten begrenzt sind, die Informationsüberlastung aber weiter zunimmt. Werbung ist so gesehen als intentionale Kommunikation ein Spezialfall innerhalb der Massenkommunikation. Auf Grund von information overload haben nicht speziell vom Rezipienten gesuchte Informationen wenig Chance, beachtet zu werden. Mit intelligenten Strategien sollte ein Unternehmen versuchen das wertvolle Gut Aufmerksamkeit der Rezipienten zu gewinnen sowie Optimierungspotenziale zu prüfen. Trotzdem ist Fernsehen die Freizeitaktivität schlechthin (vgl. Allbus 1998 43). Heutzutage gibt es in Europa mehr Fernsehgeräte als Telefone und Automobile (Kruse 49).

Tab. 1: Einschalt- und Sehdauer pro Tag 1986 – 2001 (Zuschauer insgesamt)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Darschin und Frank 1991; Media Perspektiven Basisdaten 2001

Langfristige Schätzungen bezüglich der Entwicklung des Fernsehkonsums verdeutlichen, dass auch in Zukunft nicht signifikant mehr ferngesehen wird.

Einer drastischen Ausweitung der Fernsehdauer steht schon allein die Tatsache entgegen, dass für die meisten Menschen trotz tendenziell verkürzter Arbeitszeit die frei verfügbare Zeit äußerst begrenzt ist. Notwendige Alltagsroutinen, wie die Rollenverpflichtungen, in die der einzelne durch Beruf, Familie und andere soziale Kontexte eingebunden ist, lassen allenfalls minimale Veränderungen des Tagesablaufs und damit der Fernsehgewohnheiten zu (Holtmann 4).

Holtmann schreibt an gleicher Stelle, dass das täglich in Deutschland gesendete Programm seit der Einführung des Privatfernsehens um über 500 Prozent gestiegen ist, dennoch die Zuschauer ihren Fernsehkonsum nicht erhöht haben. Auch die Glaubwürdigkeit der Werbung schneidet hinsichtlich der Ergebnisse des Kommunikationsbarometers der GfK Marktforschung und der Fachzeitschrift HORIZONT bei 60 Prozent der Bevölkerung nicht schlecht ab.

Abb. 3: Glaubwürdigkeit der Werbung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Horizont 15/97, 32 zit. in Klewes 43

Die Rezipienten haben keine Erwartungshaltung gegenüber der Werbung, dieser Fakt könnte durchaus positiv von der Werbeindustrie genutzt werden, um wirksam Werbung zu gestalten. Die informative Funktion wird durchaus vom Rezipienten geschätzt (vgl. A/Abb. 2-3 und A/Tab. 4). Selbst in Krisenzeiten kann die Werbung „ … auf ein weitgehend fest verankertes Wertegefühl in der deutschen Bevölkerung verweisen“ (ZAW).

Abb. 4: Gewünschte informative Funktion der Werbung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

53,3 Prozent der Bürger ab 14 Jahren bestätigen die Nützlichkeit der Werbung durch Hinweise auf neue Produkte. 44,2 Prozent stufen Werbung als hilfreich für den Verbraucher ein. 80,9 Prozent sagten im Mai des Jahres 2002: ‚Werbung gehört zu unserem modernen Leben dazu’. 61,2 Prozent vertraten die Meinung ‚Ohne Werbung wüsste ich nichts über neue Produkte’, und für 44,1 Prozent ist ‚Werbung eine wichtige Informationsquelle’ (ZAW).

Nach neuesten Erkenntnissen der ZAW sehen die Deutschen Werbung sogar nützlich zu Ankurbelung des Produktabsatzes, zur Produktverbesserung und damit als wichtigen Faktor zur Sicherung von Arbeitsplätzen.

Als Bestätigung für die Leistungen der Werbebranche wertet der ZAW auch das weiter ansteigende Klima für kommerzielle Kommunikation in der Bevölkerung. Laut Erhebung des Marktforschungsinstituts TNS Emnid (Bielefeld) halten 62,4 Prozent der Bürger ab 14 Jahre die Werbung für hilfreich für die Verbraucher, die auch nützliche Hinweise über neue Produkte gebe (76,9). Im Jahr 2000 lagen die Vergleichswerte noch bei 33,4 und 66,7 Prozent (ZAW, 20.10.2003).

2.2 Marktsättigung und Produktausreifung

Die Vertrauenskrise in den 90er Jahren lag nicht allein am Werbesystem. Die Märkte in den meisten Produktsegmenten wachsen kaum noch und werden enger. Unter Marktsättigung wird verstanden, „ … dass das Marktangebot in einem spezifischen Markt größer ist als die Marktnachfrage und die Umsatzkurve ihr Maximum erreicht hat; der Markt stagniert und droht zu degenerieren“ (Müller 65). Schon Anfang der 70er Jahre konnten erste Marktsättigungserscheinungen festgestellt werden. „Auf gesättigten Märkten sind die Produkte ausgereift und weisen kaum noch innovative Eigenschaften auf. Objektive und funktionale Qualität der von verschiedenen Anbietern auf den Markt gebrachten Produkte und Dienstleistungen gleichen sich mehr und mehr an“ (Sjurts 143). So kommt es zur Austauschbarkeit von Produkten. Das heißt, nicht nur der Markt ist „überreif“, sondern auch die Produkte. Die angebotenen spezifischen Produkte kann der Kunde kaum noch hinsichtlich der funktionalen Eigenschaften unterscheiden. Auch das Design ist oft schon uniform.

Parallel zur Ausreifung von Produkten ist eine quantitative Zunahme von Produkten (Produktenvielfalt) auf spezifischen Märkten festzustellen, d.h. die Mikro-Segmentierung von Märkten, als die Definition und Ansprache kleiner hochindividualisierter Zielgruppen, nimmt kontinuierlich zu (Müller 69-70).

