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Systemisches Customer Relationship Management in den neuen Medien

Innovative Kundenbindungsprogramme

©2002 Diplomarbeit 108 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
In Zeiten von gesättigten Märkten, der wirtschaftlichen Globalisierung und zunehmender Wettbewerbsintensität wird es für Unternehmen immer schwieriger sich über ihre Produkte auf dem Markt zu behaupten. Wie kann man den Kunden zufriedenstellen und somit langfristig an ein Unternehmen binden und welchen wirtschaftlichen Nutzen bringt eine Kundenbindung für das Unternehmen? Dies sind Fragen die bis heute nicht an Aktualität verloren haben.
Die Entwicklung von Kundenbindungsstrategien gipfelt heute in der Unternehmensphilosophie des „Customer Relationship Management“ (CRM) und deren Internet-basierten Variante „Electronic Customer Relationship Management“ (eCRM). CRM und eCRM gehören zu den zurzeit meistdiskutierten Schlagworten der aktuellen Marketingpraxis.
Customer Relationship Management umfasst dabei die gesamte Interaktion eines Unternehmens mit bestehenden und zukünftigen Kunden während des gesamten Kaufentscheidungsprozesses und Besitzzyklus. Dabei herrschen noch signifikante Meinungsverschiedenheiten darüber, welcher Nutzen aus einer langfristigen Kundenbindung für die Unternehmen resultiert und wie diese zu realisieren ist. Eine streng ökonomisch ausgerichtete Perspektive auf eine dauerhafte Kunden-Lieferanten-Beziehung lässt viele Fragen bezüglich des Kunden als sozialem Wesen unbeantwortet.
Diese Arbeit analysiert Customer Relationship Management aus systemtheoretischer Sicht. Die Systemtheorie, als wohl zurzeit einzige Supertheorie, bietet sich als Plattform an, da sie es vermag, Systemphänomene unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen miteinander zu verbinden.
Anhand des systemischen Zugangs zu der Beziehung zwischen Kunde und Lieferant wird geklärt, welche Möglichkeiten und welche Probleme sich ergeben, einen Kunden durch CRM dauerhaft an ein Unternehmen zu binden. Neue Informations- und Kommunikationstechnologien, wie das Internet, spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Sie eröffnen dem Unternehmen neue Kommunikationsmöglichkeiten mit dem Kunden und versetzen das Unternehmen durch innovative Kundenbindungsprogramme in die Lage, mehr über den Kunden zu erfahren.
Gang der Untersuchung:
In der Arbeit wird zunächst kurz auf das breite Meinungsspektrum zu Kundenorientierung und Kundennähe eingegangen. Danach wird die Notwendigkeit einer umfassenden Sichtweise auf die Kunden-Lieferanten-Beziehung (KL- Beziehung) festgestellt und diese in einen systemtheoretisch-konstruktivistischen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 6342
Fuhrmann, Oliver: Systemisches Customer Relationship Management in den neuen
Medien - Innovative Kundenbindungsprogramme
Hamburg: Diplomica GmbH, 2003
Zugl.: Siegen, Universität - Gesamthochschule, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2003
Printed in Germany

II
Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung 5
1.1
Aufbau
der
Arbeit
6
2. Die Kunden-Lieferanten-Beziehung aus systemtheoretischer
Perspektive
8
2.1
Kundenorientierung
und
Kundennähe
8
2.2 Dauerhafte Kunden-Lieferanten-Beziehungen und deren
Einordnung in die Systemtheorie
11
2.2.1 Die Komponenten des Systems KL-Beziehung
14
2.2.2 Die KL-Beziehung und ihre Fähigkeit zur Selbsterzeugung,
Selbsterhaltung, Selbstveränderung und Selbstreferenzialität 15
2.2.3 Die Welten des Systems KL-Beziehung
17
2.2.3.1 Die Innenwelt
17
2.2.3.2 Die fokale Außenwelt
20
2.2.3.3 Die unverständliche Außenwelt
21
2.3 Der Nutzen einer systemisch-konstruktivistischen
Betrachtung der KL-Beziehung
22
3. Kundenzufriedenheit und Kundenbindung
23
3.1 Der Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und
Kundenbindung
23
3.1.1 Produktinvolvement
27
3.1.1.1 Die Theorie der kognitiven Dissonanz
27
3.1.1.2 Die Lerntheorie
28
3.1.1.3 Die Risikotheorie
29
3.1.1.4 Zusammenfassung der Anwendbarkeit der Verhaltens-
theorien auf das Produktinvolvement
30
3.1.2 Wettbewerbsumfeld
30
3.1.3 Produkteigenschaften
31
3.1.4 Eigenschaften des Käufers
33
3.1.5 Anbieteraktivitäten
34
3.2 Die systemtheoretische Dimension des Zusammenhangs
zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbindung
35
3.2.1 Die Innenwelt
37
3.2.2 Die fokale Außenwelt
37
3.2.3 Die unverständliche Außenwelt
38
3.2.4 Fazit der systemtheoretischen Betrachtung
38
4. Customer Relationship Management (CRM)
39
4.1 Gründe für CRM
39
4.1.1 Die Marktsituation
41
4.1.2 Das Konsumentenverhalten
42

