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Attribution und Bewältigung von nachlassender sexueller Appetenz in längeren Partnerschaften

©2003 Diplomarbeit 91 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Die Untersuchung beantwortet unter folgende Fragen:
Was genau wird beklagt, wenn von abnehmender Leidenschaft in längeren Partnerschaften berichtet wird? Handelt es sich eher um quantitative oder qualitative Einbußen?
Welche Auswirkung hat eine nachlassende sexuelle Attraktion auf die Partnerschaft und das persönliche Lebensglück?
Wie attribuieren die Betroffenen die nachlassende Leidenschaft bei sich selbst und bei ihrem Partner?
Welche Möglichkeiten werden gefunden, mit dem Phänomen der nachlassenden Leidenschaft umzugehen? Gibt es explizite Versuche, das Sexualleben wieder erfüllter zu gestalten, und wenn ja, mit welchem Erfolg?
Welche Implikationen ergeben sich aus diesen Ergebnissen für psychologische Interventionen?

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
Einleitung3
1.Fragestellung und Vorannahmen4
1.1Abgrenzung des Themas6
1.2Überblick über die Studie6
2.Theorieteil7
2.1Stand der Forschung7
2.2Funktionen sexueller Aktivität11
2.3Erklärungsmodelle für nachlassende sexuelle Appetenz in Dauerpartnerschaften13
3.Qualitative Methode20
3.1Methoden der Datenerhebung20
3.2Methoden der Datenauswertung24
3.3Gütekriterien26
3.4Modellbildung: Vom Codierparadigma zum Prozessmodell28
4.Ergebnisdarstellung30
4.1Stellenwert der Sexualität zu Beginn der Partnerschaft30
4.2Wahrnehmung des Phänomens der nachlassenden sexuellen Attraktion33
4.3Auswirkungen der nachlassenden Leidenschaft38
4.4Attributionen43
4.5Einstellung zum Ideal einer dauerhaft erfüllten Sexualität50
4.6Vergleich mit anderen Partnern54
4.7Veränderungsstrategien56
4.8Bewältigung61
4.9Trennungsbarrieren68
4.10Einstellung zur Treue70
5.Diskussion der Ergebnisse74
6.Ausblick75
7.Zusammenfassung76
8.Bibliographie79
9.Anhang82

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 6975
Monika Brzoza
Attribution und Bewältigung von
nachlassender sexueller Appetenz
in längeren Partnerschaften
Diplomarbeit
an der Technischen Universität Berlin
Fachbereich Gesundheitswissenschaften
Juni 2003 Abgabe

ID 6975
Brzoza, Monika: Attribution und Bewältigung von nachlassender sexueller Appetenz in
längeren Partnerschaften
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Fachhochschule Südwestfalen, Technische Universität, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

INHALTSVERZEICHNIS
Einleitung
3
1. Fragestellung und Vorannahmen
4
1.1
Abgrenzung
des
Themas
6
1.2 Überblick über die Studie
6
2. Theorieteil
7
2.1
Stand
der
Forschung
7
2.2
Funktionen
sexueller
Aktivität
11
2.3 Erklärungsmodelle für nachlassende sexuelle
13
Appetenz in Dauerpartnerschaften
3.
Qualitative
Methode
20
3.1
Methoden
der
Datenerhebung
20
3.2
Methoden
der
Datenauswertung
24
3.3
Gütekriterien 26
3.4 Modellbildung: Vom Codierparadigma zum Prozessmodell
28
4.
Ergebnisdarstellung
30
Stellenwert der Sexualität zu Beginn
der
Partnerschaft
30
Wahrnehmung des Phänomens der nachlassenden sexuellen Attraktion
33
Auswirkungen
der
nachlassenden
Leidenschaft
38
Attributionen
43
Einstellung zum Ideal einer dauerhaft
erfüllten
Sexualität
50
Vergleich
mit
anderen
Partnern
54
Veränderungsstrategien
56
Bewältigung 61
Trennungsbarrieren
68
Einstellung
zur
Treue
70
5.
Diskussion
der
Ergebnisse
74
7. Ausblick
75
6.
Zusammenfassung
76
8.
Bibliographie
79
9.
Anhang
82
Verzeichnis der Abbildungen:
Abb. I: Codierparadigma für sozialwissenschaftliche Fragestellung
28
Abb. II: Prozessmodell der nachlassenden sexuellen Attraktion in
29
Dauerpartnerschaften
2

EINLEITUNG
«Es gibt kaum eine Aktivität, kaum ein
Unterfangen, das mit so ungeheueren
Hoffnungen und Erwartungen begonnen wird
und das mit einer solchen Regelmäßigkeit
fehlschlägt, wie die Liebe.»
Erich Fromm (1997, S. 16)
Ungeachtet vieler eigener oder beobachteter Fehlschläge suchen die meisten Menschen auch
heute noch ihr Glück in einer möglichst lebenslangen Partnerschaft, wobei wahre Liebe eng
mit leidenschaftlicher Sexualität assoziiert ist. Umso größer ist dann die Besorgnis, wenn in
einer längeren Partnerschaft die körperliche Anziehungskraft geringer wird bzw. vorrüber-
gehend oder dauerhaft ganz zum Erliegen kommt. Da sich einerseits in einer längeren
Partnerschaft leicht die Langeweile ins Bett schleicht andererseits ein erfülltes Sexualleben
eng mit Liebe und persönlichem Glück verbunden ist, findet man heute immer mehr den
Trend zur seriellen Monogamie, d.h. zu einer Abfolge von mehreren festen Beziehungen im
Laufe des Lebens. Dies hat seinen Preis: Häufig fühlen sich Menschen schlicht beziehungs-
unfähig und als Versager, wenn sie einige Partnerschaften nach demselben Muster der
absterbenden Leidenschaft durchlaufen haben. In zukünftigen Beziehungen werden dann von
Anfang an weniger Ressourcen investiert: Man ist nicht mehr bereit, sich wirklich emotional
einzulassen und der Traum von der einzigartigen großen Liebe wird geopfert.
Dabei waren die Voraussetzungen für Liebe und lustvolle Sexualität noch nie so gut wie
heute: Wir haben freie Partnerwahl und können uns mit jemandem verbinden, den wir sowohl
emotional als auch körperlich attraktiv finden. Wir leben in einer Freizeitgesellschaft, sind
nicht mehr von schwerer körperlicher Arbeit ausgelaugt und müssten daher genug Energie für
spannende Erotik übrig haben. Die Empfängnisverhütung ist gesichert und es steht auch meist
ein genügend großer Wohnraum für ungestörte Sexualität zur Verfügung. Restriktive Moral-
vorstellung haben sich so weit gelockert, dass auch im Ehebett vielfältige Variationen üblich
sind. An aufklärenden und anregenden Büchern, Zeitschriften und Filmen mangelt es eben-
falls nicht. Und doch klagen immer mehr Menschen über fehlende Libido und ein unbe-
friedigendes Sexualleben.
Auch bei meiner Tätigkeit als Psychologische Beraterin werde ich sehr häufig mit dem
Problem der Unlust mindestens eines Partners konfrontiert. Für mich stellt sich dann jedes
Mal die Frage, ob man dem Paar helfen sollte ihre Sexualität wieder neu zu beleben oder ob
es angebrachter sei, sie darin zu unterstützen, sich von zu hohen Erwartungen und
Leistungsdruck zu lösen und statt dessen eine nachlassende sexuelle Attraktion als normale
Entwicklung in einer längeren Partnerschaft anzunehmen. Steht hinter dem geäußerten
Wunsch nach aufregender Sexualität ein echtes Bedürfnis oder lediglich ein selbst auferlegter
Leistungsdruck aufgrund unrealistischer Erwartungen? Wie kann man Menschen in dieser
Situation am besten helfen, ohne falsche Hoffungen zu wecken? Diese Untersuchung, so
hoffe ich, kann einen Beitrag zur Beantwortung dieser Frage leisten.
3

