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Die Werttreiber immateriellen Vermögens

©2002 Diplomarbeit 107 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
In der vorliegenden Arbeit wird das Wesen immaterieller Vermögenswerte und deren Einfluss auf das Wirtschaftsleben beleuchtet. Für diesen Zweck bietet sich die Aufgliederung in vier Abschnitte an. Im ersten wird aufgezeigt, wie sich das moderne Unternehmen von der traditionellen Unternehmensstruktur unterscheidet, also die Bedeutung immateriellen Vermögens erläutert. In diesem Kapitel wird auch auf die Bedeutung der Stakeholder für das moderne Unternehmen eingegangen.
Im zweiten Teil wird erst eine umfassende Definition und Systematisierung immateriellen Vermögens nach den vorherrschenden Klassifizierungen erstellt und nach Gemeinsamkeiten untersucht. In weiterer Folge soll eine Darstellung der Werttreiber immateriellen Vermögens aus den ökonomischen Gesetzmäßigkeiten, denen immaterielle Werte im Gegensatz zu materiellen folgen, und aus dem „Resource-Based View“ erstellt werden.
Schließlich wird im dritten Teil versucht, ausgesuchte immaterielle Werte daraufhin zu untersuchen, wie stark sich die identifizierten ökonomischen Spezifika auf die einzelnen immateriellen Werte auswirken, bzw. ob und wie es möglich ist daraus auf den Beitrag zur betrieblichen Wertschaffung zu schließen.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Veränderungen des traditionellen Unternehmensbildes7
1.1Das traditionelle Unternehmen7
1.2Das neue Unternehmen („The New Enterprise“)9
1.3Die Bedeutung der Stakeholder für immaterielles Vermögen13
1.3.1Das Beispiel Saatchi & Saatchi14
1.3.2Der instrumentelle Stakeholderansatz19
2.Immaterielles Vermögen26
2.1Definition und Systematisierung immaterieller Vermögens-werte26
2.1.1Immaterielles Vermögen nach SVEIBY27
2.1.2Die Gliederung immaterieller Werte nach EUSTACE30
2.1.2.1Immaterielle Güter (Intangible Goods)31
2.1.2.2Immaterielle Kompetenzen (Intangible Competences)31
2.1.3Systematisierung nach LEV32
2.1.3.1Forschung und Entwicklung („Discovery“)32
2.1.3.2Organisatorisches Wissen („Organizational Practices“)32
2.1.3.3Humanressourcen („Human Resources“)33
2.1.4Klassifizierung nach SMITH und PARR33
2.1.4.1Rechte34
2.1.4.2Persönliche Arrangements34
2.1.4.2.1Mitarbeiter34
2.1.4.2.2Customer Relationships35
2.1.4.2.3Distributor Relationships36
2.1.4.3Nicht näher definierte immaterielle Werte36
2.1.4.3.1„Going Concern“ Wert37
2.1.4.3.2„Goodwill“37
2.1.4.4Geistiges Eigentum38
2.1.5Gliederung nach dem „Intangibles Research Project“40
2.1.5.1Markenwert („Brand […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 7028
Kainrath, Michael: Die Werttreiber immateriellen Vermögens
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Fachhochschule Südwestfalen, Wirtschaftsuniversität, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

Die Werttreiber immateriellen Vermögens
Seite
2
Inhaltsverzeichnis
1
Veränderungen des traditionellen Unternehmensbildes ... 7
1.1
Das traditionelle Unternehmen ... 7
1.2
Das neue Unternehmen (,,The New Enterprise") ... 9
1.3
Die Bedeutung der Stakeholder für immaterielles Vermögen ... 13
1.3.1
Das Beispiel Saatchi & Saatchi... 14
1.3.2 Der
instrumentelle Stakeholderansatz ... 19
2
Immaterielles Vermögen ... 26
2.1
Definition und Systematisierung immaterieller Vermögens-werte... 26
2.1.1
Immaterielles Vermögen nach S
VEIBY
... 27
2.1.2
Die Gliederung immaterieller Werte nach E
USTACE
... 30
2.1.2.1 Immaterielle Güter (Intangible Goods)... 31
2.1.2.2 Immaterielle Kompetenzen (Intangible Competences) ... 31
2.1.3
Systematisierung nach L
EV
... 32
2.1.3.1 Forschung und Entwicklung (,,Discovery") ... 32
2.1.3.2 Organisatorisches Wissen (,,Organizational Practices")... 32
2.1.3.3 Humanressourcen (,,Human Resources") ... 33
2.1.4
Klassifizierung nach S
MITH
und P
ARR
... 33
2.1.4.1 Rechte ... 34
2.1.4.2 Persönliche Arrangements... 34
2.1.4.2.1 Mitarbeiter... 34
2.1.4.2.2 Customer Relationships... 35
2.1.4.2.3 Distributor Relationships... 36
2.1.4.3 Nicht näher definierte immaterielle Werte... 36
2.1.4.3.1 ,,Going Concern" Wert... 37
2.1.4.3.2 ,,Goodwill" ... 37
2.1.4.4 Geistiges Eigentum... 38
2.1.5
Gliederung nach dem ,,Intangibles Research Project" ... 40
2.1.5.1 Markenwert (,,Brand Equity")... 40
2.1.5.2 Wissenskapital (,,Intellectual Capital")... 40
2.1.5.3 Organisatorisches Kapital (,,Structural Capital")... 41
2.1.5.4 Kundenkapital (,,Customer Equity")... 42

