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Mikropolitik - Untersuchung eines soziologischen Phänomens

©2003 Diplomarbeit 107 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
In der heutigen Zeit der Globalisierung und immer höher werdenden Arbeitslosigkeit, ist ein gesteigertes Aufkommen von mikropolitischen Aktivitäten zu erkennen. Konkurrenzverhalten zwischen den Mitgliedern einer Organisation, distanzierte Haltung gegenüber den Arbeitskollegen und „Mobbing“, werden zu einem immer größeren Problem. Dadurch, dass der eigene Arbeitsplatz immer unsicherer wird, versucht jedes Mitglied, seine berufliche Position zu stabilisieren. Dabei werden häufig „unsanfte“ Mittel angewendet, um mehr Macht und Einfluss zu bekommen. Diese egoistischen Handlungen gehen häufig zu Lasten anderer Mitglieder einer Organisation.
Diese Diplomarbeit wird sich mit dem Phänomen der Mikropolitik beschäftigen. Hier soll die Kernfrage beantwortet werden, wie mikropolitische Handlungen durchgeführt werden und welche Gefahren und Vorzüge durch diese Handlungen entstehen. Zu diesem Zweck erkläre ich in den ersten Kapiteln die verschiedenen Grundbegriffe, um einen ersten Einblick vermitteln zu können. Außerdem befasse ich mich mit dem Zusammenhang zwischen Macht und Machtanwendung. Um der Untersuchung von Mikropolitik weiter folgen zu können, werde ich Techniken erläutern, die Personen anwenden, um eigene Interessen durchzusetzen.
Damit die Vollständigkeit erhalten bleibt, untersuche ich außerdem den Begriff des mikropolitische Spieles, welcher in der fachspezifischen Literatur immer wieder erwähnt wird. Letztendlich werden die Vor- und Nachteile von mikropolitischen Aktivitäten in Bezug auf Organisation und Mitglieder zusammenfassend erläutert, um einen konkreten Überblick zu erhalten.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Einleitung4
2.Grundbegriffe5
2.1Definitionen von Macht nach Lukes5
2.2Definition von Macht nach Weber7
2.2.1Unterschied von Macht und Herrschaft nach Weber9
2.3Definition von Macht nach Crozier und Friedberg12
2.3.1Macht als eine Austausch- und Verhandlungsbeziehung13
2.3.1Kontextgebundenheit von Macht17
2.4Ausübungsformen von Macht21
2.4.1Negative Formen der Machtausübung21
2.4.1.1Drohung21
2.4.1.2Warnung22
2.4.1.3Bestrafung24
2.4.2Positive Formen der Machtausübung25
2.4.2.1Versprechen25
2.4.2.2Belohnen26
2.4.2.3Empfehlung27
2.5Motive von Macht28
2.5.1Machtmotive nach McClelland28
2.5.2Machtmotive nach Grunwald30
2.6Definition von Politik32
3.Mikropolitik35
3.1Begriff der Mikropolitik38
3.2Mikropolitische Organisationsanalyse41
3.3Schwachstellen von […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7662
Lange, Michael: Mikropolitik - Untersuchung eines soziologischen Phänomens
Hamburg: Diplomica GmbH, 2004
Zugl.: Ruhr-Universität Bochum, Universität, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2004
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Grundbegriffe
2.1. Definitionen von Macht nach Lukes
2.2. Definition von Macht nach Weber
2.2.1. Unterschied von Macht und Herrschaft nach Weber
2.3. Definition von Macht nach Crozier und Friedberg
2.3.1. Macht als eine Austausch- und Verhandlungsbeziehung
2.3.1. Kontextgebundenheit von Macht
2.4. Ausübungsformen von Macht
2.4.1. Negative Formen der Machtausübung
2.4.1.1. Drohung
2.4.1.2. Warnung
2.4.1.3. Bestrafung
2.4.2. Positive Formen der Machtausübung
2.4.2.1. Versprechen
2.4.2.2. Belohnen
2.4.2.3. Empfehlung
2.5. Motive von Macht
2.5.1. Machtmotive nach McClelland
2.5.2. Machtmotive nach Grunwald
2.6. Definition von Politik
3. Mikropolitik
3.1. Begriff der Mikropolitik
3.2. Mikropolitische Organisationsanalyse
3.3. Schwachstellen von Organisationen
3.3.1. Dualität zwischen Kooperation und Konkurrenz
3.3.2. Intrapreneurship
Seite
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3.4. Zwei Ansätze von Mikropolitik
3.4.1. Akteurszentrierte Betrachtungsweise
3.4.2. Systemzentrierte Betrachtungsweise
3.4.2.1. Vier Machtquellen nach Crozier und Friedberg
3.5. Vorraussetzung für die Anwendung von Mikropolitik
3.5.1. Machiavellismus
3.6. Mikropolitische Strategien
3.6.1. Analyse von mikropolitische Strategien
3.7. Mikropolitische Taktiken
3.7.1. Verfahren zur Erfassung von Taktiken
3.7.2. Einflusstaktiken nach Neuberger
3.7.2.1. Zwang, (Nach-) Druck
3.7.2.2. Belohnung, Vorteile verschaffen
3.7.2.3. Einschaltung höherer Autoritäten
3.7.2.4. Rationales Argumentieren
3.7.2.5. Koalitionsbildung
3.7.2.6. Persönliche Anziehungskraft
3.7.2.7. Idealisierung, Ideologisierung
3.8. Mikropolitik in Unternehmen
3.8.1. Integratormacht
3.8.2. Maklermacht
4. Machtspiele in Unternehmen
4.1. Zusammenhang von Spielen und Mikropolitik
4.2. Spiele und Spieler
4.2.1. Arten von Spielen
4.2.1.1. Beispiele für mikropolitische Spiele
4.3. Das konkrete Handlungssystem
4.4. Eigenschaften von mikropolitischen Spielen
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5. Problemlösungen und Analysen
5.1. Reformen von vorhandenen Strukturen
5.1.1. Lean Management
5.1.2. Reformen nach Coleman
5.1.2.1. Strukturen in Unternehmen
5.1.2.2. Alternativen zur globalen Existenzfähigkeit
5.1.2.3. Reformen der Verfassung
5.2. Funktionen und Dysfunktionen von Mikropolitik in Unternehmen
5.2.1. Funktionen von Mikropolitik
5.2.2. Dysfunktionen von Mikropolitik
6. Zusammenfassung
7. Fazit
Literaturverzeichnis
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103

