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Werbung von gestern bis morgen

Die Akzeptanz personalisierter Werbung

©2004 Diplomarbeit 239 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Werbung ist Bestandteil unseres täglichen Lebens. Zu Zeiten der Informationsgesellschaft begegnet sie den Menschen fast überall. Die Werbung im Alltag bietet Gesprächsstoff und Reibungspunkte. Sie ist zu allen Zeiten „eine höchst interessante Beobachtungsplattform für zeitgleiche Entwicklungen in anderen gesellschaftlichen Bereichen“ (Schmidt, Spieß 1997). Die Art der täglichen Konfrontation mit Werbung verändert sich zusehends. Ende des vorigen Jahrhunderts löste die Aufstellung der ersten Litfasssäule noch kontroverse Diskussionen aus – heute dringt Werbung mehr und mehr in die Privatsphäre der Rezipienten ein.
Zunächst werden wesentliche Einflussgrößen aus dem Gegenstandsbereich Werbung referiert, um die derzeitige Werbeentwicklung im Zusammenhang begreifen zu können. Als theoretischer Hintergrund sollen anhand ausgewählter Beispiele die Anfänge der Werbung, ihre historische Entwicklung bis hin zur totalen Personalisierung, wie sie als „konsumkritische Spitze“ zum Beispiel in Steven Spielbergs Film „Minority Report“ dargestellt wird, aufgezeigt werden. Der Film „Minority Report“ zeigt die Zukunft so realistisch, weil die verwendeten Innovationen im Film auf heute schon existierenden Forschungsprojekten und Produkten basieren.
Zu den zentralen Themen des Films „Minority Report“ gehört die zunehmende Überwachung des Menschen und der Verlust von Privatsphäre. Die totale Kontrolle wird möglich durch einen Augenscanner, welcher nach Anschlägen des 11. September auf mehreren US-Flughäfen installiert wurde. Der Film zeigt extreme Formen der personalisierten Werbung, wie wir sie bisher nur aus dem Internet kennen. Es wird Product-Placement in einem so noch nicht gesehenen Ausmaß gezeigt. In Minority Report schafft es der Konsument nicht, dem permanenten Terror der Werbung zu entgehen. Ist ein „Zeitalter der Ich-Produkte“ (Horx 2000), wie es aktuelle Forschungslinien voraussagen, als erstrebenswert anzusehen?
Unter „personalisierter Werbung“ versteht man Werbeformen die gezielt auf eine Person ausgerichtet sind bzw. die sich auf Angaben zu dieser Person beziehen. Im Zuge der Veränderungen durch die Neuen Medien ist die Personalisierung der Kundenansprache zu einem wesentlichen Merkmal von neuen Marketingstrategien geworden. „Diese umfasst neben der persönlichen Ansprache mit Titel, Vorname, Nachnahme und Anrede auch weitergehende Parameter wie psychographische oder soziographische Informationen, Kaufhistorie und […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 8136
Rathgeber, Isabel: Werbung von gestern bis morgen - Die Akzeptanz personalisierter
Werbung
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Universität Koblenz-Landau, Abt. Landau, Diplomarbeit, 2004
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
A.
Einführung
1
1.
Die
Ausgangssituation
1
1.1 Skizzierung des Arbeitsgegenstandes
1
1.2
Ziel
der
Arbeit
5
1.3
Überblick
6
B.
Begriffsklärungen
und
Grundlagen
9
1.
Begriffliche
Grundlagen
9
1.1 Von der Reklame zur Werbung ­ Zur Wortgeschichte
9
1.2
Werbung
­
Zur
Definition
10
1.3 Personalisierte Werbung ­ Zur Definition
12
C.
Theoretische Konzeptionen
15
1.
Werbung
und
Konsum
15
1.1 Das Wirkungsverhältnis zwischen Werbung und Konsum
17
1.2 Die Werbetreibenden und die
Konsumenten
17
1.3
Die
Zielgruppen
der
Werbung
19
2.
Ökonomische und gesellschaftliche Aspekte von Werbung 22
2.1 Ökonomische Aspekte von Werbung
22
2.2 Soziokulturelle Aspekte von Werbung
24
2.3 Werbung als Generator von Handlungsdispositionen
25
3.
Historische Entwicklung der Werbung
28
3.1 Die Anfänge der Werbung ­ Werbung gestern
28
3.1.1
Die
Anzeige
30
3.1.2
Das
Plakat
31
3.1.3
Die
Litfaßsäule
33
3.1.4
Die
Lichtreklame
35
3.1.5
Radiowerbung
36
3.1.6
Kinowerbung
38
3.1.7
Fernsehwerbung
40

Inhaltsverzeichnis
II
3.2 Die Gegenwart ­ Werbung heute
43
3.2.1 Werbung und gesellschaftlicher
Wandel
43
3.2.2
Wandel
der
Zielgruppen
46
3.2.3 Die Weiterentwicklung der
Werbemedien
48
3.2.4 Das Internet als neues Massenmedium
50
3.2.4.1
Netvertising
51
3.2.4.2 Personalisierte Werbung im Internet
54
4.
Ein Blick in die Zukunft ­ Werbung morgen
56
4.1 Digitale Medien und Personalisierung
56
4.1.1 Der Film ,,Minority Report" von Steven Spielberg
59
4.1.2 Personalisierte Werbung in ,,Minority Report"
60
4.1.2.1 Sprechende Werbeplakate und Augenscanner
61
4.1.2.2 Personalisierte elektronische Zeitungen
62
4.1.3 Interaktives Fernsehen und Werbung
64
4.1.4 Strategien der Personalisierung ­ ,,Der gläserne Kunde"
66
4.1.4.1
Die
RFID-Methode
67
4.1.4.2
Data-Mining
69
4.1.4.3
Permission
Marketing
70
4.1.5
Technologie
vs.
Privatsphäre
71
4.1.6 Exkurs: Das Jahr 2010 ­ ein Tag
im Leben eines Creativ Directors
72
5.
Personalisierte Werbung - Möglichkeiten und Grenzen
73
5.1 Möglichkeiten und Grenzen personalisierter Werbung
73
5.1.1 Rechtliche Rahmenbedingungen
74
5.1.1.1 Persönlichkeitsrechte und Datenschutz
75
5.1.2
Moralische
Gesichtspunkte
76
5.1.3 Ästhetische Gesichtspunkte
79
6.
Methodische Ansätze und empirische Ergebnisse
82
6.1
Wie
Werbung
wirkt
82
6.2
Modelle
der
Werbekommunikation
83
6.2.1
Traditionelle
Ansätze
84
6.2.1.1
Stimulus-Response-Modelle
84
6.2.1.2
Hierarchiemodelle
85

Inhaltsverzeichnis
III
6.2.2
Neuere
Ansätze
87
6.2.2.1
Involvementmodelle
87
6.2.2.2 Das Elaboration-Likelihood-Modell
88
6.3 Einstellungsbildung und Einstellungsänderung
89
6.3.1 Das Konzept ,,Attitude toward the Ad"
92
6.3.1.1 Einfluss von Einstellungen auf
Produktbewertungen 94
6.3.1.2 Einfluss von Gestaltungsmerkmalen
96
6.3.1.3 Einfluss von Emotionen
97
6.4 Weitere Forschungsergebnisse psychologischer Studien 99
6.4.1 Einstellungen gegenüber Werbung
99
6.4.2 Einstellungen gegenüber Fernsehwerbung
100
6.4.3 Einstellungen gegenüber Online-Werbung
101
6.4.4 Die Akzeptanz der Werbung
102
D. Untersuchungsmethodik
105
1.
Eigene Forschungsfragen
105
1.1 Entwicklungslinien der Werbung
105
1.2 Die Akzeptanz personalisierter Werbung
106
1.2.1 Verlust von Privatsphäre
107
1.2.2 Verlust von Glaubwürdigkeit und Akzeptanz
108
2.
Konzept der Untersuchung
109
3.
Erhebungsmethode
110
3.1 Definition der Grundgesamtheit und Auswahl der
Stichprobe
110
3.2
Fragebogenaufbau
111
3.2.1 Inhalt und Reihenfolge der Fragen
113
3.2.1.1 Themenkomplex I:
Soziodemographische Daten
113
3.2.1.2 Themenkomplex II:
Klassische Werbeformen
114
3.2.1.3 Themenkomplex III:
Personalisierte Werbeformen
117
3.3 Zusammenhang zwischen Fragebogen und
Forschungsfragen
120

Inhaltsverzeichnis
IV
4.
Untersuchungsablauf
121
4.1 Pre-Test
121
4.1.1 Durchführung
121
4.1.2
Ergebnisse
122
4.2 Hauptuntersuchung
122
4.3 Datenauswertung
123
E. Ergebnisse
124
1.
Themenkomplex I: Soziodemographische Daten 124
1.1 Alter und Geschlecht
124
1.2
Beschäftigung
125
1.3
Schulbildung
126
2.
Themenkomplex II: Klassische Werbeformen
128
2.1 Fernsehnutzung und Nutzungsdauer
129
2.2 Angaben zu Produktvorlieben
129
2.3 Bewertung von Werbeformen und Gestaltungsmitteln
131
2.4 Allgemeines Denken über Werbung
135
2.5 Verhalten während einer Werbepause
137
2.6 Umgang mit Werbung
138
2.6.1 Bewusstes Vermeiden von Werbung
138
2.6.2 Gründe für das bewusste Vermeiden von Werbung 139
2.6.3 Anforderungen an die Werbung
141
2.7 Aufmerksamkeit gegenüber Werbebotschaften
142
2.8 Bewertung von Fernsehwerbung
143
2.8.1 Glaubwürdigkeit von TV-Spots
143
2.8.2 Informativität von TV-Spots
144
2.9 Bedeutung der Werbung für die Wirtschaft
144
2.10 Wünsche bezüglich der Werbung in der Zukunft
145
2.11 Existenz der Werbung
146
2.12 Zusammenfassung der Ergebnisse
147
3. Themenkomplex
III:
Personalisierte Werbeformen
148
3.1 Werbung per Sms
148
3.2 Werbung im Internet
149
3.2.1 Werbung per E-Mail
149

Inhaltsverzeichnis
V
3.2.2 Werbebanner
150
3.2.3 Persönliche Begrüßung auf einer Internetseite
150
3.2.4 Gezielte Produktangebote auf einer Internetseite
152
3.3 Werbung im interaktiven Fernsehen
153
3.4 Product Placement
155
3.5 Personalisierte Werbung in ,,Minority Report"
155
3.5.1 Sprechende Werbeplakate
156
3.5.2 Personalisierte elektronische Zeitungen
158
3.5.3 Registrierung per Augenscanner
160
3.6 Selektive Werbung
161
3.7 Einstellung zum Datenschutz
163
3.8 Vorstellung von der Werbung in der Zukunft
164
3.9 Zusammenfassung der Ergebnisse zu Forschungsfrage 2 165
F. Diskussion der Ergebnisse
167
1. Entwicklungslinien
der
Werbung
168
(Forschungsfrage 1)
2.
Themenkomplex II: Klassische Werbeformen
174
3. Themenkomplex
III:
Personalisierte Werbeformen
178
3.1 Die Akzeptanz personalisierter Werbung
178
(Forschungsfrage 2)
3.1.1 Personalisierte Werbung per E-Mail und Sms
178
3.1.2 Persönliche Begrüßung und gezielte
Produktangebote
179
3.1.3 Werbung im interaktiven Fernsehen und
selektive Werbung
181
3.2 Verlust von Privatsphäre
184
(Forschungsfrage
3)
3.3 Verlust von Glaubwürdigkeit und Akzeptanz
186
(Forschungsfrage
4)
4.
Zusammenfassung
188
G.
Ausblick
192
H.
Literaturverzeichnis
195
I.
Anhang
204

