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Aufbruch ins Reich der Mitte

Erfolgsfaktoren für den Eintritt deutscher mittelständischer Unternehmen in den chinesischen Markt

©2003 Diplomarbeit 131 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Zusammenfassung:
Willkommen im modernen China. China, ein Markt, der das Ausland willkommen heißt und auf den die ausländischen Unternehmer momentan stärker strömen als irgendwo sonst in der Welt. Delegationen aus aller Welt, mit führenden Personen aus Politik und Wirtschaft, geben sich in der Volksrepublik die Klinke in die Hand, um die Interessen der heimischen Unternehmen zu vertreten. So hoch die Bedeutung solch hochrangiger Botschafter in Namen der deutschen Wirtschaft auch einzuschätzen ist, so entscheidend ist letztlich das, was dabei heraus kommt. Wie stark ist die deutsche Wirtschaft tatsächlich in China vertreten? Und wie sehr profitiert der deutsche Mittelstand, dem 99 Prozent aller deutschen Unternehmen angehören, von den jährlichen 7-8 Prozent Wirtschaftswachstum in China? Ist die Aussage von einer verhaltenen Präsenz deutscher Unternehmen in Asien und konkret in China auch heute noch richtig?
Diese Fragen können in Rahmen dieser Arbeit nur ansatzweise diskutiert werden, doch kann folgendes festgestellt werden:
Deutschland steigerte seine Exporte in die VR China von 1999 bis 2001 um 75 Prozent, aber: der Anteil an den deutschen Gesamtexporten lag in 2000 nur bei 1,5 Prozent. Deutschland ist Chinas wichtigster europäischer Handelspartner, aber: der Anteil an Chinas Gesamtimporten in 2000 lag bei nur 4,2 Prozent (die USA hatten den zweieinhalbfachen, Japan den vierfachen Anteil).
Deutschlands 1,3 Milliarden Euro Direktinvestitionen in China waren europäische Spitze, aber: insgesamt belegte Deutschland u.a. hinter Japan und den USA, aber auch hinter Taiwan oder Südkorea nur Platz Acht bei den ausländischen Direktinvestitionen. Der Rahmen statistischer Größen ist dehnbar und bietet Platz für divergierende Aussagen. Doch eines kann festgehalten werden: Die deutsche Wirtschaft hat u.a. im Vergleich zur Präsenz der Konkurrenz aus Japan und den USA in China noch Nachholbedarf. Die Chance des großen chinesischen Marktpotentials muss der deutsche Mittelstand für sich erkennen und diese erfolgreich in Taten umsetzen. Aus dieser Erkenntnis ist die Motivation hervorgegangen, Erfolgsfaktoren für den Eintritt deutscher mittelständischer Unternehmen in den chinesischen Markt am Beispiel der Werkzeugmaschinenindustrie zu benennen und zu analysieren.
Die Arbeit ist in neun Kapiteln mit jeweiligen Unterpunkten aufgeteilt. Am Ende eines jeden Kapitels werden jeweils die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst. Zudem werden an passender […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 6964
Brinkmann, Thorsten: Aufbruch ins Reich der Mitte - Erfolgsfaktoren für den Eintritt
deutscher mittelständischer Unternehmen in den chinesischen Markt
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Fachhochschule Südwestfalen, Universität, Diplomarbeit, 2003
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
...
1
1.1 Einordnung in die Wirtschaftsgeographie und Zielsetzung der Arbeit
...
2
1.2 Unternehmensbefragung
...
4
1.3 Aufbau der Arbeit
...
5
2 Die VR China im Überblick
...
7
2.1 Administrative Einteilung
...
7
2.2 Topographie
...
9
2.3 Bevölkerung und Bildung
...
11
3 Chinas Weg zur Marktwirtschaft seit 1978
...
13
3.1 Die vier Modernisierungen
...
13
3.1.1 Die Modernisierung der Industrie
...
15
3.1.2 Die Modernisierung der Wissenschaft und Technik
...
17
3.1.3 Die Modernisierung des Militärs
...
17
3.1.4 Die Modernisierung der Landwirtschaft
...
17
3.2 Politische und wirtschaftspolitische Entwicklungen
...
19
3.3 Zusammenfassung der Entwicklung seit 1978
...
21
4 Eckdaten der chinesischen Wirtschaft
...
22
4.1 China im Kontext führender Handelsnationen
...
22
4.2 Zwischenfazit zum Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation
...
27
4.3 Zusammenfassung
...
31
5 Die Bedeutung der Internationalisierung für den deutschen Mittelstand
...
32
5.1 Der (nicht-)internationalisierte Mittelstand Deutschlands
...
32
5.2 Der deutsche Mittelstand entdeckt den chinesischen Markt
...
37
5.3 Zusammenfassung
...
39

Inhaltsverzeichnis
II
6 Erfolgsfaktoren für den Markteintritt in die VR China
...
40
6.1 Frühzeitige Chancenerkennung und Risikobewertung
...
44
6.1.1 Frühzeitige Chancenerkennung
...
45
6.1.2 Risikobewertung
...
61
6.2 Systematisches Vorgehen
...
65
6.2.1 Mit Benchmarking zu Wettbewerbsvorteilen
...
66
6.2.2 Visionen für die zukünftige Wertschöpfungskette im Maschinenbau
...
73
6.2.3 Die Betrachtung des Absatzmarktes
...
75
6.2.4 Erfolgreiches Marketingkonzept in China
...
76
6.3 Interne Kapazität und hohe Priorität, Sorgfältige Vorüberlegungen,
Professionalität in der Umsetzung
...
79
6.3.1 Internationalisierungsformen für den chinesischen Markt
...
80
6.3.2 Die Wahl der richtigen Internationalisierungsform
...
88
6.3.3 Zusammenfassung
...
91
6.4 Der Internationalisierungsprozess im Überblick
...
91
6.5 Zusammenfassung
...
93
7 Exkurs: Kulturelle Besonderheiten der VR China
...
95
7.1 Die Verhandlung
...
96
7.2 Das Arbeitsumfeld mit chinesischen Partnern
...
98
7.3 Der chinesische Arbeitnehmer
...
99
7.4 Zusammenfassung
...
100
8 Zusammenfassung und Fazit
...
102
9 Literatur
...
105
Anhang zur Unternehmensbefragung
...
114
Abbildungsverzeichnis
...
III
Tabellenverzeichnis
...
V
Abkürzungsverzeichnis
...
VI

Abbildungsverzeichnis
III
Abbildungsverzeichnis
Abb. 01: Karte der VR China mit den wichtigsten Städten und Gebirgsketten
...
7
Abb. 02: Provinzen der VR China unterteilt nach dem Bruttoinlandsprodukt
pro Kopf von ´99
...
8
Abb. 03: Topographische Landschaftstypen der VR China
...
10
Abb. 04: Entwicklung des Bildungsniveaus in der VR China von ´90 bis ´00
...
12
Abb. 05: Die vier Modernisierungen des Deng Xiaoping
...
14
Abb. 06: Veränderung des landwirtschaftlichen Outputs Chinas von ´78 bis ´98
...
18
Abb. 07: Zusammensetzung der Erwerbstätigen nach Wirtschaftssektoren in ´99
...
18
Abb. 08: Zusammensetzung des BIP nach Wirtschaftssektoren in ´00
...
18
Abb. 09: Bruttoinlandsprodukt ausgewählter Länder
...
23
Abb. 10: Entwicklung des Außenhandels ausgewählter Länder von ´90 bis ´01
...
24
Abb. 11: Veränderung des weltweiten Anteils am Außenhandel
von ´91 bis ´01 sowie der Anteil in ´01
...
24
Abb. 12: Empfangene ausländische Direktinvestitionen ausgewählter Länder
...
26
Abb. 13: Anteil ausgewählter Länder an den tatsächlich realisierten
Direktinvestitionen in der VR China
...
26
Abb. 14:Fusionen und Akquisitionen durch ausländische Unternehmen in China
...
27
Abb. 15: Wirtschaftliche, politische und soziokulturelle Folgen des
WTO-Beitritts Chinas
...
30
Abb. 16: Exportstruktur der deutschen Werkzeugmaschinenindustrie in ´01
...
35
Abb. 17: Potentielle Probleme von Unternehmen, die noch kein
China-Engagement haben
...
43
Abb. 18: Erfolgsfaktoren im Internationalisierungsprozess
...
44
Abb. 19: Investitionsmotive von Unternehmen
...
46
Abb. 20: Investitionsmotive von Repräsentanzen
...
46
Abb. 21: Weltweite Produktion von Werkzeugmaschinen von ´85 bis ´02
...
47
Abb. 22: Entwicklung des Anteils am weltweiten Werkzeugmaschinenverbrauch
von ´00 bis ´02 ausgewählter Länder
...
48
Abb. 23: Umsatzranking ausgewählter deutscher Werkzeugmaschinenhersteller
im Geschäftsjahr ´01
...
49
Abb. 24: Produktion von Werkzeugmaschinen in Deutschland von ´85 bis ´02
...
50

