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Neuronale Netze als Basis für fortgeschrittenes Human Ressource Management

Am Beispiel von Teams und Jobpools

©2003 Diplomarbeit 81 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Menschen sind in der Lage Verbindungen herzustellen, sind in der Lage assozia-tiv zu denken, können komplizierte Muster vervollständigen, können abstrahieren. Aus erlerntem Wissen, aus ungefähren Wahrnehmungen, aus Ideen, aus Inspirationen, aus Gedankenblitzen schaffen wir es Zusammenhänge zu erken-nen, Probleme zu lösen, Gedankengebäude zu entwickeln.
Künstliche Neuronale Netzwerke (NN) sind in Aufbau und Funktionsweise dem menschlichen Gehirn nachgebildet. Sie lernen auf eine spezifische Art und Weise und haben, beispielsweise gegenüber Computern, ihre eigenen Stärken und Schwächen. Es können konkrete Aussagen darüber getroffen werden, welche Arten von Wissen und Fähigkeiten leicht erlernt werden können und welche Lernbedingungen für sie besonders günstig sind. Künstliche neuronale Netze werden in der Wirtschaft überwiegend für komplexe oder sich häufig wiederholende Aufgaben eingesetzt, die klassifizierenden oder beurteilenden Charakter haben. Anhand von weitgehenden Parallelen im Lernverhalten von biologischen und künstlichen neuronalen Netzen soll gezeigt werden, dass der Rückschluss auf menschliches Lernen durchaus zulässig ist und weiter, wie die über künstliche NN erlangten Erkenntnisse, in der betrieblichen Praxis angewen-det, Vorteile bringen könnten.
Es geht zum einen um das Individuum:. Die unbewusste Kognition, das implizite Lernen und die vielleicht unterschätzte Bedeutung für die betriebliche Praxis. Zum anderen wird das Modell der NN auf die Informationsverarbeitung in sozialen Systemen, vornehmlich Gruppen, angewendet werden. Es wird gezeigt, wie und unter welchen Bedingungen Gruppen effizient arbeiten und wo sich Synergieeffekte verstecken.
Der Hauptteil der Arbeit ist in drei Kapitel unterteilt. Im ersten Kapitel erfolgt eine Einführung in Aufbau und Funktionsweise neuronaler Netze und es werden erste Analogien zwischen den Lernverhalten künstlicher und natürlicher neuronaler Netzwerke dargestellt.
Das zweite Kapitel stellt die Brücke zwischen der Theorie und der Praxis dar. Das Modell der Neuronalen Netze wird im ersten, dem individuenzentrierten und im zweiten, dem gruppenzentrierten Abschnitt auf das jeweilige Subjekt angewendet. Dadurch entstehen neue Sichtweisen mit weitreichenden Konsequenzen. Empirische Studien und Beispiele aus der Praxis stützen die Darstellung.
Im dritten Kapitel soll dann exemplarisch das Human Ressource Management als Anwendungsfeld dienen. Anhand der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7359
Faustmann, Michael: Neuronale Netze als Basis für fortgeschrittenes Human Ressource
Management - Am Beispiel von Teams und Jobpools
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Fachhochschule Lausitz, Fachhochschule, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

II
Erfahrung kann sich ins Unendliche erweitern.
Theorie nicht eben in dem Sinne reinigen und vollkommener werden.
Jener steht das Universum nach allen Richtungen offen,
diese bleibt innerhalb der Grenze der menschlichen Fähigkeiten eingeschlossen.
Johann Wolfgang von Goethe, Maximen und Reflexionen

