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Neue Medien und Betriebliche Weiterbildung

Formen und Einsatz computer- und netzbasierter Lehr-Lernsysteme in der Betrieblichen Weiterbildung

©2000 Diplomarbeit 132 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Wer auf dem Laufenden bleiben will, muss ständig dazulernen. Dabei sind traditionelle Seminare oft zeitraubend, wenig bedarfsgerecht und aufwendig (Ausfallzeiten im Unternehmen, lange Anfahrtswege, Hotelkosten etc.). Hier soll das e-Learning eine Alternative bieten und nicht nur die betriebliche Weiterbildung, sondern das gesamte Bildungssystem revolutionieren. Doch wie ist der tatsächliche Stand des e-Learning in deutschen Unternehmen?
Für die Vermittlung neuer Wissensbestände und beim Trainieren neuer Verhaltensweisen können e-Learning-Szenarien eine wesentliche Rolle übernehmen und in vielfältiger Weise in Lernprozesse eingebunden werden. Ihre technischen Entwicklungsmöglichkeiten scheinen nahezu unbegrenzt. In der Literatur und auf einer Masse von Tagungen, Kongressen, Messen, Expertensymposien und ähnlichen Veranstaltungen, sind in den letzten Jahren interaktive Lernsysteme als ein ideales Medium für die betriebliche Qualifizierung vorgestellt worden. Allerdings fehlen quantitative Untersuchungen über den Einsatz interaktiver Lernsysteme in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung. Die Forschungsarbeiten der Informatik, Pädagogik und Psychologie sind vorwiegend qualitativer Natur, und thematisierten in der Vergangenheit hauptsächlich technische Systemmerkmale, ausgewählte Aspekte des isolierten Mensch- Maschine-Lernprozesses bzw. Aspekte des Lernverhaltens von Schüler/-innen in der schulischen Ausbildung.
Die Computernutzung in Bildungskontexten wird seit über 30 Jahren „in Wellen abwechselnder Euphorie und Depression“ debattiert. Im Rahmen einer quantitativen Untersuchung zum Stand des e-Learning in der beruflichen Aus- und Weiterbildung in deutschen Unternehmen stellen KERRES und GORHAN bereits im Jahre 1999 fest, dass die technischen Voraussetzungen für multi- und telemediales Lernen in der betrieblichen Weiterbildung gegeben sind, und zwar sowohl hinsichtlich der Leistungsfähigkeit als auch der Verbreitung entsprechender Technologien.
Gang der Untersuchung:
Die Diplomarbeit beinhaltet in acht Kapiteln die Klärung der Begrifflichkeiten zum e-Learning, die historische Entwicklung computerbasierter Lehr-Lernsysteme, die Darstellung der Technologien, die zum Zeitpunkt der Entstehung der Arbeit unter dem Begriff der Neuen Medien gefasst wurden, die lernpsychologischen Ansätze und deren Einfluss auf computerbasierte Lehr-Lernsysteme, die Formen und Merkmale dieser Lehr-Lernmedien, den Einsatz computer- und […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 6639
Freikamp, Henriette: Neue Medien und Betriebliche Weiterbildung - Formen und Einsatz
computer- und netzbasierter Lehr-Lernsysteme in der Betrieblichen Weiterbildung
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Halle, Universität, Diplomarbeit, 2000
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

Inhalt
Einleitung
1
Kapitel 1
Neue Medien ­ Begriffsbestimmung
1.1. Medien und Bildungsmedien
4
1.2. Alte und neue Bildungsmedien
6
1.2.1. Das Buch
6
1.2.2. Anschauungsmaterialien
6
1.2.3. Der Film
6
1.2.4. Der Rundfunk
7
1.2.5. Das Fernsehen
7
1.2.6. Die Videotechnik
7
1.2.7. Die Neuen Medien
8
1.3. Zusammenfassung
11
Kapitel 2
Die historische Entwicklung computerbasierter Lehr-
Lernsysteme
2.1. Die Ursprünge in Amerika
13
2.2. Die Entwicklung in Deutschland
15
2.3. Zusammenfassung
19
Kapitel 3
Lerntheoretische Ansätze und deren Einfluss auf
die Konzeption medialer Lernangebote
3.1. Behavioristische Ansätze
21
3.1.1. Die theoretischen Annahmen
21
3.1.2. Die Programmierte Instruktion
22
3.2. Kybernetische Ansätze
23
3.2.1. Theoretische Annahmen
23
3.2.2. Objektivierte Lehrverfahren
24
3.3. Kognitive Ansätze
25
3.3.1. Theoretische Annahmen
25
3.3.2. Adaptivität und interaktive Medien
27
3.3.3. Intelligente tutorielle Systeme
27
3.4. Situierte Ansätze
28
3.4.1. Theoretische Annahmen
28
3.4.2. Konstruktivistische Modelle des didaktischen Design
29
3.4.3. Aktuelle Modelle
30
3.5. Zusammenfassung
31

Kapitel 4
Die Formen computer- und netzbasierter Lehr-Lernsysteme
4.1. Begriffe
34
4.2. Formen computerbasierter Lehr-Lernprogramme
35
4.2.1. Hilfesysteme
35
4.2.2. Drill & Practice-Programme
36
4.2.3. Tutorielle Systeme
36
4.2.4. Intelligente Tutorielle Systeme
37
4.2.5. Simulationssysteme
43
4.2.6. Hypertext/Hypermedia
46
4.3. Grenzen beim Umgang mit Lehr-Lernprogrammen
47
4.4. Einsatzmöglichkeiten von CBT
48
4.5. Web Based Training (WBT)
49
4.5.1. Breites und vielfältiges Informationsangebot
52
4.5.2. Kritischer Umgang mit Informationen
54
4.5.3. Eigene Informationsproduktion
55
4.5.4. Neue Formen der sozialen Interaktion
56
4.5.5. Subjektiv bedeutungsvolles Handeln
57
4.6. Der Medienverbund
58
4.7. Zusammenfassung
60
Kapitel 5
Die Merkmale computer- und netzbasierter Lehr-Lernsysteme
5.1. Interaktivität
62
5.2. Adaptivität und Individualisierung
64
5.3. Multicodierung und Multimodalität
65
5.4. Möglichkeiten des selbstorganisierten Lernens
66
5.5. Zusammenfassung
69
Kapitel 6
Der Einsatz computer- und netzbasierter Lehr-Lernsysteme
In der betrieblichen Weiterbildung
6.1. Begriffsbestimmung
71
6.2. Die Betriebliche Weiterbildung
71
6.2.1. Betriebsexterne Weiterbildung
73
6.2.2. Betriebsinterne Weiterbildung
74
6.2.3. Mischformen der Weiterbildung
75
6.2.4. Weiterbildung im Weiterbildungsverbund
75
6.2.5. Überbetriebliche Weiterbildung
75
6.3. Lernszenarien in der betrieblichen Weiterbildung
76
6.3.1. Kurzeinweisung durch Kollegen und Vorgesetzte
76
6.3.2. Gründliche Einweisung
76
6.3.3. Selbststudium anhand von Bedienungshanbüchern u.a.
76
6.3.4. Weiterbildung durch Fernunterricht
77
6.3.5. Lernen im Qualitätszirkel und der Lernstatt
78
6.3.6. Kooperative Selbstqualifikation
78

6.3.7. Lehrveranstaltungen
79
6.3.8. Informationsveranstaltungen
79
6.3.9. Weiterbildung mit Hilfe interaktiver Lernsysteme
79
6.4. Rahmenbedingungen für den Einsatz computer- und
netzbasierter Lehr-Lernsysteme
79
6.4.1. Gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Wandel
80
6.4.2. Steigender Qualifikationsbedarf
82
6.4.3. Kosten für Weiterbildungsmaßnahmen
83
6.4.4. EDV-Markt
83
6.4.5. Weiterbildungspersonal
83
6.4.6. Medienmarkt
84
6.4.7. Technikentwicklung
85
6.4.8. Möglichkeit des selbstorganisierten Lernens
86
6.5. Die Anwendung computer- und netzbasierter Lehr-Lernmedien in
der betrieblichen Bildungspraxis
86
6.5.1. Computergestützte Informations- und Bedienhilfen
am Arbeitsplatz
87
6.5.2. Computergestützte Beratungshilfen am Arbeitsplatz
87
6.5.3. Selbstlernplätze
88
6.5.4. Selbstlernzentren
89
6.5.5. Interaktive Medien in Seminaren
92
6.5.6. Kombinierter Einsatz interaktiven und multimedialen
Lernens in der arbeitsplatznahen Qualifizierung
93
6.5.7. Tele-Teaching
95
6.5.8. Offenes Tele-Lernen
96
6.5.9. Tele-Tutoring
96
6.6. Zusammenfassung
100
Kapitel 7
Studien zum Einsatz computer- und netzbasierter Lehr-
Lernsysteme
7.1. Technische Voraussetzungen
102
7.2. Verfügbarkeit von Lernsoftware
104
7.3. Mediendidaktische Konzeptionen
105
7.4. Die Nutzung von mediengestützten Lernsystemen in der Weiterbildung
106
7.5. Lerneffekte des mediengestützten Lernens
109
7.6. Die Effizienz des mediengestützten Lernens
110
7.7. Qualitative Effekte des Medieneinsatzes
111
7.8. Mediengestütztes Lernen und Weiterbildungsorganisation
112
7.9. Zusammenfassung
113
8. Fazit
115
Literatur
121