Um in dieser Entwicklung eine „unique selling proposition“ zu erreichen, müssen Anbieter emotionale Erlebniswerte für die Komunikation ihrer angebotenen Produkte und Dienstleistungen in den Mittelpunkt stellen. Diese emotionale Produktpositionierung beruht auf der Grundlage, dass die Produkte neben ihrem Basisnutzen einen psychologischen Zusatznutzen vermitteln, der den Konsument emotional an den Anbieter bindet, Präferenzen aufbaut und die Kommunikation eines spezifischen Produktimages erleichtert (Sjurts 143). Markanteile maximieren bedeutet „ … eine steigende Zahl an Herstellern ist angetreten, jede noch so kleine Marktlücke mit ihren Produkten zu besetzen“ (Bongard 15). Die Diversifizierung des Marktes kann auch als Folge einer allgemeinen gesellschaftlichen Diversifizierung interpretiert werden. Immer mehr Werbung von Unternehmen kämpft um die Aufmerksamkeit des Kunden bzw. Rezipienten. Der Konsumgütermarkt und der Markt der Produktwerbung ist unübersichtlich. Auf diesen gesättigten Märkten herrscht ein starker Verdrängungswettbewerb, die Folgen sind Preisverfall und erhöhter Marketingaufwand. „Je gesättigter ein Markt ist, desto mehr ist der Anbieter genötigt, die verringerte Nachfrage zu beleben und auf sein spezifisches ‚überflüssiges’ Produkt zu lenken, sofern er nach wie vor an diesem gesättigten Markt als Anbieter teilnehmen will“ (Müller 66). Die privaten Sender konkurrieren als Anbieter von Werbung sowie um die Aufmerksamkeit der Rezipienten.

Diese umfassende Diversifizierung der Konsumgütermärkte und der Werbung auf der einen sowie des Mediensystems auf der anderen Seite führt zu einer Informationsüberlastung, die der Konsument kaum bewältigen kann und die infolgedessen zu einer verringerten Effektivität der einzelnen Werbemaßnahmen führen muss (Bongard 16).

Die generelle Knappheit an Aufmerksamkeit der Rezipienten auf Grund des Übermaßes an Gütern und Medienangeboten verstärkt sich noch durch die Steigerung der Leistungsfähigkeit des Werbesystems. Das heißt, „ … je leistungsfähiger das Werbesystem, desto mehr verringert es genau das, was es eigentliche produzieren soll: Aufmerksamkeit“ (Bongard 16). Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass Unternehmen kein blindes Vertrauen mehr in die Werbung haben und auch die finanzielle Seite mehr beleuchten. Werbung ist ein Kostenfaktor, der sich direkt bezahlt machen sollte. Die Werbung darf nicht mehr einfach auf dem veralteten Stimulus-Response-Modell entwickelt werden. Niemand kann genau sagen, ob Werbung wirkt, denn für einen Misserfolg kommen viele Gründe in Frage. „Die Heftigkeit der Diskussion erscheint vor dem Hintergrund der Vertrauenserosion in die Wirksamkeit klassischer Media-Werbung und der daraus resultierenden Umverteilung des Werbebudgets in Richtung der so genannten Sales-Promotion verständlich“ (Bongard 381). Ein weiteres Problem liegt in der Uniformität der Kommunikation. Durch die zahlreichen Kopierungen von Werbeinnovationen bekommt der Rezipient den Eindruck, dass er es nicht nur mit uniformen Produkten bei gleichzeitiger Markenhypertrophie hat, sondern auch mit austauschbarer Kommunikation belastet wird (Sjurts, 145). Die Thematisierung austauschbarer Produkte führt ebenso zu einer Gemeinschaftskommunikation der besonderen Art, die keine Erinnerung an die Angebote des Unternehmens schafft. Deshalb gilt es für Unternehmen unverwechselbare Kommunikationsinhalte zu finden. Im Allgemeinen macht ja Not erfinderisch. Da gibt es zum einen wirtschaftliche Gründe. Die Werbekrise hat die Markt- und Machtverhältnisse zu Gunsten der werbungstreibenden Wirtschaft verschoben. Das führt zu einem verstärkten Rabattierungsdruck und einer Gefährdung der Preislisten- und Tariftreue. Dadurch wird die Widerstandskraft der Medienvermarkter aller Gattungen gegen Angebote seitens der Industrie deutlich herabgemindert.

2.3 Involvementmodell der Werbewirkung

Neben der Informationsüberlastung und der Markt- sowie Produktsättigung gibt es noch ein anderes Problem bei der Informationswahrnehmung durch den Rezipienten. Spricht das Programm den Rezipienten überhaupt an oder ist dieser während der Sendung mit ganz anderen Dingen beschäftigt? Involment bezeichnet das Engagement, das jemand einer Sache entgegenbringt, übersetzt die „Ich-Beteiligung“. Das Involvement geht auf die subjektive Wahrnehmung zurück, dass eine Sache geeignet ist, persönliche Motive zu bestätigen. Hinter den Motiven verbergen sich Werte. Mit dem Wertewandel in unserer Gesellschaft ändern sich auch die Motive, wovon das Involvement abhängig ist.