1.
FRAGESTELLUNG UND VORANNAHMEN
1. FRAGESTELLUNG UND VORANNAHMEN
Sexualität und Partnerschaft überspannen ein riesiges Themengebiet. Bei dieser Arbeit werde
ich mich auf den Aspekt der nachlassenden sexuellen Appetenz in längeren Partnerschaften
beschränken. Die ausdrückliche Abgrenzung des Themas gegenüber Nachbarbereichen erfolgt
am Ende dieses Kapitels. Zunächst möchte ich meine Forschungsfragen erläutern und auf die
Vorannahmen eingehen.
· Was genau wird beklagt, wenn von abnehmender Leidenschaft in längeren Partner-
schaften berichtet wird? Handelt es sich eher um quantitative oder qualitative
Einbußen?
Die meisten Untersuchungen zur Veränderung von Sexualität beschränken sich darauf, die
Unterschiede in der Frequenz des intimen Aktes festzustellen. Die Häufigkeit des Sexualaktes
als alleinigen Maßstab halte ich jedoch aus folgenden Gründen für wenig aussagekräftig:
Erstes bedeutet häufiger Geschlechtsverkehr nicht automatisch Zufriedenheit, denn einige
Menschen wünschen sich eher weniger Sex als mehr (Schnabl, 1978). Zweitens kann der
Sexualverkehr im Laufe der Zeit zwar seltener stattfinden, dafür aber befriedigender erlebt
werden, zumal viele Frauen erst nach längerer Partnerschaftsdauer überhaupt orgasmusfähig
werden. Des Weiteren möchte ich unter Sexualität in der Partnerschaft nicht nur den
eigentlichen Geschlechtsverkehr verstehen, sondern alle Handlungen, die auf das gegenseitige
Bereiten von Lust, Befriedigung und Entspannung hingerichtet sind. Aus diesem Grunde habe
ich meine Interviewpartner nicht nach absoluten Zahlen oder Sexualpraktiken gefragt,
sondern ihre subjektive Zufriedenheit mit Quantität und Qualität der sexuellen Begegnungen
in ihrer Partnerschaft erforscht.
Da mir aus der Literatur und meiner Arbeit als Psychologische Beraterin bekannt ist, dass
viele Menschen mit der in der Partnerschaft gelebten Sexualität nicht zufrieden sind, ging ich
davon aus, auch bei meinen Interviewpartnern mehr oder weniger große Probleme auf diesem
Gebiet zu finden - und zwar sowohl qualitativer als auch quantitativer Art.
· Welche Auswirkung hat eine nachlassende sexuelle Attraktion auf die Partnerschaft
und das persönliche Lebensglück?
Nach dem sozialen Austauschmodell von Thibaut und Kelley (1959) werden intime
Beziehungen dann eingegangen und aufrechterhalten, wenn sie hinsichtlich ihrer Kosten und
ihres Nutzens angemessen befriedigend sind. Im Wirtschaftsgeschehen sind Kosten und
Nutzen Ware, Arbeitskraft und natürlich Geld. Die Kosten in sozialen Beziehungen sind
anderer Art und nur zu einem geringen Teil materiell. Höher bewertet werden heutzutage eher
immaterielle Einsätze wie Verzicht auf eigene Bedürfnisbefriedigung zugunsten von Partner
4

1.
FRAGESTELLUNG UND VORANNAHMEN
oder Familie, Aufopferung, Ärger, Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls und andere
Formen des negativen Erlebens sowie die entgangenen Vorteile aus anderen Beziehungen.
Der Nutzen einer Beziehung stellt sich dar in Form von Zuwendung, Gesellschaft,
Anerkennung oder anderen Formen der Befriedigung sozialer Bedürfnisse - und eben auch
der sexuellen Wünsche. Nach Kinsey et al. (1953, 533) würden überhaupt nur sehr wenige
Männer heiraten, wenn sie in der Ehe nicht die Möglichkeit zu regelmäßigem Geschlechts-
verkehr mit ihren Frauen erwarteten.
Es ist zu erwarten, dass Defizite auf sexuellem Gebiet eine Partnerschaft dann besonders
gefährden, wenn der Bereich der Sexualität im Vergleich zu anderen Partnerschaftsbereichen
einen hohen Stellenwert einnimmt. Ferner ist es gewöhnlich problematischer, wenn die Lust
nur bei einem Partner nachlässt; aber auch eine gleichmäßige Abnahme der sexuellen
Attraktion bei beiden Partnern ist möglicherweise belastend.
· Wie attribuieren die Betroffenen die nachlassende Leidenschaft bei sich selbst und
bei ihrem Partner?
Attributionsfehler zu erkennen und zu korrigieren ist eine wichtige Komponente der Paar- und
Sexualtherapie. Voraussetzungen dafür sind jedoch Kenntnisse über die in bestimmten
Lebenssituationen üblicherweise vorgenommenen Attributionen. Aus diesem Grund habe ich
erforscht, zu welchen Erklärungen die Interviewpartner bezüglich ihres ruhiger gewordenen
Sexuallebens gekommen sind. Im Zusammenhang damit steht auch die Frage nach ihrer
Ehephilosophie: Wird eine lebenslang erfüllte Sexualität in der Partnerschaft überhaupt für
möglich gehalten? Wenn ja, wie erklären sich die Interviewpartner, dass manche Paare auf
Dauer sexuell glücklich sind und manche nicht?
Mögliche Erklärungen für nachlassende sexuelle Attraktion könnten sein:
(1) Es handelt sich um eine natürliche Entwicklung in einer längeren Partnerschaft oder im
Laufe des Älterwerdens.
(2) Es ist ein Zeichen für schwindende Liebe oder außerpartnerschaftliche Orientierung.
· Welche Möglichkeiten werden gefunden, mit dem Phänomen der nachlassenden
Leidenschaft umzugehen? Gibt es explizite Versuche, das Sexualleben wieder er-
füllter zu gestalten, und wenn ja, mit welchem Erfolg?
Unzufriedenheit mit der gelebten Sexualität stellt eine Deprivation dar, gegen die die
Betroffenen Maßnahmen ergreifen, sofern sie an die Reduzierbarkeit des Leidens bei
angemessenem Einsatz glauben. Bewältigungsversuche des Problems der sexuellen
Unzufriedenheit können innerhalb oder außerhalb der Partnerschaft erfolgen. Die
individuellen Coping-Strategien offenbaren viel über die Persönlichkeit des Menschen und
das Verhältnis zum Partner und sind daher neben den Attributionsstilen maßgeblich bei der
Kategorisierung bzw. Typenbildung.
5