Abbildungsverzeichnis
VI
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
Sinus-Milieus in Deutschland 2003
20
Abbildung 2:
Persil-Werbung aus dem Jahr 1929
32
Abbildung 3:
Berlin´s neue Anschlagsäulen um 1855
34
Abbildung 4:
Werbespot für Afri-Cola aus dem Jahr 1968
41
Abbildung 5:
Odol-Werbung aus dem Jahr 1902
46
Abbildung 6:
Hierarchy-of-effects-Modell
86
Abbildung 7:
Involvementhierarchien
88
Abbildung 8:
Attitude-toward-the-Ad-Modell
93
Abbildung 9:
Verteilung der Stichprobe nach Interesse für
130
Produkte
aus
der
Werbung
Abbildung 10:
Bewertung der verschiedenen Werbeformen
132
Abbildung 11:
Bewertung von Gestaltungsmitteln der Werbung
134
Abbildung 12:
Mittelwerte für das allgemeine Denken über
136
Werbung
Abbildung 13:
Bewusstes Vermeiden von Werbung
138
Abbildung 14:
Gründe für bewusstes Vermeiden von Werbung
140
Abbildung 15:
Anforderungen
an
die
Werbung
142
Abbildung 16:
Aufmerksamkeit beim Anschauen oder Anhören
einer
Werbebotschaft
143
Abbildung 17:
Glaubwürdigkeit
von
TV-Spots
143
Abbildung 18:
Informativität
von
TV-Spots 144
Abbildung 19:
Bedeutung der Werbung für die Wirtschaft
145
Abbildung 20:
Würden Sie etwas vermissen, wenn es keine
Werbung
mehr
gäbe?
146
Abbildung 21:
Einstellung
zu
Sms-Werbung
148
Abbildung 22:
Einstellung zu Werbung per E-Mail
149
Abbildung 23:
Persönliche Begrüßung auf einer Internetseite
152
Abbildung 24:
Einstellung zu Werbung im interaktiven Fernsehen 154
Abbildung 25:
Einstellung zu sprechenden Werbeplakaten
157
Abbildung 26:
Einstellung zu personalisierten elektronischen
Zeitungen
159
Abbildung 27:
Einstellung zur Identifikation über Augenscanner
161

Tabellenverzeichnis
VII
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Darstellung der Fragen zu soziodemographischen Daten
113
Tabelle 2: Darstellung der Fragen zu Vorlieben und Einstellung
gegenüber
Werbung 114
Tabelle 3: Darstellung der Fragen zum Umgang mit Werbung
115
Tabelle 4: Darstellung der Fragen zur Bewertung von Fernseh-
werbung
116
Tabelle 5: Darstellung der Fragen zum Stellenwert der Werbung
116
Tabelle 6: Darstellung der Frage zu Sms-Werbung 117
Tabelle 7: Darstellung der Fragen zu personalisierten Formen
der
Werbung
118
Tabelle 8: Darstellung der Fragen zu extremen Formen der
personalisierten
Werbung
119
Tabelle 9: Überblick über Forschungsfragen und zugeordnete
Fragen 120
Tabelle 10: Änderungen der Frage 2.10 aufgrund der Pre-Test-
Ergebnisse
122
Tabelle 11: Verteilung der Stichprobe nach Lebensalter und
Geschlecht
124
Tabelle 12: Verteilung der Stichprobe nach Beschäftigung
125
Tabelle 13: Verteilung der Stichprobe nach Beschäftigung
und
Geschlecht
126
Tabelle 14: Verteilung der Stichprobe nach Schulabschluss
127
Tabelle 15: Verteilung der Stichprobe nach Nutzung öffentlich-
rechtlicher
und
privater
Programme
128
Tabelle 16: Verteilung der Stichprobe nach Dauer der
Fernsehnutzung
129
Tabelle 17: Verteilung der Stichprobe nach Interesse für
Produkte
aus
der
Werbung 131
Tabelle 18: Mittel- und Modalwerte für Werbeformen nach
Rangfolge
133
Tabelle 19: Mittel- und Modalwerte für Gestaltungsmittel nach
nach
Rangfolge
134
Tabelle 20: Allgemeines Denken über Werbung
136
Tabelle 21: Verhalten während einer Werbepause
137
Tabelle 22: Mittelwerte für die Fragen 2.11 bis 2.15
145
Tabelle 23: Wünsche bezüglich der Werbung in der Zukunft
146

Tabellenverzeichnis
VIII
Tabelle 24: Mittel- und Modalwerte für die Antwortoptionen zu
Werbebannern
150
Tabelle 25: Persönliche Begrüßung auf einer Internetseite
151
Tabelle 26: Gezielte Produktangebote auf einer Internetseite
153
Tabelle 27: Mittel- und Modalwerte für die Antwortoptionen zu
Product
Placement
155
Tabelle 28: An eigene Bedürfnisse angepasste Werbung
162
Tabelle 29: Einstellung zum Datenschutz
163
Tabelle 30: Vorstellung von der Werbung in der Zukunft
164

A. Einführung: 1. Die Ausgangssituation
1
A.
EINFHRUNG
1.
Die Ausgangssituation
1.1
Skizzierung des Arbeitsgegenstandes
Werbung als Kommunikationsform ist so alt wie das bewusste Wirtschaften selbst.
Sie ist Bestandteil unseres täglichen Lebens und zu Zeiten der
Informationsgesellschaft begegnet sie den Menschen nahezu überall. Die
Werbung im Alltag bietet Gesprächsstoff und Reibungspunkte. Sie ist zu allen
Zeiten ,,eine höchst interessante Beobachtungsplattform für zeitgleiche
Entwicklungen in anderen gesellschaftlichen Bereichen" (Schmidt, Spieß 1997, S.
2). Die Art der Konfrontation mit Werbung, die wir täglich erfahren, hat sich im
Zeitverlauf stark gewandelt. Verschärfter Wettbewerb, Medienvielfalt, verändertes
Konsumverhalten, gesellschaftliche und technische Entwicklungen sind
maßgebliche Faktoren für diesen Wandel.
Ende des vorigen Jahrhunderts löste die Aufstellung der ersten Litfaßsäule noch
kontroverse Diskussionen aus. Heute dringt Werbung mehr und mehr in die
Privatsphäre der Rezipienten ein. In der Gegenwart werden personalisierte
Formen der Werbung immer präsenter. Aufgrund des starken Anwachsens des
Werbeaufkommens, sowie der Ausdifferenzierung der Medien, geht es bei der
Werbung für ein Produkt heute mehr darum, sich von anderen Produkten
abzuheben. Um effektiv zu sein, muss eine Werbung lauter, auffälliger und
schriller sein als andere Werbungen, so zumindest die Auffassung vieler
Werbungtreibender.
,,Das Ziel der Werbung besteht darin, die Einstellungen und Verhaltensweisen der
Verbraucher durch den Einsatz spezifischer Werbemittel im Sinne vorher
abgesteckter Marketingziele zu beeinflussen" (Gleich 2003, S. 329). Da das
Werbeaufkommen immens groß ist, stoßen klassische Werbeformen im Hinblick
auf die Erreichung dieses Ziels in der heutigen Zeit immer öfter an ihre Grenzen.
Es ist dabei nicht ganz klar, ob die Grenze der Akzeptanz herkömmlicher Werbung
bereits erreicht oder aber schon überschritten ist. Der Rezipient von heute hat sich
angeeignet, einen Großteil der Werbebotschaften nicht mehr bewusst
wahrzunehmen.

A. Einführung: 1. Die Ausgangssituation
2
Dieser Sachverhalt zwingt die Werbewirtschaft dazu, neue Techniken zu
entwickeln, um Aufmerksamkeit und Interesse mit ihren Werbebotschaften zu
erzeugen.
Der Konsument von heute fühlt sich nach aktuellen Studien von der Werbung
gestört und ungewollt beeinflusst, wenngleich er sie auch für wichtig und
notwendig befindet. Werbung lässt sich allgemein auch als eine Art Information
definieren, die eine angesprochene Zielgruppe zu einem bestimmten Verhalten
anregen möchte, vornehmlich dem Kaufverhalten. Der Wunsch des Konsumenten
besteht darin, dass Informationen über Produkte bzw. die Produkte selbst dann
bei ihm eintreffen, wenn er sie auch wirklich benötigt. Die Kunden bzw. spezifische
Zielgruppen sind nicht mehr so leicht einschätzbar wie zu früheren Zeiten, da sich
zahlreiche verschiedene Konsum- und Lebensstile entwickelt haben. Es werden
neue Strategien in der Kundenansprache erforderlich.
Um erfolgreich zu sein, muss sich die Werbung ,,eng mit sozio-kulturellen
Entwicklungen synchronisieren" (Schmidt, Spieß 1997, S. 2). Betrachtet man die
derzeitige Entwicklung des Werbemarktes, so geht der Trend hin zu einer
Personalisierung der Werbung. Die Werbung der Zukunft soll auf die individuellen
Wünsche der Kunden zugeschnitten sein, um noch mehr und vor allem gezielter
an sie verkaufen zu können. Die Kehrseite ist, dass sie dadurch noch präsenter im
Leben des Einzelnen werden wird. Wie Steven Spielberg in seinem Film ,,Minority
Report" eindrucksvoll vorführt, ist es vorstellbar, dass in der Zukunft per
Augenscanner die Identität eines Kunden ermittelt werden kann, um festzustellen,
wo Produktinteressen liegen, wo gekaufte Produkte hingehen und auch um die
Kunden personalisiert anzusprechen.
Hier stellt sich die Frage, ob Konsumenten dazu bereit sind, ihre Privatsphäre
beim Betreten eines Supermarktes aufzugeben, indem sie ihre Interessen
preisgeben oder ihre Einkäufe registrieren lassen. Das Hauptanliegen dieser
Arbeit ist es, die Akzeptanz solcher Formen der personalisierten Werbung zu
untersuchen. Beschäftigt man sich intensiv mit dem Gegenstandsbereich der
Werbung, stellt man fest, dass im Hinblick auf Werbung oft widersprüchliche und
kontroverse Aussagen gemacht werden. Fragen nach der Rolle der Werbung für
die Gesellschaft oder nach ihrem Einfluss auf die Konsumenten werden in der
Literatur oft diskutiert. Bei der Bewertung verschiedener Aussagen sollte immer

A. Einführung: 1. Die Ausgangssituation
3
danach differenziert werden, aus welcher Perspektive bzw. vor welchem
Hintergrund die Einschätzung der Werbung erfolgt. Werbung ist ein kulturelles
Phänomen. ,,Das Phänomen Werbung in seiner Gesamtheit findet man nicht in der
Realität, sondern man hat oder entwickelt eine Vorstellung davon" (Ingenkamp
1996, S. 11).
Zahlreiche Konzepte und Forschungsvorhaben beschäftigen sich mit der
Untersuchung von Werbewirkungen, sowie von Einstellungen gegenüber der
Werbung. In der praktischen Werbeforschung herrscht eine Präferenz für
evaluative Testverfahren vor, durch welche die Erfolgsaussichten einzelner
Werbeträger oder Kampagnen beurteilt werden sollen. Diagnostische Verfahren,
welche Aufschlüsse über Auslöser und Hintergründe der Werbewirkung geben
könnten, werden selten eingesetzt, sodass die Kritik an bereits existierenden
Forschungsansätzen nicht ganz unberechtigt ist.
Im Hinblick auf die Effektivität von Werbung und angesichts der Tatsachen, dass
Zielgruppen in der Moderne schwerer zu erfassen und die Trends sehr
schnelllebig sind, ist es von großer Bedeutung, die Einstellungen der Rezipienten
im Vorfeld gezielter Werbemaßnahmen zu erfragen. Die Frage lautet meist, wie
Werbung in der Zukunft auszusehen hat, um Aufmerksamkeit und Interesse für ein
Produkt zu erzeugen, nicht aber inwieweit die Werbung in den Alltag des
Konsumenten eindringen darf bzw. wie groß der Wunsch nach einer totalen
Einschätzbarkeit des Konsumenten in der Bevölkerung ist.
,,Werbung und Gesellschaft befinden sich gegenwärtig in einem diffusen
Verhältnis. Das Spektrum der Beziehungen reicht von Ablehnung bis
mehrheitlicher Zustimmung, von Zensur-Projekten bis Liberalisierungstendenzen"
(ZAW 2003, S. 27). Wenn das ,,Werbebombardement" an Akzeptanz einbüßt,
greifen die Strategien der Werbung ins Leere. Forschungen in diesem Bereich
liefern lediglich Tendenzen und Ansatzpunkte. Differenzierte Forschungen im
Gegenstandsbereich der personalisierten Werbung haben sich zum jetzigen
Zeitpunkt noch nicht etabliert, sodass zur Beantwortung der Forschungsfragen auf
fundierte Studien aus dem Bereich der klassischen Werbung zurückgegriffen
werden muss.

