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Veränderte Arbeitswelt - Erfolgskonzept "Lebensunternehmer"

©2002 Diplomarbeit 102 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Problemstellung:
Worauf müssen Sie in einer sich immer schneller verändernden Arbeitswelt als angestellt Erwerbstätiger oder Unternehmer vorbereitet sein? Mit welchen Vor-/Nachteilen geht das Konzept des Lebensunternehmers auf diese Veränderungen ein? Gehören auch Schlagworte wie z.B. „Ich-AG“, „Marke Ich“ und „Intrapreneure“ in diesen Themenkreis?
Antworten auf Fragen wie diese finden Sie in der vorliegenden Diplomarbeit. Zusätzlich erhalten Sie konkrete Handlungsanweisungen, um Ihre persönliche Marke erfolgreich zu kommunizieren.
Gang der Untersuchung:
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Fragestellung, ob das Konzept des Lebensunternehmers im Rahmen der sich verändernden Arbeitswelt Erfolg für erwerbstätige Menschen in der BRD hat, oder nicht. Wie hoch ist die Relevanz dieses Themas? Sehr hoch:
- weil sich das Problem mangelnder Erwerbsarbeit im Zeitalter der Globalisierung in Zukunft noch weiter verschärften wird.
- weil prinzipiell jeder in der BRD von Veränderungen innerhalb seiner Arbeit betroffen sein wird - als angestellt oder auch selbständig Erwerbstätiger.
- weil die Veränderungen weit über die Grenzen der Arbeitswelt hinausgehen.
Geklärt wird die Frage, ob ‚Lebensunternehmer‘ ein Erfolgskonzept ist oder nicht, auf folgendem Weg:
1. Im ersten Schritt werden die Veränderungen in der Arbeitswelt dargestellt, wobei die Auswirkungen, auf arbeitende Menschen eingeschränkt, analysiert werden. Entsprechend wird die breit gefächerte Problematik erwerbsloser Menschen nicht berücksichtigt.
2. Der zweite Abschnitt stellt das Konzept des Lebensunternehmers detailliert vor. Da das Konzept auf der Ebene des Individuums angesiedelt ist, werden Lösungsstrategien der Arbeitsproblematik, die einen gesamtgesellschaftlichen Lösungsansatz bieten, nicht einbezogen.
3. Im dritten Teil wird geklärt, ob die Veränderungen in der Arbeitswelt mit Hilfe des Konzepts erfolgreich bewältigt werden können. Dazu wird analysiert, welche Chancen auf Erfolg und welche Risiken des Misserfolgs im Lebensunternehmer Konzept enthalten sind.
4. Der vierte Schritt überträgt Leitlinien zur individuellen, strategischen Kommunikationsplanung auf das Lebensunternehmer Konzept, um individuelle Erfolgschancen zu erhöhen.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
Einleitende Vorworte1
1.Entwicklung der Erwerbsarbeit2
1.1Erzwungene Arbeit2
1.2Gottgefällige Arbeit2
1.3Anerkannte Erwerbsarbeit3
1.3.1Sichere Erwerbsarbeit3
2.Ursachen & Folgen der […]

Leseprobe

ID 6601
Janoth, Anja: Veränderte Arbeitswelt - Erfolgskonzepte "Lebensunternehmer"
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Berlin, Kunsthochschule, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

1
Inhalt
Einleitende Vorworte
1
1.
Entwicklung der Erwerbsarbeit
2
1.1.
Erzwungene Arbeit
2
1.2. Gottgefällige
Arbeit
2
1.3. Anerkannte
Erwerbsarbeit
3
1.3.1.
Sichere Erwerbsarbeit
3
2.
Ursachen & Folgen der Veränderungen
5
2.1. Veränderte
Arbeitswelt
5
2.1.1. Reorganisierte
Unternehmen
6
2.1.2.
Mangelware Erwerbsarbeit
7
2.1.3. Deregulierter
Kündigungsschutz
7
2.1.4.
Wertlose Ältere
8
2.1.5.
Stigmatisierte Arbeitslose
8
2.1.6. Reichlich
Arme
9
2.1.7.
Individualisierter Erwerb
9
2.1.8. Flexibilisierte
Beschäftigungsformen
10
2.1.8.1. Temporär Angestellte
10
2.1.8.2. Flexibilisierter
Arbeitsort
10
2.1.8.3. Flexible
Job-Nomaden
11
2.1.9. Trennende
Computer
11
2.1.9.1. Aktualisiertes Arbeitswissen
12
2.2. Globaler
Kompetenzkrieg
13
2.2.1. Globaler
Leistungsdruck
13
2.3. Verändertes
Menschenbild
14
3.
Lösungskonzept Lebensunternehmer 16
3.1. Bezeichnende
Begriffe
16
3.2.
Verändertes Leitbild
17
3.2.1. Neue
Arbeitskraftunternehmer
17
3.2.2. Neue
Wege?
18
3.3.
Potentielle Arbeitskraft
19

2
Inhalt
3.3.1.
Verändertes Denken und Handeln
19
3.4.
Definition von Lutz
20
3.5.
Definition der IG Metall
20
3.6.
Definition von Baumgartner
21
3.6.1.
Definition ,Arbeit` von Baumgartner
21
3.7. Arbeitende
Lebensgestalter
22
3.7.1. Reflektierte
Wunscharbeit
23
3.7.2.
Veränderte Bewerbungsstrategie
24
3.8.
Vernetzte Lebensunternehmer
25
3.8.1. Kompetente
Lebensunternehmer
26
3.9. Typisierte
Lebensunternehmer
27
4.
Erfolg oder Misserfolg des Konzeptes?
29
4.1. Erfolgskonzept?
29
4.1.1.
Was ist Erfolg?
29
4.1.1.1. Berechnete
Formel
30
4.1.1.2. Überwundene
Angst
30
4.1.1.3. Aktive
Initiative
30
4.1.1.4. Blendender
Schein
31
4.2. Erfolgsebenen
31
4.2.1. Wirtschaftlicher
Erfolg?
32
4.2.1.1. Optimierte
Produktion
32
4.2.1.2. Verringerter
Erwerb
32
4.2.2. Politischer
Erfolg?
33
4.2.2.1. Dringende
Veränderungen
33
4.2.3. Sozi-Kultureller
Erfolg?
34
4.2.3.1. Veränderungsbereite
Menschen
34
4.2.4. Gesellschaftlicher
Erfolg?
34
4.2.4.1. Ganzheitliche
Verantwortung
34
4.2.4.2. Jugendliche
Werte
35
4.2.5. Individueller
Erfolg?
35
4.2.5.1. Selbstbewusste
Gestaltung
36
4.2.5.2. Eigene
Arbeit
36

