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Untersuchungen zur Wirkung einer Inline-Skate-Ausbildung auf den Lernprozess im Skilauf

©2003 Diplomarbeit 127 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
„Balancetraining ist alles“ hört man beispielsweise von den Fußball-Talentförderungs-Profis des Ajax Amsterdam. Damit geht man auf den zunehmenden Mangel an elementaren Fähigkeiten im Leistungs- und Nachwuchsbereich verschiedener Sportarten ein. Kein Wort ist hier öfter zu hören als die Vokabel Balance. Wirkliche Bewegungstalente sind rar und so müssen heute Koordinationsfähigkeiten, die einst der Straßenfußballer ganz beiläufig erlernte, mühsam trainiert werden.
Inline-Skating scheint durch seinen Anspruch, besonders an die Gleichgewichts-, Differenzierungs- und Rhythmisierungsfähigkeit, sowie an den Bereich der konditionellen Fähigkeiten, diese Anforderungen in erstaunlich hohem Maße zu erfüllen und sich so vom Trend zum hochwertigen Trainingsmittel zu entwickeln. „Inline-Skates machen eine Vielzahl anspruchsvoller Bewegungen möglich und sind für die Gestaltung eines spielerisch-situativen Ergänzungstrainings ideal. Hierunter verstehe ich die ganzheitliche Förderung konditioneller und koordinativer Grundlagen“ ( NAGEL, 1998, 20). Abgesehen von der zunehmenden Bedeutung der Inline-Skates im Bereich der verschiedenen, besonders situativen Sportarten, haben sie sich als ergänzendes semispezifisches bzw. spezifisches Trainingsmittel im Sommertraining der Skilangläufer sowie der alpinen Skiläufer einen Namen gemacht. Nach Erkenntnissen erfahrener Trainer, Leistungssportler sowie der neueren Literatur scheinen die Skates ein großes Potential in den Trainingsprozess zu bringen und diesbezüglich eine wichtige Bereicherung zu sein. Ausgehend vom Nutzen, den die Inline-Skates im leistungssportlichen Bereich mit sich bringen, besteht das Anliegen der Verfasser darin, die gewonnenen Erkenntisse zu ergänzen und diese auch auf den breitensportlichen Sektor zu übertragen. Es stellt sich die Frage, ob die mit Inline-Skates erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten auch für Skianfänger im Skilanglauf sowie im Alpinen Skilauf von Nutzen sein können und somit die Qualität und die Quantität in der Skiausbildung erhöht werden kann.
Gang der Untersuchung:
Das Anliegen der Arbeit besteht darin, den Einfluss einer Inline-Skate-Ausbildung auf den Lernprozess im Skilauf wissenschaftlich zu hinterfragen. Diesbezüglich erfolgte eine wissenschaftliche Untersuchung in experimenteller Form. Einführend wird eine Analyse der Literaturstandpunkte zu den Bereichen des motorischen Lernens, auf dessen Grundlage ein Bezug zur vorliegenden Arbeit hergestellt […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2. Theoretische Ausgangsposition
2.1 Motorisches Lernen
2.1.1 Funktionsorientierte Ansätze
2.1.2 Intentionsorientierte Ansätze
2.2 Koordinative Basisfähigkeiten
2.3 Transfer sportmotorischer Fertigkeiten
2.4 Inline-Skates als Sommertrainingsmittel
2.4.1 Sommertraining im Alpinen Skilauf
2.4.2 Sommertraining im Skilanglauf
2.5 Technikvergleich
2.5.1 Technikvergleich Alpiner Skilauf und Inline-Skating
2.5.2 Technikvergleich Skilanglauf und Inline-Skating
2.6 Materialvergleich
2.7 Lehrmethodik
2.7.1 Lehrmethodik Inline-Skating
2.7.2 Lehrmethodik Skilauf
2.7.2.1 Lehrmethodik Alpiner Skilauf
2.7.2.2 Lehrmethodik Skilanglauf

3. Wissenschaftliche Fragestellung und Arbeitshypothesen

4. Untersuchungsmethodik
4.1 Forschungsmethoden
4.1.1 Experimentelle Methode
4.1.2 Wissenschaftliche Beobachtung
4.1.3 Statistische Datenanalyse
4.2 Gruppenspezifik
4.3 Untersuchungsdurchführung
4.3.1 Untersuchungsdurchführung Alpiner Skilauf
4.3.1.1 Versuchsaufbau
4.3.1.2 Bewertungsmaßstab Alpiner Skilauf
4.3.2 Untersuchungsdurchführung Skilanglauf
4.3.2.1 Versuchsaufbau
4.3.2.2 Bewertungsmaßstab Skilanglauf
4.3.3 Datenerhebung
4.3.4 Methodenkritik

5. Ergebnisdarstellung
5.1 Ergebnisdarstellung Eingangsüberprüfung
5.2 Ergebnisdarstellung Endüberprüfung
5.3 Ergebnisdarstellung Eingangs- und Endüberprüfung Gesamt
5.4 Ergebnisdarstellung Gesamtleistungszuwachs
5.5 Überblick über statistische Untersuchungsergebnisse

6. Zusammenfassende Diskussion der Ergebnisse

7. Schlussfolgerungen und Ausblick

8. Literaturverzeichnis

9. Abbildungsverzeichnis

10. Tabellenverzeichnis

11. Anhang

1. Einleitung

"Balancetraining ist alles" hört man beispielsweise von den Fußball-Talentförderungs- Profis des Ajax Amsterdam. Damit geht man auf den zunehmenden Mangel an elementaren Fähigkeiten im Leistungs- und Nachwuchsbereich verschiedener Sportarten ein. Kein Wort ist hier öfter zu hören als die Vokabel Balance. Wirkliche Bewegungstalente sind rar und so müssen heute Koordinationsfähigkeiten, die einst der Straßenfußballer ganz beiläufig erlernte, mühsam trainiert werden (vgl. Nagel, 1998).