Vor dem Hintergrund der gestiegenen Anzahl von Spots ist es unrealistisch zu denken, dass Rezipienten einer Werbebotschaft Aufmerksamkeit schenken, wie bei den hierarchischen Stufenmodellen angenommen wurde. Die auf dem AIDA-Modell basierenden Stufenmodelle legen ihren Fokus auf die Einstellungsmessung. Einstellungsänderungen lassen sich durch die Low-Involvement-Hierarchie erst nach dem Verhalten feststellen. Die meisten Rezipienten sind wenig involviert in ein Medienangebot. Das „Low-Involvement-Modell“ geht von einem umgekehrten Verlauf des Wirkungsprozesses aus. Die Werbebotschaft wird auch ohne besondere Beteiligung und kognitive Verarbeitung des Rezipienten aufgenommen („Low-Involvement“). Ein großer Teil des Informationsverarbeitungsprozesses läuft vielmehr automatisiert ab, wobei unbewusste Aktivierungen und Emotionen die Aufmerksamkeit und Informationsaufnahme steuern. Fernsehwerbung ist als Informationsverarbeitung via peripherer Route zu sehen, da der Rezipient wenig involviert ist. Es kommt zu keiner Einstellungsänderung von seitens des Rezipienten. Durch den gestalterischen Kontext und die vermittelten Effekte wird auf einen unbewussten Kauf abgezielt. Ohne das Involvement der Empfänger zu kennen, ist nicht vorherzusagen, ob und wie eine Werbetechnik wirkt. Fast die gesamte Werbung im Fernsehen ist Low-Involvement-Werbung. Im Allgemeinen wird das Involvement der Empfänger überschätzt. Die Beeinflussung von Empfängern mit geringem Involvement geschieht wie bereits erwähnt auf dem peripheren Weg, also mittels Gefühle. Die Beeinflussung von Interessierten erfolgt durch den Inhalt der Werbebotschaft. Hohes Involvement ist gleichzusetzen mit einer starker Emotion, das heißt, der Mensch ist bereit, sich kognitiv mit Entscheidung auseinander zu setzen. Bei geringem Involvement in kognitiver Sicht wird zwischen starker und schwacher Ich-Beteiligung differenziert. Bei schwachem emotionalem Involvement zeigt der Konsument ein reizgesteuertes, reaktives Entscheidungsverhalten. Ist das emotionale Involvement hoch, tritt ein Sonderfall ein. In diesem Fall korrespondieren geringe kognitive Aktivitäten mit starken emotionalen Aktivitäten und führen zu einer impulsiven Kaufentscheidung. „Das ‚Low-Involvement’ der Empfänger wird somit zum Engpassfaktor der Maktkommunikation“ (Müller 72).

Das Involvement hat für das Nutzungsverhalten der Zuschauer eine Schlüsselfunktion, da es die Aktivität und die Hinwendung einer Person zu den Inhalten des Mediums Fernsehen entscheidend beeinflusst. Die Aktivierung kann dabei sowohl durch kognitive als auch durch emotionale Faktoren determiniert werden, wobei zwischen der Stärke dieser Faktoren und der Intensität der Aktivierung … ein positiver Zusammenhang besteht (Schössler 96).

Der größte Teil der Rezipienten ist sehr wenig in das werbliche sowie auch das redaktionelle Programm involviert. Dies führt dazu, dass dieses nur peripher wahrgenommen und somit wenig kognitiv kontrolliert wird. Bei niedrig involvierten Zuschauern sind mehr Kontakte notwendig, um eine Werbewirkung zu erzielen, als bei Hochinvolvierten. Schon Anfang der 90er Jahre empfahl sich nach Unger bei niedrigem Involvement ein Minimum von ca. zehn bis zwölf Werbemittelkontakten. (Unger 309 zit. in Schierl 37). Schierl bezeichnet an gleicher Stelle den Kreislauf, in dem ein steigendes Werbevolumen zwingend ein weiter steigendes Werbevolumen erzeugt, als Circulus vitiosus. Das Involvement ist abhängig von personen-, situations- sowie stimulus-/ bzw. leistungsspezifischen Faktoren. Das größte Gewicht nehmen dabei die persönlichen Faktoren ein, „ … da die innerlichen Konstrukte, wie Motive, Emotionen oder Einstellungen (z.B. in Form von Programmpräferenzen) den prägnantesten Einfluss auf den ebenfalls intrinsischen Zustand des Involvement haben“ (Schössler 96). Die situativen Einflüsse wirken generell schwach, sie sind aber in der Lage, bei den Zuschauern mit Low-Involvement-Dispositiion über die Wirkung affektiver Reize ein ausschlaggebender Faktor für den Fernsehkonsum zu sein.

Stimulusspezifische Faktoren der angebotenen Leistungen haben insofern einen Einfluß auf das Involvement des Zuschauers, als dass die Programme entweder explizit mit den Vorstellungen des Rezipienten harmonieren oder zumindest eine ausreichend hohe Attraktivität besitzen, um die latent vorhandenen Präferenzen einer Person zu wecken. Auf Grund der Heterogenität der Zuschauerpräferenzen können diese Wirkungen von den Merkmalen der Medienumwelt im weitesten Sinne ausgehen, also Elementen der gesamten Angebotspalette digitaler Leistungen (Schössler 97).

Zuschauer mit einem hohen Involvement sind bereit, sich gedanklich mit den Programminhalten auseinander zu setzen. Dies ist eine notwendige Voraussetzung für extensive Entscheidungsprozesse. Bei niedrig involvierten Rezipienten muss der Anbieter auf kognitive Verarbeitungsprozesse seitens des Rezipienten verzichten. Bei kognitiven Ansprachen müssen die personenspezifischen Faktoren berücksichtigt werden. Bei affektiven Appellen empfiehlt sich die Konzentration auf periphere Merkmale, die der kommunizierten Botschaft beigefügt sind, „ … da in diesem Falle die situations- und leistungsspezifischen Merkmale gegenüber den personenspezifischen Faktoren an Bedeutung gewinnen“ (Schössler 97). Die folgende Abbildung gibt unter Berücksichtigung der Art der Zuschauerbedürfnisse einen Überblick zu den Implikationen des Involvements. Dabei werden überwiegend kognitiv und überwiegend emotional geprägte Bedürfnisse unterschieden.

Abb. 5: Implikation des Involvements

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Schmidt und Spiess 98

Die Informationskonkurrenz nimmt zu. „Durch das Massenangebot miteinander rivalisierender Botschaften in Verbindung mit einem zu geringen Werbedruck ist der Markt für die Konsumenten undurchsichtig geworden“ (Sjurts, 145). Selbst bei einem Zustandekommen eines Kontaktes der Information ist noch nicht gesichert, ob diese auch in das Bewusstsein des Konsumenten vordringt.