4
Kein Abschied auf der Welt fällt
schwerer als der von der Macht.
(Charles Maurice de Talleyrand)
1. Einleitung
In der heutigen Zeit der Globalisierung und immer höher werdenden Arbeitslosigkeit,
ist ein gesteigertes Aufkommen von mikropolitischen Aktivitäten zu erkennen.
Konkurrenzverhalten zwischen den Mitgliedern einer Organisation, distanzierte Haltung
gegenüber den Arbeitskollegen und ,,Mobbing", werden zu einem immer größeren
Problem. Dadurch, dass der eigene Arbeitsplatz immer unsicherer wird, versucht jedes
Mitglied, seine berufliche Position zu stabilisieren. Dabei werden häufig ,,unsanfte"
Mittel angewendet, um mehr Macht und Einfluss zu bekommen. Diese egoistischen
Handlungen gehen häufig zu Lasten anderer Mitglieder einer Organisation.
Diese Diplomarbeit wird sich mit dem Phänomen der Mikropolitik beschäftigen. Hier
soll die Kernfrage beantwortet werden, wie mikropolitische Handlungen durchgeführt
werden und welche Gefahren und Vorzüge durch diese Handlungen entstehen. Zu
diesem Zweck erkläre ich in den ersten Kapiteln die verschiedenen Grundbegriffe, um
einen ersten Einblick vermitteln zu können. Außerdem befasse ich mich mit dem
Zusammenhang zwischen Macht und Machtanwendung. Um der Untersuchung von
Mikropolitik weiter folgen zu können, werde ich Techniken erläutern, die Personen
anwenden, um eigene Interessen durchzusetzen.
Damit die Vollständigkeit erhalten bleibt, untersuche ich außerdem den Begriff des
mikropolitische Spieles, welcher in der fachspezifischen Literatur immer wieder
erwähnt wird. Letztendlich werden die Vor- und Nachteile von mikropolitischen
Aktivitäten in Bezug auf Organisation und Mitglieder zusammenfassend erläutert, um
einen konkreten Überblick zu erhalten.

5
2. Grundbegriffe
Um den Begriff der Mikropolitik besser verstehen zu können, ist es notwendig,
diverse Grundbegriffe vorab zu klären. Zu diesen Grundbegriffen gehört der zentrale
Begriff der Macht. Da es sich bei Mikropolitik um den alltäglichen Aufbau und Einsatz
von Macht handelt, ist es wichtig, dass dieser Begriff erst definiert wird, um ein
Grundverständnis zu schaffen.
Drei Definitionsarten sollen in diesem Zusammenhang beschrieben werden. Die erste
Definitionen stammt von STEVEN LUKES und JOSEF ZELGER, wobei konkret auf
die Theorie von LUKES eingegangen wird. Hiernach folgt eine klassische Definition
von Macht, nach MAX WEBER, welcher sich mit diesem Phänomen
auseinandergesetzt hat. Anschließend werden die Definitionen von CROZIER und
FRIEDBERG aufgegriffen werden. Da es sich hier um zwei Hauptvertreter der
mikropolitischen Analyse handelt, ist diese Untersuchung für ein Verständnis, sehr
wichtig. Auch wird es zu einer Untersuchung kommen, welche Mittel und Wege zur
Verfügung stehen, die eigenen Interessen in Organisationen zu verfolgen und
durchzusetzen. Letztendlich wird auf den Begriff der Mikropolitik eingegangen und
untersucht werden, warum es sich hier um politische Formen der Durchsetzung handelt.
2.1. Definitionen von Macht nach Steven Lukes
In der Literatur gibt es verschiedene Beschreibungen von Macht und jede dieser
Ausführungen hat ihre eigene Art und Weise, diesen Begriff konkret zu beschreiben.
Macht ist ein Phänomen, welches sich auf verschiedenen Ebenen bemerkbar macht. So
gibt es bei STEVEN LUKES ,,drei Gesichter", wie Macht im Alltag praktiziert wird.
Das ,,erste Gesicht" beschreibt die ,,Macht als Entscheidung". Hier wird eine typische
Konfliktsituation genannt, welche nach folgender Definition stattfindet:
,,In diesem Fall ist an eine Konfliktsituation gedacht: die mächtigere Person
A (oder Gruppe A, Organisation A) entscheidet gegen eine andere Person B
(oder Gruppe B, Organisation B). B hat ihre Präferenzen geäußert, aber A
mißachtet sie oder durchkreuzt sogar die Entscheidungen von B."
1
1
Neuberger, O.: Mikropolitik: der alltägliche Aufbau und Einsatz von Macht in Organisationen, Stuttgart
1995, S. 56

6
Es kommt hier zu einer Konfliktsituation, die zwischen den Personen A und B
ausgeübt wird. Die Machtausübung findet statt, weil Person A über mehr
Handlungsoptionen verfügt als Person B. Dadurch kann A eine Entscheidung treffen,
welche von B möglicherweise nicht anerkannt wird, jedoch Person B diese
Entscheidung durchführen muss, weil Person A über mehr Einfluss verfügt.
LUKES beschreibt das ,,zweite Gesicht" der Machtausübung als die ,,Macht der
Nicht-Entscheidung". Ein Phänomen wird beschrieben, das sich auf die Reduzierung
der Handlungsoptionen einer Person beziehen.
,,Hier nutzt A die Möglichkeit, die Entscheidungsalternativen für B zu
bestimmen. A kann bestimmte Optionen ausschließen, so daß sie gar nicht
mehr ,,zur Wahl" stehen. A braucht dann nicht gegen B einzuschreiten, weil
sie im Vorfeld schon dafür gesorgt hat, daß unerwünschte Entscheidungen
nicht fallen können. Insofern trifft A die Entscheidung, keine Entscheidung
von B zuzulassen."
2
Bei dem ,,ersten Gesicht" der Machtausübung, wurde ein klassisches Beispiel
erläutert. Eine Person A entscheidet, was eine andere Person B machen darf und was
sie zu unterlassen hat. Bei dem ,,zweiten Gesicht" der Machtausübung liegt die Macht
bei den Alternativen der Entscheidung. Hier wird einer Person vorgeschrieben, welche
Entscheidungen sie nicht treffen darf.
Das ,,dritte Gesicht" der Machtausübung bezieht sich auf die Macht durch ,,falsches
Bewusstsein". Hier wird eine Macht nicht von einer Person ausgeübt, sondern von einer
bestimmten Instanz. Eine Handlung wird nicht ausgeführt, weil eine Person diese von
einer anderen Person verlangt hat, sondern weil eine Handlung immer schon so
gemacht worden ist, oder es üblich ist, diese in einer derartigen Art und Weise
durchzuführen. Eine Norm verlangt eine Durchführungsart nach bewährter Manier.
,,Der dritte Fall ist eine Extremisierung des zweiten: Es gibt nun keine
verbietende identifizierbare Instanz A mehr und es stellt sich das Problem
einer Wahl zwischen Alternativen gar nicht, weil keine existiert: Alles läuft
wie immer, weil es sich so gehört."
3
2
Neuberger, O.: a.a.O., S. 56
3
Ebd.: S. 58