Inline-Skating scheint durch seinen Anspruch, besonders an die Gleichgewichts-, Differenzierungs- und Rhythmisierungsfähigkeit, sowie an den Bereich der konditionellen Fähigkeiten, diese Anforderungen in erstaunlich hohem Maße zu erfüllen und sich so vom Trend zum hochwertigen Trainingsmittel zu entwickeln. „Inline-Skates machen eine Vielzahl anspruchsvoller Bewegungen möglich und sind für die Gestaltung eines spielerisch-situativen Ergänzungstrainings ideal. Hierunter verstehe ich die ganzheitliche Förderung konditioneller und koordinativer Grundlagen" ( Nagel, 1998, 20). Abgesehen von der zunehmenden Bedeutung der Inline-Skates im Bereich der verschiedenen, besonders situativen Sportarten, haben sie sich als ergänzendes semispezifisches bzw. spezifisches Trainingsmittel im Sommertraining der Skilangläufer sowie der alpinen Skiläufer einen Namen gemacht. Nach Erkenntnissen erfahrener Trainer, Leistungssportler sowie der neueren Literatur scheinen die Skates ein großes Potential in den Trainingsprozess zu bringen und diesbezüglich eine wichtige Bereicherung zu sein. Ausgehend vom Nutzen, den die Inline-Skates im leistungssportlichen Bereich mit sich bringen, besteht das Anliegen der Verfasser darin, die gewonnenen Erkenntisse zu ergänzen und diese auch auf den breitensportlichen Sektor zu übertragen. Es stellt sich die Frage, ob die mit Inline-Skates erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten auch für Skianfänger im Skilanglauf sowie im Alpinen Skilauf von Nutzen sein können und somit die Qualität und die Quantität in der Skiausbildung erhöht werden kann.

2. Theoretische Ausgangsposition

2.1 Motorisches Lernen

Der Inhalt dieser Forschungsarbeit setzt die Auseinandersetzung mit dem Thema des motorischen Lernens voraus, wobei die hier diskutierten Ansätze auf komplementäre Teilbereiche des Untersuchungsgegenstandes focussieren. Sie sollten deshalb bei der Erklärung des Gesamtphänomens als einander ergänzend betrachtet werden. Meinel/Schnabel (1998, S.148) verstehen unter motorischem Lernen „die Aneignung - die Entwicklung, Anpassung und Vervollkommnung - von Verhaltensweisen und -formen, speziell von Handlungen und Fertigkeiten, deren Hauptinhalt die motorische Leistung ist" .

Schnabel/Harre/Borde (1997) beziehen sich zur Erklärung motorischer Lern-prozesse auf die Informationsorganisation als Lern- und Trainingsparadigma. Sie sprechen in diesem Zusammenhang von der Aufnahme zahlreicher Informationen der Peripherie und der Verarbeitung gespeicherter Informationen in Neuronetzen, die sie als Engramme, Generalisiertes Motorisches Programm nach Schmidt (1975) oder Korrekturmechanismen nach Bernstein bezeichnen. Der motorische Lernprozess erfolgt von der Entwicklung der Grobkoordination über die Feinkoordination bis hin zu deren Stabilisierung und variablen Verfügbarkeit (vgl. Meinel/Schnabel, 1987). Auf diesen praxisnahen Ansatz, der eher funktionell orientiert ist und zur Ausbildung des motorischen Könnens führt, wird in der vorliegenden Arbeit häufig Bezug genommen. Im folgenden soll ein Auszug aus der Vielfalt der Lerntheorien die Positionierung der Verfasser bezüglich dieser Forschungsarbeit ermöglichen. Für eine ausführlichere Darstellung wäre „eine Monographie wenigstens vom Umfang eines Buches erforderlich“ (Meinel/Schnabel, 1998, 146).

Die sportwissenschaftliche Diskussion zur Theorie des motorischen Lernens wird gegenwärtig durch vier wesentliche Mainstream-Konzepte geprägt, die zu zwei unterschiedlichen Gegenstandsbereichen zugeordnet werden können (vgl. Leist, 1993).

2.1.1 Funktionsorientierte Ansätze

Funktionsorientierte Ansätze, zu denen programmtheoretische und ökologische Ansätze zählen, thematisieren die Ausbildung und die lernabhängige Veränderung der zeitlich räumlichen Ordnung des Bewegungsverhaltens und versuchen diese durch individuuminterne Repräsentationsstrukturen (programmtheoretischer Ansatz) oder aber durch systematische Wechselwirkungen zwischen Organismus und Umwelt (ökologischer Ansatz) zu erklären (vgl. Gröben, 2000).

Die Annahmen des programmtheoretischen Ansatz, auch „Motor Approach“ genannt, gehen auf Grundlagen der Physiologie und der Informationspsychologie zurück. Für ihn stehen alle Theorien, die auf der Mensch-Computer-Analogie basieren (vgl. Kassat, 1998). „Motor Approach“ geht von der Annahme zentraler Bewegungsrepräsentationen und einer Programm-Parametersteuerung der Bewegungsregulation aus. Zur Über-einstimmung der Theorien schreibt Daugs (1994, S.19): „Trotz aller Unterschiede, die Grundannahmen der Informationsverarbeitung, der Regelung und Steuerung, der zentralen Repräsentationen und der hierarchischen Organisation der Kontrolle, waren im Grunde in all diesen Modellen essentielle Charakteristika, die bis heute bestimmend für den ... motor approach sind“.

Klassische „Open-Loop-Modelle“ gingen von Motorischen Programmen aus, welche die Ausführung einer Bewegung ohne sensorische Rückmeldungen ermöglichen und bei denen vor Bewegungsbeginn unabhängig von einem Effektorensystem bereits motorische Kommandos bereitgestellt sind (vgl. Gröben, 2000). Demgegenüber entwickelte Adams (1976) das Prinzip einer feedback-regulierten Bewegungskoordination, da die klassischen Programmtheorien Bewegungen mit variierenden Ausführungsbedingungen und damit einer zwingenden ausführungsbegleitenden Kontrolle nicht erklären konnten.