A. Einführung: 1. Die Ausgangssituation
4
Die derzeitige Werbeentwicklung, in der sich eine deutliche Tendenz in Richtung
personalisierter Werbung zeigt, wirft Fragen auf, zu deren Klärung diese Arbeit
einen Beitrag leisten will. Bedeutet die Personalisierung der Werbung eine
Informationsentlastung für den heutigen Konsumenten? Wird personalisierte
Werbung zwar als gezielte Werbung, aber zugleich auch als Angriff auf die eigene
Privatsphäre empfunden? Zur Realisierung personalisierter Werbetechniken ist ein
enger Kontakt zwischen Konsumenten, Produzenten und Werbetreibenden
vonnöten, deshalb stellt sich auch die Frage: Wird durch die Personalisierung,
durch welche sich das Volumen der Werbung deutlich reduzieren kann, wirklich
eine Entlastung der Rezipienten möglich oder kommt es zu neuen Formen des
,,Werbebombardements"?
Sind Personen, die eine positive Einstellung gegenüber Werbung haben auch
personalisierten Formen der Werbung gegenüber aufgeschlossen? Wenn zum
heutigen Zeitpunkt schon oft negative Einstellungen gegenüber Werbung laut
werden bzw. die Wahrnehmung der Werbung nur peripher erfolgt, welche
Werbeformen haben Zukunft? Ist der richtige Weg der Abschied vom heutigen
Werbebombardement hin zur Personalisierung? Welche Formen der
personalisierten Werbung scheinen erfolgversprechend und welche Formen
könnten sich durchsetzen? Ist zu befürchten, dass sich die Entwicklung dieser
Werbeformen, besonders im Hinblick auf die Verwendung persönlicher Daten,
verselbständigen wird?
Vom medienpädagogischen Standpunkt aus ist es von Bedeutung zu klären,
welche Kompetenzen sich die Rezipienten im Hinblick auf personalisierte
Werbestrategien aneignen müssen. Sind die Werbestrategien hinreichend
transparent bzw. wissen die Konsumenten um die Vorteile und Nachteile solcher
Werbeformen? Liefern die Werbetreibenden hinreichend Informationen, sodass
Unsicherheiten beim Konsumenten abgebaut werden können? Weiß der
Rezipient, wie er mit Daten zur eigenen Personen verfahren soll und wo mögliche
Gefahren liegen?
Die vorliegende Arbeit wird sich intensiv mit diesen Fragen auseinandersetzen
und einen Beitrag zur Klärung der Fragen leisten. Im folgenden soll ein Überblick
über die Zielsetzungen dieser Arbeit und die Vorgehensweise zur Klärung dieser
Fragen gegeben werden.

A. Einführung: 1. Die Ausgangssituation
5
1.2
Ziel der Arbeit
Der vorliegenden Arbeit liegen neben den eben dargelegten Fragen vier
Forschungsfragen zugrunde. Das Hauptziel der Arbeit besteht in der Klärung
dieser Forschungsfragen. Die erste Fragestellung gilt den Entwicklungslinien der
Werbung, die mit Hilfe der theoretischen Konzeptionen beantwortet werden soll.
Die zweite Forschungsfrage beschäftigt sich mit der Akzeptanz personalisierter
Werbung. Hier wurden zwei Unterfragen formuliert, die es gesondert zu
beantworten gilt. Die Forschungsfragen werden in der Untersuchungsmethodik
(Kapitel D) noch ausführlich erläutert.
Die Arbeit soll eine Einschätzung ermöglichen, wie sich Werbung in der Zukunft
entwickeln kann. Darüber hinaus soll die Akzeptanz von personalisierten
Werbeformen im Rahmen einer statistischen Erhebung erfragt werden. Auf Basis
der gewonnenen Daten soll eine Einschätzung möglich werden, inwieweit
zukünftige Alternativen der Werbung erfolgversprechend erscheinen. Der
theoretische Hintergrund, sowie die Ergebnisse der statistischen Erhebung sollen
in der anschließenden Diskussion eine Beantwortung der Forschungsfragen
ermöglichen.
Eine umfassende theoretische und empirische Untersuchung der Akzeptanz
personalisierter Werbung liegt zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vor, weshalb auf
die Formulierung von Hypothesen verzichtet wurde. Da der bisherige
Forschungsstand eine Beantwortung der Forschungsfragen nicht zulässt, erschien
es von theoretischem Interesse, eine Untersuchung in diesem Bereich
durchzuführen. Es kann davon ausgegangen werden, dass Vor- und Nachteile
personalisierter Werbeformen den Rezipienten noch nicht hinreichend bekannt
sind. Die praktische Relevanz dieser Arbeit liegt in der Diskussion und
Einschätzung dieser Vor- und Nachteile begründet, welche die Formulierung von
konkreten Handlungsempfehlungen vom medienpädagogischen Standpunkt aus
an die Rezipienten personalisierter Werbung ermöglichen soll.
Im nächsten Abschnitt wird die Vorgehensweise zur Bearbeitung des
Untersuchungsgegenstandes und zur Klärung der Forschungsfragen erläutert. Es
soll ein Überblick über die Gliederung der Arbeit bzw. die einzelnen Kapitel
gegeben werden.

A. Einführung: 1. Die Ausgangssituation
6
1.3 Überblick
Vor dem Hintergrund der Fragestellungen, sowie den formulierten
Forschungsfragen, ist es für eine Auseinandersetzung mit personalisierten
Werbeformen zunächst notwendig, wesentliche Einflussgrößen aus dem
Gegenstandsbereich Werbung zu referieren, um die derzeitige Werbeentwicklung
im Zusammenhang begreifen zu können. Die Berücksichtigung von allgemeinen
Gesetzmäßigkeiten der Werbung soll das Verständnis der aktuellen
Entwicklungen erleichtern. Zu diesem Zweck sollen zunächst relevante
Begriffsklärungen und Grundlagen zum Gegenstand Werbung ausgeführt werden.
Zu Beginn werden die Wortgeschichte (Kap. B 1.1) und Definitionen von Werbung
(Kap. B 1.2) behandelt, sowie die Definition personalisierter Werbung (Kap. B 1.3).
Anschließend werden zentrale Einflussgrößen aus dem Bereich Werbung und
Konsum (Kap. C 1) erläutert. Es sollen relevante Bereiche, die in der Praxis der
Werbung eine Rolle spielen, dargestellt werden. Wesentliche Aspekte wie das
Wirkungsverhältnis zwischen Werbung und Konsum (Kap. C 1.1) und zwischen
Werbetreibenden und Konsumenten (Kap. C 1.2) werden dargelegt, um
anschließend auf die Zielgruppen der Werbung (Kap. 1.3) einzugehen. Im
darauffolgenden Abschnitt wird auf ökonomische und gesellschaftliche Aspekte
von Werbung (Kap. C2) eingegangen.
Werbung hat wesentliche soziale und wirtschaftliche Funktionen. Um diese
Funktionen erfolgreich erfüllen zu können, sind Einstellungen der Rezipienten
gegenüber der Institution Werbung maßgeblich. Um neue bzw. zukünftige
Werbeformen beurteilen zu können, liefern sowohl die Erkenntnisse der
gegenwärtigen Forschung, als auch die Geschichte der Werbung wertvolle
Anhaltspunkte.
Deshalb soll in den darauffolgenden Kapiteln ein kursorischer Überblick über die
historische Entwicklung der Werbung vom Beginn der klassischen Medien bis hin
zur Personalisierung der Werbung gegeben werden. Es soll eine Verständnis
dafür geschaffen werden, was unter traditionellen und personalisierten
Werbeformen zu verstehen ist bzw. wo die Unterschiede liegen.
Zunächst werden die klassischen Werbemedien und ihre Anfänge (Kap. C 3.1),
sowie ihre Weiterentwicklung im Zusammenhang mit gesellschaftlichen

A. Einführung: 1. Die Ausgangssituation
7
Veränderungen (Kap. C 3.2) dargestellt. In Kapitel C 4 findet eine
Auseinandersetzung mit zukünftigen Werbeformen statt. Dies geschieht zunächst
auf der Basis des Films ,,Minority Report". Es werden die im Film dargestellten
Werbeformen, welche größtenteils noch Zukunftsmusik sind, dargestellt (C 4.1.2).
Des weiteren wird auf Werbung im interaktiven Fernsehen (Kap. 4.1.3) und
Strategien der Personalisierung (Kap. 4.1.6) eingegangen. Es soll aufgezeigt
werden, inwieweit diese Werbeformen bereits umgesetzt werden. Abschließend
wird der Zusammenhang Technologie vs. Privatsphäre (Kap. 4.1.5) diskutiert.
Danach sollen Möglichkeiten und Grenzen personalisierter Werbung (Kap. C 5)
aufgezeigt werden. Dabei wird auf rechtliche Rahmenbedingungen (Kap. 5.1.1),
moralische Gesichtspunkte (Kap. C 5.1.2) und ästhetische Gesichtspunkte (Kap.
5.1.3) eingegangen. Um die Effektivität der Institution Werbung zu gewährleisten,
werden kontinuierlich Forschungen zu Wirkungen der Werbekommunikation bzw.
zu Einstellungen gegenüber Werbung durchgeführt. Der bisherige
Forschungsstand (Kap. C6) soll mit Fokus auf die formulierten Fragestellungen
dargestellt werden.
Die bisherigen Forschungsergebnisse sollen hier bereits diskutiert werden, um im
methodischen Teil Zusammenhänge besser erfassen zu können. Es werden
zunächst Modelle der Werbekommunikation (Kap. 6.2) kurz dargestellt, um dann
auf die Bereiche Einstellungsbildung und Einstellungsänderungen (Kap. 6.3) und
das Konzept ,,Attitude toward the Ad" (Kap. 6.3.1) einzugehen. Relevante
Forschungsergebnisse zu diesem Konzept werden dargelegt, sowie weitere
Ergebnisse psychologischer Studien aus dem Bereich der Einstellungsforschung
(Kap. 6.4), welche eine Relevanz in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand
haben.
In der Untersuchungsmethodik (Kap. D) werden zunächst die Forschungsfragen
der Arbeit erläutert (Kap. D 1), um dann das Konzept der Untersuchung (Kap. D
2), die Erhebungsmethode (Kap. D 3), sowie den Untersuchungsablauf (Kap. D 4)
zu beschreiben. Die in der Erhebung gewonnen Ergebnisse werden im
darauffolgenden Kapitel (Kap E) dargelegt. Die Ergebnisse sollen im Hinblick auf
den Untersuchungsgegenstand zusammengefasst und erörtert werden. In der
Diskussion der Ergebnisse (Kap. F) sollen die Forschungsfragen anhand der
Ergebnisse in Verbindung mit den vorher dargestellten Fakten beantwortet

A. Einführung: 1. Die Ausgangssituation
8
werden. Es sollen interessante Zusammenhänge und Einzelergebnisse aufgezeigt
und interpretiert werden. Die gewonnenen Ergebnisse sollen mit der
zugrundliegenden Theorie verknüpft werden. Darüber hinaus sollen die
Ergebnisse der eigenen Erhebung mit den dargestellten Studien verglichen
werden. Abschließend sollen die Ergebnisse noch einmal in ihren wesentlichen
Punkten zusammengefasst werden, sowie ein Ausblick (Kap. G) mit Perspektiven
und medienpädagogischen Schlussfolgerungen gegeben werden.