3. WERBEKRISE

3.1 Aktuelle Werbeentwicklung im Fernsehen

3.1.1 Sinkende Werbeinvestitionen

(Fernseh-)Werbung ist der absichtliche Versuch der Beeinflussung durch systematische und strategische Anwendung von Gestaltungstechniken (Brosius und Fahr 12). Werbung ist ein wichtiges Instrument zur Profilierung von Produkten und Leistungen, wegen des Aufbaus eines möglichst hohen Bekanntheitsgrades und eines möglichst unverwechselbaren Images. Die Ziele der Werbung können der Aufbau von Markenaktualität, die Kommunikation der eigenen Stärke, die Emotionalisierung einer Marke, die Entwicklung des Markenimages im Sinne der Positionierung, der Aufbau von Präferenzen oder auch die Erhöhung der Absatzmenge sein. Doch die Hauptfunktion haben Kroeber-Riel und Weinberg in ihrem Werk „Konsumentenverhalten“ auf den Punkt gebracht: „Werbung ist für die Unternehmen ein absatzpolitisches Instrument“ (611). Werbung ist primär ein Bestandteil wettbewerbsorientierter Marktwirtschaft.

Sie bestimmt, welche Zeitschrift stirbt und welcher Fernsehsender überlebt; sie macht Sportarten groß und kein; sie schafft Dinks, Woopies und Ultras; sie macht Politik; sie sagt, was Glück ist; sie erfindet Sprache; sie macht Junge alt und Alte jung; sie lässt 400 000 Deutsche für sich arbeiten; sie ist über 44 Milliarden Mark schwer; sie macht Idole zu Werbefiguren und Künstler zu Propagandisten; sie ist gefräßig, unersättlich, dreist; sie ist vom geheimen Verführer zur öffentlichen Gewalt geworden (C. Schnibben, 1992, 116 zit. in Schmidt und Spiess 9)

Seit Beginn der 90er Jahre hört man eine neue Stimmenqualität aus der Medien- und Werbebranche selbst. Als problematisch werden der drastische Anstieg der Werbung im Fernsehen sowie das Zapping angesehen. Weiterhin wird die Entwicklung eines neuen Konsumenten geschildert. Es findet ebenfalls eine Umstellung vom Produkt- auf einen Kommunikationswettberb statt. Das Verhältnis von Werbung und interaktiven Medien hat sich grundlegend geändert und es wird von Entdifferenzierungstendenzen des Werbesystems gesprochen (Tropp, 1995, 2 zit. in Schmidt und Spiess 11).

Untersuchungen von H.W.Opaschowski aus dem Jahre 1994 haben ergeben, dass sich schon 1991 ca. 80 Prozent der Fernsehzuschauer über die Werbeüberflutung im Fernsehen ärgerte und sie wegzappten (Schmidt und Spiess 11). Im Allgemeinen ist die Einschätzung der Werbewirksamkeit und der Markenerinnerung im TV sehr kontrovers. Die Werbemaßnahmen werden immer differenziertet. Außerdem vermischen sich die Grenzen zwischen Werbung, Programm und PR-Maßnahmen. Die Zukunft der Werbung ist eng verknüpft mit der Zukunft der Medien.

Tab. 2: Werbeinvestitionen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Schmidt und Spiess 15

Der Marketingprofessor H.-P. Liebmann aus Graz stellte die Werbepolitik der jüngsten Vergangenheit wie folgt dar:

Marken, Kommunikation und Handel integrieren den Konsumenten gleichberechtigt in ihrem Kreislauf. Der Kunde findet seine Wünsche berücksichtigt. Die Kooperation beinhaltet auch eine neue Wertorientierung. Beispielsweise werden ökologische und soziale Nutzen gemeinsam entwickelt. […] Der Schlüsseltrend liegt darin, dass der Konsument wieder ein Stück seiner Souveränität zurückbekommen will. Das ist eine ganz natürliche Reaktion auf ein dramatisches Überangebot an Waren und Kommunikation (1995 zit. in Schmidt und Spiess 28)

Dieser Trend hat die heutige Ausdifferenzierung der Werbung hervorgesehen. Durch die erfolgte Ausbreitung der Werbung auf die interaktiven Medien versteht sich Werbung auf der Freiwilligkeitsbasis. Werbung als Infotainment, das – ausgerichtet auf die persönlichen Interessen der Nutzer – komplexe Inhalte auf unterhaltsame Art vermittelt. Gesichtpunkte wie Glaubwürdigkeit, verlässliche Produktinformationen und soziale Verantwortung haben zunehmend an Bedeutung gewonnen. Nach einer Periode der Äußerlichkeiten, des Überflusses und der Verschwendung konzentriert sich die Werbung wieder auf Vernunft und Sinn.

Die Entwicklung der Medien und der Kommunikation seit dem Zweiten Weltkrieg hat im Rahmen der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland zu einer Kommerzialisierung der medienvermitelten Kommunikation geführt, an der Werbung in erheblichen Maße beteiligt gewesen ist. Kommunikationsinhalte und –stile werden in den verschiedenen Medien, die via Werbung längst von der Wirtschaft abhängig geworden sind, primär ökonomisch evaluiert und erst dann sozial, kulturell oder politisch (Schmied und Spiess 32).

Werbung ist eng verbunden mit dem gesellschaftlichen Wandel. Sie ist ein deutlicher Indikator der gesellschaftlichen Entwicklungen in der BRD. Werbung kann aber auch leicht vom Rezipienten falsch verstanden werden. „Da die Kommunikation über Werbung indirekt stattfindet, erhält der Werbetreibende, anders als etwa bei einem persönlichen Gespräch, keine Rückkopplung von dem Empfänger“ (Rosenstiel und Kirsch 14).