7
LUKES beschreibt in seinen Ausführungen, dass es nicht nur die ,,klassische Form"
der Machtausübung gibt, sondern auch bestimmte Sonderformen, die mit den ,,drei
Gesichtern von Macht" erläutert worden sind.
Auch andere Personen haben sich der Analyse von Macht gewidmet. Hier war das
Ziel vorhanden, dieses alltägliche Phänomen konkret zu beschreiben. Im Kernpunkt
liegen jedoch die verschiedenen Definitionen sehr nahe beieinander. Dennoch gibt es
bei den Definitionen sehr feine Unterschiede. So schreibt JOSEF ZELGER:
,,Die Person x (Machthaber) hat Macht über die Person y (Beherrschte) in
bezug auf die Handlungen, Entscheidungen oder Meinungen z
(Machtbereich), die y mit Wahrscheinlichkeit p ausführt (Machtfülle), wenn
x die Mittel q anwendet (Machtmittel), wobei für x die Kosten r auftreten
(Machtkosten) und x s Reserven zur Verfügung hat (Machtgrundlage)."
4
Hierbei handelt es sich um eine Person X, die Macht auf eine Person Y ausübt. Als
weitere Variable kommen Machtbereich, sowie die Wahrscheinlichkeit, dass Y diese
Entscheidung auch ausführt hinzu. Auch die Kosten, die auftreten, wenn X seine Macht
ausspielt, sowie die Reserven von Y sind von entscheidender Bedeutung. Hierbei
handelt es sich um ein ,,Aufwand-Nutzen-Verhältnis", welches eine Person abwägen
muss, damit sie mit den gegebenen Mitteln eine Machtbeziehung mit einer anderen
Person eingeht.
Im folgenden Abschnitt wird die Definition von Macht nach MAX WEBER, sowie
seine Unterscheidung von Macht und Herrschaft, beschrieben werden. Ferner sollen die
drei von WEBER beschrieben ,,Herrschaftstypen" erläutert werden, welche für ein
Grundverständnis dieses Themas sehr hilfreich sind.
2.2. Definition von Macht nach Weber
Um auf eine weitere klassische Definition von Macht einzugehen, soll hier diese von
MAX WEBER beschreiben werden, der sich auch mit diesem Phänomen
auseinandergesetzt hat. Für WEBER gibt es nicht nur die feindliche Ausübung von
Macht. Er interessierte sich auch für die Durchführungsformen der ,,friedlichen
Auseinandersetzung" und wie damit eine Situation der Machtausübung zustande
4
Neuberger, O.: a.a.O., S. 52

8
kommen kann. Um das Beschriebene etwas genauer zu erläutern, soll hier auf folgendes
Zitat eingegangen werden:
,,Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den
eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf
diese Chance beruht."
5
Zuerst scheint dieses Zitat nichts anderes auszudrücken als die anderen Definitionen
der Machtausübung. Der eigene Wille wird durchgesetzt, auch wenn es zu einem
Widerstand kommt. Betrachtet man jedoch das Zitat etwas genauer, so ist ein Wort zu
erkennen, welches von einer entscheidenden Bedeutung ist. Das Wort ,,auch" hat in
diesem Zusammenhang eine sehr große inhaltliche Bedeutung. Der Wille einer Person
wird durchgesetzt, auch gegen den Widerstand des anderen. Dieses Wort lässt
erkennen, dass es für WEBER andere Mittel gibt, Macht durchzusetzen; nämlich die
der friedlichen Ausübung.
WEBER schließt nicht aus, dass es Zwangsmittel gibt, um ein Ziel zu erreichen,
jedoch macht er darauf aufmerksam, dass es auch friedliche Durchführungswege gibt,
seinen Standpunkt zu vertreten und durchzusetzen.
,,Zu den Mitteln der Machtausübung gehören auch Informationen und die
Techniken zu ihrer Gewinnung, Speicherung, Verarbeitung,
Widerauffindung, Darstellung und Verbreitung. Auch für sie gilt, was
Giddens ,,Dualität von Struktur" genannt hat: Sie sind Medien der
Machtausübung und werden eben dadurch als Moment der
Herrschaftsstruktur reproduziert, - dies um so mehr, als Speicherung ein
Binden von Raum und Zeit bedeutet und Strukturen sich ja gegenüber dem
Handeln durch Verstetigung herausbilden und auszeichnen."
6
Dieses Zitat spricht von Informationen, welche als Durchsetzungsform der Macht
genutzt werden. WEBER erkannte schon, was in der heutigen Zeit, als eine der
wichtigsten Formen von Machtausübung angesehen wird. Informationen und wie mit
ihnen umgegangen wird, zählen zu den bedeutendsten Trägern dieses Phänomens. In
der heutigen Industriegesellschaft, wo Informationen, über die Vorgehensweisen der
Konkurrenz, den entscheidenden Schritt zur Zielerreichung bringen, können Personen
mit diesen Informationsquellen einen großen Druck auf Unternehmen ausüben.
5
Weber, M.: Soziologische Grundbegriffe, Tübingen 1984, S. 89
6
Ortmann, G.: Computer und Macht in Organisationen, Opladen 1990, S. 14

