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Der Sozialarbeiter als "Unternehmer"?

Chancen und Risiken der beruflichen Selbständigkeit in der sozialen Arbeit

©2003 Diplomarbeit 98 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Verfolgt man sowohl die wissenschaftlichen wie auch die politischen Diskussionen der vergangenen Jahre, so kommt man nicht umhin festzustellen, dass die äußerst angespannte Arbeitsmarktlage eines der größten Probleme in Deutschland darstellt. Auf der einen Seite nimmt die Massenarbeitslosigkeit stetig zu – die letzten Zahlen vom April 2003 liegen bei fast 4,5 Millionen – auf der anderen Seite findet ein Umbruch auf dem Arbeitsmarkt statt und Arbeitsverhältnisse entsprechen immer weniger dem klassischen Modell der Erwerbsarbeit. Da stellt sich doch unweigerlich die Frage, warum unter diesen Bedingungen und ohne Aussicht auf deren Verbesserung, überhaupt jemand den Schritt in die berufliche Selbstständigkeit wagen sollte?
Auch die Grundlagen des sozialen Sicherungssystems in Deutschland werden durch die Entwicklungen immer mehr in Frage gestellt und geraten ins Wanken. Die Krise in den öffentlichen Haushalten u.a. auch bedingt durch die hohe Arbeitslosigkeit hat ganz massive Auswirkungen auf die Sicherung der Finanzierung des sozialen Systems. Das Dilemma liegt auf der Hand: Auf der einen Seite verursacht die Arbeitslosigkeit eine Erhöhung der Ausgaben und auf der anderen Seite mindert sie die Einnahmen der Kommunen durch den Wegfall von Lohn- und Einkommenssteuer.
Die Soziale Arbeit bleibt von dieser Entwicklung natürlich keinesfalls unberührt. Sie ist sogar in zweierlei Hinsicht davon betroffen, da zum einen ihre Finanzierung immer unsicherer wird, denn im sozialen Bereich wird der Rotstift meist als erstes angesetzt. Auf der anderen Seite wird die Soziale Arbeit durch die Arbeitslosigkeit aber auch vor immer mehr neue und zusätzliche Herausforderungen gestellt, welche die Anforderungen an sie eigentlich erhöhen. Paradoxerweise ist aber für die vermehrt notwendigen Leistungen durch die Kürzungen eben immer weniger Geld vorhanden.
Ein möglicher Ausweg aus diesem Dilemma scheint für viele in der Sozialen Arbeit Tätige in den letzten Jahren zunehmend der Schritt in die berufliche Selbstständigkeit zu sein. Wie sonst könnten die ansteigenden Zahlen selbstständiger Sozialpädagogen/Sozialarbeiter erklärt werden? Allerdings steckt die Forschung auf diesem Gebiet noch in den Kinderschuhen, sodass noch nicht hinreichend geklärt ist, ob die berufliche Selbstständigkeit wirklich eine alternative Arbeitsform in der Sozialen Arbeit darstellt.
Vor diesem Hintergrund wird die vorliegende Arbeit also der Frage nachgehen, ob die […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7230
Fuchs, Katerina: Der Sozialarbeiter als "Unternehmer"? - Chancen und Risiken der
beruflichen Selbständigkeit in der sozialen Arbeit
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Evangelische Fachhochschule Darmstadt, Fachhochschule, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
Vorwort ... 4
Einleitung ... 5
1 Berufliche
Selbstständigkeit in Deutschland... 8
1.1 Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen ... 9
1.2 Die
persönliche Eignung ... 10
1.3 Die
Standortwahl... 10
1.4
Die passende Rechtsform ­ Eine Auswahl ... 11
1.4.1 Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)... 13
1.4.2 Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)... 14
1.4.3 Die
Aktiengesellschaft (AG) ... 15
1.4.4 Der eingetragene Verein (e.V.) ... 16
1.5
EXKURS: Die Spezifika der Gemeinnützigkeit... 17
1.6 Die
Gründungsfinanzierung... 19
1.7 Zusammenfassung... 20
2 Berufliche
Selbstständigkeit
in der Sozialen Arbeit ... 21
2.1
Der Arbeitsmarkt für Sozialpädagogen/Sozialarbeiter... 22
2.2 Exemplarisch
gewählte Arbeitsfelder ... 23
2.2.1 Berufsbetreuung... 24
2.2.2 Sozialpädagogische
Familienhilfe als Form der ambulanten
Jugendhilfe ... 26
2.2.3 Heimerziehung als Form der stationären Jugendhilfe ... 28
2.3
EXKURS: Ein Blick ins Ausland ­ Das Beispiel Niederlande . 30
2.4 Zusammenfassung... 32
3
Die theoretische Erörterung der Chancen und Risiken
einer beruflichen Selbstständigkeit in der Sozialen Arbeit... 34
3.1 Die
Chancen ... 34
3.2 Die
Risiken ... 36
3.3 Zusammenfassung... 38

4 Berufliche
Selbstständigkeit
in
der Praxis Sozialer Arbeit ... 39
4.1
Das Ziel der Untersuchung... 39
4.2
Die Vorstellung der Interviewpartner ... 39
4.3 Die
Interviewmethode... 40
4.4 Grundannahme
und
Hypothesen ... 42
4.5
Die Auswertung der Interviews... 44
4.5.1 Die Entscheidung für ein Arbeitsfeld ... 45
4.5.2 Die Vielfalt der Arbeitsfelder als Vorteil ... 45
4.5.3 Die
Beurteilung der Chancen ... 46
4.5.4 Die
Beurteilung
der Risiken... 47
4.5.5 Anstrengungen zur Minimierung der Risiken... 49
4.5.6 Veränderungen
im Rückblick ... 51
4.6 Vergleich
der
Interviews ... 52
5
Der Vergleich von Theorie und Praxis unter Einbeziehung
von Grundannahme und Hypothesen... 56
Fazit ... 60
Abkürzungsverzeichnis ... 63
Literaturverzeichnis... 65
Anhang ... 69
Abstract... 96