Abbildungsverzeichnis
IV
Abb. 25: Inlandsabsatz und Export deutscher Werkzeugmaschinen
von ´93 bis ´02
...
50
Abb. 26: Auftragseingänge im deutschen Werkzeugmaschinenbau aus
dem Inland und Ausland
...
51
Abb. 27: Exportstruktur der deutschen Werkzeugmaschinenbranche in ´01
...
52
Abb. 28: Marktumfeld der deutschen Werkzeugmaschinenindustrie
...
54
Abb. 29: Abnehmerstruktur des deutschen Werkzeugmaschinenbaus in ´99
...
55
Abb. 30: Prozentuale Veränderung wichtiger Exportländer der deutschen
Werkzeugmaschinenindustrie von Jan.-Sept. ´02 zu ´01
...
57
Abb. 31: Entwicklung wichtiger Daten des chinesischen Werkzeugmaschinen
marktes von ´98 bis ´01
...
58
Abb. 32: Importanteil am Inlandsverbrauch des deutschen
Werkzeugmaschinenmarktes
...
62
Abb. 33: Beispiel einer traditionellen sowie einer integrierten
Wertschöpfungskette
...
66
Abb. 34: Formen des internen und externen Benchmarking
...
68
Abb. 35: Der Benchmarking-Prozessablauf in fünf Stufen nach Camp
...
69
Abb. 36: Marketingstrategien zur Erschließung ausländischer Absatzmärkte
...
76
Abb. 37: Vertriebs- und Marketingprobleme deutscher
Werkzeugmaschinenbauer in China
...
79
Abb. 38: Verhältnis von Aufwand und Risiko zu den Kapital- und
Managementleistungen in China für die Internationalisierungsformen
...
81
Abb. 39: Genehmigungsverfahren zur Errichtung eines Joint Ventures und eines
Wholly Foreign Owned Enterprise in der VR China
...
86
Abb. 40: Prozessmanagement der Internationalisierung
...
92
Abb. 41: Hauptprobleme von Werkzeugmaschinenbauern nach
dem Markteintritt
...
94
Abb. 42: Die zwölf Goldenen Regeln für China
...
101
Abb. 43: Antwortstruktur deutscher Werkzeugmaschinenbauer auf die Frage
nach einem potentiellen Markteintritt in den chinesischen Markt
...
102

Tabellenverzeichnis
V
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Anteil ausgewählter Länder an den Gesamtimporten der
VR China von ´97 bis ´00
...
25
Tab. 2: Abgrenzungskriterien für kleine, mittlere und große Unternehmen
nach dem Institut für Mittelstandsforschung Bonn
...
32
Tab. 3: Vor- und Nachteile mittelständischer Unternehmen im
Erschließungsprozess internationaler Märkte
...
64
Tab. 4: Visionen 2010 in der Produktionstechnik
...
74
Tab. 5: Eignung eines Wholly Foreign Owned Enterprise als
Internationalisierungsform für den Mittelstand
...
88
Tab. 6: Kommunikation in Unternehmen
...
96

Abkürzungsverzeichnis
VI
Abkürzungsverzeichnis
ASEAN
Association of South-East Asian Nations
BFAI
Bundesagentur für Außenwirtschaft
BIP
Bruttoinlandsprodukt
CEPE
Conseil Européen de l´ Industrie des Peintures des Encres
CMTBA
China Machine Tool & Tool Builders` Association
EU
Europäische Union
F&E
Forschung und Entwicklung
KMU
Kleine und mittelständische Unternehmen
NAFTA
North American Free Trade Agreement
OECD
Organization For Economic Co-Operation And Delelopment
OEM
Original Equipment Manafucturer
SWZ
Sonderwirtschaftszonen
UN
United Nations
Unctad
United Nations Conference On Trade And Development
VDW
Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken
WFOE
Wholly Foreign Owned Enterprise
WTO
World Trade Organization (deutsch = Welthandelsorganisation)

Kap. 1: Einleitung
1
1 Einleitung
,,Willkommen im modernen China". Das Bild auf dem Titelblatt dieser Arbeit
würde zu dieser Begrüßung bestimmt nicht als Illustration herangezogen werden.
Auch wird der ältere Herr, der auf dem Bild zu sehen ist, voraussichtlich nicht der
nächste chinesische Mitarbeiter in der neu gegründeten, ausländischen Toch-
tergesellschaft in China sein. Allerdings vermittelt das Bild dem Betrachter auf seine
Art eine positive Stimmung, die den Eindruck der ,,außerchinesischen" Wirtschafts-
welt von dem ,,chinesischen" Markt widerspiegelt. Ein Markt, der das Ausland will-
kommen heißt und auf den die ausländischen Unternehmer momentan stärker strö-
men als irgendwo sonst in der Welt.
1
Delegationen aus aller Welt, mit führenden Per-
sonen aus Politik und Wirtschaft, geben sich in der Volksrepublik die Klinke in die
Hand, um die Interessen der heimischen Unternehmen zu vertreten.
Auch die hochrangigen Vertreter aus Deutschland sind nicht untätig. Auf Ein-
ladung des scheidenden chinesischen Ministerpräsidenten Zhu Rongji zur Eröff-
nungsfahrt des Transrapids zwischen der Metropole Shanghai und dem Flughafen
Pudong überzeugte sich der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder am Sil-
vestermorgen des vergangenen Jahres von der erfolgreichen Umsetzung deutsch-
chinesischer Projekte. Ebenfalls an Bord waren Bundeswirtschaftsminister Wolfgang
Clement, Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe, der nordrhein-westfälische
Ministerpräsident Peer Steinbrück sowie der Siemens Chef und Vorsitzender des
Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft - Heinrich von Pierer. Insge-
samt ein hervorragender Anlass, die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen
auszubauen.
Jüngst bereiste der bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber mit einer 50-köp-
figen Delegation das Reich der Mitte, um u.a. bei dem neuen chinesischen Pre-
mierminister Wen Jiabao die Interessen bayrischer und deutscher Unternehmen zu
vertreten. In einem Land, dass er nach achtjähriger Abwesenheit ,,heute kaum
wieder erkennt vor lauter ´Aufbruch` und ´Bewegung`"(S
TRITTMATTTER
, K. 2003).
So hoch die Bedeutung solch hochrangiger ,,Botschafter" in Namen der deutschen
Wirtschaft auch einzuschätzen ist, so entscheidend ist letztlich das, was dabei heraus
kommt. Wie stark ist die deutsche Wirtschaft tatsächlich in China vertreten? Und wie
sehr profitiert der deutsche Mittelstand, dem 99 Prozent aller deutschen Unter-
nehmen angehören, von den jährlichen 7-8 Prozent Wirtschaftswachstum in China?
Ist die Aussage von ,,[...] einer verhaltenen Präsenz deutscher Unternehmen in Asi-
1
Nach Angaben der UN Organisation für Handel und Entwicklung (Unctad) war die VR China in
2002 größter Empfänger von ausländischen Direktinvestitionen (S
ÜDDEUTSCHE
Z
EITUNG
2002).

