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Organisationsmodelle für den Hyperwettbewerb

Eine kritische Analyse

©2004 Diplomarbeit 70 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
In den letzten Jahren lassen sich gravierende wirtschaftliche und technische sowie politische und soziale Transformationen feststellen, die zu einer neuen Geschäftswelt mit hoher Dynamik und Komplexität geführt haben. Dies lässt sich unter anderem an technologischen Neuerungen, kürzeren Produktlebenszyklen und einer Intensivierung des Wettbewerbs festmachen (vgl. Zahn 2003). Die Evolution der Wirtschaft erreicht eine neue Phase, in der Neuerungen zur Regel werden und dem Faktor Wissen eine immer größere Bedeutung beigemessen wird. In diesem dynamischen Umfeld werden an die Innovationskraft der Unternehmen hohe Anforderungen gestellt. Somit sind nicht nur Innovationen in den Bereichen der Produkte, Prozesse und Dienstleistungen gefragt, sondern vor allem auch bei Strategien, Systemen und nicht zuletzt bei den Organisationsstrukturen in einem Unternehmen (vgl. Zahn 2000).
Heutzutage kommen nur wenige wissenschaftliche Arbeiten, die strategische Fragestellungen zum Thema haben, ohne einen Hinweis auf diese Entwicklungen aus. In erster Linie handelt es sich dabei um praxisrelevante und nicht so sehr um wissenschaftlich-theoretische Problemstellungen. So sind viele Unternehmen in der Praxis bestrebt, ihre Wettbewerbsposition durch diverse populäre Konzepte zu stärken, wie z.B. Business Reengineering, Lean-Management und Total Quality Management (vgl. Jenner 2000).
In jüngster Zeit findet neben Termini wie „high velocity“ (vgl. Meffert/Burmann 2000) und „rugged fitness landscapes“ (vgl. Beinhocker 1999) zur Kennzeichnung von durch Dynamik und Komplexität gekennzeichneten turbulenten Märkten der Begriff des „Hyperwettbewerbes“ (vgl. z.B. D´Aveni 1994; Gimeno/Woo 1996; Stacey 1996) zunehmende Beachtung. Der „Hyperwettbewerb wird als neue Stufe in der Dynamisierung von Märkten begriffen, die einen qualitativen Sprung und nicht lediglich ein bisschen mehr von dem alten bedeutet“ (vgl. Schreyögg 1999). So schreibt D´Aveni (1995): „Ein Hurrikan ist nicht bloß ein besonders starker Wind; genauso wenig ist Hyperwettbewerb bloß eine schnellere Variante des herkömmlichen Wettbewerbs.“ Im Rahmen des allgegenwärtigen Wandels in der heutigen Zeit ist daher keine Organisationsform und kein Strategiekonzept eine Gewähr für dauerhafte Wettbewerbsvorteile (vgl. Zahn 1998).
Um in dieser turbulenten Umwelt zu bestehen, sind auf Unternehmensseite die Antizipation der Zukunft, die Entdeckung neuer Möglichkeiten, Improvisation, Kreativität, […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


1. Einleitung

In den letzten Jahren lassen sich gravierende wirtschaftliche und technische sowie politische und soziale Transformationen feststellen, die zu einer neuen Geschäftswelt mit hoher Dynamik und Komplexität geführt haben. Dies lässt sich unter anderem an technologischen Neuerungen, kürzeren Produktlebenszyklen und einer Intensivierung des Wettbewerbs festmachen (vgl. Zahn 2003, S. 2). Die Evolution der Wirtschaft erreicht eine neue Phase, in der Neuerungen zur Regel werden und dem Faktor Wissen eine immer größere Bedeutung beigemessen wird. In diesem dynamischen Umfeld werden an die Innovationskraft der Unternehmen hohe Anforderungen gestellt. Somit sind nicht nur Innovationen in den Bereichen der Produkte, Prozesse und Dienstleistungen gefragt, sondern vor allem auch bei Strategien, Systemen und nicht zuletzt bei den Organisationsstrukturen in einem Unternehmen (vgl. Zahn 2000, S. 155).

Heutzutage kommen nur wenige wissenschaftliche Arbeiten, die strategische Fragestellungen zum Thema haben, ohne einen Hinweis auf diese Entwicklungen aus. In erster Linie handelt es sich dabei um praxisrelevante und nicht so sehr um wissenschaftlich-theoretische Problemstellungen. So sind viele Unternehmen in der Praxis bestrebt, ihre Wettbewerbsposition durch diverse populäre Konzepte zu stärken, wie z.B. Business Reengineering, Lean-Management und Total Quality Management (vgl. Jenner 2000, S. 38).

In jüngster Zeit findet neben Termini wie „high velocity“ (vgl. Meffert/Burmann 2000, S. 179) und „rugged fitness landscapes“ (vgl. Beinhocker 1999, S. 98) zur Kennzeichnung von durch Dynamik und Komplexität gekennzeichneten turbulenten Märkten der Begriff des „Hyperwettbewerbes“ (vgl. z. B. D´Aveni 1994; Gimeno/Woo 1996; Stacey 1996, S. 182) zunehmende Beachtung. Der „Hyperwettbewerb wird als neue Stufe in der Dynamisierung von Märkten begriffen, die einen qualitativen Sprung und nicht lediglich ein bisschen mehr von dem alten bedeutet“ (vgl. Schreyögg 1999, S. 392). So schreibt D´Aveni (1995, S. 257): „Ein Hurrikan ist nicht bloß ein besonders starker Wind; genauso wenig ist Hyperwettbewerb bloß eine schnellere Variante des herkömmlichen Wettbewerbs.“ Im Rahmen des allgegenwärtigen Wandels in der heutigen Zeit ist daher keine Organisationsform und kein Strategiekonzept eine Gewähr für dauerhafte Wettbewerbsvorteile (vgl. Zahn 1998, S. 384).