9
Für WEBER ist es ein wichtiger Punkt zu erkennen, in welchen Situationen es zu einer
Machtausübung kommen kann. Er beschreibt, dass Machtausübung ein ,,soziologisch
Amorphes" Phänomen ist. Folgendes wird hierzu von ORTMANN bemerkt:
,,Weber hat seinen Machtbegriff ,,soziologisch amorph" genannt (1972, 28),
weil alle denkbaren Qualitäten eines Menschen und alle denkbaren
Konstellationen jemand in die Lage versetzten können, Macht auszuüben."
7
WEBER betont hiermit, dass in jeder Situation des Alltages, Machtausübungen
praktiziert werden können. Der Autofahrer, welcher durch die Machtausübung der
Polizei zu bestimmten Handlungen gezwungen wird, oder auch die Schüler, welche
durch die Macht des Lehrers zu bestimmten Handlungen gedrängt werden.
Machtverhältnisse können nach WEBER überall und in jeder Situation vorkommen.
Jede Person hat die Möglichkeit, Macht auf andere Personen auszuüben und die
eigenen Interessen auch gegen den Widerstand des anderen durchzusetzen.
2.2.1. Unterschied von Macht und Herrschaft nach Weber
MAX WEBER hat sich ferner mit dem Begriff der Herrschaft auseinandergesetzt
und beschrieben, in welchem Zusammenhang dieser mit dem Begriff der Macht steht.
WEBER beschreibt hier grundlegende Unterschiede und definiert die Herrschaft als
legitime Art und Weise, Macht durchzusetzen.
,,Herrschaft soll heißen die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei
abgebbaren Personen Gehorsam zu finden; Disziplin soll heißen die
Chance, kraft eingeübter Einstellung für einen Befehl prompten,
automatischen und schematischen Gehorsam bei einer angebbaren Vielheit
von Menschen zu finden."
8
Herrschaft muss also von den Mitgliedern einer Gesellschaft als legitim angesehen
werden, damit diese angewendet werden kann. Häufig wird der Begriff der Herrschaft
in einen Zusammenhang gebracht, mit Regeln und Normen, die in Organisationen
vorhanden sind und welche von den Personen, die sich dieser Organisation anschließen
wollen, anerkannt werden müssen.
7
Ortmann, G.: a.a.O., S. 14
8
Weber, M.: a.a.O., S. 89

10
,,Erst eine Herrschaft, die bei den Beherrschten den Glauben an die
Vorbildlichkeit oder Verbindlichkeit der etablierten Ordnung wecken
vermag, hat Aussicht auf dauerhafte Sicherung (Weber 1988c: 475, 1972:
16). Nach Weber gibt es nur drei Legitimationsgründe ­ Charisma,
Tradition und Legalität (Weber 1972: 124)."
9
WEBER erläutert drei verschiedene ,,Herrschaftstypen", die sich gebildet haben. Im
Folgenden wird auf diese Typen eingegangen und beschrieben, welche Bedeutung
diese für WEBER haben.
Die traditionelle Herrschaft
Diese Art der Herrschaft lässt sich in einem Zusammenhang bringen, mit der
Machtausübung von Stammesältesten, Fürstentümern und andere Monarchien, welche
durch eine traditionale, legitime Herrschaft, Macht ausüben können.
,,Die traditionale Herrschaft, die ,,auf dem Alltagsglauben an die Heiligkeit
von jeher geltender Tradition und die Legitimität der durch sie zur Autorität
berufenen" basiert; in ihr wird der Gehorsam ,,der Person des durch
Tradition berufenen und an die Tradition (in deren Bereich) gebundenen
Herrn kraft Pietät im Umkreis des Gewohnten" entgegengebracht."
10
Die charismatische Herrschaft
Diese Form der Machtausübung wird konstruiert durch Heldenverehrung und
Vorbilder, welche durch ein bestimmtes Charisma, das diese Personen besitzen, Macht
ausüben können.
,,Die charismatische Herrschaft, die auf der ,,außeralltäglichen Hingabe an
die Heiligkeit oder die Heldenkraft oder die Vorbildlichkeit einer Person
und der durch sie offenbarten oder geschaffenen Ordnung" beruht; in ihr
wird ,,dem charismatisch qualifizierten Führer als solchem kraft
persönlichen Vertrauens in Offenbarung, Heldentum oder Vorbildlichkeit
im Umkreis der Geltung an dieses sein Charisma gehorcht". "
11
Die legale Herrschaft
Diese Art der Herrschaft wird legitimiert durch eine legale Satzung oder eine
Gesetzgebung, die von den Mitgliedern einer Gesellschaft anerkannt wird.
9
Kieser, A.: Organisationstheorien, Stuttgart, Berlin, Köln 2001, S. 46
10
Ebd.: S. 47
11
Ebd.: S. 46

11
,,Die legale Herrschaft, bei der die Legitimitätsgeltung rationalen Charakter
hat und ,,auf dem Glauben an die Legalität gesetzter Ordnungen und des
Anweisungsrechts der durch sie zur Ausübung der Herrschaft Berufenen
ruhen"..."
12
WEBER betont, dass die ,,charismatische Herrschaft" und die ,,traditionelle
Herrschaft", ,,vorrationale Formen" der Herrschaft sind. In der ,,legalen Herrschaft"
sieht WEBER die ,,rationale Form" der Herrschaft. Hier betont er, dass sich die ,,legale
Form" der Herrschaft durch Sachlichkeit, Unpersönlichkeit und Unberechenbarkeit
auszeichnet.
,,Charismatische und traditionale Herrschaft sind vorrationale Formen der
Herrschaft, die legale Herrschaft ist dagegen eine rationale. Kennzeichen
der Rationalität sind vor allem Sachlichkeit, Unpersönlichkeit und
Berechenbarkeit (Gabriel 1979: 32). Die reinste Form legaler Herrschaft ist
die Bürokratie (Weber 1972: 126)."
13
Diese Ausführungen sollen zeigen, dass es einen grundlegenden Unterschied
zwischen Macht und Herrschaft gibt. In der Bürokratie eines Systems ist die rationalste
Form der Herrschaft vorhanden. Hier werden Verwaltung, Kalkulation oder auch
Personalfragen auf rationale Art und Weise durchgeführt, damit so effektiv wie
möglich gehandelt werden kann.
Doch was bedeutet Rationalität? Wie kann dieser Begriff verständlich erläutert
werden? Um dieses näher zu erklären, soll hier auf ein Zitat von HOMANS
eingegangen werden, welches folgendes beschreibt:
,,Jeder Mensch wird, wenn er zwischen alternativen Handlungen zu wählen
hat, wahrscheinlich diejenige wählen, für die ­ entsprechend seiner
Einschätzung zum gegebenen Zeitpunkt ­ das Produkt aus dem Wert (w)
des Ergebnisses und der Wahrscheinlichkeit (p), das Ergebnis zu erzielen,
größer ist; und je höher der Wert von p mal w für die eine Handlung im
Vergleich zu ihrer Alternative ist, um so eher wird er die erste Handlung
wählen."
14
Hier wird gezeigt, dass Rationalität etwas mit Entscheidungen zu tun hat. Jede
Person wird eine Handlungsalternative treffen, welche für diese Person am günstigsten
ist. Dieses kann auch auf die rationale Form der Herrschaft übertragen werden. Es wird
12
Kieser, A.: a.a.O., S. 47
13
Ebd.
14
Morel, J.: Soziologische Theorie, Oldenburg 1999, S. 37