III
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung...1
2. Funktionsweise Neuronaler Netze ...3
2.1.
Grundlagen und Aufbau einzelner Neuronen...3
2.2.
Lernen eines Neuronalen Netzes ...8
2.2.1. Entwicklung
Neuronaler
Netze...8
2.2.2.
Ein einfaches Netzwerk ...10
2.2.3. Netzwerkklassen ...15
2.2.4.
Anwendungsbeispiele künstlicher Neuronaler Netze...16
2.2.5.
Schwierigkeiten in der Praxis ...20
2.2.6. Zusammenfassung ...22
3. Von künstlichen zu natürlichen Netzwerken...25
3.1.
Individuenzentrierte Sicht ...26
3.1.1.
Der Rückschluss auf menschliches Lernen ...26
3.1.2.
Könnerschaft und implizites Wissen ­ nach Michael Polanyi ...30
3.2.
Gruppenzentrierte Sicht ...37
3.2.1. Formale
Parallelen ...38
3.2.2. Alogik ...40
3.2.3.
Kooperative Informationsverarbeitung in Gruppen...43
3.2.4.
Solitonen und spontane Selbstorganisation ...46
4. Implikationen für die Praxis ...48
4.1.
(Weiter-) Bildung ...49
4.2.
Entscheidungen ...52
4.2.1. Rationalität
und
Intuition...52
4.2.2.
Kooperative Entscheidungsfindung in Japan...54
4.3.
Gruppen und Teams...56
4.3.1.
Gruppen in der Produktion ...57
4.3.2.
Teams als Problemlöseinstanz...60
4.3.3. Virtuelle
Teams ...65
4.4.
Jobpools - Mitarbeiterpools ...67
5. Zusammenfassung...71

1
1. Einführung
Wir Menschen sind in der Lage Verbindungen herzustellen, sind in der Lage
assoziativ zu denken, können komplizierte Muster vervollständigen, können
abstrahieren. Aus erlerntem Wissen, aus ungefähren Wahrnehmungen, aus Ideen,
aus Inspirationen, aus Gedankenblitzen schaffen wir es Zusammenhänge zu
erkennen, Probleme zu lösen, Gedankengebäude zu entwickeln.
Künstliche Neuronale Netzwerke (NN) sind in Aufbau und Funktionsweise dem
menschlichen Gehirn nachgebildet. Sie lernen auf eine spezifische Art und
Weise und haben, beispielsweise gegenüber Computern, ihre eigenen Stärken
und Schwächen. Es können konkrete Aussagen darüber getroffen werden,
welche Arten von Wissen und Fähigkeiten leicht erlernt werden können und
welche Lernbedingungen für sie besonders günstig sind. Künstliche neuronale
Netze werden in der Wirtschaft überwiegend für komplexe oder sich häufig
wiederholende Aufgaben eingesetzt, die klassifizierenden oder beurteilenden
Charakter haben. Anhand von weitgehenden Parallelen im Lernverhalten von
biologischen und künstlichen neuronalen Netzen soll gezeigt werden, dass der
Rückschluss auf menschliches Lernen durchaus zulässig ist und weiter, wie die
über künstliche NN erlangten Erkenntnisse, in der betrieblichen Praxis angewen-
det, Vorteile bringen könnten.
Es geht zum einen um das Individuum:. Die unbewusste Kognition, das implizite
Lernen und die vielleicht unterschätzte Bedeutung für die betriebliche Praxis.
Zum anderen wird das Modell der NN auf die Informationsverarbeitung in
sozialen Systemen, vornehmlich Gruppen, angewendet werden. Es wird gezeigt,
wie und unter welchen Bedingungen Gruppen effizient arbeiten und wo sich
Synergieeffekte verstecken.
Der Hauptteil dieser Arbeit ist in drei Kapitel unterteilt. Im ersten Kapitel erfolgt
eine Einführung in Aufbau und Funktionsweise neuronaler Netze und es werden
erste Analogien zwischen den Lernverhalten künstlicher und natürlicher
neuronaler Netzwerke dargestellt.

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Das zweite Kapitel stellt die Brücke zwischen der Theorie und der Praxis dar.
Das Modell der Neuronalen Netze wird im ersten, dem individuenzentrierten und
im zweiten, dem gruppenzentrierten Abschnitt auf das jeweilige Subjekt ange-
wendet. Dadurch entstehen neue Sichtweisen mit weitreichenden Konsequenzen.
Empirische Studien und Beispiele aus der Praxis stützen die Darstellung.
Im dritten Kapitel soll dann exemplarisch das Human Ressource Management
als Anwendungsfeld dienen. Anhand der Themengebiete Entscheidungen,
Weiterbildung, Teams und Jobpools werden die neuen Betrachtungsweisen
dargelegt und Möglichkeiten zur Umsetzung aufgezeigt.
Aufgrund der großen Bandbreite des Themas besteht die vorliegende Arbeit eher
aus kurzgefassten, denn langen und ergründenden Argumentationen. Allerdings
ist der Stoff kein leichter, der rote Faden leicht zu verlieren und wäre, mangels
Redundanz, auch schwerlich wiederzufinden. Auf die lerntheoretischen Aussa-
gen eines der verwendeten Autoren rekurrierend, sei den Lesern deshalb ein
ausgewogener Wechsel zwischen Rezeption und Reflexion empfohlen. Die
Darstellung der einzelnen Sachverhalte und Schlüsse erfolgt, den Lerneigen-
schaften neuronaler Netze angepasst, bevorzugt anhand von Beispielen.