Die Werttreiber immateriellen Vermögens
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3
2.1.5.5 Lieferantenbeziehungen (,,Supplier Relations")... 42
2.2
Gemeinsamkeiten der verschiedenen Klassifizierungen immateriellen
Vermögens ... 43
3
Werttreiber immateriellen Vermögens... 47
3.1
Werttreiber gemäß ,,Resource-Based View" ... 47
3.1.1 Grundlagen
des
"Resource-Based View" ... 47
3.1.2 Die
Entstehung
von Rente ... 51
3.1.3
Spezifische Werttreiber nach dem ,,Resource-Based View" ... 55
3.1.3.1 Immobilität ... 56
3.1.3.2 Nicht-Imitierbarkeit... 57
3.1.3.3 Nicht-Substituierbarkeit... 59
3.2
Werttreiber gemäß spezifischer ökonomischer Gesetz-mäßigkeiten
immaterieller Vermögenswerte ... 60
3.2.1 Steigende
Skalenerträge ... 60
3.2.1.1 Nicht-Knappheit und die Zunahme von Wissen durch dessen
Verbreitung ... 61
3.2.1.2 Exkurs: Das Ertragsgesetz ... 62
3.2.1.3 Das Ertragsgesetz und immaterielle Vermögenswerte ... 63
3.2.2 Netzwerkeffekte ... 68
4
Betrachtung ausgewählter immaterieller Vermögenswerte... 74
4.1
Wissen der Mitarbeiter... 76
4.2
Reputation, Marken und Netzwerke... 77
4.3
Interne Informationsverarbeitungssysteme (Software) ... 78
4.4
Geistiges Eigentum... 79
5
Kostentreiber immaterieller Werte ... 82
5.1
Partielle Ausschließbarkeit ... 82
5.2
Inhärentes Risiko ... 84
5.3
Marktunfähigkeit ... 86
6
Problembereiche immaterieller Vermögenswerte aus der Sicht des
Shareholder Value ... 87
6.1
Hohe Kapitalkosten... 87
6.2
Systematische Unterbewertung immaterialwertintensiver Unternehmen 88

Die Werttreiber immateriellen Vermögens
Seite
4
6.3
Die verzögerte Übernahme neuer Technologien ... 89
7
Das Modell zur Bewertung immateriellen Vermögens nach L
EV
... 90
7.1
Grundlagen des Modells... 90
7.2
Intangible ­ Driven Earnings (IDE) ... 92

Die Werttreiber immateriellen Vermögens
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5
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Distribution der in einem Unternehmen erwirtschafteten
Rente...19
Abbildung 2: Argumentationsfolge nach S
VEIBY
...28
Abbildung 3: Die ,,Unsichtbare Bilanz" nach S
VEIBY
...29
Abbildung 4: The New Corporate Asset Base...30
Abbildung 5: Erfasste Aspekte immateriellen Vermögens...45
Abbildung 6: Entstehung Ricardianischer Rente aus relativer Knappheit von
Produktionsfaktoren...54
Abbildung 7: Auswirkungen von Imitierbarkeit knapper Ressourcen auf die
Generierung Ricardianischer Rente...57
Abbildung 8: Die Entstehung beständiger Wettbewerbsvorteile...60
Abbildung 9: Eingliederung immaterieller Vermögenswerte...76
Abbildung 10: Potential zur Rentengenerierung ausgewählter immaterieller
Vermögenswerte...81
Abbildung 11: Prozess der Ermittlung immateriellen Vermögens...92

Die Werttreiber immateriellen Vermögens
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6
Einleitung
Zweck der vorliegenden Arbeit ist die Betrachtung der Werttreiber immateriellen
Vermögens und des sich daraus ableitenden Wertschaffungspotentials. Die
Gliederung erfolgt in acht Abschnitten.
Der erste Teil der Arbeit befasst sich mit der Veränderung des Unternehmensbildes
und der daraus resultierenden Entstehung des instrumentellen Stakeholderansatzes.
Die zunehmende Bedeutung immateriellen Vermögens wird durch diese Entwicklung
sehr gut widergespiegelt. Im zweiten Abschnitt werden verschiedene
Klassifizierungen immateriellen Vermögens behandelt und eine Zusammenfassung,
bzw. Bereinigung der unterschiedlichen Ansätze vorgenommen. Diese dient in
weiterer Folge als Arbeitsvorlage. Der dritte Teil behandelt die Werttreiber
immateriellen Vermögens. Zum Teil werden diese aus den speziellen ökonomischen
Gesetzmäßigkeiten, welchen immaterielle Vermögenswerte folgen, und zum Teil aus
dem ,,Resource-based view" des Unternehmens abgeleitet.
Abschnitt vier untersucht das Potential zur Rentengenerierung ausgewählter
immaterieller Vermögenswerte. Die Auswirkungen der im vorigen Kapitel
identifizierten Werttreiber auf immaterielle Werte werden zusammenfassend in Form
einer Matrix dargestellt.
Die Teile fünf und sechs dienen zur Beleuchtung von Grauzonen und Gefahren im
Umgang mit immateriellem Vermögen. Die Arbeit schließt mit dem siebenten Kapitel,
in dem in Grundzügen ein praktikables Modell zur Bewertung immateriellen
Vermögens eines Unternehmens skizziert wird.
Im Verlauf der Untersuchung werden die Begriffe ,,Immaterielle Vermögenswerte",
,,Immaterielles Vermögen" und ,,Immaterielle Werte" synonym verwendet.

Die Werttreiber immateriellen Vermögens
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7
1
Veränderungen des traditionellen
Unternehmensbildes
1.1
Das traditionelle Unternehmen
Das nach heutiger Ansicht traditionelle Unternehmen wurde als ,,modernes"
Unternehmen (,,Modern Business Enterprise"
1
(MBE)) nach der zweiten industriellen
Revolution bekannt. Es ist durch die Trennung von Eigentum und Kontrolle
charakterisiert, wobei mehrere Ebenen bezahlter Manager die Produktion und
Verteilung der Erzeugnisse koordinieren.
2
Gegen Ende der 1920er Jahre waren die
meisten Industriesektoren der USA und Europas von diesem Typ dominiert.
3
Diese
Unternehmen zeichneten sich durch ihre Größe, ,,mächtige" Markennamen und
starke vertikale Integration aus. Dadurch war die Chance für den Markteintritt für
neue Unternehmen sehr klein und der Wettbewerb am Verbrauchermarkt gering.
Auch der Markt für Zwischenprodukte der Zulieferer war relativ wettbewerbsarm. Da
jede Branche von wenigen Industriegiganten dominiert wurde, blieb den jeweiligen
Zulieferern wenig anderes übrig, als ein sehr spezifisches Produkt für nur einen oder
wenige wahrscheinliche Käufer zu erzeugen.
4
Durch das Fehlen von
wettbewerblichem Druck auf den zwischengeschalteten Märkten war ein rigides
Kontrollsystem und eine klare hierarchische Befehlsstruktur im Unternehmen nötig.
Das Top-Management erhielt dadurch die Kontrolle über die Ressourcen des
Unternehmens und damit effektiv auch über die Tätigkeitsbereiche spezialisierter
Arbeitnehmer. Einhergehend mit dieser Macht kam es zur Akkumulation des
Unternehmensüberschusses an der Spitze des Unternehmens. Daraus resultierte
demnach das Problem, Mitarbeitern, die in der Lage waren spezifische Investitionen
zu tätigen, genug Macht zukommen zu lassen, um diese Investitionen auch
1
Vgl. Chandler (1977)
2
Vgl. Berle/Means (1932)
3
Vgl. Rajan/Zingales (2000), S. 8
4
Vgl. Rajan/Zingales (2000), S. 9f

