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Personalauswahl per Internet

Möglichkeiten und Grenzen einer Validierung eines Online-Assessment-Centers

©2002 Diplomarbeit 137 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Rasante Entwicklungen in der Technologie und Wirtschaft prägen unsere heutige Zeit. Besonders das Internet macht es möglich, dass diesen Entwicklungen keine Grenzen gesetzt sind. Auch im Bereich der Personalauswahl kann diese Entwicklung genutzt werden. Allerdings sind im Vergleich zu den klassischen Methoden wie Tests oder Assessment Center nur die wenigsten dieser Verfahren bisher wissenschaftlich auf ihre Qualität hin geprüft worden.
Das Ziel der folgenden Diplomarbeit ist es daher, die Qualität eines dieser internetbasierten Verfahren zu untersuchen. Das Online-Assessment Center „Die Karrierejagd durchs Netz“ der CYQUEST Internet AG soll anhand des „Bochumer Inventars zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung“ auf seine Konstruktvalidität hin getestet werden.
Zu Beginn der Arbeit werden die heutige Situation auf dem Arbeitsmarkt, neue Online-Recruiting-Methoden im allgemeinen und die Recruiting-Events im speziellen betrachtet. Danach wird die Konstruktvalidierung der Karrierejagd zuerst anhand der klassischen und danach anhand anderer Methoden durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Berechnungen werden diskutiert.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Einleitung1
1.1Problemstellung1
1.2Zielsetzung der Arbeit2
1.3Aufbau der Arbeit2
2.Die heutige Situation auf dem Arbeitsmarkt und ihre Auswirkung auf die Personalauswahl3
3.Beispiele für neue Rekrutierungsformen im Internet7
3.1Jobbörsen7
3.2Firmeneigene Bewerbungssoftware10
3.3Virtuelle Recruitingmesse11
3.4Online-Recruiting-Events12
3.5Vor- und Nachteile des Internet-Recruiting13
3.65 Trends für die Zukunft des Internet-Recruiting14
4.Genauere Betrachtung der Online-Recruiting-Events16
4.1Der Ursprung: Das herkömmliche „offline“ AC16
4.1.1Assessment Center - eine Definition16
4.1.2Geschichte des Assessment Centers17
4.1.3Heutige Anwendung18
4.1.4Einzelne Verfahren21
4.1.5Ablauf24
4.1.6Qualitätsstandards26
4.1.7Gütekriterien29
4.2Online-AC30
4.3Beispiele für Online-Assessment Center32
4.3.1„5000 mal 5000“der Volkswagen AG32
4.3.2„Challenge Unlimited“ der Siemens AG33
4.3.3„Die Karrierejagd durchs Netz“ der CYQUEST Internet AG34
4.4Fazit48
5.Validierung49
5.1Definition Validität49
5.2Vorgehensweise51
5.3Multitrait-Multimethod-Methode (MTMM)52
5.4Eingesetzte Methoden53
5.4.1Das „Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung“54
5.4.2Vergleich der Dimensionen der KJ und des BIP56
5.4.3Vergleich der […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7292
Kirsch, Christine: Personalauswahl per Internet - Möglichkeiten und Grenzen einer
Validierung eines Online-Assessment-Centers
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Universität des Saarlandes, Universität, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis II
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung 1
1.1 Problemstellung
1
1.2
Zielsetzung der Arbeit
2
1.3
Aufbau der Arbeit
2
2
Die heutige Situation auf dem Arbeitsmarkt und ihre
Auswirkung auf die Personalauswahl
3
3
Beispiele für neue Rekrutierungsformen im Internet
7
3.1 Jobbörsen
7
3.2 Firmeneigene
Bewerbungssoftware
10
3.3 Virtuelle
Recruitingmesse
11
3.4 Online-Recruiting-Events
12
3.5
Vor- und Nachteile des Internet-Recruiting
13
3.6
5 Trends für die Zukunft des Internet-Recruiting
14
4
Genauere Betrachtung der Online-Recruiting-Events
16
4.1
Der Ursprung: Das herkömmliche ,,offline" AC
16
4.1.1 Assessment Center ­ eine Definition
16
4.1.2 Geschichte des Assessment Centers
17
4.1.3 Heutige Anwendung
18
4.1.4 Einzelne Verfahren
21
4.1.5 Ablauf
24
4.1.6 Qualitätsstandards
26
4.1.7 Gütekriterien
29

Inhaltsverzeichnis III
4.2 Online-AC
30
4.3
Beispiele für Online-Assessment Center
32
4.3.1 "5000 mal 5000"der Volkswagen AG
32
4.3.2 ,,Challenge Unlimited" der Siemens AG
33
4.3.3 ,,Die Karrierejagd durchs Netz" der CYQUEST Internet AG 34
4.4 Fazit
48
5
Validierung 49
5.1 Definition
Validität
49
5.2 Vorgehensweise
51
5.3 Multitrait-Multimethod-Methode
(MTMM)
52
5.4 Eingesetzte
Methoden
53
5.4.1 Das ,,Bochumer Inventar zur berufsbezogenen
Persönlichkeitsbeschreibung" 54
5.4.2 Vergleich der Dimensionen der KJ und des BIP
56
5.4.3 Vergleich der Instrumente
62
5.5
Durchführung der Validierung
65
5.5.1 Beschreibung der Userdaten
65
5.5.2 Stichprobencharakteristik
66
5.5.3 Hypothese
67
5.5.4 Generierung der Vergleichsdaten mit Hilfe des BIP
67
5.5.5 Klassischer Vergleich der BIP- und KJ- Daten anhand einer
Multitrait-Multimethod-Matrix 76
5.6
Ergebnis der Validierung
81
6
Analyse der Daten anhand anderer Methoden
82
6.1 Clusterung
82
6.1.1 Bildung der Clustergruppen
83
6.1.2 Clusterung der KJ-Daten
84
6.1.3 Clusterung der BIP-Daten
87

Inhaltsverzeichnis IV
6.1.4 Ergebnis
87
6.2
Deskriptiver Vergleich der Ergebnisse anhand eines
Fallbeispiels 94
6.2.1 Kandidat 1: Profil mit vielen niedrigen Ausprägungen
94
6.2.2 Kandidat 2: Profil mit vielen hohen Ausprägungen
96
6.2.3 Ergebnis aus dem deskriptiven Vergleich
98
6.2.4 Woran könnte diese Verschiebung und damit die
unterschiedliche Messung der beiden Instrumente liegen? 99
6.2.5 Fazit
100
7
Warum lassen sich die Ergebnisse aus BIP und KJ so schlecht
miteinander vergleichen?
101
8
Diskussion 105
Anhang
108
Literatur
125