Um in dieser turbulenten Umwelt zu bestehen, sind auf Unternehmensseite die Antizipation der Zukunft, die Entdeckung neuer Möglichkeiten, Improvisation, Kreativität, Antwortfähigkeit und Agilität gefragt (vgl. Friedrich et al. 2001, S. 40). Bedingt durch den externen Wandel ist das langfristige Überleben von Unternehmen daher nur gewährleistet, wenn gleichzeitig eine Institutionalisierung des internen Wandels im Unternehmen stattfindet. Das bedeutet, dass bei sich ändernden Umweltbedingungen die Fähigkeit zu einer strategischen Erneuerung gefordert ist (vgl. Zahn 1998, S. 384).

Der erste Teil dieser Arbeit befasst sich mit dem Hyperwettbewerb. Hier werden der Begriff, verschiedene Merkmale, treibende Kräfte, Erfolgsfaktoren und schließlich Herausforderungen für das Management im Hyperwettbewerb dargelegt. Im Anschluss wird ein kurzes Fazit gezogen, das einige Meinungen zu diesem Thema aufgreift.

Um dem permanenten Wandel im Wettbewerbsumfeld standhalten zu können, sind flexible Organisationsmodelle nötig (vgl. Rohde/Scherm 1999, S. 3). Die Ausgestaltung der Organisation wird mehr und mehr zu einem strategischen Wettbewerbsfaktor. So spricht Schreyögg (1999, S. 393) auch davon, dass die Welt des Hyperwettbewerbs den Trend weg von der Managementfunktion der Planung hin zur Managementfunktion der Organisation widerspiegelt, so dass die Organisation letzten Endes gleichberechtigt neben die Planung tritt.

Daher geht es im zweiten Teil der Arbeit darum, die Konsequenzen für die Organisationsaufgabe im Unternehmen aufzuzeigen, um daraus geeignete Organisationsmodelle für den Hyperwettbewerb abzuleiten. Aufgrund eines ständigen Wandels der Umweltbedingungen und der strategischen Anforderungen muss ein dynamisches und mehrdimensionales Organisationsverständnis vorherrschen. Im übergeordneten Kontext wird zunächst geklärt, was sich hinter dem Begriff „Organisationsmanagement“ verbirgt und wie der Terminus „Organisationsmodell“ in diesem Zusammenhang zu verorten ist. Im Anschluss werden Anforderungen an die Gestaltung moderner Organisationsmodelle und ein „flexibles Unternehmen“ als Leitbild herausgearbeitet. Abschließend werden ausgewählte Organisationsmodelle vorgestellt und kritisch gewürdigt.

Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, zu zeigen, dass sich der Unternehmenswettbewerb in den letzten Jahren zu einem Hyperwettbewerb entwickelt hat. Dabei haben traditionelle Strategielehren und starre, hierarchische Organisationsmodelle ausgedient. Nunmehr sind in dynamischen und komplexen Märkten Flexibilität, Kreativität und die Bereitschaft zum Wandel in einem Unternehmen dringend erforderlich. Dies bringt Chancen und Risiken mit sich, die von den Unternehmen berücksichtigt werden müssen, damit sie in diesem veränderten Markt erfolgreich bestehen können. Neben einschneidenden Veränderungen im Strategischen Management müssen insbesondere Flexibilität und dynamische Weiterentwicklung feste Bestandteile einer jeden Unternehmensstruktur werden. In den letzten Jahren haben sich drei Organisationsmodelle herausgebildet, die die Besonderheiten des Hyperwettbewerbes inkorporiert haben: Prozessorganisation, Netzwerkstrukturen und Virtuelle Unternehmen. Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, ist jedes Unternehmen gezwungen, sich zumindest in Teilen diesen Strukturen anzunähern.

2. Charakterisierung und Auswirkungen des Hyperwettbewerbs

Für die Gliederung der Unterkapitel 2.1. bis 2.4. erfolgt eine Anlehnung an die Struktur eines Aufsatzes von Bruhn (1997), der den Bezugsrahmen zum Hyperwettbewerb sehr systematisch und differenziert darstellt.

2.1. Begriff und Merkmale des Hyperwettbewerbs

Nach Bruhn (1997, S. 341) kommt der Begriff „hyper“ aus dem Griechischen und kennzeichnet eine übermäßige, überempfindliche bzw. übersteigerte Reaktion. So führt bspw. die übermäßige Verschärfung der Wettbewerbssituationen zu einem aggressiveren Verhalten der Marktteilnehmer. Bruhn definiert den Begriff „Hyperwettbewerb“ als eine Situation, in der sich Unternehmen gleichzeitig mehreren bisher isolierten Wettbewerbsdimensionen ausgesetzt sehen. Dies führt zu einem aggressiven, vielschichtigen und schnell wechselnden Wettbewerb zwischen den verschiedenen Marktteilnehmern.

Jedes Unternehmen unterliegt im Hyperwettbewerb bestimmten exogenen Rahmenbedingungen, die es nicht beeinflussen kann und daher als gegeben hinnehmen muss (vgl. D´Aveni 1999, S. 133). Beispiele für solche Veränderungskräfte manifestieren sich nach Zahn (1998, S. 384) in gesellschaftlichen und demographischen Verschiebungen, in Angebots- und Nachfrageänderungen und in inter- und intraindustriellen Strukturveränderungen. Zudem gibt es Tendenzen zu einer Deregulierung und Privatisierung bedeutender Infrastrukturbereiche, der Entstehung einer „Knowledge Economy“ und zum Aufbau von virtuellen bzw. grenzenlosen Unternehmen sowie elektronischen Märkten auf der Basis neuer Informations- und Kommunikationstechnologien. Nicht zuletzt zeichnet sich das Wettbewerbsumfeld durch eine zunehmende Globalisierung und Intensivierung des Wettbewerbs aus.