Kap. 1: Einleitung
2
en und konkret in China [...]" auch heute noch richtig (D
IETZ
, K.; H
ARNISCHFEGER
-
K
SOLL
1998, S. 2)?
Diese Fragen können in Rahmen dieser Arbeit nur ansatzweise diskutiert werden,
doch kann folgendes festgestellt werden (D
ELEGIERTENBÜRO
D
ER
D
EUTSCHEN
W
IRTSCHAFT
S
HANGHAI
2003):
·
Deutschland steigerte seine Exporte in die VR China von 1999 bis 2001 um 75
Prozent,aber: der Anteil an den deutschen Gesamtexporten lag in 2000 nur bei
1,5 Prozent.
·
Deutschland ist Chinas wichtigster europäischer Handelspartner, aber: der An-
teil an Chinas Gesamtimporten in 2000 lag bei nur 4,2 Prozent (die USA hatten
den zweieinhalbfachen, Japan den vierfachen Anteil).
·
Deutschlands 1,3 Milliarden Euro Direktinvestitionen in China waren euro-
päische Spitze, aber: insgesamt belegte Deutschland u.a. hinter Japan und den
USA, aber auch hinter Taiwan oder Südkorea nur Platz Acht bei den auslän-
dischen Direktinvestitionen.
Der Rahmen statistischer Größen ist dehnbar und bietet Platz für divergierende
Aussagen. Doch eines kann festgehalten werden: Die deutsche Wirtschaft hat u.a. im
Vergleich zur Präsenz der Konkurrenz aus Japan und den USA in China noch
Nachholbedarf. Die Chance des großen chinesischen Marktpotentials muss der deut-
sche Mittelstand für sich erkennen und diese erfolgreich in Taten umsetzen. Aus
dieser Erkenntnis ist die Motivation hervorgegangen, Erfolgsfaktoren für den Eintritt
deutscher mittelständischer Unternehmen in den chinesischen Markt am Beispiel der
Werkzeugmaschinenindustrie zu benennen und zu analysieren
1.1 Einordnung in die Wirtschaftsgeographie und Zielsetzung der Arbeit
Die Wirtschaftsgeographie setzte sich schon früh mit der Überwindung internatio-
naler Räume von Wirtschaftsgütern auseinander. In der zweiten Hälfte des 19. Jahr-
hunderts, mit dem Einsetzen der Industrialisierung, wurden innerhalb der geo-
graphischen Wissenschaft erstmals wirtschaftsgeographische Fragestellungen auf-
geworfen. Auf der Basis einer vornehmlich statistischen, praxisnahen Methode
wurden die Austauschbeziehungen von Welthandelsgütern
2
untersucht. Wichtigster
Vertreter dieser wirtschaftsgeographischen Richtung war K. Andree (1861-1874)
(S
CHÄTZL
, L. 2001, S. 13/14).
Im Laufe des 20. Jahrhunderts und einhergehend mit der Globalisierung ist die
Raumüberwindung über nationale Grenzen hinaus nicht mehr nur für die Güter von
Unternehmen, sondern für das Unternehmen an sich von Bedeutung geworden
2
Die Welthandelsgüter waren am Ende des 19. Jahrhunderts hauptsächlich landwirtschaftliche und
bergbauliche Rohstoffe.

Kap. 1: Einleitung
3
(V
OPPEL
, G. 1999, S. 15). Die Auslagerung von Produktionsprozessen in das Ausland
aufgrund günstigerer Faktorkosten für Arbeit und Boden ist dabei das klassische Bei-
spiel für die Internationalisierung von Unternehmen.
3
S
CHÄTZL
(2001, S. 21) definiert die heutige Wirtschaftsgeographie ,,als die
Wissenschaft von der räumlichen Ordnung und der räumlichen Organisation der
Wirtschaft", und geht dabei von einem ,,raumwirtschaftlichen Ansatz" aus. Die Auf-
gaben der Forschung sind demnach: ,,[...] räumliche Strukturen und Veränderungen
­ aufgrund interner Entwicklungsdeterminanten und räumlicher Interaktionen ­ zu
erklären, zu beschreiben und zu bewerten. Dabei sind die Verteilung ökonomischer
Aktivitäten im Raum (Struktur), die räumlichen Bewegungen von Produktionsfakto-
ren, Gütern und Dienstleistungen (Interaktionen) sowie deren Entwicklungsdynamik
(Prozeß) als interdependentes Raumsystem zu verstehen."
Der im wirtschaftlichen Verständnis gebrauchte Terminus ,,Markt" stellt immer
eine abgegrenzte Raumeinheit dar, in der Angebot und Nachfrage zusammentreffen,
4
unabhängig davon, ob dieser auf einer Mikro- (z.B. Wochenmarkt), Meso- (z.B. der
deutsche Binnenmarkt) oder Makroebene (z.B. Weltmarkt) betrachtet wird.
5
Der Ein-
tritt eines mittelständischen Unternehmens in den chinesischen Markt ist die Ent-
scheidung, seinen räumlichen Aktionsradius auszuweiten und neue, raumbezogene
Prozesse einzuleiten. Aus dieser Erkenntnis heraus, lässt sich die Arbeit, im weites-
ten Sinne, zwar in die Definition S
CHÄTZLS
einordnen, doch auf meine Themenstel-
lung und Zielsetzung trifft diese Einordnung nicht exakt zu. Untersuchungs-
gegenstand dieser Arbeit ist weder die Entscheidung der Internationalisierung an
sich, noch die Auswirkungen der Internationalisierung auf die räumliche Ordnung
der Wirtschaft.
Untersuchungsgegenstand und damit Zielsetzung der Arbeit ist vielmehr, Erfolgs-
faktoren für den Eintritt von Unternehmen in den chinesischen Markt aufzuzeigen.
Das Hauptaugenmerk liegt somit auf der Durchführung des Internationalisierungs-
prozesses und nicht auf dessen Ursachen oder Auswirkungen. V
OPPELS
(1999, S. 17)
Darstellung der Gegenstände der Wirtschaftsgeographie stimmen mit dem Ansatz
von S
CHÄTZL
zwar weitestgehend überein, doch macht er zusätzlich die aktiven
Elemente (z.B. Unternehmer und Konsumenten) des Wirtschaftsraums zum For-
schungsansatz.
6
Das ermöglicht die Aktionen des Akteurs (im Falle dieser Arbeit ist
3
Einen ausführlichen Überblick zur Entwicklung der Wirtschaftsgeographie bietet u.a. S
CHÄTZL
2001,
S. 13-28.
4
Vgl. G
ABLER
-V
ERLAG
1998.
5
Die Beispiele für die drei Ebenen wurden vom Autor frei gewählt und stimmen nicht zwangsläufig
mit wissenschaftlich anerkannten Abgrenzungskriterien überein.
6
Für eine vollständige Darstellung der Gegenstände der Wirtschaftsgeographie vgl. V
OPPEL
1999, S.
17.

Kap. 1: Einleitung
4
es der Markteintritt eines Unternehmens in den chinesischen Markt), die sich auf die
räumliche Ordnung auswirken, in den Vordergrund der wissenschaftlichen Arbeit zu
stellen.
Anhand des Instituts für Wirtschaftsgeographie der Ludwig-Maximilians-Univer-
sität München wird verdeutlicht, dass ein solcher Forschungsschwerpunkt innerhalb
der Wirtschaftsgeographie Beachtung findet. Das Institut schreibt über seine For-
schungskompetenzen im Themenbereich ,,Internationale Wirtschaftsräume" (Institut
für Wirtschaftsgeographie 2003):,, [...] Strategische und organisatorische Re-
aktionen von Unternehmen auf diese Mechanismen und deren gesamtwirtschaftlich
relevanten Effekte mit ihren raumstrukturellen Auswirkungen sind wesentliche
Gegenstände des Erkenntnisinteresses. [...] Die Wahrnehmung und Bewertung von
spezifischen Risiken und Anpassungshandlungen nicht zuletzt in Form verschie-
dener internationaler Strategien sind Gegenstand handlungsorientierter Forschung
in der Tradition der geography of enterprise."
Hier spielen zwar ebenfalls die ,,raumstrukturellen Auswirkungen" eine ent-
scheidende Rolle. Es bleibt aber Forschungsraum für die Art der Umsetzung der
,,strategischen und organisatorischen Reaktionen" seitens der Unternehmen auf
raumwirtschaftliche Entwicklungsprozesse.
Auf der Grundlage dieser wirtschaftsgeographischen Einordnung wird als zentra-
ler Punkt folgende Problematik in der Arbeit untersucht:
Welche Erfolgsfaktoren ermöglichen dem mittelständischen Unternehmer
vor und während des Eintritts in den chinesischen Markt das
Internationalisierungsrisiko zu minimieren?
Auf dem einleitenden Weg dorthin wird Stellung genommen zu den Fragen:
Wodurch begründet sich die Konzentration auf den chinesischen Markt?
Welche Stellung hat die Internationalisierung bei dem deutschen Mittelstand?
1.2 Unternehmensbefragung
Im Vorfeld dieser Arbeit wurde vom Autor eine an zwei Zielgruppen gerichtete
Unternehmensbefragung durchgeführt. Einerseits wurden 20 Werkzeugmaschinen-
bauer angeschrieben, die bereits auf dem chinesischen Markt vertreten sind. Ziel
war es, praxisnahe Rückschlüsse u.a. auf Investitionsmotive, auftretende Probleme
vor und nach dem Markteintritt, genutzte Vertriebswege, Erfolgsfaktoren und Zu-
kunftsperspektiven zu ziehen. Andererseits wurde 200 Unternehmen der Werkzeug-