1.
FRAGESTELLUNG UND VORANNAHMEN Abgrenzung des Themas
· Welche Implikationen ergeben sich für die Paartherapie?
Das Ziel der Untersuchung ist nicht nur eine Beschreibung der Phänomene. Meine Absicht ist
es vielmehr, mit der Beantwortung der oben genannten Forschungsfragen, ratsuchenden
Menschen in Zukunft effektiver helfen zu können.
1.1 Abgrenzung
des
Themas
Da die sexuelle Attraktion schon nach wenigen Partnerschaftsjahren nachlässt, kann das
Phänomen nicht mit dem Älterwerden erklärt werden, sondern nur aus Faktoren, die sich aus
dem Zusammenleben ergeben. Ich möchte mein Thema deshalb ausdrücklich von der
gerontologischen Forschungsarbeit zur Sexualität im Alter abgrenzen. Auch funktionelle
Sexualstörungen werden nicht thematisiert, so auch nicht die primäre Inappetenz, bei der
schon immer - unabhängig von situativen Bedingungen - kein oder nur ein geringes sexuelles
Verlangen vorhanden war. Partnerschaftsstörungen außerhalb des Bereiches der Sexualität
werden nur in ihren Ursachen und Folgen für das Sexualleben betrachtet.
1.2 Überblick über die Studie
Nachdem ich oben bereits Fragestellung und Vorannahmen dargelegt habe, werde ich im
folgenden Theorieteil über den Stand der Forschung, die Funktionen der Sexualität und die
Erklärungsmodelle für nachlassende sexuelle Appetenz berichten. Im dritten Teil wird die
qualitative Methode dargestellt, begründet und anhand der Gütekriterien bewertet. Der
Methodenteil endet mit der Beschreibung des Weges vom allgemeinen Codierparadigma zum
Prozessmodell der nachlassenden sexuellen Attraktion. Der vierte Teil der Arbeit, die
Ergebnisdarstellung, enthält eine ausführliche Beschreibung der Achsenkategorien und ihrer
intervenierenden Bedingungen. Nach einer Diskussion der Ergebnisse und einen Ausblick auf
lohnende weitere Forschungsarbeiten schließt die Dokumentation mit einer kurzen Zusam-
menfassung der Studie.
6

2. Theorieteil
Stand der Forschung
2. THEORIETEIL
2.1 Stand der Forschung
Vorbemerkung
Zahlreiche Forschungsarbeiten beschäftigen sich mit dem Thema ,,Ehezufriedenheit". So fand
Hahlweg (1991) circa 700 empirische Arbeiten zum Thema ,,Determinanten der Ehequalität".
Sehr oft wurde untersucht, welche vorehelichen Faktoren wie z.B. Persönlichkeit oder
Ähnlichkeit für Partnerwahl und Eheerfolg eine Rolle spielen. Erhebungen speziell zur
Sexualität haben meist das Ziel, statistische Zusammenhänge zwischen Sexualverhalten einer-
seits und Merkmale wie Persönlichkeit, Alter und Geschlecht andererseits aufzudecken, oder
sie thematisieren sexuelle Variationen und pathologische Erscheinungen. Die wenigen Unter-
suchungen, die sich mit der Entwicklung der Sexualität in monotropen Dauerpartnerschaften
beschäftigen, kommen einheitlich zu dem Schluss, dass ein großer Teil der Menschen mit der
in der Ehe gelebten Sexualität auf Dauer unzufrieden ist.
Im Folgenden werde ich die wichtigsten Ergebnisse wissenschaftlicher Veröffentlichungen
zum Thema ,,Sexualität in Dauerpartnerschaften" vorstellen. Zur besseren Übersicht habe ich
die Untersuchungen nach Fragestellungen aufgegliedert, die sich jedoch teilweise über-
schneiden: Beispielsweise sind diejenigen Untersuchungen, die sich speziell mit den
Variationen zwischen Mann und Frau befassen, unter der Überschrift ,,Geschlechtsunter-
schiede" zusammengefasst, obwohl auch in den anderen Themenblöcken die Unterschiede
zwischen Mann und Frau immer wieder deutlich werden. Vorausschicken möchte ich noch,
dass keine der Veröffentlichungen geeignet ist, meine oben genannten Fragen zur Sexualität
in Dauerpartnerschaften hinreichend zu beantworten.
Veränderung der Koitusfrequenz im Laufe der Partnerschaft
Inwieweit die Koitusfrequenz überhaupt als Maßstab für sexuelle Befriedigung oder gar für
Ehequalität genommen werden kann, wird in der psychologischen und sexualwissen-
schaftlichen Literatur unterschiedlich bewertet. Dazu zwei Beispiele: Zimmer (1985) hält
weder die Häufigkeit der Sexualkontakte noch den Prozentsatz von Orgasmen pro Koitus für
geeignete Werte, sondern fragt nach der subjektiven Zufriedenheit des Individuums. Für
Schnabl (1978) ist dagegen die Koitusfrequenz der wichtigste und zuverlässigste Gradmesser
sexueller Aktivität und Libido in der Ehe. Dafür sprächen auch gefundene Korrelationen
zwischen hoher Frequenz und durchschnittlicher Dauer sowohl des Präludiums als auch des
eigentlichen Aktes: Je häufiger der Koitus stattfindet umso länger dauerte er auch im
statistischen Durchschnitt, was wiederum mit der Befriedigung der Frau korreliert ist.
Die wohl umfangreichste Erhebung zur Koitushäufigkeit erfolgte von Kinsey, Pommeroy und
Martin bereits im Jahre 1948. Bei der Befragung von 12 000 Amerikanern wurde die
7