12
immer so gehandelt, dass die günstigsten Bedingungen für die Organisation, in der
diese Bürokratie herrscht, durchgeführt werden.
Der nachfolgende Abschnitt befasst sich mit der ,,Definition von Macht" nach
CROZIER und FRIEDBERG. Diese Definitionen werden in der Literatur immer
wieder aufgegriffen, um zu zeigen, dass es sich bei einem Machtverhältnis nicht nur
um eine einfache Austauschbeziehung handelt, sondern um ein komplexes Gerüst von
Abwägungen und Einflussbereichen. Als Einflussbereiche werden bei CROZIER und
FRIEDBERG die ,,Ungewissheitszonen" beschrieben. Diese Definitionen geben einen
Einblick darüber, wie Macht in Unternehmen durchgesetzt wird, und welche Probleme
dadurch entstehen können.
2.3. Definition von Macht nach Crozier und Friedberg
Hier wird Macht als Resultat der Größe der ,,Ungewissheitszone" von Person B
definiert, welche Person A kontrolliert. Ferner kommt es hierbei auf die Relevanz an,
den dieser Bereich für B hat. Die Macht von A äußert sich also in der Fähigkeit, B zu
bestimmten Handlungen zu veranlassen. A kann B dazu bringen, etwas zu verrichten
oder zu unterlassen, wenn A in einem Bereich, der für B relevant ist, seinerseits durch
ein verrichten oder unterlassen eine für B relevante Wirkung erzielen kann oder von B
als jemand angesehen wird, der über relevante Informationen in diesem Bereich verfügt.
Dieses soll nun an einem Beispiel erörtert werden: Der Arzt, der seinem Patienten
gewisse Verhaltensmaßregeln auferlegt und sich dabei auf seine fachliche Kompetenz
bezieht, übt in diesem Sinne genauso Macht aus, wie der Vorgesetzte in einer
Organisation, der sich auf seine Möglichkeiten zur Beeinflussung des beruflichen
Schicksals seiner Untergebenen, oder auf seine fachliche oder persönliche Autorität
bezieht.
,,Macht ist also eine Beziehung, und nicht ein Attribut der Akteure. Sie kann
sich nur dadurch äußern - und damit für einen der beteiligten Gegenspieler
zwingend werden -, daß sie in einer zwei oder mehrere Akteure aneinander
bindende Beziehung zum Tragen kommt, deren persönliche Interessen
durch die Erreichung eines gemeinsamen Ziels bedingt werden und die
somit voneinander abhängig sind."
15
15
Crozier, M./ Friedberg, E.: Die Zwänge kollektiven Handelns: über Macht und
Organisation, Frankfurt/Main 1993, S. 39

13
Wenn von Macht gesprochen wird, verwenden CROZIER und FRIEDBERG den
Begriff der ,,Ungewissheitszonen". Dieses bedeutet, dass eine Person über mehr
Möglichkeiten verfügt als eine andere Person. Da Machtausübung nur in einer
Beziehung zwischen zwei oder mehreren Akteuren stattfinden kann, sehen CROZIER
und FRIEDBERG die Macht nicht als Attribut eines einzelnen Akteurs, sondern als
eine Austauschbeziehung, die zwischen einer Person die etwas von einer anderen
Person verlangt und einer Person, die die Möglichkeit hat, dieses Verlangen auch zu
erfüllen, stattfindet.
Macht beruht auf Kollision von unterschiedlichen Personen. Da diese Kollision
erwünscht ist, und die beteiligten Personen keinen alternativen Ausweg finden, wird
diese immer wieder praktiziert. Beide Personen haben ein gemeinsames Interesse
daran, dass diese Austauschbeziehung bestehen bleibt, da keine andere oder bessere
Handlungsalternative bekannt ist.
,,In anderen Worten, jede Machtbeziehung beruht auf Kollusion und
produziert sie gleichzeitig. Solange die Beteiligten nämlich keine
alternativen Lösungen für ihre Probleme gefunden haben, haben sie alle ein
(wenn auch oft unbewußtes) gemeinsames Interesse an der Erhaltung dieser
Beziehung."
16
Macht kann also als Möglichkeit angesehen werden, mit anderen Individuen in
Verbindung zu treten und auf sie einzuwirken.
2.3.1. Macht als eine Austausch- und Verhandlungsbeziehung
CROZIER und FRIEDBERG behaupten, dass Macht eine instrumentelle Beziehung
ist. Hierzu kann gesagt werden, dass es immer zu einer Machtausübung kommt, da ein
bestimmtes Ziel erreicht werden soll. Macht kann zwar dazu eingesetzt werden, um
anderen Personen Schaden zuzufügen, jedoch sind diese Konsequenzen von
Machtausübung nicht immer bewusst oder beabsichtigt. Ferner geht es den beteiligten
Personen immer darum, ein bestimmtes Ziel durchzusetzen. Um das zu erreichen,
werden verschiedene Möglichkeiten eingesetzt, welche dieses sicherstellen sollen.
16
Friedberg, E.: Zur Politologie von Organisationen. In: Küpper, W./ Ortmann, G.: Mikropolitik, Opladen
1992, S. 44

14
,,Wie das Beispiel von D. Wrong zeigt, liegt es natürlich nicht in der
Absicht einer herrsch- und schutzsüchtigen Mutter, ihren Sohn zu
,,verweiblichen". Wie überall, so bringt auch hier das motivierte Handeln
der Individuen sein Maß an unvorhersehbaren, unerwarteten und
,,dysfunktionalen" Folgen mit sich."
17
Machtausübung wird für CROZIER und FRIEDBERG als Instrument angesehen, um
persönliche Ziele zu erreichen und eigene Interessen durchzusetzen. Die Nebenfolgen
dieser Machtausübung sind meistens unbeabsichtigt, und die Konsequenzen werden
von den Beteiligten nicht immer zur Genüge abgewogen.
Ferner wird gesagt, dass Macht eine ,,nicht-transitive Beziehung" ist. Wenn eine
Machtbeziehung zu einer Person vorhanden ist, und diese Person wiederum eine
Machtbeziehung zu einer weiteren Person hat, bedeutet das nicht, dass die erste Person
eine Machtbeziehung zu der dritten Person herstellen kann.
,,...wenn eine Person A von einer Person B und diese ihrerseits von einer
Person C leicht eine gewisse Handlung erreichen kann, so ist es
nichtsdestoweniger möglich, daß A außerstande ist, von C diese Handlung
zu bewirken."
18
Macht hat also immer etwas damit zu tun, ob die beteiligte Person auch die
Möglichkeit hat, einer Forderung nachzukommen. Eine Machtbeziehung kann nur
stattfinden, wenn ein Akteur etwas verlangt, was ein anderer Akteur auch durchführen
kann. Wenn etwas verlangt wird, zu dem ein Akteur gar nicht fähig ist (z.B. komplexe
Computerreparaturen) kann keine Machtbeziehung aufgebaut werden, da diese
Möglichkeiten gar nicht vorhanden sind.
Ferner wird gesagt, dass Macht eine gegenseitige, aber doch unausgewogene
Beziehung ist. Dieses bedeutet, dass es bei einer Machtausübung zwar um eine
gegenseitige Tauschbeziehung handelt, jedoch ist diese Tauschbeziehung nicht
gleichwertig, da sonst beide Parteien die selben Trümpfe in der Hand halten würden
und deshalb keine Machtbeziehung aufgebaut werden kann. Da jede
Verhandlungsbeziehung einen Tauschablauf voraussetzt, kann keine Machtbeziehung
aufgebaut werden, wenn eine der Parteien plötzlich nicht mehr in der Lage ist, einen
Tausch eingehen zu können. Wenn also kein Tausch mehr stattfinden kann, zerfällt
17
Crozier, M./ Friedberg, E.: a.a.O., S. 40
18
Ebd.