Seit der Einführung des dualen Rundfunksystems in Deutschland hat sich das Erscheinungsbild der Fernsehwerbung fundamental geändert. Das Werbevolumen der verfügbaren Kanäle und die Ausdehnung der Werbezeiten der privaten Anbieter hat sich vervielfacht. Der TV-Werbemarkt hat nach der Anfangseuphorie in den 80er und nach den sinkenden Wachstumskurven in den 90er Jahren zur Jahrtausendwende auf Grund der Deregulierung im Bereich der Telekommunikation und dem schnellen Wachstum von Unternehmen der New Economy einen neuen Wachstumsboom erlebt. Mit der allgemeinen konjunkturellen Abschwächung ist auch die Nachfrage am Werbemarkt deutlich gesunken. Im Jahr 2000 konnten die Sender noch ein Umsatzwachstum von 9,1 % verbuchen, wogegen im Jahr 2001 ein Rückgang bei den Nettowerbeerlösen von 5,1 % zu verzeichnen war. 2002 musste die TV-Branche schon ein Umsatzminus von 7,4 % verzeichnen, obwohl die Werbeausgaben der Industrie stabil geblieben sind.

Vor allem im Bereich der Fernsehwerbung sieht es für die Werbung nicht rosig aus.

Zwischen 1989 und 1998 stiegen die Aufwendungen für Fernsehwerbung in Deutschland um 250 %. Angesichts der Tatsache, dass schon 1998 im Durchschnitt fast 5 000 Werbe-Spots pro Tag gesendet wurden, ist es unrealistisch zu denken, dass der einzelne Werbespot in der Menge noch von den Rezipienten wahrgenommen wird. Diese sinkende Werbewirkung versuchen die Unternehmen durch steigende Werbeausgaben zu kompressieren, was wiederum zu einem weiteren Effizienzverlust führt. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, wenn der Werbetreibende nicht ständig seine Ausgaben steigern möchte. Es besteht die Möglichkeit von klassischer Werbung zu anderen Werbeformen (sog. „Below-the-line-Werbung“), wie Consumer Promotions, Sponsoring, Product Placement, Event-Markting etc. zu wechseln. In den USA kommen bereits 65 % der Werbeausgaben aus diesem Bereich. Jedoch bergen diese Werbeformen auch Gefahren, denn die Kraft der Marken wird geschwächt, der Preiswettbewerb nimmt zu und die Gewinne sinken. Klassische Werbung ist somit ein unverzichtbarer Bestandteil einer erfolgreichen Kommunikation. Zweitens besteht die Möglichkeit, die Werbequalität zu verbessern. Dazu bedarf es jedoch Kreativität.

Laut Einschätzungen der Werbetreibenden und Agenturen hat das Fernsehen als Werbeträger deutlich an Bedeutung verloren und ein Rückgang der Werbeinvestitionen sei vorhersehbar. Die Fachleute gehen von einer Intensivierung des Wettbewerbes im Fernsehmarkt auf Grund der klaren Sättigungstendenzen im Rezipientenmarkt und des Ende des Booms am Werbemarkt aus. In den vergangenen zwei Jahren sind die Werbeausgaben in Deutschland schneller gesunken als je zuvor. Der Januar 2003 sei für die Fernsehsender und Verlage der schlechteste Jahresbeginn seit Jahren gewesen. Dort hat die Werbekrise schon lange eine Medienkrise ausgelöst.

Nach Jahrzehnten des Wachstums litt die Branche im Jahre 2001 an der Stagnation und dann im folgenden Jahr an Rezession. Es ist noch nicht klar, ob die Abschwungphase anhält oder das Tal ungewöhnlicher Rückgänge von Werbeinvestitionen durchschritten ist.

Tab. 3: Werbeinvestitionen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW), ZAW-Jahrbuch „Werbung in Deutschland 2003“

Nach einer langen Zeit des Wachstums musste die Branche im Jahre 2001 die Stagnation im folgenden Jahr die Rezession zu spüren bekommen. Es ist noch nicht vorherzusagen, ob die Rückgänge von Werbeinvestitionen weiter anhalten oder ob diese Krise überwunden ist. Das Jahr 2002 war eine Phase signifikanten Schwunds werblicher Impulse. Insgesamt verminderten sich die Investitionen in Werbung um 1,84 Mrd € auf 29,62 Mrd € (-5,9 Prozent), laut Angaben der ZAW.

Tab. 4: Netto-Werbeeinnahmen des Fernsehens 1986 – 2001 (ohne Produktionskosten in Mio Euro, Veränderungen in %)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: ZAW; ALM, MMM/Hamburg

Der größte Rückgang mit einem Minus von 10,7 Prozent trifft in 2002 die Tageszeitungen. Ihre Werbeeinnahmen sanken auf fünf Milliarden Euro. Die Publikumszeitschriften folgten mit Verlusten von 9,5 Prozent bei Werbeeinnahmen von 1,9 Milliarden Euro. Das Fernsehen, zweitgrößter Werbeträger hinter den Tageszeitungen, verzeichnete Umsatzverluste von 8,2 Prozent auf 4,1 Milliarden EUR (Int. 3).

Nach einer Untersuchung der ZAW war das Jahr 2002 ein sehr schlechtes Werbejahr. Wie die ZAW berichtete, „ … schrumpften die Investitionen in Werbung 2002 um 1,8 Mrd € auf 29,6 Mrd € (-5,9 Prozent). Damit sackten die Werbeausgaben leicht unter das monetäre Niveau von 1998, bleiben aber mit diesem Ergebnis in der Spitzengruppe unter den werbestärksten Nationen an vierter Position (US, J, GB, D)“ (ZAW, 27.05.203). Die Sensibilität der Werbeinvestitionen steigt und damit wird der Werbemarkt anfälliger, als in der Vergangenheit. Es gibt einen neuen Trend zur Unübersichtlichkeit. „Auch der monetär zweitstärkste Werbeträger, das Fernsehen, konnte sich dem Minussog nicht entziehen. Die Sender verloren 513 Mio € (-11,5 Prozent) und damit mehr als das Zweifache dessen, was sie an roten Zahlen bereits im Jahr 2001 abzuschreiben hatten“ (ZAW, 27.05.2003). Auch die Mehrheit der Bevölkerung schätzt die aktuelle Situation des Werbemarktes negativ ein. Die Frühjahrsumfrage ergab folgende Gesamteinschätzung des Werbemarktes:

Im Gesamturteil der Lage der Werbewirtschaft in Deutschland im Zusammenhang mit Wirtschaft, Politik und Gesellschaft überwiegen die negativen Einschätzungen. 38 Prozent stufen die Situation der Branche als „weniger gut" ein, 53 Prozent als „schlecht" und 6 Prozent sogar als „sehr schlecht" (Rest Enthaltung) (ZAW-Jahrbuch „Werbung in Deutschland 2003).