3
Inhalt
4.2.5.3. Vielfältige
Kompetenzteams
37
4.2.5.4. Persönliche
Investitionen
37
4.2.5.5. Marktfähige
Kompetenzen
38
4.2.5.6. Erfolgsorientierte
Leitlinien
38
4.2.5.7. Faszinierende
Optionen
39
4.3. Misserfolgskonzept?
40
4.3.1.
Was ist Misserfolg?
40
4.3.1.1. Erfolgreiche
Misserfolgsgarantie
40
4.3.1.2. Erfolgreich
Scheitern
41
4.3.1.3. Leitende
Angst
41
4.3.2.
Wirtschaftlicher Misserfolg?
41
4.3.2.1. Versiegende
Finanzen
42
4.3.2.2. Unrentable
Investitionen
42
4.3.2.3. Menschlicher
Verdrängungswettbewerb
42
4.3.2.4. Hilflose
Problemlöser
43
4.3.3. Politischer
Misserfolg?
43
4.3.3.1. Eigenverantwortlicher
Erwerb
43
4.3.3.2. Ungelöstes
Problem
44
4.3.4. Soziokultureller
Misserfolg?
44
4.3.4.1. Mangelnde
Solidarität
44
4.3.4.2. Suizidale
Arbeitskultur
45
4.3.4.3. Umkämpfte
Aufmerksamkeit
45
4.3.4.4. Selektierte
Erreichbarkeit
45
4.3.4.5. Kultureller
Rückzug
46
4.3.4.6. Verbotenes
Scheitern
46
4.3.4.7. Mangelnde
Risikobereitschaft
47
4.3.4.8. Stressende
Freiheit
47
4.3.4.9. Ganzheitliches
Scheitern
48
4.3.4.10. Komplexes Konzept
48
4.3.5. Gesellschaftlicher
Misserfolg?
48
4.3.5.1. Gewünschte
Sicherheit
49
4.3.5.2. Konservative
Menschen
51
4.3.5.3. Selbstverschuldete
Erwerbslosigkeit
52

4
Inhalt
4.3.5.4. Schlechtes
Image
54
4.3.6. Individueller
Misserfolg?
54
4.3.6.1. Potentielle
Selbstentfremdung
53
4.3.6.2. Chancenlose
Kompetenzen
53
4.3.6.3. Selbstentfremdende
Kompetenzen
53
4.3.6.4. Fehlende
Kompetenzen
53
4.3.6.5. Verschärfte
Bedingungen
54
4.3.6.6. Tendenzielle
Selbstausbeutung
54
4.3.6.7. Permanente
Selbstdarstellung
54
4.3.6.8. Ungewohnte
Selbstvermarktung
55
4.3.6.9. Künstliche
Selbstinszenierung
55
4.3.6.10. Kritische Selbstvermarktung
55
4.3.6.11. Permanente Reflexion
56
4.3.6.12 Schwerwiegender
Rollenwechsel
56
4.4. Individuelles
Erfolgskonzept
57
5.
Markenkommunikation für erfolgreiche
Lebensunternehmer
59
5.1.
Individuelle Marke
59
5.1.1. Vorausgesetztes
Vertrauen
59
5.1.2.
Glaubwürdige Orientierung
60
5.1.3. Maskierende
Marke?
61
5.2. Erfolgsentscheidende
Selbstvermarktung
61
5.2.1. Leichtfallende
Kernkompetenz
62
5.2.2.
Kombinierte Kernkompetenzen
63
5.3. Bereichernde
Partnerschaft
64
5.4.
Analysierter Markt
65
5.4.1.
Potentielle Kunden
65
5.5. Markante
Lebensunternehmer
66
5.5.1.
Kommunizierte Eigenmarke
67
5.6.
Alltägliches Eigenmarketing
68
5.7. Kreative
Markenführung
69
5.8. Sieben
Fehler
70

5
Inhalt
5.9. Verändertes
Rollenverständnis
72
6. Einschätzende
Zusammenfassung
74
6.1. Lebenslanges
Verändern
74
6.2. Veränderte
Arbeitskraft
75
6.3. Individuelle
Bewertung
75
6.3.1. Selbständige
Lebensunternehmer
76
6.3.2. Optimistische
Alternativen
76
6.3.3. Optimierte
Erfolgschancen
77
Anhang
1.
Interview mit dem Trendforscher Peter
Wippermann
78
2.
Interview mit dem Zukunftsphilosoph Andreas
Giger
82
3.
Zehn Tipps zum Eigenmarketing für
Lebensunternehmer
84
Bibliografie 87
Erklärung der Urheberschaft
95