15
auch die Machtbeziehung und eine Partei wird nur noch zum ,,Spielball" der anderen
Partei.
,,Macht beruht immer auf dem Austausch von Handlungsmöglichkeiten
konkreter Akteure. Ein Akteur will das Verhalten eines anderen Akteurs
beeinflussen und macht sein eigenes Verhalten von dem Ausgang dieser
Einflussnahme abhängig. Je weiter er den anderen in seinen
Handlungsmöglichkeiten einschränken kann desto mehr Macht hat er über
ihn; das vom anderen gewünschte Verhalten wird immer
wahrscheinlicher."
19
Es handelt sich hier um eine Tauschbeziehung, die auf Gegenseitigkeit beruht, jedoch
nur einen der beiden Parteien begünstigt. Macht kann auch als ein Verhältnis
bezeichnet werden, bei dem der eine mehr vom Ergebnis profitieren kann als der
anderer.
Jetzt stellt sich jedoch die Frage, was die Grundlagen von Macht sind. CROZIER und
FRIEDBERG sprechen in diesem Zusammenhang von einem Kräfteverhältnis. Das
Ergebnis dieses Kräfteverhältnis wird bestimmt durch die Handlungsoptionen, die
jeder Partei zur Verfügung stehen.
,,Die Antwort auf diese Frage scheint sich von selbst zu verstehen: das
Ergebnis einer Machtbeziehung wird naturgemäß bestimmt von den
Trümpfen, den Ressourcen und Kräften, kurz, der jeweiligen Stärke jedes
der beteiligten Gegenspieler."
20
Jedoch bezieht sich eine Machtbeziehung nicht nur auf ein Kräfteverhältnis von A
und B, sondern auch auf die Ziele, die erreicht werden sollen. Person A hat ein
bestimmtes Ziel vor Augen und zwingt Person B ein bestimmtes Verhalten zu
erzeugen. Da aber Person A auch über Handlungsoptionen verfügt, ist Person B nicht
vollkommen Person A unterlegen. Je mehr Optionen Person B zur Verfügung hat, d.h.
je mehr Ressourcen Person B hat, desto größer ist auch die Macht, die Person B
ausüben kann.
Hier kann wieder von einem Kräfteverhältnis gesprochen werden, bei dem sich zwei
Personen gegenüberstehen und versuchen, möglichst günstige Austauschbeziehungen
19
Hoering, S./ Kühl, S./ Schulze-Fielitz, A.: Homogenität und Heterogenität in der
Gruppenzusammensetzung ­ Eine mikropolitische Studie über Entscheidungsprozesse in der
Gruppenarbeit, in: Arbeit ­ Zeitschrift für Arbeitsforschung, Arbeitsgestaltung und Arbeitspolitik, Jg.
10 (2001), Heft 4, S. 335
20
Crozier, M./ Friedberg, E.: a.a.O., S. 41

16
auszuhandeln. Da eine gegenseitige Abhängigkeit besteht, und der Wunsch vorhanden
ist, diese Tauschbeziehung auch in Zukunft weiterhin einzugehen, werden beide
Parteien sich bemühen, die andere Partei auch in Zukunft dazu zu bewegen, wieder
eine Tauschbeziehung einzugehen.
,,Was wird denn in einer Machtbeziehung ausgetauscht? Nicht so sehr die
Kräfte oder die Stärke der einzelnen Gegenspieler, als vielmehr ihre
Handlungsmöglichkeiten. Denn A wird nicht bloß deshalb eine
Machtbeziehung zu B aufnehmen, weil er seine Kräfte mit ihm messen
will. Er hat ein genaueres Ziel: B zu einem Verhalten bringen, von dem
seine eigene Handlungsfähigkeit abhängt. Anders gesagt, durch sein
Verhalten allein kontrolliert B gewissermaßen die Möglichkeit A's, seine
Ziele zu erreichen. Und je mehr B seine Bereitschaft, die von A geforderte
Handlung zu vollziehen, verweigern kann, das heißt, je besser die B zur
Verfügung stehenden Ressourcen ihm erlauben, sein künftiges Verhalten
für A unvorhersehbar zu machen, desto günstiger wird das sich letztlich
durchsetzende Kräfteverhältnis für B sein, und desto größer wird seine
Macht über A in dieser bestimmten Beziehung sein"
21
Bei diesem Verhältnis geht es darum, die eigenen Ziele zu erreichen. Es wird mit
Hilfe einer anderen Person versucht, die eigenen Interessen durchzusetzen. Das
Machtverhältnis entsteht hier durch ein Kräfteverhältnis, welches die gegenseitige
Beziehung bestimmt.
Jedoch geht es bei Machtbeziehungen auch um die Kontextgebundenheit. Zu diesem
Zweck soll hier auf die Erläuterungen von CROZIER und FRIEDBERG eingegangen
werden, welche sich mit diesem Thema auseinandergesetzt und diverse
Forschungsergebnisse vorgestellt haben.
Der nachfolgende Abschnitt beschäftigt sich mit den Machtbeziehungen in
Unternehmen. Es wird gezeigt werden, wie Macht durchgesetzt wird und welche
Gefahren für Personen und Unternehmen durch diese Machtspiele entstehen. Da
Mikropolitik in einem Zusammenhang mit der Durchsetzung von Macht steht, ist dieses
von zentraler Bedeutung.
21
Crozier, M./ Friedberg, E.: a.a.O., S. 41