Kap. 1: Einleitung
5
maschinenhersteller, die bislang ohne Engagement in China sind, ein einseitiger
Fragebogen per e-mail zugesandt, um das potentielle Interesse an einem Markteintritt
in China sowie die befürchteten Hauptprobleme während der Vorbereitungsphase
herauszufinden.
Den 20 Unternehmen wurde nach telefonischer Absprache ein aus 18 Fragen be-
stehender Fragebogen geschickt. Die Rücklaufquote betrug 60 Prozent. Die Ergeb-
nisse spiegeln zwar statistisch kein repräsentatives Bild wider, liefern aber dennoch
einen guten Eindruck von der praktischen Umsetzung des Markteintritts in die VR
China. Die Rücklaufquote der 200 per e-mail angeschriebenen Unternehmen lag mit
14 Prozent deutlich niedriger.
Die Konzeption und inhaltliche Ausgestaltung der Fragebögen wurde an eine
Befragung des D
ELEGIERTENBÜROS
D
ER
D
EUTSCHEN
W
IRTSCHAFT
S
HANGHAI
in Zusammen-
arbeit mit der D
EUTSCHE
Z
ENTRALGENOSSENSCHAFTSBANK
DZ B
ANK
(2002) angepasst. Da-
durch kann die Untersuchung des Delegiertenbüros als ergänzende empirische
Grundlage hinzugezogen werden.
Die Befragung des Delegiertenbüros und der DZ Bank aus dem Frühjahr 2001
richtete sich an 1.460, branchenübergreifende deutsche Unternehmen und Re-
präsentanzen in China. Die Rücklaufquote lag bei knapp 17 Prozent. Gegenstand der
Untersuchung waren die Erfahrungen auf dem chinesischen Markt und die Ein-
schätzung der Zukunftschancen des deutschen Mittelstandes.
Die Ergebnisse der Unternehmensbefragung des Autors und der des Delegierten-
büros werden in die Arbeit eingebaut, um so einen direkten Vergleich zwischen der
Theorie und Praxis zu schaffen. Die gesamten Resultate und die vom Autor konzi-
pierten Fragebögen sind zudem in Anhang nachzulesen.
1.3 Aufbau der Arbeit
Die Arbeit ist in neun Kapiteln mit jeweiligen Unterpunkten aufgeteilt. Am Ende
eines jeden Kapitels werden jeweils die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst.
Im einleitenden, ersten Kapitel wird die Motivation für die Bearbeitung des The-
mas, die Einordnung der Arbeit in das wirtschaftsgeographische Forschungsfeld, die
Zielsetzung und der Aufbau der Arbeit beschrieben. Das Kapitel zwei ermöglicht
dem Leser einen kurzen Überblick über China anhand der Merkmale ,,administrative
Einteilung", ,,Topographie" und ,,Bildung und Bevölkerung"
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit dem Übergang von der Plan- zur Markt-
wirtschaft seit 1978, durch den der Weg für ausländische Unternehmen in den
chinesischen Markt offen gelegt wurde. Daran anschließend wird im vierten Kapitel

Kap. 1: Einleitung
6
die aktuelle chinesische Wirtschaftssituation aufgezeigt, die China momentan zum
weltweit so interessanten Markt für ausländische Investoren macht.
Nachdem die Rahmenbedingungen auf dem Zielmarkt China aufgezeigt wurden,
wird sich das fünfte Kapitel mit der Bedeutung der Internationalisierung für den
deutschen Mittelstand befassen. Es wird ersichtlich, dass der deutsche Mittelstand in
erster Linie den risikoarmen Export bei der Erschließung ausländischer Märkte be-
vorzugt und die Märkte in geographisch und kulturell nahen Regionen gesucht
werden. Diese Tendenz zeigt, dass es sinnvoll ist, Erfolgsfaktoren zu nennen, die bei
dem Markteintritt über der Internationalisierungsform des Exports hinaus gehen und
sich zugleich auf geographisch ferne und von der westlichen Kultur divergierende
Räume beziehen.
Das sechste Kapitel stellt den Hauptteil dieser Arbeit. In einer ausführlichen
Analyse werden die von T
SCHOCHNER
(1998) erarbeiteten Erfolgsfaktoren der Interna-
tionalisierung auf den chinesischen Markt übertragen und anhand der Werkzeugma-
schinenindustrie exemplarisch dargestellt.
In dem siebten Kapitel wird zum Ende der Arbeit ein Exkurs in die kulturellen
Besonderheiten Chinas unternommen, die im direkten Zusammenhang für den deut-
schen Unternehmer mit dem Eintritt in den Markt Chinas stehen. Anhand von
kleineren Beispielen wird verdeutlicht, wie wichtig es für den deutschen Investor ist,
sich mit der chinesischen Kultur und den daraus abzuleitenden Verhaltensmustern
auseinander zusetzen.
Kapitel 8 fasst die wesentlichen Resultate dieser Arbeit zusammen und beinhaltet
ein abschließendes Fazit.

Kap. 2: Die VR China im Überblick
7
2 Die VR China im Überblick
Aus der reichhaltigen Literatur über die Volksrepublik China wird im Folgenden
auf die administrative Einteilung, die Topographie und auf die Bevölkerung und Bil-
dung des Landes eingegangen. Diese Punkte vermitteln dem Leser einen ersten Ein-
druck Chinas und er bekommt eine Vorstellung von dem Raum, in welchem er sich
während der Lektüre dieser Arbeit bewegt. Um in den Genuss einer ausführlichen
Einführung in das Reich der Mitte zu kommen, wird u.a. auf W
EGGEL
(2002)
verwiesen.
2.1 Administrative Einteilung
Die chinesische Staatsgrenze umschließt ein Fünfzehntel der gesamten Erdober-
fläche, das entspricht 9,6 Millionen Quadratkilometern. Die Nord-Süd Ausdehnung
beträgt 5.500 Kilometer, die Ost-West Ausdehnung 5.200 Kilometer. Die Küsten-
linie des Bohai-, Gelben-, Ostchinesischen und Südchinesischen Meeres im Osten
des Landes weist eine Länge von ca. 14.500 Kilometern auf. Die VR China hat hin-
ter Russland, Kanada und den Vereinigten Staaten von Amerika (inklusive Alaska
und Hawaii) die viert größte Staatsfläche der Erde und ist mit 14 Staaten weltweit
von den meisten Nachbarländern umgeben (S
PIEGEL
-V
ERLAG
1999, S. 148).
Abb. 1: Karte der VR China mit den wichtigsten Städten und Gebirgsketten (Quelle: S
PIEGEL
-
V
ERLAG
1999, S. 14

Kap. 2: Die VR China im Überblick
8
Die im Oktober 1949 gegründete Volksrepublik China ist eine Sozialistische
Volksrepublik mit einem Mehrparteiensystem, wobei die weiteren Parteien neben der
mächtigen Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) faktisch bedeutungslos sind
(I
WEB
Y
OU
2002). Das Staatsoberhaupt ist seit November 2002 Hu Jintao. Hu stellt
die Spitze der vierten Führungsgeneration nach Mao Zedong, Deng Xiaoping und Ji-
ang Zemin.
Die Abbildungen 1 und 2 bieten einen einführenden Überblick über die VR Chi-
na. Das Land ist in 22 Provinzen (mit Taiwan 23), fünf autonome Regionen
(Guangxi, Innere Mongolei, Ningxia, Tibet und Xinjiang), vier regierungsun-
mittelbare Städte (Beijing, Chongqing, Shanghai und Tianjing) und zwei Sonderver-
waltungsregionen (Hongkong und Macao) untergliedert. Die chinesische Hauptstadt
ist Beijing und hat ca. 12 Millionen Einwohner. Die größten Städte neben Beijing
sind Shanghai (13,6 Millionen Einwohner), Tianjin (11,3 Millionen Einwohner),
Hongkong (6,3 Millionen Einwohner) und Shenyang (4,5 Millionen Einwohner)
(S
PIEGEL
-V
ERLAG
1999, S. 148/149).
Abb. 2: Provinzen der VR China unterteilt nach dem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von ´99
(Quelle: Eigene Darstellung nach S
CHÜLLER
, M. 2001a)