Folgende Zitate bringen sehr deutlich zum Ausdruck, was der Hyperwettbewerb für einzelne Unternehmen bzw. die Märkte bedeutet (vgl. D´Aveni 1995, S. 253):

„Kennzeichen dieses Geschäfts ist ein intensiver, dynamischer, erbitterter, brutaler Wettbewerb.“

Robert Crandall, CEO, American Airlines „Ich glaube nicht an freundlichen Wettbewerb. Ich will die anderen vom Markt drängen.“

Mitchell Leibovitz, CEO des Autoteilehändlers Pep Boys

Wie die Zitate zeigen, zeichnet sich der Hyperwettbewerb durch einen sehr harten, vielschichtigen und durchgreifenden Wettbewerb aus (vgl. auch Rühli 1997, S. 12). Er ist zudem durch eine zunehmende Gleichgewichtslabilität gekennzeichnet, in der kontinuierliche Veränderungen von seltenen Phasen der Stabilität begleitet werden (vgl. D´Aveni 1995, S. 255). Dies führt zu einem chronischen Ungleichgewicht als Kennzeichen derartiger Märkte (vgl. Hanssen-Bauer/Snow 1996, S. 414).

Um dem Begriff und Phänomen des Hyperwettbewerbs genauer auf den Grund zu gehen, lassen sich zunächst folgende vier charakteristische Merkmale konstatieren (vgl. Bruhn 1997, S. 342f.):

Ein erstes Merkmal des Hyperwettbewerbs ist die zunehmende Dynamik. Diese drückt sich in einer fortschreitenden Schnelligkeit aus. So kommt es immer wieder zu raschen Änderungen der Umweltfaktoren. Als Beispiele dienen sich ändernde Technologien und Rechtsvorschriften, Marktein- und -austrittsbarrieren und das Nachfrageverhalten (vgl. Bogner/Barr 2000, S. 212). Damit einher geht auch die Tatsache, dass sich Konstellationen und Positionen im Wettbewerb zunehmend schneller ändern. Es wird immer schwieriger, nachhaltig verteidigungsfähige Wettbewerbsvorteile oder die Position eines Nischenanbieters zu halten (vgl. Rühli 1997, S. 12). So sind z.B. Banken in der heutigen Zeit nicht mehr alleinige Anbieter von Bankdienstleistungen, denn auch Kreditkartenunternehmen bieten solche Leistungen an. Zudem kommt es vermehrt zu Fusionen und Akquisitionen. Die zunehmende Geschwindigkeit der Veränderungen verursacht Schwierigkeiten, künftige Wettbewerbskonstellationen zu prognostizieren (vgl. Bruhn 1997, S. 343).

Das zweite Merkmal bezieht sich auf die Vielschichtigkeit bezüglich des Konkurrenzkampfes auf unterschiedlichen Ebenen:

(1) Unternehmen konkurrieren auf einer übergeordneten Ebene mit ihren Unternehmenskonzeptionen. Hier stehen die Unternehmensphilosophie und die Visionen des Unternehmens im Wettbewerb.
(2) Auf der nächsten untergeordneten Ebene findet ein Wettbewerb um technologische und personelle Ressourcen statt. Oftmals sind Unternehmen erst mit einer geeigneten diesbezüglichen Ausstattung in der Lage, wichtige Kernkompetenzen zu erlangen. Die Ressourcen-Ausstattung ist mitentscheidend für den Erfolg oder Misserfolg im Hyperwettbewerb.
(3) Im Wettbewerb um Produktmärkte steht nicht mehr der Wettbewerb vorhandener Produkte im Vordergrund, sondern die Gestaltung zukünftiger Spielregeln oder neuer Industriestandards (vgl. Rühli 1997, S. 12). Um diesen Ansprüchen zu genügen ist ein erfolgreiches Produkt-Innovationsmanagement von Vorteil (vgl. Nowak 1998, S. 18).
(4) Unternehmen reagieren auf Situationen in verschiedenen Teilmärkten unterschiedlich. Die Unternehmen zeigen bei dieser als „Multiple-Point-Competition“ bezeichneten Konzeption in verschiedenen Kerngeschäften ein unterschiedliches Marktverhalten, das sich in offensiven oder defensiven Strategien ausdrückt (vgl. Gimeno/Woo 1996). Des Weiteren ist der Hyperwettbewerb dadurch gekennzeichnet, dass sich die Grenzen zwischen den einzelnen Märkten mehr und mehr auflösen. Unternehmen können somit Marktgrenzen überschreiten und in neue Märkte eintreten (vgl. Nowak 1998, S. 18).
(5) Schließlich bleiben Unternehmen im Wettbewerb in der Regel nicht allein, da sie sich mit anderen Unternehmen, wie z.B. Lieferanten, Herstellern und Absatzmittlern, zusammenschließen. Dies hat zur Folge, dass auch verschiedene Unternehmensverbünde miteinander konkurrieren (vgl. Rühli 1997, S. 12).

Ein drittes Merkmal ist die Gleichzeitigkeit. Dies bedeutet, dass auf den von D´Aveni (1995, S. 63ff.) postulierten Wettbewerbsschauplätzen „Kosten und Qualität“, „Zeitwahl und Know-how“, „Hochburgen und Eintrittsbarrieren“ sowie „finanzielle Stärke“ ein gleichzeitiger Wettbewerb stattfindet. In der Vergangenheit war es üblich, dass Unternehmen zwar allen Wettbewerbsfeldern Beachtung schenken, sie ihre Strategie und Geschäfte aber immer nur auf einen Schauplatz konzentrieren und die anderen Wettbewerbsarenen vernachlässigen. In der heutigen Zeit ist es erforderlich, alle vier Schauplätze in hohem Maße gleichzeitig zu berücksichtigen. Die Unternehmen müssen dazu übergehen, auf allen vier Wettbewerbsschauplätzen simultan zu agieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben (vgl. Bruhn 1997, S. 342).