17
2.3.2. Kontextgebundenheit von Macht
Machtbeziehungen als Austauschbeziehungen hängen nicht nur von den Akteuren ab,
welche versuchen, bestimmte Handlungsmöglichkeiten auszutauschen, sondern auch
von den jeweiligen Handlungsoptionen, die ausgetauscht werden sollen und dem
Kontext, in dem dieser Austausch stattfindet. Macht kann nur ausgeübt werden, wenn
eine Handlungsoption in einem passenden Umfeld ausgeübt wird.
,,Um es karikatural auszudrücken: Die Fähigkeit, komplexe
Autoreparaturen durchzuführen, ist im Regelfall ohne Bedeutung und
Relevanz in einem Symphonieorchester und wird dort auch nicht viel
Macht gegenüber den Kollegen einbringen. In einer Mechanikerwerkstatt
hingegen ist diese Fähigkeit eine sehr relevante Handlungsmöglichkeit, die
in diesem Kontext sehr wohl vermarktet werden und zu einem
Machtgefälle gegenüber den Kollegen in dieser Werkstatt führen kann."
22
Hier hängt die Macht immer davon ab, welche ,,Ungewissheitszonen" eine Person in
einem bestimmten Bereich kontrolliert. Nur ein passender Dreiklang aus Akteuren,
Handlungsoptionen und Kontext bildet ein Fundament, auf dem mikropolitische
Aktivitäten durchgeführt werden können. CROZIER und FRIEDBERG beschreiben den
Kontext einer Reparaturwerkstatt.
Hier wird das Personal in drei Kategorien aufgeteilt. Zum einen die Werkstättenleitern,
welche sich mit der Überwachung der Vorarbeiter beschäftigen. Dann gibt es die
Produktionsarbeiter, welche geringere Qualifikationen aufweisen. Dieser Personentyp
steht an den Maschinen und kümmert sich um die Produktion. Letztendlich sind noch
die Wartungsarbeiter vorhanden, wobei mindestens 12 Personen in einer Werkstatt
untergebracht sind. Diese Kategorie von Arbeiter besitzen mehr Qualifikationen um sich
der Reparatur und der Pflege von Maschinen zu widmen. Da hier eine konkrete
Regelung vorhanden ist, dürften keinerlei zwischenmenschliche Spannungen auftreten.
Eine Organisation, und der mit dieser Organisation verbundene Kontext, bestehen
jedoch nicht nur aus Regelungen und strukturellen Gegebenheiten. Hier ist auch noch
die Erfahrung der Akteure vorhanden, welche einen großen Einfluss ausübt. Es werden
Strategien verfolgt und jeder Akteur versucht, seine Macht auszuspielen und dadurch
seine Arbeit so angenehm wie möglich zu machen.
22
Friedberg, E.: a.a.O., S. 42

18
,,Kurz, nichts ist hier der Willkür der Individuen oder der
zwischenmenschlichen Verhandlung überlassen. Es dürfte also keinen
Grund mehr für Spannungen oder Konflikte geben, da ja alles im Voraus
bestimmt ist und jeder sich an der ihm zugeteilten Stelle befindet. Der
organisatorische Kontext der Werkstätten besteht jedoch nicht nur aus einer
Gesamtheit von Regelungen oder strukturellen und technischen
Gegebenheiten. Er ist vielmehr eine Gesamtheit von die Erfahrungswelt der
Akteure formenden Beziehungen, die von den von jenen Akteuren in
diesem Kontext gegeneinander verfolgte Strategien zeugen und auf die
Machtbeziehungen weisen, die dem organisatorischen Konstrukt der
Werkstätten zugrundeliegen."
23
In diesem Zusammenhang gibt es verschiedene Relationen, bei denen Handlungen
durchgeführt werden. Zum einen die Beziehung zwischen Produktionsarbeitern und
Werkstättenleitern. Diese ist weniger ausgeprägt, weil Beziehungen dieser Art von
beiden Parteien als relativ unbedeutet angesehen werden. Es sind vergleichsweise
tolerante zwischenmenschliche Beziehungen vorhanden, welche sich nicht zu sehr
beeinflussen.
,,Alles in allem sind die Beziehungen eher gut und vor allem
unproblematisch. Die dominante Note in den Kommentaren beider Seiten
ist Gelassenheit."
24
Anders sieht es aus bei der Beziehung zwischen Produktionsarbeitern und
Wartungsarbeitern. Hier ist eine sehr große psychologische Betroffenheit vorhanden,
und es kommt oft zu Konflikten zwischen diesen Personengruppen. Die
Produktionsarbeiter haben sehr oft eine feindliche Abneigung zu den
Wartungsarbeitern. Andererseits kommt es zwischen Wartungsarbeitern und
Produktionsarbeitern immer wieder zu Spannungsverhältnissen, da die
Wartungsarbeiter in den Produktionsarbeitern häufig nur Untergebene sehen. Dieses
verschärft die Situation, da die Wartungsarbeiter sich oft in die Arbeiten der
Produktionsarbeiter einmischen. Von den Wartungsarbeitern werden die
Produktionsleiter als nachlässig angesehen. Die Auffassung ist vorhanden, dass sie die
besonderen Erfordernisse der Technik nicht verstünden. Ferner ist die Meinung
vorhanden, dass die Produktionsarbeiter nicht genug arbeiten und mit Faulheit ihr Geld
verdienen würden.
23
Crozier, M./ Friedberg, E.: a.a.O., S. 35
24
Ebd.: S. 36