Einleitung
1
Einleitung
Wir leben in einer Gesellschaft, in der jede Minute auf der Welt eine neue Formel, alle
drei Minuten die Erkenntnis über einen neuen physikalischen Zusammenhang, alle fünf
Minuten eine medizinische Neuerung entsteht. Zur Zeit verdoppelt sich das kollektive
gesellschaftliche (Fach-)Wissen alle fünf bis zehn Jahre, während die Hälfte davon in
ca. drei bis sechs Jahren schon wieder veraltet sein wird.
1
Der Übergang von der Industrie- zur
Informationsgesellschaft
2
, in der ,,Menge, Ge-
schwindigkeit und Effizienz bei der Informationsbeschaffung und ­verarbeitung höchste
Priorität haben" (Europäische Kommission 1997, zitiert nach M
ANDEL
/R
EINMANN
-
R
OTHMEIER
1998, S. 193), zeigt sich in den Veränderungen nahezu aller Bereiche unse-
rer Gesellschaft. Die rasante Entwicklung auf dem Sektor der Informations- und Kom-
munikationstechnologien ist zu einem markanten Kennzeichen unserer Zeit geworden.
Vor allem in Industrie und Wirtschaft, aber auch in Wissenschaft, Bildung sowie im
privaten Bereich des Einzelnen haben die neuen Technologien einen Wandel in Gang
gesetzt. Die Vorteile der neuen Technologien, wie z.B. der rasche und leichte Zugang
zu Informationen und die Unabhängigkeit von Ort und Zeit beim Umgang mit Selbigen,
sind der Ausgangspunkt für die
Globalisierung der Märkte. Ein Unternehmen ist nicht
mehr an regionale Grenzen gebunden, sondern kann seine Produkte bzw. Dienstleistun-
gen in allen Teilen der Welt vertreiben.
Neben diesen neuen wirtschaftlichen Umständen erfordern die zunehmende
Flexi-
libisierung und Technisierung innerhalb der Arbeitsbedingungen veränderte Qualifika-
tionen der Beschäftigten. Die Notwendigkeit der Weiterbildung der Mitarbeiter eines
Unternehmens, und die steigenden Kosten für Weiterbildungsmaßnahmen, ermöglichten
computer- und netzbasierten Lehr-Lernsystemen den Einzug in die betriebliche Bil-
dungspraxis. Allen Ortens werden die Potentiale und Möglichkeiten dieser neuen Lehr-
Lernmedien thematisiert, diskutiert und propagiert. Zahlreiche Messen, Tagungen,
Kongresse etc. sind geprägt von einem Thema: Das Lernen mit den
Neuen Medien.
1
Das gläserne Gedächtnis. Wissensmanagement: Geteiltes Wissen ist mindestens doppeltes Wissen. Pres-
semitteilung Milestones. http://www.berlinews.de/archiv/447.shtml; 5.6.1999, S.1
2
Die
Informationsgesellschaft meint in diesem Zusammenhang jene soziale Struktur, in welcher das
Herstellen, Verarbeiten und Verteilen von Informationen eine zentrale Stellung einnimmt. Diese Gesell-
schaftsform ist seit einigen Jahren am Entstehen und wird die Industriegesellschaft verdrängen. Ein Be-
weis dafür ist die Tatsache, dass immer weniger Menschen innerhalb des industriellen Prozesses beschäf-
tigt sind. Die industrielle Produktion wird in wachsendem Maße ohne die menschliche Arbeitskraft
auskommen, die dann für die Bedienung, Kontrolle und Wartung entsprechender Maschinen zuständig
sein wird. Eine steigende Zahl von Beschäftigten ist in Bereichen tätig, die sich hauptsächlich der Infor-
mationsentwicklung, -verarbeitung und ­verteilung widmen bzw. in denen der informative Sektor die
absolute Majorität darstellt (F
LUSSER
1996, S. 15f).

Einleitung
2
Aber was verbirgt sich hinter den schlagwortartig gebrauchten Begriffen? In welcher
Form und in welchem Ausmaß werden diese neuen Lehr-Lernformen in der betriebli-
chen Bildungspraxis eingesetzt? Besteht ein Konsens zwischen den euphorischen Aus-
sagen der Hersteller und Vertreiber entsprechender Medien und den tatsächlichen Ge-
gebenheiten in der betrieblichen Weiterbildung? Diese Fragen sollen in der
vorliegenden Arbeit beantwortet bzw. diskutiert werden.
Allerdings entstanden bei der Bearbeitung des Themas zusätzlichen Fragen, denen ich
mich nicht oder nur implizit widmen werde. Hierbei handelt es sich zum einen um die
Diskussion der tatsächlichen Effektivität des Lernens mit Neuen Medien, die meist
durch psychologische Studien geführt wird. Die sich daran anschließenden Fragen nach
dem didaktischen Design von Lehr-Lernmedien werden ebenfalls nicht in dieser Arbeit
besprochen. Der Diskussion um die Medienkompetenz werde ich mich in Rahmen die-
ser Arbeit nicht widmen, da sie meiner Ansicht nach bereits in der Schulbildung veror-
tet ist und nicht erst Thema der betrieblichen Weiterbildung sein darf. Die Veränderung
der Lehr-Lernformen durch den Einsatz computer- und netzbasierter Lehr-Lernformen,
lässt auf veränderte Funktionen bzw. Rollen des Weiterbildners innerhalb des Lehr-
Lernprozesses schließen. Auch diesen Umstand werde ich in dieser Arbeit nicht weiter
ausführen.
Bei der Bearbeitung des vorliegenden Themas, der Einsatz Neuer Medien in der betrieb-
lichen Weiterbildung, stützte ich mich weitestgehend auf wissenschaftliche Literatur.
Die Entwicklungen, die den Einsatz computer- und netzbasierter Lehr-Lernformen in
der betrieblichen Weiterbildung fördern, sind noch relativ neu. Die Veränderung von
Unternehmensorganisationen, Anforderungen an die Mitarbeiter und alternative Lern-
formen unterliegen einem ständigen Wandel. Aus diesem Grunde ist der Forschungs-
stand relativ lückenhaft. Der Großteil der Studien untersucht die Effekte des Lernens
mit Neuen Medien aus psychologischer Sicht. Dabei sind es meist Schüler und Studen-
ten, auf die sich die Untersuchungen konzentrieren. Die dabei getroffenen Aussagen
lassen sich nicht ohne weiteres auf den erwachsenen Lerner übertragen. Auch die Un-
tersuchungen zum Einsatz computer- und netzbasierter Lehr-Lernmedien in der betrieb-
lichen Weiterbildung sind rar. Bezogen auf einzelne Modellprojekte oder Fallstudien,
liefern sie beispielhafte Ergebnisse, die nicht die gesamte betriebliche Weiterbildungs-
landschaft abbilden können. Aus diesen Gründen kann die vorliegende Arbeit keinen
umfassenden Überblick geben, sondern lediglich Trends für den Einsatz Neuer Medien
in der betrieblichen Weiterbildung aufzeigen.

Einleitung
3
Im ersten Kapitel sollen die Begriffe Medien und Bildungs- bzw. Unterrichtsmedien
definiert werden. Im Anschluss erfolgt die Darstellung der Technologien, die z.Zt. unter
dem Begriff der Neuen Medien gefasst werden. Das zweite Kapitel geht auf die histori-
sche Entwicklung computerbasierter Lehr-Lernsysteme ein. Die lernpsychologischen
Ansätze und deren Einfluss auf computerbasierte Lehr-Lernsysteme ist das Thema des
dritten Kapitels. Die Formen und Merkmale dieser Lehr-Lernmedien werden im vierten
und fünften Kapitel vorgestellt. Das sechste Kapitel widmet sich dem Einsatz computer-
und netzbasierter Formen des Lehrens und Lernens in der betrieblichen Bildungspraxis.
Studien zum Einsatz Neuer Medien in der betrieblichen Weiterbildung sollen im sieben-
ten Kapitel vorgestellt werden. Den Abschluss der Arbeit bildet das achte Kapitel mit
einem Fazit.

Neue Medien - Begriffsbestimmung
4
Kapitel 1
Neue Medien ­ Begriffsbestimmung
Dieses Kapitel soll sich der Klärung der Begriffe
Medien bzw. Bildungsmedien und der
Neuen Medien widmen. Der Terminus Neue Medien wird meist schlagwortartig in den
Bereichen Bildung respektive Weiterbildung genutzt. Oft ist gar nicht klar, was eigent-
lich darunter zu verstehen ist. Viele Autoren gehen von einer breiten Übereinstimmung,
einem kollektiven Konsens, bezüglich des Begriffes aus und halten eine explizite Defi-
nition nicht für notwendig. In dieser Arbeit sollen, ausgehend von der Beschreibung
traditioneller Bildungsmedien, die Technologien vorgestellt werden, die aktuell unter
dem Begriff der
Neuen Medien zusammengefasst werden.
1.1. Medien und Bildungsmedien
In der Kommunikationswissenschaft versteht man unter
Medien traditionellerweise die
Mittler zwischen Sender und Empfänger. Vermittelt werden Informationen (H
ERBECK
1998, S. 219 und W
EIDENMANN
1997, S. 197).
D
ICHANZ
und K
OLB
verstehen das
Medium als ,,...Zeichen- bzw. Informationsträ-
ger..." aber auch als ,,...Zeichen- bzw. Informationssystem..., welches die Kommunika-
tion zwischen mindestens zwei Partnern unterstützt bzw. erst ermöglicht
(D
ICHANZ
/K
OLB
1975/6, zitiert nach K
ERRES
1998, S.15).
T
ULODZIECKI
definiert: ,,Im allgemeinsten Sinne des Wortes kann man die Form,
in der ein Inhalt präsentiert wird, als
Medium bezeichnen" (zitiert nach K
ERRES
1998,
S.15).
Unter dem Begriff der
Unterrichtsmedien
3
versteht H
ERBECK
(1998, S. 219) alle Me-
dien, die zur Vermittlung, Erarbeitung, Bearbeitung und Vertiefung von Lernstoff in
Lehr- und Lernsituationen eingesetzt werden.
D
ICHANZ
/K
OLB
definieren Unterrichtsmedien als Zeichenträger bzw. Zeichensys-
teme im didaktischen Feld" (zitiert nach K
ERRES
1998, S.15). Die Definitionsansätze
verdeutlichen die beiden Elemente des Medienbegriffes: der
Informationsträger und die
medial vermittelte, codierte
Information.
Eine weitere Unterscheidung trifft K
ERRES
bezüglich der Funktion des Mediums im
Lehr-Lernprozess, in Abhängigkeit davon, ob das Medium vom Lehrenden oder Ler-
nenden genutzt wird. In vielen Fällen kann ein Medium sowohl als Lehr- wie auch als
Lernmedium verwendet werden (ebd., S. 15f).
3
Der Begriff des Unterrichtsmediums entspricht dem von K
ERRES
genutzten Begriff des Bildungsmedi-
ums.

Neue Medien - Begriffsbestimmung
5
(a) Ein
Lehrmedium dient der Kommunikation von Lehrenden, indem es durch die
Darstellung bestimmter Informationen oder Lehrinhalte, die Aussage des Lehren-
den unterstützt bzw. besser verdeutlicht.
(b) Ein
Lernmedium dient der Beschäftigung von Lernenden mit einem Lerngegens-
tand.
Bei der Diskussion des Begriffs des
Bildungsmediums treffen nach K
ERRES
(1998,
S.18f) zwei Vorstellungen aufeinander:
·
Bildungsmedien sind solche Medien, die im Bildungskontext zum Einsatz kommen,
d.h. alle jemals im Bildungskontext verwendeten Medien sind als Bildungsmedium
zu bezeichnen.
·
Dem entgegen verweist der Begriff des Bildungsmediums auf einen inhaltlichen
Anspruch, so dass nicht alle zu Lehr- und Lernzwecken verwendeten Medien darun-
ter fallen können. Nach dieser Auffassung erhält ein Medium seine didaktische Wer-
tigkeit erst in einem entsprechenden Verwendungszusammenhang. Der didaktische
Anspruch kann nicht an den Merkmalen des jeweiligen Mediums gemessen werden.
Das heißt, ein Medium ist nicht grundsätzlich
besser bzw. schlechter als ein ande-
res. Mediale Lernangebote können die Anregung von Bildungsprozessen unterstüt-
zen, doch erst der sinnvolle Einsatz in der Lernsituation bestimmt den Wert eines
Mediums.
K
ERRES
vertritt die Meinung, ,,dass die didaktische Wertigkeit eines Mediums nicht a
priori an Merkmalen von Medien oder Mitteln (seien sie inhaltlicher, methodischer oder
gestalterischer Art) festgemacht werden kann, sondern nur in dem Zusammenhang, in
dem das Medium Verwendung findet" (ebd., S. 18) Gemeint ist die Tatsache, dass me-
diale Lernangebote Bildungsprozesse erst anregen können, wenn die situativen Bedin-
gungen der Lernumgebung dies ermöglicht ­ die Situation bestimmt den Wert des Me-
diums. Der Begriff des Bildungsmediums unterstreicht die
Zielperspektive: Der Einsatz
des Mediums geschieht immer, um eine bestimmte didaktische Intention zu erreichen
(ebd., S. 19). Dem schließe ich mich an, da es meiner Ansicht nach nicht reicht, irgend-
ein Medium einzusetzen, nur um überhaupt ein Medium für die Veranschaulichung ei-
nes Lehrstoffes im Unterricht bzw. im Seminar heranzuziehen. Wichtig ist der sinnvolle
Einsatz nach den Faktoren: Welche Ziele sollen mit dem Einsatz des Mediums erreicht
werden und kann das gewählte Medium diesen Anspruch erfüllen?