Als letztes Merkmal ist die steigende Aggressivität zu nennen. Diese resultiert daraus, dass sich einzelne Wettbewerber immer wieder durch neue Wettbewerbsvorteile in Position bringen wollen. Unternehmen, die immer nur reagieren statt selbst einmal die Initiative zu ergreifen, werden dabei nicht verschont. Es genügt bereits, wenn ein Hyperwettbewerber das Marktgleichgewicht ins Wanken bringt. So zwingt manchmal die Präsenz von potentiell aggressiven Konkurrenten, also z.B. der Neueintritt eines Unternehmens, oder auch die traditionell gewachsene Rivalität zwischen zwei Unternehmen, bspw. Coca-Cola und PepsiCo., die Marktteilnehmer zu einem aggressiven, zuweilen auch feindlichen Verhalten (vgl. D´Aveni 1995, S. 257).

Vergleicht man den traditionellen Wettbewerb nun auf dieser Grundlage mit dem Hyperwettbewerb, so kommt man zu folgenden Erkenntnissen:

Beim traditionellen Wettbewerb handelt es sich um eine relativ eindimensionale Wettbewerbssituation, die über einen längeren Zeitraum stabil, friedlich und überschaubar ist. Das Ziel ist, langfristige Wettbewerbsvorteile dauerhaft zu erreichen. Dies soll mit konstanten Strategien, die sich an der vorhandenen Wettbewerbssituation ausrichten, gelingen.

Die Unternehmen im Hyperwettbewerb sehen sich hingegen gleichzeitig mehreren Wettbewerbsdimensionen gegenüber. Hier können infolge der Schnelligkeit/Dynamik, Vielschichtigkeit, Gleichzeitigkeit/Simultanität und Aggressivität nur temporäre Vorteile erreicht werden. Unternehmen sind gezwungen, ihre Unternehmensstrategien fortlaufend an die Marktgegebenheiten anzupassen und aktiv auf die jeweilige Wettbewerbssituation einzuwirken (vgl. Bruhn 1997, S. 344). Die folgende Abbildung fasst die Unterschiede zwischen traditionellem Wettbewerb und Hyperwettbewerb noch einmal zusammen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Vergleich zwischen traditionellem Wettbewerb und Hyperwettbewerb (vgl. Bruhn 1997, S. 344, modifiziert)

Der Hyperwettbewerb existiert bspw. in der Finanzdienstleistungs- und Telekommunikationsbranche. Er reicht bis hin zu Kinderspielzeug und Katzenfutter und umfasst mittlerweile fast jede Branche (vgl. D´Aveni 1995, S. 259f.). Der Hyperwettbewerb manifestiert sich aber nicht nur in den Industriestaaten, sondern im zunehmenden Maße auch in den Entwicklungsländern (vgl. Hanssen-Bauer/Snow 1996, S. 414).

2.2. Treibende Kräfte des Hyperwettbewerbs

In einem nächsten Schritt geht es darum, die nach Bruhn (1997, S. 344) fünf treibenden Kräfte aufzuzeigen, die die maßgebliche Ursache für den Hyperwettbewerb sind. Dies sind in der Regel exogene Einflüsse, denen die Unternehmen mehr oder weniger machtlos gegenüberstehen.

Zum einen trägt die Globalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft zu nachhaltigen Veränderungen in der Arbeitswelt bei. Fallende Transport-, Telekommunikations- und Datenverarbeitungskosten haben zu einer Globalisierung vieler Märkte geführt (vgl. Thomas 1996, S. 228). Die Liberalisierung der Warenmärkte bietet den Unternehmen die Möglichkeit, in neue Märkte und Regionen einzutreten. So veranlasst die Liberalisierung der Finanzmärkte die Unternehmen, ihre Wertschöpfungskette global auszurichten, während die Globalisierung der Kunden eine zunehmende globale Präsenz der Unternehmen erzwingt. Im Rahmen der Globalisierung wird der Kostendruck verstärkt, so dass die Unternehmen ihren Standort im Hinblick auf Produktion, Entwicklung usw. dorthin verlagern müssen, wo das optimale Kosten-/Leistungsverhältnis vorherrscht (vgl. Wojda/Waldner 2000, S. 17).

Als zweite zentrale Kraft und mit der Globalisierung einhergehend ist die Deregulierung der Märkte hervorzuheben. So sind seit Ende der 1980er/ Anfang der 1990er viele Branchen dereguliert und privatisiert worden (vgl. Prahalad/Oosterveld 1999, S. 33). Die Entstehung von Offshore-Märkten, wie z.B. auf den Bahamas, und von großen Binnenmärkten für Finanzkapital – z.B. dem Euromarkt – führte zu Kapitalmarktderegulierungen. Weitere Beispiele sind Deregulierungen und Privatisierungen in der Telekommunikation und Television sowie im Luft- und Schienenverkehr (vgl. Zahn 1996, S. 2f.).

Der dritte Treiber des Hyperwettbewerbs ist ein zunehmend hybrides Kaufverhalten. Die Nachfrager weisen ein „zwitterhaftes“ Kaufverhalten auf und streben zum einen den Kauf qualitativ hochwertiger und teurer Produkte an; auf der anderen Seite verzichten die Käufer aber auch zugunsten von Gattungsmarken auf den Kauf von Markenartikeln und ziehen einen kostengünstigen Kauf vor. Die Nachfrage nach Produkten im durchschnittlichen Qualitäts- und Preissegment nimmt hingegen kontinuierlich ab (vgl. Schmalen/Lang 1998, S. 5).

In vielen Branchen ist als vierte Kraft eine Verwässerung der Branchengrenzen zu beobachten. Diese Branchenerosion führt einerseits zur Verschmelzung verschiedener Branchen, was man als intersektorale Branchenerosion bezeichnet. Dabei entwickeln sich bspw. Banken und Versicherungen zu Allfinanzanbietern. Andererseits kommt es zu einer Verwässerung brancheninterner Grenzen (intrasektorale Branchenerosion). In diesem Fall versucht z.B. die DaimlerChrysler AG durch Einführung der A-Klasse oder des SMART-Mobils ein neues Kundensegment anzusprechen (vgl. Bruhn 1997, S. 346).