1
Einleitende Worte
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Fragestellung, ob das Konzept des
Lebensunternehmers im Rahmen der sich verändernden Arbeitswelt
Erfolg für erwerbstätige Menschen in der BRD hat, oder nicht. Wie hoch
ist die Relevanz dieses Themas? Sehr hoch, ...
· ... weil sich das Problem mangelnder Erwerbsarbeit im Zeitalter der
Globalisierung in Zukunft noch weiter verschärften wird.
· ... weil prinzipiell jeder in der BRD von Veränderungen innerhalb
seiner Arbeit betroffen sein wird - als angestellt oder auch selbständig
Erwerbstätiger.
· ...weil die Veränderungen weit über die Grenzen der Arbeitswelt
hinausgehen.
Geklärt wird die Frage, ob ,Lebensunternehmer` ein Erfolgskonzept ist
oder nicht, auf folgendem Weg:
1. Im ersten Schritt werden die Veränderungen in der Arbeitswelt
dargestellt, wobei die Auswirkungen, auf arbeitende Menschen
eingeschränkt, analysiert werden. Entsprechend wird die breit
gefächerte Problematik erwerbsloser Menschen nicht berücksichtigt.
2. Der zweite Abschnitt stellt das Konzept des Lebensunternehmers
detailliert vor. Da das Konzept auf der Ebene des Individuums
angesiedelt ist, werden Lösungsstrategien der Arbeitsproblematik, die
einen gesamtgesellschaftlichen Lösungsansatz bieten, nicht
einbezogen.
3. Im dritten Teil wird geklärt, ob die Veränderungen in der Arbeitswelt
mit Hilfe des Konzepts erfolgreich bewältigt werden können. Dazu
wird analysiert, welche Chancen auf Erfolg und welche Risiken des
Misserfolgs im Lebensunternehmer Konzept enthalten sind.
4.
Der vierte Schritt überträgt Leitlinien zur individuellen, strategischen
Kommunikationsplanung auf das Lebensunternehmer Konzept, um
individuelle Erfolgschancen zu erhöhen.

2
1. Entwicklung der Erwerbsarbeit
Historisch betrachtet hat sich das Wesen der Arbeit gravierend geändert.
Welche Einflüsse in der BRD den Komplex der Arbeit für Tätige
beeinflusst haben, und wie es zur Entwicklung des neuen Leitbildes
,Lebensunternehmer` kam, stellt der folgende, fragmentarische Ausflug in
die Geschichte dar.
1.1. Erzwungene Arbeit
Körperliche Arbeit wird lange Zeit unfreiwillig von Sklaven ausgeführt.
Diese Form der Arbeit wird in der Historie verachtet und der untersten
Schicht zugeteilt, während geistige Arbeit bis heute das Sozialprestige
steigert. Bereits der Kopfarbeiter Aristoteles ist der philosophischen
Überzeugung, dass körperlich arbeitende Menschen unfrei seien und nicht
in der Lage, sich selbst zu verwirklichen.
Noch im Mittelalter arbeiten freie Bauern wie Sklaven auf den Höfen. Sie
sind dem Grundherrn zum Fronen verpflichtet, d.h. sie haben Abgaben in
Form von Produkten der Höfe an ihn zu richten und Arbeitsleistungen für
ihn zu vollbringen. Als Gegenleistung stellt der Grundherr ihnen das Land
zur Verfügung und bietet ihnen Schutz.
1
Arbeit ist zu dieser Zeit also
weder freiwillig noch mit Erwerb verbunden.
1.2. Gottgefällige Arbeit
Durch Martin Luther wird Arbeit als Würdigung Gottes aufgewertet.
Unabhängig von der Art der Beschäftigung erweist der Tätige Gott mittels
seiner Arbeit seine Ehrerbietung. Als Gegenleistung erhalten Arbeitende
dafür von Gott die Eintrittskarte ins jenseitige Paradies. Luther deklariert
Faulheit zur Sünde. Argumentativ beruft er sich auf die Bibel, aus der er
den Leitspruch entnimmt, wer nicht arbeite, solle auch nicht essen. Nicht
Arbeitende würdigen keine höhere Macht, haben von daher auch keinerlei
Ansprüche auf Gottes Gegenleistung oder die des Arbeitgebers. Aus
diesem
Blickwinkel symbolisiert die Arbeit also eine würdige Tätigkeit,
1
Müller, Helmut M. 1992. Schlaglichter der deutschen Geschichte. Bonn: Bundeszentrale für
politische Bildung, S. 33.

3
nicht Selbstverwirklichung. Ihr Ziel ist es, den Geist zu reinigen und
Demut zu lernen.
1.3. Anerkannte Erwerbsarbeit
Preußische Tugenden wie Fleiß, Disziplin, Pflichterfüllung, Zuverlässigkeit
und Anpassungsfähigkeit koppeln mühelos an die beschriebenen Werte
an. Mit Beginn der industriellen Revolution, der Massenproduktion und
dem verändernden Einsatz von Maschinen zu diesem Zweck, zählt die
damit einhergehende Erwerbsarbeit als anerkannte Arbeit - und mit ihr
das Leitbild Leistung. Gearbeitet wird, um seinen Erwerb zu sichern, also
gegen Leistungsentgelt. Für viele Berufstätige, die einen Beruf bis zur
Rente ausüben, stellt diese Form der Arbeit im wahrsten Sinne des
Wortes eine Berufung von einer höheren Macht dar. Hier zeigt sich erneut
die religiöse Komponente der Arbeit.
Arbeitende des Industriezeitalters erleben folgenden verlässlichen Ablauf:
Jeder der hart arbeitet und sparsam ist, erhält seinen Lohn in Form von
Sicherheit, einem stetig steigenden Einkommen und einem stabilen,
ruhigen Lebensabend.
2
Seither bestimmt Erwerbsarbeit fundamental den
Wert eines Menschen in der Gesellschaft.
1.3.1. Sichere Erwerbsarbeit
Am Anfang des 20 Jahrhunderts sind die Menschen von der
Weltwirtschaftskrise und hoher Arbeitslosigkeit betroffenen. Hitler erobert
ihre Herzen, indem er - für seine Kriegspläne - Millionen Arbeitsplätze
schafft. Jetzt können die Deutschen ihren Erwerb wieder sichern und
erfahren gesellschaftliche Aufwertung.
Ostdeutschland nutzt nach dem 2. Weltkrieg die Anschlussfähigkeit der
Werte, indem sich die DDR mit dem Claim ,Arbeiter- und Bauernstaat`
schmückt. Offizielle Arbeitslosenstatistiken untermauern diesen
Anspruch.
Die westdeutsche Gesellschaft ist zwischen 1960 - 1985 von wachsendem
Wohlstand geprägt. Die Arbeitslosenzahlen sind gering, Arbeitsplätze
2
Felixberger, Peter. 2001. "Nervöse Nomaden. Terror und Mobilität passen nicht gut zueinander -
und andere Widersprüche im Herbst" in brand eins, Wirtschaftsmagazin. 09 / 2001, S. 147.