Neue Medien - Begriffsbestimmung
6
1.2. Alte und neuen Bildungsmedien
Bevor explizit auf die sogenannten
Neuen Medien eingegangen wird, soll ein kurzer
Überblick über die geschichtliche Entwicklung verschiedener traditioneller Bildungs-
medien gegeben werden. Die Verwendung technischer Hilfsmittel und Medien lässt sich
in der Geschichte der Pädagogik weit zurückverfolgen. Gegenstände wurden herange-
zogen, um Sachverhalte zu erklären, zu veranschaulichen bzw. zu üben. Bereits aus der
Antike liegen spezielle Objekte vor, z.B. Tonscherben mit Buchstaben- und Silben-
übungen, die mit pädagogischer Intention angefertigt wurden (K
ERRES
1998, S. 13 und
M
EISTER
/S
ANDER
1999, S. 8).
1.2.1. Das Buch
Die Entwicklung beweglicher Buchdrucklettern Mitte des 15. Jahrhunderts durch Jo-
hannes G
UTENBERG
legte, zumindest in Europa, den Grundstein zur Etablierung des
ersten Massenmediums, dem Buch. Mit der Verbreitung des Buchdrucks, versuchten
auch die ersten Pädagogen das Potential des Mediums für die Vermittlung von Wissen
zu nutzen. Im Jahr 1658 erschien eines der ersten speziell für den Schulunterricht kon-
zipierten Bücher. Die Rede ist von der bebilderten Fibel
Orbis sensualim pictus, die von
A
RMENIUS
C
OMENIUS
als Schulbuch für den Sach- und Sprachunterricht eingesetzt
wurde. Das Buch etablierte sich als frühestes und bis heute bedeutendes Bildungsmedi-
um (F
ICKERT
1992, S. 14; M
EISTER
/S
ANDER
1999, S. 9).
1.2.2. Anschauungsmaterialien
In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erkannten R
ATKE
und C
OMENIUS
das Poten-
tial realer Gegenstände als Lehr- und Lernmittel. Für den Naturkundeunterricht wurden
Sammlungen mit Präparaten, Modellen etc. eingerichtet, die vor allem der Veranschau-
lichung von Lehrinhalten dienten (K
ERRES
1998, S. 13). August Hermann F
RANCKE
richtete beispielsweise in Halle ein
Realienkabinett ein, in welchem den Lehrenden von
Missionaren in aller Welt gesammelte Objekte zur Verfügung standen, die zur Veran-
schaulichung der Lehrinhalte verwendet wurden (M
EISTER
/S
ANDER
1999, S. 9).
1.2.3. Der Film
Erste pädagogische Diskussionen um
neue Medien wurden zu Anfang des 20. Jahrhun-
derts mit dem Aufkommen des Films geführt. Trotz heftiger Debatten
4
konnte sich der
4
Pädagogen haben schon sehr früh die Bedeutung der Medien für die Sozialisation von Kindern und
Jugendlichen thematisiert. Im Brennpunkt der Diskussion stand schon immer die bewahrpädagogische
Warnung vor den Gefahren medialer Kommunikation. Die
Bewahrpädagogik hatte und hat die Heraus-
bildung der Fähigkeit zur kritischen Distanzierung gegenüber den Medien bei den Adressaten zum Ziel.
Der Fernseh- bzw. Computernutzer wird als hilflos gegenüber den Manipulationsmechanismen der Me-
dien gesehen, den es vor diesen zu schützen gilt. Diese ideologiekritischen wie moralisierenden Ansätze
übersehen dabei, dass der Nutzer nicht vor den Medien bewahrt werden kann, da sie in jeden Lebensbe-

Neue Medien - Begriffsbestimmung
7
Film als Bildungsmedium etablieren. Allerdings erst zwanzig Jahre nachdem die ersten
öffentlichen Filmvorführungen stattfanden
5
, wurde dieses Medium verstärkt als Schul-
und Bildungsmedium eingesetzt. Im 1921 erschienenen
Amtlichen Verzeichnis der deut-
schen Lehrfilme waren bereits ca. 2000 Titel enthalten. Erst Ende der 20er Jahre, mit der
Beseitigung technischer Probleme (z.B. leichte Entflammbarkeit des Filmmaterials),
wurde der Film verstärkt im Schulunterricht eingesetzt (M
EISTER
/S
ANDER
1997, S. 9;
F
ICKERT
1992, S. 14).
1.2.4. Der Rundfunk
Die Ausstrahlung regelmäßiger Rundfunksendungen begann ab 1923 in Berlin. Nach
kurzer Zeit wurde der Rundfunk verstärkt als Bildungsmedium eingesetzt. Ab 1926
wurden täglich Schulfunksendungen ausgestrahlt (F
ICKERT
1992, S. 15).
1.2.5. Das Fernsehen
1952 begann der
Nordwestdeutsche Rundfunk von Hamburg aus mit der ständigen Aus-
strahlung von Fernsehsendungen. Zwei Jahre später eröffneten die Landesrundfunkan-
stalten ihr gemeinsames
ARD-Programm. 1963 nahm das Zweite Deutsche Fernsehen
(
ZDF) seinen Sendebetrieb in Mainz auf. Das Fernsehen begann seinen Siegeszug als
Unterhaltungs-, Informations- aber auch als Bildungsmedium. Seit 1964 stellten das
Schulfernsehen und dritte Programme ein systematisches Studien- und Bildungsangebot
bereit. Medienverbundprogramme mit teilweise staatlich anerkannten Abschlüssen wie
z.B. das `Telekolleg' wurden seither angeboten (ebd., S. 15).
1.2.6. Die Videotechnik
Die Vielzahl der Bildungsangebote, die vom Fernsehen ausgestrahlt wurden, konnte erst
mit der aufkommenden Videotechnik pädagogisch voll genutzt werden. Die Möglich-
keit des Mitschnitts entsprechender Sendungen beendete die Gebundenheit an die Zeit-
vorgaben der Rundfunkanstalten. Anfangs behinderten unerschwingliche und schwer
bedienbare Videorecorder den Einsatz der Videotechnik im Unterricht. In den 80er Jah-
ren erlangten die Videosysteme eine bessere technische Qualität, sie wurden handlicher
und benutzerfreundlicher, gleichzeitig aber preiswerter. Diese Entwicklung führte zu
einer steigenden Akzeptanz im Bildungsbereich (ebd., S. 16).
reich eingedrungen und mittlerweile alltäglich sind. Der Nutzer sollte im Gegenteil die Kompetenz zum
`richtigen' Umgang mit den Medien erhalten ­ die
Medienkompetenz (L
ENZEN
1989, S. 1037ff).
5
Im Jahre 1895 fanden die ersten öffentlichen Filmvorführungen durch die Gebrüder L
UMIERE
in Paris
und S
KLADENOWSKI
in Berlin statt. Der Film wurde überwiegend als Sensation auf Rummelplätzen und
in Wanderkinos gezeigt (F
ICKERT
1992, S. 14).

Neue Medien - Begriffsbestimmung
8
1.2.7. Die Neuen Medien
H
ÜTHER
und T
ERLINDEN
(1986, S.13) bemängelten die Irreführung durch das Schlag-
wort
Neue Medien. Die Neuartigkeit, so die Autoren, liegt keineswegs in den Medien
selbst, sondern in der Form, in der Informationen sichtbar und hörbar werden. Die er-
weiterten Nutzungsmöglichkeiten der bereits bestehenden Medien durch deren Kombi-
nation und Anbindung an den Fernsehbildschirm sind neu. Diese Aussage entstammt
einer Zeit, in der Bildschirmtext, Kabelfernsehen und Videotechnik zu den Neuen Me-
dien zählten, bei denen der Fernsehbildschirm den Mittelpunkt des Kommunikationsge-
schehens bildete. Das Internet steckte noch in den Kinderschuhen und von einer Infor-
mationsflut konnte noch keine Rede sein. Wendet man die Ansicht allerdings auf den
Computer an, würde diese Meinung nachvollziehbar werden: Der Computer als Mittel-
punkt des Geschehens wird mit anderen Medien (z.B. Videokammera oder Beamer)
kombiniert und mit anderen PCs zu einem globalen Netzwerk zusammengeschlossen.
Mittels intelligenter Softwarelösungen (z.B. Groupware, d.h. Software, die das koopera-
tive und kommunikative Zusammenarbeiten mehrerer Teilnehmer unterstützt) können
die Nutzungsmöglichkeiten erweitert werden. Was fällt also aus heutiger Sicht unter den
Begriff der
Neuen Medien?
Die
Neuen unterrichtlichen Medien können Teile der Telekommunikationsmedien, z.B.
Mobilfunk und E-Mail, enthalten, die häufig unter dem Begriff
Neue Medien bzw. In-
formations- und Kommunikationstechnologien (IuK) zusammengefasst sind (H
ERBECK
1998, S. 219). Nach W
ILLIAMS
, R
ICE
und R
OGER
werden die
Neuen Medien durch die
Merkmale Interaktivität, Individualität und die Möglichkeit der Asynchronität des
Kommunikationsprozesses, d.h. dieser kann zeit- und ortsunabhängig vollzogen wer-
den, charakterisiert. Ein viertes Merkmal ist die Multimedialität:
·
Interaktivität: Die Möglichkeit von Aktion und Reaktion von Lehr-Lernsystemen
bzw. ­programmen. D.h., die Systeme bzw. Programme reagieren auf Benutzerein-
gaben, wodurch Ablaufalternativen im Lerngeschehen entstehen. Dabei handelt es
sich um keine echte menschliche Interaktion
6
.
·
Individualität: Die Möglichkeit der Kontrolle der Kommunikation durch den Me-
diennutzer. Bei den Neuen Medien besteht die Möglichkeit, sich ein individuelles
Informationsangebot zusammenzustellen.
·
Asynchronität: Die Möglichkeit, Informationen zeitversetzt und ortsunabhängig
auszutauschen. Sender und Empfänger müssen nicht zeit- und ortsgleich kommuni-
zieren.
6
Interaktion (aus dem Lateinischen) ist die Wechselbeziehung zwischen den Individuen innerhalb einer
Gesellschaft, bei der sich die Handlungen der einzelnen Mitglieder an den Erwartungen der anderen in
Gruppen und größeren sozialen Systemen wechselseitig orientieren (Brockhaus Enzyklopädie 1986, S.
666)