Mindshare-Geschäfts-Führer Christof Baron gab zu der Lage in der Fachzeitschrift „Werben & Verkaufen“ folgenden Kommentar:

Der Dämpfer war nötig, nachdem sich der Markt bis zum Jahr 2000 mit zweistelligen Preissteigerungsraten hochinflationär entwickelt hatte. Das Pendel schlägt zurück: Jetzt haben wir es mit einer Deflation und fallenden TKPs zu tun. Allerdings ist der Konditionen-Poker, den wir im vergangenen Jahr erlebt haben und der sich in diesem Jahr aller Voraussicht nach nochmals verschärfen wird, sicherlich nicht hilfreich, den Stellenwert von Media entsprechend seiner immensen Bedeutung zu steigern. Vielmehr verliert das Thema in der Marketing-Hierarchie zunehmend an Relevanz. Grundsätzlich ist die kurzfristige Konditionenpolitik der Anbieter unberechenbar, und es fällt zunehmend schwerer, langfristig zu planen und die Sicherheit zu haben, ein kompletives Ergebnis zu erzielen. Die Verlässlichkeit in der Preisbindung ist verloren gegangen. Werbungstreibende, die mit kleinen Summen kurzfristig taktieren, können im Vergleich zu Big Spendern, die langfristig und verlässlich hoch investieren, überproportional hohe Konditionen realisieren (14.02.2003, 28).

Das Jahr 2004 ist wieder ein Jahr der Hoffnung für die Medienbranche. Die Medienmacher haben sich darauf eingestellt, dass die Werbeausgaben gesunken sind, und haben sich an die neuen Rahmenbedingungen angepasst. Nach Angaben der ZAW hätten die Werbeausgaben der Wirtschaft mit der Bilanz 2003 das dritte Jahr in Folge in den roten Zahlen verharrt. Dies ist die längste Rezessionsphase in der deutschen Werbegeschichte. Die ZAW rechnet für das Jahr 2004 mit leichten Impulsen, die die Stagnation des Werbemarktes beenden, sind aber noch sehr vorsichtig mit ihren Prognosen. Schließlich gehen doch mehrheitlich 68 Prozent der Mitgliedsverbände der Dachorganisation noch von einer bleibenden Stagnation auch im Jahr 2004 aus (21.10.2003). Aufgrund des zurückhaltenden Werbeverhaltens der Firmen kalkuliert der ZAW für die Medien für das Jahr 2004 Netto-Werbeeinnahmen mit einem Minus von 2 Prozent auf rund 19,7 Mrd €. Einen leichten Aufschwung im gesamten Werbemarkt wird für das Frühjahr des kommenden Jahres prognostiziert. Starke Investitionen der Medien dienen der Eigenwerbung. „Laut Nielsen stehen sie wieder an der Spitze der Werbeinvestoren mit einem Plus von 16 Prozent allein im September. Der Wettbewerb um Marktanteile bei Zuschauern, Lesern und Werbeinvestoren reflektiere sich in der Werbeoffensive“ (ZAW). Für 2006 wird ein enormer Anstieg des Werbemarktes vorausgesagt.

2006 überschreitet das Gesamtvolumen des Werbemarktes mit 24,2 Milliarden EUR erstmals wieder das Volumen des Rekordjahres 2000. Die Fragmentierung des Werbemarktes wird auch die TV-Sender zu neuen Angebotsformen zwingen (Int. 3)Jahr

Sir Martin Sorrell, der Leiter der weltgrößten Werbeholding WPP schätzte die Entwicklung des globalen Werbemarktes so ein, dass der zarte Anstieg der Werbeausgaben nicht auf eine Erholung der Wirtschaft zurückzuführen ist, sondern auf drei impulsgebende Großereignisse, die US-Präsidentschaftswahlen, die Olympischen Sommerspiele in Athen und die Fußball-Europameisterschaft in Portugal. Der Chairman der WPP-Holding, unter deren Flagge die weltumspannenden Werbeagenturnetworks Ogilvy & Mather, Young & Rubicam und J. Walter Thompson segeln, prognostiziert ebenfalls einen leichten Anstieg in der Werbebranche. Einen neuen Werbeboom sieht Sorell erst 2008 auf die Werbebranche zukommen, wenn die Olympischen Spiele in China stattfinden.

Eine neue Generation an Endgeräten verschafft mehr Kontrolle über den TV-Konsum und führt in erster Linie zum Überspringen der Werbepausen. Somit sinkt die Werbeeffektivität und die Werbetreibenden werden sich neu orientieren, weg von der heutigen passiven, breitenorientierten Werbung. Dieser Effekt könnte sich in der Zukunft zum Massenphänomen entwickeln und wird die aktuelle Werbekrise weiter verschärfen. Die zunehmende Digitalisierung des Fernsehens verstärkt die weitere Vielfalt in den Konkurrenzkampf. Sie gibt den Sendern aber auch die Möglichkeit, neue Einnahmen durch interaktive Dienste, neue Formate und Geschäftsmodelle zu erzielen.

3.1.2 Werbung als soziales System

Durch die Verbreitung von Medienangeboten produziert Werbung ein von vielen Konsumenten umworbenes und daher knappes Gut, Aufmerksamkeit. Die folgende Abbildung verdeutlicht den psychologischen Bezugsrahmen der Werbewirkung.