B. Begriffsklärungen und Grundlagen: 1. Begriffliche Grundlagen
9
B. BEGRIFFSKLÄRUNGEN UND GRUNDLAGEN
1.
Begriffliche Grundlagen
1.4
Von der Reklame zur Werbung ­ Zur Wortgeschichte
Die Geschichte des Begriffes Werbung, sowie die Definitionen von Werbung
,,spiegeln Widersprüche, veränderte Auffassungen und Unsicherheiten wider"
(Behrens 1996, S.2). Schon die Beschäftigung mit der Wortgeschichte des
Ausdrucks Werbung ist nicht unproblematisch. Der Begriff ,,Werbung" hat seinen
Ursprung im Althochdeutschen. ,,Hwerban" bedeutet sich drehen, sich umtun oder
sich bemühen. Die Bedeutung des Ausdrucks wurde abwechselnd mit den
Wörtern ,,Reklame", ,,Propaganda" und ,,Werbung" ausgedrückt. Erst seit Mitte der
30er Jahre wird der Begriff ,,Werbung" verwendet.
Zuvor war die Bezeichnung Reklame üblich, ,,die inhaltlich enger ist und soviel
bedeutet wie ,,Aufmerksamkeit richten auf", ,,etwas bekannt machen", Interesse
wecken für etwas"" (Behrens 1996, S. 2). Der Begriff Reklame umfasst nur die
ersten psychologischen Wirkungen des Werbekontaktes, insbesondere die
Aufmerksamkeit, wogegen Werbung auch ,,die Beeinflussung von weitergehenden
verhaltensnahen Konstrukten wie Einstellungen, Bedürfnissen und Motiven"
(Behrens 1996, S. 2) mit einbezieht. Die Einführung des Begriffes Werbung
bedeutete nicht nur eine inhaltliche Ausweitung, sondern sollte vor allem den
negativ besetzten Begriff Reklame ersetzen.
Der Ausdruck ,,Werbung" wurde ,,erst vom Propagandaministerium der
faschistischen Diktatur auf die heutige Bedeutung festgelegt" (Haug 1980, S. 23ff).
Die faschistische Sprachlenkung verfolgte dabei verschiedene Zielsetzungen.
,,Zum einen wurde der Gebrauch bestimmter Ausdrücke der Bezeichnung solcher
Tätigkeiten oder Instanzen vorbehalten, mit deren Benennung stets positive
Wertung einhergehen sollte" (Haug 1980, S. 24), wie zum Beispiel ,,Führer" für
Hitler. Zum anderen sollte die Kommunikation über bestimmte Bereiche
ideologisch festgelegt werden. ,,Propaganda" wurde herausgezogen und nur den
politisch-staatlichen Tätigkeiten der Massenbeeinflussung zugeordnet.
,,Reklame" war bis 1933 der geläufige Ausdruck für ,,Wirtschaftswerbung". Sie
bekam die negativen Bestandteile des Bedeutungsfeldes zugewiesen und wurde

B. Begriffsklärungen und Grundlagen: 1. Begriffliche Grundlagen
10
der Ablehnung preisgegeben. ,,Werbung sollte etwas ,,Sauberes", ,,Ehrliches",
,,Unumstrittenes" bezeichnen" (Haug 1980, S. 25). Bereits in den 20er Jahren galt
der Begriff Reklame als anrüchig und schreierisch. Dennoch: ,,Die Kritik an der
Reklame ist sinngemäß auf die Werbung übertragen worden" (Behrens 1996, S.
3). Dies sollte nach Behrens nicht überraschen, denn durch den Begriffswechsel
haben sich die Begleiterscheinungen der Werbung nicht verändert. Diese
Begleiterscheinungen sollen in den folgenden Abschnitten noch erläutert werden.
Vorab soll eine Beschäftigung mit Definitionen von Werbung allgemein und
personalisierter Werbung stattfinden.
1.5
Werbung ­ Zur Definition
Bevor man sich mit bestimmten Aspekten des Gegenstandes ,,Werbung"
auseinandersetzen kann, ist es wichtig, sich mit der Definition dieses
Gegenstandes zu beschäftigen. Hier wird deutlich, dass es sich um einen sehr
komplexen Gegenstandsbereich handelt. Es ist nahezu unmöglich, den Begriff
Werbung in einer einzigen Definition erschöpfend zu charakterisieren. ,,In
wissenschaftlichen Definitionen wird versucht, das Erkenntnisobjekt sachlich zu
kennzeichnen und möglichst genau abzugrenzen. Den Werbewissenschaftlern ist
dies mit dem Begriff Werbung nur teilweise gelungen" (Behrens 1996, S. 2).
Dennoch sollen hier eine Auswahl einflussreicher Definitionen, sowie wichtige
Definitionsmerkmale des Gegenstandes Werbung vorgestellt werden.
,,Werbung ist eine Beeinflussungsform, die durch planmäßige Mittelanwendung
veranlassen will zum selbstgewollten Aufnehmen, Erfüllen und Weiterpflanzen des
von ihr dargebotenen Zweckes" (Behrens 1996, S. 3; vgl. Seyffert 1929), so lautet
eine klassische Definition von Werbung, die bis in die 60er Jahre als
richtungsweisend galt. Die Versuche, eine klare Definition und Abgrenzung für den
Gegenstand ,,Werbung" zu formulieren, sind genau wie die Werbung selbst, dem
Wandel der Anschauungen unterworfen. Die Fülle an verschiedenartigen
Definitionen und Abgrenzungen ist groß. ,,Es überwiegt aus traditionellen Gründen
die Identifikation von Werbung mit Wirtschaftswerbung" (Grunert, Stupening 1988,
S. 20).
Man kann bei den verschiedenen Definitionen solche unterscheiden, die vom Ziel
der Werbung ausgehen und solche, die von der Wirkung der Werbung sprechen.

B. Begriffsklärungen und Grundlagen: 1. Begriffliche Grundlagen
11
Des weiteren wird unterschieden zwischen ökonomisch orientierten, sowie am
Beeinflussungsprozess orientierten Definitionen. Seyffert nimmt in seine Definition
die Werbewirkung mit auf und geht von einem Konsumenten aus, ,,der autonom
über die Aufnahme einer Werbebotschaft entscheidet" (Behrens 1996, S. 3). Die
Definition von Seyffert wird als realitätsfremd bezeichnet, da Werbung in der Regel
nicht willentlich, sondern eher beiläufig wahrgenommen wird. Schon hier wird
deutlich, dass Kritik an der Werbung bereits bei ihrer Definition beginnen kann.
Eine weitere Definition ist charakteristisch für die Anschauungen, die sich in den
70er und 80er Jahren durchgesetzt haben. ,,Werbung ist eine Form der
beeinflussenden Kommunikation, durch die versucht wird, psychische Größen und
beobachtbare Verhaltensweisen im Sinne der Werbeziele zu verändern" (Behrens
1996, S. 3). Letztere Definition wird von Behrens als eine zeitgemäße
Werbedefinition bezeichnet, welche mit anderen Definitionen aus den 80er Jahren
korrespondiert. Hier wird Werbung durch einige kennzeichnende Eigenschaften
bestimmt:
· ,,Werbung ist ein Kommunikationsprozeß,
· Werbung ist ein Beeinflussungsvorgang,
· Werbung ist auf Veränderungen des beobachtbaren Verhaltens gerichtet,
z.B. auf Kaufverhalten...,
· Werbung ist ein Versuch, etwas zu erreichen. Der Begriff Versuch drückt
die Erfolgsunsicherheit aus. Es kann nicht genau vorausgesagt werden, ob
die angestrebten Werbewirkungen tatsächlich erreicht werden" (Behrens
1996, S. 4).
Auch die Begrifflichkeiten innerhalb des Gegenstandsbereiches Werbung sind
sehr vielfältig und die Trennlinien nicht eindeutig.
Es kann unterschieden werden zwischen Werbung im privaten Bereich, Werbung
im gesellschaftlichen Bereich und Wirtschaftswerbung. In einer Publikation von
sevenonemedia wird unterschieden zwischen Wirtschaftswerbung für Produkte
und Dienstleistungen, politischer Werbung für Parteien und Kandidaten und
sozialer Werbung, die auf soziale Belange hinweist, wie z.B. eine Kampagne
gegen Drogenmissbrauch (vgl. sevenonemedia 2002, S. 6).

B. Begriffsklärungen und Grundlagen: 1. Begriffliche Grundlagen
12
In dieser Arbeit soll das Augenmerk vornehmlich auf die Wirtschaftswerbung
gerichtet werden. ,,Unter Wirtschaftswerbung versteht man heute zielgerichtete
Kommunikationsmaßnahmen, die angewendet werden, um die Aufmerksamkeit
von Verbrauchern bzw. potentiellen Abnehmern auf Waren und Dienstleistungen
zu lenken" (OWM 2003, S. 1). Durch Werbung werden neue Produkte bekannt
gemacht und sie weckt die Bedürfnisse und Wünsche nach diesen Produkten
beim Konsumenten. ,,Werbung soll den Verkauf von Waren und Dienstleistungen
unterstützen.
Steigende Umsätze und ein wachsendes Bruttosozialprodukt gelten als Beweise,
dass sie für Unternehmen ebenso nützlich und sogar unentbehrlich ist wie für die
gesamte Volkswirtschaft" (Eicke 1991, S. 9). Die Werbung ist ein mächtiger
Wirtschaftsfaktor und unumstritten ein wesentlicher Teil unseres Alltagslebens,
welcher unsere Wahrnehmung von angebotenen Produkten, aber auch unseren
Lebensstil maßgeblich beeinflusst.
,,...Werbung spielt immer dann eine Rolle, wenn ein Verkäufer oder ein
Tauschwilliger einem potentiellen Käufer (oder Täuscher) einreden will, ein zu
verkaufendes Gut sei für ihn irgendwie nutzbringend, unabhängig von der
allgemein vorherrschenden ökonomischen Situation" (Ingenkamp 1996, S. 155).
1.6
Personalisierte Werbung ­ Zur Definition
Die derzeitige Werbeentwicklung zeigt starke Tendenzen in Richtung
personalisierter Werbeformen, welche im Rahmen dieser Arbeit dokumentiert und
diskutiert werden sollen. Zu diesem Zweck soll hier eine Abgrenzung dessen
erfolgen, was unter personalisierter Werbung zu verstehen ist.
Unter ,,personalisierter Werbung" versteht man Werbeformen, die gezielt auf eine
Person ausgerichtet sind bzw. die sich auf Angaben zu dieser Person beziehen.
Im Zuge der Veränderungen durch die Medien ist die Personalisierung der
Kundenansprache zu einem wesentlichen Teil von neuen Marketingstrategien
geworden. ,,Diese umfasst neben der persönlichen Ansprache mit Titel, Vorname,
Nachnahme und Anrede auch weitergehende Parameter wie psychographische
oder soziographische Informationen, Kaufhistorie und Konsumentenverhalten"
(Duden Wörterbuch der New Economy 2001, S. 98).

B. Begriffsklärungen und Grundlagen: 1. Begriffliche Grundlagen
13
Die Personalisierung erfolgt zum Zweck der Anpassung der Werbung an die
jeweiligen Interessen des Konsumenten durch Darstellung und Auswahl
interessanter bzw. Weglassen und Ausscheiden uninteressanter Daten. Im
Zusammenhang mit personalisierter Werbung werden Ausdrücke wie ,,der
gläserne Kunde", ,,Zeitalter der Ich-Produkte" oder ,,Marketing jenseits der
Massenwerbung" verwendet (vgl. Horx 2000, S. 6). Die Werbetreibenden sehen
sich einer Entwicklung gegenüber, bei der kaum ein Konsument mehr die
Werbung mit bewusster Aufmerksamkeit wahrnimmt, was vor allem auf
Fernsehwerbung zutrifft. Bei einer Vielzahl von unterschiedlichen Kanälen schaut
kaum jemand mehr hin, wenn Werbung gezeigt wird.
Darüber hinaus wird das Internet zunehmend als Nachfolger des Fernsehens
gehandelt. Diese Entwicklungen machen neue Werbestrategien erforderlich, die
sich in Formen der personalisierten Werbung manifestieren. Der Zukunftsforscher
Matthias Horx beschäftigt sich intensiv mit dem Konsumenten der Zukunft und
stellt sich die Frage, was dieser von seinem Leben erwartet, was er für dieses
Leben benötigt und was der Markt dafür tun, um den Konsumenten zufrieden zu
stellen. Nach Horx ist ein Produzent umso erfolgreicher, je mehr er auf die
individuellen Wünsche des Konsumenten eingeht. Genau darum geht es bei der
personalisierten Werbung.
Zur heutigen Zeit geht es für die Werbetreibenden in erster Linie um
Aufmerksamkeit und Kundentreue. Die Märkte segmentieren sich zunehmend und
Kunden sind sprunghafter geworden, was ihre Konsumgewohnheiten angeht. Um
diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen, soll eine personalisierte Ansprache
der Kunden erfolgen. Darüber hinaus wird daran gedacht, die Zustimmung der
Kunden zu jeglicher Art von Werbung vorab einzuholen, um Akzeptanzproblemen
und negativen Reaktionen entgegenzuwirken. Aus gewonnenen Informationen
über die einzelnen Kunden soll eine gezielte Ansprache formuliert werden.
Auch hier stößt die Werbung an Grenzen, denn Konsumenten sind nur sehr
eingeschränkt dazu bereit, Informationen über sich selbst preiszugeben. Dies
kann dazu führen, dass viele Werbetreibende ohne das Wissen des Kunden
Daten über diesen sammeln, was Akzeptanzeinbußen beim Konsumenten nach
sich zieht. Derzeit wird an verschiedenen Stellen getestet, wie die Konsumenten
auf Formen der personalisierten Werbung reagieren. Auf die derzeitige