Neue Medien - Begriffsbestimmung
9
·
Multimedialität: Möglichkeit, Informationen nicht mehr nur visuell über Texte und
Bilder, sondern zusätzlich auditiv durch Sprache und Musik zu erhalten. Die Infor-
mationsübermittlung erfolgt über mehrere Sinnesebenen
7
(H
ERBECK
1998, S. 220f).
Auf diese Merkmale werde ich zu einem späteren Zeitpunkt gesondert eingehen (vgl.
Kapitel 5: Merkmale computerbasierter Lehr-Lernprogramme in dieser Arbeit).
Der Begriff
Neue Medien hat sich auch in der Weiterbildung allgemein durchgesetzt,
obwohl er nach H
ERBECK
,,denkbar ungeeignet ist, da die Begrifflichkeit `Neue' immer
einem Wandel unterliegen wird" (ebd. 1998, S. 221). In den 80er Jahren stand der Beg-
riff für die Technologien, die sich um den Fernseher gruppierten (z.B. Videoaufzeich-
nung). In den 90er Jahren wurde der Computer und dazugehörige Technologien (z.B.
Bildplatte, CD-ROM) als die Neuen Medien bezeichnet. Zur Zeit werden Netzwerke
und deren Anwendungen (z.B. Inernet, Intranet) unter dem Begriff der Neuen Medien
verstanden. Nicht mehr der Computer, sondern deren Vernetzung ist das
Neue Element
(ebd., S. 221).
a) Der Computer
Vor ca. zehn Jahren gab es nur in naturwissenschaftlichen Einrichtungen oder wenigen
Unternehmen Großcomputer. Ursprünglich als reine Rechenmaschine konzipiert, wurde
er bald zur Informationsverarbeitung herangezogen. Inzwischen scheint es keinen Be-
reich mehr zu geben, in dem der Computer nicht eingesetzt werden könnte. Der PC, wie
man ihn heute kennt, besteht aus:
·
Hardware (Zentraleinheit, Speichermedien, Monitor, Tastatur, Maus, Drucker und
weitere Zusatzgeräte) und
·
Software (Gruppe der Betriebssysteme wie z.B. MicroSoft Windows/DOS, die den
eigentlichen Betrieb organisieren und die Anwendungsprogramme wie z.B. zur
Textverarbeitung, Tabellenkalkulation oder Bildverarbeitung, die Werkzeuge für
den Benutzer sind).
Alle Informationen werden digital verarbeitet. Bilder, Texte, Töne etc. werden in binä-
rer Form gespeichert und verarbeitet und können so verlustfrei kopiert und transportiert
werden. Mit jeder neuen Computergeneration verdoppeln sich die Rechnergeschwin-
digkeiten und Speicherkapazitäten. Beim
Multimedia PC ist der Computer mit zahlrei-
chen Zusatzkomponenten ausgestattet, die andere Medien (z.B. Fernsehen oder Radio)
7
Bei den Lerntypen werden vier
Sinneskanäle unterschieden: (a) visuelles Lernen über die Augen, (b)
auditives Lernen über die Ohren, (c) haptisches Lernen über den Tastsinn und (d) olfaktorisches über die
Nase. Die Sinneswahrnehmungen des Gleichgewichts oder des Geschmacks werden in der Regel nicht
berücksichtigt (H
ERBECK
1998, S. 221).

Neue Medien - Begriffsbestimmung
10
simulieren können. Durch die Digitalisierung im Computer kann man viele Medien
kombinieren. Der Computer ist das zentrale Bearbeitungsgerät, an den alle Zusatzgeräte
angeschlossen werden können (ebd., S. 221).
Multimedia ist das Schlagwort, unter dem die Computerindustrie seit Anfang der
90er Jahre ihre Hard- und Software weltweit vermarktet. Die multimediale Integration
von Ton, Bewegtgrafik, Foto und Video soll zu einem neuen universellen Medium füh-
ren, welches menschliche Interaktions- und Kommunikationsformen grundlegend ver-
ändert (N
IEGEMANN
1995, S. 39).
Ein weiteres oft verwendetes Schlagwort in diesem Zusammenhang ist der Begriff
Hypertext bzw. Hypermedia. Ein Hypertext ist ein digitaler Text mit Querverweisen.
Sind auch Bild- und Bewegtbildinformationen eingeschlossen, spricht man von Hyper-
media. Bei diesem Medium werden verschiedene Lernebenen über sogenannte Links
verknüpft. Der Lerner kann diesen Links folgen und so seinen individuellen Weg durch
das Informationsangebot nehmen. Die
CD-ROM (Compakt Disk Read Only Memory)
hat sich in den letzten Jahren zum beliebtesten transportablen Speichermedium entwi-
ckelt. Darauf lassen sich auf sehr kostengünstige Weise komplexe Anwendungspro-
gramme oder z.B. multimediale Lernprogramme speichern (H
ERBECK
1998, S. 225ff).
b) Computer-Netze
Die Vernetzung stellt eine neue Qualität in der Nutzungsmöglichkeit von Computern
dar. Mit der Verbindung von Großcomputern untereinander entstand ein Netzwerk.
·
LAN, WAN und Intranet: Das Local Area Network (LAN) entstand aus der gemein-
samen Nutzung eines Peripheriegerätes (z.B. Drucker) durch viele Computer. Später
kam die gemeinsame Nutzung von Speicherkapazitäten und die Möglichkeit, Daten
zwischen den einzelnen Clients (Nutzern) auszutauschen, hinzu. Während sich das
LAN in der Regel nur über Büros innerhalb eines Gebäudes erstreckt, kann das
Wi-
de Area Network (WAN) Computer miteinander verbinden, die sich örtlich weit
voneinander entfernt befinden. Hier gewinnt die Kommunikation zwischen den
Komputern eine größere Bedeutung. Das
Intranet ist eine Abspaltung, die aus dem
Internet (siehe unten) entstanden ist. Damit wird eine Kopplung zwischen zwei
Netzwerken beschrieben. Diese Netzwerke sind im Prinzip in sich geschlossen, d.h.
niemand Unbefugtes sollte von außen hereinkommen und Zugriff auf z.B. unter-
nehmensinterne Daten erhalten. Sie können aber eine Anbindung an außerhalb lie-
gende Netzwerke haben, d.h. die Mitarbeiter eines Unternehmens können aus dem
Intranet z.B. in das Internet gelangen und dort Informationen bekommen.
·
Internet: Ende der 60er Jahre konstruierte das amerikanische Verteidigungsministe-
rium ein Computer-Netz
8
, welches gegen Sabotage und Atomkrieg gefeit sein sollte.
8
Das ARPANET = Advanced Research Projekt Agency Network entstand 1969 (D
ÖRING
1997, S. 306).

Neue Medien - Begriffsbestimmung
11
Es verband viele Subnetze ohne zentrale Kontrolle zu einem weltumspannenden
Netzwerk. Dieses Netzwerk verbreitete sich in den 70er und 80er Jahren vor allem
im akademischen Bereich
9
und seit Beginn der 90er Jahre immer mehr auch auf
kommerziellem bzw. wirtschaftlichem Gebiet. Es ist das derzeit umfangreichste
Computer-Netzwerk der Erde. Die ersten verfügbaren Dienste waren noch recht
primitiv
10
. Ende der 80er Jahre wurden zwei Arten von Informationssystemen ent-
wickelt, die einen wesentlich bequemeren Zugriff auf weltweit verstreute Informati-
onen ermöglichen:
Gopher
11
und das
World Wide Web (WWW).Der 1989 am
CERN
12
entwickelte Internet-Dienst WWW war Auslöser des am Beginn der 90er
Jahre einsetzenden Internet-Booms. Er erlaubt ein leichtes Navigieren durch das ge-
samte Internet per Mausklick. Es gehört zum guten Image jeder Universität und je-
der Firma in den 90er Jahren, im WWW präsent zu sein. Die Menge der am WWW
erreichbaren Informationen ist bereits so umfangreich und unüberschaubar gewor-
den, dass das größte Problem darin liegt, eine nützliche Information aufzufinden.
Deshalb sind Suchhilfen zu einem wichtigen Hilfsmittel geworden. Der Zugang zum
Internet erfolgt über einen
Internet-Provider, der über eine Standleitung mit dem In-
ternet verbunden ist
13
(D
ÖRING
1997, S. 305ff; K
ORING
, 1997, S. 40ff und H
ERBECK
1998, S. 230ff).
1.3.
Zusammenfassung
Die beiden Elemente des Medienbegriffes sind die Bedeutung des Mediums als
Infor-
mationsträger, der die Übertragung medial vermittelter, codierter Information vom
Sender zum Empfänger unterstützt
.
Das
Bildungsmedium im speziellen, dient der Vermittlung, Erarbeitung, Bearbei-
tung und Vertiefung von Lernstoff in Lehr- und Lernsituationen. Der Begriff des Bil-
dungsmediums unterstreicht die
Zielperspektive: Der Einsatz des Mediums geschieht
immer, um eine bestimmte didaktische Intention zu erreichen. Die Verwendung techni-
scher Hilfsmittel und Medien lässt sich in der Geschichte der Pädagogik weit zurück-
9
Das MILNET (Military Network) spaltete sich ab, während für Wissenschafts- und Bildungszwecke das
NSFNET (National Science Foundation Network) mit besonders leistungsstarken Rechnern und Verbin-
dungen aufgebaut wurde. Es bildet heute einen wichtigen Teil des Internet (ebd., S. 306).
10
Telnet für den Zugriff auf Programme anderer Computer; FTP (File Transfer Protokol) für die Übertra-
gung von Dateien auf andere Computer;
E-Mail (Electronic Mail, elektronische Post) und Usenet News
für den Austausch von Informationen (Herbeck 1998, S. 229).
11
Gopher ist ein in Baumstruktur aufgebautes, verteiltes Informationssystem, welches in linearer Abfolge
Text präsentiert und FTP, Telnet sowie andere Dienste integriert. Gopher-Server werden zunehmend von
WWW-Servern abgelöst (D
ÖRING
1997, S. 317).
12
Das CERN = Centre Europeen de la Recherche Nucleaire ist das Europäische Kernforschungszentrum
in Genf (ebd., S. 307).
13
Ist der eigene Computer nicht direkt ans Internet angeschlossen, kann mittels eines Modems oder eines
ISDN-Anschlusses (die schließen den Computer an die Telefonleitung an) eine temporäre Verbindung
zum Netz über den Provider aufgebaut werden. Dieser Service kostet eine Gebühr (H
ERBECK
1998, S.
230).