Abb. 6: Psychologischer Bezugsrahmen der Werbewirkung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Meffert 455 zit. in Becker 573

„Das Werbesystem produziert durch die Produktion und Distribution von Medienangeboten bei intendierten Zielgruppen folgenreiche Aufmerksamkeit für Produkte, Leistungen, Personen und Botschaften. Danach werden die Medienangebote ausgesucht, „ … um über Aufmerksamkeitsweckung intendierte Folgen zu bewirken …“ (Schmidt und Spiess 38). Die heutige Informationsüberlastung, also der „ … Anteil nicht beachteter Botschaften bzw. Informationen an den insgesamt ausgesendeten Botschaften … “ verhindert oft eine positive Werbewirkung (Becker, 567). Die Reizschwellen für wirksame Werbung sind also deutlich höher geworden, nicht zu vergessen die kritische Entstellung der Rezipienten. Dass aber die Rezipienten, wie im vorigen Kapitel dargestellt des informativen Teils sowohl auch den Unterhaltungswert der Werbung positiv zu schätzen wissen, stellt Klewes heraus (vgl. A/Tab. 4). Werbebotschaften müssen entweder gesamtgesellschaftlich weitverbreitet oder zielgruppentypisch sein. Der Werbeexperte J. Scholz fasste diese Überlegung wie folgt in einem Interview zusammen:

Jeder Mensch ist nur an Dingen interessiert, die für ihn persönlich von Nutzen sind. Wenn ich ein Produkt habe, muss ich – nach wie vor – irgendeine Ecke des Produktes finden, die für die Leute relevant ist. Das kann ein weiteres Spektrum sein: Prestige, Wertegefühl, Überlegenheit oder praktischer Nutzen. Wenn ich es nicht schaffe, den Leuten klar zu machen, dass mein Produkt für sie in irgendeinem Bereich von Nutzen ist, habe ich keine Chance (Schmidt und Spiess 38).

Rosenstiel und Kirsch bestimmen drei grundlegende Veränderungen in Bezug auf die Marktentwicklungen:

1. Geringeres Marktwachstum führt zu Verdrängungswettbewerb
2. Hohe technische Reife der Produkte erschwert die Differenzierung von Produkten (Produkte werden austauschbar) (vgl. Denzel 9)
3. Geringes Kaufrisiko vermindert das Interesse der Konsumenten. (16-17)

Demnach gilt es also den eigenen Marktanteil auszubauen, das eigene Produkt stärker von der Konkurrenz zu differenzieren und das Interesse/Aufmerksamkeit der Konsumenten aufrechtzuerhalten. Wie herausgestellt wurde, weisen Produkte auf gesättigten Märkten kaum noch innovative Eigenschaften auf. Außerdem wird die objektive und funktionale Qualität von den Konsumenten als selbstverständlich vorausgesetzt. Es ist höchst schwierig vorauszusagen, welche Werbestrategie im TV Erfolg haben wird. Zwar gibt es Untersuchungen, Statistiken und auch die goldenen Regeln sowie Techniken beispielsweise aus dem Jahr 1993 von W. Kroeber-Riel, „ .. aber das Werbesystem lebt mit hohem Risiko und der paradoxen Anforderung, für Geld spontan und zielorientiert kreativ zu sein“ (Schmidt und Spiess 42).

Die heutige Generation:

Sei der Alptraum eines postindustriellen und postmodernen Zeitalters ein an der Kontrolle geratenes Marketingexperiment. Diese Generation, mit der Sprache der Werbung aufgewachsen, dem Konsum und den PR-Strategien seit Kindheit ausgesetzt, ignorieren beim Anschauen der Werbespots längst die Produkte und dekonstruiere die dahinterliegenden Marketingstrategien. Das liebe sie am Fernsehen; sie habe gelernt, dass der Inhalt lügt und die Brillianz im Zusammenhang liegt (Int. 1).

Der Zwang zur Innovation wird auf der einen Seite durch den Konkurrenzkampf der Werbeagenturen selbst und auf der anderen Seite durch die Produktmenge sowie Produktparität verstärkt. Dadurch wird das Werbesystem notwendig parasitär. Schmidt und Spiess gehen in ihrem Werk in Anlehnung an N. Luhmanns Begriff der Resonanz sogar soweit zu behaupten, dass moderne Werbesysteme so etwas sein „ … wie voluminöse Resonanzkörper, die bestimmte Anstöße aus der Gesellschaft auf ihre jeweils ganz spezifische Art und Weise merklich hörbar und sichtbar machen“ (42). Schon lange ist Werbung ein integraler Bestandteil der Informations-, Freizeit- und Unterhaltungssphären geworden.

Das immer schwerer zu erreichende Gut Aufmerksamkeit kann von der Werbung aber nur angetastet werden, wenn sie die Wünsche, Sehnsüchte, Gefühle, Erwartungen und Befürchtungen der Zeitgenossen möglichst genau getroffen und sich auf die gesellschaftlichen Zustände, die jeweiligen Bedingungen des Marktes und das Kommunikationsverhalten der Zielgruppe bezogen wird. Oft wird Werbung als Spiegel der Gesellschaft postoliert. Somit sei Werbung auch ein kultureller Faktor. Dabei schöpft die Werbung aus einem ‚ … Fundus kultureller Tradition und lebensweltlicher Selbstverständlichkeiten, aus einer kulturellen Semantik als, die durch die Werbung permanent aktualisiert und modernisiert wird, freilich als eine Wiederholung des Immergleichen’ (Th. W. Adorno zit. in Schmidt und Spiess 45). Die Methaphern Spiegelbild, Symptom oder Resonanzkörper deuten darauf hin, dass Werbung etwas Wichtiges über die jeweilige Gesellschaft mitteilen kann. „ Indem Werbung, stets bezogen auf Ökonomie wie auf Kognition und Kommunikation, gesellschaftliche Zustände und Entwicklungen in Kommunikationsangebote … übersetzt, greift sie potenziell in alle Kommunikationsbereiche der Gesellschaft ein“ (Schmidt und Spiess 358).