4
Vorwort
Im Rahmen meines Hauptstudiums an der Evangelischen Fachhochschu-
le in Darmstadt habe ich die Studiengruppe Bewegungsorientierte Soziale
Arbeit ­ International besucht. Innerhalb dieser Studiengruppe habe ich
auch meine größere schriftliche Hausarbeit geschrieben und wollte auch
ursprünglich an diese anschließend mein Diplomarbeitsthema wählen.
Doch es kam - wie so oft ­ alles anders als ich dachte. Ich las in der Wo-
chenzeitung ,Die Zeit' eine Besprechung über das damals neu erschiene-
ne Buch ,,Ich mache mich selbstständig im sozialen Bereich" und besorgte
es mir noch am nächsten Tag. Da ich mir schon immer vorstellen konnte,
mich einmal selbstständig zu machen, aber bis dato nicht wusste, dass
dies auch im sozialen Bereich möglich ist, kam dieses Buch wie gerufen.
Und somit war für mich klar, dass sich meine Diplomarbeit mit diesem
Thema befassen würde. Und hier ist sie nun.
Ich möchte mich bei all denen bedanken, die zum Gelingen dieser Arbeit
beigetragen haben.
Besonderer Dank gilt meinen Eltern, meinem Bruder und meinem Freund
Alexander für die tatkräftige Unterstützung und die zwischendurch not-
wendigen aufbauenden Worte. Ein extra Dankeschön an dieser Stelle an
meine Mutter für das Transkribieren der Interviews, was mir kostbare Zeit
ersparte.
Ebenfalls bedanke ich mich herzlich bei meinen Interviewpartnern, Frau
E.S. und Herr P.U., für ihre Bereitschaft und ihre Offenheit.
Und schließlich danke ich meinen Korrektoren und Korrektorinnen Timo,
Steffen, Stefan und besonders Felicitas, die mir bei einem computer-
technischen Problem immer weiterhelfen konnte.

5
Einleitung
Verfolgt man sowohl die wissenschaftlichen wie auch die politischen Dis-
kussionen der vergangenen Jahre, so kommt man nicht umhin festzustel-
len, dass die äußerst angespannte Arbeitsmarktlage eines der größten
Probleme in Deutschland darstellt. Auf der einen Seite nimmt die Massen-
arbeitslosigkeit stetig zu ­ die letzten Zahlen vom April 2003 liegen bei fast
4,5 Millionen ­ auf der anderen Seite findet ein Umbruch auf dem Ar-
beitsmarkt statt und Arbeitsverhältnisse entsprechen immer weniger dem
klassischen Modell der Erwerbsarbeit. Da stellt sich doch unweigerlich die
Frage, warum unter diesen Bedingungen und ohne Aussicht auf deren
Verbesserung, überhaupt jemand den Schritt in die berufliche Selbststän-
digkeit wagen sollte?
Auch die Grundlagen des sozialen Sicherungssystems in Deutschland
werden durch die Entwicklungen immer mehr in Frage gestellt und geraten
ins Wanken. Die Krise in den öffentlichen Haushalten u.a. auch bedingt
durch die hohe Arbeitslosigkeit hat ganz massive Auswirkungen auf die
Sicherung der Finanzierung des sozialen Systems. Das Dilemma liegt auf
der Hand: Auf der einen Seite verursacht die Arbeitslosigkeit eine Erhö-
hung der Ausgaben und auf der anderen Seite mindert sie die Einnahmen
der Kommunen durch den Wegfall von Lohn- und Einkommenssteuer.
Die Soziale Arbeit bleibt von dieser Entwicklung natürlich keinesfalls unbe-
rührt. Sie ist sogar in zweierlei Hinsicht davon betroffen, da zum einen ihre
Finanzierung immer unsicherer wird, denn im sozialen Bereich wird der
Rotstift meist als erstes angesetzt. Auf der anderen Seite wird die Soziale
Arbeit durch die Arbeitslosigkeit aber auch vor immer mehr neue und zu-
sätzliche Herausforderungen gestellt, welche die Anforderungen an sie
eigentlich erhöhen. Paradoxerweise ist aber für die vermehrt notwendigen
Leistungen durch die Kürzungen eben immer weniger Geld vorhanden.
Ein möglicher Ausweg aus diesem Dilemma scheint für viele in der Sozia-
len Arbeit Tätige in den letzten Jahren zunehmend der Schritt in die beruf-
liche Selbstständigkeit zu sein. Wie sonst könnten die ansteigenden Zah-

6
len selbstständiger Sozialpädagogen/Sozialarbeiter erklärt werden? Aller-
dings steckt die Forschung auf diesem Gebiet noch in den Kinderschuhen,
sodass noch nicht hinreichend geklärt ist, ob die berufliche Selbstständig-
keit wirklich eine alternative Arbeitsform in der Sozialen Arbeit darstellt.
Vor diesem Hintergrund wird die vorliegende Arbeit also der Frage nach-
gehen, ob die berufliche Selbstständigkeit in der Sozialen Arbeit mögli-
cherweise eine geeignete Arbeitsform ist, um der sozialpolitischen Ent-
wicklung entgegen zu treten und ob sie eventuell auch zukunftsweisenden
Charakter besitzt. Auch die Frage nach den unternehmerischen Fähigkei-
ten von Sozialpädagogen/Sozialarbeitern ist von Interesse für diese Ar-
beit. Also inwieweit passt unternehmerisches oder betriebswirtschaftliches
Denken und Handeln zum Berufsbild des Sozialarbeiters?
Um diese Fragen beantworten zu können, werde ich die Chancen und Ri-
siken von beruflicher Selbstständigkeit sowohl aus Sicht der Theorie wie
auch aus praktischer Sicht durch Interviews mit zwei bereits selbstständig
Tätigen erörtern und miteinander in Bezug setzen.
Um eine Basis für das zu behandelnde Thema zu schaffen, werde ich in
meinem ersten Kapitel zunächst auf die grundlegenden Bedingungen und
Voraussetzungen für eine berufliche Selbstständigkeit in Deutschland all-
gemein eingehen.
Mit der spezifischen Situation von Sozialpädagogen/Sozialarbeitern, ihrem
derzeitigen Arbeitsmarkt und einer Auswahl möglicher Arbeitsfelder für
eine Existenzgründung im sozialen Bereich befasst sich das zweite Kapi-
tel. Außerdem werde ich am Ende dieses Kapitels einen Blick werfen auf
die Situation der Sozialarbeiter in den Niederlanden in Bezug auf selbst-
ständig ausgeübte Soziale Arbeit, um einmal einen kleinen Einblick zu ge-
ben, wie dies in anderen Ländern geregelt ist.
Das dritte Kapitel erörtert dann die sich aus den beiden vorangegangenen
theoretischen Kapiteln ergebenden Chancen und Risiken einer beruflichen
Selbstständigkeit in der Sozialen Arbeit.
Im praktischen Teil der Arbeit, dem vierten Kapitel, werden dann zuerst
einmal Zielsetzung, Interviewpartner und die Grundlagen der Interviewme-