B. Begriffsklärungen und Grundlagen: 1. Begriffliche Grundlagen
14
Entwicklung der personalisierten Werbung wird in den folgenden Kapiteln noch
detailliert eingegangen.
In dieser Arbeit werden sowohl solche Formen der personalisierten Werbung
diskutiert, die bereits angewendet werden, als auch extreme Formen der
personalisierten Werbung. Erstere finden sich hauptsächlich im Internet wieder
und letztere, welche sich auch auf andere Alltagsbereiche erstrecken, werden zur
heutigen Zeit größtenteils noch nicht standardmäßig eingesetzt.
Durch die zunehmende Individualisierung und auch durch die Entwicklung des
Internets ist eine neue Marktrealität entstanden. Wenn Technologien immer
intelligenter werden, ist es möglich, die Kundenansprache individuell zu
optimieren. Der Einzelkonsument rückt ins Zentrum des Interesses. Der Kunde
soll sich im Vorfeld über Produkte äußern, er soll bestimmen, welche Produkte
entwickelt werden und er soll angeben, wie sein individuelles Produkt gefertigt
werden soll. Es geht um die Herstellung von Unikaten. Das individuelle Produkt,
dass nach Kundenwünschen angefertigt wird, scheint zunehmend
erfolgversprechender.
Der Sinn und Zweck personalisierter Werbung besteht in der zielgerichteten
Werbung. Es kann eine angepasste Präsentation von Produkten, sowie eine
persönliche Ansprache erfolgen. Die Vermittlung von Informationen erfolgt speziell
auf den Kunden abgestimmt. Die vorher getroffene Auswahl stellt eine
Erleichterung bei der Informationssuche und ein Zeitersparnis für den Rezipienten
dar. Die Realisierung solcher Werbeformen wirft, wie bereits dargestellt,
zahlreiche Fragen auf, welche im Rahmen dieser Arbeit diskutiert werden sollen.

C. Theoretische Konzeptionen: 1. Werbung und Konsum
15
C. THEORETISCHE
KONZEPTIONEN
1.
Werbung und Konsum
1.1
Das Wirkungsverhältnis zwischen Werbung und Konsum
Wie zuvor bei der Definition des Begriffes Werbung festgehalten wurde, ist
Werbung eine Kommunikationsform. In einer Gesellschaft übt jede Art von
Kommunikation mehr oder weniger Einfluss aus. Die Werbung ist immer auch eine
Form der Beeinflussung. ,,Im Bereich des Konsums ist Werbung das
herausragende Beeinflussungsinstrument" (Nickel 1999, S. 57). Die Werbung trägt
dazu bei, dass sich aus einem Bedürfnis eines Konsumenten ein konkreter Bedarf
entwickeln kann (vgl. Nickel, 1999, S. 57). Bedarf zu wecken ist nach Nickel
ökonomisch legitim. Ein Bedürfnis ist ein allgemein menschlicher Faktor, während
der Bedarf eine ökonomische Kategorie beschreibt.
,,Werbung und Konsum" bezeichnen nach Haug einen komplexen
gesellschaftlichen Funktionszusammenhang. ,,Unter Werbung verstehen wir eine
große Mannigfaltigkeit von Erscheinungen, deren Abgrenzung von nicht
dazugehörigen Erscheinungen ebenso schwierig ist wie die Erfassung ihres
Zusammenhangs untereinander" (Haug 1980, S. 20). Der Begriff des Konsums ist
dagegen etwas greifbarer: Konsum ist der ,,Verbrauch oder Gebrauch von Gütern
zur Befriedigung irgendwelcher Bedürfnisse" (Haug 1980, S. 21). Schwieriger wird
es dagegen erneut, wenn man die Zusammenhänge zwischen Werbung und
Konsum erklären will.
Viele verschiedene Instanzen wie z.B. die Bedürfnisse, die Konsumenten, der
Kauf von Waren, Käufer oder Verkäufer gilt es zu berücksichtigen, wenn eine
theoretische und wertfreie Beschäftigung mit dem Zusammenhang erreicht
werden soll. Werbung wirkt nie als Werbung für das Kaufen als solches, sondern
als ,,Anreiz der Aneignung zwecks Bedürfnisbefriedigung" (Haug 1980, S. 200).
Sie steigert den Wunsch etwas haben zu wollen und sie dirigiert diesen. Dabei
geht es nicht nur um die Gestaltung des Produktes selbst, sondern auch darum,
auf welche Weise diese Produkte bzw. Gegenstände vom Konsumenten erlebt
und mit bestimmten Sinnvorstellungen verbunden werden.

C. Theoretische Konzeptionen: 1. Werbung und Konsum
16
Werbung wird vor allem oft deswegen kritisiert, weil sie künstlich den Bedarf
steigert und weil sie Konsumgütern über deren Gebrauchswert hinaus zusätzliche
Funktionen zuschreibt. ,,Wenn die Werbung den Konsumenten auf neue, mit dem
Gut indirekt verknüpfte Nebennutzen hinweist, sind dies oft sozial orientierte
Funktionen von Gütern" (Grunert 1981, S. 85). Es handelt sich in diesem
Zusammenhang um Güter, die das Bewusstsein ablenken, die gesellschaftliches
Ansehen versprechen, das subjektive Wohlbefinden steigern, die Gesundheit
fördern oder aber zum Streben nach Schönheit beitragen.
Es bleibt dabei offen, inwieweit die entsprechenden Bedürfnisse wirklich befriedigt
werden. Die Werbung stellt Produkte als magische Waren dar. Sie zielt nicht platt
auf das Bewusstsein und den Verstand ab, sondern vielmehr auf das
Unterbewusstsein des Konsumenten. Abhängige Variable dieses
Funktionszusammenhanges sind unsere Motivationen und Bedürfnisse. Hauptziel
der Werbung im kommerziellen Bereich ist es, den Absatz von beworbenen
Produkten zu steigern. ,,Die von jeder (Werbe-) Kommunikation evozierte Ideologie
ist die Ideologie des Konsums: Wir fordern sie auf, das Produkt X zu konsumieren,
weil es normal ist, daß sie etwas konsumieren, und wir schlagen Ihnen unsere
Erzeugnisse vor statt anderer, auf die typische Weise einer Persuasion, deren
Mechanismen Ihnen inzwischen ja alle bekannt sind" (Ingenkamp 1996, S. 16; vgl
U. Eco 1988).
Ursprünglich sollte die Werbung den Verbraucher durch Informationen bei der
Kaufentscheidung unterstützen bzw. unterschiedliche Produktqualitäten
herausstellen. ,,Dies ist jedoch zunehmend in den Hintergrund getreten. Werbung
wird jetzt vorrangig im Stil des Show-Business betrieben" (Eicke 1991, S. 1). Der
klassische Alltagskonsum wird von den Konsumenten zunehmend als langweilig
empfunden und es kann von einer Entstofflichung der Produkte gesprochen
werden. Es geht heute oft nicht mehr so sehr um das Produkt als solches, sondern
vielmehr um ein bestimmtes Lebensgefühl oder einen Life-Style, den der
Konsument mit dem jeweiligen Produkt verbindet. ,,Konsum handelt von der
Entwicklung der Bedürfnisse und Leidenschaften in individueller Form" (Horx
2000, S. 6).
Analog zu Entwicklungen im gesellschaftlichen, ökonomischen und technischen
Bereich verändern sich auch die Wünsche der Konsumenten nach spezifischen

C. Theoretische Konzeptionen: 1. Werbung und Konsum
17
Konsumerlebnissen. Welche Motive die Werbetreibenden und Konsumenten in
diesen Wirkungszusammenhang leiten, soll im folgenden skizziert werden.
1.2
Die Werbetreibenden und die Konsumenten
Am Prozess der Werbekommunikation sind zunächst die Werbetreibenden und
Werbeproduzenten, sowie Mediaplaner beteiligt. Des weiteren sind die
Konsumenten mit ihren individuellen Interessen und Bedürfnissen ein Teil dieses
komplexen Verhältnisses. ,,Dies wirft die Frage nach dem Verhältnis der
Beteiligten zueinander auf, danach, wie sie den jeweils anderen wahrnehmen, was
sie von ihm wissen und welche Interessen und Strategien sie verfolgen" (Gleich
1996, S. 105). Die Beschäftigung mit dieser Frage kann nach Gleich die
Interpretation von Ergebnissen der Werbewirkungsforschung, sowie die Effizienz
der Gestaltung von Werbekommunikation unterstützen (vgl. Gleich 1996, S. 105).
,,Die werbliche Beeinflussung von Verbraucherverhalten kann vorerst als
Manipulationsideologie von Werbetreibenden gelten. Sie entspricht den marketing-
und werbestrategischen Intentionen, nicht zwingend aber den realen
,,Werbewirkungen"" (Hölscher 1998, S. 174). Die Werbung verfolgt
absatzpolitische Ziele und soll Kaufentscheidungen beeinflussen. Wie in anderen
gesellschaftlichen Bereichen geht es auch in der Werbung um die Durchsetzung
von Interessen und um Machtgewinn. Werbung sendet aber dabei nicht nur
Botschaften, sondern sie empfängt auch kontinuierlich Informationen von den
Umworbenen in Form von deren Einstellungen, Verhaltensweisen und Wünschen.
Die Werbetreibenden werden oft auch als eine Art Mittlerrolle zwischen
Produzenten und Konsumenten beschrieben, welche in Form von
Dienstleistungen fremde Aufträge ausführen. Die Anbieter von Waren und
Dienstleistungen verfolgen stets das Ziel, neuen Produkten schnell breite
Verbraucherschichten zu erschließen. Hat sich eine Innovation am Markt
durchgesetzt, soll mithilfe der Werbung ihre Marktposition weiter ausgebaut oder
gegen Wettbewerber verteidigt werden. ,,Die werbliche Kommunikation ist jedoch
nicht als automatisch ablaufender Prozess im Sinne einer idealen Verständigung
aufzufassen (vgl. Nöth 1975, S. 45).