Der fünfte Treiber ist schließlich die zunehmende Technisierung. Dabei begünstigt die steigende Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnologien neue Arten des Arbeitens (z.B. Telearbeit) und die Entstehung neuer Berufe (z.B. Internet-Berufe). Durch eine globale Vernetzung können außerdem Produkte und Dienstleistungen ohne örtliche und zeitliche Restriktionen hergestellt und gehandelt werden (vgl. Wojda/Waldner 2000, S. 18).

Zusammenfassend stellen sich die treibenden Kräfte des Hyperwettbewerbs wie folgt dar:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Treibende Kräfte des Hyperwettbewerbs (vgl. Bruhn 1997, S. 345, modifiziert)

2.3. Erfolgsfaktoren im Hyperwettbewerb

Im Hyperwettbewerb sind diejenigen Faktoren von Bedeutung, die es dem Unternehmen erlauben, auf überraschende Änderungen der Wettbewerbsbedingungen situationsbezogen und flexibel zu reagieren. Das Management muss also situativ immer wieder neue und angemessene Entscheidungen treffen. Folglich gibt es für viele Situationen keine im Voraus geplanten optimalen Lösungen, sondern nur situativ angemessene Entscheidungen. Dafür können sechs Erfolgsfaktoren des Hyperwettbewerbs konstatiert werden (vgl. Bruhn 1997, S. 350ff.):

Beim ersten Erfolgsfaktor handelt es sich um die Sicherstellung der Flexibilität im Hinblick auf den Wandel der Umweltbedingungen. Früher wurde der Fokus auf die Flexibilität im Produktionsbereich gesetzt. Heute hingegen werden andere Kriterien zu Grunde gelegt. So hängt die Flexibilität eines Unternehmens von der Ausprägung verschiedener entsprechender Potenziale ab. Hierzu gehören der Personaleinsatz, d.h. die Bereitstellung quantitativ und qualitativ ausreichenden Personals je nach Marktbedingungen, die Gestaltung netzwerkartiger Beziehungen und die verwendeten Technologien. Hinzu kommen die Beschaffenheit der Organisationskultur, und vor allem auch die Anpassung der Organisationsstruktur. Die organische Struktur bildet den Idealtyp flexibler Organisationen. Diese zeichnet sich durch dezentral organisierte, marktnahe Organisationseinheiten sowie fluktuierende hierarchische Strukturen aus (vgl. Rohde/Scherm 1999, S. 4f.).

Im Umfeld dieser äußerst volatilen Umweltbedingungen und zur Sicherstellung der Flexibilität sind strategische Netzwerke als zweiter Erfolgsfaktor ein probates Mittel, mit geringen Kosten und hoher Flexibilität Wettbewerbsvorteile zu halten oder sogar auszubauen. Ressourcen und Fähigkeiten können somit gebündelt werden, wodurch Synergiepotentiale ausgeschöpft werden (vgl. Stiles 2001, S. 128f.). Ehemals wettbewerbsintensive Beziehungen zu Mitbewerbern können in Teilbereichen somit kooperativen Beziehungen weichen (vgl. Rühli 1997, S. 12). Dabei gilt insbesondere Vertrauen als eine grundlegende Voraussetzung für die Existenz solcher Netzwerke (vgl. Hirsch-Kreinsen 2002, S. 111).

Der dritte Erfolgsfaktor ist der adäquate Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien. Diese spielen bei der Prägung des Organisationsmanagements eine wichtige Rolle. Zu einer Verbesserung der Koordination und Integration in den Unternehmen tragen Datenübertragungsnetze und integrierte Datenbanken bei. Vereinfachte und individualisierte Informations- und Kommunikationstechnologien begünstigen den Trend zur Selbstorganisation und tragen zur Bewältigung einer großen Produktkomplexität bei. Schließlich werden die unternehmensinterne Vernetzung sowie die Integration von Prozessabläufen und Organisationsstrukturen vorangetrieben (vgl. Kreikebaum et al. 2002, S. 96f.).

Eine fortlaufende Neudefinition der Märkte stellt den vierten Faktor des erfolgreichen Bestehens im Hyperwettbewerb dar. In den 1980er Jahren wurde der für das Unternehmen relevante Markt alle drei bis sechs Jahre überprüft. In Zukunft wird es jedoch unerlässlich sein, die Entwicklung der Märkte und die eigene Wettbewerbssituation fortlaufend zu analysieren, da sich Markt- und Branchengrenzen ständig verändern. Aufgrund der Vielschichtigkeit und der hohen Geschwindigkeit auf den Märkten wird es notwendig sein, nicht nur aktuelle, sondern auch zukünftige Kundenbedürfnisse zu identifizieren, um dementsprechend proaktiv auf die Kundennachfrage reagieren zu können (vgl. Bruhn 1997, S. 350f.).

Fünftens ist es von Vorteil, die Zeitdimension des Wettbewerbs richtig einzuschätzen (vgl. Schweizer/Rudolph 2002, S. 409). Es geht darum, eine gewisse Zeitsensibilität zu entwickeln, bei der ein Gleichgewicht aus der Einführung von Innovationen einerseits und integrativer Stabilität andererseits herrscht. Bei der Implementierung von Innovationen geht es also um das richtige Maß und Tempo (vgl. Schweizer/Rudolph 2002, S. 423).

Schließlich können alle Ansätze zur Bewältigung des Hyperwettbewerbs nur dann gemeistert werden, wenn simultan ein kontinuierlicher Prozess der Verhaltensänderung von Mitarbeitern stattfindet. Eine geeignete Unternehmenskultur muss trotz zahlreicher Probleme bei der Implementierung etabliert werden. Die Bedeutung der Unternehmenskultur liegt darin, dass sie die Erreichung der Ziele von Unternehmen positiv beeinflussen und somit ihren Erfolg erhöhen kann (vgl. Macharzina 2003, S. 217ff.).