Die Werttreiber immateriellen Vermögens
Seite
8
durchführen zu können und zu wollen. Dies wurde durch die pyramidenartige
Organisation erreicht, indem Managern auf unteren Unternehmensebenen Macht
über Ressourcen und Arbeitskräfte von den oberen Ebenen abgetreten wurde. Die
Arbeitskräfte selbst aber waren durch die sehr beschränkten alternativen
Einsatzmöglichkeiten der Mitarbeiter an die Ressourcen des Unternehmens
geknüpft. Damit wurden Eigentumsrechte über diese Ressourcen zu den wichtigsten
Quellen der Macht.
5
Ein weiteres Charakteristikum des MBE sind einerseits bezahlte Manager, die das
Unternehmen führen und andererseits die Eigentümer, also Aktionäre, die
typischerweise nicht im Unternehmen tätig sind. Diese Aufteilung wurde durch die
Größe des Unternehmens und der damit verbundenen Notwendigkeit, mehr
Investitionen zu tätigen und größere Risiken einzugehen als es ein Management, das
gleichzeitig Eigentümer des Unternehmens ist, alleine tun könnte. Es erfolgte
demnach eine Aufteilung in Eigentum und Kontrolle; jedoch können die Eigentümer
das Management durch den Entzug der sich in ihrem Eigentum befindlichen
Ressourcen wiederum kontrollieren.
6
Die Grenzen des Unternehmens sind durch das Eigentum des Unternehmens an
einzigartigen Ressourcen klar definiert. Um das Unternehmen führen zu können,
müssen die Rechte an einzigartigen Ressourcen teilweise von den Eigentümern an
das Management abgetreten werden. Daraus resultiert das Problem, dem
Management den durch diese Ressourcen geschaffenen Überschuss, der
typischerweise an der Spitze der pyramidenförmigen Organisationsstruktur
akkumuliert, wieder abzunehmen und den Eigentümern des Unternehmens zur
Verfügung zu stellen.
7
Dieses traditionelle Unternehmen ist durch eine stark finanzwirtschaftlich geprägte
5
Vgl. Rajan/Zingales (2000), S. 10f
6
Vgl. Rajan/Zingales (2000), S. 11f
7
Vgl. Rajan/Zingales (2000), S. 1f ; Vgl. Jensen/Meckling (1976), S. 308ff

Die Werttreiber immateriellen Vermögens
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9
Sichtweise charakterisiert. Dieses Modell des kapitalgeleiteten Unternehmens wurde
besonders durch die Arbeiten von A
LCHIAN
und D
EMSETZ
8
und in weiterer Folge von
J
ENSEN
und M
ECKLING
9
fundiert. Bei diesem Modell wird unterstellt, dass die Rechte
und Pflichten der Arbeitnehmer, Kunden, Lieferanten und Gläubiger gegenüber dem
Unternehmen durch vollkommen definierte Verträge festgelegt sind. Die Ansprüche
sind vollkommen sicher, solange nicht der Konkursfall eintritt. Die Eigentümer des
Unternehmens haben das Anrecht auf die Residualgröße, nachdem alle vertraglich
festgesetzten Ansprüche der Vertragspartner befriedigt wurden. Dieses Anrecht der
Eigentümer ist durch eigennutzorientiertes Verhalten von Managern, Arbeitnehmern,
Kunden, Lieferanten und Gläubigern gefährdet. Die Lösung dafür ist die Übertragung
umfangreicher Kontroll- und Entscheidungsrechte an die Eigentümer. Dem eben
beschriebenen Unternehmensmodell als Geflecht vollständiger Verträge folgend,
lässt sich ein rein finanzwirtschaftlich orientierter, auf die Maximierung des
,,Shareholder Value" ausgerichteter Ansatz der Unternehmensführung logisch
ableiten. Die Beziehungen zu Managern, Arbeitnehmern, Kunden, Lieferanten und
Gläubigern außerhalb der von Kapitalströmen geleiteten Perspektive sind kaum von
Bedeutung.
10
Daraus folgt, dass sich die Diskussion von Erfolgsmaßen im Rahmen
von ,,Shareholder Value"-Konzepten hauptsächlich mit der Messung des finanziellen
Unternehmenserfolges beschäftigt.
1.2
Das neue Unternehmen (,,The New Enterprise")
Das Wesen und der Aufbau des Unternehmens hat sich im Vergleich zu dem im
obigen Abschnitt dargestellten MBE vor allem in zwei Aspekten gewandelt. Die
Bedeutung von Humankapital im Verhältnis zu materiellen Werten ist stark
gewachsen und die vertikal integrierte Organisationsstruktur wurde aufgebrochen.
11
8
Vgl. Alchian/Demsetz (1972)
9
Vgl. Jensen/Meckling (1976)
10
Vgl. Speckbacher/Bischof (2000), S. 798
11
Vgl. Rajan/Zingales (2000), S. 12