Schmidt (1975) unternahm mit der Theorie Generalisierter Motorischer Programme (GMP) sowie der Schema-Theorie des motorischen Lernens eine Integration beider Modelle, denen es zuvor nicht gelungen war, das Speicherproblem und das Neuigkeitsproblem zu lösen. Inhalte eines motorischen Programms sind Zeit- und Kraftinformationen, die in Form neuronaler Impulsmuster an die bewegungsproduzierende Muskulatur übermittelt werden. Diese Motorischen Programme enthalten eine begrenzte Anzahl von invarianten Bestandteilen, die durch variable Parameter situativ angepasst werden können.

Die variablen Parameter werden in sogenannten Schemata gespeichert. „Das Recall-Schema enthält Daten, die zu der Initiierung einer Bewegung benötigt werden, während die Daten des Recognitions-Schema ausführungsbegleitende Vergleichsmöglichkeiten schaffen“ (Gröben, 2000, S.20).

Das sportliche Bewegungslernen wird als Aufbau motorischer Programme bzw. als Veränderung der motorischen Schemata aufgefasst, die eine überdauernde Reproduktion spezifischer Fertigkeiten ermöglichen (vgl. Gröben, 2000).

Der ökologische Ansatz, „Action Approach“, basiert auf Grundlagen der Psychologie und der Systemdynamik aus der Physik und unterscheidet sich vom „Motor Approach“ durch unterschiedliche Fragestellungen, theoretische Annahmen und Analyse-Methoden (vgl. Wulf, 1994). Er geht von einem Mensch-Umwelt-System als eine funktionale Einheit aus (vgl. Kassat, 1998). Auf dieser Basis wird die Bewegung des Menschen als individuelle aufgabenbezogene Person-Umwelt-Interaktion interpretiert (vgl. Wiemeyer, 1994). Die Modelle des „Action Approach“ versuchen Ordnungsbildungen ohne interne Bewegungsrepräsentationen zu erklären. Nach Daugs (1996) wird von radikalen Vertretern auf Intelligenz, Kognition und Gedächtnis verzichtet. Der „Action Approach“ geht demnach von einer Selbstorganisation des Systems aus. Die unzähligen Freiheitsgrade des motorischen Systems werden durch Annahme koordinativer Strukturen, welche die dynamischen Eigenschaften des Systems selbst organisieren, kontrolliert.

Die Muskeln legen die Bewegungsform und die Phaseninteraktion der Bewegungen fest (vgl. Daugs, 1994). Es wird eine ständige Interaktion afferenter und efferenter Informationen bzw. eine kontinuierliche Beeinflussung des Bewegungsablaufs durch efferente Informationen angenommen (vgl. Wulf, 1994). Bewegungslernen wird als Aufbau bzw. überdauernde Veränderung autonomer Bewegungsmuster verstanden. Gröben (2000) spricht vom “tuning“ des Organismus-Umwelt-Systems, Lernen wird als verbesserte Abstimmung aufgaben-, umgebungs- und organismusbezogener Einflussfaktoren aufgefasst.

In Tabelle 1 sind die wesentlichen Dimensionen des „Motor Approach“ und des „Action Approach“ vergleichend gegenübergestellt.

Tab. 1: Gegenüberstellung wesentlicher Dimensionen des „Motor Approach“ und des „Action Approach“ (frei übersetzt von Daugs 1994 nach Abernethy/Sparrow 1992)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.1.2 Intentionsorientierte Ansätze

Intentionsorientierte Ansätze stellen den Sinn-, Ziel- und Wertbezug menschlichen Handelns in den Mittelpunkt. In diesem Bereich wird zwischen handlungstheoretischen und phänomenologischen Ansätzen unterschieden (vgl. Gröben, 2000).

Handlungstheoretische Ansätze heben die Autonomie des Handelnden hervor und stellen intellektuelle Aspekte beim Bewegungslernen in den Mittelpunkt. Ausgang bildet das Subjekt, welches sich als in einer Situation befindlich erlebt und dessen Absichten, Pläne, Vorsätze und Neigungen sich im Handlungsprozess entäußern. Das Individuum wird dabei als aktives, rational planendes und absichtlich entscheidendes Wesen verstanden, das sich zielgerichtet verhält. Kennzeichnungen einer Handlung sind ein entsprechender Ausgangszustand, in dem ein Handelnder in einer spezifischen Situation eine bestimmte Position einnimmt, und ein Zielzustand, zu dem der Handelnde zu erlangen sucht (vgl. Gröben, 2000). Die subjektive Situationseinschätzung durch die handelnde Person ist ein wichtiger und unverzichtbarer Bestandteil der Intentionsbildung und Zieldefinition (vgl. Neumaier, 1999). Ein individueller Sinn des Handelns ergibt sich auf der Basis der daraus resultierenden individuellen Ziel-, Motiv- und Wertstrategien (vgl. Gröben, 2000).

Aktualgenetische Handlungsmodelle (z.B. das Drei-Phasen-Modell von Nitsch (1986)) stellen “Planen“, “Realisieren“ und „Interpretieren“, als wesenliche Aspekte komplexer Willkürbewegungen, in einen ganzheitlichen Zusammenhang. Bewegungslernen wird daher vor allem als Veränderung individueller Wissens-, Planungs- und Bewertungsaspekte verstanden und operationalisiert.

In ähnlicher Weise werden von Pöhlmann (1994) Grundfunktionen des Lernprozesses behauptet und anschließend in einer Lernspirale zusammengefasst.

Die Handlung als Kette aufeinanderfolgender Zustände läuft solange ab, bis auf höchster Ebene eine Zielerreichung festgestellt wird (vgl. Gröben, 2000).