3
2. Funktionsweise Neuronaler Netze
Das Ziel dieses Kapitels ist es, ein Empfinden für das zu vermitteln, was künstli-
che neuronale Netzwerke sind, wie sie sich aus der Biologie ableiten, was sie
leisten und was sie nicht leisten können. Mit Hilfe eines einfachen Netzwerkmo-
dells werden zuerst Aufbau und Funktionsweise NN erklärt, um dann später auf
dieser Basis anhand komplexerer Beispiele die kognitiven Fähigkeiten menschli-
cher Gehirne zu betrachten. Ein solches Vorhaben kann im Rahmen einer
Diplomarbeit nur in stark komprimierter Form realisiert werden. Der Vermitt-
lung der grundlegenden Ansätze und einiger sich daraus ergebender Konsequen-
zen, wird dies jedoch keinen Abbruch tun.
2.1. Grundlagen und Aufbau einzelner Neuronen
Die Grundbausteine des Nervensystems hatte der deutsche Anatom Waldeyer-
Hartz (1836-1921) im Jahre 1891 erstmals als Neuronen bezeichnet. Einige Jahre
später erst konnte der Spanier Santiago Ramón y Cajal, mit Hilfe der von
Camillo Golgi entwickelten Silberfärbemethoden, Neuronen sichtbar machen
und stellte die These auf, das Nervensystem bestehe aus einzelnen Neuronen.
Eine These die sich durchsetzen sollte. Im Jahre 1906 erhielten Cajal und Golgi
für ihre Leistungen gemeinsam den Nobelpreis (vgl. Spitzer 2000, S. 3; Brock-
haus 19.Aufl., 23/535). Was Cajal bei seiner Entdeckung durch das Mikroskop
sah und nachzeichnete, zeigt die folgende Abbildung.

4
Bevor auf der Neuronenebene deren Zusammenspiel näher betrachtet wird, ist es
auch im Hinblick auf das bessere Verständnis der folgenden Argumentationen
unerlässlich, kurz darzulegen, in welchen biologischen Strukturen des Menschen
die geistigen Leistungen entstehen.
Wesentlich für die Informationsverarbeitung im menschlichen Gehirn ist das
Nervensystem. Es kann in das periphere und das zentrale Nervensystem (ZNS)
unterteilt werden.
Das periphere Nervensystem ist vorrangig mit der Weiterleitung von Signalen
beschäftigt. Die über Rezeptorzellen aufgenommenen Reize (visueller, akusti-
scher, olfaktorischer und taktiler Input) werden von den sensorischen Neuronen
zum ZNS geleitet. Umgekehrt werden Befehle (Output) über Motoneuronen vom
ZNS zu den Effektorzellen (Muskulatur, Drüsen) übermittelt.
Die Verarbeitung der Reize erfolgt im ZNS, welches aus Gehirn und Rücken-
mark besteht. Hier findet ein komplexes Zusammenspiel verschiedenster
Unterstrukturen statt, welche unterschiedlichste Funktionen und Aufgaben im
Organismus repräsentieren. Einfache Reflexe, wie beispielsweise das Zurückzie-
hen des Fingers bei Schmerz, werden schon direkt im Rückenmark ausgelöst.
Kompliziertere Vorgänge wie die Regulation der Emotionen, koordinierter
Bewegungen oder der inneren Zustände des Körpers finden im Gehirn statt. Der
Abbildung 1: Neuron nach Ramón y Cajal (aus Spitzer 2000)