Neue Medien - Begriffsbestimmung
12
verfolgen, die Gegenstände heranzog, um Sachverhalte und Lehrinhalte zu erklären, zu
veranschaulichen bzw. zu üben.
Der Begriff
Neue Medien ist eine recht unpassende Terminologie, da mit diesem,
im Wandel der Zeit und mit der rasanten Entwicklung der Informations- und Kommu-
nikationstechnologien, immer andere Medien definiert wurden. In den 80er Jahren stand
der Begriff für die Technologien, die sich um den Fernseher gruppierten (z.B. Video-
aufzeichnung). In den 90er Jahren wurde der Computer und dazugehörige Technologien
(z.B. Bildplatte, CD-ROM) unter den Begriff der Neuen Medien zusammengefasst. Zur
Zeit sind Netzwerke und deren Anwendungen (z.B. Inernet, Intranet) die Neuen Me-
dien. Nicht mehr der Computer, sondern deren Vernetzung ist das
Neue Element.
Eigentlich immer schon werden aufkommende Massenmedien (z.B. das Fernse-
hen) zunächst mit ,,kulturpessimistischer Verachtung" gestraft (H
ÜTHER
/T
ERLINDEN
1986, S. 14). Vor allem Pädagogen fordern rasch wirksame Schutzmaßnahmen gegen
neue Medienentwicklungen. Mit einiger Verzögerung folgt dann meist die Erkenntnis,
dass sich diese Medien auch didaktisch zur Unterstützung von Unterricht, Aus- und
Weiterbildung sinnvoll nutzen lassen. Das gleiche Grundschema ließ sich auch im Ent-
wicklungs- und Diskussionsverlauf um die heutigen Neuen Medien und ihren Einsatz in
Lehr-Lernsituationen beobachten (H
ÜTHER
/T
ERLINDEN
1986, S. 15). Vor dem Hinter-
grund gesellschaftlicher Entwicklungen, wechseln sich Phasen der Euphorie und Faszi-
nation für die Potentiale und Verwendungsmöglichkeiten, Zeiten der Ernüchterung über
nicht eingetretene Hypothesen und Ablehnung bzw. die eindringliche Warnung vor den
befürchteten sozialen Nebeneffekten computerbasierten Lernens ab. Trotz zunächst ge-
ringer Akzeptanz, scheinen die Neuen Medien ­ und mit ihnen die Möglichkeiten des
computerbasierten und netzbasierten Lehrens und Lernens ­ ihren Platz in Schule, Aus-
und Weiterbildung zu finden. Auf dieser Grundlage soll das nun folgende Kapitel die
historische Entwicklung computerbasierter Lehr-Lernsysteme bzw. -programme wie-
dergeben.

Historische Entwicklung computerbasierter Lehr-Lernpsysteme
13
Kapitel 2
Die historische Entwicklung computerbasierter
Lehr-Lernsysteme
2.1. Die Ursprünge in Amerika
Die erste Nutzung von Computern für Lehr- und Lernzwecke fällt in das Ende der 50er
Jahre. In dieser Zeit wurden die ersten Rechneranlagen in Universitäten zur Unterstüt-
zung administrativer Zwecke eingesetzt. Auch über den Einsatz der Großrechner für
Unterrichtszwecke wurde nachgedacht. Eines der ersten Programme war die von
S
YDNEY
L. P
RESSEY
1962 vorgestellte, nach ihm benannte
Pressey-Maschine
14
. Dieses
Programm fand damals keine große Beachtung (F
ICKERT
1992, S. 37). Nach
N
IEGEMANN
(1995, S. 27) entwarf P
RESSEY
die mechanischen Test- und Lehrvorrich-
tungen bereits in den 20er Jahren, auf deren Basis S
KINNER
und H
OLLAND
ihre
Lehrma-
schinen entwickelten. Deren Funktion bestand im wesentlichen darin, dem Lernenden
einen Lehrstoff in kleinen Schritten (frames) meist in Textform darzubieten, jeweils
gefolgt von Fragen. Die entsprechende Antwort war in die Maschine einzugeben, wor-
auf die richtige bzw. die gewünschte Antwort angezeigt und mit der des Lerners vergli-
chen wurde. Im Sinne des operanten Konditionierens
15
ist es für den Lernfortschritt un-
umgänglich, dass der Lernende ein korrektes Antwortverhalten zeigt, welches dann
verstärkt werden kann. Durch die Verstärkung sollte die Auftretenswahrscheinlichkeit
des korrekten Verhaltens erhöht werden.
S
KINNER
behauptete, dass derart konstruierte Lernprogramme die Verstärkung
sehr viel besser dosieren könnten als Menschen und deshalb geeignet seien, den Lehrer
zu ersetzen. Die U.S. Armee hat großes Interesse an dieser Art von Programmen und
förderte den Aufstieg S
KINNER
s und die Verbreitung der S
KINNER
-H
OLLAND
´schen
`Lehrmaschinen' (ebd., S. 28). Das amerikanische Militär ist nach S
CHULMEISTER
(1996) in der gesamten Geschichte der Lernsysteme ein ,,stabilisierender Faktor" (ebd.,
14
Bei dem linearen Konzept der
Pressey-Maschine wurde in einem Sichtfenster eine Testfrage nach dem
Multiple-Choice-Verfahren so lange präsentiert, bis das Programm aufgrund der richtigen Antwort oder
einer bestimmten Anzahl von falschen Antworten zur nächsten Frage überging (F
ICKERT
1992, S. 37).
15
Der Behaviorismus in seiner ursprünglichen Variante (das ,,klassische Konditionieren" nach P
AWLOW
)
ging davon aus, dass auf bestimmte Reize (Stimuli=Stimulus=S), bestimmte Verhaltensreaktionen (Reak-
tion=Response=R) erfolgen. Solche S-R-Verbindungen lassen sich zu Ketten aneinanderreihen (gepaarte
Assoziation) und können in dieser Form habitualisiert werden. Dies geschieht besonders dann, wenn auf
eine erwünschte (richtige) Reaktion entsprechende Belohnungen (Verstärkung) gegeben werden, während
unerwünschte Reaktionen unbelohnt bleiben und dadurch gelöscht werden. S
KINNER
geht im Gegensatz
zum einfachen Behaviorismus davon aus, dass Verhalten nicht nur reaktiv erfolgen, sondern auch spontan
auftreten kann. Solches Verhalten bezeichnete er als ,,operant". Dessen Auftretenswahrscheinlichkeit
kann seiner Theorie nach durch geeignete ,,Verstärker" konditioniert werden. Der Behaviorismus S
KIN-
NER
s baut Lernen auf dem Prinzip der intermittierenden (gelegentliche bzw. partielle) Verstärkung auf.
Der Lehrstoff wurde in kleinste Einheiten (frames) eingeteilt. Nach jeder Einheit wurde vom Lerner eine
Antwort verlangt, die mit der richtigen bzw. gewünschten Antwort verglichen wurde. Bei richtigen Ant-
worten erfolgte Verstärkung (S
CHULMEISTER
1996, S. 87; N
IEGEMANN
1995, S. 26f).

Historische Entwicklung computerbasierter Lehr-Lernpsysteme
14
S. 91) gewesen. Computerbasierte Lehr-Lernsysteme wurden in großem Maßstab auch
bei der Armee eingeführt, erforscht und evaluiert. Zentrale Argumente für den Einsatz
dieser Systemen sind aus Sicht der Armee eine vermutete Kosteneinsparung für Trainer
und eine angeblich nachgewiesene Zeitersparnis für die Auszubildenden (ebd., S. 91f).
Ein weiterer Grund für diese starke Förderung bestand Ende der 50er Jahre in der
bestehenden Aufnahmebereitschaft der amerikanischen Öffentlichkeit für Ideen, die
mehr Bildungseffektivität versprachen. Diese wurde ausgelöst durch den sogenannten
Sputnik-Schock
16
und die damit zusammenhängende Erkenntnis, dass die USA jederzeit
durch die Forschung und Wissenschaft in anderen Ländern von ihrem Sockel der all-
mächtigen Großmacht gestoßen werden könnte (N
IEGEMANN
1995, S. 28).
Zu Beginn der 60er Jahre begannen auch Psychologen und Pädagogen mit einer
intensiveren Auseinandersetzung mit systematischen Verfahren des Lernens. Auf der
Grundlage von Ansätzen des Behaviorismus und der S
KINNER
´sche Lerntheorie fand die
praktische Umsetzung im
Programmierten Unterricht bzw. der Programmierten In-
struktion (vgl. Kapitel 3 Lerntheoretische Ansätze und deren Einfluss auf die Konzepti-
on medialer Angebote in dieser Arbeit) statt. Die Prinzipien des Programmierten Unter-
richts
17
bildeten eine Zeit lang die wesentliche Basis für die Entwicklung und
Evaluierung von Lehr-Lernprozessen unter Verwendung von Lernprogrammen und
Medien (ebd., S. 38).
Die ersten Anfänge waren lineare Programme, die eine vorgefertigte Übung stur
nach der anderen präsentierten, d.h. ,,einfache elektronische Textdarbietungen oder Ü-
bungsprogramme, die eine Frage vorgaben, die Reaktion des Lerners als `richtig' oder
`falsch' bewerteten und dann zur nächsten Frage übergingen" (M
ANDEL
und H
RON
1990, S. 18). Eher pragmatisch orientiert, schlug C
ROWDER
1959 vor, statt der linearen
Programme verzweigte Lehrprogramme zu entwickeln. Seine Programme beinhalteten
größere Frames, jeweils gefolgt von einer Frage mit Auswahlantworten (Multiple Choi-
ce). Bei der Wahl einer falschen Antwort erhielt der Lerner einen zur Art des Fehlers
passenden Kommentar. Anschließend wurde je nach Art des Fehlers mit einer bestimm-
ten Sequenz von Frames fortgefahren. Eventuell wurden auch die wiederholt, die nicht
verstanden wurden. Mit dieser Einführung fehlerabhängiger Verzweigungen wurden
erste Ansätze einer Individualisierung des Lehr-Lernprozesses möglich. Der Idee nach
16
Es gelang der damaligen UdSSR als erster Nation einen Sputnik (der Name der ersten zehn sowjeti-
schen Satelliten) in den Weltraum zu befördern. Die USA, die sich selbst als die fortschrittlichste und
wissenschaftlich best ausgebildete Nation betrachtete, war überrascht bzw. schockiert über die Tatsache,
dass der `Erzfeind' zu Zeiten des Kalten Krieges offensichtlich unterschätzt wurde.
17
Die Prinzipien des Programmierten Unterrichts/ der Programmierten Instruktion sind nach S
KINNER
: (a)
die operationale Definition der Lernziele, (b) der sukzessive Lernfortschritt, (c) die aktive Beteiligung des
Lerners, (d) die unmittelbare Fehlerrückmeldung und Verstärkung, (e) der individuelle Lernfortschritt und
(f) die empirische Entwicklung und fortlaufende Verbesserung von Lernprogrammen (F
ICKERT
1992, S.
38).