4
sicher und auch der Gesellschaftsvertrag mit seinem Solidaritätsprinzip
greift. Noch ist die Politik weitgehend frei von dem Einfluss
wirtschaftlicher Interessenvertreter und hat das Ziel, den Status Quo der
Wohlstandsgesellschaft zu erhalten.
Ausdruck der sicheren Arbeitswelt, die eine feste Identifikationsplattform
darstellt, ist die beliebte TV-Sendung mit Robert Lemke zur Frage "Was
bin ich?", ein heiteres Berufs-Raten.

5
2. Ursachen & Folgen der Veränderungen
Warum verändert sich der Komplex der Arbeit noch gravierender und wie
wirkt sich das auf die Menschen im Arbeitsprozess aus?
2.1. Veränderte Arbeitswelt
Circa Mitte der 1990er vollzieht sich ein Einstellungswandel im vereinten
Deutschland, in dessen Verlauf neue Wechselbeziehungen zwischen
Politik und Wirtschaft entstehen. Aufgrund der wissenschaftlich-
technischen Revolution und der politischen Entscheidung zur
Globalisierung positioniert sich die BRD in der Amtszeit von Kanzler
Helmut Kohl neu. Die neue Position enthält die politische Entscheidung
zur Globalisierung. Dieser Weg beinhaltet die Liberalisierung zum Öffnen
von Handelsgrenzen, die Privatisierung von staatlichen Unternehmen
sowie die Deregulierung von Reglements des Marktes durch staatliche
Instanzen.
3
Seither wird vom Wandel gesprochen.
Mittlerweile verliert die Politik immer mehr ihren Einfluss auf Prozesse;
sie tritt ihn an Wirtschaftsinteressenvertreter ab. Zusätzlich steigert sich
die Macht global agierender Unternehmen und beeinflusst politische und
gesellschaftliche Ebenen. Insofern haben sich die einstigen Entscheider
der Globalisierung selbst ihrer Macht beschnitten.
Heute bestimmt die kapitalistische Orientierung den Wandel, bei dem der
Wirtschaftsliberalismus auch den Sozialstaat zur Disposition stellt. Damit
folgt er dem Prinzip des reinen Kapitalismus, dem alles Soziale der
Arbeitnehmerbewegung nicht mehr entspricht. Diesem einseitigen
Streben mangelt es an einem dringend benötigten ethischen Wirtschafts-
management.
4
Welche Folgen dieser Veränderungen zeigen sich auf der Ebene der
Erwerbsarbeit? Sie findet heute im Umfeld des Informationszeitalters
statt, das nach Jeremy Rifkin der Erwerbsarbeitsgesellschaft endgültig ein
Ende setzt.
5
3
Vgl. Boxberger, Gerald; Klimenta, Harald. 1998. Die zehn Globalisierungslügen. Alternativen zur
Allmacht des Marktes. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, S. 26 f.
4
Prof. Dr. Norbert Mader. 2001. Mitschrift zur Vorlesung Wandel der Arbeit in der wissenschaftlich-
technischen Revolution - Chance für Selbstverwirklichung und die Risiken der Entfremdung
an der Universität der Künste Berlin, am Institut für Gesellschafts- und Wirtschafts-
kommunikation, Sommersemester 2001.
5
Vgl. Rifkin, Jeremy. 2001. Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft. Frankfurt / Main: Fischer-
Taschenbuch-Verlag.

6
In der neuen Arbeitswelt wird unter den Einflüssen der Globalisierung,
Digitalisierung und Individualisierung vieles in weiten Teilen verändert.
Vertrautes ist in ihr immer seltener zu finden. Stattdessen beinhaltet sie
ein großes Moment der Unsicherheit. Jeder veränderte Arbeitsaspekt
beinhaltet diverse positive und negative Gesichtspunkte, die individuell
im Spannungsfeld von Selbstverwirklichung und Selbstentfremdung
erlebt werden.
2.1.1. Reorganisierte Unternehmen
Unternehmen stehen seit dem Wandel zunehmend im globalen
Verdrängungswettbewerb. Produkte und Dienstleistungen werden immer
ähnlicher, Innovationen stetig schneller kopiert und günstiger angeboten.
Die aus der Wirtschaft stammenden Begriffe Effizienz und Rentabilität
sind zwingende Leitthemen geworden.
Nach innen wird während der 1990er Jahren in Unternehmen
reorganisiert. Ziel ist es, Wegen zu öffnen, die
Kosten reduzieren,
die Leistungen der Mitarbeiter steigern und
die Reaktionspotentiale des Unternehmens optimieren.
Sowohl die Qualität dieser Reorganisationsprozesse als auch ihre
Reichweite haben dabei eine neue Dimension.
6
Nach außen reagieren Unternehmen auf den Wandel, indem sie sich zu
fusionierten, globalen Megakonzernen und Aktiengesellschaften
umstrukturieren. Über die Kernkompetenzen hinaus gehende
Geschäftsbereiche werden abgebaut oder auslagert (Outsourcing),
Arbeitsgänge rationalisiert, Arbeitsverträge flexibilisiert. Erhalten bleiben
nur rentable, effiziente Bereiche. Eine Konsequenz ist, dass Arbeitgeber
AGs unter dem Druck ihrer Kapitalanleger stehen: die Shareholder wollen
schnellstmöglich maximale Gewinne. Aktienwerte und Profit steigen,
wenn die Zahl der Angestellten, und mit ihr die Ausgaben, gesenkt wird.
Die Folge ist eine Wirtschaft und Gesellschaft ohne neue
Erwerbsarbeitsplätze (jobless growth), denn so werden
Unternehmensgewinne selten in neue Arbeitsplätze investiert.
6
Vgl. Voß, G. Günter; Pongratz, Hans J. 1998. Der Arbeitskraftunternehmer. Eine neue Grundform
der Ware Arbeitskraft? in Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, S. 134.