Abbildungsverzeichnis V
Abbildungsverzeichnis
Abb.1:
Anforderungs-Aufgaben-Matrix
(vgl. Schuler H., 1993, S. 129)
24
Abb.2:
Qualitätsstandards für Assessment Center ( vgl. Arbeitskreis
Assessment Center e.V. ,1995, vgl. S. 58 ­ 68)
28
Abb.3:
Die vier Konstrukte (CYQUEST Internet AG, 2001)
41
Abb.4:
Verdichtung der Daten aus den Einzelübungen zu einem
Profil (CYQUEST Internet AG, 2001)
42
Abb.5:
Auswertungsschema der Karrierejagd
(CYQUEST Internet AG, 2001)
43
Abb. 6: Aufbau einer Multitrait-Multimethod-Matrix
53
Abb.7:
Die Dimensionen des BIP
(Hossiep & Paschen, 1998, S.17)
55
Abb.8:
Eine Item des BIP
64
Abb.9:
Ablauf der Fragenbogenversendung
70
Abb.10: Clustergruppen der BIP-Daten im Bereich
,,Soziale
Kompetenz"
88
Abb.11: Clustergruppen der KJ-Daten im Bereich
,,Soziale
Kompetenz"
89

Tabellenverzeichnis VI
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Vergleich der Dimensionen von Karrierejagd
und
BIP
61
Tabelle 2:
Vergleich
der
Instrumente
63
Tabelle 3: Übereinstimmung Stichprobe und Grundgesamtheit
in Bezug auf das Geschlecht
74
Tabelle 4: Übereinstimmung Stichprobe und Grundgesamtheit
in Bezug auf das Alter
74
Tabelle 5: Übereinstimmung Stichprobe und Grundgesamtheit
in Bezug auf das Studienfach bzw.
die
Fächergruppe
75
Tabelle 6:
MTMM
­
Matrix
77
Tabelle 7: Zuordnung der BIP-Dimensionen
83
Tabelle 8: Verteilung der User aus den Gesamtdaten und der
Stichprobe gemäß ihrer KJ-Clusterzugehörigkeit
85
Tabelle 9: Neuverteilung der Clusterzuordnung
90
Tabelle 10:
Kreuztabelle
Clusterung
91
Tabelle 11: Anzahl der Dimensionen pro Ausprägungsgrad
98

1.Einleitung 1
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Rasante Entwicklungen in der Technologie und Wirtschaft prägen
unsere heutige Zeit. Besonders das Internet macht es möglich, dass
diesen Entwicklungen keine Grenzen gesetzt sind.
Auch im Bereich der Personalauswahl kann diese Entwicklung genutzt
werden. Mit Hilfe des Internets können die Auswahlverfahren schneller,
flexibler und ökonomischer gestaltet werden. Bereits eine Vielzahl
verschiedenster internetbasierter Anwendungen zur Unterstützung der
Personalarbeit sind entwickelt und mit mehr oder weniger Erfolg in der
Praxis angewendet worden.
Allerdings ,,... steht bei der Nutzung der verschiedenen Internet-
Angebote vielfach das Experimentieren im Vordergrund, weil nur
wenige vernünftige Erfahrungen über den Nutzen vorliegen" (Elsner &
Pfeiffer, 2001, S.180).
Tatsächlich sind im Vergleich zu den bisher angewendeten Verfahren
wie Tests oder Assessment Center nur die wenigsten dieser Verfahren
bisher wissenschaftlich auf ihre Qualität hin geprüft worden. Werner
Sarges, Professor für Quantitative Methoden an der Universität der
Bundeswehr in Hamburg, ist darüber erstaunt: ,,Da tut sich nicht viel. Ich
wundere mich, dass es so wenig Entwicklung gibt." Seiner Meinung
nach seien viele Unternehmen nicht bereit, ein eigenes Verfahren zu
entwickeln und zu testen. ,,Die suchen die schnelle Patentlösung und
kaufen alles, was ein bisschen bunt ist.", obwohl es auf dem Markt
,,unheimlich viel Schrott" gibt. So weiß er beispielsweise von einem
Test, bei dem es hieß: ,,Validierungsdaten liegen nicht vor, aber es kann
davon ausgegangen werden..." (Schwertfeger, 2000). Dies entspricht
natürlich absolut nicht den Anforderungen an ein gutes Instrument.

1.Einleitung 2
1.2 Zielsetzung der Arbeit
Das Ziel der folgenden Diplomarbeit ist es daher, die Qualität eines
dieser internetbasierten Verfahren zu untersuchen. Das Online-
Assessment Center ,,Die Karrierejagd durchs Netz" der CYQUEST
Internet AG soll anhand des ,,Bochumer Inventars zur berufsbezogenen
Persönlichkeitsbeschreibung" auf seine Konstruktvalidität hin getestet
werden. Es ist also das Ziel zu überprüfen, ob die ,,Karrierejagd durchs
Netz" diejenigen Konstrukte, die es behauptet zu messen, wie z.B.
Flexibilität und Durchsetzungsvermögen, auch tatsächlich erfasst.
1.3 Aufbau der Arbeit
Zu Beginn der Arbeit werden die heutige Situation auf dem
Arbeitsmarkt, neue Online-Recruiting-Methoden im allgemeinen und die
Recruiting-Events im speziellen betrachtet. Danach wird die
Konstruktvalidierung der Karrierejagd zuerst anhand der klassischen
und danach anhand anderer Methoden durchgeführt. Die Ergebnisse
dieser Berechnungen werden diskutiert.