7
thode vorgestellt. Daran anschließend folgt die Auswertung der Interviews
mit Hilfe einer vorher von mir formulierten Grundannahme und drei sich
daraus ableitender Hypothesen, die dann letztendlich auch zu den eigent-
lichen Interviewfragen führten. Abschließend werde ich dann die Aussa-
gen der beiden Interviewpartner miteinander vergleichen.
Die Diplomarbeit wird schließen mit dem fünften Kapitel, in dem ich den
Vergleich ziehe zwischen den Ergebnissen des Theorieteils und den Aus-
sagen aus Sicht der Praxis. Dieser Vergleich wird mir entweder die Wider-
legung oder die Bestätigung der Hypothesen und damit auch der Grund-
annahme ermöglichen und erlaubt mir, dann auch wieder Bezug zu neh-
men auf die Fragestellung dieser Einleitung.
Hinweisen möchte ich noch darauf, dass aus Gründen der plakativeren
Gestaltung des Titels dieser Arbeit sowie der besseren Lesbarkeit im ge-
samten Text die männliche Form verwendet wird. Damit ist das weibliche
Geschlecht aber in jedem Fall eingeschlossen.

8
1
Berufliche Selbstständigkeit in Deutschland
Seit Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts befindet sich
die deutsche Wirtschaft ,,... in einem Strukturwandel" (HIS 2001, S. 5).
Nicht nur wird mehr und mehr ein grundlegender Wandel der bisherigen
Unternehmensstrukturen gefordert, sondern vielmehr eine Veränderung
der gesamten deutschen Wirtschaftsstruktur. Durch die zunehmende Ra-
tionalisierung und immer weiter fortschreitende Modernisierungsstrategien
werden Personalbestände mehr und mehr reduziert. Auch die fast allerorts
verbreitete Ressourcenknappheit ­ besonders im öffentlichen Dienst ­
sowie die voranschreitende Globalisierung, also das weltweite Zusam-
menwachsen von Märkten, erfordert ein Umdenken der Wirtschaft und
auch der Politik in Richtung alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten z.B.
hin zu vermehrter selbstständiger Berufstätigkeit (vgl. ebenda, S. 2). Mit
Schlagwörtern wie Innovation und Existenzgründung werden große Hoff-
nungen für die Entwicklung der volkswirtschaftlichen Zukunft in Deutsch-
land verbunden, besonders in Bezug auf die Entspannung der sehr prekä-
ren Arbeitsmarktsituation.
Die derzeitige Wirtschaftslage und die zunehmende Globalisierung der
Märkte verursachen also einen Wachstumsrückgang bei der sogenannten
,Old Economy' und führen zu einem Aufschwung für die ,New Economy'
(vgl. Kohlert 2002, S. 1), die kreativen und tatkräftigen Menschen eine
sehr gute Möglichkeit bietet, ihren Ideenreichtum in ­ allerdings nicht ga-
rantierbaren ­ wirtschaftlichen Erfolg umzusetzen. Nach Kohlerts Auffas-
sung gelten kleine und mittlere Unternehmen ,,... als Anwender und Verb-
reiter innovativer Verfahren" (ebenda, S. 2).
Eine genaue Definition von selbstständiger Berufstätigkeit ist äußerst
schwierig, da es sich bei Selbstständigen um keine einheitliche, sondern
vielmehr um eine sehr heterogene Gruppe handelt, die sowohl Alleinun-
ternehmer, Freiberufler als auch Eigner von Familienunternehmen um-
fasst. Ebenfalls erschwerend für eine eindeutige Definition wirkt die steu-
errechtlich bedingte Unterscheidung von Tätigen, ,,... die in eigener Ver-
antwortung und auf eigene Rechnung" (HIS 2001, S. 9) arbeiten und den-

9
jenigen, die unselbstständig auf Rechnung ihres Arbeitgebers arbeiten.
Obgleich diese Schwierigkeiten für eine genaue Definition von beruflicher
Selbstständigkeit existieren, gibt es doch verschiedene Faktoren, die als
Voraussetzung bei jeder anstehenden oder geplanten Existenzgründung
wichtig werden, die beachtet und sorgfältig geprüft werden müssen, soll
ein guter Start in die wirtschaftliche Eigenständigkeit gelingen.
1.1 Wirtschaftspolitische
Rahmenbedingungen
Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs stand Deutschland nicht nur vor
zerstörten Bauwerken, sondern auch vor einer völlig zerstörten Wirtschaft.
Eine Gruppe um den damaligen Wirtschaftsminister Ludwig Erhard setze
auf die soziale Marktwirtschaft, um die im Nationalsozialismus herrschen-
de ,,... starke Zentralisierung und die Monopolisierung der Unternehmen
(abzuschaffen, K.F.)" (URL: HYPERLINK "http://staff-www.uni-
marburg.de/~multimed/wirtschaftbrd/Themen/sozmarkt.html", Stand:
13.05.2003, S. 1). Damit war der Grundstein für das deutsche Wirt-
schaftswunder gelegt.
Das Hauptmerkmal der sozialen Marktwirtschaft ist, dass die Preise gebil-
det werden durch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Das wich-
tigste Element der sozialen Marktwirtschaft ist der Wettbewerb. In dem
System der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland spielt der selbststän-
dig Tätige eine zentrale Rolle, da er die Marktsignale stets beobachtet und
abhängig davon über neue Investitionen und Produktionen entscheidet.
Der Unternehmer handelt laut Werhahn ,,... im Schnittpunkt von Wirt-
schaft, Politik, Recht, Technik, Psychologie und Ethik" (Werhahn 1990, S.
9).
Das System der Marktwirtschaft bietet den Unternehmern die Freiheit, ihre
Geschäftsziele selbst zu bestimmen und die zu deren Erreichung notwen-
digen Mittel zu wählen. Auf der anderen Seite erfordert die gegebene öko-
nomische Situation aber auch ein hohes Maß an Flexibilität und Anpas-
sungsfähigkeit von ihnen. Voraussetzend hinzu kommen verschiedene
Faktoren, die die Gründung einer selbstständigen Tätigkeit sowie deren