C. Theoretische Konzeptionen: 1. Werbung und Konsum
18
Weder gelingt es dem Werbenden immer, seine Intentionen ausreichend und
wirksam zu kodieren, noch wird die Werbebotschaft vom Empfänger
(Kommunikanten) stets so wahrgenommen, dekodiert und beachtet, wie es sich
der werbende Kommunikator wünscht" (Sowinski 1998, S.22). In
,,Verschwörungstheorien" werden die Werber oft als die geheimen Verführer
dargestellt, die dem Konsumenten gegen dessen Willen minderwertige Produkte
aufschwatzen wollen. Derartige Interpretationen erscheinen leicht überspitzt und
haben im Hinblick auf die Komplexität der Zusammenhänge im
Werbekommunikationsprozess wenig Gültigkeit.
,,Werbung ist bedeutsam und umstritten, die Werbefachleute sind selbstbewusst
und zugleich unsicher. Die einen fordern, Werbung müsse sich selbst radikal in
Frage stellen; die anderen verkündigen vollmundig, Werber demokratisieren den
Wirtschaftsprozess und erhöhten die Freiheit der Verbraucher" (Schmidt, Spieß
1997, S. 9). Die Debatten über Werbung, ihre Strategien und Techniken sind
vielfältig und entfachen bei jeder Veränderung in der Medien- und Werbewelt von
Neuem. Auch was die Wirkungen der Werbekommunikation betrifft, gibt es
kontroverse Meinungen.
,,Werber sind sympathische, intelligente und fleißige Leute, deren Blick jedoch nur
bis zum Konsumenten reicht. Sie meinen, daß die von Ihnen in die Welt gesetzten
Botschaften bei ihm enden und damit ihre Wirkung erschöpft haben" (Eicke 1991,
S. 13). Der Verbraucher von heute sieht sich fast rund um die Uhr einer Vielfalt
von Werbung ausgesetzt. Zahlreiche Forschungen beschäftigen sich mit dem
Einfluss der Werbung auf das Leben bzw. die Einstellungen der Konsumenten. Bei
der Beschäftigung mit Werbung wird eines schnell klar: zu behaupten, Werbung
sei wirkungslos, ist schlichtweg falsch.
,,Dieser Einfluß ist tatsächlich gewaltig, viel gewaltiger, als wir es uns allgemein
vorstellen können" (Marquart 1974, S. 61). Zur heutigen Zeit lässt sich ein
schneller Wandel der Trends beobachten, sodass immer neue Bedürfnisse
entstehen, die durch den Kauf eines Produktes scheinbar befriedigt werden
können. Teilweise kann man ein regelrechtes Konsumfieber beobachten, bei dem
Versuch jedem neuen Trend gerecht zu werden. Verhalten wir uns so, weil die
Werbung dies so will oder weil wir es selbst so wollen? ,,Die ständige Berieselung
durch Werbung, der wir nicht entgehen können - ...hinterläßt ihre Spuren in

C. Theoretische Konzeptionen: 1. Werbung und Konsum
19
unserem Verhalten. Wenn wir uns vielleicht auch nicht auf bestimmte Marken
festlegen, so reizt sie uns doch zum Kauf an" (Marquart 1974, S. 61).
Unumstritten bleibt, dass die Leistungen der Werbung ein wesentliches Element
der Marktwirtschaft darstellen. ,,Als Schaufenster der Marktwirtschaft verschaffen
TV-Spots, Anzeigen oder Plakate den für die Konsumenten notwenigen Überblick
über Produkte und Dienstleistungen. So arbeitet die Werbung als Scharnier, als
Moderator zwischen Produzenten einerseits und Konsumenten andererseits. Erst
durch Werbung werden die Verbraucher mit neuen Produkten bekannt gemacht
und in die Lage versetzt, zwischen verschiedenen Alternativen zu wählen"
(Schmidt, Spieß 1997, S. 10; vgl. Sudholdt, Kühner 1994). Dementsprechend trägt
die Werbung entscheidend zur Freiheit des Konsumenten bei.
Da die Werbetreibenden immer eine spezifische Gruppe von Konsumenten mit
einer Werbepräsentation ansprechen möchten, ist die Kenntnis von
entsprechenden Subsystemen innerhalb der Gesellschaft, sowie darin
vorherrschenden Konsumgewohnheiten und Lebensstilen unerlässlich.
1.3
Zielgruppen der Werbung
Um Produkte erfolgreich vermarkten zu können, ist die Kenntnis von Zielgruppen
elementar. Es geht darum, die Werbung zum richtigen Zeitpunkt und am richtigen
Ort zu platzieren, um die entsprechenden Zielgruppen zu erreichen. ,,Werbung ist
der von Werbetreibenden geplante Versuch der Verhaltensbeeinflussung der als
Zielgruppe definierten Verbraucher mittels spezieller Kommunikationsmittel."
(Hölscher 1998, S. 175). Die Zielgruppen der Werbung unterliegen einem
ständigen Wandel, den es in Form kontinuierlicher Forschung zu erfassen und zu
dokumentieren gilt. Die Zielgruppen der Werbung stellen einzelne Fragmente der
Gesellschaft dar, für die jeweils spezifische Werbestrategien entwickelt werden
müssen.
Es handelt sich um Subsysteme innerhalb der Gesellschaft. ,,Das
Auseinanderdriften der Lebenswelten, Stile und Szenen ist die beherrschende
Dynamik in unserer Gesellschaft" (TdW Intermedia 2002, S. 18). Aufgrund der
zunehmenden Fragmentierung der Gesellschaft wird es für die Werbetreibenden
immer schwieriger, ,,sich ein zuverlässiges Bild vom Konsumenten zu machen"

C. Theoretische Konzeptionen: 1. Werbung und Konsum
20
(Gleich 1996, S. 105). Aus der soziologischen Forschungstradition sind bereits
verschiedene Milieubezeichnungen hervorgegangen, wie zum Beispiel das Milieu
der Konservativen, welche allerdings immer nur einen bestimmten Aspekt der
Lebenswelt hervorheben.
Nach ,,Typologie der Wünsche"-Intermedia charakterisieren diese
Umschreibungen eine Lebenswelt nicht angemessen, da sie zum einen durch
stetigen gesellschaftlichen Wandel schnell überholt werden und zum anderen
diskriminierende Konnotationen enthalten. Von der TdW Intermedia werden als
Modell für die Charakterisierung von Lebenswelten die Sinus-Milieus angeboten.
,,Sie liefern eine Art Ethographie der modernen ,,Island Society" (Sinus
Sociovision) und tragen dazu bei, die zunehmend fragmentierten Zielgruppen
einzuordnen und zu verstehen" (TdW Intermedia 2003, S. 18). Die folgende
Abbildung aus der ,,Typologie der Wünsche 2003" soll die Komplexität im Hinblick
auf die Einschätzung von Zielgruppen verdeutlichen.
Abbildung 1: Sinus-Milieus in Deutschland 2003
Quelle: TdW Intermedia 2003, S. 19
Es ist allerdings festzuhalten, dass die Grenzen zwischen den Milieus fließend
sind. Lebenswelten seien nicht so leicht abgrenzbar wie soziale Schichten (vgl.
TdW Intermedia 2003, S. 18). Eine angemessene Einschätzung von Zielgruppen
wird nur dann möglich, wenn der ganze Mensch und sein Bezugssystem
berücksichtigt wird. ,,Denn die Unterschiedlichkeit von Lebensstilen ist für die

C. Theoretische Konzeptionen: 1. Werbung und Konsum
21
Alltagswirklichkeit von Menschen vielfach bedeutsamer als die Unterschiedlichkeit
sozioökonomischer Lebensbedingungen" (TdW Intermedia 2002, S. 18).
Beim Sinus-Modell werden sowohl die Dimension der sozialen Lage als auch
Lebensstile, Wertorientierungen und ästhetische Vorlieben berücksichtigt. ,,Soziale
Zugehörigkeit wird heute weniger von schichtspezifischen Merkmalen geprägt als
von Lebensstil-Gemeinsamkeiten und deren Wahrnehmung" (TdW Intermedia
2002, S. 18). Mit Hilfe der Sinus-Milieus wird es für die Werbetreibenden
erleichtert, spezifische Zielgruppen für Produkte einzugrenzen und eine adäquate
Ansprache zu formulieren. Zum besseren Verständnis dessen, was die
Werbetreibenden als eine Zielgruppe definieren, soll eine Zielgruppe für ein
Produkt hier beispielhaft dargestellt werden.
Die Marke ,,Smirnoff Ice" gibt auf ihrer Internetseite bei den Produktinformationen
die Zielgruppe der jungen Erwachsenen zwischen 18 und 35 Jahren an. Als
Kernzielgruppe gelten männliche Personen zwischen 18 und 35, die jung, mobil,
trendy, erlebnisorientiert, experimentierfreudig, gesellig und kontaktfreudig sind
und gerne ausgehen. Bei einer Einschätzung von Zielgruppen ist es wichtig, von
der Lebenswelt und dem Lebensstil der Menschen auszugehen und nicht bei
formalen Kriterien wie Bildung, Beruf oder Einkommen anzusetzen.
Grundlegende Wertorientierungen und Einstellungen sind hier maßgeblich, um die
Effektivität von Werbemaßnahmen absichern zu können. Die Ziele der Werbung
liegen primär im ökonomischen Bereich. Zur Erreichung der ökonomischen Ziele
der Werbekommunikation versucht Werbung, die Konsumenten zum Kaufen der
beworbenen Produkte anzuregen. Der Einfluss auf Kaufentscheidungen ist aber
nicht der einzige Einfluss, der im Verlauf eines Werbekommunikationsprozesses
wirkt. Im nächsten Abschnitt sollen diese Zusammenhänge näher beleuchtet
werden. Es werden ökonomische Aspekte, sowie soziokulturelle Aspekte von
Werbung dargestellt, sowie die Funktion der Werbekommunikation als Generator
von Handlungsdispositionen.

C. Theoretische Konzeptionen: 2. Ökonomische und gesellschaftliche Aspekte
22
2.
Ökonomische und gesellschaftliche Aspekte von Werbung
In diesem Abschnitt werden relevante ökonomische und gesellschaftliche Aspekte
von Werbung dargestellt. Diese sollen hier gesondert behandelt werden, um die
Zusammenhänge zwischen Werbung und Gesellschaft bzw. die
Wirkungsmechanismen zwischen Werbekommunikation und Konsumenten besser
durchschauen zu können.
2.1
Ökonomische Aspekte von Werbung
Unter ökonomischen Gesichtspunkten wird Werbung im Sinne von Marketing
thematisiert. Wie bereits festgehalten, ist es das Hauptziel der Werbung, den
Absatz von beworbenen Produkten zu steigern. Nachdem die Werbung in der Zeit
der Aufklärung bis zur Französischen Revolution vor allem als Propagandamittel
diente, hat sie seit der industriellen Revolution ihre wirtschaftlichen Funktionen
stark ausgebaut. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist der Indikator des monetären
Aufwandes, der mit der Werbung zusammenhängt von Interesse. Für die
klassischen Werbemittel existieren eine Vielzahl von Schätzungen über den
Umfang der Werbeaufwendungen.
Der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) gibt jährlich einen
Überblick über die Entwicklung der Gesamtaufwendungen für Werbung. Für das
Jahr 2002 werden Werbeinvestitionen in Höhe von 29,62 Mrd. Euro angegeben
(vgl. ZAW 2003, S. 10). Die Investitionen in Werbung haben sich gegenüber dem
vorhergehenden Jahr um 1,84 Mrd. Euro verringert. Der Anteil der
Werbeinvestitionen am Brutto-Inlandsprodukt (2 108,20 Mrd.) betrug 1,40 Prozent.
,,Die Entwicklung des deutschen Werbemarktes ist von immer schwerer
kalkulierbaren Einflussfaktoren geprägt" (ZAW 2003, S. 9). Nach langem
Wachstum des Werbemarktes kam es 2001 zu einer Stagnation und 2002 zu einer
Rezession.
Steigende Arbeitslosigkeit, Rückgang der Aktienkurse, der die private Nachfrage
zurückgehen lässt und weitere Einflussfaktoren spielen bei dieser Entwicklung
eine Rolle. Von einem einheitlichen Werbeverhalten der Wirtschaft kann nicht
gesprochen werden. ,,Nachdem das monetäre Werbevolumen in Deutschland im
internationalen Vergleich nach den Vereinigten Staaten und Japan seit Jahren an

C. Theoretische Konzeptionen: 2. Ökonomische und gesellschaftliche Aspekte
23
dritter Position rangierte, ist es nach den zuletzt verfügbaren Daten 2001 von
Großbritannien abgelöst worden und auf den vierten Rang gefallen (ZAW 2003, S.
22). Um den Wert der Werbung für Wirtschaft und Gesellschaft herrscht seit jeher
eine öffentliche Debatte.
Der hier zu behandelnde Zusammenhang stellt sich aber weitaus komplexer dar
als eben nur in der Erkenntnis, dass jeder, der für seine Produkte wirbt, Umsatz
machen will. Zweifellos: die Steigerung des Abverkaufs durch Werbekontakte (vgl.
sevenonemedia 2002, S. 8) ist zentrales Ziel der Werbung aus Sicht der
Werbungtreibenden. ,,Produkte ohne adäquate Werbung sind ebenso unrealistisch
wie Werbung ohne adäquate Produkte" (Nickel 1999, Einband). Die Werbung ist
ein Teil des dynamischen Systems der Marktwirtschaft. Werbung kurbelt die
Wirtschaft an, trägt zur Leistungsfähigkeit und zur Preissenkung bei.
Werbung wirkt sich insofern auf die volkswirtschaftliche Produktivität aus, indem
sie durch ihren Einsatz Verlusten entgegenwirkt. ,,Werbung ist für die Hersteller
von Waren ein Mittel zum Abbau von Risiken bei Investitionen. Wenn im Vertrauen
auf den vorhandenen Bedarf produziert wird, die Erzeugnisse aber wegen
mangelnden Wissens nicht abgesetzt werden können, erleidet die Volkswirtschaft
Verluste (vgl. Nickel 1999, S. 11). Damit sich der Kosteneinsatz für die
hergestellten Produkte rechnet, sind Unternehmen dazu gezwungen, den Markt
mit allen zulässigen Mitteln zu beeinflussen, um Abnehmer für ihre Produkte zu
finden.
Es gilt, den Verbraucher von der Leistungsfähigkeit und ,,von dem in den Waren
verkörperten zusätzlichen Nutzen" (Nickel 1999, S. 14) zu überzeugen. Diese
Überzeugungsarbeit leistet die Werbung. Produkte, die keinen Erfolg haben,
werden ebenso vom Markt genommen wie Werbung, die keine
betriebswirtschaftliche Resonanz hat. Es besteht also eine Interdependenz: ,,Der
Erfolg von Werbung hängt entscheidend auch von der Ware selber ab; und die
Produkte wiederum sind in der Regel nicht mehr fähig, ohne Werbung den Weg
zum Konsumenten zu finden" (Nickel 1999, S. 15).
Deutschland steht unter den zehn werbestärksten Ländern Europas an der Spitze,
sodass sich die Firmen sehr starken Wettbewerbsverhältnissen ausgesetzt sehen.
Wo viel Wettbewerb herrscht, wird auch viel Werbung gemacht und umgekehrt.