2. Die heutige Situation auf dem Arbeitsmarkt
3
2 Die heutige Situation auf dem Arbeitsmarkt und ihre
Auswirkung auf die Personalauswahl
Die Arbeitswelt im 21. Jahrhundert ist geprägt von schnellen Wechseln,
Fusionen, neuen Branchen, Outsourcing, usw. ­ kurz gesagt von
Veränderungen in besonders kurzen Intervallen. Diese ständigen
Veränderungen, gepaart mit einer stetig größer werdenden Komplexität,
verlangen von allen Beteiligten ein hohes Maß an Flexibilität. Vor allem
die Arbeitnehmer müssen anpassungs- und wandlungsfähig sein, was
auch den Wechsel der Arbeitsstelle betrifft. Dass viele sich dieser
neuen Situation schon angepasst haben, zeigen beispielsweise
Erfahrungen der Personalberatungen: rund die Hälfte aller Fachkräfte
sind passiv ständig auf Jobsuche, 30 Prozent sehen sich aktiv nach
einer neuen Position oder Funktion um und nur 20 Prozent lassen sich
auch nach intensiven Anfragen nicht abwerben (Hünninghausen, 2001,
S.11). Hünninghausen (2001) spricht in diesem Zusammenhang sogar
von ,,Lebensabschnittjobs", also Partnerschaften zwischen Arbeitgebern
und ­nehmern auf Zeit (S.11).
,,Durch die steigende Bedeutung des Humankapitals wird eine gezielte
Auswahl bei der Beschaffung immer wichtiger. Gleichzeitig ist ein
Wandel der Kriterien, die einer Einstellung zugrunde gelegt werden,
unabdingbar" (Elsner & Pfeiffer, 2001, S.176). Die Erwartungen an die
Bewerber als potentielle neue Mitarbeiter haben sich verändert. Früher
war die Situation die, dass jeder Mitarbeiter ausschließlich in seiner
eigentlichen Funktion gearbeitet hat (Funktionsmodell), während heute
von ihm erwartet wird, dass er flexibel ist, Initiative ergreift und
Verantwortung übernimmt (Partizipationsmodell).
Die Unternehmen stehen dabei vor dem Problem, dass sie immer höher
qualifizierte Mitarbeiter gewinnen müssen, die diesen neuen Kriterien
entsprechen. Allerdings gestaltet sich die Suche nach solchen
Hochqualifizierten als schwierig, da der Bedarf die Zahl der tatsächlich

2. Die heutige Situation auf dem Arbeitsmarkt
4
auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden guten Absolventen
übersteigt.
Als Gründe für diesen Mangel kann man u.a. folgende Punkte anführen
(Hansen, Diercks & Weber, 2001, S.2):
-
Seit 1990 geht die Zahl der Studienanfänger zurück.
-
Aufgrund der niedrigen Geburtenrate in den siebziger Jahren gibt es
momentan weniger Abgänger, da die meisten der jetzigen
Studierenden in dieser Zeit geboren wurden.
-
In verschiedenen Branchen wie z.B. im Bereich der Technologie
wird verstärkt neues Personal benötigt.
-
Neben Stellen in den klassischen Unternehmen werden den
Absolventen mittlerweile auch interessante Angebote in den neuen
und stark wachsenden Branchen wie z.B. im Bereich der
Beratungen oder der ,,New Economy" geboten.
Eine weitere Schwierigkeit für die Unternehmen besteht in den stetig
steigenden Anforderungen, die Absolventen ihrerseits an sie stellen.
Vorausgesetzt werden grundsätzlich anspruchsvolle und
abwechslungsreiche Tätigkeiten, die Chance zum eigenständigen
Arbeiten, Aufstiegschancen, ein kooperativer Führungsstil, Freiraum
für eigene Ideen usw. Kann ein potentieller Arbeitgeber dieses nicht
bieten, scheidet er im Rennen um die hochqualifizierten Kräfte
wahrscheinlich sehr schnell aus. (Elsner & Pfeiffer, 2001, S.178).
So kann man die Situation wie folgt beschreiben: ,,Nicht mehr nur
Unternehmen entscheiden sich für neue Mitarbeiter. Es sind vor allem
die Hochqualifizierten, die sich für ein Unternehmen entscheiden" (ebd.,
S.179). Damit tritt für Unternehmen neben dem Recruiting auch der
Bereich des Personalmarketings immer mehr in den Vordergrund, denn
es ,,wird ... für Unternehmen immer wichtiger, nicht nur attraktive
Produkte oder Dienstleistungen anzubieten, sondern auch als

2. Die heutige Situation auf dem Arbeitsmarkt
5
attraktiver Arbeitgeber Bekanntheit zu erlangen" (Elsner & Pfeiffer,
2001, S.179).
Durch diese veränderte Situation ,,verschärft sich der Wettbewerb um
die hochqualifizierten Absolventen in einem noch nie dagewesenen
Maße" (Elsner & Pfeiffer, 2001, S.177). In einem Artikel von McKinsey
(Chambers, Foulon, Handfield-Jones, Hankin & Michaels, 1988) wird in
diesem Zusammenhang sogar vom ,,War for talents" gesprochen.
Dadurch sehen sich Personalverantwortliche mittlerweile gezwungen,
bei der Suche nach neuen Mitarbeitern selbst aktiv zu werden und sich
um interessante Absolventen zu bemühen, um diese für ihr
Unternehmen zu gewinnen.
Anschaulich gespiegelt wird diese Entwicklung in den folgenden Zahlen
(Hünninghausen, 2001, S.12):
-
Über 6000 Berater in 2000 Gesellschaften halten derzeit allein in
Deutschland Ausschau nach geeigneten Kandidaten
-
Der Umsatz der Personalberatungsbranche steigt Jahr für Jahr im
zweistelligen Prozentbereich
-
Die Anzahl der gedruckten Stellenangeboten hat sich von 1993 bis
2000 vervierfacht
-
Mehrere hundert Jobbörsen und Jobportale bieten mehr als 300.000
Stellenangebote auf ihren Seiten an ­ 1997 waren es noch unter
50.000
Die aktive Suche nach neuen Mitarbeitern prägt auch das Vorgehen bei
der Rekrutierung. Zwar wird die herkömmliche Methode, das Schalten
von Anzeigen in meist überregionalen Tageszeitungen, immer noch
eingesetzt, doch diese Art des Recruiting alleine reicht lange nicht mehr
aus. Die Personalverantwortlichen sind bei der verschärften Lage auf
dem Arbeitsmarkt darauf angewiesen, alle zur Verfügung stehenden
Rekrutierungs-Instrumente zu nutzen. Daher werden heute auch immer

2. Die heutige Situation auf dem Arbeitsmarkt
6
mehr die vielfältigen Möglichkeiten des Internets genutzt, bedenkt man
auch, dass ,,bis zum Jahre 2005 ... den Prognosen zufolge mehr als
300 Millionen Menschen in Europa das Internet nutzen [werden].
(Hünninghausen, 2001, S. 13)" Dies entspricht dem Vierfachen der
Anzahl von 1999. Die Prognose besagt weiterhin, dass jeder zweite
dieser Internetnutzer die Adresse einer Stellenbörse anwählt.
Doch auch schon heute ist das Internet das optimale Medium sowohl
für die Rekrutierung als auch für das Personalmarketing, denn gerade
in der Hauptzielgruppe von Unternehmen, den Studenten, ist das
Internet so weit verbreitet wie sonst kaum. Die klassischen Printmedien
werden zwar nicht vollends durch das Internet ersetzt, aber durchaus
sinnvoll und effektiv ergänzt.
Im März 2000 gaben im Rahmen einer Umfrage von
recruitersnetwork.com die Hälfte der befragten Unternehmen an, bereits
30% ihres Recruitingbudgets - mit steigender Tendenz ­ für Online-
Personalbeschaffungsmaßnahmen auszugeben (vgl. Hansen, Diercks
& Weber, 2001, S.5).