2. Theorieteil
Stand der Forschung
Koitusfrequenz allerdings nicht im Zusammenhang mit der Partnerschaftsdauer, sondern
getrennt nach Altersgruppen erfasst. Nach dieser Untersuchung haben Ehemänner im Alter
von 15 bis 20 Jahren viermal pro Woche Geschlechtsverkehr, im Alter von 30 Jahren dreimal
pro Woche und im Alter von 60 Jahren einmal pro Woche. 6 Prozent der von Kinsey et al.
befragten 60-jährigen Männer hatten keinen ehelichen Geschlechtsverkehr mehr; in der
Altersgruppe der 66- bis 70-jährigen lag der Anteil der sexuell Inaktiven bei 30 Prozent. Es ist
nicht überraschend, dass bei den verheirateten Frauen die Koitusfrequenz ebenfalls mit
zunehmendem Alter sank. Ob sich innerhalb der Altersgruppen Langverheiratete und Neu-
oder Wiederverheiratete unterscheiden, lässt sich den Angaben leider nicht entnehmen.
Den Zusammenhang von Koitushäufigkeit und Partnerschaftsdauer untersuchten die Sexual-
therapeuten Masters und Johnson (1986/1990) und fanden die allgemeine Annahme bestätigt,
dass die Koitushäufigkeit fast immer sinkt, je länger die Ehe besteht. Daneben gab es aber
auch vereinzelt Paare, die im Laufe der Jahre ihre Sexualpartnerschaft verbessert haben und
dann nach fünfzehn oder zwanzig Jahren häufiger miteinander geschlafen haben, als dies zu
Beginn der Ehe der Fall war. McCarthy (1997) bezeichnet 20 Prozent aller mehr als zwei
Jahre bestehenden Ehen als ,,nonsexual marriages" (S. 231) und legte als Kriterium eine
Frequenz der sexuellen Kontakte von weniger als 10 mal pro Jahr zugrunde. Überraschender-
weise sei der Anteil der nahezu sexlosen Partnerschaften bei unverheirateten Paaren im
gleichen Zeitraum sogar auf 40 Prozent angestiegen.
Unzufriedenheit mit der Sexualität in Dauerpartnerschaften
Zahlen über die Häufigkeit des Geschlechtsverkehres sagen allein noch nichts über die
Zufriedenheit mit dem Sexualleben aus. Zahlreiche Untersuchungen zeigen jedoch auch hier,
dass sehr viele Menschen mit der gelebten Sexualität unzufrieden sind, und zwar unabhängig
von Alter und Geschlecht: Laut RALF-Report (Eichner & Habermehl, 1978) wünschen sich
46 Prozent der Männer und 33 Prozent der Frauen häufigeren Geschlechtsverkehr. Strauß
(1988) stellt fest, dass nur 27 Prozent der von ihm befragten 580 Männer mit der Häufigkeit
der sexuellen Kontakte zufrieden ist. Bei den Frauen sieht das Bild etwas anders aus: 60
Prozent sind zufrieden mit der Koitushäufigkeit, während 30 Prozent gerne mehr hätten und
sieben Prozent lieber weniger. Auch nach Bancroft (1983) klagt ein Großteil der Menschen
darüber, mit der ehelichen Sexualität unzufrieden zu sein. In seiner klinischen Arbeit machte
er die Erfahrung, dass sich die sexuelle Beziehung bereits in den ersten beiden Ehejahren
verschlechtert und die eheliche Sexualität sowohl für Männer als auch für Frauen bald mehr
eine Pflicht als ein Vergnügen sei.
Nach einer Schätzung von Arentewicz und Schmidt (1980) suchen jede Woche allein in
Hamburg 1100 Patienten einen Arzt wegen sexueller Probleme auf. Weiterhin fiel ihnen auf,
dass heute 60 Prozent der Frauen, die in die psychologische Beratungsstelle der Hamburger
Universität kommen, über einen Mangel an Begehren klagen, während es vor 25 Jahren
lediglich zehn Prozent waren. Schneider (1980) untersuchte das ,,Sexualverhalten in der
zweiten Lebenshälfte" und fand: ,,Die Zufriedenheit mit dem Sexualleben sinkt mit dem
Alter. Möglicherweise ist die Hälfte der über 74-jährigen nicht mit ihrer geschlechtlichen
Lage zufrieden" (S. 102). Aber auch bei den Altersgruppen zwischen 45 und 75 Jahren fanden
sich 35 bis 51 Prozent mit dem Sexuelleben Unzufriedene. Leider wird auch bei dieser
8

2. Theorieteil
Stand der Forschung
Untersuchung wieder nicht nach der Partnerschaftsdauer gefragt und noch nicht einmal
zwischen den Zivilständen getrennt, so dass eine Unzufriedenheit mit dem Sexualleben auch
daher rühren kann, dass gar kein Partner vorhanden ist, was besonders bei verwitweten älteren
Frauen häufiger der Grund sein wird.
Bedeutung der Sexualität für die Partnerschaftszufriedenheit
Sexualität scheint in der Partnerschaft erst dann besonders wichtig zu werden, wenn es auf
diesem Gebiet Probleme gibt. So meint der Sexualtherapeut McCarthy (1997), dass die
Sexualität zwar ein nebensächlicher Faktor in einer Ehe ist und lediglich zu 15 bis 20 Prozent
zu ihrem Gelingen beiträgt, eine schwierige oder nicht existierende Sexualität der Ehe aber 50
bis 70 Prozent ihrer Intimität und positiven Gefühle entzieht. Auch Hammerschmidt (2001)
konnte die unterschiedliche Gewichtung von erfüllter und unerfüllter Sexualität nachweisen:
Auf einer Rangliste der wichtigsten Ingredienzen für eine erfüllte Paarbeziehung steht bei
Männern eine ,,erfüllte Sexualität" an fünfter und bei Frauen an zehnter Stelle. Dagegen
rangiert auf der Liste der nichterfüllten Voraussetzungen für Ehezufriedenheit ,,erfüllte
Sexualität" bei Frauen auf Platz acht und bei Männern sogar an erster Stelle.
Geschlechtsunterschiede
Die oben genannten Zahlen von Hammerschmidt zeigen bereits Variationen zwischen den
Geschlechtern, die auch in vielen anderen Untersuchungen nachgewiesen wurden. So wünscht
sich nach Schnabl (1978) der Mann in der Hälfte der Ehen den Geschlechtsverkehr häufiger
als die Ehefrau, in etwa einem Drittel stimmen die Frequenzwünsche überein und nur in
einem Achtel will der Mann den Koitus seltener als seine Frau. Besonders erstaunlich sind die
Ergebnisse einer in den Vereinigten Staaten durchgeführten Umfrage, auf die Eysenck (1976)
verweist: 2000 Männer und Frauen wurden gebeten, den Lustgewinn bei zweiundzwanzig
Alltagsaktivitäten in eine Rangordnung zu bringen. Bei den Männern zwischen 26 und 29 war
Sexualität weit vorne und auch im Alter zwischen 40 und 55 Jahren an erster oder zweiter
Stelle. Bei den Frauen allerdings hatten andere Beschäftigungen wie Musikhören, Reisen und
das Genießen der Natur Vorrang, bei den Frauen über 39 sogar Tätigkeiten wie Dahindösen,
Fernsehen und Hausarbeit! Nach Bancroft (1985) gibt es aber ,,überzeugende Hinweise dafür,
daß die Sexualität von Männern und Frauen in den letzten 20 Jahren einander ähnlich
geworden ist... In der Regel bedeutet dies, daß die Frauen den Männern ähnlicher wurden."
(S. 150)
Der Zusammenhang zwischen sexueller Zufriedenheit und Treue
Die wohl größten Befragungen zu extramaritalen Verhältnissen wurde von Kinsey et al. 1948
und 1953 durchgeführt. Von 6427 befragten verheirateten Männern geben mehr als ein Drittel
an, während der aktuellen Partnerschaft mindestens einmal untreu gewesen zu sein; von den
6972 befragten Ehefrauen haben laut Kinsey bis zum vierzigsten Geburtstag 26 Prozent
außerehelichen Geschlechtsverkehr. Kinsey vermutet, dass der Anteil eher noch höher liegt,
zumal Fragen zur Untreue mehr als jede andere ein Grund waren, die Antwort zu verweigern
9