7
2.1.2. Mangelware Erwerbsarbeit
Während Unternehmen einerseits kaum in neue Arbeitsplätze investieren,
reduziert sich die Zahl noch bestehender Erwerbsarbeitsplätze durch
Unternehmenskonkurse. Laut der Deutschen Industrie- und Handels-
kammer meldet derzeit alle 15 Minuten ein Klein-/ Mittelstands-
unternehmen seine Insolvenz an.
7
Das entspricht einem
durchschnittlichen Verlust von 1500 Arbeitsplätzen pro Tag.
Erwerbsarbeit wird als Folge dieser Veränderungen zur Mangelware;
offiziell sind derzeit über 4 Millionen Menschen in der BRD auf der Suche
nach einem Arbeitsplatz. Inoffizielle Schätzungen gehen erheblich
darüber hinaus.
Auch im Sprachgebrauch wird Arbeit immer seltener. Statt eines
Arbeitsplatzes hat man einen Job, bzw. mehrere Teilzeitjobs. Dieser
Anglizismus spiegelt den qualitativen Wertverlust der Tätigkeit, mit der
ein Großteil der Lebenszeit verbracht wird. Jobs dienen der
Erwerbssicherung, nicht der Selbstverwirklichung.
Da die Ware Arbeitskraft im Überangebot vorhanden ist und die
Arbeitskraft von immer mehr Menschen nicht mehr benötigt wird, sinkt
der Wert menschlicher Arbeit, und mit ihm die Löhne/Gehälter.
2.1.3. Deregulierter Kündigungsschutz
Um verminderte Löhne/Gehälter einzuführen, raten Wirtschafts-
forschungsinstitute Politikern, einen Niedriglohnsektor für Menschen mit
einfachem Qualifizierungsgrad und für Ältere zu schaffen.
8
Auch der
Kündigungsschutz solle dereguliert werden. Des weiteren schlagen sie
vor, spezielle Tarifverträge einzuführen, die es Unternehmen erlauben,
,,Älteren weniger als Jüngeren zu zahlen"
9
, um Älteren den Wiedereinstieg
in den Arbeitsmarkt zu erleichtern.
10
Angeblich sollen so neue
Arbeitsplätze geschaffen werden. Diese Argumentation erscheint vor den
beschriebenen Veränderungen als unglaubwürdig. Zumal der Wert der
Arbeit älterer Menschen innerhalb der Erwerbsarbeit immer tiefer sinkt.
7
[hai = Autorenkürzel]. 2002. "Pleitewelle trifft nun auch größere und ältere Unternehmen" in Welt
am Sonntag vom 06.04.2002. Berlin: Axel-Springer-Verlag.
8
Dengel, Birgit; Loke, Matthias. 2002. "Forscher plädieren für weitgehende Reformen am
Arbeitsmarkt" in Berliner Zeitung vom 05.03.2002. Berlin: Berliner Verlag.
9
zitiert in: ibidem.
10
zitiert in: ibidem.

8
2.1.4. Wertlose Ältere
Derzeit beschäftigen 60% aller Betriebe keine Mitarbeiter mehr, die 50
Jahre oder älter sind. Galt diese Menschengruppe früher als
Wissensressource, gilt ihr Wissen heute größtenteils als veraltet und
damit als wertlos.
11
Zu dieser Problematik kommt die demografische
Entwicklung der BRD hinzu. Statistisch gesehen wird im Jahr 2030 jeder
zweite älter als 50 Jahre sein.
12
In dieser großen Gruppe sind genau jene,
die derzeit auf dem Arbeitsmarkt als schwer vermittelbar gelten, denen
Qualifizierungsbedarf angelastet wird und die im Zuge der Globalisierung
mit ihren Begleiterscheinungen aus dem Arbeitsprozess ausgegliedert
werden; überspitzt formuliert könnte es auch gesellschaftliches
Outsourcing genannt werden. Welches gesellschaftliche Ansehen haben
Menschen ohne Erwerbsarbeit?
2.1.5. Stigmatisierte Arbeitslose
Auch wenn die Kirchen ihren gesellschaftlichen Einfluss zunehmend
verlieren und obwohl immer deutlicher wird, dass das Zeitalter der
Massenerwerbsarbeit der Historie angehört, gilt in der Gesellschaft noch
immer Luthers Paradigma der sündhaften Faulheit und tugendhaften
Arbeit. Arbeitslosigkeit wird stigmatisiert; mit dem Arbeitsplatz verliert
der Mensch seinen gesellschaftlichen Wert. Bundeskanzler Gerhard
Schröder schlug mit seinem Ausspruch "Es gibt kein Recht auf Faulheit in
unserer Gesellschaft!"
13
in Luthers Kerbe und leistete seinen Beitrag zur
Stigmatisierung.
Entsprechend groß ist die Angst vor der Arbeitslosigkeit und sie
erschreckt immer mehr Menschen. Arbeitslosigkeit als Dauerzustand
fürchten sowohl momentan Arbeitende als auch Erwerbssuchende.
Diese der Situation nicht angemessenen Einstellungen führen dazu, dass
sich Nichterwerbstätige selbst die Schuld für ihre Arbeitslosigkeit geben.
In ihren Augen haben sie versagt, sind Arbeits-Looser.
11
Loke, Matthias. 2002. "Olympioniken gesucht; Ältere Menschen sind zur Problemgruppe auf dem
Arbeitsmarkt geworden" in Berliner Zeitung vom 06.03.2002. Berlin: Berliner Verlag.
12
Zwick, Martin. 2001. "Die alternde Gesellschaft ... Der Bevölkerungsrückgang ist vorprogrammiert"
in http://www.isoplan.de. 11.07.2002, 16:36.
13
Schröder, Gerhard. 2001. "Interview mit Bundeskanzler Gerhard Schröder in der Bild-Zeitung am
05. April 2001" in http://www.interview-mit-bundeskanzler-gerhard-schröder-in...htm,
12.07.2002, 14:46.