Diesem Ablauf entspricht der Annahme einer “Bewusstseinshierarchie“. Das daraus resultierende Verständnis des Bewegungslernens von Munzert (1997) geht davon aus, dass Bewegungen in frühen Lernphasen eine bewusste Zuwendung beanspruchen, die im Zuge des Übungsprozesses verschwindet. Wissen wird mit zunehmender Routinisierung verdichtet und an untergeordnete “automatische“ Regulationsinstanzen delegiert und dadurch dem subjektiven Erleben entzogen (vgl. Munzert In: Gröben, 2000).

Die Bewegungskoordination wird nach Munzert (1997) sowohl durch motorische Programme, als auch durch emergente Ordnungsprozesse der Peripherie bestimmt.

Phänomenorientierte Ansätze betrachten hauptsächlich den Erlebnisaspekt des Sich-Bewegens. „Grundlegend ist die Annahme, dass eine Handlung erst im Vollzug Ziel, Inhalt und Form gewinnt. Intentionalität entspricht hier einem reflexiven Erspüren der “Antwort“, die eine Situation der “Frage“ erfordert. Infolge einer kohärenten Verschränkung von Subjekt und Umwelt wird eine Strukturierung des Verhaltensaktes aus sich selbst heraus angenommen, dessen überdauernde Veränderung im Prozeß des Bewegungslernens als Organismus-Umwelt-Harmonisierung bezeichnet werden kann“ (Gröben, 2000, S.49).

Der Organismus ist in die Zusammenhänge der Natur eingeordnet, vermag aber auch gestaltend in diese einzugreifen (z.B. Gestaltkreistheorie von Victor v. Weizsäcker (1986)). Der menschlichen Leibigkeit und Bewegung wird in den phänomenorientierten Ansätzen eine spezifische Funktion zugesprochen, die Grupe (1984) als Vermittlung von Ich und Welt beschreibt.

„Erkenntnisgewinn entsteht durch Analysieren und Interpretieren von Situationen sowie aus dem Ziehen entsprechender Schlussfolgerungen. Dies erfolgt nicht aufgrund ’objektiver’, sondern wahrgenommener und erlebter Wirklichkeit - einer phänomenalen Wirklichkeit im Sinne der Gestaltpsychologie“ (Amesberger, 1990, S.17). Bewegungslernen, wobei die imaginäre Grenze zwischen Subjekt und Umwelt überschritten werden muss, entspricht demnach einem Erfahren der dinglichen Umwelt in ihrer motorischen Bedeutung.

Tamboer (1994) arbeitete folgende Lernformen heraus:

Direkte Überschreitung:

Diese Lernform entspricht einem unmittelbaren und zunehmend problemlosen Umgehen mit einem Bewegungsproblem, wobei dieses beiläufige Lernen charakteristisch für Bewegungssitutionen ist, in denen die erforderlichen Bewegungen bereits verfügbar sind.

Erlernte Überschreitung:

Es wird eine Diskrepanz zwischen Wollen und Können vorausgesetzt. Durch das bewusste Erleben dieser Diskrepanz geraten einzelne Aspekte der Handlung zum Gegenstand bewusster Aufmerksamkeit. Dieses intentionale Lernen ist charakteristisch für Situationen, in denen die erforderlichen Bewegungen noch nicht oder nur unzureichend beherrscht werden.

Inventive Überschreitung:

Die in der erlernten Überschreitung zurückgewonnene Verfügbarkeit vorher nicht gekonnter Bewegungen wird im erfinderischen Lernen weitergeführt und führt zu neuen, bislang nicht verfügbaren Bewegungsvariationen.

Es scheint, dass bis heute keine der Theorien allein das Problemfeld des motorischen Lernens endgültig erschließen kann, zumal sie sich auf verschiedene, jeweils unterschiedliche Wissenschaftsbereiche beziehen.

Die Frage ist, welche der vorgestellten Konstrukte Gültigkeit für die vorliegende Arbeit besitzen. Die Theorien des „Motor Approach“ akzentuieren Aspekte des Behaltens und Reproduzierens von präformierten Bewegungsmustern (vgl. Gröben, 2000). Auf diese Weise kann ein Transfer von sportmotorischen Fertigkeiten vom Inline-Skating zum Skilauf erklärt werden (vgl. Kap 2.3). Zudem orientieren das GMP und die Schematheorie des informationstheoretischen Modellansatzes auf das methodische Prinzip der Aufgliederung in Teileinheiten, um einzelne motorische Programme anzusteuern bzw. gezielt Schemaregeln zu optimieren. Zu diesem Zweck werden äußerliche Strukturmerkmale einer sportlichen Technik in einzelne Elemente zerlegt und dem Schüler in serieller Folge dargeboten. Dabei kontrollieren die Lehrenden die Informationsverarbeitung der Lernenden, d.h. die Informationsaufnahme, die Informationsverarbeitung, die Informations-abgabe und die Informationsrückmeldung werden als funktionale Grundlage der Lernzielansteuerung focussiert (vgl. Daugs In: Gröben, 2000). Dieses methodische Prinzip wurde sowohl innerhalb der Inline-Skate-Ausbildung als auch der Wintersportausbildung hauptsächlich angewandt (vgl. Kap.2.7).

Es ergibt sich außerdem die Diskussion, inwieweit Inline-Skaten und Skilaufen als Fertigkeitserwerb oder aber auch als Erwerb von Handlungskompetenz zu verstehen ist (vgl. Amesberger, 1990). Beim Erlernen der betrachteten Sportarten geht es um die Ausprägung offener Fertigkeiten, daher muss die Aufmerksamkeit vielmehr auch auf den Erwerb von Regeln und Problemlösestrategien gerichtet werden, die eine Anpassung an vielfältige Situationen im Inline-Skating und Skilauf ermöglichen (vgl. Amesberger, 1990).