Historische Entwicklung computerbasierter Lehr-Lernpsysteme
15
handelte es sich nun um adaptive (sich dem Lernfortschritt des Anwenders anpassende)
Lehrprogramme (ebd., S. 28f).
In der zweiten Hälfte der 60er Jahre ging das
öffentliche Interesse am computer-
unterstützten Lernen in Form von Programmierter Instruktion deutlich zurück. Andere
Themen beherrschten den Bildungsbereich, ohne dass sich die instruktionstechnologi-
schen Anwendungen als ineffektiv erwiesen hätten. Um die Frage der Effektivität com-
putergestützter Instruktion durch Feldversuche zu klären, beschloss 1971 die National
Science Foundation (NSF) der USA zwei Großprojekte - TICCIT und PLATO
18
- über
jeweils fünf Jahre, ausgestattet mit insgesamt 10 Millionen Dollar durchzuführen. Beide
Projekte sollten aufzeigen, dass mittels computerunterstützter Instruktion ein effektiver
und kostengünstiger Unterricht möglich ist (N
IEGEMANN
1995, S. 29ff).
2.2. Die Entwicklung in Deutschland
Auch in
Deutschland wurden bereits von 1964 an Lehrmaschinen entwickelt. In den
60er Jahren wurden z.B. am Institut für Kybernetik in Berlin bzw. später in Paderborn
Lehrautomaten (Robbimat 0, Geromat III, Bakkalaureus) entwickelt, bei denen es sich
um Geräte für die Gruppenschulung handelte. Die Konzeption dieser Geräte erinnerte
stark an die etwa gleichzeitig verbreiteten Sprachlabors, in denen in computerunterstütz-
ter Form Fremdsprachen gelernt werden konnten. Die Lernenden waren jeweils mit
Kopfhörern ausgestattet, über die sie die akustischen Informationen erhielten. Visuelle
Informationen gelangten hauptsächlich über Diaprojektoren zu den Lernern (ebd., S.
33f).
Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre wurden zur Förderung unterrichtstechnolo-
gischer Forschung und Entwicklung in der Bundesrepublik zwei Forschungseinrichtun-
gen geschaffen, das
Bildungstechnologische Zentrum in Wiesbaden und das For-
schungs- und Entwicklungszentrum für objektivierte Lehr- und Lernverfahren (FEoLL)
in Paderborn. Zahlreiche Forschungsprojekte und Modellversuche wurden in verschie-
18
TICCIT steht für ,,Time-shared Interactive Computer Controlled Information Television". Integraler
Bestandteil des Systems war die Verwendung von Fernseh-Lehrfilmen. Ein Lernplatz bestand aus einem
Farbmonitor mit Lautsprecher, einer besonderen Tastatur, einem Lichtgriffel und einem Abspielgerät für
Videobänder. Die Systemsteuerung erfolgte durch Standard-Minicomputer, wobei ein Rechner bis zu 128
Terminals (Arbeitsplätze) verwalten konnte. Erprobt wurde das System an zwei Community Collages mit
Kursen in Mathematik und englischem Aufsatz (N
IEGEMANN
1995, S. 29ff). PLATO ist ein Autorensys-
tem (Programm, welches es Autoren, z.B. Lehrern oder Dozenten, erleichtern sollte, Lernprogramme
selbst zu ,,schreiben" bzw. zu entwickeln), das bereits vor der Förderung durch die National Science
Foundation of America eine mehr als zehnjährige Entwicklungsgeschichte hinter sich hatte. Das System
basierte auf Computernetzen mit Terminals. Für diese Art der computerunterstützten Unterweisung bzw.
Instruktion (mit Großrechnern) in den 70er Jahren war PLATO (Programmed Logic for Automatic Tea-
ching Operation) in den USA das am weitesten verbreitete Lehrsystem. Das System bestand in der Zeit
der Förderung durch das NSF der USA aus 950 Terminals an ca. 140 verschiedenen Orten. Verfügbar
war Unterrichtsmaterial für ca. 8000 Lernstunden. Erstaunlich bleibt die Realisation dieses Systems in
dem Ausmaß, wenn man die enormen Entwicklungs- und Betriebskosten bedenkt (N
IEGEMANN
1995, S.
32f;
S
CHULMEISTER
1996, S. 89ff).

Historische Entwicklung computerbasierter Lehr-Lernpsysteme
16
denen Teilen des Landes durchgeführt
19
. Insgesamt wurden in den 70er Jahren eine
Reihe von Modellprojekten im Bereich der allgemeinbildenden Schulen realisiert
(N
IEGEMANN
1995, S. 34ff).
Obwohl die Leistungsfähigkeit der Rechner bis Mitte der 70er Jahre erheblich ge-
steigert werden konnte, blieb der durchschlagende Erfolg für die computerbasierten
Lernsysteme aus. Für F
ICKERT
(1992, S. 38) besteht ein Grund in der Tatsache, dass die
über Großrechner verfügbaren Lernprogramme noch zu unkomfortabel und nur unzu-
reichend einsetzbar waren. Ein weiteres Problem waren die verfolgten didaktischen
Zielsetzungen. Mit dem Programmierten Unterricht/Instruktion wurde angestrebt, den
Präsenzunterricht mit Lehrer bzw. Dozent vollständig durch Lernprogramme zu erset-
zen. Die anfängliche Begeisterung für das neue und Kosten einsparende Medium Com-
puter wich rasch einer Ernüchterung, als die anvisierten Ziele nicht erreicht wurden.
Die Einführung der Mikrocomputer
20
Mitte der 70er Jahre löste eine Revolution
auf dem Computermarkt aus, da sie eine Reihe von Vorteilen
21
gegenüber den Groß-
rechnern aufweisen konnten. Die ersten Mikrocomputer (sog. Home-Computer) waren
in ihrer Leistungsfähigkeit noch begrenzt. Die leistungsfähigeren Versionen, die sich in
den 80er Jahren entwickelten, wie der heute am weitesten verbreitete Personal Compu-
ter, verfügen über immer größer werdende Verarbeitungsgeschwindigkeiten, Speicher-
kapazitäten und multimediale Verarbeitungsmöglichkeiten von Audio, Video etc. (z.B.
Multimedia Computer). Neben der Hardware entwickelte sich auch die Software: Spe-
zielle Entwicklungswerkzeuge für die Erstellung von computerbasierten Lernprogram-
men, die sogenannten Autorensprachen bzw. Autorensysteme, kamen auf den Markt.
Dadurch stieg das Angebot an Lernprogrammen, die sich allerdings meist an der Pro-
grammierten Unterweisung/Instruktion orientierten. (ebd., S. 39f).
Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre war in Deutschland für einige Jahre das
computerunterstützte Lernen `kein Thema' mehr, weder in der Erziehungswissenschaft
noch in der Schulpraxis. Erst gegen Mitte der 80er Jahre kam es langsam zu einer
Re-
19
In der Zeit von 1971 bis 1974 wurde vom FEoLL eine Forschungsprojekt durchgeführt, dass den Effi-
zienzvergleich computergesteuerten Parallelunterrichts mit programmierten Einzelunterricht in Buchform
zum Ziel hatte. Verglichen wurde der finanzielle und organisatorischen Aufwand der jeweiligen Instruk-
tionsmethode sowie der Lernerfolg der Lernenden mit der jeweiligen Methode (N
IEGEMANN
1995, S. 34).
An der Universität Freiburg wurden Anfang der 70er Jahre im Rahmen des Modellversuchs ,,Computer-
unterstützter Unterricht in der Biologie" eine Reihe von Übungsprogrammen erprobt, mit denen Studen-
ten Wissen für das Bestimmen einheimischer Pflanzenarten erwerben sollten (ebd., S. 34f). Beim Tübin-
ger Modellversuch ,,Computerunterstützte Simulation im naturwissenschaftlichen Unterricht" lag der
Schwerpunkt auf dem Einsatz von Simulationen im Unterricht und deren Effizienz bezüglich des Lerner-
folges im Vergleich zu herkömmlichen Formen der Wissensvermittlung (ebd., S. 35).
20
Die ersten Typen dieser Rechnergeneration (TRS-80 von Radioshack, PET-Computer von Commodore
und der Apple-Computer) hatten einen riesigen Markterfolg (ebd., S. 39).
21
Durch die Konzeption der Mikrocomputer als Einplatzsysteme konnte die Komplexität der System-
software im Vergleich zu den Großrechnern gering gehalten werden. Das erleichterte ihre Bedienung.
Verschiedene Entwicklungen im Laufe der Jahre (hochauflösender, grafikfähiger Farbbildschirm, einfa-
che Eingabegeräte wie die Maus) vereinfachten die Gestaltung benutzerfreundlicher Oberflächen, was
gerade bei computerbasierten Lernsystemen eine wichtige Rolle spielt (ebd., S. 39).

Historische Entwicklung computerbasierter Lehr-Lernpsysteme
17
naissance des computerunterstützten Lernens in den deutschsprachigen Ländern. Aller-
dings lag das Interesse nun auf anderen Entwicklungsschwerpunkten. Einige Großun-
ternehmen (z.B. Siemens AG, Allianz AG) und Institutionen wie die deutsche Bundes-
post investierten hohe Beträge in die Entwicklung computerunterstützter
Lernprogramme für die betriebliche Aus- und Weiterbildung. Andere Unternehmen
folgten. Mit der Verlagerung des Einsatzschwerpunktes computerunterstützten Lernens
von der Schule zur beruflichen Bildung änderten sich auch die Forschungsfragen. Effek-
tivitäts- und Effizienzaspekte, die Transferproblematik, d.h. die Übertragbarkeit des
abstrakt Gelernten auf die konkreten Arbeitsplatzanforderungen, und insbesondere die
Möglichkeit des selbständigen Lernens rückten in den Vordergrund (ebd., S. 35f).
Pädagogen, Informatiker und Psychologen wandten sich in den 80er Jahren wieder ver-
stärkt den Themen computerunterstützter Unterricht und interaktive Selbstlernmedien
zu, stark orientiert an den Entwicklungen in den USA und England
22
. In der Pädagogik
setzte seit den 70er Jahren eine kognitive Umorientierung ein. Im Vordergrund stand die
Forderung nach einer Anpassung an individuelle Lernformen. Der Computer erschien
hier als ideales Instrument, die Steuerung des Lehr- Lernprozesses verstärkt dem Ler-
nenden selbst zu überlassen (B
EHRENDT
1998, S. 8).
Auch für B
EHRENDT
(1998, S. 9) wurde bereits Mitte der 80er Jahre deutlich, dass we-
niger die wissenschaftlichen Institutionen oder öffentlichen Schulen die Anwendung
von Lernsystemen als erste in größerem Umfang betreiben werden, sondern eher die
Großunternehmen im Rahmen der betrieblichen Weiterbildung. Hier, in den Unterneh-
men, entwickelte sich die wachsende Bereitschaft, Lernmedien stärker in die betriebli-
che Weiterbildung zu integrieren. Davon sprachen zumindest Studien von Forschungs-
einrichtungen, Marktuntersuchungen oder Veröffentlichungen der Hersteller von
Lernsystemen bzw. ­programmen, die jene `wachsende Bereitschaft' in den Folgejahren
immer wieder postulierten. Dieser Euphorie, die scheinbar den Unternehmen Mut zur
Innovation zusprechen und die Umsatzzahlen der Hersteller verbessern sollte, konnte
nicht einmal durch Vergleiche mit dem Vorbild der USA eine glaubwürdige Grundlage
geschaffen werden, denn auch dort stellte sich die Entwicklung letztendlich nicht so
günstig dar: Obwohl den USA in der Anwendung Neuer Medien ein Vorsprung gegen-
über den anderen Industriestaaten konstatiert werden konnte, zeigten Erhebungen, dass
22
Größere Bedeutung für die Weiterentwicklung elektronisch gestützten Lernens hatte die Einführung
der
Bildplatte Ende der 70er Jahre in den USA und einige Jahre später auch in Deutschland. Entgegen der
magnetischen Aufzeichnung der Bildinformationen auf einem Videoband war es möglich, einzelne Bilder
und Bildsequenzen ohne längere Spulvorgänge direkt anzusteuern. Dieser Umstand und eine hervorra-
gende Bildqualität, ermöglichten eine reibungslose Einbindung von Real-Bewegt-Bildern in ein Lernsys-
tem. Der deutsche Bildungsmarkt zeigte sich allerdings resistent gegenüber dieser Neuerung, so dass eine
größere Verbreitung der Bildplatte ausblieb (B
EHRENDT
1998, S. 9).