5
Thalamus, ein zentral gelegener Teil des Gehirns, verteilt die Flut der eingehen-
den Informationen auf die zuständigen Hirnareale, wobei nur ein geringer Teil
der eingehenden und verarbeiteten Reize dem Individuum bewusst wird. Auch
das Großhirn, welches zwei Drittel der gesamten Gehirnmasse ausmacht und
evolutionsgeschichtlich die jüngste Errungenschaft in der Hirnentwicklung des
Menschen darstellt, bezieht den zu verarbeitenden Input ausschließlich vom
Thalamus. Die äußere Schicht des Großhirns wird Kortex oder zerebraler Kortex
(Großhirnrinde) genannt. Der Kortex ist die maßgebliche Institution für die
Erbringung höherer geistiger Leistungen und das bewusste Denken. Zur
Veranschaulichung dient Abbildung 2:
Das menschliche Gehirn besteht, je nach Schätzung, aus 0,02 bis 1 Billion
Neuronen. Insgesamt sind über 200 verschiedene Arten von Neuronen identifi-
ziert worden. Allen Neuronen gemeinsam sind folgender Aufbau und Funkti-
onsweise. Vom Zellkörper (Soma, griech. Körper) gehen sowohl Dendriten
(dendron, griech. Baum) als auch ein langer Fortsatz (Axon) ab. Sowohl die
Dendriten als auch das Axon sind vielfach verzweigt. An den Enden des Axons
befinden sich die sogenannten Synapsen (synapsis, griech. Verknüpfung),
Abbildung 2: Hirnstrukturen (aus Zimbardo 1999)

6
welche wiederum an Dendriten oder Soma anderer Neuronen anliegen und somit
die Verbindung zwischen den Neuronen herstellen, was in Abbildung 3
veranschaulicht ist:
Jedes Neuron ist über Synapsen mit bis zu 10.000 anderen Neuronen verbunden
(Spitzer 2000, S. 1; Zimbardo 1999, S. 80). Die Signalübertragung zwischen
ihnen erfolgt über elektrische Signale, sogenannte Aktionspotentiale, und auch
auf chemischem Wege über Neurotransmitter. Die Weiterleitung der Reize
erfolgt dabei ausschließlich in eine Richtung: Vom Axon durch die Synapsen zu
den Dendriten bzw. Soma des anderen Neurons. Die Signale können sowohl
erregende (exzitatorische) als auch hemmende (inhibitorische) Wirkung haben.
Nur wenn die Summe der ankommenden Signale eine bestimmte Summe, eine
Reizschwelle übersteigt, das Neuron gewissermaßen genügend gereizt wird,
sendet es seinerseits ein Signal aus. Man sagt, es feuert. Das ist die entscheiden-
de Funktion eines einzelnen Neurons im Netzwerk: aufgrund der ankommenden
Signale zu entscheiden, ob es selbst feuert oder nicht.
Abbildung 3: Neuron schematisch (aus Spitzer 2000)

7
In biologischen NN sind die Verbindungen zwischen den Neuronen unterschied-
lich stark. Nicht alle ankommenden Signale haben also einen gleich großen
Einfluss auf die Entscheidung des Neurons, zu feuern oder nicht zu feuern. In der
Sprache der Mathematik, der Sprache, in der künstliche NN üblicherweise
beschrieben werden, spricht man von gewichtetem Input. Dies lässt sich anhand
der Abbildung 4 sehr gut nachvollziehen. Das dargestellte Neuron bekommt
seinen Input von den Neuronen x
1
, x
2
und x
3
jeweils mit dem Wert 0 oder 1. Die
unterschiedliche Stärke der synaptischen Verbindung spiegelt sich in der
Wichtung der Eingangssignale w
1
,
w
2
und
w
3
(weight, engl. Gewicht) wieder.
Die drei Eingangssignale haben also einen unterschiedlich starken Einfluss auf
die Entscheidung des Neurons. Sie sind unterschiedlich wichtig. ,,Mathematisch
betrachtet entspricht dieser Wert einem Vergleich der aus den Ausgangssignalen
gebildeten Summe und einem festen Wert. Ist die Summe kleiner als der Wert,
ist der Output des Neurons gleich 0. Ist die Summe größer, ist sein Output 1. In
der Realität handelt es sich nicht um eine Schwelle, sondern um eine S-förmige
Kurve (die Aktivierungsfunktion), welche die Wahrscheinlichkeit des Aussen-
dens eines Aktionspotentials in Abhängigkeit von der Stärke des gewichteten
Input beschreibt (Spitzer 2000, S. 22)".
Damit ist die Funktionsweise einzelner Neuronen dargestellt. Das Zusammen-
wirken, im Sinne des Lernens eines NN, wird im folgenden Abschnitt näher
betrachtet.
Anzumerken sei noch folgendes: Da es in dieser Arbeit vor allem um Informati-
onsverarbeitung und Kognition geht, wird, der Einfachheit halber, im weiteren
Verlauf der Arbeit der Begriff Gehirn zur Benennung der informationsverarbei-
Abbildung 4: Natürliches und künstliches Neuron (aus Stoica 2000)
x1 x2
x3