Die Werttreiber immateriellen Vermögens
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10
Die Gründe für diese Entwicklung sind wie folgt: Die technologische Ausstattung
vieler Unternehmen hat sich dahingehend verändert, dass mehr qualifizierte Arbeit
benötigt wird und demnach nachgefragt wird. Der schnelle und kostengünstige
Zugang zu Kapital ist durch Verbesserungen des Kapitalmarktes und damit der
unkomplizierten und einfachen Verfügbarkeit von Kapital für einen großen Kreis von
Unternehmen, kein Wettbewerbsvorteil mehr. Dementsprechend schützt die
Kapitalintensität einer Branche nicht mehr vor Wettbewerb. Durch die Intensivierung
des globalen Handels wurde die Marktgröße erheblich ausgeweitet. Oligopolisten,
die früher von ,,first-mover" Vorteilen profitieren konnten, müssen sich jetzt dem
harten Wettbewerb des globalen Marktes stellen. Traditionelle Markennamen, die
sich lange bewährt haben, müssen durch beständige Investitionen in immer kürzeren
Abständen erhalten werden. Gleichzeitig können neue Namen in sehr kurzer Zeit
eine Nische erobern. Alle diese Änderungen resultieren in verstärktem Wettbewerb
auf allen Ebenen.
12
Durch eine Intensivierung des Wettbewerbs auf den Märkten für Zwischenprodukte,
verliert die traditionelle starke vertikale Organisation des MBE seine Grundlage,
genauso wie die Dominanz materieller Werte über Humankapital. Innovation, die
treibende Kraft zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen, ist hauptsächlich auf
Humankapital zurückzuführen. Diese Veränderungen des Unternehmens und der
Unternehmensumwelt ereigneten sich in sehr kurzer Zeit und beinahe gleichzeitig.
13
Die ,,neue" Sicht des Unternehmens basiert auf Beiträgen von W
ILLIAMSON
14
,
G
ROSSMAN
und H
ART
15
, H
ART
und M
OORE
16
, R
AJAN
und Z
INGALES
17
, und Z
INGALES
18
.
Das Unternehmen wird nicht mehr als Geflecht vollständiger Verträge definiert,
12
Vgl. Rajan/Zingales (2000), S. 16
13
Vgl. Rajan/Zingales (2000), S. 17f
14
Vgl. Williamson (1975), Williamson (1985)
15
Vgl. Grossman/Hart (1986)
16
Vgl. Hart/Moore (1990)
17
Vgl. Rajan/Zingales (1998)
18
Vgl. Zingales (1998)

Die Werttreiber immateriellen Vermögens
Seite
11
sondern als institutionelle Vereinbarung für Abschluss und Erfüllung unvollständiger
Verträge. In unvollständigen Verträgen werden manchmal bewusst nicht alle
möglichen Ansprüche und Pflichten der Vertragspartner geregelt, was auch praktisch
nicht möglich ist.
19
Es bleibt somit immer ein unbeabsichtigter oder auch
beabsichtigter Spielraum. Durch die unvollständige Regelung der vertraglichen
Beziehungen haben nicht nur die Eigentümer Ansprüche auf dem Spiel stehen (,,at
stake") sondern auch alle anderen Vertragspartner, die damit ebenfalls zu
Stakeholdern werden.
20
Besonders wichtig sind diesbezüglich implizite Ansprüche auf die Resultate
sogenannter ,,spezifischer Investitionen". Diese Resultate, also der Überschuss über
die Erträge, die benötigt werden um eine Ressource in der gegenwärtigen
Verwendung zu belassen, werden auch als ,,Quasirente" bezeichnet.
21
Spezifische
Investitionen zeichnen sich dadurch aus, dass ihr Wert innerhalb der bestehenden
Kooperationsbeziehungen wertvoller ist als außerhalb. Aufgrund der Spezifität der
Investition entsteht jedoch ein Abhängigkeitsverhältnis, das von jener beteiligten
Partei, die Empfänger des Erfolgs der Investition ist, im Nachhinein ausgenutzt
werden kann. Für den Investor sind nach Tätigung der Investition nur die
Opportunitätskosten, also der Wert der Investition bei nächstbester Verwendung
außerhalb der vertraglichen Beziehung, von Bedeutung. Aus diesem Grund ist der
Investor in der schwächeren Position, da er um den vertraglich bedingten,
spezifischen Zusatzwert seiner Investition, die ,,Quasirente", gebracht werden kann.
Dies wird als ,,holdup", eine Auswirkung asymmetrischer Information, bezeichnet.
Aus der Gefahr eines ,,holdup" resultiert die Möglichkeit der Unterinvestition in
spezifische wertschaffende Ressourcen.
22
Wenn zum Beispiel der Zulieferer eines
Automobilkonzerns eine Investition tätigt um die einzigartigen, speziellen Ansprüche
19
Die handelnden Individuen haben limitierte Information und beschränkte Kapazitäten um diese
Information zu verarbeiten. Dies wird als ,,bounded rationality" bezeichnet. Vgl. Williamson (1985),
Kapitel 1-3, Vgl. Alchian/Woodward (1988), S. 66
20
Vgl. Speckbacher/Bischof (2000), S. 798
21
Vgl. Hill (1990), S. 500; Vgl. Milgrom/Roberts (1990), S. 62f; Vgl. Alchian/Woodward (1990), S. 67
22
Vgl. Alchian/Woodward (1988), S. 67f; Vgl. Spremann (1990), S. 568ff; Vgl. Speckbacher/Bischof
(2000), S. 798f