10
zukünftigen Erfolg entscheidend mit bestimmen. Auf die nach meiner Auf-
fassung wichtigsten dieser Faktoren werde ich nun im Laufe dieses Kapi-
tels eingehen.
1.2 Die persönliche Eignung
Eine der größten Voraussetzungen für einen erfolgreichen Start in die be-
rufliche Selbstständigkeit ist neben der fachlichen die persönliche Eignung
des Existenzgründers. Er sollte verschiedene Eigenschaften besitzen, die
für einen Selbstständigen wichtig sind, wie z.B. eine unternehmerische
Denkweise, das Kennen eigener Stärken und Schwächen, Hartnäckigkeit
sowie eine hohe physische und psychische Belastbarkeit. Er darf keine
Angst vor Entscheidungen haben, sollte über soziale Kompetenzen verfü-
gen, das Lernen als fortlaufenden Prozess betrachten und sich klar sein
über die Grundvorstellungen seiner beruflichen Zukunft. Er sollte ein ge-
wisses Maß an Risikobereitschaft und eine gehörige Portion Optimismus
für eventuell schwierige Zeiten besitzen. Dazu eine Anekdote von Kohlert:
,,Am Heiligabend öffnen zwei Kinder ihre Geschenke; das eine Kind ist Op-
timist, das andere Pessimist. Das pessimistische Kind bekommt ein neues
Mountain Bike(!) mit allen Extras im neuesten Stil. 'Es sieht toll aus', sagt es
bewundernd, 'aber es wird wohl bald kaputtgehen.' Das zweite Kind, ein Op-
timist, bekommt eine große Schachtel mit Pferdemist! 'Draußen muss ir-
gendwo das Pony stehen' (Kohlert 2002, S. 7)
1.3 Die
Standortwahl
Mindestens ebenso wichtig wie die persönlichen Eigenschaften und Fä-
higkeiten des Gründers ist die richtige und wohlüberlegte Wahl des
Standortes für das Unternehmen. Diese Entscheidung muss fallspezifisch
getroffen werden, wenn klar ist, welche Aufgaben der Standort erfüllen
soll. Die Entscheidung beeinflussen können Faktoren wie Branche, Be-
triebsgröße, Zielgruppe, Zahl und Qualifikation eventuell benötigter Mitar-

11
beiter, wobei jedoch die einzelnen Faktoren unterschiedlich wichtig sind
und dem jeweiligen Gründungsvorhaben spezifisch angepasst werden
müssen.
So ist z.B. das Bundes-Immissionsschutzgesetz für den Standort eines Tex-
til-Einzelhandelsgeschäftes kaum von Bedeutung. Für ein Chemieunter-
nehmen z.B. spielt dieses Gesetz dagegen eine große Rolle" (Kirsch-
baum/Naujoks 1996, S. 63).
Zu prüfen sind außerdem marktbezogene, betriebswirtschaftliche, infra-
strukturelle und rechtliche Größen. Zu den marktbezogenen Größen zäh-
len der Absatzmarkt in der Region für das anzubietende Produkt, die Kon-
kurrenzsituation, der Beschaffungsmarkt für benötigte Materialien sowie
die Arbeitsmarktsituation vor Ort. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht müs-
sen die anfallenden Kosten z.B. für Miete, Grundstücke, Bezugs- und An-
schlusskosten geprüft werden. Außerdem die Höhe der Gewerbesteuer.
Es ist auch sinnvoll, in Erfahrung zu bringen, ob es sich um ein regionales
Fördergebiet handelt und dadurch staatliche Fördermöglichkeiten in An-
spruch genommen werden können. Zur infrastrukturellen Prüfung sollten
die Lage und die Verkehrsanbindungen sowie die Nähe zu erforderlichen
Dienstleistungen wie Feuerwehr und Notarzt einbezogen werden. Zu den
rechtlichen Faktoren zählen gesetzliche Bestimmungen von Bund, Län-
dern und Gemeinden, die Beachtung von Flächennutzungs- und Bebau-
ungsplänen sowie der Baunutzungsverordnung (vgl. ebenda, S. 63 ff.).
1.4 Die passende Rechtsform ­ Eine Auswahl
Neben der persönlichen Eignung und der Wahl des Standortes ist ein wei-
terer wichtiger Faktor für eine Existenzgründung zu bedenken, nämlich die
Entscheidung für eine Rechtsform. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass
es die richtige Rechtsform nicht gibt. ,,Es ist lediglich möglich, die betriebs-
bedingt günstigste Rechtsform durch geschickte Vertragsgestaltung den
individuellen Vorstellungen anzupassen" (Kirschbaum/Naujoks 1996, S.
73). Grundsätzliche Voraussetzung einer Entscheidung für eine bestimmte
Rechtsform ist die Vorüberlegung, alleine bestimmen zu wollen und Ver-