3. Beispiele für neue Rekrutierungsformen im Internet
7
3 Beispiele für neue Rekrutierungsformen im Internet
Auf dem heutigen Recruitingmarkt haben sich neben den klassischen
Stellenanzeigen in den Printmedien verschiedene neue Formen der
Personalauswahl etabliert, welche die Möglichkeiten des Internets
nutzen.
Im Folgenden werden einige dieser Methoden vorgestellt.
3.1 Jobbörsen
Die verbreitetste neue Rekrutierungsform im Internet sind die
sogenannten Jobbörsen wie z.B. Monster (www.monster.de) oder
Jobpilot (www.jobpilot.de). Diese sind Internetportale, die sowohl
Arbeitsuchende als auch Unternehmen ansprechen.
Dem Arbeitsuchenden geben sie die Möglichkeit, in den dort
veröffentlichten Stellenanzeigen nach einem passenden Job zu suchen.
Darüber hinaus haben sie die Chance, selbst von Unternehmen
,,gefunden" zu werden. Dazu tragen sie ihre Lebenslaufdaten und
karriererelevanten Informationen in vorhandene standardisierte
Formulare ein, so dass ein komplettes Bewerberprofil entsteht. Dieses
Profil kann von Unternehmen eingesehen werden, die diese
Informationen mit ihren Anforderungen abgleichen und so auf für sie
interessante Kandidaten aufmerksam werden können.
Sowohl für den Arbeitsuchenden als auch den
Personalverantwortlichen eines Unternehmens haben diese Jobbörsen
große Vorteile (vgl. Migula & Alewell, 1999):
-
Alle erforderlichen Informationen sind an einer Stelle gebündelt und
liegen vergleichbar vor ­ für den Bewerber die Stellenanzeigen, für
die Unternehmen die Bewerberprofile. Dadurch wird für beide die
Suche schneller und bequemer.
-
Für die Personalverantwortlichen ist es erstmals möglich, selbst
aktiv zu werden und in den abgelegten Bewerberprofilen nach

3. Beispiele für neue Rekrutierungsformen im Internet
8
geeigneten Kandidaten zu suchen. Dies war vorher aufgrund des
fehlenden Überblicks über den Absolventenmarkt kaum möglich.
-
Beide sind nicht mehr nur auf die Stellenanzeigen in Printmedien
angewiesen, die meist nur in wenigen großen Zeitungen
veröffentlicht werden, sehr kostenintensiv sind (Unternehmen:
Schalten der Anzeige, Bewerber: Anschaffen der Zeitungen) und
dort außerdem nur für kurze Zeit erscheinen. Im Gegensatz dazu
bleiben Stellenanzeigen in Jobbörsen solange präsent, bis entweder
das Unternehmen selbst sie zurückzieht oder eine zuvor vereinbarte
Zeitspanne abgelaufen ist.
-
Die Informationen sind rund um die Uhr und ortsunabhängig
abrufbar. Dies ermöglicht auch internationalen Bewerbern den
Zugriff.
-
Unternehmen haben die Möglichkeit, neben offenen Stellen
zusätzlich auch Informationen über das Unternehmen zu
veröffentlichen, was in Printmedien aufgrund des begrenzten Raums
kaum möglich ist. Darüber hinaus können Links eingebaut werden,
die direkt auf die firmeneigene Homepage führen. Dort kann
zusätzlich ein Online-Formular angeboten werden, über das sich der
Bewerber direkt bei dem Unternehmen bewerben kann. Dies
erleichtert dem Unternehmen die Bearbeitung der eingehenden
Informationen, da diese aufgrund der standardisierten Form einfach
auszuwerten sind und nicht erst aus den Papier-
Bewerbungsunterlagen gesichtet werden müssen. Dem Bewerber
erleichtert dieses Vorgehen den Bewerbungsvorgang, da er nicht
die übliche Bewerbungsmappe zusammenstellen und dem
Unternehmen zuschicken muss, sondern online direkt alle nötigen
Informationen angeben kann.
-
Der Bewerber kann durch seinen bei der Jobbörse abgelegten
Lebenslauf seine Chance auf einen Kontakt mit einem Arbeitgeber
ohne großen Aufwand erhöhen und daneben seine
Arbeitsplatzsuche anhand der klassischen Medien fortsetzen.

3. Beispiele für neue Rekrutierungsformen im Internet
9
-
Diejenigen Bewerber, die Jobbörsen nutzen, werden von
Unternehmen häufig als stärker EDV-orientiert, unkonventioneller
und professioneller eingeschätzt als solche, die ausschließlich
klassischen Medien nutzen. ,,Umgekehrt können jedoch potentiell
auch die Arbeitgeber über die Schaltung von Anzeigen im Internet
ihr Image als moderne, technikorientierte Unternehmen verbessern"
(Migula & Alewell, 1999, S.600).
Wie sehr sich die Online-Stellenbörsen sowohl auf Bewerber- als auch
Unternehmensseite bereits etabliert haben, zeigt eine Umfrage, die der
Online-Jobvermittler ,,mamas.de" in Kooperation mit dem Online-
Magazin ,,Net-Business" von November 2000 bis März 2001
durchgeführt hat. Im Rahmen des ,,Jobresearch 2000/01" wurden 5544
Arbeitnehmer und 572 Unternehmen zu ihren Erfahrungen mit
Onlinebörsen befragt (www.mamas.de).
Hier die zusammengefassten Ergebnisse:
-
99% der Arbeitnehmer bewerten die Bewerbung per Internet als
,,sehr sinnvoll" oder ,,sinnvoll". Mehr als 42% können sich eine
Jobsuche per Internet vorstellen, 81% haben diese Möglichkeit
bereits schon einmal genutzt.
-
89% der Befragten halten das Web für den wichtigsten Weg, um
eine neue Stelle zu finden. Tageszeitungen gaben noch 76%,
Fachzeitschriften nur noch 35% als wichtig an.
-
Von denjenigen Arbeitnehmern, die eine Stellenbörse im Netz
anklickten, waren die meisten direkt auf Jobsuche, 67% fragten
Informationen zu ihrem Bereich auf dem Arbeitsmarkt ab, nur 20%
stellen selbst ein Stellengesuch ins Netz. Ist eine interessante
Stellenanzeige gefunden worden, antwortet der Bewerber per Email
oder bereitstehendem Online-Formular.