2. Theorieteil
Stand der Forschung
oder gar das Interview gänzlich abzulehnen. Schnabl (1972) untersucht u.a. den
Zusammenhang zwischen Partnerschaftszufriedenheit und Treueverhalten und zeigt: Je
schlechter die eheliche Partnerharmonie, sexuelle Zufriedenheit und zärtliche Zuwendung,
desto stärker war die Tendenz, außereheliche Beziehungen einzugehen. Auch zwischen dem
Nachlassen der sexuellen Attraktion in der Partnerschaft und der Aufnahme extramaritaler
Verhältnisse besteht eine positive Korrelation. Ferner zeigt die Untersuchung von Schnabl,
dass die Frauen seit Kinsey stark aufgeholt haben: 50 Prozent der Männer und fast ebenso
viele Frauen haben außereheliche Sexualkontakte.
10

2. THEORIETEIL
Funktionen sexueller Aktivität
2.2 Funktionen sexueller Aktivität
Vorbemerkung
Die oben genannten Untersuchungen zeigen, dass mit der Sexualität ein wichtiger Faktor für
Ehezufriedenheit und Lebensqualität besonders häufig gestört ist. Im Folgenden möchte ich
darlegen, welche Funktionen die menschliche Sexualität erfüllt. Wenn nicht anders erwähnt,
beziehe ich mich dabei auf Selg et al (1979), der drei Funktionen des menschlichen Sexual-
verhaltens nennt: die Fortpflanzungsfunktion, die Lust- bzw. Entspannungsfunktion und die
sozialen Funktionen. Anschließend möchte ich noch die selbstbestätigende Funktion ergänzen
- einen Punkt, den ich in der Literatur nicht ausreichend bedacht finde.
Fortpflanzungsfunktion
Der biologische Sinn der Sexualität liegt in der Erhaltung der Art durch Fortpflanzung: Wenn
die männliche Samenzelle mit der weiblichen Keimzelle verschmilzt, entsteht neues Leben
mit einer einzigartigen Kombination der elterlichen Gene. Papst Paul VI. vertrat 1968 in der
,,Enzyklika Humanae vitae" (§ 11) die Ansicht, jeder eheliche Akt müsse ,,eine intime und
keusche Vereinigung der Gatten darstellen" und ,,von sich aus auf die Erzeugung mensch-
lichen Lebens hingeordnet bleiben", alles andere sei gegen den ,,göttlichen Schöpfungsplan"
und daher unmoralisch. Dass der Geschlechtstrieb im Grunde ein Fortpflanzungstrieb ist und
die sexuelle Lust ein geniales Mittel der Natur darstellt, das Lebewesen zur Erhaltung der Art
zu verführen, scheint nicht zweifelhaft zu sein; aber ebenso wenig zweifelhaft ist es, dass er
sich immer mehr davon entfernt hat. Dies zeigt schon die weite Verbreitung der Mittel zur
Empfängnisverhütung, die große Zahl der freiwillig kinderlosen Ehepaare und die Bedeutung
der Sexualität auch in der nachelterlichen Phase.
Lust- und Entspannungsfunktion
Bei den meisten Säugetieren fallen Kopulationsbereitschaft und Empfängnisbereitschaft auf
wenige fruchtbare Tage in der Brunst zusammen. Damit steht bei diesen Lebewesen der
Begattungsakt fast immer im Dienste der Fortpflanzung. Beim Menschen und einigen anderen
Säugetierarten (z.B. Stachelschweine und einige Affenarten) hat sich die sexuelle Bereitschaft
jedoch von der starren Abhängigkeit an den Fortpflanzungszyklus gelöst, so dass der Koitus
aufgrund seines lustvollen Charakters auch, oder in erster Linie, hedonistische Ziele verfolgt.
Im Übrigen bekommt die Lustfunktion schon in der Kindheit bei autoerotischen Spielen
Bedeutung, also lange bevor die Fortpflanzungfähigkeit erreicht wurde.
Soziale Funktion
Die gemeinsame erlebte Lust trägt daneben erheblich zur Partnerbindung bei. Nicht zuletzt
sind das gegenseitige Geben und Nehmen im Rahmen des Geschlechtverkehres auch eine
Form zwischenmenschlicher Kommunikation: Ohne auf sprachliche Fähigkeiten angewiesen
11

2. THEORIETEIL
Funktionen sexueller Aktivität
zu sein, haben die Partner beim Liebesakt die Möglichkeit dem anderen ihre Zuneigung auf
intensivste Weise auszudrücken. Die soziale Funktion hat auch McCarthy (1997) im Blick,
wenn er drei Primärfunktionen des ehelichen Sexualverhaltens nennt: das geteilte Vergnügen
(shared pleasure), eine Möglichkeit Intimität zu vertiefen und zu verstärken (to deepen and
reinforce intimacy) und eine Entspannungsmethode (tension reducer), um leichter mit den
Widrigkeiten des Lebens und der Ehe umzugehen. Letzteres entspricht in etwa Meyer (1994),
der auf die Funktion der Sexualität als ,,versöhnende Kraft" (S. 382, 431) hinweist.
Hammerschmidt (2001) macht jedoch auf einen Unterschied zwischen den Geschlechtern
aufmerksam, der leicht zu Missverständnissen zwischen den Partnern führen kann: Demnach
suchen Männer durch Sex gefühlsmäßige Nähe, während bei Frauen emotionale Nähe und
Intimität Voraussetzung für erfüllte Sexualität sind. Levin sieht dagegen weniger die
Unterschiede zwischen Mann und Frau, sondern eine Veränderung mit zunehmenden Alter
oder Partnerschaftsdauer: Er meint, dass die Sexualität vor allem im jungen Erwachsenenalter
geeignet ist, psychologische Intimität herzustellen, während später beide Geschlechter
zunehmend mehr emotionale Nähe benötigen, um sowohl körperliche als auch psychische
Befriedigung zu erleben.
Selbstbestätigende Funktion
Eine Funktion der Sexualität kommt meiner Meinung nach bei allen Autoren zu kurz: die
Befriedigung der Grundbedürfnisse ,,Selbstbestätigung" und ,,Streben nach Glück". Die
Ausübung des sexuellen Verkehrs beinhaltet nämlich eine wirksame Versicherung der
eigenen Attraktivität, Leistungsfähigkeit und Lebendigkeit. Somit wirkt sich genussvolle
Sexualität positiv auf das allgemeine Lebensgefühl aus. Hinzu kommt, dass sinnliche Liebe
heutzutage für viele Menschen untrennbar zu einem erfüllten Leben gehört und Defizite auf
diesem Gebiet in dem unguten Gefühl resultieren, die angenehmen Dinge des Lebens nicht
voll auszuschöpfen und sich selbst um etwas Bedeutendes und Schönes zu betrügen. Diese
Funktion der Sexualität scheint mir ein wichtiger eigenständiger Punkt zu sein, der erst in
zweiter Linie wieder eine soziale Komponente erhält, indem der Partner, der mit seiner
lustvollen Reaktion zur Steigerung des Selbstwertgefühles und der Lebensfreude beiträgt, mit
positiven Gefühlen besetzt wird. Umgekehrt entstehen Wut und Enttäuschung, wenn die
Bestätigung der eigenen Person und das Auskosten des sexuellen Vergnügens vom Partner
vorenthalten wird.
Ich werde auf die Funktionen von Sexualität in der Paarbeziehung, mit Ausnahme der
Fortpflanzungsfunktion, die von keinem der Interviewpartner genannt wurde, nochmals bei
der Ergebnisdarstellung eingehen.
12