12
antwortung sowie Gewinn, aber auch mögliche Verluste selbst zu tragen.
Oder aber die zweite Möglichkeit, andere Personen mit zu beteiligen, die
Kapital beisteuern, mit denen sich Risiko und Verluste, aber auch Gewinn
teilen lassen und die dann auch ein Mitspracherecht besitzen (vgl. Rothfi-
scher/Oberlander u.a. 2000, S. 147). Es können auch steuerliche Aspekte
bei der Wahl der passenden Rechtsform eine Rolle spielen. Allerdings
sollte nicht nur die Minimierung der Haftung im Vordergrund stehen, son-
dern ebenso die zukünftigen Entwicklungschancen (vgl. Kirsch-
baum/Naujoks 1996, S. 73).
Die Rechtsformen werden unterteilt in Einzel- und Partnerunternehmen,
wobei ich mich im Folgenden aufgrund ihres erhöhten Vorkommens im
sozialen Bereich auf die Partnerunternehmen beschränken werde. Der
Vollständigkeit halber seien aber hier noch die möglichen Formen der Ein-
zelunternehmen erwähnt: die Einzelfirma, die Einmann-GmbH sowie der
Gewerbebetrieb ohne Handelsregistereintrag (vgl. Rothfischer/Oberlander
u.a. 2000, S. 148). Die für diese Arbeit relevanten Partnerunternehmen
werden noch einmal unterteilt in Personengesellschaften, Kapitalgesell-
schaften und Besondere Gesellschaftsformen. Zu den Personengesell-
schaften gehören die Offene Handelsgesellschaft (OHG), die Kommandit-
gesellschaft (KG) und die Partnerschaftsgesellschaft. Kapitalgesellschaf-
ten sind die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sowie die Ak-
tiengesellschaft (AG). Zu den Besonderen Gesellschaftsformen letztlich
zählen die GmbH & Co. KG, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
und die sogenannte Stille Gesellschaft (vgl. Rothfischer/Oberlander u.a.
2000, S. 148).
Aufgrund der Vielfalt der möglichen Rechtsformen werde ich im weiteren
Verlauf nur auf diese detaillierter eingehen, welche im sozialen Bereich
am häufigsten zu finden sind, da entweder der Gründungsaufwand nicht
besonders hoch ist, die Gründung kostengünstig ist oder steuer- und haf-
tungsrechtliche Vorteile bestehen.

13
1.4.1 Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Die gesetzliche Verankerung der GbR findet sich in den §§ 705 bis 740
des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), daher wird sie auch oft als BGB-
Gesellschaft bezeichnet. Eine GbR führt keine Firma im Sinne des Hand-
lungsrechts und findet sich daher auch nicht im Handelsregister wieder.
Die Gründung einer GbR ist formlos gültig, was bedeutet, dass sie nicht
zwingend einer schriftlichen oder gar notariell beurkundeten Form bedarf.
Langenfeld empfiehlt allerdings dringend das exakte schriftliche Festhal-
ten in Form eines Gesellschaftsvertrags, da die Gesetzestexte ,,... teilwei-
se unvollständig, teilweise unzweckmäßig (sind, K.F.)" (Langenfeld 1994,
S. 1), um damit die für den jeweiligen Zweck spezifischen Bedingungen
und Grundlagen festzuhalten und eventuellen Missverständnissen oder
gar Streitereien im Vorfeld vorzubeugen.
Die Stellung der einzelnen Gesellschafter entspricht der von Mitunterneh-
mern, d.h. sie haften persönlich und uneingeschränkt ­ auch mit ihrem
Privatvermögen. Außerdem besitzt jeder Gesellschafter die volle Ge-
schäftsfähigkeit und auch die Steuerpflicht liegt nicht bei der Gesellschaft
insgesamt, sondern einzeln bei jedem Gesellschafter (vgl. Kirsch-
baum/Naujoks 1996, S. 75 ff). Das Vermögen einer GbR setzt sich zu-
sammen aus den Einlagen, die alle Gesellschafter entweder in Form von
Geld, Sachwerten oder dem Einsatz von Arbeitskraft zu leisten haben und
für dessen Verwendung es der Zustimmung aller bedarf. Sind in einem
Gesellschaftsvertrag keine anderslautenden Vereinbarungen getroffen
worden, so haftet jeder sowohl mit dem Gesellschafts- als auch mit sei-
nem Privatvermögen. Für private Verpflichtungen eines Gesellschafters
jedoch haftet dieser nur mit seinem Anteil (vgl. Kirschbaum/Naujoks 1996,
S. 76). Liegt keine ausdrückliche schriftliche Niederlegung über die Betei-
ligung der einzelnen an Gewinn und Verlust vor, so ,,... werden alle Ge-
sellschafter zu gleichen Teilen am Gewinn bzw. Verlust beteiligt" (ebenda,
S 76).
Zusammengefasst liegen die Vorteile einer GbR als Rechtsform zum ei-
nen in dem breiten Ausgestaltungsspielraum durch flexible Vertragsmög-
lichkeiten und zum anderen in der vielseitigen Verwendbarkeit, insbeson-

14
dere für die freien Berufe. Ein großer Nachteil ist, dass es die Möglichkeit
einer Haftungsbeschränkung nicht gibt, woraus sich eine große Vertrau-
ensbasis der Gesellschafter untereinander als notwendige Voraussetzung
ergibt (vgl. ebenda, S. 79).
1.4.2 Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)
Die GmbH gehört neben der Aktiengesellschaft zu den wichtigsten For-
men der Kapitalgesellschaften und ihre Ausgestaltung ist verankert im so-
genannten GmbH-Gesetz. Die GmbH bildet ­ wie alle Kapitalgesellschaf-
ten ­ eine eigene Rechtspersönlichkeit, d.h., dass sie
,,... eine Art fingierte, künstlich durch die Rechtsordnung geschaffene Person
dar(stellt, K.F.), die wie jeder Mensch (natürliche Person) Träger von Rech-
ten und Pflichten ist, also z.B. Vermögen erwerben kann, aber auch vor Ge-
richt klagen bzw. verklagt werden kann" (ebenda, S. 100).
Der Gesellschaftsvertrag bedarf ­ im Gegensatz zu dem der GbR ­ zwin-
gend einer gerichtlichen bzw. notariellen Beurkundung.
Die Haftungsbeschränkung tritt erst mit dem Eintrag in das Handelsregis-
ter in Kraft und die Haftungsregelungen sind sehr komplex. Haftungsbe-
schränkung bedeutet, dass - ebenfalls im Gegensatz zur GbR ­ die Ge-
sellschafter nicht mit ihrem Privatvermögen haftbar gemacht werden kön-
nen, sondern zur Erfüllung von Verpflichtungen nur das Vermögen der
Gesellschaft herangezogen werden kann (vgl. ebenda, S. 102).
Eine GmbH wird von einem Geschäftsführer geleitet, der gegenüber den
Beschlüssen der Gesellschafter weisungsgebunden ist, was nicht aus-
schließt, dass er für das tägliche Handeln weitgehende Entscheidungs-
freiheit genießt. Der Geschäftsführer ,,... vertritt (...) die Gesellschaft ge-
richtlich und außergerichtlich" (ebenda, S. 104).
Die Vorteile einer GmbH als Rechtsform liegen ganz deutlich in der be-
schränkten Haftung bei Gesellschaftsschulden und bei der klaren Rege-
lung der Leitung durch den Einsatz von Geschäftsführern. Diesen obliegt
die ,,... laufende Führung der Gesellschaft" (Wöhe 2000, S. 295). Bei klei-
neren GmbHs sind Geschäftsführer und Gesellschafter häufig die gleiche
Person. Neben dem Geschäftsführer gibt es bei einer GmbH noch die Or-
gane Gesellschafterversammlung und Aufsichtsrat. Die Gesellschafterver-