Kap. 2: Die VR China im Überblick
9
Aus der Abbildung 2 gehen die starken regionalen Disparitäten des Landes her-
vor. Die Verteilung der Provinzen mit einem hohen BIP pro Kopf entlang der Ost-
küste fällt direkt ins Auge. S
CHÜLLER
(2001a) ist der Ansicht, dass die regionalen Dis-
paritäten bereits vor dem Einsetzen der Transformation 1978 vorhanden waren, aber
insbesondere durch marktwirtschaftliche Reformen in den neunziger Jahren des letz-
ten Jahrhunderts verstärkt wurden. Die Küstenprovinzen profitierten zum einen von
natürlichen Standortvorteilen (z.B. Anbindung an Seehäfen, Topographie) und zum
anderen durch die außenwirtschaftliche Liberalisierung des Wirtschaftsystems. Da-
durch floss und fließt weiterhin deutlich mehr ausländisches Kapital in die begüns-
tigten Regionen als in die Binnen- und Westprovinzen. Der erhoffte ,,trickle down"-
Effekt, durch den das Wachstum der Küstenprovinzen auf die Binnenprovinzen über-
schlagen könnte, blieb aus.
Seit Mitte der 90er Jahre erkennt die Regierung die hohen sozialen, ökono-
mischen und politischen Folgekosten des regionalen Ungleichgewichts. Die Attrak-
tivität der unterentwickelten Provinzen zu stärken und den Aufholbedarf im sozialen
Bereich zu decken, wird eine zunehmende Aufgabe der chinesischen Führung
werden (S
CHÜLLER
, M. 2001a).
Eine weitreichende Ursachenanalyse kann in dieser Arbeit nicht aufgezeigt
werden, obwohl dieses eine spannende Frage der Wissenschaft ist, die keinesfalls zu
einer eindeutigen Antwort führt. Zur tiefergehenden Lektüre wird auf S
CHÜLLER
(2001a) und T
AUBMANN
(2001) verwiesen. Beide Texte setzen sich mit den regionalen
Disparitäten Chinas auseinander und enthalten weitere Literaturhinweise.
2.2 Topographie
Die Topographie Chinas wirkt wie eine von Osten nach Westen ansteigende
Treppe. Zweidrittel der Landoberfläche machen Gebirge und Hochplateaus aus,
knapp 20 Prozent Beckenlandschaften und gut zehn Prozent Tiefebenen. Der große
Flächenanteil der Hochgebirge, die das Erscheinungsbild des Landes ausmachen,
prägen auch die Ortsnamengebung. Neben den Termini he und jiang (Fluss und
Strom) ist shan (Berg) in einer Vielzahl von Ortsnamen enthalten. Das Land kann
grob in drei verschiedene Großlandschaften mit unterschiedlichen Höhenstufen un-
terteilt werden (vgl. Abb. 3).

Kap. 2: Die VR China im Überblick
10
Im Westen bildet das Qinghai-Tibet-Plateau mit einer Durchschnittshöhe von
4900 Metern über dem Meeresspiegel das so genannte ,,Dach der Welt". Es ist die
höchste Stufe Chinas. Nördlich und östlich davon folgt eine Stufe mit einer durch-
schnittlichen Höhe von 1000-2000 Metern über den Meeresspiegel. Diese Stufe be-
steht aus dem nördlichen Plateau der Inneren Mongolei, dem mächtigen Lösspla-
teau
7
, dem Yunnan-Guizhou-Plateau sowie dem im Nordosten des Landes gelegenen
Tarim- und Junggar-Becken. Sie umgeben das Turpan-Becken, welches mit 154 Me-
tern unterhalb des Meeresspiegels nach dem Toten Meer in Israel (394 Meter unter
dem
Meeresspiegel)
der
niedrigste
Punkt
der
Welt
ist
(K
ÖNEMANN
V
ERLAGSGESELLSCHAFT
1999, S. 158f).
Die Gebirgszüge am östlichen Rand dieser Stufe grenzen die dritte Stufe ab. Öst-
lich dieser Gebirge hat die Landschaft einen überwiegenden Tieflandcharakter mit
Tälern und Schwemmebenen der zwei größten Flüsse Chinas, dem Chang Jiang
(Jangtsekiang) und den Huang He (Gelber Fluss), ehe die Landschaft dann in die
Küstenebenen übergeht (K
ÖNEMANN
V
ERLAGSGESELLSCHAFT
1999, S. 158f).
Der Chang Jiang entspringt vom Fuß des höchsten Berges des Tanghla-Gebirges
und bahnt sich über 6300 Kilometer seinen Weg in das Ostchinesische Meer. Zu-
7
Das Lössgestein erreicht an einigen Stellen eine Mächtigkeit von 250 Metern und verleiht durch sei-
ne färbende Wirkung dem Huang He (Gelber Fluss) seinen Namen.
Abb. 3:Topographische Landschaftstypen der VR China (Quelle: C
HINESISCHE
B
OTSCHAFT
IN
D
EUTSCHLAND
2003)

Kap. 2: Die VR China im Überblick
11
sammen mit dem nördlich des Chang Jiang verlaufenden Huang He, der knapp 1000
Kilometer kürzer ist und in das Bohai-Meer mündet, versorgen die beiden Flüsse
China mit reichlich Energie, die aus Wasserkraftwerken gewonnen wird. Ein aktu-
elles Projektbeispiel ist der 600 Kilometer lange und ein bis zwei Kilometer breite
,,Drei-Schluchten-Stausee". Das aus ökologischer und sozialer Sicht umstrittene Pro-
jekt, das bis 2009 fertiggestellt sein soll, staut das Wasser des Chang Jiang zwischen
Chongqing und Yichang. 26 Generatoren werden so viel Strom liefern wie ca. 15
Atomkraftwerke zusammen. (B
LOTEVOGEL
, H. H. 2001).
2.3 Bevölkerung und Bildung
In China leben 20 Prozent der weltweit 6,2 Milliarden Menschen. Von den 1,3
Milliarden Menschen (inkl. Hongkong, Taiwan, Hainan) sind knapp 52 Prozent
Frauen. Gut ein fünftel der Bevölkerung sind unter 15 Jahre alt, ca. 70 Prozent der
Chinesen sind im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 65 Jahren. Das Bevölke-
rungswachstum pro Jahr beträgt ein Prozent. Die Geburtenrate liegt bei 16,4 Pro-
mille, die Todesrate bei 7,1 Promille. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Chi-
na lag Ende 2000 bei 71 Jahren (I
WEB
Y
OU
2002).Von den erwerbsfähigen Personen
waren in 1997 offiziell 3,1 Prozent ohne Arbeit (S
PIEGEL
-V
ERLAG
1999, S. 151).
Die Bevölkerungsdichte beträgt ca. 135 Einwohner je Quadratkilometer. Im Ver-
gleich dieser Zahl mit Werten aus europäischen Ländern, wie z.B. Italien mit knapp
190, Deutschland mit 230 oder England mit 380 Einwohnern pro Quadratkilometer,
scheint der chinesische Staat relativ dünn besiedelt zu sein. Doch weite Teile des
Landes sind nicht oder kaum als Siedlungsfläche zu nutzen. In den Ballungsgebieten
entlang der Ostküste erreicht China dagegen weltweite Spitzenwerte. Parallel zur
Entwicklung der VR China von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft
8
(insbesondere in den östlichen Küstenprovinzen) kam es zu einer verstärkten Land-
Stadt-Migration und der Anteil der städtischen Bevölkerung ist in China seit 1982
um 15 Prozentpunkte auf 36 Prozent in 2000 angestiegen.
Die größte Bevölkerungsgruppe in China sind die Han, ihr Anteil beträgt 91 Pro-
zent. Neben ihnen leben noch 55 weitere Nationalitäten in der Volksrepublik, die zu-
sammen knapp 107 Millionen Menschen zählen (S
PIEGEL
-V
ERLAG
1999, S. 149).
Das Bildungsniveau in China nimmt zu. Die Abbildung 4 zeigt, dass der prozen-
tuale Anteil der Menschen, die nicht oder nur wenig lesen können, von knapp 20
Prozent 1990 auf knapp sieben Prozent in 2000 zurückgegangen ist. Auf der anderen
Seite nehmen immer mehr Chinesen die Möglichkeit einer weiterführenden Schul-
ausbildung wahr. 34 Prozent der Chinesen verfügten in 2000 über das Mittelschulbil-
8
Vgl. hierzu die Ausführungen in Kap. 3.

Kap. 2: Die VR China im Überblick
12
dungsniveau, zehn Jahre zuvor waren es lediglich 24 Prozent. Der Anteil der
Chinesen, die ein Zwei-Jahres-College respektive eine Hochschulausbildung absol-
viert haben, wuchs zwar ebenfalls stark an, bleibt aber weiterhin mit 3,6 Prozent auf
einem sehr niedrigem Niveau (C
HINESISCHE
B
OTSCHAFT
IN
D
EUTSCHLAND
2003).
Gründe für diese positive Entwicklung in der schulischen Bildung liegen u.a. in
den dafür gestiegenen Ausgaben. Nach einer Auflistung der Chinesischen Botschaft
in Deutschland lassen sich sechs verschiedene Quellen für die Bildungsausgaben
aufzeigen. Demnach sind das Gelder der Regierung, des Bildungsfonds im Rahmen
des Haushaltsplans, aus Fonds von sozialen Organisationen und Bürgern für den
Schulbetrieb, aus sozialen Spenden und Kapitalbeschaffungen für den Schulbetrieb,
Schulgeld und zusätzliche Schulgebühren sowie sonstige Bildungsfonds (C
HINESISCHE
B
OTSCHAFT
IN
D
EUTSCHLAND
2003).
Insgesamt wurde der Betrag, der aus diesen sechs Töpfen für die Schulbildung be-
reit gestellt wird, von 1991 bis 1998 um über 400 Prozent auf knapp 31 Milliarden
Euro aufgestockt. Dieser Anstieg muss insofern relativiert werden, als dass alleine
die Gelder, die sich aus dem Schulgeld und sonstigen Schulgebühren zu-
sammensetzen, um über 1100 Prozent gesteigert wurden. Dies dürfte sich in erster
Linie aufgrund von steigenden Schülerzahlen, insbesondere bei weiterführenden
Schulen, erklären lassen. Der Anteil dieser Quelle an dem gesamten für die Schulbil-
dung zur Verfügung stehenden Betrag hat von 4,4 Prozent 1991 auf über zwölf Pro-
zent 1998 zugenommen (C
HINESISCHE
B
OTSCHAFT
IN
D
EUTSCHLAND
2003).
Abb. 4: Entwicklung des Bildungsniveaus in der VR China von ´90 bis ´00 (Quelle:
C
HINESISCHE
B
OTSCHAFT
IN
D
EUTSCHLAND
2003)
1990
1995
2000
0
5
10
15
20
25
30
35
40
Die Entwicklung des Bildungsniveaus in der VR China
Menschen, die nicht
oder kaum lesen
können
Grund-
schulbildungs-
Mittel-
schulbil-
Oberschulbil-
dungsniveau
Zwei-Jahre-College-
und Hochschulbil-
dungsniveau
%