2.
THEORIETEIL
Erklärungsmodelle
2.3 Erklärungsmodelle
Vorbemerkung
Erklärungstheorien über die Ursache eines Phänomens sind die Grundlage für eine wissen-
schaftlich fundierte Herleitung von Interventionsstrategien. An dieser Stelle möchte ich
deshalb zunächst zusammentragen, welche Erklärungen für die so häufig anzutreffende
nachlassende sexuelle Attraktion in längeren Partnerschaften von Vertretern verschiedener
psychologischer Richtungen angeboten werden, und diese Modelle bezüglich ihrer Tauglich-
keit als Ausgangspunkt für psychologische oder psychosoziale Interventionen diskutieren. Die
subjektiven Ursachenzuschreibungen der Interviewpartner werden bei der Beschreibung der
Kategorie «Attributionen» in der Ergebnisdarstellung (S. 43ff) noch ausführlich dargelegt.
a) Lerntheoretischer Ansatz
Bei den Erklärungsversuchen für nachlassende Leidenschaft in Dauerpartnerschaften finden
sich u.a. behavioristische Konzepte wie Verstärkererosion, Habituation, Routine und Ver-
trautheit. Auch auf Ergebnisse aus Tierexperimenten wird zurückgegriffen.
Verstärkererosion bedeutet, dass positive Verstärker (Belohnungen) mit der Zeit ihre Wirkung
verlieren, wenn sie ständig zur Verfügung stehen (Bodemann, 2002). Auf die Partnerschaft
übertragen heißt das, dass das Gegenüber noch genauso attraktiv und gepflegt wie zu Anfang
sein kann, trotzdem verliert es für den Lebensgefährten an emotionaler und sexueller
Anziehungskraft. Der Verlust der Verstärkerwirksamkeit ist selbst für zufriedenstellende
Partnerschaften nicht ungefährlich, weil dadurch Neues außerhalb der Partnerschaft als
faszinierender erlebt werden kann, als es tatsächlich ist. So konnte Schnabl (1978) einen
statistisch positiven Zusammenhang nachweisen zwischen dem Nachlassen der Libido im
Laufe der Ehe und der Aufnahme von extramaritalen Verhältnissen. Bodemann (2002) rät
deshalb dazu, auch in harmonischen Partnerschaften die erotische Liebe ständig zu pflegen
und lebendig zu halten, um gegenüber einer Konkurrenz von außen bestehen zu können.
Habituation ist dagegen ein adaptiver Lernprozess, bei dem die Reaktion auf einen
wiederholten oder andauernden Reiz nachlässt, um die Verarbeitung redundanter Informa-
tionen zu hemmen. Der Habituationseffekt konnte in zahlreichen Laborexperimenten erzeugt
werden. So zeigten beispielsweise Versuche von O´Donohue und Plaud (1991) mit erotischen
Bildern, dass Probanden bei neuen Stimuli heftiger reagierten als bei wiederholter
Darbietung. Bei Männern war dieser Effekt noch deutlicher als bei Frauen. Auch Eysenck
(1983) experimentierte mit erotischem Material und wies einen Zusammenhang zwischen
Persönlichkeitseigenschaften und der Reaktion auf einen gleichbleibenden Stimulus nach: Er
präsentierte an mehreren Tagen hintereinander einen zwanzig Minuten langen Zu-
sammenschnitt aus pornographischen Filmen, in denen verschiedene Darsteller immer wieder
die gleiche Handlung ausführten. Es zeigte sich, dass extrovertierte Männer den Film deutlich
schneller uninteressant fanden als introvertierte. Da zur Kontrolle der Reaktion ein
Dehnungsmesser um den Penis gelegt wurde (Penisplethysmographie), konnte diese Unter-
suchung nur mit Männern durchgeführt werden. Interessant wäre es zu untersuchen, ob auch
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THEORIETEIL
Erklärungsmodelle
die sexuelle Attraktion in längeren Partnerschaften bei extro- und introvertierten Menschen
unterschiedlich schnell abnimmt. Klusmann (2002) bezweifelt jedoch, dass derartige Experi-
mente geeignet sind, die Abnahme des sexuellen Verlangens über Jahre hinweg in Partner-
schaften zu erklären und meint, dass Habituation im Laufe der Ehe zwar vorstellbar sei, diese
Effekte dann aber nach O´Donohue und Plaud (1991) eher Männer betreffen müssten.
Der Verhaltensforscher Norbert Bischof (1985) bestätigte die allgemeine Beobachtung, dass
sich hohe sexuelle Erregung eher in Situationen einstellt, die eine gewisse Unvertrautheit an
sich haben, also eben nicht in einer langjährigen Ehe. Meyer (1994) meint: ,,Das Verbot und
seine Überschreitung sind wahrscheinlich generell mit der menschlichen Sexualität verknüpft,
sicher aber mit der von den restriktiven (christlichen) Ideen geprägten abendländischen
Sexualität. Die verbotene Sexualität reizt in anderer Weise als die Sexualität an sich... Mit
jedem sexuellen Akt wird das Verbot mißachtet und die Heimlichkeit durchbrochen" (S. 312).
Die weitere Entwicklung in der Partnerschaft beschreibt Meyer (1994) wie folgt:
Durch die ständige Überschreitung werden die appellative Kraft und die Verbindlichkeit
des Verbots zunehmend untergraben. Dabei verliert sich der Reiz der Übertretung des
Verbots. Dem läßt sich durch die Inangriffnahme weiterhin akzeptierter Tabus im
Rahmen der Sexualität entgegenwirken. Die Variationen sexueller Modi und
,,Techniken" bildet einen wichtigen Bereich der Durchbrechung bisher akzeptierter
Verbote. Mit wachsender sexueller Erfahrung verlieren freilich auch diese ihre
normative Kraft ­ und den Reiz der Übertretung. Nach den sexuellen Techniken bildet
der Partnerwechsel eine nächste Etappe bei der Auseinandersetzung mit Verbotenem
beziehungsweise beim Versuch, die fade gewordene Sexualität durch die Verletzung
bisher beachteter Tabus zu beleben und reizvoller zu machen. (S. 313)
Masters und Johnson (1973) sehen die Eintönigkeit einer ständig mit dem gleichen Partner
ausgeführten Sexualität als eine der Hauptgründe für männliche Potenzschwäche. Häufig sei
eine beklagte Impotenz in Wirklichkeit eine Lustlosigkeit zur ehelichen Pflichterfüllung.
Auch Klusmann (2002) meint, dass die Abnahme der sexuellen Appetenz im Grunde nicht
überraschend sei, da beinahe alle menschlichen Aktivitäten zu Überdruss führen könnten,
wenn sie zu oft oder zu lange ausgeführt werden. Auch hinsichtlich der Sexualität sei in
längeren Partnerschaften ein gewisses Maß an Routine nicht zu vermeiden, was Langeweile
erklären könnte. Jaeggi und Hollstein (1985) empfehlen daher, immer mal wieder Ausnahmen