2.4. Herausforderungen für das Management im Hyperwettbewerb

Die Manager von heute müssen nach D´Aveni (1995, S. 410ff.) die alten strategischen Theorien ad acta legen, da sie im Hyperwettbewerb nicht mehr uneingeschränkt gültig sind. Gefragt ist nunmehr der Umgang mit dynamischen Umfeldbedingungen in Folge der vielfältigen ökonomischen, gesellschaftlichen und technologischen Veränderungen (vgl. Hümmer 2001, S. 35). Neben den Erfolgsfaktoren des Hyperwettbewerbs, bei denen in erster Linie das situative Management eine große Rolle spielt, muss das Management eines Unternehmens auf einer übergeordneten Ebene unter anderem die folgenden fünf Aspekte bei der Unternehmensführung berücksichtigen (vgl. Bruhn 1997, S. 353):

Die Auswirkungen des Hyperwettbewerbs lassen ein Wettrennen um die Erlangung von Wettbewerbsvorteilen in den globaler werdenden Märkten vermuten. Unternehmen stehen in immer mehr Branchen schnellen und starken Erneuerungen in den Markt- und Wettbewerbsbedingungen gegenüber. Frühere oftmals erfolgreiche Handlungsweisen bilden nunmehr keine geeignete Grundlage für die Prognose zukünftiger Unternehmenserfolge. Das heutige Wettbewerbsumfeld ist stark durch das Phänomen des permanenten Wandels beeinflusst. Angesichts dieses dynamischen Umfeldes haben nur innovationsfreudige Unternehmen, die offen für Wandel sind, eine langfristige Überlebenschance im Hyperwettbewerb. Daher ist es für die Unternehmen besonders wichtig, umsichtige „Lerner“ zu werden (vgl. Zahn 1998, S. 384f.). Wettbewerbsfähigkeit wird nämlich auch daran gemessen, inwieweit ein Unternehmen in der Lage ist, kontinuierlich Wissen zu entwickeln, anzuwenden und zu verteilen, wobei sich dessen Realisierung aber oftmals als schwierig erweist (vgl. Hanssen-Bauer/Snow 1996, S. 413f.).[1] Unternehmen müssen die Fähigkeit des Meta-Lernens aufweisen: Sie müssen lernen, wie man lernt.

Neben dem Lernmanagement ist das Wissensmanagement ein weiterer wichtiger Aspekt, der berücksichtigt werden muss (vgl. Klimecki/Gmür 1997, S. 211). Die Problemstellung besteht darin, das vorhandene Wissen zu bündeln, aufzubereiten und an die Personen weiterzuleiten, die dieses Wissen für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Folglich liegt die Aufgabe des Managements darin, mittels eines geeigneten Konzepts für eine Speicherung und sinnvolle Anwendung des Wissens zu sorgen (vgl. Bruhn 1997, S. 353f.).

In engem Zusammenhang mit dem Lern- und Wissensmanagement steht die auf Innovationsfähigkeit basierende Erneuerungsfähigkeit eines Unternehmens, d.h. die Implementierung eines integrierten Innovationsmanagements. Zu diesen Innovationen zählen z.B. Geschäfts-, Produkt-, Organisations- und Managementinnovationen (vgl. Zahn 1996, S. 11). Vor dem Zeitalter des Hyperwettbewerbs lagen zwischen radikalen Neuerungen längere Phasen inkrementaler Neuerungen. In der heutigen Zeit werden die Abfolgen von inkrementalen und radikalen Innovationen hingegen immer schneller. Dieser Wettbewerb auf der Basis von Innovationen ist dynamischer und stellt sowohl an die Innovationskraft der Unternehmen als auch an die Manager hohe Anforderungen. Ziel des Managements ist die Beherrschung der Prozesse sowohl inkrementaler als auch radikaler Innovationen. Es muss also fortlaufend die Wissensbasis im Unternehmen erneuern und für einen Zugriff und eine entsprechende Verteilung des Wissens sorgen. Dadurch wird Wissens- und Kompetenzfallen vorgebeugt und dem Unternehmen eröffnen sich für die Zukunft viele Handlungsoptionen, welche die Flexibilität des Unternehmens erhöhen (vgl. Zahn 2000, S. 161).

Nach herkömmlicher Meinung und im traditionellen Sinne ist es Usus, langfristige Pläne aufzustellen, die dem Unternehmen die einzelnen Schritte für die Zukunft aufzeigen. Im Hyperwettbewerb müssen Manager nun aber Pläne für flexible und opportunistische Verhaltensweisen entwickeln, welche den Wandel berücksichtigen (vgl. D´Aveni 1995, S. 410). Dauerhafte Wettbewerbsvorteile haben im Hyperwettbewerb nunmehr keine Aussicht auf Erfolg (vgl. Fees et al. 1999, S. 568). Das Ziel ist die Zerstörung von Wettbewerbsvorteilen und nicht mehr ihre Aufrechterhaltung, auch wenn Unternehmen paradoxerweise ihre eigenen Vorteile immer wieder selbst zerstören und neue aufbauen müssen (vgl. Schreyögg 1999, S. 392f.). Langfristiger Erfolg ist im neuen Umfeld von der erfolgreichen Implementierung einer Serie von kurzfristigen Wettbewerbsvorteilen abhängig, was dem bisherigen Lehransatz mit seinen spezifischen Zielen und Ergebnissen der Langfristplanung entgegensteht. Nun müssen Manager eruieren, welche Kompetenzen zu einer größtmöglichen Flexibilität für die Bewältigung neuer Herausforderungen führen (vgl. D´Aveni 1995, S. 410f.).