C. Theoretische Konzeptionen: 2. Ökonomische und gesellschaftliche Aspekte
24
,,Unternehmen gewähren wegen des heftigen Wettbewerbs ungern Einblick in die
Ergebnisse ihrer Werbearbeit" (Nickel 1999, S. 26).
Man möchte auf den umkämpften Märkten der Konkurrenz keinen Einblick in die
eigenen Marketingstrategien gewähren. Wettbewerb trägt zur Leistungssteigerung
bei und auch zur Steigerung des Wohlstandes insgesamt. Die ökonomischen
Leistungen der Werbung sind durchaus ein bedeutender Faktor für die
Gesellschaft, dennoch sollte man nach Eicke den Wert einer Marke weniger im
Unternehmen und in seinen Produkten suchen, ,,sondern in den Gehirnen der
Konsumenten" (Eicke 1991, S. 11).
2.2 Soziokulturelle Aspekte von Werbung
In geisteswissenschaftlichen Fächern wird Werbung als eine kulturelle
Erscheinung behandelt. Werbung ist eine Erscheinungsform im öffentlichen Leben
und sie ist immer ein Teil menschlicher Kommunikation. ,,Moderne
Wirtschaftswerbung dient nicht nur der Anpreisung von Gütern, sondern wird von
der Soziologie und anderen Kulturwissenschaften (...) auch gerne als empirisches
Material benutzt, um Aussagen über die Gesellschaft zu treffen" (Ingenkamp 1996,
S. 11). Werbung ist immer auch ein kulturelles Phänomen. Die Frage, welche
Rolle die Werbung für die Gesellschaft spielt und wie das Verhältnis von Werbung
und Gesellschaft zu beschreiben ist, beschäftigt die Wissenschaft seit langem.
Durch die Werbung kommt es in der Gesellschaft zu einer Wissensstrukturierung.
,,Die Bilder, Symbole, Markennamen, kurzum alle von der Werbung erfundenen
kommunikativen Werte, müssen in die Gesellschaft kommuniziert werden bzw. in
die Gesellschaft diffundieren" (Ingenkamp 1996, S. 87). Je nach Werbeziel muß
die Werbung so viele Rezipienten wie möglich bzw. ihr jeweiliges Zielpublikum
erreichen. Auch wenn die Werbung die Gesellschaft nicht grundsätzlich spiegelt,
ist sie eng an den sozialen Wandel gebunden. In Untersuchungen hat sich
gezeigt, dass der Einfluss von Werbung auf die Gesellschaft oft überschätzt wird.
,,Von Manipulation durch Medien, und damit auch durch die Werbung, kann in
nicht-totalitären ,,Mediendemokratien", in denen es das Recht auf freie
Meinungsäußerung und ­verbreitung gibt, nicht die Rede sein. Die Medien tragen
allerdings zur Realitätsexplorierung bei" (Ingenkamp 1996, S. 109). Die Werbung

C. Theoretische Konzeptionen: 2. Ökonomische und gesellschaftliche Aspekte
25
hat neben ihren ökonomischen Auswirkungen auf das Gesamtsystem und ihren
individuellen Werbewirkungen auch einen erheblichen Einfluss auf das kollektive
Bewusstsein. ,,Die Sprecher und Verbände der Werbewirtschaft aber sind in erster
Linie Interessenvertreter, die sich als Vorkämpfer für etwas Gutes, Richtiges und
Unumstößliches gebärden und unfähig sind, die Werbung als Teil des
soziokulturellen Gesamtsystems zu verstehen" (Eicke 1991, S. 10).
Es gibt viele Beispiele, welche die unabhängig vom Produkt kommunizierten
Wertungen, die durch die Werbung transportiert werden, aufzeigen. ,,So warb der
Slogan ,,Hast du was, bist du was" eben nicht nur für das Wertpapiersparen,
sondern setzte gleichzeitig Maßstäbe für ein menschliches Miteinander, in dem
das ,,Haben" höher als das ,,Sein" bewertet wird" (Eicke 1991, S. 13). Werbung
setzt also neben der Vermittlung von Produktinformationen auch Maßstäbe für das
menschliche Handeln. Werbung kommuniziert also durchaus auch, welche
Produkte bzw. welche Handlungen zu größerem gesellschaftlichen Ansehen
verhelfen können und bedient sich dabei grundlegender Wertvorstellungen und
Sozialisationsinhalte.
2.3
Werbung als Generator von Handlungsdispositionen
Es herrscht ein allgemeiner Konsens darüber, dass es das Ziel der Werbung ist,
Handlungsdispositionen beim Rezipienten zu erzeugen. Wenn die Werbung
dieses Ziel nicht erreicht, ist sie nicht sinnvoll und könnte letztlich abgeschafft
werden. Da die Werbung aber in unserer Gesellschaft eine sehr präsente
Erscheinung ist, kann man davon ausgehen, dass Werbung grundsätzlich in der
Lage ist, kognitive Vorgänge beim Rezipienten zu steuern. ,,Die Bilder,
Vorstellungen und Ansichten, die durch die Werbung vermittelt werden und
Lernprozesse in Gang setzen, werden zu Sozialisationsinhalten und prägen daher
gesellschaftliche Bedürfnismuster, Normen und Wertvorstellungen" (Grunert 1981,
S. 79).
Werbewirkungen lassen sich danach unterscheiden, ob konkrete Einstellungen,
Verhaltensweisen, Wertvorstellungen etc. beeinflusst werden. Werbung vermittelt
neben Produktinformationen immer auch Verhaltensnormen. Zur Erreichung der
ökonomischen Ziele der Werbetreibenden (z.B. Kaufakte) lässt Werbung auch

C. Theoretische Konzeptionen: 2. Ökonomische und gesellschaftliche Aspekte
26
immer Sozialisationsinhalte (z.B. Wertvorstellungen) in die Werbebotschaften mit
einfließen, sodass ihr zumindest eine latente Sozialisationsfunktion zukommt (vgl.
Grunert 1981, S. 79). Je mehr sich die Werbung dieser Sozialisationsinhalte
bedient, desto eher wird auch auf allgemeine Verhaltenserwartungen und -
dispositionen einwirken.
Diese Erscheinung der Werbung wird von der Pädagogik in vielerlei Hinsicht
kritisiert und problematisiert. ,,Wie die Stahlindustrie Eisen und die Chemie Erdöl
als Rohmaterialien nutzen, so nutzt die Werbebranche die Gedanken und Gefühle
der gesamten Bevölkerung zur unbegrenzten und lizenzfreien Ausbeutung,
Bearbeitung und Veränderung" (Eicke 1991, S. 10). Oft wirken sich nicht nur
rational fassbare Erscheinungen auf den Verkaufserfolg einer Marke aus, sondern
weitaus komplexere psychologische Vorgänge innerhalb des Individuums, die
dazu führen können, dass man sich unbewusst von den in der Werbung
kommunizierten Wertvorstellungen leiten lässt, auch unabhängig davon ob diese
für die eigene Lebensgestaltung zuträglich sind.
Werbung ist grundsätzlich in der Lage psychologische Vorgänge auszulösen. ,,Das
Ansprechen der menschlichen Triebe ist der übliche und bekannteste, übrigens
auch der älteste Weg der psychologisch orientierten Werbung" (Franke 1964, S.
37). Mit einer vertieften Kenntnis über die psychologischen Mechanismen im
Individuum kann die Werbewirkung verstärkt werden. Latente Wünsche können
aktiviert werden und zu einem bestimmten Verhalten führen. Dabei ist es nicht
unbedingt erheblich, ob man durch die Werbung verführt wird, eine Tüte Nüsse
der Marke ,,Bimbo" und nicht ,,Bambo" zu kaufen (vgl. Eicke 1991, S. 12).
,,Problematisch aber wird es, wenn Werber als Ernährungsberater auftreten und
die Eß- und Trinkgewohnheiten verändern wollen, damit z.B. Kinder keine Milch
mehr trinken, sondern Süßigkeiten (,,Milchschnitte" oder ,,Pausenbrot" genannt)
essen und statt Brot einen Schokoladenriegel verzehren" (Eicke 1991, S. 12).
Abseits von dem eigentlichen Ziel der Werbung, den Absatz von Produkten zu
steigern, beginnt die Problematik der werblichen Beeinflussung. Unbewusste
Motive, zufällige Wirkungen der Werbung, Manipulation durch Werbung und
Auswirkungen der Werbung auf die Lebensgewohnheiten des einzelnen sind
Nebenerscheinungen von Werbung, die als problematisch angesehen werden.

C. Theoretische Konzeptionen: 2. Ökonomische und gesellschaftliche Aspekte
27
Diese Problematik besteht solange die Werbung existiert, und sie erscheint auch
im Besonderen relevant im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand der
personalisierten Werbung, da diese Formen der Werbung in vielerlei Hinsicht
weiter in die Lebensgewohnheiten der Menschen eingreifen als klassische
Werbeformen. Auf Basis dieser theoretischen Grundlagen zu zentralen Faktoren
im Werbekommunikationsprozess wird im nächsten Abschnitt die Entwicklung der
klassischen Werbemedien dargestellt, welche die Basis für die Beantwortung der
ersten Forschungsfrage nach den Entwicklungslinien der Werbung darstellt.
Diese Arbeit trägt den Titel ,,Werbung von gestern bis morgen ­ die Akzeptanz
personalisierter Werbung". Die Werbeentwicklung soll im Zusammenhang
betrachtet werden, um gegenwärtige Entwicklungen angemessen beurteilen zu
können. Die kursorische Rekonstruktion der historischen Entwicklung soll neben
klassischen und neuen Formen der Werbung auch Veränderungen in den
Sozialsystemen aufzeigen.