vom Alltag zu schaffen, um die Routine zu durchbrechen.
Nachlassende sexuelle Aktivität in Dauerpartnerschaften gibt es jedoch nicht nur bei
Menschen: Auch bei Tieren beobachtete man beim Zusammensetzen von Männchen und
Weibchen, dass eine anfänglich hohe Kopulationsfrequenz schon bald wieder nachließ.
Wurde das Weibchen dann durch ein anderes ersetzt, erreichte das Männchen sofort wieder
seine volle Vitalität, bis auch hier ,,der Reiz des Neuen" (Wilson & Nias, 1977, S. 141)
wieder nachließ. Der Zusammenhang zwischen Kopulationsfrequenz und Neuheit des
Partners wurde bei Ratten, Primaten und anderen Säugetieren beobachtet und als ,,Columbus-
Effekt" (Meyer, 1994, S. 374) oder ,,Coolidge-Effekt" (Buss, 1994, S. 103) bezeichnet. Da bei
weiblichen Tieren kein vergleichbarer Effekt gefunden wurde, kann der Coolidge-Effekt die
nachlassende Leidenschaft beim Menschen jedoch nicht erklären.
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THEORIETEIL
Erklärungsmodelle
b) Interaktionistischer Ansatz
Meyer (1994) sieht die nachlassende sexuelle Attraktion eingebunden in einer allgemeinen
und in längeren Partnerschaften üblicherweise anzutreffenden Entwicklung von anfänglicher
Euphorie über den Partner hin zu einem nüchternen und kritischen Urteil über ihn. Wenn der
Übergang von der anfänglichen Verliebtheit zur Liebe überhaupt gelänge, ,,dann nicht ohne
Reibungen und nicht ohne Einbußen" (S. 372). Da nach Viorst (1988) und Eysenck (1983)
weitaus mehr Ehefrauen als Ehemänner von ihrer Ehe enttäuscht sind und die Heirat bereuen,
könnte dies auch erklären, warum die Libido bei Frauen im stärkeren Maße nachlässt.
Klusmann (2002) bezweifelt jedoch einen direkten Zusammenhang zwischen nachlassendem
Begehren und schwindender Zuneigung, weil nach seinen Untersuchungen zwar die sexuelle
Appetenz bei beiden Geschlechtern sinkt, sich die Wünsche nach psychologischer Nähe aber
bei Männern und Frauen in unterschiedlichen Richtungen entwickeln: Im Verlaufe der
Partnerschaft verringert sich der Wunsch nach Nähe bei Männern, während er bei Frauen
ansteigt, was auf die Unabhängigkeit dieses Faktors vom sexuellen Verlangen hindeutet.
Sehr viele Frauen wünschen sich von ihren Männern mehr Zuwendung und Zärtlichkeit
außerhalb oder vor der sexuellen Begegnung. Gelingt es ihnen nicht, diese Wünsche zu
kommunizieren oder durchzusetzen, führt das häufig dazu, dass die Frau den Koitus ver-
weigert. Der sexuelle Rückzug, eigentlich eine Forderung nach mehr Zuwendung, kann vom
Mann als generelle Verweigerung missverstanden werden, der sich nun seinerseits
zurückzieht. Auf diese Weise können sich Reaktion und Gegenreaktion sukzessiv verstärken.
Unter Umständen finden Paare aus dieser negativen Feedbackschleife ohne therapeutische
Hilfe nie wieder hinaus.
Nachlassende sexuelle Bedürfnisse können sowohl Ursache als auch Folge einer
Beziehungsstörung sein. Dabei spielen die vielen kleinen und großen Kränkungen, die sich
die Partner im Laufe der Jahre zugefügt haben, eine nicht zu unterschätzende Rolle: Um sich
zu schützen, zieht sich der verletzte Partner zurück und verschließt sich nicht zuletzt auch
zärtlichen Annäherungen und der Sexualität. Der Zurückgewiesene versteht den Rückzug als
ungerechtfertigte Strafaktion, gegen die er sich zur Wehr setzt. Eine auf diese Weise
entstehende Spirale gegenseitiger Verletzungen, lässt schließlich nicht mehr erkennen, wo der
eigentliche Ausgangspunkt lag. Im schlimmsten Fall entsteht ein Teufelskreis nach dem
Talionsprinzip: ,,Auge um Auge, Zahn um Zahn" den das Paar ohne therapeutische Hilfe
nicht mehr durchbrechen kann. Bancroft (1983) findet es ,,oftmals erstaunlich, daß Paare die
Verbindung zwischen lange bestehenden Gefühlen der Verletzung und der Bitterkeit und
einer Verschlechterung der sexuellen Beziehung nicht erkennen" (S. 228). Berater und
Therapeuten sind deshalb angehalten, bei Klagen über eine Unzufriedenheit mit der Sexualität
zu prüfen, ob das eigentliche Problem wirklich auf diesem Gebiet liegt oder ob es sich nur um
das Schlachtfeld handelt, auf dem andere Partnerschaftsprobleme ausgetragen werden.
Eine häufige Ursache von Schwierigkeiten in Dauerpartnerschafen sah Bancroft im soge-
nannten ,,Tauschgedanken" (1983, S. 229): Besonders die Frau benutze ihre Sexualität häufig
als Handelsware im Austausch gegen materielle oder immaterielle Güter, was sie daran
hindere, sexuelle Bedürfnisse bei sich selbst wahrzunehmen und spontan zu genießen. In
diesem Zusammenhang kann es dazu kommen, dass ein Partner den Sexualverkehr gewährt,
ohne ihn selbst zu genießen. Im Rahmen einer liebevollen Partnerschaft kann dieses
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THEORIETEIL
Erklärungsmodelle
Verhalten gelegentlich im gegenseitigen Einvernehmen praktiziert werden. Ein einigermaßen
sensibler Partner wird es jedoch früher oder später bemerken, wenn seine sexuelle
Annäherung allenfalls geduldet ist. Sexualität unter diesen Bedingungen kann auf Dauer für
beide Seiten so frustrierend sein und sogar Hassgefühle auslösen, dass lieber ganz darauf
verzichtet wird.
Von einem weiteren lustfeindlichen Faktor berichtet Hite (1977): Verliebte Frauen wollen
ihren Partnern gefallen und sind bereit, viel dafür zu geben. So werden eigene Wünsche
zurückgestellt und eine mangelnde sexuelle Befriedigung am Anfang häufig nicht
kommuniziert. Im Gegenteil: Nach einer im Hite-Report publizierten Befragung täuschen
mehr als die Hälfte der Frauen gelegentlich einen Orgasmus vor und gut ein Drittel tut es
sogar regelmäßig, um dem Partner Frustrationen zu ersparen, oder aus Angst, anderenfalls für
unzulänglich gehalten zu werden. Dabei bringen sich die Frauen in eine schwierige Lage: Sie
belügen den Partner, wenn auch ihm zuliebe, bei jedem Koitus und das oft jahrelang, was sie
dem Partner entfremdet. Die Selbstzufriedenheit des Partners, der ja nun glaubt, die Partnerin
zu befriedigen, lässt die Frau auf Dauer immer wütender auf sich selbst und auf ihren Mann