Die Werttreiber immateriellen Vermögens
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12
seines Geschäftspartners an die Qualität bestimmter Bauteile zu befriedigen, so
kann er durch den Automobilkonzern im Nachhinein zu Preisreduktionen gezwungen
werden, da er die besonders hochwertigen Bauteile an niemand anderen zu dem
entsprechenden Preis verkaufen kann. Der Automobilkonzern beraubt den Zulieferer
also seiner ,,Quasirente".
23
Eine Möglichkeit diese Problematik zu vermeiden und
Stakeholder zu wertschaffenden spezifischen Investitionen zu bewegen ist die
Nutzung von Reputationsmechanismen, also die in der Vergangenheit und
Gegenwart stattfindende Erfüllung impliziter Ansprüche der Stakeholder. Auf diese
Mechanismen wird im nächsten Abschnitt
24
näher eingegangen.
Abgeleitet aus der zunehmenden Bedeutung der Beziehungen zu Stakeholdern für
den finanziellen Erfolg des Unternehmens, konzentriert sich die aktuelle
betriebswirtschaftliche Diskussion nicht mehr ausschließlich auf die Messung des
Unternehmenserfolges, sondern behandelt zunehmend Fragen der Steuerung des
Unternehmenserfolges.
25
Finanzielle Erfolgsgrößen messen zwar den aggregierten
finanziellen Erfolg eines Unternehmens, geben aber kaum Aufschluss darüber, wie
dieser Erfolg entsteht und dementsprechend wie er gesteuert werden kann.
Fehlentwicklungen werden ­ wenn überhaupt ­ erst mit einem ,,time-lag"
erkennbar.
26
Durch die Beschränkung der Unternehmenssteuerung auf finanzielle
Größen entsteht ein beträchtlicher Informationsverlust, da die Bedeutung von
Investitionen in immaterielles Vermögen zunimmt.
27
Wettbewerbsvorteile gründen
nicht mehr vor allem auf einzigartigen physischen Ressourcen, sondern vor allem auf
immateriellem Vermögen. Traditionelle Systeme des Rechnungswesens und der
Investitionsrechnung sind jedoch nicht in der Lage, Investitionen in immaterielles
Vermögen
28
zufriedenstellend zu beurteilen.
29
Durch Steuerung des Unternehmens
23
So geschehen 1986 als Chrysler seine Zulieferer anwies, Ihre Preise um 2,5% zu senken. (Vgl. Hill
(1990), S. 507f),
24
Vgl. weiter unten, Abschnitt 1.3.2 ,,Instrumentelle Stakeholder Theorie")
25
Vgl. Speckbacher/Bischof (2000), S. 795
26
Vgl. Speckbacher/Bischof (2000), S. 796f
27
Vgl. Atkinson/Waterhouse/Wells (1997)
28
Vgl. Porter (1992)
29
Vgl. Lev (2001), S. 79ff

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13
durch rein finanzielle Erfolgsgrößen entsteht die Tendenz zur Unterinvestition in
immaterielles Vermögen.
30
Dies impliziert auch eine Neuausrichtung der
unternehmensinternen Informationssysteme, denn der alleinige Zugriff auf monetäre
Kennzahlen kann Organisationen an zukünftigen wertschöpfenden Tätigkeiten
hindern.
31
Unternehmen lassen sich zunehmend einer von zwei Gruppen zuordnen, zur ersten,
die über intellektuelles Kapital verfügt oder zur zweiten, die darauf nicht oder nur
ungenügend zurückgreifen kann. Der Besitz von materiellen Ressourcen alleine ist
nicht ausreichend, um langfristiges Wachstum und überdurchschnittliche Rentabilität
zu gewährleisten. Unternehmen mit ungenügend identifizierten und ausgebildeten
immateriellen Werten werden sich mit geringem Wachstum und niedrigen
Gewinnmargen zufriedengegeben müssen.
32
1.3
Die Bedeutung der Stakeholder für immaterielles Vermögen
Mit den strukturellen Änderungen in der Wertebasis des Unternehmens gehen auch
Fragen nach der Änderung der Position der Stakeholder und nach dem Eigentum am
Unternehmen einher. Diesen Fragen wird im nächsten Kapitel nachgegangen.
Stakeholder eines Unternehmens sind Gruppen, die entweder die Macht haben die
Performance des Unternehmens zu beeinflussen oder einen Anteil an der
Performance des Unternehmens haben, oder beides (Shareholder sind Eigentümer
des Unternehmens und damit ebenfalls Stakeholder).
33
30
Vgl. Speckbacher/Bischof (2000), S. 797
31
Vgl. Kaplan/Norton (1997), S. VII
32
Vgl. Smith/Parr (2000), S. 10
33
Vgl. Jones (1995), S. 407, Vgl. Freeman (1984),

Die Werttreiber immateriellen Vermögens
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14
1.3.1
Das Beispiel Saatchi & Saatchi
Aus der Entwicklungsgeschichte der Werbeagentur Saatchi & Saatchi lassen sich
eine Anzahl interessanter Schlüsse ziehen, unter anderem wird aufgezeigt, dass das
Eigentum an Produktionsmitteln nicht zwangsweise bei den Eigentümern eines
Unternehmens liegen muss. Folglich wird auf dieses Beispiel ausführlicher
eingegangen.
34
Saatchi & Saatchi war die erste Werbeagentur, die sich erfolgreich an der Börse
behauptete, da Investoren überzeugt werden konnten, dass die Werbebranche auch
zur Schaffung realer Werte in der Lage war. Die Aktien des Unternehmens wurden
erstmals 1976 an der Londoner Börse gehandelt. Den Firmengründern C
HARLES
und
M
AURICE
S
AATCHI
gelang es durch gute Investor Relations die Börse von dem realen
Wert immateriellen Vermögens zu überzeugen.
Dies ging einher mit einem kontinuierlichen Ausbau immateriellen Vermögens des
Unternehmens, indem es die besten Mitarbeiter gewinnen konnte. Bis Mitte der 80er
Jahre wuchs Saatchi & Saatchi durch zahlreiche Akquisitionen anderer
Werbeagenturen kontinuierlich. 1986 kam es zur Übernahme einer großen
amerikanischen Werbeagentur, mit der Saatchi & Saatchi zur größten Werbeagentur
der Welt aufstieg. Im selben Jahr erreichte das Unternehmen die größte
Marktkapitalisierung im Laufe seiner Geschichte. Die Übernahme des
amerikanischen Unternehmens stellte jedoch einen Wendepunkt für Saatchi &
Saatchi dar. Die Akquisition ging nicht reibungslos vonstatten und wurde von vielen
Mitarbeitern und Kunden des amerikanischen und des eigenen Unternehmens
abgelehnt. Von da an begann das Unternehmen immaterielles Kapital zu verlieren,
da viele Mitarbeiter und Schlüsselkunden abwanderten. Ende 1988 war die
Marktkapitalisierung jedoch immer noch sechs mal so hoch wie der Buchwert des
Unternehmens.
34
Vgl. Sveiby (1997), S. 13ff