An anderer Stelle im gleichen Werk stellen Schmidt und Spiess heraus: „Werbung beobachtet die gesellschaftliche Umwelt unter einer werbesystemspezifischen Selektionsperspektive, die dann in Medienangeboten nach den Zielsetzungen und Wertvorstellungen der Aktanten im Werbesystem verkörpert wird“ (Schmidt und Spiess, 47). Kommerzielle Fernsehwerbung muss sich wandelnde gesellschaftliche Zustände in Kommunikationsinhalte- und formen, in Bilderwelten und Semantiken übersetzen, um schwarze Zahlen schreiben zu können. Die Widerwilligkeit und Aversion der Rezipienten gegenüber der Werbung äußert sich „ … in einer Ghettoisierung, also einer sehr starken und bewussten Loslösung der Werbung aus dem Programmkontext“ (Schierl 65).

Vor allem Fernsehwerbung lenkt im Zuge der Ausdifferenzierung des Kommunikationswettbewerbs die Aufmerksamkeit des Rezipienten immer stärker auf die Medienangebote und ihre Kommunikationsqualitäten, statt auf die beworbenen Produkte; Werbung wird zu einer ganz unterschiedlich rezipierbaren Kommunikationsform, Werbewirtschaft entwickelt sich zur Kommunikationsindustrie, bei der sich noch stärker als bei der traditionellen Produktwebung die Frage nach Erfolgskontrollen stellt (Schmidt und Spiess 358).

Werbung ist demzufolge auf drei Dimensionen bezogen, auf die Ökonomie, auf die Kognition von Rezipienten und nicht zuvergessen auf die gesellschaftliche Kommunikation (vgl. Beck 331). Der Werbewettbewerb in der TV-Branche hat sich zu einem Kommunikationswettbewerb entwickelt. Durch Werbung wird wie es Eberhard Denzel in seinem Werk „Abschied von der Massenkommunikation“ schildert, eine Just-in-time-Kommunikation zum Erfolgsfaktor. Dies bedeutet, dass ein Unternehmen die richtige Information zum richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Kommunikationsinstrumenten an die richtige Zielgruppe übermitteln sollte (10).

3.2 Veränderung der Werbelandschaft

3.2.1 Qualitative Zunahme

Eine grundlegende Veränderung der Werbelandschaft im deutschen Fernsehen ist durch die Erhöhung der ausgestrahlten Werbeblöcke entstanden. Neben der steigenden Anzahl von Sendern ist auch ein deutlich gewachsener Werberaum zu beobachten. Dabei wird von einer vertikalen, bezogen auf die Dimension der Tageslänge, Veränderung gesprochen. Bei den privaten Anbieter darf sich Werbung laut Rundfunkstaatsvertrag täglich über 24 Stunden verteilen und insgesamt bis zu 20 Prozent des Programmangebotes ausmachen. Auf der anderen Seite ist eine horizontale Veränderung zu verzeichnen, das heißt eine auf die Breite des gesamten Senderangebotes bezogene Veränderung in dem Sinne, dass das derzeit größere Werbevolumen auf immer mehr Sender parallel oder zeitlich versetzt gesendet werden.

Abb. 7: Geschaltete Werbespots und Werbeminuten im Zeitraum von 1992 – 2000

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: AC Nielsen Werbeforschung zit. in Schierl 33

Durch die Beschränkungen der Anzahl von Werbeunterbrechungen durch den Gesetzgeber sind die Werbeblöcke länger geworden. Mit anderen Worten hat sich eine Massierung von Spots in wenigen Blöcken herausgebildet. „Ab einer bestimmten Werbeblocklänge ist also auch an einem begehrten Programmplatz mit dem Risiko einer „Saturierung“ zu rechnen, sprich einer Grenze der Aufnahmekapazität von Informationen durch den Rezipienten (15). Negativ ist, dass sich die Masse der in Blockform ausgestrahlten Werbespots, „ … auf die Werbewirkung der einzelnen Spots auswirkt und zum anderen dazu führt, dass sich die Rezipienten zunehmend durch die Werbung gestört fühlen, was teilweise in einer gänzlichen Ablehnung der Spotwerbung mündet“ (Schössler 120). Diese Werbung wird dennoch favorisiert, da sie breite Zielgruppen anspricht. Da die Werbung auch in Zukunft den spezifischen Kommunikationsbedürfnissen der Werbungstreibenden gerecht werden will, haben sich Sonderwerbeformen, wie das Programm-Sponsoring, Dauerwerbesendungen, das Bartering, das Productplacement sowie das Teleschopping, herausgebildet.

Auf dem heutigen Fernsehmarkt ist es immer wichtiger für die etablierten Sender ihre Marktposition zu behaupten. Die Branchenstruktur der werbetreibenden Unternehmen ist konstant geblieben, die fünf Geschäftszweige Handel, Medien, Freizeit, Körperpflege & Kosmetik, Süßwaren sorgen für 50 % des Werbevolumens. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten Spot im täglichen Programm zu platzieren. Planer versuchen der Aufgabe gerecht zu werden, die optimale Platzierung eines Spots zu finden. Sie strengen sich an, ihren Kunden rasch, kostengünstig und effektiv Zuschauerschaften in beliebiger Größe und soziodemografischer Zusammensetzung zu liefern oder anders ausgedrückt eine Optimierung der Quantität und Qualität von Kontakten anzustreben. Die Anzahl der notwendigen Kontakte hängt von Kampagnenziel, dem Konkurrenzdruck, der Stellung des Produktes am Markt sowie den anderen Faktoren des Marketing-Mix ab (Vertrieb, Promotion am Point of Sale, andere Werbeträger und /- mittel u.s.w.).

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832482732
ISBN (Paperback)
9783838682730
DOI
10.3239/9783832482732
Dateigröße
9.9 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Kassel – Erziehungs- und Gesellschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2004 (September)
Note
2
Schlagworte
kommunikation werbung merchandising licensing productplacement
Zurück

Titel: Die Entwicklung von Marketingkonzepten zur Optimierung von TV-Formaten im Privatfernsehen
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
book preview page numper 14
book preview page numper 15
book preview page numper 16
book preview page numper 17
book preview page numper 18
book preview page numper 19
book preview page numper 20
book preview page numper 21
book preview page numper 22
book preview page numper 23
book preview page numper 24
book preview page numper 25
120 Seiten
Cookie-Einstellungen