2.2 Koordinative Basisfähigkeiten

Es hat sich, ausgehend von Gundlach (1968) durchgesetzt, generelle bewegungs- und sportartübergreifende Fähigkeiten, die das Niveau wesentlicher Vorgänge bei der Steuerung und Regelung menschlicher Willkürbewegungen bestimmen, als koordinative Fähigkeiten zu bezeichnen und von den konditionellen Fähigkeiten, die primär durch energetische Prozesse bestimmt sind, abzugrenzen (vgl. Neumaier, 1999).

Es wird folgende allgemein anerkannte Begriffsbestimmung vorgenommen (Schnabel/Thiess, 1993; Meinel/Schnabel, 1998; Neumaier, 1999, S. 94):

„Koordinative Fähigkeiten stellen weitestgehend gefestigte und generalisierte Verlaufsqualitäten für Bewegungsorganisations- und Regulationsprozesse dar und sind Leistungsvoraussetzungen zur Bewältigung unterschiedlicher Bewegungen mit dominant koordinativen Anforderungen.“

In Anlehnung an die Psychologie hat sich in der Sportwissenschaft ein Fähigkeitskonzept entwickelt, dessen Merkmale ein relativ hoher Allgemeinheitsgrad und der Generalitätsanspruch bzw. eine „analytisch-synthetische Verallgemeinerbarkeit“ (Hirtz, 1994, S.122) einzelner Fähigkeiten sind. Demnach ist eine Fähigkeit nur dann eine Fähigkeit, wenn sie für eine ganze Reihe von Bewegungshandlungen grundlegende Voraussetzung ist und ein Transfer zwischen verschiedenen sportlichen Handlungen festgestellt werden kann (vgl. Meinel/Schnabel, 1998; Hirtz, 1995; Neumaier, 1999). Während sich Bewegungsfertigkeiten auf verfestigte, weitestgehend automatisierte, konkrete Bewegungshandlungen beziehen, stellen koordinative Fähigkeiten verfestigte, jedoch verallgemeinerte, das heißt für eine ganze Reihe von Bewegungshandlungen, grundlegende Leistungsvoraussetzungen dar. Die koordinativen Fähigkeiten können deshalb allgemein ausgebildet und verbessert sowie von einer auf andere Sportarten übertragen werden (vgl. Wenger/ Wölzenmüller, 1995).

Ausgewählte koordinative Fähigkeiten, die Voraussetzungscharakter für das Erlernen und Ausführen der sportlichen Handlungen Inline-Skating, Skilanglauf und Alpiner Skilauf haben, werden nun herausgearbeitet und anschließend erörtert.

Nach Schock (In: Nagel, 1998) stehen für das Inline-Skating die kinästhetische Differenzierungs-, die Rhythmus-/ Rhythmisierungs- sowie die Gleichgewichts-fähigkeit im Vordergrund. Im weiteren Verlauf werden zusätzlich die räumlich-zeitliche Orientierungsfähigkeit und die Reaktionsfähigkeit bei Situationsbezug genannt.

Für den Skilanglauf haben die Gleichgewichtsfähigkeit, die Rhythmisierungs-, die Differenzierungsfähigkeit, die Kopplungsfähigkeit, die Orientierungsfähigkeit und die Umstellungsfähigkeit einen hohen Stellenwert (vgl. Nitzsche, 1998; Wenger/ Wöllzenmüller, 1995; DSV-Trainerschule, 1997).

Grundlegende koordinative Fähigkeiten im Alpinen Skisport sind die Gleichgwichts-, Rhythmisierungs-, Orientierungs-, Reaktions- und Differenzierungsfähigkeit (vgl. DSV-Trainerschule, 1998).

In Tab. 2 sind die koordinativen Basisfähigkeiten der einzelnen Sportarten nochmals im Überblick zusammengestellt. Die wichtigsten sollen in den folgenden Abschnitten aufgrund ihrer Präsenz näher betrachtet werden.

Tab. 2: Wesentliche koordinative Fähigkeiten im Inline-Skating, Skilanglauf, Alpiner Skilauf (modifiziert nach Nagel, 1998; Nitzsche, 1998; Wenger/ Wöllzenmüller, 1995; DSV-Trainerschule, 1997; DSV-Trainerschule, 1998)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Gleichgewichtsfähigkeit

Die Gleichgewichtsfähigkeit ist die wichtigste koordinative Fähigkeit, die das Inline-Skaten, Skilanglaufen und den Alpinen Skilauf erst grundsätzlich möglich macht. Die Gleichgewichtsfähigkeit wird definiert als „relativ verfestigte und generalisierte Leistungsvoraussetzung für das Halten bzw. Wiederherstellen des Körpergleichgewichts bei wechselnden Umweltbedingungen, besonders zur zweckmäßigen schnellen Lösung motorischer Aufgaben auf kleinen Unterstützungsflächen oder bei sehr labilen Gleichgewichtsverhältnissen“ (Blume/Hirtz In: Lexikon der Sportwissenschaft, 1993, S.345). Ohne Gleichgewicht ist das Gleiten auf einem Ski oder Skate nicht möglich.

Die Schwerkraft bewirkt, dass sich der menschliche Körper in vielen Situationen in einer labilen Gleichgewichtslage befindet (vgl. Neumaier, 1999). Die labile Gleichgewichtslage entsteht selbst im Stand durch eine relativ hohe Lage des Körperschwerpunktes (KSP) über einer demgegenüber verhältnismäßig kleinen Unterstützungsfläche (vgl. Neumaier, 1999).

Der Zustand des statischen Gleichgewichts muss, um eine Bewegung ausführen zu können, aufgegeben werden. Es entsteht ein dynamisches Gleichgewicht. In der Bewegung ist der Körper mittels Muskelaktivität ständig bestrebt, das Ungleichgewicht zu kontrollieren und den Gleichgewichtszustand wieder herzustellen (vgl. Neumaier, 1999).