Die Werttreiber immateriellen Vermögens
Seite
15
1989 kam es zu durch die schlechte Auftragslage zu einer finanziellen Krise, was die
betroffenen Banken dazu veranlasste, ein Krisenmanagement einzusetzen.
Gleichzeitig wurden beide Geschäftsführer, C
HARLES
und M
AURICE
S
AATCHI
genötigt,
das Unternehmen zu verlassen. Diese konnten einige der besten Kunden mitnehmen
und gründeten eine neue Werbeagentur, mit der sie fortan ihrem früheren
Unternehmen sehr erfolgreich Konkurrenz machten, während sich die Lage bei
Saatchi & Saatchi drastisch verschlimmerte.
Vor diesem Hintergrund sind mehrere Fragen zu stellen:
· Wie lässt sich das immaterielle Vermögen, das sicherlich Quelle des Erfolges von
Saatchi & Saatchi darstellt, richtig bewerten? Das Werbeunternehmen konnte die
Investoren an der Börse überzeugen, dass die auf immateriellem Vermögen
beruhende Wertschöpfung genauso zu beurteilen sei, wie Wertschöpfung aus
materiellen Werten. Dadurch und durch die zahlreichen erfolgreichen
Akquisitionen in den Jahren vor 1986 wurde das Unternehmen an der Börse gut
eingestuft.
· Die in Saatchi & Saatchi investierenden Anleger waren die Eigentümer der
Werbeagentur, und wurden durch die Ablöse der Geschäftsführung durch das
von der Bank eingesetzte Krisenmanagement übergangen. Die Brüder S
AATCHI
haben aber das wichtigste Wertschöpfungspotential des Unternehmens, die
Kunden, in ihr neues Unternehmen mitgenommen. Dem widerspricht, dass
klassischerweise die Eigentümer eines Unternehmens über die Kern-Assets
verfügen und nicht das Management. Dadurch stellt sich die Frage nach dem
Eigentum am Unternehmen. Da das Kundenkapital der wichtigste Wert des
Unternehmens war, lässt sich ableiten, dass es für viele immaterielle Werte keine
klar definierten und durchsetzbaren Eigentums- und Verfügungsverhältnisse gibt.
Das gilt besonders für Human- und Kundenkapital, wie hier klar ersichtlich ist.
Aus diesem Zusammenhang resultiert auch die zunehmende Bedeutung der
Stakeholder für den Umgang mit immateriellen Vermögenswerten.
Wie das Beispiel Saatchi & Saatchi eindrucksvoll demonstriert, herrscht zwischen

Die Werttreiber immateriellen Vermögens
Seite
16
allen Stakeholdern um die von einem Unternehmen generierte Rente Wettbewerb.
Die Fragen, denen sich das moderne Unternehmen gegenübersieht sind demnach:
35
· Welche Ressourcen generieren eine Rente?
· Wer verfügt über diese Ressourcen, bzw. wer hat die nötige Verhandlungsstärke
um die Aufteilung der aus der betrieblichen Tätigkeit erwachsenden Rente zu
beeinflussen?
· Welche Stakeholder bringen welche Ressourcen in das Unternehmen ein, bzw.
welche Stakeholder stehen mit der Entstehung welcher Ressourcen in
Zusammenhang?
· Welches Wertschaffungspotential haben verschiedene immaterielle Ressourcen?
Dementsprechend besteht die Schaffung von ,,Shareholder-Value" in einem
Unternehmen aus zwei Stufen. Die erste ist die Generierung einer Rente
36
, die
zweite die Aufteilung derselben. Die Aufteilung der Rente wird normalerweise durch
einen Verhandlungsprozess determiniert, in dem die verschiedenen Stakeholder
unterschiedlich starke Verhandlungspositionen haben. Eine der stärksten Positionen
ist Besitz und Eigentum an einer einmaligen strategischen Ressource. Wie das obige
Beispiel eindrucksvoll beweist, sind die Aktionäre eines Unternehmen selbst oft nicht
Eigentümer der strategischen Ressourcen. Bei der Verteilung der durch das
Unternehmen erwirtschafteten Rente muss eine große Zahl unterschiedlich
mächtiger Stakeholder berücksichtigt werden. Da das Unternehmen selbst kein
Individuum ist, das Renten verteilen oder Ressourcen besitzen kann, wird es nach
C
OFF
am besten durch eine juristische Fiktion dargestellt, mit der Stakeholder
Verträge abschließen. Daraus entsteht, wie weiter oben erwähnt, ein Bündel mehr
oder weniger vollständiger Verträge. In dieser sehr vereinfachten, plastischen
35
Vgl. Coff (1999), S. 119
36
zur Definition von Rente und den Möglichkeiten der Generierung Vgl. weiter unten, Abschnitt 3.1.2
,,Die Entstehung von Rente"

Die Werttreiber immateriellen Vermögens
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17
Vorstellung stellen die Knotenpunkte im Bündel die strategischen Ressourcen dar.
37
In diesem Vertragsbündel wird nur dann eine Rente erwirtschaftet, wenn alle
Stakeholder in einem Ausmaß Kompensation erhalten, die größer oder gleich ihren
Opportunitätskosten ist und manche Stakeholder mehr als die reine Kompensation
erhalten. Nur in diesem Falle bleibt das Bündel aus Verträgen erhalten, was
gleichzeitig die Existenz eines einmaligen und nicht-imitierbaren Assets im Bündel
voraussetzt.
38
Die Verhandlungsstärke eines Stakeholders und damit die Möglichkeit mehr als nur
die Opportunitätskosten zu erlangen, ist umso höher:
39
· Je eher Stakeholder in der Lage sind gemeinsam zu agieren (gilt besonders für
Humankapital, Kunden-/Konsumentenkapital und Lieferantenkapital).
· Je eher Stakeholder Zugang zu und Kontrolle über Schlüsselinformation haben.
· Je höher die Kosten für das Unternehmen sind, gerade diese Stakeholder
auszutauschen.
· Je geringer die Kosten, zu einem anderen Unternehmen abzuwandern, für den
Stakeholder sind.
Es kann daher vorkommen, dass ein Unternehmen über umfangreiches
immaterielles Vermögen verfügt, dadurch einen Wettbewerbsvorteil erreicht und
somit eine Rente erwirtschaftet, diese jedoch in der Leistungsmessung nicht
ersichtlich ist, da sich interne Stakeholder diese sofort aneignen (,,versteckte" Rente).
Ob und wie lange dies möglich ist hängt von drei Faktoren ab:
40
37
Vgl. Coff (1999), S. 119f
38
Vgl. Coff (1999), S. 121
39
Vgl. Coff (1999), S. 122; Die von C
OFF
nach diesen Determinanten untersuchten
Stakeholdergruppen sind Mitarbeiter, das Management und Investoren. (Vgl. Coff (1999), S. 124ff)
40
Vgl. Coff (1999), S. 127ff