19
,,Die Wartungsarbeiter wiederum sehen in den Produktionsarbeitern ,,ihre"
Untergebenen und lassen es sich nicht nehmen, häufig in deren Arbeit
einzugreifen. Ihre in diesem Punkt den Werstättenleitern sehr ähnliche
Meinung ist durch einen tiefgehenden Paternalismus gekennzeichnet. Sie
halten die Produktionsarbeiter für nachlässig, erklären, sie verstünden die
Erfordernisse der Technik nicht und arbeiten nicht genug."
25
Letztendlich ist noch eine feindselige Beziehung zwischen den Wartungsarbeitern und
den Werkstättenleitern vorhanden. Hier sind die Beziehungen sehr emotional und
Konflikt beladen. Die Wartungsarbeiter beklagen sich über die fehlende Kompetenz der
Werkstättenarbeiter. Sie sind der Meinung, dass die Werkstättenleiter keinerlei
Bedeutung für den reibungslosen Produktionsablauf hätten. Andererseits geht von den
Werkstättenleitern auch eine kritische Beurteilung zu den Wartungsarbeitern aus.
,,Die Wartungsarbeiter kritisieren die Kompetenz der Werkstättenleiter sehr
entschieden und bestreiten ihnen gegenüber jegliche Bedeutung in der
Werkstatt. Die Werkstättenleiter hingegen, auch wenn sie die
Wartungsarbeiter ebenso kritisch beurteilen, zeigen doch in ihren
Antworten einige Verlegenheit, als ob sie zögerten, sich auf diese
Diskussion einzulassen."
26
Dieses Zitat beschreibt eine Machtbeziehung, welche von der Organisation nicht
offiziell anerkannt wird, und abseits der vorhandenen Hierarchieordnungen liegt. Hier
handelt es sich um eine illegitime Machtausübung der verschiedenen Persongruppen.
Die Wartungsarbeiter benutzen eine Strategie, um zu zeigen, dass sie auch wirklich
Untergebene sind. Jeglicher Versuch des Strebens nach einer höheren Position wird mit
diesen Vorgehensweisen abgeblockt.
,,Ihre ,,Aggressivität" gegenüber den Werkstättenleitern ­ verbunden mit
den Methoden, die sie einsetzten, um ihr Kompetenzmonopol im
Reparaturbereich aufrechtzuerhalten ­ kann solchermaßen als eine Strategie
analysiert werden, die darauf abzielt, diese auf Distanz in einem Zustand
der Unterlegenheit zu halten, um jeglichem Versuch des Aufbegehrens
zuvorzukommen."
27
Bei den Produktionsarbeitern ist jedoch eine andere Situation vorhanden. Hier
besteht ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis. Da die Produktionsarbeiter auf den
guten Willen der Wartungsarbeiter angewiesen sind und selbst bei ,,Streik-Aktionen"
25
Crozier, M./ Friedberg, E.: a.a.O., S. 36
26
Ebd.
27
Ebd.: S. 37

20
die Wartungsarbeiter als Anführer an vorderster Front stehen, können die
Wartungsarbeiter Ihre Position ausnutzen, um Druck auf die einfachen
Produktionsarbeiter auszuüben. Dieser Situation sind sich die Produktionsarbeiter
bewusst und so machen sie ,,gute Mine zum bösen Spiel". Aus diesem Grund wagen es
die Produktionsarbeiter nicht, dieses gegenseitig geduldete ,,freundschaftliche"
Verhältnis zu den Wartungsarbeitern aufzugeben, da sich hieraus große Nachteile
ergeben könnten. Da aber auch hier die Produktionsarbeiter nicht ganz auf die
konkurrierenden Handlungsweisen verzichten wollen, versuchen sie auf die
Wartungsarbeiter Druck auszuüben um zu verhindern, dass die Wartungsarbeiter ihre
Position immer mehr zu dem Zwecke nutzen, ihre Machtposition anderen gegenüber
auszubauen.
,,Die Produktionsarbeiter schließlich stehen in einem direkten und
persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zu den Wartungsarbeitern, auf deren
guten Willen sie unbedingt und selbständig angewiesen sind. ... Aber
zugleich geben sie auf untergründige und indirekte Weise den
Wartungsarbeitern ihre Feindseligkeit zu spüren, deren diese sich, wie wir
gesehen haben, wohl bewusst sind. Auf die Lage der Produktionsarbeiter
im Machtfeld der Werkstätten des Monopols bezogenen, werden solche
,,ambivalenten" oder ,,scheinheiligen" Verhaltensweisen sinnvoll: sie
bilden für sie ein ausgezeichnetes Mittel, um zu den Wartungsarbeitern
gute Beziehungen zu bewahren und dabei doch Druck auf sie auszuüben,
um sie daran zu hindern, ihre dominierende Position zu sehr zu
missbrauchen."
28
Bei diesen Beispielen wird deutlich, dass die Machtbeziehung deutlich über den, für
die Organisation benötigten Zwecks, hinausgeht. Jede Personengruppe versucht in der
Organisation, durch Machtausübung seine eigenen Interessen zu vertreten und
durchzusetzen. Dieses hat nicht nur soziale Folgen, sondern dieser Konflikt weitet sich
auch auf die gesamte Organisationsstruktur aus. Die Gefahr ist groß, dass sich die
Arbeiter primär auf die Konflikte konzentrieren und ihre Kraft dazu verwenden, sich
diesen Konflikten entgegenzustellen. Durch diese Verhaltensweisen kann der offizielle
Produktionsablauf beeinträchtigt werden. Dieses Problem wird in den nachfolgenden
Kapiteln konkreter untersucht werden.
28
Crozier, M./ Friedberg, E.: a.a.O., S. 37f.

21
Im nächsten Abschnitt soll nun explizit auf die Ausübungsformen von Macht
eingegangen werden. Hier wird erläutert, dass es sowohl positive als auch negative
Wege gibt, seine persönlichen Interessen, zu Lasten von anderen Personen,
durchzusetzen.
Da es grundlegende Unterschiede gibt, welche Praktiken in bestimmten Situationen
angewendet werden, soll dieses im folgenden Abschnitt erläutert werden. Diese
Untersuchungen sollen ein besseres Verständnis von Machtverhältnissen fördern.
Zuerst sollen die negativen, dann die positiven Ausübungsformen von Macht
beschrieben werden. Um eine Unterscheidung zu erleichtern, wird jeder Punkt kurz
erläutert.
2.4. Ausübungsformen von Macht
2.4.1. Negative Formen der Machtausübung
Als negative Formen der Machtausübung werden hier alle Handlungen beschrieben,
bei denen negative Sanktionen stattfinden:
·
Drohungen,
·
Bestrafungen
·
Warnungen
2.4.1.1. Drohung
Die Drohung soll eine Person veranlassen, einen bestimmten Dienst zu erfüllen, ohne
dass eine Gegenleistung erbracht wird. Person A kann einer Person B mit einer
mündlichen oder schriftlichen Drohung dazu veranlassen, eine bestimmte Handlung zu
verrichten. Sobald eine bestimmte Drohung ohne Erfolg ausgeübt wurde, kann es zu
einer negativen Sanktion kommen. Die Person, die sich nicht auf diese Drohung
eingelassen hat, wird nun bestraft
,,Erst dann, wenn die Drohung wirkungslos geblieben ist, kommt es zur
Bestrafung und damit zu einem Ressourceneinsatz: ,,weil du nicht b
getan/unterlassen hast, bestrafe ich dich mit a!" Die Warnung ist einer
Drohung ähnlich, unterscheidet sich aber insofern von ihr, als die

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832476625
ISBN (Paperback)
9783838676623
Dateigröße
629 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Ruhr-Universität Bochum – Sozialwissenschaften
Note
2,0
Schlagworte
macht herrschaft organisation unternehmen spiele
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Titel: Mikropolitik - Untersuchung eines soziologischen Phänomens
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