Die elementare Aufgabe beinhaltet vor allem die Regulation des dynamischen Gleichgewichts. Dieses wird ständig durch gelände- und aktionsbedingte Größen gestört und bedarf deshalb ständiger Regulation, um auftretende Beschleunigungs- und Trägheitskräfte zu kompensieren und den Körperschwerpunkt über die Standfläche zu bringen. Gelände und umweltbedingte Störungen des dynamischen Gleichgewichts ergeben sich bei wechselnden Neigungen oder bei Änderung des Untergrundes, aktionsbedingte Störungen hingegen beim Abstoßen, Schieben, Bremsen, bei Richtungs-änderungen und Körperschwerpunktverlagerungen (vgl. Hottenrott/Urban, 1996).

Die Definition der Gleichgewichtsfähigkeit geht davon aus: „daß sich durch das wiederholte Bewältigen der unterschiedlichsten Gleichgewichtsanforderungen (z.B. beim Überlaufen einer Balancierkante oder beim Verhindern des Ausrutschens auf glatten Straßen) die Verlaufsqualitäten (Geschwindigkeit, Exaktheit, Differenziertheit, Ökonomie u.a.) der spezifischen Regulations-prozesse verfestigen und sich diese dann als verallgemeinerte Prozeßverläufe und habituelle Prozeßqualitäten (eben als Fähigkeit) auf andere Gleichgewichtshandlungen übertragen“ (Hirtz/Hotz/Ludwig, 2000, S. 57). Die sportartspezifische Bedingung (dynamisches Gleichgewicht über schmaler, gleitender oder rollender Unterstützungsfläche) ist in den Bereichen Inline-Skating, Skilanglauf und Alpiner Skilauf gleich. Deshalb ist in Anlehnung an Hirtz/Hotz/Ludwig (2000) davon auszugehen, dass gesammelte Erfahrungen in Bezug auf die Gleichgewichtsfähigkeit innerhalb der betrachteten Sportarten übertragbar sind. Basierend auf der allgemeinen Annahme einer sportartunabhängigen Generalisierbarkeit und Transferabilität der Gleichgewichtsfähigkeit, wird diese in verwandten Sportarten noch verstärkt. Allgemein bekannt ist „daß sowohl die Vervollkommnung allgemeiner koordinativer Fähigkeiten als auch das aufgabenspezifische Üben zum erfolgreichen Leistungsvollzug führen und daß bei aller Erkenntnis von der hohen Spezifität sportlicher Leistungen die entscheidende Ursache fast aller Lernerfolge im positiven Transfer von früher Erworbenem auf neue, verwandte Situationen liegt“ (ebenda, S.57). Schwerpunkt in den betrachteten Sportarten bildet das Balanciergleichgewicht, das durch Erhalt und Wiederherstellung des Körpergleichgewichts bei Bewegungen mit Ortsveränderungen gekennzeichnet ist (vgl. Hirtz/Hotz/Ludwig, 2000). „Über den Transfer von Balancierleistungen von Aufgabe zu Aufgabe, von Aufgabe zu Sportarten und von Sportarten zu Sportarten liegen nur wenig schlüssige Ergebnisse vor. Der zu erwartende positive Einfluß steigt mit der zwischen ihnen bestehenden Ähnlichkeit“ (Singer In: Hirtz/Hotz/Ludwig, 2000, S.60). Die Ähnlichkeit der Sportarten Inline-Skating, Skilanglauf und Alpiner Skilauf wird im Kapitel 2.5 Technikvergleich dargestellt.

Rhythmisierungsfähigkeit

„Unter Rhythmisierungsfähigkeit verstehen wir die Fähigkeit, einen von außen gegebenen Rhythmus zu erfassen und motorisch zu reproduzieren sowie den „verinnerlichten“, in der eigenen Vorstellung existierenden Rhythmus einer Bewegung in der eigenen Bewegungstätigkeit zu realisieren“ (Meinel/Schnabel,1998, S.218).

Die Rhythmisierungsfähigkeit ist in der Ausführung aller zyklischen und ergebnisorientierten Sportarten (Ausdauersportarten wie Inline-Skating und Skilanglauf) zum Erreichen einer hohen mittleren Geschwindigkeit mittels Erzeugung eines möglichst effektiven Vortriebs von Bedeutung (vgl. Neumaier, 1999). Es geht um die typische dynamisch-zeitliche Gliederung bzw. Akzentuierung eines Bewegungsablaufes und um den Wechsel in der Dynamik von Bewegungsabläufen (vgl. DSV-Trainerschule, 1997). Ohne eine gut ausgeprägte Rhythmisierungsfähigkeit wird Skilauf unökonomisch.

Der Alpine Skisport ist strenggenommen keine zyklische Sportart, dennoch sind gewisse Abschnitte im Einsatzplan so ähnlich und kehren in relativ gleichen Zeitintervallen wieder, dass ein gewisser Bewegungsrhythmus vorliegt. Die sich wiederholenden Abschnitte für die Muskelaktionen müssen jedoch an die Umgebungsbedingungen angepasst werden (vgl. DSV-Trainerschule, 1998).

Differenzierungsfähigkeit

Spezifische Aspekte dieser Fähigkeit werden auch als „Schneegefühl“ und „Tempogefühl“ beschrieben. „Unter Differenzierungsfähigkeit verstehen wir die Fähigkeit zum Erreichen einer hohen Feinabstimmung einzelner Bewegungsphasen und Teilkörperbewegungen, die in großer Bewegungs-genauigkeit und Bewegungsökonomie zum Ausdruck kommt.“ (Meinel/Schnabel, 1998, S.212/213).

Im Bereich Skilanglauf und Inline-Skating ist vor allem die Feinabstimmung der Bewegungen einzelner Körperteile wie Kopf, Oberkörper, Arme und Beine an verschiedene Untergrundverhältnisse (Schnee- und Loipenverhältnisse, Asphaltierung) von Bedeutung. „Wer sich nicht an verschiedene Schnee- und Loipenverhältnisse anpassen kann, ist ein unvollkommener Langläufer“ (Wenger/WÖllzenmüller, 1995, S.74).