Die Werttreiber immateriellen Vermögens
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18
· Der Struktur und Veränderung der Besitz- und Verfügungsrechte über
immaterielles Vermögen (besonders bei sehr bedeutendem Humankapital im
Unternehmen können Principal-Agent-Situationen entstehen, die durch
Informationsasymmetrien hervorgerufen werden)
· Der internen Stabilität der gegenwärtigen Aufteilung der Rente
(Stakeholdergruppen treten in neue Verhandlungen um die Aufteilung der Rente
ein, die ,,versteckte" Rente im Unternehmen ist anfälliger für egoistisches
Verhalten einzelner Gruppen)
· Zwei aus dem marktwirtschaftlichen Wettbewerb erwachsenden Bedrohungen:
Die Bedrohung durch normalen Wettbewerb. (Wettbewerb ist die
Hauptursache für ein Sinken der Rente über die Zeit. Handelt es sich
um eine ,,versteckte" Rente aufgrund eines Wettbewerbsvorteils, so
ist das Unternehmen weniger durch gewöhnlichen Wettbewerb
gefährdet, da die entstandene Rente schwierig aufzuspüren ist)
Die Bedrohung durch einen Eigentümerwechsel durch den
Kapitalmarkt (Auch hier ist kein Anlass zu Sorge gegeben. Solange
das Unternehmen zumindest normale Erträge erwirtschaftet, ist die
,,versteckte" Rente kaum erkennbar, im Gegenteil: eine feindliche
Übernahme zur Abschöpfung dieser Rente kann leicht zu oben
erläutertem Fall (Saatchi & Saatchi) führen, dass diejenigen Kräfte,
die eine Rente generieren das Unternehmen verlassen.)
Ist in einem Unternehmen das Erwirtschaften einer Rente offensichtlich, so handelt
es sich entsprechend obiger Theorie nur um die ,,Spitze eines Eisberges".

Die Werttreiber immateriellen Vermögens
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19
Traditionelle Instrumente des Rechnungswesens und der Leistungsmessung reichen
alleine nicht aus, um festzustellen, ob ein Unternehmen eine ,,versteckte" Rente
generiert. Genauso wenig existieren Möglichkeiten, die Verhandlungsmacht
individueller Stakeholdergruppen zu messen und zu beobachten. Um ein
umfassendes Bild der Bedeutung immateriellen Vermögens und der dadurch
entstehenden Wettbewerbsvorteile zu erlangen, ist eine genaue Untersuchung dieser
Theorie nötig.
1.3.2
Der instrumentelle Stakeholderansatz
Die Stakeholdertheorie unterscheidet zwischen deskriptivem, instrumentellem und
normativem Stakeholderansatz. Die Stakeholdertheorie ist deskriptiv, da sie ein
Modell zur Beschreibung eines Unternehmens bietet, und zwar als Konstellation
kooperativer und kompetitiver Interessen mit intrinsischem Wert. Der instrumentelle
Aspekt der Stakeholdertheorie erstellt ein Rahmensystem zur Untersuchung der
Verbindungen zwischen dem Management der verschiedenen Stakeholderinteressen
Share-
holder Value
Abbildung 1: Distribution der in einem Unternehmen erwirtschafteten Rente
Lieferanten
Mitarbeiter
Kunden
Insgesamt
erwirtschaftete
Rente
Wird durch
finanzielle
Indikatoren
abgebildet
Wird durch
finanzielle
Indikatoren
abgebildet

Die Werttreiber immateriellen Vermögens
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20
und dem Erreichen verschiedener Performance-Ziele des Unternehmens. Die
Grundlage der Stakeholdertheorie ist schließlich normativ und behandelt die Funktion
des Unternehmens, und besonders die Identifikation philosophischer und moralischer
Richtlinien für das Management von Unternehmen.
41
Die instrumentelle Stakeholdertheorie wird an dieser Stelle näher behandelt, da sie
die Auswirkungen der Handlungen von Managern oder Unternehmen auf die
Beziehungen zu den jeweiligen Stakeholdern beschreibt. Sie stellt theoretische
Verbindungen zwischen bestimmten Handlungen und bestimmten Endzuständen
her; jedoch ohne den Anspruch, normativ beurteilen zu können.
42
Das Verhältnis zwischen einem Unternehmen und seinen Stakeholdern wird durch
Verträge geregelt, d.h. dass alle Ansprüche und Verpflichtungen der
vertragschließenden Parteien in Form übereinstimmender Willenserklärungen
kontraktbestimmt sind. Dementsprechend kann ein Unternehmen anschaulich als
Bündel von Verträgen dargestellt werden. Da die Manager eines Unternehmens
43
im
Sinne desselben handeln und mit den Stakeholdern Verträge abschließen, besteht
das Unternehmen aus Verträgen zwischen Stakeholdern und Managern.
44
Diese Verträge sind nicht notwendigerweise effizient,
45
das heißt eine der
vertragschließenden Parteien kann ex-ante oder ex-post über die Macht verfügen der
anderen Partei ihren Willen aufzuzwingen.
46
41
Vgl. Donaldson/Preston (1995), S. 66ff
42
Vgl. Jones (1995), S. 406
43
Dies ist insofern problematisch, als Manager ja ebenfalls Stakeholder des Unternehmens sind, also
mit sich selbst Verträge abschließen. Auf dieses Spezifikum in der Rolle des Managements im
Vertragsgeflecht soll jedoch hier nicht weiter eingegangen werden, Management und Unternehmen
werden als eine Einheit gesehen.
44
Vgl. Jones (1995), S. 407
45
Vgl. Jones (1995), S. 408
46
Diese Annahme ist vertretbar, wenn die Ansicht der österreichischen ökonomischen Schule
zugrundegelegt wird, der zufolge Märkte nicht durch ein zwangsweise eintretendes Gleichgewicht
charakterisiert sind, sondern lediglich durch eine Tendenz zum Gleichgewicht (vgl. Kirzner (1979)).
Durch die andauernden Änderungen in der Marktsituation entsteht die Situation dauernden