8
tenden Teile des zentralen Nervensystems verwendet, welche für die höheren
geistigen Leistungen zuständig sind.
2.2. Lernen eines Neuronalen Netzes
Innerhalb dieses Abschnitts wird auf dem Wege vom Einfachen zum Schwieri-
gen die Entwicklungsgeschichte NN von den Anfängen bis zum aktuellen Stand
der Forschung durchlaufen. Eingangs werden anhand eines einfachen zwei-
schichtigen Modells die Grundprinzipien neuronalen Lernens gezeigt, um dann
im weiteren Verlauf kompliziertere Modelle und deren Leistungsmerkmale und
Fähigkeiten zu betrachten. Beispiele für Anwendungsmöglichkeiten künstlicher
NN in der Wirtschaft beschließen diesen Abschnitt. Ziel ist es, trotz der
ausgesprochen komprimierten Form der Darstellung, die besonderen Stärken
NN, auch im Vergleich mit klassischen Computern, nachvollziehbar darzustel-
len.
2.2.1. Entwicklung Neuronaler Netze
Vorrangig um die Vorgänge im menschlichen Gehirn besser verstehen zu
können, wurden ab der Mitte des vergangenen Jahrhunderts in einer interdis-
ziplinären Zusammenarbeit erste Modelle einer neuronalen
Informationsverarbeitung entworfen und getestet. Federführend waren in der
ersten Zeit vor allem Biologen, Neurophysiologen und
Kognitionswissenschaftler, deren Interesse Theorien über die Struktur des
Gehirns galt. Doch auch Psychologen, Philosophen und Informatiker arbeiteten
an der Entwicklung. Sie hofften, mit diesen Modellen Experimente zur
Wissensrepräsentation und zu Abstraktionsmechanismen im Zusammenhang mit
menschlichen Denkvorgängen durchführen zu können (Kratzer 1993, S. 14;
Stoica 2000, S. 17). Die Simulation, also die praktische Umsetzung der
theoretischen Modelle, erfolgt mit Hilfe von Softwaresystemen auf her-
kömmlichen Rechnern oder auf spezieller paralleler Hardware.

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Nach einem Boom in der Anfangszeit stagnierte die Entwicklung NN von
Beginn der siebziger bis Mitte der achtziger Jahre. Durch bahnbrechende
Neuentwicklungen im Bereich der Netzarchitektur von Hopfield und Rumelhart,
sowie die rasante Entwicklung der Computertechnik als Hardwarebasis NN kam
es zu einem, wie Kratzer (1993) formuliert, neuen Frühling in der neuronalen
Welt. Spitzer und Stoica sprechen sogar von einer Euphorie, die sich auch in
Aussagen wie der folgenden niederschlugen:
,,Herkömmliche Digitalcomputer sind schnell, logisch, präzise und ­ weil sie ein
Programm brauchen ­ dumm. Neuronale Netze sind das Gegenteil: Nach den
Prinzipien natürlicher Gehirne gebaut, sind sie auch sehr schnell, aber selbstor-
ganisierend, flexibel, lernfähig, intuitiv" (Stoica 2000, S. 17, nach Bru-
nak/Lentrup).
Wie Stoica hierzu einschränkend bemerkt, ,,zeigte sich jedoch sehr schnell, dass
NN nicht die Lösung für alle Probleme darstellen und noch vielen Begrenzungen
unterliegen. Trotz dieser Tatsache bietet eine Vielfalt von Netzwerktypen einen
sinnvollen Einsatz in verschiedenen Praxisfeldern." Parallel zur Entwicklung in
der Prozessortechnik schritt die Entwicklung der NN während der vergangenen
Jahre zwar auch rasant voran, NN wurden größer und leistungsfähiger, doch
unvorhersehbare oder gravierende Sprünge waren nicht zu verzeichnen (u.a.
Stoica 2000, S. 17ff.).
Unabhängig vom Fortgang der Entwicklung lässt sich das mögliche Einsatzfeld
dieser Modelle jedoch recht konkret abgrenzen. Kratzer sieht ,,die spezielle
Eignung NN" vor allem in ,,Aufgabenstellungen, die
assoziierenden,
interpolativen,
klassifizierenden oder
beurteilenden
Charakter haben."
Aufgaben also, die auch von Menschen tagtäglich bewältigt werden und nicht
nur in der betrieblichen Praxis zu wichtigen Entscheidungen führen.