3. Beispiele für neue Rekrutierungsformen im Internet
10
-
Die größte Akzeptanz erreichen Online-Börsen bei Interessenten für
Stellen im IT-Bereich (49%), gefolgt von den Bereichen Verwaltung,
Marketing, Finanzen, Consulting und Vertrieb.
-
Nach einer Online-Bewerbung bekamen 43% der Bewerber 1 ­ 3
Einladungen zu einem Vorstellungsgespräch, bei 44% waren es
mehr als drei Einladungen. 30% der Angebote waren passend, etwa
50% nur teilweise passend.
Auch auf Seite der Unternehmen hat sich der Stellenwert von
Jobbörsen als Instrument der Personalsuche verändert.
-
Die Online-Stellenbörsen haben mit 91% die Tageszeitungen (84%)
überrundet.
-
60% der Unternehmen schalten in Zeitungen pro Jahr mehr als 10
Anzeigen, der Rücklauf darauf beträgt meistens zwischen 1 bis 5
Bewerbungen. Das Feedback auf Online-Anzeigen liegt dagegen
bei 40% der Unternehmen bei 4 ­ 10 Bewerbungen. Daher
beurteilen 55% der Unternehmen diese Rücklaufquote auf die - viel
billigeren ­ Online-Stellenanzeigen als ,,gut" oder ,,sehr gut", bei
Tageszeitungen dagegen tun dies nur 38%.
3.2 Firmeneigene
Bewerbungssoftware
Die HypoVereinsbank hat die Bewerbungssoftware ,,Job.Doc"
entwickelt, mit der sich alle Kandidaten ihm Rahmen ihrer Bewerbung
bei ihr ein paar Stunden auseinandersetzen müssen. Die kostenlose
CD-Rom mit der Software wird den Kandidaten nach dem Eingang ihrer
Bewerbung zugeschickt, im Rahmen von Veranstaltungen an
Hochschulabsolventen verteilt oder kann direkt beim Unternehmen
angefordert werden.
Neben der Bewerbungssoftware enthält die CD-Rom umfangreiche
Informationen zum Unternehmen. ,,Job.Doc beruht auf der Idee der
dualen Bewerbung, bei der sich das Unternehmen zunächst bei den

3. Beispiele für neue Rekrutierungsformen im Internet
11
Kandidaten vorstellt und "bewirbt"." Ist der Kandidat an einer
Bewerbung interessiert, bietet die Software verschiedene Aufgaben an,
in deren Rahmen Angaben zu ihrer Person, Studium, Motivation und
Berufswünsche machen, aber auch Lösungen zu gestellten Problem
finden müssen, wie z.B. im Rahmen der Bearbeitung einer Fallstudie.
Diese Informationen werden zurück an die HypoVereinsbank gesendet.
Dort werden die Daten ausgewertet und anhand der Ergebnisse
entschieden, ob der Bewerber zu weiteren Bewerbungsverfahren, z.B.
Interview oder Assessment Center, eingeladen wird.
3.3 Virtuelle
Recruitingmesse
Die Westerwelle Consulting & Media AG hat die Internet-
Recruitingmesse jobfair24 (www.jobfair24.de) geschaffen. Sie ist eine
virtuelle Messe im 3-D-Format, durch deren Hallen man im Körper
eines zuvor gewählten Avataren
1
schlendern und die virtuellen
Messestände verschiedener Firmen besuchen kann. Dort findet man
Informationen zu den Unternehmen und kann bei Interesse seine
Bewerbungsunterlagen, die vorher einmalig in Form eines
Bewerberprofils auf der Seite angelegt werden konnten, hinterlegen.
Einmal im Monat findet ein besonderer Messetag statt, an dem
Personalverantwortliche der Unternehmen ,,live" ansprechbar sind und
man über einen speziellen Chat-Bereich direkt Kontakt zu ihnen
aufnehmen kann. Dabei hat der Bewerber die Möglichkeit, seine Fragen
und Anliegen vorzubringen, sich über aktuelle Stellenangebote zu
informieren und sich zu bewerben, indem das angelegte Bewerberprofil
dem Gesprächspartner direkt übergeben, d.h. zugemailt wird.
1
Avatar: synthetische Repräsentation eines realen Menschen; fiktive Identität, die ein
Teilnehmer innerhalb virtueller Welten, zum Beispiel beim Chatten, annehmen kann
(www.glossar.de)

3. Beispiele für neue Rekrutierungsformen im Internet
12
Das Besondere an dieser Recruitingmesse ist der persönliche Kontakt
zu Unternehmensvertretern, der am Messetag über Chat aufgebaut und
neben dem Klären von allgemeinen Fragen für die direkte Übergabe
der Bewerbungsunterlagen genutzt werden kann. Sie bietet Bewerbern
eine angenehme Alternative zu den oft mit Aufwand verbundenen
Besuchen von ,,realen" Recruitingmessen.
3.4 Online-Recruiting-Events
Online-Recruiting-Events sind in der Regel eigenständige, meist zeitlich
begrenzte Veranstaltungen im Internet, die sich speziell an
Arbeitsuchende richten. Wie die Jobbörsen dienen auch sie der
Aufnahme, Speicherung und Vermittlung von Bewerberinformationen,
wobei diese bei den Recruiting-Events meist in einen spielerischen
Hintergrund eingebettet sind. Ihre Besonderheit dabei ist, dass sie
neben der reinen Abfrage von Hardfacts auch Aufgaben einsetzen, die
sich an Assessment Center-Übungen orientieren und an die veränderte
Situation (Internet) und die Spielgeschichte angepasst werden. Daher
spricht man bei diesen Online-Recruiting-Events auch oft von ,,Online-
Assessment Centern".
Wie bei den Jobbörsen wird auch hier durch die standardisierte
Aufnahme der Informationen über Person, Ausbildung und
Arbeitserfahrungen einerseits gewährleistet, dass von allen Bewerbern
ausreichend viele Informationen vorliegen, aber auch, dass von allen
die gleichen Daten vorliegen und so die Informationen leicht
miteinander verglichen werden können. Darüber hinaus muss sich der
Kandidat z.B. im Vergleich zu den Jobbörsen auch mit der
Spielgeschichte und den darin eingebetteten interaktiven Aufgaben
beschäftigen. Mit Hilfe dieser Aufgaben können zusätzliche
Bewerberdaten im Bereich der Verhaltenstendenzen, sog. Softskills,
erhoben werden.