Kap. 3: Chinas Weg zur Marktwirtschaft seit 1978
13
3 Chinas Weg zur Marktwirtschaft seit 1978
Mit der Gründung der Volksrepublik China 1949 durch Mao Zedong kam es zu
einem Wechsel des Wirtschaftsystems. In Anlehnung an die sowjetische Wirt-
schaftspolitik wurde die Industrie verstaatlicht und die Landwirtschaft kollektiviert
(S
CHÜLLER
, M. 2000, S. 135). China reihte sich unter Mao Zedong in die kommunis-
tisch geführten Staaten ein. Angebot und Nachfrage wurden nicht über Preise und
Märkte reguliert, sondern weitgehend durch die Planwirtschaft mit Fünf- und Zehn-
jahresplänen ersetzt.
Knapp dreißig Jahre später wurde das chinesische Wirtschaftssystem zum zweiten
Mal geändert, dieses Mal nicht schlagartig, sondern in einem bis heute andauernden
Prozess. ,,Seit Dezember 1978 hatte es daraufhin eine Wende um fast 180° vollzogen
und war mit fliegenden Fahnen ­ und unter Reform-Parolen ­ auf den Weg Japans
und der «Kleinen Drachen»
9
eingeschwenkt" (W
EGGEL
, O. 2002, S. 149). Deng Xiao-
ping begann mit der Grundsteinlegung für den Wechsel von der Planwirtschaft zur
Marktwirtschaft. Bis Anfang der neunziger Jahre herrschte ein Nebeneinander von
Plan- und Marktwirtschaft. 1992 wurde durch die offizielle, von staatlicher Seite
vertretene Entscheidung für eine ,,sozialistische Marktwirtschaft" der Weg für weit-
reichende Reformen zugunsten einer Marktwirtschaft geebnet.
Die folgenden Ausführungen bieten einen vereinfachten Überblick über wichtige
Reformschritte von der Plan- zur Marktwirtschaft. Ziel ist es nicht, diese im Einzel-
nen zu interpretieren und zu bewerten. Eine dezidiertere Darstellung und genauere
Analyse der aktuellen chinesischen Wirtschaftssituation wird in Kapitel 4 gegeben.
3.1 Die vier Modernisierungen
Als Deng Xiaoping 1978 die Macht in der VR China übernahm, erklärte die
Parteiführung auf dem 3. Plenum des XI. Zentralkomitees im Dezember desselben
Jahres die ,,sozialistische Modernisierung" als wichtigste Aufgabe des chinesischen
Staates (H
EILMANN
, S. 2000, S. 74). Deng trieb die bereits 1975 von dem damaligen
Premier Zhou Enlai angedachten ,,Vier Modernisierungen" voran. Es war die Moder-
nisierung der Industrie, der Landwirtschaft, der Wissenschaft und Technik sowie die
der ´nationalen Verteidigung` (vgl. Abb. 5). Mit dieser Entscheidung durch Deng
war ein wichtiger Eckpfeiler für den Weg in die Gemeinschaft der Industrienationen
gesetzt worden (E
DERER
, G. F
RANZEN
, J. 1996, S. 256).
9
Bei den kleinen Drachen handelst es sich um die Schwellenländer Südkorea, Taiwan, Hongkong und
Singapur gemeint, die insbesondere durch ein hohes Wirtschaftswachstum und enorme Indus-
trialisierungsprozesse aufgrund einer staatlich geförderten Exportorientierung gekennzeichnet sind.

Kap. 3: Chinas Weg zur Marktwirtschaft seit 1978
14
S
CHÜLLER
(2000, S. 140) spricht aus heutiger Sicht bezüglich des Umschwungs in
der Wirtschaftspolitik Chinas nach 1978 von einer Systemtransformation. S
CHÜLLER
definiert dabei den Terminus ´Transformation` als ,,
[...] Umwandlungsprozess [...],
im ökonomischen Sinne ein Systemwechsel mit einem Übergang zentraler Lenkungs-
systeme zur Marktorientierung. Dieser kann auf verschiedene Weise und in unter-
schiedlichem Tempo erfolgen, und oftmals werden dafür sowohl die Begriffe Reform
als auch Transformation benutzt, da keine einheitliche Abgrenzung besteht"
(S
CHÜLLER
, M. 2000, S. 140).
Ein entscheidender Grund für die Abkehr von einem rein sozialistischen Wirt-
schaftskonzept ist, dass zwar auf der einen Seite die Industrialisierung unter einer
ordnungspolitischen Planwirtschaft seit der Gründung der Volksrepublik 1949
vorangetrieben werden konnte, aber andererseits in den Jahren vor 1978 eine Diskre-
panz zwischen der zunehmenden Anzahl der Arbeitskräfte und dem wirtschaftlichen
Wachstum, besonders in der Landwirtschaft, Einzug hielt. Zudem hatte der Diversifi-
Abb. 5: Die vier Modernisierungen des Deng Xiaoping (Quelle: eigene Darstellung nach
E
DERER
, G.; F
RANZEN
, J. 1996, S. 256)
Industrie
Land-
wirtschaft
Wissenschaft
& Technik
Nationale
Verteidigung

Kap. 3: Chinas Weg zur Marktwirtschaft seit 1978
15
kationsgrad in der Agrarproduktion ein niedriges Niveau und der Lebensstandard der
Bevölkerung sank (S
CHÜLLER
, M. 2000, S. 137).
3.1.1 Die Modernisierung der Industrie
Die Hauptaufgabe sah die chinesische
Regierung in der Steigerung der Produk-
tivität und der Wettbewerbsfähigkeit.
Um den Konkurrenzdruck auf die Staats-
betriebe zu erhöhen, wurden nichtstaatli-
che Unternehmen zugelassen und die
Markteintrittsbarrieren reduziert. Zudem
konnten die Staatsunternehmen Überpro-
duktionen zu Marktpreisen verkaufen
(S
CHÜLLER
, M. 2000, S. 161f).
Damit die Regierung die Moder-
nisierungen, insbesondere die der Indus-
trie möglich machen konnte, beschloss
sie eine schrittweise Öffnung des
Marktes, um so vor allem ausländische
Investoren ins Land zu holen. So richtete
China Anfang der achtziger Jahre
entlang der Südküste die vier Sonder-
wirtschaftszonen (SWZ) Shenzen, Shan-
tou, Xiamen und Zhuhai ein (vgl. Kasten
Sonderwirtschaftszonen), die in un-
mittelbarer Nähe zu den prosperierenden
Regionen Taiwan und Hongkong liegen
(M
ENG
, A. 1998, S. 16). Mitte der acht-
ziger Jahre kam noch die Insel Hainan hinzu.
Der Erfolg der Einrichtung der Sonderwirtschaftszonen ist offensichtlich. Shenzen
steigerte das Bruttoinlandsprodukt von 270 USD in 1980 auf 143.000 USD in 1999.
Einen weniger drastischen, aber ebenfalls beeindruckenden Erfolg verzeichnen Shan-
tou, Xiamen und Zhuhai. Das BIP von Hainan, die 1987 zum Zeitpunkt ihrer Aus-
weisung als SWZ mit gut 6000 USD bereits ein höheres Ausgangsniveau hatte,
wuchs bis 1999 um über 1.300 Prozent.
Neben den SWZ richtete die Führung der VR China eine Vielzahl von weiteren
Sonderzonen ein, um die Öffnung des eigenen Marktes voran zu treiben. So richtete
Kasten 1: Sonderwirtschaftszonen
Die Sonderwirtschaftszonen stellen eine Art
,,Modellprojekt" auf dem Weg zur kapitalis-
tischen Marktordnung dar, welches durch eine
Liberalisierung des Konsumgüter-, Arbeits-
und Kapitalmarkt gekennzeichnet ist. Bei
einem Erfolg sollte das ,,Projekt" auf andere
Regionen Chinas übertragen werden.
Die ersten Sonderwirtschaftszonen liegen in
unmittelbarer Nähe zu den leistungskräftigen
Regionen Taiwan und Hongkong, so dass sich
schnell wirtschaftliche Beziehungen aufgrund
einner komplementären Faktorausstattung auf-
bauten. Shenzhen, als die stärkste expan-
dierende SWZ, ist hierfür beispielhaft: 1995
gingen mehr als neunzig Prozent der Exporte
nach Hongkong und knapp achtzig Prozent der
Importe kamen aus Hongkong (Bundeszentra-
le für politische Bildung 1997, S. 21). Ein wei-
terer Grund für die Nähe zu Hongkong und
Taiwan und auch Macao und somit zur
Küstennähe lag in der Überlegung, in den
ersten Jahren insbesondere das Kapital der im
Ausland lebenden Chinesen anzuziehen, da
diese keine kulturellen oder sprachlichen Bar-
rieren haben.