9
2.1.6. Reichlich Arme
Lohnkürzungen, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe für Menschen ohne
Erwerbsarbeit sind die ersten Schritte verminderter Einnahmen.
Wahrscheinlich wird diese Entwicklung zur Armut noch weiter gehen.
Jeremy Rifkin prognostizierte bereits Ende der 1970er in seinem Buch
,Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft` eine Spaltung der Gesellschaft in
zwei Gruppen: 20% in der Gruppe der High-Tech-Nomaden gegenüber
80% in der Gruppe potentiell Arbeitsloser, Gelegenheitsarbeiter mit
niedrigem Erwerb oder Dauerarbeitsloser.
14
Für diese Entwicklung spricht
z.B. auch der erwähnte zunehmende Verlust an klein- und
mittelständigen Unternehmen. Die Sozialstruktur steuert auf wenige
Reiche und massenhaft Arme zu. Sind Erwerbstätige von diesen
Veränderungen ebenfalls betroffen?
2.1.7. Individualisierter Erwerb
Arbeitende spüren den Wandel in der Arbeitswelt auch auf der
ökonomischen Ebene. Arbeitsverträge werden flexibel, tarifunabhängig
und individuell abgeschlossen. Vor dem Anstellungsvertrag müssen
Angestellte ihre Arbeitsleistungen einschätzen und den Erwerb dafür
verhandeln können. Wer seine Arbeitsleistungen zu gering verhandelt,
arbeitet neben Kollegen an vergleichbaren Aufgaben für ein geringeres
Entgelt.
Statt eines fixen monatlichen Grundgehalts werden Alternativen geboten:
Aktienanteile, Gewinnbeteiligung oder indirekter Lohn in Form von
Firmenfahrzeugen oder Laptop werden eingesetzt. Die erste Variante
enthält die Gefahr, bei sinkendem Aktienwert des Unternehmens nur das
geringere Grundgehalt zu erwirtschaften, bzw. keine Gewinnbeteiligung
bei Umsatzverlusten zu erhalten. Gleichzeitig aber auch die Chance, von
Gewinnen zu profitieren.
Eine Folge davon ist, dass im Verlauf dieser Veränderungen die
ökonomische Sicherheit eines regelmäßigen Erwerbs entfällt. Statt
dessen tragen Arbeitnehmer zunehmend ihr eigenes ökonomisches Risiko
und ihr Erwerb richtet sich fortschreitend an ihren Leistungen aus.
14
Prof. Dr. Annamaria Rucktäschel. 2000. Mitschrift zur Ringvorlesung Komplexe Visionen ­
Szenarien für mögliche Zukünfte an der Universität der Künste Berlin, am Institut für

10
2.1.8. Flexibilisierte Beschäftigungsformen
Zu den Veränderungen in der Arbeitswelt zählt es allerdings auch, dass
Menschen nach dem unternehmerischen Bedarf eingestellt, bzw.
entlassen werden.
Arbeitsverhältnisse werden auf diesen Wegen effizient den ökonomischen
Bedürfnissen der Unternehmen angepasst. Zukünftige Erwerbsarbeit
findet in Alternativen wie dem Just-in-Time-Employment oder in anderen
flexiblen Beschäftigungsformen statt. Bei ihnen werden Menschen z.B.
vorübergehend als Freelancer, neue Selbständige oder Zeitarbeiter in
Funktionen als Projektarbeiter, Leiharbeiter oder auch moderne Söldner
15
eingesetzt. Fest Angestellte wird es in Folge dessen immer seltener
geben.
2.1.8.1. Temporär Angestellte
Wenn Unternehmen neben temporär Beschäftigten lediglich einen kleinen
Kern an Menschen mit unternehmerisch ähnlichem Denken und Handeln
fest anstellen, bedeutet das für alle, dass sie sich ständig mit neuen
Kollegen auseinander setzen müssen. Für befristetet Arbeitende bedeutet
es, wie eine neue Art von ,Söldnern', immer wieder auf der Suche nach
einer neuen, bezahlten Aufgabe auf dem globalen Markt des Wissens zu
sein. Darin liegen diverse Vor- und Nachteile, die die Arbeits- und
Lebenskultur verändern.
16
2.1.8.2. Flexibilisierter Arbeitsort
Es ändert sich z.B. der Arbeitsort. Die Mobilität vernetzter Rechner,
vernetzter Teams sowie die Aufhebung personengebundener
Arbeitsplätze ermöglicht es, via Inter- und Intranet. dort zu arbeiten, wo
derzeit ein Arbeitsort frei ist (Desk Sharing), bzw. unternehmensextern
als Telearbeiter tätig zu sein. Somit ist auch der Arbeitsort temporär.
Telearbeit beinhaltet die Option, Aspekte wie Familie und Beruf zu
integrieren, da die Arbeit von zu Hause aus erledigt werden kann. Zudem
Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation, Sommersemester 2000.
15
Der Begriff Söldner entstammt der Militärsprache vor Einführung der Wehrpflicht. Er bezeichnet
Soldaten, die nur für den Erwerb des Soldes dienten und zu Kampfzwecken angeheuert
wurden.