Schließlich veranlasst der Hyperwettbewerb das Management, über die strategische Ausrichtung nachzudenken. Bestimmte zu Grunde gelegte strategische Paradigmen, wie z.B. die Strategie der fünf Wettbewerbskräfte nach Porter (1999, S. 33), können für Unternehmen, die sich in einer stabilen Umwelt befinden, durchaus erfolgreich sein. Im Hyperwettbewerb hingegen ist eine solche Strategie oftmals zum Scheitern verurteilt. Hier macht es Sinn, eine strategischen Neuausrichtung zu verfolgen, um sich besser für die Dynamik des Hyperwettbewerbs zu wappnen (vgl. D´Aveni 1999, S. 129). So besagte in der Vergangenheit Porters These vom „stuck in the middle“ (1996, S. 68ff.), dass Unternehmen nur erfolgreich sind, wenn sie entweder Produktdifferenzierung oder Kostenführerschaft, nicht aber beide Wettbewerbsvorteile anstreben. Hybride Strategien hingegen widerlegen diese Annahme. Sie besagen, dass es durchaus möglich ist, beide Wettbewerbsvorteile gleichzeitig zu verfolgen. Dies verdeutlichen empirische Studien, in denen auch ihre Überlegenheit aufgezeigt wird (vgl. Proff 1997, S. 305ff). Als Beispiel seien hier die individuell konfigurierte PC-Herstellung bei Dell oder auch die Maßanfertigung von Kleidung genannt (vgl. Picot et al. 2003, S. 10). Bei einer hybriden Strategie können die Unternehmen im Hyperwettbewerb zwischen den Positionen Kostenführerschaft und Differenzierung hin und her wechseln oder sie besetzen beide gleichzeitig. Dem Management bietet sich so die Möglichkeit, immer wieder die Taktik zu ändern, um somit eine starre, voraussehbare Strategie zu vermeiden (vgl. D´Aveni 1995, S. 411).[2]

2.5. Fazit zum Hyperwettbewerb

In der heutigen Zeit zeichnet sich ein sehr umfangreiches und differenziertes Bild der Wettbewerbsdynamik ab. Auffällig ist der Wortschatz und Sprachgebrauch zum Phänomen des Hyperwettbewerbs: So werden in der Literatur zu dessen Charakterisierung neben Analogien zur Evolution auch Metaphern des sportlichen Wettkampfes und kriegerischer Konflikte gebraucht (vgl. Zahn 2000, S. 155). Richard A. D´Aveni (1994), der zahlreiche Literaturbeiträge zum Thema Hyperwettbewerb geprägt hat, kommt unter Verwendung dieses Wortschatzes zu dem Schluss, dass der rasante Aufstieg des Hyperwettbewerbs das Ende eines auf „Ritterlichkeit“[3] und vornehmen Verhaltensweisen basierenden Wettbewerbs bedeutet. Er ist der Auffassung, dass die Ideale der „Ritterlichkeit“ ausgedient haben. Er geht sogar einen Schritt weiter und sieht es als erforderlich an, den Konkurrenten zu ruinieren (vgl. D´Aveni 1995, S. 406). Es gilt der Grundsatz: „Töte oder du wirst getötet.“ (vgl. D´Aveni 1995, S. 409). Kooperationen und Fair play sind für viele Unternehmen zukünftig nicht mehr erstrebenswert, obwohl sie in vielen Unternehmen Tradition haben. Hondas Schlachtruf „Yamaha o tsubusu!“ („Wir werden Yamaha zerstören, zermalmen und massakrieren!“) oder Komatsus Losung „Maru C“ („Caterpillar einkreisen!“) zeigen die heutige Denkweise sehr deutlich (vgl. D´Aveni 1995, S. 408).

Dennoch kommt D´Aveni (1995, S. 395ff.) zu dem Schluss, dass Kooperationen in Form von Netzwerken durchaus ihre berechtigte Existenz im Hyperwettbewerb haben. Aus seiner Sicht führen Netzwerke zwar nicht zur Verminderung des Wettbewerbs, sie können aber bspw. ein wichtiger Bestandteil einer aggressiven Wettbewerbsstrategie sein. Schließlich geben Zohar/Morgen (1996, S. 463) zu bedenken, dass eine solch „kreative Zerstörung“ für ein Unternehmen eine sinnvolle Strategie zur Ausschaltung eines Konkurrenten ist; dies kann aber zu erheblichen systemischen Konsequenzen führen, wenn mehrere Unternehmen diese Strategie verfolgen.

Hümmer (2001, S. 40) fasst schließlich die wichtigsten Kernaussagen für eine Erfolgsstrategie im Hyperwettbewerb basierend auf D´Avenis (1994) zentraler Monographie zum Thema Hyperwettbewerb zusammen. So werden sich in absehbarer Zukunft alle Branchen mehr oder weniger schnell und unausweichlich im Hyperwettbewerb befinden. An die Stelle dauerhafter Wettbewerbsvorteile treten dann Serien von temporären Vorteilen. Der Hyperwettbewerb ist durch ein Ungleichgewicht gekennzeichnet, wobei ein aggressives und destruktives Verhalten für eine permanente Erschütterung des Status quo sorgt. Dafür müssen die Unternehmen traditionelle durch moderne und dynamische Strategien ergänzen bzw. ablösen.

Aber es gibt auch andere Standpunkte zu dem Phänomen des Hyperwettbewerbs. Zahn (1998, S. 384f.) bspw. sieht darin nicht schon einen grundsätzlichen Paradigmawechsel im Wettbewerb. Auch Porter (1996, S. 61) schreibt: „In many industries, however, what some call hypercompetition is a self-inflicted wound, not the inevitable outcome of a changing paradigm of competition.” Gegenmaßnahmen wie die Fähigkeit zu wechselseitigen Sanktionen, das Einschreiten des Staates oder auch die gegenseitige Duldung mindern bzw. verhindern die Entstehung eines Hyperwettbewerbs. Zudem stehen den Unternehmen Möglichkeiten für eine friedliche Partnerschaft im Rahmen von strategischen Netzwerken zur Verfügung (vgl. Zahn 2000, S. 157).