3. Beispiele für neue Rekrutierungsformen im Internet
13
Durch die Komplexität der Recruiting-Events und damit verbundene
Investition von Zeit für die Bearbeitung der Aufgaben sollen diejenigen
Bewerber abgeschreckt werden, die sich nur halbherzig auf die
ausgeschriebene Stelle bewerben und daher keine Motivation haben,
überdurchschnittlich viel Zeit und Mühe zu investieren, um sich mit den
Inhalten und den gestellten Aufgaben zu befassen. Dies entspricht
einer positiven Selbstselektion und sorgt dafür, dass nur noch
diejenigen Bewerber in den Auswahlprozess gelangen, die auch echtes
Interesse an dem Unternehmen und der freien Stelle haben.
Durch die Einbettung der sonst recht trockenen Inhalte und
Aufgabenstellungen der Events in unterhaltsame Hintergrundstorys wird
erreicht, dass durch den dynamischen Charakter der Situation die
Teilnahme für den Kandidaten sehr angenehm und kurzweilig ist und er
auch die schwierigeren Aufgabenstellungen weniger als bedrohliche
Testsituation, sondern als spielerische Herausforderung wahrnimmt.
Unternehmen, die Online-Recruiting-Maßnahmen neben den
klassischen Methoden einsetzen, demonstrieren dadurch, dass sie
innovativ sind und mit der zeit gehen, was für ein positives Image des
Unternehmens sorgen kann.
In Kap. 4.2 werden die Online-Recruiting-Events ausführlich vorgestellt.
3.5 Vor- und Nachteile des Internet-Recruiting
Insgesamt kann man u.a. folgende Vor- und Nachteile des Internet-
Recruitings anführen:
-
Das Internet ermöglicht einen Zugang zu einer großen Zahl von
Kandidaten. Diese sind immer noch nicht repräsentativ in Bezug auf
Geschlecht, Alter, Beruf, Ausbildung, kulturellem Hintergrund etc.
-
Es hilft erheblich, Kosten und Ressourcen zu sparen, wie z.B. für
Laborraum, Zeit, Material, Sammeln der Daten und ihre Auswertung

3. Beispiele für neue Rekrutierungsformen im Internet
14
usw. Bei einem Test per Computer können allerdings die Samples
weniger kontrolliert werden, sie sind daher oft heterogener. Die
erlebte Anonymität während der Aufgabenbearbeitung am Computer
kann auch dazu führen, dass die User weniger zuverlässige
Antworten geben, besonders wenn sie nicht hoch motiviert sind.
Unzuverlässige Daten können auch entstehen durch äußere
Einflüsse wie Hitze, Geräusche, Stimmung, Müdigkeit etc, die alle
nicht vom Forscher kontrolliert werden können, z.B. gar nicht
bemerkt werden, da er keinen direkten Kontakt zu dem Kandidaten
hat und dessen Verhalten und die vorherrschenden Umfeldfaktoren
nicht beobachten kann.
3.6 5 Trends für die Zukunft des Internet-Recruiting
Es können 5 Trends für die Zukunft der Internet-Rekrutierung
aufgezeigt werden (vgl. Brauner, 2000):
1. Neben dem immer noch weit verbreiteten Posting, dem
Ausschreiben offener Stellen im Internet, wird auch das
Sourcing, die zielgerichtete Suche nach Lebensläufen und
weiteren Informationen über Kandidaten im Internet, eine
wichtige Rolle in den Rekrutierungsstrategien von Unternehmen
spielen.
2. Die Akzeptanz von Online-Bewerbungen in Unternehmen hängt
hauptsächlich von zwei Faktoren ab: der Aussagekraft der
eingehenden Bewerbung und der im Unternehmen vorhandenen
Möglichkeiten zur effizienten Bearbeitung dieser Bewerbungen.
3. Traditionelle Recruiting-Methoden geraten durch das Internet
zunehmend unter Druck; in einzelnen Bereichen wird es zu
dramatischen Verschiebungen von Marktanteilen zu Gunsten
des Internets kommen.
4. Das Internet wird sich für Groß- und Hightech-Unternehmen zum
wichtigsten Recruiting-Medium entwickeln.

3. Beispiele für neue Rekrutierungsformen im Internet
15
5. Die Anforderungen an die unternehmensinterne
Personalbeschaffung werden sich durch das Internet
grundlegend wandeln. Die professionelle Nutzung des Internets
wird den Beitrag und die Bedeutung der Personalbeschaffung für
den Unternehmenserfolg von Groß- und Hightech Unternehmen
steigern.

4. Genauere Betrachtung der Online-Recruiting-Events
16
4 Genauere Betrachtung der Online-Recruiting-Events
Die Recruiting-Tools in Form von Online-Events entsprechen in ihrem
Aufbau in vielen Bereichen normalen ,,offline" Assessment Centern, wie
sie sehr häufig in der Personalauswahl eingesetzt werden. Daher
werden sie auch oft als ,,Online Assessment Center" bezeichnet. Auf
diese besondere Form von Assessment Centern, übertragen auf das
Medium Internet, wird in diesem Kapitel näher eingegangen.
Dazu wird zuerst das Assessment Center in seiner ursprünglichen Form
im Überblick dargestellt und danach verschiedene Tools vorgestellt, die
diese Auswahlmethode aus der ,,realen" Welt in die des Internets
übertragen haben.
4.1 Der Ursprung: Das herkömmliche ,,offline" AC
4.1.1 Assessment Center ­ eine Definition
Bei Assessment Center handelt es sich um ,,Gruppenprüfverfahren, in
denen
-
mehrere Kandidaten (meist 8-12)
-
von mehreren geschulten Beobachtern (meist 4-6
Linienführungskräften höherer Hierarchiestufen)
-
in einer Vielzahl von Beurteilungssituationen (Übungen, Tests,
Interviews u.a.)
-
über einen längeren Zeitraum (meist 2-3 Tage)
-
in Hinblick auf wichtige Managementkriterien (z.B.
Durchsetzungsvermögen, Initiative, komplexes Denken)
-
nach festen Regeln
beurteilt werden" (Sarges, 2001, S.1).
Nach Fisseni und Fennekels (1995) dient das Assessment Center ,,dem
Anliegen, ,geeignete Personen auszuwählen oder zu fördern', ... ,