C. Theoretische Konzeptionen: 3. Historische Entwicklung der Werbung
28
3.
Historische Entwicklung der Werbung
3.1
Die Anfänge der Werbung
Will man die wirklichen Anfänge der Werbung analysieren, muss man weit
zurückblicken, denn ihre Ursprünge ,,liegen im Dunkel der Vorzeit, überall dort, wo
Menschen zum Erwerb von Waren verlockt oder überredet wurden" (Sowinski
1998, S. 4). Die Anfänge der Wirtschaftswerbung sind weit vor dem 19.
Jahrhundert anzusiedeln, in der Zeit, in der sich der Handel auf den Märkten
ausbreitete. ,,Hier wird sie zunächst als Waren- oder Musterdarbietung, als
Marktschreierei und Mundpropaganda, auch als Schilder- oder
Symbolzeichenwerbung üblich gewesen sein" (Sowinski 1998, S. 5).
Mit dem Aufkommen der Schrift und des Papiers wird die Produktion von Werbung
deutlich erleichtert. Mit dem Buchdruck schuf Johannes Gutenberg 1445 die
technischen Voraussetzungen für das erneute Auftreten von Werbung im großen
Stil. Historische Markenwaren sind Voraussetzung für alle Formen der Werbung.
Zu den ältesten Warenzeichen gehören beispielsweise Zeichen auf Eisenarbeiten
wie dem Rad oder dem Dreizack oder Bleisiegel und Stempel an Textilien aus der
römischen Antike. Ein Reichsgesetz von 1548 schreibt Stadt- und Meisterzeichen
vor. ,,Es bestand nicht nur ein Zeichenrecht, eine Zeichenpflicht, sondern sogar
Zeichenzwang, der als Kundenschutz verstanden wurde" (Bäumler 1997, S. 18).
Die Zeichenverfassung sollte dazu dienen, dass bereits gestandene Zeichen ihren
guten Ruf beibehielten und diejenigen, die neue Zeichen erfanden, sich einen
guten Ruf erwerben und Kundschaft verschaffen konnten. Bei einem
Kaufaustausch auf einem Marktplatz treffen sich Menschen, die sich kennen und
bereits wissen, was sie voneinander zu halten haben. Man ist über die
angebotenen Waren informiert, weiß dass sie schmecken und ihr Geld wert sind.
Das Produkt steht meist in direkter Verknüpfung zu einer Person, die dafür bürgt.
,,Das ändert sich, wenn Waren sich von ihren Herstellern lösen und auf Reisen
gehen. Die Ware wird entpersonalisiert. Ein Konsument hat jetzt nur das Produkt
vor sich" (Bäumler 1997, S. 26).
Über die Glaubwürdigkeit des Produzenten weiß der Konsument nun nichts mehr
zu sagen. Das Vertrauen muss auf andere Weise gebildet werden. ,,Der Wunsch
nach Vertrauen verlagert sich vom vertrauten Menschen auf öffentliches

C. Theoretische Konzeptionen: 3. Historische Entwicklung der Werbung
29
Vertrauen. Ein Jahrzehnte währender Aufbau" (Bäumler 1997, S. 26). Die Vielfalt
wächst und immer neue Produkte drängen auf den Markt, sodass die Unkenntnis
des Konsumenten zunimmt, sowie die Vertrauenssehnsucht. ,,Wie soll ich einem
Puddingpulver trauen, wenn ich doch Herrn Dr. Oetker gar nicht kenne? (Bäumler
1997, S. 26)"
Der Kunde muss sich auf die Marke verlassen. Die Namen der Markenartikel
sollen sich im Bewusstsein des Konsumenten festsetzen und diesen zum Kauf
animieren. Die Konsumwerbung der Neuzeit stellt eine einschneidende
Veränderung dar. Die ursprünglichen Funktionen der Werbung wurden durch die
Funktion des reinen Bekanntmachens abgelöst. ,,Zu den frühen erfolgreichen
Markenartikeln gehört z.B. jener Frucht- und Kräutersirup, den 1886 der Drogist
J.S. Pemberton in Atlanta/USA mit einer Zuckerlösung anreicherte und mit
kohlensäurehaltigem Wasser verdünnt unter dem Phantasienamen Coca Cola
vertrieb" (Sowinski 1998, S. 6).
Werbung ist kein datierbares Ereignis, sondern muss als eine Entwicklung mit
Übergangsformen verstanden werden. Der Ursprung der Werbung hängt auch
stark von der jeweils vertretenen Werbeauffassung ab. ,,Wer Werbung als
beeinflussende Kommunikation versteht, wird ihren Aufbau in den Ursprüngen der
Sprache und der Schrift suchen, denn Sprache und Schrift waren stets auch ein
Mittel der Überredung und Beeinflussung" (Behrens 1996, S. 6). Wenn Werbung
als Massenkommunikation für Massenprodukte verstanden wird, sind die Anfänge
der Werbung beim Beginn der Industrialisierung einzuordnen, da diese erst die
Voraussetzungen für die Massenkommunikation geschaffen hat.
,,Abgesehen von seinen Frühformen tritt das Phänomen Werbung seit etwa 140
Jahren auf ­ seit die Industrialisierung ihre ersten Anläufe hinter sich hatte" (Nickel
1999, S. 4). Aufgrund der industriellen Warenherstellung entwickelte sich ein breit
gefächertes Spektrum an Reklameformen (vgl. Agde 1998, S. 8). Da die Wurzeln
heutiger Werbestrategien in der historischen Entwicklung der Werbung zu suchen
sind, soll im folgenden die Entwicklung klassischer Werbemedien beschrieben
werden, um zum einen Veränderungen in den Werbetechniken und zum anderen
gesellschaftliche Entwicklungen, die damit zusammenhängen, zu dokumentieren.

C. Theoretische Konzeptionen: 3. Historische Entwicklung der Werbung
30
,,Die wirtschaftliche Werbung (Reklame) umfasst alle Maßnahmen zur
Absatzförderung: Anzeigen in Zeitung und Zeitschrift, Werbebrief, Prospekt und
Broschüre, Katalog und Flugblatt, Plakat, Schaufenster, Licht-, Film- und Radio-
Reklame usw. (...)" (Brockhaus 1950, S. 637).
3.1.1 Die Anzeige
Seit Beginn des 17. Jahrhunderts erschienen in Deutschland, Frankreich und
England Zeitungen mit Anzeigenabdrucken. ,,Das Zeitungswesen eröffnete durch
die Möglichkeit der Anzeige neue Wege der Wirtschaftswerbung, die jedoch nur
zögernd beschritten wurden" (Behrens 1996, S. 11). Auch wenn es Anzeigen
bereits im 17. Jahrhundert gab, kam der Durchbruch erst in der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts. ,,Die gedruckte Zeitung und die Anzeigenwerbung benötigten
eine überraschend lange Entwicklungszeit" (Behrens 1996, S. 11). Zunächst fand
man überwiegend Textanzeigen mit wenigen typographischen Elementen. Im
Gegensatz zur heutigen Bilderflut erschienen Anzeigen um 1900 in ein- oder
zweispaltigen Textzeilen.
Abbildungen wurden vorwiegend als Strichzeichnungen ausgeführt, ,,denn die
Bedeutung der Photographie als Werbemittel von Industrie und Handel war noch
kaum erkannt" (Väth-Hinz 1985, S. 11). Die Anzeigen waren grundsätzlich
schwarz-weiß. Durch graphische Elemente wurde die Anzeigengestaltung im
Deutschland des 19. Jahrhunderts werbewirksamer, da die Werbewirkung nicht
mehr alleine durch das Wort erzeugt werden musste. ,,Der Anzeigenteil innerhalb
der Zeitungen und (ab den 1870er Jahren) Zeitschriften vergrößerte sich: Lag er
1850 noch bei 20-40%, so war er um 1900 auf 50-70% gestiegen" (Meffert 2001,
S. 24). Die Liberalisierung der Presse spielte dabei eine große Rolle, denn die
Anzahl der verfügbaren Titel stieg erheblich.
Rudolf Mosse gilt als Pionier in der Vermarktung des Anzeigenmarktes. Er
handelte unter Zuhilfenahme eines Rabattsystems und eines Zeitungskataloges,
der Informationen über den Werbemarkt beinhaltete, mit Inseraten und gründete
später das ,,Berliner Tagblatt", welches er geschickt über Provinzzeitungen und
Gratisverteilungen vermarktete. Um 1900 wuchs das Verhältnis von Anzeigen zum
redaktionellen Inhalt in Zeitungen von 3:1 auf 5:1. 1970 kam es dann zu einem
regelrechten Anzeigenboom. Heute gibt es 427 verschiedene Titel mit einer täglich

C. Theoretische Konzeptionen: 3. Historische Entwicklung der Werbung
31
verkauften Auflage von 31 Millionen. Addiert erreichen die Zeitungen fast die
gesamte Bevölkerung. ,,Sie besitzen gute Kontaktqualitäten, darunter eine große
Bindungsstärke an die Mediennutzer und hohe Glaubwürdigkeit" (Nickel 1999, S.
82).
Das Werbemedium Anzeige findet sich aber nicht nur in Zeitungen, sondern auch
in Publikumszeitschriften, Anzeigenblättern, Fachzeitschriften und
Kundenzeitschriften wieder. In Tageszeitungen können Werbeanzeigen kurzfristig
eingesetzt werden. ,,Die technischen Voraussetzungen sind dafür gegeben und
Platz steht praktisch unbegrenzt zur Verfügung" (Behrens 1996, S. 171). Die
Anzeige galt in mehrfacher Hinsicht als ökonomisch bedeutsamer verglichen mit
dem Plakat. ,,Gleichzeitig aber stieg das Auftragsvolumen der Werbung insgesamt
derart an, daß das Aufkommen des ,,neuen" Mediums Plakat zu einem ,,Mediamix"
führte" (Meffert 2001, S. 25).
3.1.2 Das Plakat
Das Plakat gehört in die Kategorie der Außenwerbung, die nicht an ein
bestimmtes technisch-physikalisches Medium gebunden ist. Zur Außenwerbung
zählen alle Werbeträger und Werbemittel, die außerhalb geschlossener Räume
angewandt werden. In Deutschland gibt es knapp 400 000 Anschlagstellen für
Plakatwerbung. ,,Das Plakat ermöglicht es einer werbenden Firma, ihre
Werbebotschaft prägnant und aufmerksamkeitsstark im Straßen- und Stadtbild zu
positionieren" (Nickel 1999, S. 83). Das Plakat entwickelte sich aus
Mauerankündigungen und durch die Verbesserung der Drucktechnik erschienen
die ersten gedruckten Plakate, wobei ihre Bedeutung für die Wirtschaftswerbung
bis etwa zum 19. Jahrhundert gering war.
Dennoch wurde Werbung durch Plakate schon weitaus früher betrieben. Mit dem
Aufkommen des Papiers im 15. Jahrhundert in Deutschland ergab sich im
Gegensatz zum Pergament ein billigeres Schreibmaterial, das vor allem nach der
Entwicklung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern ,,für massenhafte
wirtschaftliche Ankündigungen in Form von Flugblättern und Messekatalogen und
ersten Zeitungen u.ä. genutzt werden konnte" (Sowinski 1998, S. 5). Schon aus
dem 16 Jh. sind bereits erste Plakate bekannt: beispielsweise für ein Schützenfest
1501 in Köln oder für eine Lotterie 1518 in Rostock (vgl. Sowinski S. 5). ,,Plakate

C. Theoretische Konzeptionen: 3. Historische Entwicklung der Werbung
32
enthielten vor allem politische und kirchliche Mitteilungen sowie verschiedene
Ankündigungen, z.B. von Theaterveranstaltungen, Festlichkeiten, Konzerten und
Versammlungen" (Behrens 1996, S. 12). Die Intensität der Reklamekunst in
Deutschland nach 1900 äußerte sich vor allem in der Plakatkunst, das Plakat
wurde mit ihr zum Kunstwerk" (Agde 1998, S. 9).
Die meisten wichtigen und markenbewussten Firmen warben für ihre Produkte mit
Plakaten. Aus reinen Schriftplakaten entstanden im 19. Jahrhundert die
Bildplakate. Nach 1900 glichen die Plakate in ihrer Flächigkeit und Größe fast der
Größe der laufenden Bilder im Kino. ,,Die Werbung im Deutschland der
Jahrhundertwende als öffentliche Form besonderer Massenkommunikation zielte
auf Massenverkauf und Massenproduktion der Industrie und kaum auf
Einzelanfertigung oder gar Luxus" (Agde 1998, S. 9). Geworben wurde für
praktisch alles, was es zu kaufen gab oder was man zum täglichen Leben
brauchte.
Abbildung 2: Persil-Werbung aus dem Jahr 1929
Quelle: Grosse 1980, S. 71
,,Beim Plakat handelt es sich um ein auf stärkste optische Wirksamkeit
ausgerichtetes grafisches Medium persuasiven Charakters" (Kamps 1999, S. 3).
Über die Wirkungsart des Plakates wird gesagt, dass das Plakat nicht gefallen,
aber auffallen muss. ,,Die Sensation erhöhe die Wirksamkeit eines Plakates, sie

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783832481360
ISBN (Paperback)
9783838681368
DOI
10.3239/9783832481360
Dateigröße
2.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Koblenz-Landau – Erziehungswissenschaften
Erscheinungsdatum
2004 (Juli)
Note
1,0
Schlagworte
einstellungsbildung interaktivität permission marketing datenschutz data mining
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