Kap. 3: Chinas Weg zur Marktwirtschaft seit 1978
16
die chinesische Regierung 1984 vierzehn sogenannte ,,Offene Küstenstädte" ein.
Diese wurden wie die SWZ für ausländische Direktinvestitionen geöffnet. Das BIP
entwickelte sich in den Folgejahren auch hier über dem landesweiten Durchschnitt.
Ein Jahr später, 1985, wurden ,,Offene Wirtschaftszonen" ernannt, in denen ebenfalls
der Technologie- und Know-How-Transfer gefördert werden sollte. Dieses sind
Städte entlang des Chang Jiang, das Perl-Fluss-Delta, das südliche Gebiet der Pro-
vinz Fujian, die Provinz Shandong und die Halbinsel Liaoning. Sieben Jahre später
kamen weitere Städte entlang des Chang Jiang sowie alle Provinzhauptstädte außer
Lhasa (Provinz Tibet) hinzu. Des weiteren gibt es in der VR China noch die ,,Pudong
New Area", ,,Wirtschafts- und Technologie-Entwicklungszonen" und ,,Neu- und
Hochtechnologieentwicklungszonen" mit wirtschaftspolitischen Sonderregelungen.
Nachdem diese Maßnahmen zum größten Teil die Gebiete an der Ostküste Chinas
betroffen hatten, achtete man im neunten Fünf-Jahres-Plan (1996-2000) verstärkt auf
die Förderung der Binnenprovinzen (M
ENG
, A. 1998, S. 18ff).
Auf dem XV. Parteitag der KPCh 1997 sollte auf die zurückgehenden Gewinne
der Staatsunternehmen trotz steigender Subventionen und der dadurch induzierten
stärkeren Belastung des Staatshaushaltes reagiert werden. Es wurde eine
Kasten 2: Suzhou
Die nachfolgende Vorstellung der Stadt Suzhou entstammt aus einem Artikel in der Wochenzeit-
schrift WirtschaftsWoche (2002a, S. 58f), die in der Ausgabe 46/2002 titelt: ,,China, Fabrik für die
Welt. Müssen wir bald alle Chinesisch lernen?"
Ca. 70 Kilometer westlich von der im Chang Jiang-Delta gelegenen chinesischen Metropole Shang-
hai liegt die Stadt Suzhou. Und seit 1994 entsteht in Suzhou die größte High-Tech-Produktionszone
der Welt.
Damals stellte der Bürgermeister Zhang Xinsheng Singapur 70 Quadratkilometer Fläche zum Bau
des Industrieparks SIP zur Verfügung. Singapur hielt anfangs eine zweidrittel Mehrheit am Park.
Als die Chinesen jedoch genug Know-How adaptierten, bauten sie direkt nebenan den Konkurrenz-
park SND ­ mit günstigeren Produktionsbedingungen. Seit 1999 hält die Stadt Suzhou an beiden
Parks die Mehrheit und sie existieren gewinnbringend unter nationaler Führung nebeneinander.
Suzhou bietet für Investoren beinahe ideale Produktionsbedingungen. Neben den beiden hoch
modern ausgestatteten Industrieparks gibt es eine große Anzahl an gut ausgebildeten Arbeitskräften
und es herrschen günstige Rahmenbedingungen für die Investoren. Zudem profitiert der Standort
geografisch durch die schnelle Anbindung zum Hafen von Shanghai und zu wichtigen Verkehrs-
achsen in das Binnenland.
Die Zahlen spiegeln den Erfolg der letzten acht Jahre wider:
- es flossen bereits Auslandsinvestitionen von 20 Milliarden US-Dollar in die Stadt; weitere
17 Milliarden US-Dollar sind bereits vertraglich zugesichert;
- 80 der 500 größten Unternehmen der Welt sind am Standort ansässig;
- das BIP lag in 2001 bei 22 Milliarden US-Dollar.

Kap. 3: Chinas Weg zur Marktwirtschaft seit 1978
17
Privatisierung von mittleren und kleineren Staatsunternehmen und die Umstruktu-
rierung in Kapitalgesellschaften beschlossen. Da eine solche Maßnahme steigende
Arbeitslosenzahlen nach sich zog, wurde die Privatisierungswelle in ihrem Tempo
Mitte 1998 jedoch abgebremst (S
CHÜLLER
, M. 2000, S. 163f).
3.1.2 Die Modernisierung der Wissenschaft und Technik
Die Modernisierung der Wissenschaft und Technik wurde durch den Transfer von
ausländischem Wissen und ausländischen Technologien in die VR China getragen.
Ein wesentlicher Reformschritt war die Erlaubnis für chinesische Studenten, ein
Auslandsstudium aufzunehmen, und das im Ausland erworbene Wissen anschließend
für den chinesischen Fortschritt zu importieren. Der Erfolg lässt sich an der mitt-
lerweile hohen Anzahl an Wissenschaftlern und Ingenieuren im Land feststellen.
Alleine in Beijing und Schanghai waren 1996 mehr Wissenschaftler tätig als in Tai-
wan und Korea zusammen. Zusätzlich zu diesem Reformschritt wurden die inlän-
dischen Universitäten renoviert und erlangten eine Teilautonomie. (E
DERER
, G.;
F
RANZEN
, J. 1996, S. 258/259).
3.1.3 Die Modernisierung des Militärs
Die militärische Modernisierung war gekennzeichnet durch eine Reduktion der
Mannschaftsstärke von beinahe sechs Millionen Soldaten zum Ende der Ära Maos
auf heute knapp 3 Millionen Soldaten. Es wurde in Ausrüstung und Ausbildung in-
vestiert. Auch strukturierte die Regierung unter Deng Xiaoping die Militärbezirke
um. Ein wesentlicher, wenn auch voraussichtlich ungewollter Nebeneffekt war die
Einbindung des Militärs in die Wirtschaft des Landes, so dass das Militär als Institu-
tion mehr Einnahmen hatte als im Budget des Landes veranschlagt wurde (E
DERER
,
G.; F
RANZEN
, J. 1996, S. 259).
Die zusätzlichen Einnahmen des Militärs waren durch die Gründung eigener Un-
ternehmen zu erklären. Seit 1985 hatte das Militär diese Möglichkeit und verfügt
mittlerweile u.a. über Nachtclubs, Discos, Fluglinien, Hotels und Fuhrunternehmen.
Die Produktion militärischer Güter wurde teilweise durch die Fertigung ziviler
Waren ergänzt bzw. ersetzt. Das Militär war bereits einmal der größte chinesische
Produzent von Farbfernsehgeräten. 1998 forderte der Präsident Jiang Zemin das
Militär auf, die wirtschaftliche Tätigkeit zu unterlassen (S
PIEGEL
-V
ERLAG
1999, S.
150).
3.1.4 Die Modernisierung der Landwirtschaft
Nach Ansicht von E
DERER
und F
RANZEN
war die bedeutendste Reform Dengs die
Aufhebung der staatlichen Leibeigenschaft der Bauern als wesentlicher Faktor für