15
sammlung hat die Aufgaben, den Jahresabschluss festzustellen, den Ge-
winn zu verwenden ­ vorausgesetzt es handelt sich nicht um eine ge-
meinnützige GmbH, aber darauf komme ich noch zu sprechen ­ den Ge-
schäftsführer zu bestellen und abzuberufen sowie ihn zu entlasten, ihn
aber auch zu prüfen und zu überwachen (vgl. ebenda, S. 295). Der Auf-
sichtsrat einer GmbH hat ähnliche Rechte wie der einer AG und diese
werde ich im folgenden Kapitel vorstellen.
1.4.3 Die Aktiengesellschaft (AG)
Wie bereits erwähnt, zählt neben der GmbH die AG zu den wichtigsten
Formen der Kapitalgesellschaften. Für kleinere und mittelständische Un-
ternehmen war sie lange Zeit aufgrund ihres im Vergleich zu den bisher
beschriebenen Gesellschaftsformen unverhältnismäßig hohen Grün-
dungsaufwands sehr unattraktiv und wurde fast ausschließlich von ent-
sprechend großen Unternehmen als Rechtsform gewählt. Durch einige
Gesetzesänderungen in den letzten Jahren gewann die AG aber mehr und
mehr an Attraktivität auch für mittlere und kleinere Unternehmensgrün-
dungen, wodurch sie ,,... landläufig als sog. ,kleine Aktiengesellschaften'
bezeichnet (werden, K.F.)" (Arbeitsgemeinschaft Hessischer Industrie- und
Handelskammern 2001, S. 11). Die Besonderheiten dieser kleinen AG
liegen in einem überschaubaren Aktionärskreis, einer fehlenden Börsen-
notierung sowie ,,... eine(r) Reihe von Erleichterungen bei Gründung, Be-
schlussfassung und Gewinnverwendung" (Rothfischer/Oberlander u.a.
2000, S. 152). Auch gemeinsam mit der GmbH ist ihr die eigene Rechts-
persönlichkeit, die Notwendigkeit einer notariellen Beurkundung des Ge-
sellschaftsvertrages und der Bedarf eines Eintrags in das Handelsregister.
Auch bei dieser Rechtsform sind die Gesellschafter nicht mit ihrem Privat-
vermögen haftbar zu machen. Ein wesentlicher Unterschied zur GmbH
liegt in der Anlage des Grundkapitals, denn bei der AG wird dieses in Akti-
en zerlegt, die von den Aktionären gekauft werden und somit die anteili-
gen Beiträge der Gesellschafter bilden (vgl. IHK 2001, S. 11).
Die AG setzt sich aus den Organen Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptver-
sammlung zusammen. Im Fall der AG sind nicht die Eigentümer des Be-
triebes, sondern die Mitglieder des Vorstandes die Unternehmer,

16
,,... denn der Vorstand trifft sämtliche Führungsentscheidungen selbständig
und trägt die gesamte Verantwortung für die wirtschaftliche Entwicklung der
Gesellschaft und das ihm anvertraute Kapital" (Wöhe 2000, S. 295).
Der Vorstand wird vom Aufsichtsrat für höchstens fünf Jahre bestellt, wo-
bei eine erneute Aufstellung nach dieser Frist zulässig ist. Er ist weder
gegenüber dem Aufsichtsrat noch der Hauptversammlung weisungsge-
bunden, allerdings muss er dem Aufsichtsrat Bericht erstatten über Ge-
schäftspolitik, Rentabilität und den Gang der Geschäfte (vgl. ebenda, S.
296). Der Aufsichtsrat, der seinerseits wiederum von der Hauptversamm-
lung bestellt wird, hat die Hauptaufgabe, die Geschäftsführung des Vor-
standes mit Hilfe der von diesem erhaltenen regelmäßigen Berichte zu
kontrollieren. Die Hauptversammlung, bestehend aus den Aktionären, hat
keinen Einfluss auf die Geschäftsführung. Allerdings ist ihre Zustimmung
mit einer Dreiviertelmehrheit erforderlich, wenn es um Entscheidungen
geht, die eine Satzungsänderung nach sich ziehen (vgl. Wöhe 2000, S.
296).
Die Vorteile einer AG als Rechtsform für eine Neugründung liegen zum
einen darin, dass der Vorstand, der die Geschäftsführerfunktion besitzt, im
Gegensatz z.B. zu einer GmbH den Aktionären gegenüber nicht wei-
sungsbefugt ist. Zum anderen sind auch die Gesellschaftsanteile leichter
übertragbar als bei einer GmbH. Nachteile können ein erhöhter Planungs-
und Finanzaufwand aufgrund der klaren Vorgaben durch das Aktienrecht
sein sowie ein erhöhter organisatorischer Aufwand durch die Aufteilung in
die verschiedenen Organe (vgl. IHK 2001, S. 53).
1.4.4 Der eingetragene Verein (e.V.)
Der eingetragene ­ oder auch rechtsfähige ­ Verein ist eine Rechtsform
zur alternativen Gründung, was bedeutet, dass die Gründung eines Ver-
eins ,,... kein Weg der rechtlichen oder auch steuerlichen Selbstständig-
keit" (Rothfischer/Oberlander u.a. 2000, S. 155) darstellt. Allerdings bietet
er trotzdem eine Möglichkeit durch eigene Initiative Stellen zu schaffen
und auch freie Mitarbeiter zu beschäftigen. Die Gründung eines Vereins ist
kostengünstig und es bestehen sowohl haftungs- wie steuerrechtlich sehr
große Vorteile, vorausgesetzt, es handelt sich um einen gemeinnützigen
Verein (vgl. ebenda, S. 155). Auf die Kriterien zur Erfüllung der Gemein-