11
werden Arbeitswege und die damit verbundenen Zeiten reduziert; auch
das Unternehmen reduziert auf dieses Weise Kosten. Gefahren birgt diese
individuelle Arbeitsform durch Faktoren wie Teamlosigkeit,
Bezugslosigkeit zum Unternehmen, soziale Vereinzelung und den Verlust
der direkten Kommunikation innerhalb des Unternehmens.
2.1.8.3. Flexible Job-Nomaden
Rifkin sieht diese erwähnten neuen Söldner in 20% der erwerbstätigen
Menschen, als Job-Nomaden an. Ihre e-Mail-Adresse ist wichtiger als ihre
geografische Adresse, weil sie an keinen bestimmten Ort, an keinen
Arbeitsplatz gebunden sind. Sie entwickeln sich zu Mitgliedern eines
Stammes von High-Tech-Nomaden. So werden sie zur neuen Elite der
Wissensarbeiter, zur neuen Herrschaftsklasse. Ihr Wissen und ihre
Dienste können sie überall auf der Welt auf digitalem Weg verkaufen. Sie
sind Kosmopoliten, die mehr mit ihresgleichen zu tun haben als mit ihren
Landsleuten. Diese prognostizierten 20% sind flexibel, jederzeit zum Ein-
/ Aussteigen innerhalb eines Unternehmens bereit - aber auch ,,für keine
sozial stabilisierende, verlässliche Gemeinschaftsaufgabe mehr zu
gebrauchen."
17
Möglicherweise übertragen sie die veränderten Werte des
Erwerbslebens auf ihr Privatleben. Das führte weitergedacht zu der Frage,
ob ein privater Sozialkontakt rentabel / effizient ist, oder nicht.
Entscheidendes Merkmal dieser Arbeitenden ist, dass sie das universale
High-Tech-Instrument Computer beherrschen, das die Vielfalt der
Arbeitsinstrumente auf eine Monokultur beschränkt.
2.1.9.Trennende Computer
Dieses allein stehende Arbeitsinstrument speichert das gesamte Wissen
des Unternehmens und stellt es jederzeit zur Verfügung. Aus
unternehmerischer Sicht ist Wissen zum 4. Produktionsfaktor geworden.
Als kostbares, nur im Denken der Angestellten zu findendes,
immaterielles und den Wettbewerb entscheidendes Gut. Für die
Anwendung der global verbundenen Rechner und ihrer Informationen ist
16
Vgl. Horx, Matthias. 2002. ,,Ich und Co: Von der Angestelltenwelt zur Kreativen Klasse" in
zukunftsinstitut.de, 06.08.2002, 11:07.
17
Deckstein, Dagmar. 2001. "Ausbruch aus dem goldenen Industriekäfig" in http://www.changex.
de/pdf/d_a00407.pdf , 07.08.2002, 16:36.

12
entsprechendes Wissen notwendig. Das bedeutet für Arbeitende eine
neue Trennlinie zwischen ihnen: "v.C. und n.C. - vor Computern und
nach Computern. Die unter 25jährigen haben keine IT-Revolution erlebt
sondern eine Evolution. ... Für viele von ihnen ist der Computer die
natürlichste Sache der Welt."
18
Auf die Sprache der Rechner übertragen
gelten diejenigen, die dieses Instrument effizient in ihre Arbeitsprozesse
integrieren, in übertragenem Sinne als ,1` und diejenigen ohne diese
Kompetenzen als ,0`.
High-Tech
beherrscht zunehmend die Produktions- und
Kommunikationsprozesse. Sie laufen digitalisiert und nicht mehr
nachvollziehbar ab. Das beinhaltet einerseits ein hohes
Selbstentfremdungspotential des Menschen von seiner Tätigkeit und sich
selbst, andererseits auch die Chance, globaler Arbeitsprozesse. Dafür
müssen Arbeitende allerdings neue Formen des Lernens kultivieren.
2.1.9.1. Aktualisiertes Arbeitswissen
Noch in den 1970er Jahren musste eine Arbeitskraft durchschnittlich eine
neue Fähigkeit im Jahr erlernen. Im Jahr 2000 war es bereits eine neue
Fähigkeit am Tag.
19
Arbeitende müssen also einerseits Rechner bedienen
können. Andererseits müssen sie ihr Wissen im Takt technischer
Neuerungen und unternehmensinterner Prozesse eigenverantwortlich
aktualisieren. Denn diese Kompetenz bedingen ihren individuellen
Arbeitsvertrag, Arbeitsalltag und Erwerb.
Um das Wissen ständig auf dem aktuellen Stand zu halten, wird die
Methode des elektronischen Lernens (E-Learning) am Arbeitsplatz
favorisiert; für Unternehmen eine kostengünstigere Variante als
Präsenzschulungen.
20
Zum Lernen während des Arbeitsprozesses fehlt
allerdings die Zeit, denn Zeit stellt einen wettbewerbsentscheidenden
Faktor in der globalisierten Welt dar. Obwohl es zwei Gruppen im
Produktionsprozess geben müsste -eine die produziert und eine die lernt-
wird ein Zeitkontingent, das ausschließlich für das Lernen im
Arbeitsprozess bestimmt ist, von Unternehmen selten bereitgestellt.
18
Ridderstråle, Jonas; Nordström, Kjell A. 20001. Funky Business: Wie kluge Köpfe das Kapital zum
Tanzen bringen. München: Financial Times Prentice Hall, S. 113.
19
Ibidem, S. 33.
20
Der Lerneffekt bei E-Learning wird von der Lernforschung als kritisch betrachtet.

13
Dieses Problem hat zwei Lösungen: entweder veraltet das Wissen, mit
ihm die Fähigkeit, das Arbeitsinstrument Computer effizient zu bedienen
und die eigenen Kompetenzen. Oder arbeitende Menschen nutzen ihre
Freizeit, um zu lernen. Dann wird die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit
durchlässig.
2.2. Globaler Kompetenzkrieg
Paradoxerweise existiert neben den Millionen erwerbslosen Menschen ein
enormer Mangel an High Potentials. Sie sind die Stars der neuen
Arbeitselite; auf Seiten der globalen Unternehmen ist ein Krieg um sie
ausgebrochen. In diesem War for Talents sind Headhunter
21
im Einsatz,
die Besten zu finden und abzuwerben; diese Berufsgruppe fischt nun
nach den Kois im Goldfischteich des weltweiten Arbeitsmarktes. Doch
nicht nur die Unternehmen kämpfen gegeneinander um die Crème de la
Crème der Arbeitskräfte. Auch Arbeitsuchende stehen im globalen
Konkurrenzkampf: Wer hat die beste Kompetenzbiografie, die
begehrtesten Qualifikationen? Gesucht werden junge Menschen mit
Megakompetenzen, niedrigen Gehaltswünschen, qualifizierten
Arbeitserfahrungen - und dem Wissen älterer Menschen.
2.2.1. Globaler Leistungsdruck
Arbeitsplätze werden wo immer möglich abgebaut. Die weiterhin
Beschäftigten müssen nach neuen Wegen suchen, ihre Arbeit effektiver
zu gestalten, um die fortbestehenden Anforderungen mit verringerter
Belegschaft zu bewältigen.
22
Entsprechend steigt der Leistungs-, Zeit- und
Erfolgsdruck. Das Fortbestehen ihres Arbeitseinsatzes ist mit diesen
Faktoren und mit der immensen Angst vor dem Arbeitsplatzverlust
gekoppelt. Gekämpft wird somit auch innerhalb der Unternehmen;
Arbeitnehmer kämpfen gegeneinander oder gegen sich selbst. Sie
mobben Schwächere oder sind Workaholics, die nur noch leben um zu
arbeiten. Andere begehen Selbstmord. Im japanischen Arbeitsklima hat
21
Headhunter ist der ursprüngliche Begriff für Menschen, die ihren Erwerb damit sicherten,
Gesetzesbrecher aufzuspüren. Als Beweis ihrer Arbeit trennten sie ihnen den Kopf ab. Heute
steht er für Menschen, deren Tätigkeit darin besteht, Menschen skrupellos von einem
bestehenden Arbeitsverhältnis zu einem anderen abzuwerben.