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2.2.2. Ein einfaches Netzwerk
Wie diese speziellen Fähigkeiten entstehen, soll an einem einfachen Beispiel
erläutert werden, welches gleichzeitig die Abstraktion künstlicher NN aus dem
biologischen Vorbild illustriert.
Die Abbildung 5 demonstriert am einfachsten Beispiel die Anforderungen an das
Gehirn bei der Verarbeitung visuellen Inputs. Für eines von drei möglichen auf
der Netzhaut aufgenommenen dreiteiligen Inputmustern (A, B oder C) soll der
entsprechend zugewiesene Output erzeugt werden. Im biologischen Sinne wird
das Gesehene für eine Weiterverarbeitung, beispielsweise im visuellen Kortex,
aufgearbeitet, um durch weitere Verarbeitungsschritte eine angemessene Reakti-
on hervorbringen zu können. Das Muster wird klassifiziert (Nahrung, Hindernis,
Feind usw.).
In mathematischer Hinsicht können die Inputmuster als Vektoren betrachtet
werden. Muster A ist mit A=(1,0,1) eindeutig beschrieben; die beiden anderen
Abbildung 5: Optische Wahrnehmung schematisch (aus Spitzer 2000 )

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als Vektoren B=(1,1,1) und C=(0,1,0). Ebenso können auch die Outputmuster
vektoriell dargestellt werden.
Bei der Modellierung künstlicher NN wird der Unterschied zwischen chemischer
und elektrischer Signalübertragung abstrahiert und nur eine Möglichkeit der
Übertragung angenommen. Auch die Dendriten finden keine Beachtung.
Sämtlicher Input kommt am ,,Zellkörper" an (vgl. Abbildung 4 und Abbildung
6). Die gestellte Aufgabe, Erkennung des Inputs und Erzeugung des korrekten
Outputs, könnte mit einem folgendermaßen konfigurierten Netzwerk erbracht
werden.
Jedes Inputneuron ist mit jedem Outputneuron verbunden und jeder dieser
Verbindungen ist ein bestimmtes Gewicht zugeordnet. Dieses Gewicht gibt die
Stärke der synaptischen Verbindung zwischen Input- und Outputschicht an.
Ähnlich dem biologischen Vorbild können diese Werte positiv (exzitatorisch)
oder negativ (inhibitorisch) sein. Als Aktivierungsfunktion wird in diesem Fall
für jedes der Outputneuronen der gleiche Schwellenwert (0,8) angenommen. Die
Summe der eingehenden Signale muss also größer oder gleich 0,8 sein, um das
Neuron zu aktivieren; es zum feuern anzuregen. Was geschieht nun, wenn das
Inputmuster A aus Abbildung 5 aktiviert wird?
Abbildung 6: Ein sehr einfaches neuronales Netzwerk (aus Spitzer 2000)