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nützigkeit werde ich im Anschluss an dieses Kapitel noch intensiver ein-
gehen, da sie auch für die bereits beschriebenen Rechtsformen möglich
ist.
Der e.V. wird häufig gewählt für Gründungen im sozialen und kulturellen
Bereich und er bedarf immer der Festlegung eines Zwecks.
,,Idealvereine dienen geselligen, kulturellen, gemeinnützigen, wohltätigen,
wissenschaftlichen, künstlerischen, religiösen, politischen und sozialpoliti-
schen Zwecken" (Kempfler 1993, S. 15).
Zur Gründung eines Vereins werden mindestens sieben Gründungsmit-
glieder benötigt, die eine für die Eintragung benötigte Satzung festlegen
und unterschreiben, die folgende Punkte zwingend enthalten muss:
· Name, Sitz und Zweck des Vereins
· Eintragung in das Vereinsregister
· Mitgliedschaft, Ein- und Austritt
· Beitragspflicht, Vorstandsbildung
· Vertretungsbefugnisse des Vorstands
· Einberufung der Mitgliederversammlung und
· Auflösung
(vgl. Rothfischer/Oberlander u.a. 2000, S. 155).
Neben dem eingetragenen gibt es auch den nicht eingetragenen, also den
nicht rechtsfähigen Verein. Im Gegensatz zum eingetragenen Verein kann
der nicht eingetragene Verein nicht ,,... am Rechtsleben als selbständiger
Träger von Rechten und Pflichten teilnehmen" (Kempfler 1993, S. 17).
Aus dem Eintrag eines Vereins in das Vereinsregister beim Amtsgericht
folgt die Haftung für eventuelle Verbindlichkeiten mit dem Vereinsvermö-
gen. Auch hier haften die Mitglieder nicht mit ihrem Privatvermögen.
1.5 EXKURS: Die Spezifika der Gemeinnützigkeit
Wie bereits oben erwähnt, kommt die Gemeinnützigkeit nicht nur für den
eingetragenen Verein in Frage, sondern für alle in den Unterkapiteln 1.4.1
bis 1.4.4 beschriebenen Rechtsformen. Jede dieser Rechtsformen bildet

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eine Körperschaft, die am Rechtsleben beteiligt ist und auch Einnahmen
erwirtschaftet sowie Ausgaben tätigt. Einkommen sind grundsätzlich erst
einmal steuerpflichtig, z.B. im Rahmen von Körperschafts-, Gewerbe-,
Umsatz- und Vermögenssteuer (vgl. URL: HYPERLINK
"http://www.schach-bremen.de/jugendarbeit/gemeinnutz.html"; Stand
05.05.2003, S. 1). Die Gemeinnützigkeit bestimmt den Umfang dieser
Steuerpflicht. Die Voraussetzungen zur Erfüllung einer Gemeinnützigkeit
sind geregelt in den §§ 51 bis 68 der Abgabenordung (AO). Die notwendi-
gen Bestimmungen für eine Steuerfreiheit und die aus ihnen entstehenden
Pflichten und Auflagen sind genauer festgelegt in § 51 AO. Diese sind:
1. die Verfolgung eines gemeinnützigen Zwecks,
2. dies durch Ausschließlichkeit, Unmittelbarkeit und Selbstlosigkeit,
3. bei Auflösung muss das Vereinsvermögen einem gemeinnützigen
Zweck zugute kommen und
4. die Punkte 1-3 müssen in der Satzung verankert sein
(vgl. ebenda, S. 1 ff).
Der in Punkt eins genannte gemeinnützige Zweck ist nach § 52 AO dann
erfüllt, wenn die Tätigkeit dergestalt ist, dass sie die Allgemeinheit auf ma-
teriellem, geistigem oder sittlichem Gebiet fördert. Dies soll geschehen
durch die in Punkt zwei beschriebenen Merkmale der Ausschließlichkeit,
Unmittelbarkeit und der Selbstlosigkeit. Ausschließlichkeit bedeutet, es
dürfen ausschließlich die in der Satzung festgelegten gemeinnützigen
Zwecke verfolgt werden.
Mit Unmittelbarkeit ist gemeint, dass die Ziele des Zwecks nur durch eige-
nes Personal umgesetzt werden dürfen, es sei denn, in der Satzung sind
ausdrücklich Ausnahmen geregelt, wie z.B. externe Förder- oder Spen-
dervereine. Selbstlosigkeit letztlich ist dann gewährleistet, ,,... wenn (...)
nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt werden" (ebenda,
S. 3).
Die Aussage von Punkt drei besagt, dass das Vermögen auf Dauer einem
gemeinnützigen Zweck vorbehalten bleiben muss, auch wenn sich die
Körperschaft auflöst oder verfällt.

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Punkt vier letzten Endes bestimmt, dass die Satzung der jeweiligen Kör-
perschaft dergestalt sein muss, dass überprüfbar ist, ob ein gemeinnützi-
ger Zweck verfolgt wird oder nicht.
Neben dem Status der Gemeinnützigkeit kann es allerdings parallel auch
noch zu einem sogenannten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb kommen,
wobei die Einnahmen aus diesem Bereich dann steuerpflichtig sind. Ein
wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb wäre z.B. die Vermietung vereinseigener
Räume an ein Unternehmen zur Seminarabhaltung. Somit wären die Ein-
nahmen durch diese Vermietung steuerpflichtig (vgl. ebenda, S. 4).
1.6 Die
Gründungsfinanzierung
Die bisher beschriebenen Faktoren können noch so gut durchdacht und
geplant sein, ohne das nötige Startkapital ist jedes Gründungsvorhaben so
gut wie aussichtslos. Und für das Startkapital wiederum gilt, ohne verfüg-
bares Eigenkapital sollte keine Gründung gewagt werden. Die dazugehö-
rige sogenannte goldene Finanzierungsregel lautet: ,,Das Anlagevermögen
sollte mit eigenen Mitteln (Eigenkapital), das Umlaufvermögen mit Darle-
hen (Fremdkapital) finanziert werden" (Kirschbaum/Naujoks 1996, S. 133).
Hier zeigt sich eine Unterscheidung in Anlage- und Umlaufvermögen. Das
Anlagevermögen umfasst ,,... alle Gegenstände, die dem Betrieb auf Dau-
er zu dienen bestimmt sind" (Wöhe 2000, S. 879), wie z.B. Grundstücke
oder Maschinen. Im Gegensatz dazu steht das Umlaufvermögen, das die
laufenden Kosten sowie die Vorfinanzierung von Material etc. während der
Anfangsphase gewährleistet (vgl. Kirschbaum/Naujoks 1996, S. 118).
Am Anfang der Überlegungen steht die Ermittlung des Finanzbedarfs. Da-
zu sollte bedacht werden, wofür überhaupt Geld benötigt wird (z.B. Ein-
richtung, Gebäude). Mit einkalkuliert werden sollten auch sowohl ausrei-
chende Reserven für den eigenen Unterhalt während der Anfangsphase
als auch solche zur Vorfinanzierung, bis von den Einnahmen gelebt wer-
den kann. Ist dies geschehen, empfiehlt es sich ­ vor dem Gang zu einem
Kreditinstitut zur Beantragung von Fremdkapital ­ zu prüfen, ob eventuell