Zusätzlich rückt der Faktor Zeit als weitere relevante Wettbewerbsdimension mehr und mehr in den Blickpunkt (vgl. Jenner 2000, S. 38f.). Schweizer/Rudolph (2002, S. 409) kritisieren den im Hinblick auf den Faktor Zeit in zahlreichen Managementkonzepten postulierten Glauben, dass „Stillstand immer auch einen Rückschritt bedeutet und das die Schnelleren stets die Langsameren überleben werden“. Im Rahmen dieser Beschleunigungsmaßnahmen werden besonders die Verkürzung der Produktentwicklungs- und Durchlaufzeiten sowie der Produktlebenszyklen, ein schneller Markteintritt und die Beschleunigung der Vermarktungszyklen eingehend diskutiert. Die beschleunigten Prozesse bereiten dem Unternehmen nämlich nicht nur Vorteile, sondern auch Risiken[4] (vgl. Gruner 1995, S. 1ff.).

Schließlich stellen sich Fees et al. (1999, S. 568) die Frage, ob eine Unternehmensethik in diesem äußerst wettbewerbsintensiven und dynamischen Umfeld, in dem Wettbewerbsvorteile schnell erzeugt und genauso schnell wieder vernichtet werden, überhaupt noch Bestand hat. So haben dauerhafte Wettbewerbsvorteile im Hyperwettbewerb keine Erfolgschancen mehr. Es herrschen neue Denkstrukturen vor, welche die bisherige Strategielehre (vgl. Porter 1986) in den Hintergrund rücken. Dabei ist das Neue am Konzept des Hyperwettbewerbs nicht die bereits vor Jahrzehnten beschriebene Dynamik und Komplexität des Wettbewerbs sowie das „Neue 7-S-Konzept“[5] – der wesentliche Unterschied liegt in der Wettbewerbsideologie (vgl. Fees et al. 1999, S. 568): Die Zeiten der Wettbewerbsvermeidung mit oligopolistischen Interdependenzen sind vorbei. An deren Stelle tritt ein aggressiver und eskalierender Konkurrenzkampf, bei dem das Ziel vorherrscht, die Rivalen zu ruinieren. Die Zeiten eines „fairen“ Wettbewerbs existieren nicht mehr (vgl. D´Aveni 1995, S. 406). Fees et al. (1999, S. 568) folgern daraus, dass das Konzept des Hyperwettbewerbs einen Paradigmawechsel heraufbeschwört, der sich in einer Abkehr von der bisher vorherrschenden Strategielehre manifestiert.

Auch wenn diese Literaturbeiträge unterschiedliche Meinungen bezüglich Ausprägung, Bedeutung und Folgen des Hyperwettbewerbs widerspiegeln, so wird zumindest eines deutlich: Der Wettbewerb hat sich in seiner Erscheinungsform in den letzten Jahren geändert und entwickelt sich zunehmend zu einem Hyperwettbewerb. Der heutige Wettbewerb lässt sich durch Merkmale wie Schnelligkeit, Vielschichtigkeit, Gleichzeitigkeit und Aggressivität charakterisieren. Diese Merkmale haben sich in den letzten Jahren mehr und mehr herausgebildet. Zudem gehen sie wechselseitig mit einigen treibenden Kräften einher, die den Hyperwettbewerb maßgeblich beeinflussen. Dabei handelt es sich um die zunehmende Globalisierung, Deregulierung, Branchenerosion, Technisierung sowie ein hybrides Kaufverhalten.

Ein Unternehmen ist nur dann im Hyperwettbewerb erfolgreich, wenn das Unternehmen Erfolgsfaktoren berücksichtigt, die situativ angemessene Entscheidungen ermöglichen. Dabei geht es in erster Linie um die Sicherstellung der Flexibilität. Zugleich wird das Management vor neue Herausforderungen gestellt. Neben einem Lern-, Wissens- und Innovationsmanagement betrifft dies vor allem eine strategische Neuausrichtung.

Wichtig ist daher die Entwicklung und Pflege von Strategiekompetenz, die eine Kernkompetenz des Unternehmens sein sollte. Dafür muss strategisches Denken und Lernen gefördert werden, damit aktuelle und potentielle geschäftliche Zusammenhänge verstanden und ihre Auswirkungen auf die Geschäftsentwicklung prognostiziert werden können (vgl. Zahn 2000, S. 168).

[...]


[1] In diesem Zusammenhang spricht man auch von „Lernender Organisation“. Näheres dazu: vgl. Hanssen-Bauer/Snow 1996, S. 414f.

[2] Die hier genannten Herausforderungen an das Management stellen nur eine Auswahl aus der Literatur dar und sind als besonders wichtig einzustufen: Bruhn (1997, S. 354ff.) beschreibt als weitere Herausforderungen für das Management eines Unternehmens das Management von Konflikten, Komplexität und Widersprüchen. D´Aveni (1995, S. 410ff.) regt Manager dazu an, bisher gültige strategische Konzepte und Maximen auf ihre heutige Relevanz zu prüfen.

[3] D´Aveni versteht unter „Ritterlichkeit“ Verhaltenskodizes, die auf Kooperation und Wettbewerbsvermeidung basieren.

[4] Näheres zu den Risiken: vgl. Schweizer/Rudolph 2002, S. 412ff.

[5] Das „Neue 7-S-Konzept“ von D´Aveni (1995, S. 287ff. bzw. 1994, S. 243ff.) steht als Gegenposition zum von McKinsey entwickelten „7-S-Konzept“ (vgl. Peters/Waterman 1982). Dieses Konzept beinhaltet einen Strategieansatz, der eine erfolgreiche Existenz im Hyperwettbewerb ermöglichen soll. Auf eine genauere Darstellung dieses Konzeptes wird hier aber verzichtet.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832481483
ISBN (Paperback)
9783838681481
DOI
10.3239/9783832481483
Dateigröße
511 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
FernUniversität Hagen – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2004 (Juli)
Note
2,0
Schlagworte
prozessorganisation netzwerkstrukturen unternehmen wettbewerb
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Titel: Organisationsmodelle für den Hyperwettbewerb
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