Wichtig ist auch die Differenzierung der einzelnen Bewegungsphasen in Abhängigkeit von Ebene, Anstieg oder Abfahrt sowie der entsprechenden einzelnen Krafteinsätze. Die Differenzierungsfähigkeit im Alpinen Skisport zeichnet sich besonders durch die Feinabstimmung der Krafteinsätze hinsichtlich verschiedener Kurvenradien auf unterschiedlichen Pisten-verhältnissen aus.

Orientierungsfähigkeit

Die Orientierungsfähigkeit ist die Fähigkeit, über die Aufnahme und Verarbeitung von Sinneseindrücken die Körperposition und -bewegung in Zeit und Raum zu bestimmen und zu verändern (vgl. Nitzsche, 1998; DSV-Trainerschule, 1998). Optische und vestibuläre Informationen sind die wichtigsten zur Erfüllung dieser Aufgabe.

2.3 Transfer sportmotorischer Fertigkeiten

Viele motorische Fertigkeiten, die der Mensch erlernt, stehen in wechselseitigem Zusammenhang. Sie bleiben nicht auf die konkreten Situationen, in denen sie angeeignet wurden, beschränkt, sondern können auf andere übertragen werden (vgl. Meinel/Schnabel, 1998).

Nach Schock (In: Nagel, 1998) werden zum Beispiel Grundlagenfertigkeiten als sportartübergreifende Bewegungsabläufe wie z.B. Rollen/ Gleiten/ Rutschen verstanden, die für Klassen von Sportarten (Roll- ,Schlittschuhlaufen, Big Foot- oder Skifahren) gemeinsam sind. Sportartübergreifende als auch sportartspezifische Grundlagenfertigkeiten unter verschiedenen Situations-bedingungen der Bereiche Inline-Skating, Skilanglauf und Alpiner Skilauf sind demnach:

- Anfahren und Stoppen,
- vorwärts und rückwärts Rollen/ Gleiten/ Rutschen,
- schnell und langsam Rollen/ Gleiten/ Rutschen,
- geradeaus und um die Kurve Rollen/ Gleiten/ Rutschen,
- aufwärts und abwärts Rollen/ Gleiten/ Rutschen,
- Richtungsänderungen mit großen und kleinen Radien
- Drehungen oder Sprünge

Die dem motorischen Lernprozess zugrundeliegenden „Koordinationsmuster“, als motorische Voraussetzung, können für das Erlernen von Bewegungsakten sowohl positive (Transferenz) als auch negative (Interferenz) Wirkung haben. Unter Transfer versteht man die Einflussnahme eines Lern- oder Übungsprozesses auf einen anderen Lern- oder Übungsprozess bzw. auf dessen Ergebnis, und zwar im positiven Sinne. Voraussetzung für diesen positiven Übertragungseffekt sind Gemeinsamkeiten in der Koordination der Bewegungshandlungen (vgl. Meinel/Schnabel, 1998).

Schon Bernstein (In: Meinel/Schnabel, 1998) ging davon aus, dass für die Transferenz eine Übereinstimmung in den sensomotorischen Koordinations-mechanismen ausschlaggebend ist. Das trifft besonders auf Bewegungsfertigkeiten zu, welche erhöhte Anforderungen an die Gleichgewichtsregulation stellen.

Im Falle der Transferenz werden zwei Formen unterschieden. Der Einfluss einer früher gezeigten Leistung auf einen späteren Lern- oder Übungsprozess, auch proaktiver Transfer genannt, und die Übertragung bei gleichzeitigem Erlernen und Vervollkommnen von Bewegungshandlungen, retroaktiver Transfer (vgl. Meinel/Schnabel, 1998). Aufgrund der vorliegenden Hypothesen sowie des zeitlichen Nacheinander der Ausbildung innerhalb dieser Forschungsarbeit ist hier besonders der proaktive Transfer von Bedeutung.

Jeder motorische Lernprozess beruht in bestimmtem Maße auf diesem Transfer. Der Lernende sucht bei jeder neuen Bewegungsaufgabe nach einer bereits vorhandenen ähnlichen Vorstellung, nach einem annähernd passendem Programm (GMP), das er auf die neue Aufgabe übertragen kann (vgl. Schnabel/Harre/Borde, 1997). Besonders effektiviert wird der positive Übertragungseffekt, wenn Strukturverwandtschaften von Bewegungen sowohl innerhalb einer Sportart als auch aus unterschiedlichen Sportarten aufgedeckt und ausgenutzt werden (vgl. Meinel/Schnabel, 1998).

Übungsübertragungen werden darüber hinaus auf Ähnlichkeiten in den Prozessen der Handlungsplanung, der Handlungskontrolle und der Handlungsmotivation zurückgeführt (vgl. Leist, 1978). Ebenso aus dem Erwerb von Bezugssystemen (Lagegefühl) und aus der Herausbildung allgemeiner Wahrnehmungsstrategien (selektive Wahrnehmung, gezielte Blickbewegungen, peripheres Sehen). Für den Lernenden ist es demnach wichtig, dass er Verbindungen zwischen den Erlebnisgegebenheiten in den verschiedenen Situationen herstellen kann (vgl. Willimczik/Roth, 1989).

2.4 Inline-Skates als Sommertrainingsmittel

2.4.1 Sommertraining im Alpinen Skilauf

Viele in gegenseitiger Abhängigkeit stehende Einflussgrößen bestimmen die Leistung im alpinen Skirennlauf, dabei sind drei Eigenschaften von zentraler Bedeutung (vgl. DSV-Trainerschule, 1998):

1. optimales Anpassen von Bewegungstechniken an variable Vorgaben

- Bewegungsfertigkeiten Kanten, Drehen, Gleiten müssen an variablen Vorgang angepasst werden

2. Regulation des Gleichgewichtes in jeder Situation

- Andauernde Aufrechterhaltung und Feinabstimmung der Körper-position in Verbindung mit hohen Krafteinsätzen

3. optimale Krafteinsätze in Verbindung mit spezifischen Ausdauerfähigkeiten

- Viele Muskelgruppen sind in sehr komplexer Arbeitsweise im Einsatz - hohe Anforderung an Kraftausdauer

Diese Eigenschaften gelten als Anforderungsprofil gleichermaßen für das Training mit Inline-Skates und können so auch mit diesen erarbeitet, trainiert und aufrechterhalten werden.