Historische Entwicklung computerbasierter Lehr-Lernpsysteme
18
auch noch 1990 computerbasierte Lehr-Lernprogramme als Ausbildungshilfe dort kaum
eine Rolle spielten.
In den 80er Jahren gab es weder in den allgemeinbildenden Schulen noch im dua-
len Berufsbildungssystem oder in der Weiterbildung einen breiten Einsatz computerba-
sierter Lernsysteme. Nur vereinzelt wurden neue Techniken (z.B. die Bildplatte) bei
ihrem Einsatz im Unterricht in wissenschaftlichen Pilotprojekten
23
untersucht. Aller-
dings initiierte die Europäische Gemeinschaft zwei Forschungsprogramme
24
, mit denen
die Anwendung neuer Lernmedien gefördert werden sollte (ebd., S. 8).
Noch bis zum Anfang der 90er Jahre wurde die Grundlagenforschung und Evalua-
tion von prototypischen Anwendungen von computerunterstützten Lernsystemen bzw. ­
programmen in der BRD kaum gefördert. Erst in den 90er Jahren zeichnete sich eine
leichte Trendwende dergestalt ab, dass das Bundesministerium für Berufsbildung eine
Reihe von Modellversuchen förderte, die sich in Teilen auch mit sozialwissenschaftli-
chen Fragestellungen zu interaktiven Lernsystemen beschäftigten. Das Bundesministe-
rium für Forschung und Technologie förderte eine Studie zu `Chancen und Risiken in-
teraktiver Multimedia-Systeme in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung' (ebd., S.
10).
Die verfügbaren didaktischen Konzepte, Rechnersysteme und Entwicklungswerk-
zeuge für computerbasierte Lernsysteme unterliegen noch immer einem
starken Wan-
del. Die Gründe hierfür liegen einerseits in der rasanten Entwicklung im Computerbe-
reich und in den Vernetzungsmöglichkeiten durch neue Informations- und
Kommunikationstechnologien, deren Hilfe die Realisierung neuartiger Lernsysteme,
bezüglich deren Struktur, deren Möglichkeiten der Inhaltspräsentation, Interaktivität
und Adaptierbarkeit, erlaubt (F
ICKERT
1992, S. 40). Andererseits sprechen m. E. die,
mit der andauernden Entwicklung der neuen Informations- und Kommunikationstech-
nologien in Beziehung stehenden, gesamt gesellschaftlichen Veränderungen ­ Von der
Industrie- zur Informationsgesellschaft, die Globalisierung der wirtschaftlichen Märkte,
die damit zusammenhängende Flexibilisierung und Technisierung der Arbeitswelt und
im privaten Bereich jedes Einzelnen, die Veränderungen der Unternehmensstrukturen,
23
Wenngleich der Schwerpunkt der Lernprogrammentwicklung nicht mehr im Bereich von Schule und
Hochschule lag, gab es auch hier in der 80er Jahren eine Wiederbelebung des computerunterstützten
Unterrichts. Beispielsweise wurde am Deutschen Institut für Fernstudien in Tübingen ein tutorielles
Lernprogramm mit Videoeinbindung für den Biologieunterricht (KAVIS bzw. KAVIS II) entwickelt. Ein
an der Universität Göttingen entwickeltes Unternehmensplanspiel (,,Jeansfabrik") wurde in kaufmänni-
schen Berufsschulen eingesetzt und im Rahmen eines Projektes von 1985 bis 1991 evaluiert (N
IEGEMANN
1995, S. 36f).
24
COMETT (Action Program of the Commission of the European Communities for Education and Trai-
ning in Technologie) war das Programm der Europäischen Gemeinschaft über die Zusammenarbeit zwi-
schen Hochschule und Wirtschaft auf dem Gebiet der Technologie. Das Ziel der zweiten Initiative der
Europäischen Union, DELTA (Developing European Learning through Technological Advance), war es,
die Fortschritte im Bereich der Informations- und Kommunikationstechniken durch die Zusammenarbeit
möglichst vieler Akteure aus Wirtschaft, Hochschule, Rundfunkanstalten, Entwicklern von Lernpro-
grammen und anderer Bereiche für das Lernen zu nutzen (B
EHRENDT
1998, S. 8).

Historische Entwicklung computerbasierter Lehr-Lernpsysteme
19
wie z.B. Lean Management (d.h. flachere Hierarchien in den Unternehmen), Lean Pro-
duction (d.h. die Entwicklung der Produktionsweise weg von der Massenfertigung, hin
zur termingerechten Produktion weniger Güter) etc., die damit zusammenhängenden
veränderten Ansprüche an die Qualifikationen und Kompetenzen der Mitglieder unserer
Gesellschaft und die daraus resultierenden neuen Formen des Lernens ­ für weitere
Entwicklungen im Bereich der neuen Lernsysteme.
2.3. Zusammenfassung
Die erste Nutzung von Computern für Lehr- und Lernzwecke fällt in das Ende der 50er
Jahre in den
USA. In dieser Zeit wurden die ersten Rechneranlagen in Universitäten zur
Unterstützung administrativer Zwecke eingesetzt. Auch über den Einsatz der Großrech-
ner für Unterrichtszwecke wurde nachgedacht. Zu Beginn der 60er Jahre begannen auch
Psychologen und Pädagogen mit einer intensiveren Auseinandersetzung mit systemati-
schen Verfahren des Lernens. Auf der Grundlage von Ansätzen des Behaviorismus und
der S
KINNER
´sche Lerntheorie fand die praktische Umsetzung im Programmierten Un-
terricht bzw. der Programmierten Instruktion statt. Die Prinzipien des Programmierten
Unterrichts bildeten eine Zeit lang die wesentliche Basis für die Entwicklung und Eva-
luierung von Lehr-Lernprozessen unter Verwendung von Lernprogrammen und Medien.
Die ersten Anfänge waren lineare Programme, die eine vorgefertigte Übung stur nach
der anderen präsentierten. Es handelte sich um einfache elektronische Textdarbietungen
oder Übungsprogramme, die eine Frage vorgaben, die Reaktion des Lerners als `richtig'
oder `falsch' bewerteten und dann zur nächsten Frage übergingen. Mit der Einführung
fehlerabhängiger Verzweigungen wurden erste Ansätze einer Individualisierung des
Lehr-Lernprozesses möglich. Der Idee nach handelte es sich nun um adaptive (sich dem
Lernfortschritt des Anwenders anpassende) Lehrprogramme.
Auch in
Deutschland wurden bereits von 1964 an Lehrmaschinen entwickelt.
Zahlreiche Forschungsprojekte und Modellversuche wurden in verschiedenen Teilen
des Landes durchgeführt. Diese wurden im Bereich der allgemeinbildenden Schulen
realisiert.
Obwohl die Leistungsfähigkeit der Rechner bis Mitte der 70er Jahre erheblich ge-
steigert werden konnte, blieb der durchschlagende Erfolg für die computerbasierten
Lernsysteme aus. Ein Grund bestand in der Tatsache, dass die über Großrechner verfüg-
baren Lernprogramme noch zu unkomfortabel und nur unzureichend einsetzbar waren.
Ein weiteres Problem waren die verfolgten didaktischen Zielsetzungen. Mit dem Pro-
grammierten Unterricht/Instruktion wurde angestrebt, den Präsenzunterricht mit Lehrer
bzw. Dozent vollständig durch Lernprogramme zu ersetzen. Die anfängliche Begeiste-
rung für das neue und Kosten einsparende Medium Computer wich rasch einer Ernüch-
terung, als die anvisierten Ziele nicht erreicht wurden.

Historische Entwicklung computerbasierter Lehr-Lernpsysteme
20
Erst gegen Mitte der 80er Jahre kam es langsam zu einer
Renaissance des computerun-
terstützten Lernens in den deutschsprachigen Ländern. Allerdings lag das Interesse nun
auf anderen Entwicklungsschwerpunkten. Einige Großunternehmen investierten hohe
Beträge in die Entwicklung computerunterstützter Lernprogramme für die betriebliche
Aus- und Weiterbildung. Mit der Verlagerung des Einsatzschwerpunktes computerun-
terstützten Lernens von der Schule zur beruflichen Bildung änderten sich auch die For-
schungsfragen. Effektivitäts- und Effizienzaspekte, die Transferproblematik und insbe-
sondere die Möglichkeit eines selbständigen Lernens rückten in den Vordergrund.
Allerdings gab es in den 80er Jahren weder in den allgemeinbildenden Schulen
noch im dualen Berufsbildungssystem oder in der Weiterbildung einen breiten Einsatz
computerbasierter Lernsysteme. Nur vereinzelt wurden neue Techniken bei ihrem Ein-
satz im Unterricht in wissenschaftlichen Pilotprojekten untersucht.
Noch bis zum Anfang der 90er Jahre wurde die Grundlagenforschung und Evalua-
tion von prototypischen Anwendungen von computerunterstützten Lernsystemen bzw. ­
programmen in der BRD kaum gefördert. Erst in den 90er Jahren zeichnete sich eine
leichte Trendwende ab. Das Bundesministerium für Berufsbildung unterstützte eine
Reihe von Modellversuchen, die sich in Teilen auch mit sozialwissenschaftlichen Fra-
gestellungen zu interaktiven Lernsystemen beschäftigten.
Die verfügbaren didaktischen Konzepte, Rechnersysteme und Entwicklungswerk-
zeuge für computerbasierte Lernsysteme unterliegen noch immer einem
starken Wan-
del. Die Gründe hierfür liegen u.a. in der rasanten Entwicklung im Computerbereich
und in den Vernetzungsmöglichkeiten durch neue Informations- und Kommunikations-
technologien.
Die historische Entwicklung computerbasierter Lehr-Lernmedien ist geprägt von
gesellschaftlichen Einflüssen, technischen Entwicklungen und den Lehr-Lerntheorien
der Psychologie. Deren Einfluss auf die Entwicklung computerbasierter Lehr-
Lernsysteme bzw. ­programme soll im nächsten Kapitel thematisiert werden.