Kap. 3: Chinas Weg zur Marktwirtschaft seit 1978
18
die Modernisierung der Landwirt-
schaft. Das aus dem Bürgerkrieg
stammende
Versprechen
der
Übertragung
von Grund
und
Boden in den Besitz der Land-
wirte setzte Deng Xiaoping somit
um. Diese Initialzündung ließ die
landwirtschaftliche Produktion in
der
Folgezeit
stark
wachsen
(1996, S. 257). Die Abbildung 6
zeigt die Veränderung des Outputs
ausgewählter landwirtschaftlicher
Erzeugnisse von 1978 bis 1998. Ist bei Getreide noch eine vergleichsweise moderate
Steigerung von 68 Prozent zu vermerken, fällt diese Tendenz - allerdings auf deut-
lich geringerem Niveau - bei Ölpflanzen und Zuckerrüben mit 444 respektive 537
Prozent deutlich stärker aus.
Die Zahlen beweisen, dass der Agrarsektor in der VR China auch in Zeiten des
Wandels von der Plan- zur Marktwirtschaft eine bedeutende Rolle spielt. Ein diffe-
renziertes Bild von der Bedeutung der Landwirtschaft ist bei der Betrachtung der je-
weiligen Anteile des Primären Sektors am Bruttoinlandsprodukt und an der Beschäf-
tigung zu erkennen. So waren im Jahr 2000 zwar knapp 50 Prozent der Erwerbstä-
tigen im Primären Sektor beschäftigt, dieser steuerte allerdings nicht einmal mehr ein
Fünftel zum gesamten Bruttoinlandsprodukt bei (vgl. Abb. 7 und 8).
Abb. 6: Veränderung des landwirtschaftlichen Out-
puts Chinas von ´78 bis ´98 (Quelle: S
CHÜL
-
LER
, M. 2000, S. 159)
Abb. 8: Zusammensetzung des Brutto-
inlandsprodukt nach Wirt
schaftssektoren in ´00 (Quelle:
verändert nach I
NDUSTRIE
-
UND
H
ANDELSKAMMER
P
FALZ
2003)
BIP-Entstehung 2000
Landwirtschaft
16 %
Dienst-
leistungen
33 %
Industrie
51 %
Abb. 7: Zusammensetzung der Erwerbstä-
tigen nach Wirtschaftssektoren in
´99 (Quelle: verändert nach
I
NDUSTRIE
-
UND
H
ANDELSKAMMER
P
FALZ
2003)
Erwerbstätigkeit 1998
Industrie
23,5 %
Landwirt-
schaft
50 %
Dienst-
leistungen
26,5 %
Getreide
Baumwolle
Zuckerrohr
Ölpflanzen
Zuckerrüben
537%
444%
395%
205%
68%

Kap. 3: Chinas Weg zur Marktwirtschaft seit 1978
19
Außerdem sind die enormen Outputsteigerungen in der Landwirtschaft ins
Verhältnis zum Bevölkerungswachstum zu setzen. Seit 1978 wuchs die chinesische
Bevölkerung (ohne Taiwan, Hongkong und Macao) um 25 Prozent. Das bedeutet,
dass die Pro-Kopf-Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse sogar rückläufig ist
(S
CHÜLLER
, M. 2000, S. 159). Die Weltbank prognostiziert für die VR China einen
notwendigen Import in 2020 von 30 Millionen Tonnen Getreide, das Worldwatch In-
stitute einen Import von 200 bis 369 Millionen Tonnen Getreide.
3.2 Politische und wirtschaftspolitische Entwicklungen
Die wichtigsten politischen Entwicklungen nach dem bedeutungsvollen XI.
Parteitag des Zentralkomitees sah H
EILMANN
(2000, S. 74) in der
·
politischen Distanzierung von der maoistischen Ideologie;
·
schrittweisen Abkehr vom sowjetsozialistischen Wirtschaftsmodell;
·
Aufrechterhaltung der Diktatur durch die Kommunistischen Partei bei gleich-
zeitigen Bemühungen um eine Institutionalisierung der Herrschaftsausübung.
In der Distanzierung zur maoistischen Ideologie sieht H
EILMANN
jedoch anders als
bei der sowjetischen geistigen Abkoppelung von Stalin eine offiziell - im Grundsatz
- positive Bewertung der Ära Mao Zedongs. Der zweite Punkt von H
EILMANN
bezieht
sich im weitesten Sinne auf die Modernisierung der Industrie, der Landwirtschaft
und der Wissenschaft und Technik. Zudem stellt er fest: ,,Eine grundlegende ord-
nungspolitische Neuorientierung wurde seit 1992 mit dem Bekenntnis zu einer ´So-
zialistischen Marktwirtschaft` vollzogen" (Heilmann, S. 2000, S. 74). Unter der
,,Institutionalisierung der Herrschaftsausübung" versteht H
EILMANN
eine an Pro-
grammen orientierte Politik (insbesondere Wirtschaftspolitik), eine auf Debatten ba-
sierende Lösungsfindung bei politischen Konflikten und eine liberalisiertere Haltung
gegenüber dem individuellen Recht auf Privat- und Gesellschaftsleben.
Die ,,sozialistische Marktwirtschaft" unterscheidet sich von der westlich gepräg-
ten reinen ,,Marktwirtschaft" in der politischen respektive staatlichen Interpretation.
Demnach soll auf staatlich geführte Unternehmen nicht vollständig verzichtet und
staatliche Regulierungsmaßnahmen in dem erforderlichen Rahmen durchgeführt
werden. Zudem behält sich die chinesische Regierung vor, ,,
[...]
verteilungspolitische
Eingriffe zur Vermeidung einer Polarisierung von Einkommen und Vermögen
[...]"
umzusetzen (S
CHÜLLER
, M. 2000, S. 146).
Auf dem Weg zur ,,sozialistischen Marktwirtschaft" orientiert sich die chinesische
Regierung an fünf wirtschaftspolitischen Zielvorgaben (S
CHÜLLER
, M. 2000, S. 147):

Kap. 3: Chinas Weg zur Marktwirtschaft seit 1978
20
·
dem Wirtschaftswachstum,
·
der relativ hohen Preisstabilität,
·
der außenwirtschaftlichen Integration,
·
dem hohen Beschäftigungsstand und
·
einem relativ hoher Lebensstandard verbunden mit einer möglichst ausgegli-
chenen Einkommensverteilung.
Das Wirtschaftswachstum hat die oberste Priorität unter den fünf Zielvorgaben.
Ausgehend von der kapitalistischen Sichtweise, dass ohne ökonomisches Wachstum
eine generelle Verbesserung des allgemeinen Lebensstandards nicht erreicht werden
kann, ist es der Schlüssel für eine erfolgreiche Modernisierung des Landes. Voraus-
setzung hierfür ist sowohl ein Strukturwandel im Bereich der einzelnen Branchen als
auch der drei Wirtschaftssektoren.
Eine relativ hohe Preisstabilität soll die schrittweise Liberalisierung der Märkte
vor dem Überhitzen der Konjunktur (wie 1989 und 1993/94 geschehen) schützen.
Die außenwirtschaftliche Integration ist durch den Beitritt in die WTO institutionell
untermauert. Inwieweit und in welcher Form diese Integration Auswirkungen auf die
VR China hat, werden die nächsten Jahre zeigen. Den hohen Beschäftigungsstand
versucht die Regierung u.a. durch Vorgaben an die Unternehmen zu regulieren, die
sich noch in staatlicher Hand befinden. Auch die hohen Staatsinvestitionen, die das
Wirtschaftswachstum unterstützen, sollen indirekt die Beschäftigung auf hohem Ni-
veau halten (vgl. Kapitel 2.3). Die Vorgabe eines relativ hohen Lebensstandards wird
durch die Verfolgung der anderen Ziele mitgetragen.
Im Verlauf der neunziger Jahre wurden weitere marktwirtschaftlich orientierte
Reformmaßnahmen durchgeführt. Es kam u.a. zu einer Neuordnung des öffentlichen
Finanzsystems (H
EILMANN
, S. 2000, S. 77). Die Deutsche Botschaft sieht in einer in
2002 veröffentlichten Analyse weiterhin den Schwachpunkt der chinesischen Wirt-
schaft im Finanz- und Bankensystem. Die OECD warnt, dass das ,,sumpfige" Zu-
sammenspiel ertragsschwacher (Staats-)Unternehmen und risikobelasteter Banken
durchbrochen werden muss. Der Prozentsatz ,,fauler Kredite" wird auf 30-50 Prozent
geschätzt (D
EUTSCHE
B
OTSCHAFT
IN
C
HINA
2002).
Die Umstrukturierung der staatlichen Betriebe bewirkt nach Einschätzung der
Researchabteilung der DZ B
ANK
eine zurückhaltende Konsumnachfrage der privaten
Haushalte, da diese aufgrund von drohender Arbeitslosigkeit und der dadurch her-
vorgerufenen wirtschaftlichen Unsicherheit mehr sparen. Trotzdem sei es mittel- bis
langfristig eine der wichtigsten Aufgaben, den Privatisierungsprozess zu forcieren
(DZ B
ANK
2001, S. 8).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2003
ISBN (eBook)
9783832469641
ISBN (Paperback)
9783838669649
DOI
10.3239/9783832469641
Dateigröße
4 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Münster – Geowissenschaften, Geographie
Erscheinungsdatum
2003 (Juli)
Note
1,3
Schlagworte
china markteintritt internationalisierung marktanalyse maschinenbau
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