werden. Nach einiger Zeit ist es dann noch schwieriger, dem Partner die Unzufriedenheit
mitzuteilen. Vermeidungsverhalten soll dann weitere Frustrationen ersparen.
Insgesamt möchte ich feststellen, dass sich Konflikte zwischen den Partnern verständlicher-
weise fast immer auch nachteilig auf die sexuelle Harmonie des Paares auswirken. Insofern ist
der interaktionistische oder systemische Ansatz, der nicht den einzelnen Menschen sondern
das Paar im Fokus hat, eine wichtige Komponente der Behandlung von Sexualproblemen.
Allerdings sind sexuelle Diskordanzen nicht immer die Folge von anderen Partnerschafts-
schwierigkeiten, sondern der Lustrückgang kann sogar mit inniger werdender Zuneigung und
Verbundenheit einher gehen. In diesen Fällen leben Mann und Frau dann eher wie
Geschwister zusammen.
c) Entwicklungstheoretischer Ansatz
Kinsey et al. (1948, S. 524; 1953, S. 561) sprechen von ,,Koordinationsschwierigkeiten" bei
heterosexuellen Paaren und meinen damit das Phänomen, dass Männer den Höhepunkt der
sexuellen Leistungsfähigkeit bereits wenige Jahre nach der Pubertät haben, während Frauen
diesen erst gegen Ende des zweiten oder zu Anfang des dritten Lebensjahrzehnts erreichen.
Dies führe dazu, dass die Frau in jungen Ehejahren die Häufigkeit des ehelichen Geschlechts-
verkehres reduziert, während der Mann später nicht mehr genug sexuelles Interesse zeigt.
Die Begründung der nachlassenden Koitusfrequenz in längeren Partnerschaften mit den
unterschiedlichen sexuellen Entwicklungskurven der Geschlechter von Kinsey et al. ist jedoch
nicht zu halten, da die meisten Untersuchungen zeigen, dass der Mann auch in längeren
Partnerschaften den Koitus immer noch häufiger wünscht als die Frau. Möglicherweise hatten
die ,,Koordinationsschwierigkeiten" aber zu Kinseys Zeiten eine größere Bedeutung, weil
damals der Altersunterschied zwischen Mann und Frau im Durchschnitt größer war als heute.
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2.
THEORIETEIL
Erklärungsmodelle
d) Evolutionsbiologischer Ansatz
Diese Ansätze konzentrieren sich darauf zu erklären, warum das sexuelle Verlangen im
besonderen Maße bei der Frau nachlässt. So sind Männer nach Oliver und Hyde (1993) und
Symons und Ellis (1989) bei der Wahl des Sexualpartners weniger wählerisch als die Frau
und ihr sexuelles Verlangen weist eine geringere Abhängigkeit von äußeren Bedingungen auf.
Möglicherweise reagieren Männer daher auf ganz normale Reibereien in der Partnerschaft
weniger empfindlich, während diese suboptimalen Bedingungen bei Frauen bereits das
sexuelle Verlangen dämpfen. Die unterschiedlichen Anspruchsniveaus könnten evolutionär
entstanden sein: Laut Bischof (1980) sind Weibchen bei den meisten Tierarten selektiver als
die Männchen. Birkhead (2000) spricht von der männlichen Spermienkonkurrenz versus der
weiblichen Spermienwahl. Spermienkonkurrenz bedeutet, dass die Männchen die Paarung
häufiger anstreben, um möglichst viele Weibchen zu befruchten und außerdem die Wahr-
scheinlichkeit zu erhöhen, dass die Nachkommen der Partnerin tatsächlich von ihm stammen.
Spermienkonkurrenz gibt es nur zwischen Männern; die Frau kann sich ihrer Elternschaft
immer sicher sein. Weibchen sind dagegen selektiver, weil sie mehr Ressourcen in Gravidität
und Aufzucht investieren und die Zahl ihrer erzielbaren Nachkommen geringer ist. Ihre
sorgfältigere Partnerwahl zur Beziehungsstiftung wäre damit erklärbar, aber nicht das nach-
lassende sexuelle Interesse. Im Gegenteil könnte man erwarten, dass ein einmal ausgewählter
Partner durch sexuelles Entgegenkommen möglichst lange gebunden werden sollte.
Auch Zeifman and Hazan (1997) argumentieren evulutionär-psychologisch. Sie weisen darauf
hin, dass das Attachement von Erwachsenen viel gemeinsam hat mit der Bindung von Eltern
und Kind: beide werden von physischer Nähe, Freundlichkeit und Verständnis getragen,
Trennung und Verlust lösen ähnliche Reaktionen aus und es gibt vergleichbare seelische
Regulationsprozesse. Sie vermuten, dass im Verlauf der Evolution die psychologischen
Mechanismen bei der Bindung von Erwachsenen aus der Bindung zwischen Eltern und Kind
entstanden sind. Aufgrund des nichtsexuellen Ursprungs benötige eine stabile Bindung nach
der Anfangsphase eigentlich keinen hohen Level an sexueller Energie mehr.
Die evolutionspsychologischen Erklärungen der Spermienkonkurrenz und des nichtsexuellen
Ursprungs des Bandes greifen sicherlich zu kurz: Selbst wenn man ihnen eine gewisse
Nachvollziehbarkeit nicht absprechen möchte, so sind sie doch für unsere Zwecke wenig
brauchbar, da sie eine biologische Determination des Sexualverhaltens beinhalten und damit
keinen Raum für psychologische Interventionen lassen. Die Konsequenz wäre dann die
Anerkennung, dass der Mensch - oder zumindest der Mann - promiskuitiv ist. Langzeit-
partnerschaften müssten dann als unnatürliche Einrichtung angesehen werden, die es nicht zu
erhalten lohnt. Dem widerspricht aber das Empfinden der meisten Frauen und Männer, die
sich vom ganzen Herzen nach einer erfüllten und exklusiven Dauerbeziehung sehnen.
e) Psychoanalytischer Ansatz
In der älteren psychoanalytischen Literatur (Freud, 1905) wurde in der inadäquaten Lösung
des ,,Ödipus-Komplexes" die zentrale Ursache für alle partnerschaftlichen Probleme gesehen.
Mit dem Ödipuskomplex bezog sich Freud auf die griechische Sage von König Ödipus, der
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Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832469757
ISBN (Paperback)
9783838669755
DOI
10.3239/9783832469757
Dateigröße
1.1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Berlin – Gesundheitswissenschaften
Erscheinungsdatum
2003 (Juli)
Note
1,0
Schlagworte
sexualität dauerpartnerschaften sexualforschung grounded theory
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Titel: Attribution und Bewältigung von nachlassender sexueller Appetenz in längeren Partnerschaften
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