Einfluss der Lerntheorien auf die Entwicklung computerbasierter Lehr-Lernsysteme
21
Kapitel 3
Lerntheoretische Ansätze und deren Einfluss auf die Konzep-
tion medialer Lernangebote
Die im folgenden dargestellten Theorien und Modelle der psychologischen Lehr-
Lernforschung beeinflussten in der Vergangenheit die mediendidaktische
24
Diskussion
und bildeten die Grundlagen für die Konzeption medialer Lernangebote.
3.1.
Behavioristische Ansätze
Die ersten Überlegungen zum Einsatz von Computern zu Lehr- und Lernzwecken sind
durch die Theorien des Behaviorismus
25
geprägt. Trotz der Kritik beeinflussten diese
Modelle die Vorstellungen über mediengestütztes Lernen bis in die heutige Zeit. Die
erste Welle des Einsatzes von Computern zu Bildungszwecken in den USA in den 50er
und 60er Jahren war mit der Behauptung S
KINNER
´s Verbunden, dass mit dem Einsatz
des Computers die behavioristischen Lernprinzipien konsequenter und gegenüber per-
sonalem Unterricht effektiver anwendbar sind (K
ERRES
1998, S. 45f).
3.1.1. Die theoretischen Annahmen
Der grundlegende
Mechanismus des Lernens, der durch behavioristische Theorien pos-
tuliert wird, ist relativ simpel. Wenn auf das Verhalten einer Person eine positive Kon-
sequenz aus deren Umwelt folgt, wird dieses Verhalten in Zukunft häufiger gezeigt
werden. Durch diese sogenannte Bekräftigung bzw.
Verstärkung steigt die Wahrschein-
lichkeit des Auftretens des Verhaltens. Die Verstärkung wirkt allerdings nur dann,
wenn die Person selbst die Konsequenz ihres Verhaltens als positiv einschätzt. Folgt auf
das Verhalten einer Person eine negative Konsequenz, spricht der Behaviorismus von
Bestrafung. Logischerweise müsste die Bestrafung dazu führen, das die Wahrschein-
lichkeit des Auftretens des bestraften Verhaltens sinkt. Experimente belegen, dass dies
kurzfristig der Fall ist. Langfristig zeigt sich jedoch, dass das Verhalten nach einer ge-
wissen Zeit wieder auftauchen kann. Die
Löschung eines Verhaltens folgt auf das Igno-
rieren, also keine Reaktion der Umwelt auf das von einer Person gezeigte Verhalten.
Dies führt zu einer Abnahme der Wahrscheinlichkeit, dass das Verhalten in Zukunft
24
Die Mediendidaktik als Teilgebiet der Didaktik thematisiert die Verwendungsmöglichkeiten von Me-
dien in Lehr-Lernsituationen zwecks Optimierung geplanter Lehr-Lernprozesse (L
ENZEN
1989, S. 1039).
25
Der Behaviorismus betrachtet das Individuum als `black box'. Die Theorie verneint zwar nicht, dass im
Innern des Individuums Vorgänge ablaufen, aber, da diese nicht sichtbar bzw. nicht messbar sind, werden
die inneren Vorgänge, die eine menschliche Verhaltensänderung (also menschliches Lernen) hervorbrin-
gen können, aus der behavioristischen Sichtweise ausgeklammert. Nur die Variablen, die objektiv mess-
bar sind - also das sichtbare äußere Verhalten und dessen Beziehung zu Reizgegebenheiten in der Umwelt
des Individuums - werden betrachtet (Z
IMBARDO
1992, S. 7).

Einfluss der Lerntheorien auf die Entwicklung computerbasierter Lehr-Lernsysteme
22
gezeigt wird. Die Konsequenz, die auf das Verhalten folgt, sollte zeitlich möglichst un-
mittelbar auf ein Verhalten respektive eine erbrachte Leistung folgen. Folgt z.B. eine
Verstärkung zu spät, steht sie für die Person nicht mehr in einem Zusammenhang mit
dem gezeigten Verhalten, und die Verstärkung kann nicht wirksam werden. Vor allem
bei neuen Verhaltensweisen, die man noch nicht so gut beherrscht, ist die unmittelbare
Rückmeldung notwendig (ebd., S. 46f).
3.1.2. Die Programmierte Instruktion
Die Anwendung der behavioristischen Lerntheorie auf technische Medien wird als
Pro-
grammierte Instruktion bezeichnet. Es ergibt sich ein lineares Vorgehen in Frage-
Antwort-Mustern, bei der der Lerner durch eine vorgegebene Sequenz kleinster Infor-
mationseinheiten (Frames) geführt wird. An die Präsentation einer solchen Informati-
onssequenz schließt sich eine Frage an, die prüfen soll, ob das Dargestellte gelernt (be-
halten) wurde. Im Falle eines Fehlers wird der gleiche Lehrstoff erneut präsentiert.
C
ROWDER
führte Verzweigungen in Lehrprogrammen ein. Mittels Auswahlfragen (Mul-
tiple Choice) wird der nächst folgende Lehrschritt in Abhängigkeit von der Antwort des
Lerners ausgewählt. S
KINNER
bevorzugte Freitext-Antworten, weil der Lerner bei Mul-
tiple-Choice-Antwortmöglichkeiten auch mit einer falschen Antwort konfrontiert wer-
den kann und diese möglicherweise im Gedächtnis behält (ebd., S. 48).
Die
Vorteile einer solchen Programmierten Instruktion in Form eines Lehr-
Lernprogramms
nach S
KINNER
erscheinen auf den ersten Blick offensichtlich:
·
Ein Computer ist im Gegensatz zu einem Lehrer in der Lage, jeden einzelnen Lerner
immer und unmittelbar für eine Leistung zu bekräftigen.
·
Alle Lehrinhalte, die sich in kleinste Frames segmentieren lassen, können Schritt für
Schritt vermittelt werden. Der Lernende kann jederzeit aus dem Programm ausstei-
gen und zu einem späteren Zeitpunkt an dieser Stelle weiterarbeiten.
·
Der Computer respektive das Lehr-Lernprogramm ist emotional indifferent. Ein
Lerner muss nicht das Gefühl haben, sich zu blamieren, da es der Maschine nichts
ausmacht, wenn Fehler gemacht werden bzw. mehrfach auftreten. Eine negative
Konsequenz des fehlerhaften Verhaltens des Lerners fehlt, da das Programm falsche
Antworten ignoriert und den gleichen Abschnitt wiederholt (ebd., S. 49).
Die
Forschung zur Programmierten Instruktion konnte jedoch kaum eine der theoreti-
schen Annahmen bestätigen:
·
Es ist z.B. nicht notwendig, dass der Lerner zunächst eine Reaktion auf eine Frage
zeigen muss, die dann verstärkt wird, um Lernerfolge zu erzielen. Ähnlich hohe
Lernerfolge sind bei der bloßen Durcharbeitung eines Textes gemessen worden.

Einfluss der Lerntheorien auf die Entwicklung computerbasierter Lehr-Lernsysteme
23
·
Die sequentielle Einhaltung der Lernschritte ist ebenfalls keine Voraussetzung für
den Lernfortschritt, denn selbst bei der Präsentation der Frames in beliebiger Rei-
henfolge konnte ein Lernerfolg in Form von Wissenszuwachs beobachtet werden
·
Mehr oder weniger regelmäßige positive Verstärkung ist ebenfalls keine Vorausset-
zung für erfolgreiches Lernen mit Lehr-Lernprogrammen. Fehler können für Lerner
eine wichtige Informationsquelle sein, die das Lernen sogar fördert (ebd., S. 49f).
Das Modell der Programmierten Instruktion ist lange Zeit das vorrangige Modell für die
Konzeption computerunterstützter Lehr-Lernprogramme geblieben. Bis heute orientie-
ren sich viele mediendidaktische Konzeptionen an den zugrundeliegenden Annahmen
des Behaviorismus ­ allerdings sind die Entwickler entsprechender Anwendungen sich
dessen oft gar nicht bewusst. In der Praxis zeigen sich die Probleme der Programmier-
ten Instruktion recht schnell. Die Aneinanderreihung von Informationabschnitten und
Prüfungsfragen wird für den Lerner nach einiger Zeit stereotyp. Ein tieferes Verständnis
der Lehrinhalte erschließt sich dem Anwender kaum, es bleibt vielfach auf ein einfaches
Faktenwissen beschränkt. Die Motivation des Lerners, das Programm vollständig
durchzuarbeiten sinkt rapide, sobald der Neuigkeitseffekt vergeht. So stoßen solche
Lehr-Lernprogramme nach kurzer Zeit auf nur mäßige Akzeptanz bzw. Ablehnung
(ebd., S. 51).
3.2. Kybernetische Ansätze
In Europa wurden die Arbeiten zur Programmierten Instruktion aus den USA mit Inte-
resse aufgenommen. Andererseits wurden die behavioristischen Theorien kontrovers
diskutiert, was zu einer Weiterentwicklung der theoretischen Grundlagen zum compu-
terunterstützten Lehren und Lernen führte. Allerdings unterscheiden sich die zur dama-
ligen Zeit konkurrierenden Ansätze wenig in der Konzeption des computerunterstützten
Lehrens und Lernens, so dass sie in der mediendidaktischen Diskussion zum Teil
gleichgesetzt wurden (ebd., S. 52).
3.2.1. Theoretische Annahmen
Der
grundlegende Unterschied kybernetischer Annahmen liegt im theoretischen Ver-
ständnis des menschlichen Lernens und Lehrens. Während behavioristische Ansätze die
Verstärkung als den wichtigsten Mechanismus des Lernens postulieren, verstehen ky-
bernetische Annahmen das Lernen als einen Vorgang des Austausches von Informatio-
nen zwischen Lerner und Lehrsystem. Die Präsentation der Informationen durch das

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2000
ISBN (eBook)
9783832466398
ISBN (Paperback)
9783838666396
DOI
10.3239/9783832466398
Dateigröße
778 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg – Erziehungswissenschaften, Pädagogik
Erscheinungsdatum
2003 (April)
Note
1,0
Schlagworte
e-learning aus-/weiterbildung wissensgesellschaft lernen
Produktsicherheit
Diplom.de
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