4. Genauere Betrachtung der Online-Recruiting-Events
17
indem es Anforderungen, die auf einer Zielposition erhoben werden,
möglichst realitätsnah in Aufgaben ,nachbildet', die dem ,Prüfling'
gestellt werden" (S. 3, Hervorhebungen v. Verf.).
4.1.2 Geschichte des Assessment Centers
Zum ersten Mal wurde ein Vorläufer des heutigen Assessment Center
1926/27 zur Offiziersauswahl der Reichswehr in der Weimarer Republik
eingesetzt. In diesen Auswahlverfahren wurden kleine Gruppen von 5 -
8 Bewerbern über mehrere Tage mit verschiedenen situativen und
nicht-situativen diagnostischen Testverfahren konfrontiert.
Vor dem Einsatz der situativen Auswahlverfahren wurden zur ersten
Vorauswahl die grundlegenden Bewerberinformationen mit Hilfe
verschiedener (nicht-situativer) Verfahren erhoben. Dazu wurden neben
der Analyse der biographischen Daten auch Leistungs-, Interessen-,
Intelligenz- und graphologische Tests sowie Sprechanalysen und
physiognomische Aufnahmen eingesetzt.
Zu den situativen Methoden zählten z.B. verschiedene ,,Testverfahren",
die ,,Befehlsreihe", die ,,Führerprobe", die ,,Exploration" sowie das
,,Rundgespräch". Dabei entsprach z.B. die ,,Befehlsreihe" heutigen
Übungen wie ,,Weg-Zeit-Planung" oder ,,Postkorb", die ,,Führerprobe"
dem heutigen Mitarbeitergespräch und das ,,Rundgespräch" der
heutigen Gruppendiskussion. Auch unser ,,Stressinterview" wurde
damals unter dem Namen ,,taraktische Exploration" eingesetzt.
Das multiple Auswahlverfahren verbreitete sich von Deutschland über
Großbritannien, wo es während des zweiten Weltkriegs vom War Office
Selection Board zur Auswahl von Offiziersanwärtern eingesetzt wurde,
nach den USA, Kanada und Australien. In den USA wurde es erstmals
im Rahmen eines Auswahlprozesses des Office of Strategic Services
Assessment Staff, aus dem die spätere CIA entstand, erwähnt. Mit Hilfe
dieser Auswahlmethode wurden Agenten ausgewählt, wofür gerade
dieses Instrument besonders geeignet war, da vor allem die Reaktionen

4. Genauere Betrachtung der Online-Recruiting-Events
18
der Bewerber in konkreten Situationen überprüft werden sollten, die hier
durch realitätsnahe Simulationen nachgestellt wurden. So wurde z.B. in
Belastungssituationen, die unseren heute bekannten ,,Stressinterviews"
ähnelten, erwartet, dass die dem Kandidaten zugeordnete falsche
Identität aufrechterhalten werden konnte und er sich nicht in
Widersprüchen verwickelte.
Das Unternehmen ,,American Telephone and Telegraph Company"
(AT&T) führte ab 1956 die ,,Management Progress Study" durch, die für
die Verbreitung des Assessment Centers im zivilen Bereich sehr
bedeutend war. In dieser Studie wurden 422 Nachwuchsführungskräfte
des Unternehmens verschiedenen Übungen wie Postkorb,
Wirtschaftsspiel und Gruppendiskussion unterzogen. Anhand der
erzielten Ergebnisse wurden Beurteilungen und Prognosen in Bezug
auf den Karriereverlauf während der folgenden 10 Jahre abgegeben,
die auf ihre Treffsicherheit überprüft wurden. Diese erwies sich
letztendlich als sehr hoch, wobei sie hauptsächlich auf die
Arbeitsproben und die kognitiven Leistungstests, weniger auf die
Persönlichkeitstest und Interviews zurückzuführen war (vgl. Schuler &
Moser, 1995).
4.1.3 Heutige Anwendung
Mittlerweile gehört das Assessment Center zu dem beliebtesten und am
häufigsten eingesetzten Auswahlverfahren, hat aber auch den Ruf, das
härteste Auswahlinstrument zu sein. Es wird von fast allen großen
Unternehmen eingesetzt.
,,Das Assessment Center findet einen ständig größer werdenden Kreis
von Anwendern, nicht zuletzt deshalb, weil in kritischen
Wirtschaftssituationen auch die Investitionen in eine Führungskraft
einem Optimierungsprozess unterliegen. Man bedient sich des ACs,
weil es nach wie vor ein hoch valides und voll akzeptiertes

4. Genauere Betrachtung der Online-Recruiting-Events
19
personalpolitisches Instrument ist, wie neueste Umfragen wieder einmal
bestätigen" (Arbeitskreis Assessment Center e.V., 1995, S.7).
Diese Tatsache ist nachvollziehbar, handelt es sich doch um das
,,prognosesicherste Instrument" (ebd.), das ,,außerdem auf einigen
personalpolitisch sinnvollen Kriterien wie Transparenz, Überprüfbarkeit
und Chancengleichheit" (ebd.) basiert.
Zu den Vorteilen von Assessment Centern gehört, dass sie sehr
lebensnahe Situationen nachbilden und dadurch ,,tatsächliches
Verhalten messen und die Dynamik des Arbeitsplatzes sowie
gegenseitige Abhängigkeiten und Interaktionen berücksichtigen"
(Weinert, 1998, S. 313), was in eher statischen Situationen wie
Testsituationen nicht möglich ist. Dadurch verspricht man sich eine
bessere Vorhersagemöglichkeit in Bezug auf den späteren beruflichen
Erfolg.
Des weiteren bringt die weitverbreitete Meinung, ,,dass spezifische
Talente, Charakteristika und Neigungen durch die Vielzahl von
Techniken und durch das Vorhandensein von mehreren Bewertern
valider und reliabler identifiziert und gemessen werden können" (ebd.)
mit sich, dass ,,das Vertrauen der Kandidaten in die Ergebnisse eines
Assessmentprozesses höher als in die herkömmlichen Selektions- und
Bewertungsverfahren" (ebd.) ist. Dies wiederum kann direkte
Auswirkungen auf deren Verhalten während des Auswahlprozesses
haben und z.B. zu realitätsnaherem und weniger sozial erwünschtem
Verhalten führen.
Das Assessment Center kann durch seinen modularen Aufbau an viele
Situationen angepasst werden und ist daher sehr flexibel einsetzbar.
Die wichtigsten Einsatzgebiete sind folgende (Schuler, 1993, S. 125):
-
Interne Personalauswahl
-
Auswahl externer Bewerber
-
Laufbahnplanung