Die Werttreiber immateriellen Vermögens
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21
Die abgeschlossenen Verträge (Transaktionen) unterscheiden sich nach
W
ILLIAMSON
47
durch
· Spezifität,
· Frequenz und
· Unsicherheit,
abhängig von den jeweils beteiligten Stakeholdergruppen. Verträge, die sehr
informell und vage formuliert sind werden ,,relationale Verträge" genannt. Die
zutreffenden ökonomischen Rahmenwerke sind:
Die Agency-Theorie
48
: Als Agency-Beziehung werden die Interaktionen zwischen
einem Prinzipal und einem Agenten, der vom Prinzipal delegierte Aufgaben zu
erfüllen hat, bezeichnet. In dieser Beziehung existieren zwei Probleme:
· Erstens haben der Agent und der Prinzipal unterschiedliche Ziele und der
Prinzipal kann die Aktivitäten des Agenten nur schwer überwachen.
· Zweitens haben der Prinzipal und der Agent unterschiedliche Neigungen zu
Risiko.
Um unter diesen Einschränkungen effiziente Verträge abzuschließen, müssen nach
J
ENSEN
und M
ECKLING
folgende Kosten minimal gehalten werden: Erstens die
sogenannten ,,Monitoring Costs" die anfallen, da der Prinzipal den Agenten bei
seinen Tätigkeiten überwachen muss. Zweitens die ,,Bonding Costs" die vom
Agenten getragen werden und durch die Notwendigkeit entstehen, dass der Agent
signalisieren und garantieren muss, die Interessen des Prinzipals nicht zu verletzen.
Drittens eine Residualgröße (,,Residual Loss") welche die zusätzliche Ineffizienz
Ungleichgewichts. Dadurch kommt es beständig zu Verschiebung in den Machtpotentialen zwischen
Management und Stakeholdern. (Vgl Hill/Jones (1992), S. 136).
47
Vgl. Williamson (1975), S. 52
48
Vgl. Jensen/Meckling (1976)

Die Werttreiber immateriellen Vermögens
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22
widerspiegelt, die trotz der beiden oben angeführten Kosten anfallen. Aus dem
Principal-Agent-Problem entstehen zwei Haupttypen der Ineffizienz:
· Erstere, ,,Moral Hazard", bedeutet, dass der Agent seine Aufgaben deshalb nicht
gewissenhaft erfüllt, weil er weiß, dass der Prinzipal ihn nicht überprüfen kann.
Diese Ineffizient tritt nach Vertragsabschluss ein.
· Zweitens kann es zu ,,adverser Selektion" kommen, d.h. der Prinzipal nimmt vor
Vertragsabschluß ein bestimmtes Verhalten des Agenten an, dem zu folgen der
Agent jedoch unabsichtlich nicht intendiert.
49
Die Transaktionskostenökonomik
50
: Als Transaktionskosten bezeichnet man alle
Kosten, die durch die Durchführung einer geschäftlichen Transaktion anfallen.
Darunter fallen Suchkosten, Verhandlungskosten, Überwachungskosten,
Durchsetzungskosten und eine Residualgröße, die alle bisher unerfassten Kosten
enthält. Transaktionskosten spielen auch im "hold-up"-Problem eine Rolle, das zwar
hauptsächlich aus der Unvollständigkeit von Verträgen resultiert, aber auch von
Transaktionskosten mitbestimmt wird. Der Erzeuger eines sehr spezifischen
Zwischenproduktes für einen Kunden muss sicher gehen, dass ebendiese
Ressource auch zu dem vorher ausgehandelten Preis an den Kunden verkauft
werden kann. Die Ressource kann sonst keiner anderen Verwendung zugeführt
werden, die mit der erstbesten vergleichbar wäre. Der Kunde verfügt also über
beträchtliche Macht und muss durch eine glaubhafte Aktion versichern, das spezielle
Gut zu vereinbarten Konditionen zu übernehmen. Daraus resultieren hohe
Transaktionskosten um Verträge zu überwachen und durchzusetzen.
Transaktionskosten können häufig durch klare Hierarchien vermieden werden.
49
Das berühmteste Beispiel für adverse Selektion findet sich bei Akerlof (1970), S. 489ff. Er
beschreibt anschaulich, wie es durch adverse Selektion im Gebrauchtwagenmarkt dazu kommt, dass
nur minderwertige Gebrauchtwägen auf den Markt kommen. Die Kunden können im Moment des
Kaufes nicht zwischen einem guten und einem schlechten Wagen unterscheiden. Aus diesem Grunde
sind sie nur gewillt den Preis für minderwertige Fahrzeuge zu zahlen, um sicher zu gehen, für einen
schlechten Gebrauchtwagen nicht zu viel zu bezahlen. Dadurch werden gute Gebrauchtwägen kaum
noch angeboten.
50
Vgl. Coase (1937), Vgl. Williamson (1975)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832470289
ISBN (Paperback)
9783838670287
DOI
10.3239/9783832470289
Dateigröße
808 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Wirtschaftsuniversität Wien – Volkswirtschaft
Erscheinungsdatum
2003 (Juli)
Note
1,0
Schlagworte
intangibles stakeholder view resource based wissen shareholder value
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