Die Inline-Skates nehmen als Sommertrainingsmittel bereits eine feste Position im alpinen Rennsport ein und werden hier als skispezifisches Konditions- und Koordinationstrainingsmittel hoch gehandelt. Auf ihnen können nicht nur die sportarttypischen Bewegungen erlernt, sondern auch nahezu alle Technikinhalte imitiert werden.

Die Haupttrainingseffekte sind im Bereich der Grundposition, der Beinstellung und des Gleichgewichtes, also besonders im technisch-koordinativen Training, zu sehen (vgl. DSV-Trainerschule, 1998). Modifizierungen kann der Trainingsablauf auf Inline-Skates hinsichtlich des Trainingsschwerpunktes erhalten. Will man im Training beispielsweise mehr die Skidisziplin Abfahrt trainieren, bieten sich Speedskates - Skates mit längerer Schiene und fünf Rollen - an, die durch ihre, gegenüber den 4-Rollern, eingeschränkten Dreheigenschaften dem längeren Abfahrtsski ähnlicher sind (vgl. Nagel/Hatje, 1997).

2.4.2 Sommertraining im Skilanglauf

Im Laufbereich haben sich die Skates ebenfalls bereits seit einigen Jahren in den Trainingsprozess der Skilangläufer, besonders im Skatingbereich, etabliert. Nach bewegungsvergleichenden Analysen, wie sie beispielsweise Nagel/Hatje (1997) vornahmen, konnte ein gemeinsames Anforderungsprofil in Bezug auf Geländebesonderheiten, Hindernisse, wechselnde Untergründe und Wettereinflüsse, sowie eine sich ständig bewegende Umgebung für die beiden Bereiche Roll und Ski definiert werden. Gemeinsamkeiten kristallisierten sich auch im konditionellen (Beinkraftausdauer) und im koordinativen Sektor (Gleichgewicht, Differenzierung, Rhythmisierung) heraus. Doch nicht nur für den Skatingbereich gelten Gemeinsamkeiten. Auch für die Stilart „Klassisch“ sind Grundbewegungsmuster wie Gewichtsverlagerung und Kniebewegung gleich.

Auf der Grundlage der hohen Simularität der Anforderungsprofile sowie der Bewegungsstruktur zwischen dem Skaten auf Inline-Skates und den Schlittschuhschritten im Skilanglauf, konnten die Inline-Skates als hervorragendes semispezifisches Trainingsmittel in den Trainingsprozess der Skilangläufer integriert werden.

Inline-Skates werden heute als Trainingsmittel im Kraft- und Ausdauertraining, Kraftausdauertraining, Schnelligkeits- und Schnellkrafttraining sowie dem Koordinations- und Techniktraining (vgl Fehr, 1997; Hottenrott/Urban, 1998) eingesetzt. Das Training erfolgt als „Nordic Blading“ mit Rollskistöcken, da so die einzelnen Skatingtechniken (1:2; 1:1, 1:1 asymmetrisch, etc.) in ihrer Ganzheitlichkeit erlernt und trainiert werden können.

Im Ausdauertraining (besonders Grundlagenausdauer) geraten Inline-Skates jedoch durch den geringen Rollwiderstand schnell an ihre Grenzen, da sehr hohe Laufgeschwindigkeiten erforderlich sind, um eine reizvolle organische Beanspruchung zu erreichen.

Die Kraftausdauer ist gut im Anstieg trainierbar und wird mit kurzen, dynamischen Arm- und Beinabstößen nach der Intervallmethode entwickelt.

Besonders gut sind Inline-Skates für die Ausprägung der Schnelligkeit und der Schnellkraft geeignet. Da Inline-Skates im Vergleich zum Ski sehr kurz sind (vgl. Kap 2.6) können zeitlich kürzere Impulse gesetzt und somit höchste Bewegungsfrequenzen realisiert werden. Im technischen bzw. koordinativen Training können einzelne Fähigkeiten für den Bewegungsverlauf auf Ski genutzt und übertragen werden (vgl. Hottenrott/Urban, 1996).

Einen Vorteil gegenüber dem „klassischen“ Sommertrainingsmittel Rollski bieten Inline-Skates hinsichtlich ihrer Drehbarkeit. Die längeren Rollski erlauben außer dem Bogentreten keine Richtungsänderungen und stoßen hiermit ihrerseits an die Grenzen ihrer Einsetzbarkeit. Anders bei den Inline-Skates, die drehbarer sind als der Rollski und somit auch dementsprechend gekantet und gedreht werden können und auf Körperkippen mit Schwüngen und Bögen reagieren (vgl. Nagel/Hatje, 1997).

2.5 Technikvergleich

Die Begriffsbestimmung der sportlichen Technik dient als Grundlage für einen Technikvergleich der Sportarten Skilanglauf und Alpiner Skilauf mit dem Inline-Skating. Die sportliche Technik definiert sich als in der Praxis erprobtes, aufgrund der allgemeinen psychophysischen Voraussetzungen des Menschen realisierbares, charakteristisches Lösungsverfahren einer sportlichen Handlung (vgl. Schnabel et al., 1997).

[...]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832471774
ISBN (Paperback)
9783838671772
DOI
10.3239/9783832471774
Dateigröße
970 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Leipzig – Sportwissenschaften, BTW der Sportarten
Erscheinungsdatum
2003 (September)
Note
1,7
Schlagworte
lernen basisfähigkeiten technik lehrmethodik untersuchungsmethodik
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Titel: Untersuchungen zur Wirkung einer Inline-Skate-Ausbildung auf den Lernprozess im Skilauf
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