4. Genauere Betrachtung der Online-Recruiting-Events
20
-
Ausbildungsberatung
-
Beurteilung, insbesondere Potentialbeurteilung
-
Trainingsbedarfsanalyse
-
Teamentwicklung
-
Berufsberatung
-
Berufliche Rehabilitation
-
Arbeitsplatzgestaltung
-
Forschung
Oft werden dabei die Verfahren nicht explizit als Assessment Center
bezeichnet, sondern z.B. als Management- bzw. Personalentwicklungs-
Seminar, Führungskräfte-Potenzial-Test oder Auswahl-, Förderungs-,
Beurteilungs-, Qualifikations- oder Entwicklungs-Seminar, je nachdem
zu welchem speziellen Zweck und für welche Zielgruppe das
Assessment Center eingesetzt wird.
Daneben kann das Assessment Center neben seinem jeweiligen
eigentlichen Einsatzzweck auch verschiedene ,,latente" Funktionen
haben wie
-
Gewinnung eines Überblicks über den Nachwuchs, den
Leistungsstand und Defizite im Unternehmen
-
Gelegenheit zu verhaltensbezogenen Formulierungen von
Anforderungen und Leistungsniveaus
-
Betonung der Bedeutung von Personalplanung und
Personalentwicklung
-
Möglichkeit, Aspekte der ,,Unternehmenskultur" zu diskutieren und
zu inszenieren
-
Vertrautmachen der Teilnehmer mit den Anforderungen ­ auch
sozialpsychologischer Art ­ einer Führungstätigkeit
-
Verbesserung ihrer Selbsteinschätzung
-
Gelegenheit zum sozialen Vergleich (vgl. Schuler, 1993, S. 125).

4. Genauere Betrachtung der Online-Recruiting-Events
21
Nach Meinung der Autorin ist hier die Möglichkeit des Unternehmens
hinzuzufügen, Marketing in eigener Sache zu machen. Im Rahmen des
Assessment Centers kann sich das Unternehmen den Kandidaten
präsentieren, ihnen unternehmensinterne und personalpolitische Inhalte
vorstellen und für die Übernahme einer Tätigkeit im Unternehmen
werben.
Das Assessment Center hat mittlerweile nicht nur die Aufgabe, aus
Unternehmenssicht zu prüfen, ob der Kandidat die gestellten
Erwartungen erfüllt. Der Bewerber seinerseits sammelt während des
Assessment Center ebenfalls Informationen, die später im Falle eines
Stellenangebotes von Seiten der Firma vom Bewerber dazu genutzt
werden, um zu entscheiden, ob das Unternehmen alle von ihm
gestellten Ansprüche an einen anspruchsvollen Arbeitsplatz erfüllt.
Aus Bewerbersicht ist daher dieser erste Kontakt und das dort
vermittelte Bild des Unternehmens sehr wichtig, denn der erste
Eindruck kann eine entscheidende Rolle für weitere Entscheidungen
sein, z.B. für oder gegen eine Tätigkeit in diesem Unternehmen.
4.1.4 Einzelne Verfahren
Ein Assessment Center besteht aus mehreren verschiedenen Teilen
und Aufgaben, die jeweils nach dem Anforderungsprofil
zusammengestellt werden. Dabei wird angestrebt, die Übungen so
realitätsnah wie möglich zu gestalten, um über die Effizienz eines
Kandidaten in der Zielposition Aussagen machen zu können. Daher
werden hauptsächlich sog. situative Übungen eingesetzt, in denen
alltägliche Situationen aus dem Bereich der zu besetzenden
Zielposition, wie z.B. Präsentationen halten oder Mitarbeitergespräche
führen, nachgestellt werden.
Die am häufigsten eingesetzten Übungen werden im folgenden kurz
beschrieben (vgl. Fisseni & Fennekels,1995, S. 57 ­ 66):

4. Genauere Betrachtung der Online-Recruiting-Events
22
-
Kurzpräsentation: Der Kandidat muss nach einer meist sehr knapp
bemessenen Vorbereitungszeit vor einem Publikum einen
Kurzvortrag über ein Thema halten.
-
Präsentation: Wie bei der Kurzpräsentation wird dem Kandidaten
ein Themeninhalt vorgegeben, der präsentiert werden soll. Dabei
steht zur Vorbereitung allerdings mehr Zeit zur Verfügung, wobei
auch das zu präsentierende Thema umfangreicher ist.
-
Fallstudie: Hier wird dem Kandidaten ein konkreter Fall aus dem
Unternehmensalltag vorgelegt. Aufgabe ist es, eine Lösung des
Problems zu erarbeiten, vorzustellen und zu rechtfertigen.
-
Gruppendiskussion: Einer Gruppe von Teilnehmern wird ein
Thema gegeben, über das sie gemeinsam diskutieren.
-
Mitarbeitergespräch: Diese Übung entspricht in seiner Art einem
Rollenspiel: Es werden zwei Rollen vorgegeben, die eines
Vorgesetzten und die eines seiner Mitarbeiter. Der Kandidat
übernimmt dabei den Part des Vorgesetzten, der Mitarbeiter wird
aus Gründen der Standardisierung immer von der gleichen Person ­
meist einem Mitarbeiter des Moderators ­ gespielt.
-
Disput: Dem Kandidaten wird eine Situation vorgestellt, zu der er
Stellung beziehen soll. Der Moderator testet in einem Gespräch, in
wieweit der Kandidat an dieser Einstellung festhält, indem er ihn mit
Einwänden konfrontiert.
-
Postkorb: Der Kandidat bekommt verschiedene Vorgänge wie
Posteingänge, interne Notizen und Anfragen vorgelegt, die er je
nach Wichtigkeit und Dringlichkeit bearbeiten und daraus weitere
Schritte ableiten muss.
-
Konstruktionsaufgabe: Kleinen Gruppen von Teilnehmern wird die
Aufgabe gestellt, ein Produkt gemeinsam zu fertigen (Erstellen einer
Firmenzeitung, Turmbau u.ä.). Ziel ist es dabei, die Kommunikation
und Interaktion der Personen untereinander zu beobachten.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832472924
ISBN (Paperback)
9783838672922
DOI
10.3239/9783832472924
Dateigröße
844 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität des Saarlandes – Empirische Humanwissenschaften
Erscheinungsdatum
2003 (Oktober)
Note
1,0
Schlagworte
recrutiting validierung infotainment bochumer inventar persönlichkeitsbeschreibung
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