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Familie, Verwandte oder Freunde als potentielle Geldgeber oder auch als
mögliche Bürgen zu Verfügung stehen.
Auch die Überlegung,
,,... ob die einzelnen Gegenstände des Anlagevermögens gekauft werden
sollen, ob sie neu oder gebraucht angeschafft werden, ob Miete sinnvoller ist
oder ob Leasing Vorteile verspricht" (Kirschbaum/Naujoks 1996, S. 119),
sollte für die Erstellung eines Finanzierungsbedarfsplans angestellt wer-
den. Für die Inanspruchnahme von Fremdkapital muss bedacht werden,
dass ausreichend Sicherheiten z.B. in Form eines eigenen Hauses oder
einer Lebensversicherung vorhanden sind. Ein letzter wichtiger Schritt wä-
re das Einholen von Informationen über Förderprogramme für Existenz-
gründer, die von Bund und Ländern angeboten werden. Allerdings beste-
hen dafür klar geregelte Bedingungen, deren Vorhandensein im Einzelfall
zu prüfen ist.
1.7 Zusammenfassung
In diesem Kapitel habe ich die grundlegenden Voraussetzungen für eine
Existenzgründung in Deutschland theoretisch beschrieben, um somit eine
Basis für die in Kapitel zwei folgende Beschreibung der Besonderheiten
einer Existenzgründung im sozialen Bereich zu schaffen.
Es wurde deutlich, dass es einer gründlichen Planung und Vorbereitung
auf verschiedenen Gebieten bedarf, bevor der Schritt in die berufliche
Selbstständigkeit gegangen werden kann. Dieser Schritt wird zwar nie frei
von Risiken sein, allerdings kann versucht werden, diese durch eine sorg-
fältige und gewissenhafte Prüfung der beschriebenen Faktoren so gering
wie möglich zu halten. Es sollte also nicht überstürzt gehandelt werden,
sondern ausreichend Zeit in die Vorbereitung investiert werden.

21
2 Berufliche Selbstständigkeit in der Sozialen
Arbeit
Die Handlungsgrundlagen der Sozialen Arbeit waren, sind und bleiben
vorrangig die Probleme und Defizite der Gesellschaft und somit die jedes
Einzelnen, was schon immer entsprechend negative Assoziationen mit
dem Berufsbild seitens der Öffentlichkeit zur Folge hat. Es ist damit zu
rechnen, dass die Mangellagen durch die fortschreitende ,,... Verschlech-
terung von Lebenslagen" (Rothfischer/Oberlander u.a. 2000, S. 9) der ver-
schiedenen Zielgruppen Sozialer Arbeit weiterhin zunehmen werden. Dies
wiederum hat zur Folge, dass zukünftig auch der Bedarf sowohl an mate-
riellen Hilfeleistungen wie auch an sozialen Diensten weiterhin steigen
wird. Dieser absehbaren Entwicklung steht aber paradoxerweise gegen-
über, dass auch die Soziale Arbeit von den wirtschaftlichen Entwicklungen
der letzten Jahre in Deutschland nicht verschont geblieben ist. Denn wie
von allen anderen Bereichen wird auch von der Sozialen Arbeit ein erhöh-
tes Maß an Produktivität bei gleichzeitiger Kostenminimierung und voran-
schreitendem Stellenabbau gefordert (vgl. ebenda, S. 10).
Das Leisten von Hilfe im Rahmen Sozialer Arbeit wird allerdings von den
Umbrüchen und Einschränkungen der Sozialpolitik zunehmend erschwert,
sodass die Soziale Arbeit daher gezwungen ist, ihre Aufgaben zu verän-
dern und nach Alternativen zu suchen. Das hat zur Folge, dass neue Ar-
beitsfelder im personenbezogenen Dienstleistungsbereich entstehen und
hier eine alternative Ausgangsposition für eine freiberufliche Tätigkeit in
der Sozialen Arbeit liegt. Neben der aktuellen Entwicklung, die
,,... vor allem geprägt (wird, K.F.) durch Prozesse der Umstrukturierung in
Organisationen wie Neuordnung von Sozial- und Jugendämtern oder der
Ausbildung neuer Vernetzungen" (ebenda, S. 12)
stellt der freie Markt eine Alternative für die geforderte Erhöhung der Flexi-
bilität in der Übernahme sozialer Dienstleistungen dar.
In den verschiedenen Bereichen der Sozialen Arbeit wird eine Entwicklung
in Richtung Klientenorientierung, Bewertbarkeit und somit auch Vergleich-
barkeit pädagogischer Arbeit deutlich, deren Ziel es sein könnte, dem

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832472306
ISBN (Paperback)
9783838672304
DOI
10.3239/9783832472306
Dateigröße
747 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Evangelische Hochschule Darmstadt, ehem. Evangelische Fachhochschule Darmstadt – Sozialpädagogik
Erscheinungsdatum
2003 (September)
Note
2,0
Schlagworte
sozialpädagogik wirtschaft unternehmen
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Titel: Der Sozialarbeiter als "Unternehmer"?
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