14
das Phänomen, sich zu Tode zu arbeiten, einen Namen: Karoshi (,Tot
durch Überarbeiten`). Ein tieferer Blick in japanische Arbeitsverhältnisse:
,,Japan", sagt Herr Kida, ,,ist eine riesige Firma, der du ständig zur
Verfügung stehen musst. Da wagt niemand, früher zu gehen oder sich gar
krank zu melden. Das würde nur zeigen, dass es auf die eigene Arbeit nicht
so sehr ankommt." ... ,,10.000 Menschen sterben pro Jahr an Karoshi" - so
der Rechtsanwalt Kawahito, der eine Hilfsorganisation für gestresste
Angestellte gegründet hat. Dass nur wenige Fälle an die Öffentlichkeit
dringen, liegt an der schwierigen Beweislage. ... Viele resignieren,
kündigen oder bringen sich in ihrer Verzweiflung um. Rund 100
Selbstmorde sind es derzeit jeden Tag. Die einen haben wegen der vielen
Firmenzusammenbrüche ihren Job verloren, die anderen mit der
Arbeitsbelastung nicht mehr mithalten können. Beides gilt als Schande,
stempelt sie als Versager ab in der japanischen Gesellschaft."
23
Aus diesem Blickwinkel mutet Erwerbsarbeit wie die Vorstufe zur
Hölle an, deshalb wäre es angenehm, wenn die Ähnlichkeiten zur
Situation in der BRD so weit entfernt lägen wie Asien. Doch welche
Werte der Leistungsgesellschaft führen die Arbeitssituation noch
näher an japanische Bedingungen heran?
2.3. Verändertes Menschenbild
Auch das Menschenbild des Angestellten verändert sich. Im
unternehmensinternen Sprachgebrauch sind die Menschen kaum noch zu
finden. Ihre Bezeichnung mit dem Begriff Human Ressource liegt im
Bereich der sachlichen Unternehmensquellen. Zudem basiert das
Vokabular von Personalverantwortlichen auf der Militärsprache, z.B.
Rekrutierung, Headhunter, War for Talents, etc.
Dennoch sind sie die Quelle der Rentabilität und Effizienz eines
Unternehmens und gleichzeitig werden diese Werte auf sie übertragen.
Gravierend ändert sich auch der Bereich der Arbeitsorganisation. Arbeit
soll zunehmend selbst von den Tätigen organisiert werden. Dieses stellt
ein neues Verständnis von Arbeit, von Erwerbstätigen und von
22
Unruh, Ludwig. 1999. "Nichts ist unmöglich? Die neuen Arbeitsverhältnisse zwischen Toyotismus
und Prekarisierung", in http://www.arbeitsalltag.de/Texte/Nichts_ist_unmoeglich.htm,
25.07.2002, 12:40.
23
Haas, Gaby; Richter, Katrin. 2000. "Sterben für die Firma. Arbeits-Stress in Japan" in
http://www.phoenix.de/old/themen/topt/062000/00601/. 25.07.2002, 13:19.

15
Unternehmen dar. Arbeit wird für alle erkennbar zu einer Handelsware,
für die die Besitzer der Ware (die potentiell Tätigen) in vollem Umfang
selbst verantwortlich sind. Das Einzigartige an der Ware des
Arbeitsvermögens ist, dass sie nur in Verbindung mit einem Individuum
erworben werden kann.
24
Somit muss ein Erwerbstätiger jederzeit
effizient und schnell arbeiten, mobil sein und sich diverse Kompetenzen
selbständig aneignen etc., um sich mit seiner Ware, seinem
Arbeitsvermögen, zu profilieren. Zusätzlich fordern Unternehmer immer
öfter Angestellte, die dem neuen Leitbild gemäß unternehmerisch denken
und handeln (Intrapreneure
25
).
Interessant an dieser Entwicklung ist, dass sich das Leitbild des
Unternehmers und Selbständigen auf angestellte Erwerbstätige
ausweitet. Allerdings mit Chancen und Risiken. Als Chance der
Selbstverwirklichung kann die zunehmende Verantwortung für die
Arbeitsprozesse und deren Ergebnisse gewertet werden. Aber das
unternehmerische Leitbild birgt auch zusätzliche Risiken und Belastung.
Wie etwa die entscheidende Einschränkung, dass Intrapreneure zum
einen nach wie vor diversen betrieblichen Restriktionen unterliegen,
26
zum
anderen die Macht unternehmensrelevanter Entscheidungen in den
Händen Vorgesetzter bleibt.
24
Vgl. Voß, G. Günter; Pongratz, Hans J. 1998. Der Arbeitskraftunternehmer. Eine neue Grundform
der Ware Arbeitskraft? in Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, S. 131.
25
Intrapreneur ist die Abkürzung für `Intracorporate Entrepreneur'.
26
Vgl. Voß, G. Günter; Pongratz, Hans J. 1998. Der Arbeitskraftunternehmer. Eine neue Grundform
der Ware Arbeitskraft? in Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, S. 134.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832466015
ISBN (Paperback)
9783838666013
DOI
10.3239/9783832466015
Dateigröße
692 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität der Künste Berlin – Gestaltung, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation
Erscheinungsdatum
2003 (April)
Note
1,0
Schlagworte
intrapreneur ich-ag marke selbstvermarktung beruf
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Titel: Veränderte Arbeitswelt - Erfolgskonzept "Lebensunternehmer"
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