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Das obere und das untere Inputneuron sind aktiv und beide senden, da mit allen
verbunden, ihr Signal an alle drei Outputneuronen. Für das obere Outputneuron
kann folgender Input berechnet werden:
1x0,5 + 0x (-0,5) + 1x0,5 = 1
Der kumulierte Input ist mit 1 größer als der Schwellenwert von 0,8. Das Neuron
wird aktiv. Bleibt noch zu überprüfen, wie sich die beiden anderen Outputneuro-
nen beim Muster A verhalten. Der Input des mittleren Outputneurons berechnet
sich wie folgt:
1x0,3 + 0x0,3 + 1x0,3 = 0,6
Damit bleibt das mittlere Outputneuron inaktiv, da der Schwellenwert von 0,8
nicht erreicht wurde. Der entsprechend berechnete Input für das untere Neuron
beträgt ­0,6. Auch das untere Outputneuron bleibt somit inaktiv. Mit dieser
Konstellation wurde die geforderte Reaktion (das obere Neuron soll aktiv
werden) auf das Inputmuster A erzeugt.
Auf weitere Beispielrechnungen für die Inputmuster B und C (aus Abbildung 5)
wird verzichtet. Dem Leser wird jedoch empfohlen, diese beiden Fälle für sich
selbst nachzurechen, auch um eine, für das Verständnis der folgenden Argumen-
tationen unerlässliche, Vertrautheit mit den Arbeitsweisen NN zu erlangen.
Wie Spitzer (2000, S. 27) treffend bemerkt, reduziert dieses Beispielnetzwerk
,,die biologischen Verhältnisse auf ein Minimum, macht jedoch gerade dadurch
die Prinzipien der Verarbeitung deutlich." Auch das Prinzip der parallelen
Verarbeitung wird nachvollziehbar: Alle drei Outputneuronen arbeiten gleichzei-
tig, was zu einem sehr schnellen Ergebnis führt. Und eben hierin liegt ein großer
Unterschied in der Vorgehensweise NN im Vergleich zu herkömmlichen, seriell
arbeitenden Rechnern. Dessen Regel zur Erbringung der Zuordnungsleistung aus
Abbildung 5 würde folgendermaßen aussehen: ,,Gehe zum mittleren Retina-
Neuron und stelle fest, ob es feuert oder nicht; feuert es nicht, so handelt es sich
um Muster 1; feuert es, so gehe zum oberen Retina-Neuron; feuert dies nicht, so
handelt es sich um Muster 3; feuert es, liegt Muster 2 vor." Beispiele wie dieses
aus Spitzer (2000, S. 25) finden sich u.a. auch in Kratzer. Sie zielen auf die
Darstellung eben der parallelen Verarbeitung, eines der entscheidenden Vorteile

13
NN gegenüber der seriellen Verarbeitungsweise. Die für dieses einfache Beispiel
noch sehr kurze Entscheidungsregel, würde für kompliziertere Muster, mit
beispielsweise 20.000 oder mehr Bildpunkten und unter Hinzunahme verschie-
dener Farben, einen beachtlichen Umfang erreichen. Selbst Hochleistungspro-
zessoren würden bei dieser Art Mustererkennungsaufgaben (z.B. Gesichterer-
kennung) nicht annähernd die Leistungen normalbegabter Menschen erreichen:
vom Programmierungsaufwand ganz abgesehen.
Was beim herkömmlichen Computer die Programmierung, also das Einspeisen
der Regeln ist, entspricht bei NN dem Lernen an Beispielen durch Anpassung
der Gewichte. Wie Theo Gehm (1996, S. 40) im Hinblick auf die noch zu
zeigenden Analogien der Verarbeitungsprinzipien von NN und der kooperativen
Informationsverarbeitung in sozialen Systemen formuliert, ziehen NN ,,ihre
Effektivität einzig aus Veränderungen des Informationsflusses, also aus der
Kommunikation zwischen den Units [Neuronen; M.F.]"
Folgende, auf die vorangegangenen Abbildungen aufbauende Darstellung
verdeutlicht den angeleiteten Lernprozess in dem schon bekannten Netzwerk.

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Die Abbildung 7 zeigt ,,die erste Darbietung des ersten Musters bei noch
zufälligen Synapsengewichten. Der produzierte Output (1x0,2 + 1x0,1 =0,3)
weicht vom gewünschten Output (mindestens 0,8) erheblich ab. Dieser Fehler
wird zurückgemeldet und führt zu einer kleinen Veränderung der Synapsenge-
wichte. Im Anschluss erfolgt die Darbietung anderer Muster (nicht gezeichnet),
woraufhin das erste Muster erneut dargeboten wird. Wiederum werden die
Synapsengewichte leicht angeglichen. Durch sehr häufige Wiederholung dieses
Prozesses ­ durch Training mit einer bestimmten Inputmenge ­ wird das
Netzwerk schließlich die gewünschten Input-Output-Beziehungen [für alle in der
Abbildung 7: Lernen durch Rückkopplung von Fehlern (aus Spitzer 2000)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2003
ISBN (eBook)
9783832473594
ISBN (Paperback)
9783838673592
DOI
10.3239/9783832473594
Dateigröße
880 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Lausitz – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2003 (Oktober)
Note
1,3
Schlagworte
personal human ressource management neuronale netze lernen teams
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