III
4.1.3 Die Kommunikationstechnologien
43
4.2 Definition des CRM
44
4.3 Ziele des CRM
46
4.3.1
Sicherheit
47
4.3.2
Wachstum
48
4.3.3 Rentabilität
48
4.4 Aufbau des CRM
49
4.4.1 Operatives CRM
52
4.4.2 Analytisches CRM
55
4.4.3 Kommunikatives CRM
55
4.4.3.1 Mobile Datenkommunikation
56
4.4.3.2
Internet
57
4.5 Die systemtheoretische Dimension des CRM
58
5. Electronic Customer Relationship Management (eCRM)
65
5.1 Definition des eCRM
66
5.2 Potenziale des CRM für die neuen Medien
68
5.2.1 Individualisierung durch CRM
68
5.2.2 Interaktion zwischen Unternehmen und Kunde durch CRM 69
5.2.3 Integration des Kunden durch CRM
69
5.3 Die Symbiose von CRM und eCRM
70
5.3.1 Individualisierung durch eCRM
70
5.3.2 Interaktion durch eCRM
74
5.3.3 Integration durch eCRM
76
5.4 Die systemtheoretische Dimension des eCRM
78
5.4.1 Lösung des Datenauthentizitätsproblems durch eCRM
78
6. Innovative Kundenbindungsprogramme durch eCRM
80
6.1
Mass
Customization
80
6.1.1 Information als Basis von Mass Customization
82
6.1.2 Fallbeispiel: Immobilienscout24
83
6.1.2.1 Die Präsentation des Unternehmens
84
6.1.2.2 Die Konfiguration der gewünschten Wohnung
86
6.1.2.3 Die Kommunikation zwischen Kunde und Anbieter 89
6.1.2.4 Der Dialog mit dem Kunden in der Nachkaufphase 89
6.2 Virtuelle Gemeinschaften
90
6.2.1 Begriff und Abgrenzung
91
6.2.1.1 Spezifische Interessenschwerpunkte
92
6.2.1.2 Integration von Inhalt und Kommunikation
92
6.2.1.3 Die Verwendung von durch die Mitglieder
bereitgestellten Informationen
92
6.2.1.4 Der Zugang zu konkurrierenden Anbietern
93

IV
6.2.1.5 Die kommerzielle Orientierung
93
6.2.2 Kundenbindung durch virtuelle Gemeinschaften
94
7. Fazit
97
Literaturverzeichnis
99
Ehrenwörtliche Erklärung
107

- 5 -
1. Einleitung
,,
The customer can have any color he wants
as long as it is black."
Henry Ford
Dieses klassische Zitat von Henry Ford stammt aus einer Zeit, in der man der
Kundenorientierung anscheinend keinen großen Stellenwert einräumte. Die
wirtschaftlichen Verhältnisse in der Hochzeit der Industrialisierung gaben den
Unternehmen auch keinen Grund, von der Strategie der Produktorientierung
abzuweichen. Doch vieles hat sich seitdem geändert: In Zeiten von gesättigten
Märkten, der wirtschaftlichen Globalisierung und zunehmender Wettbewerbsin-
tensität wird es für Unternehmen immer schwieriger sich über ihre Produkte auf
dem Markt zu behaupten (vgl. Hippner/Wilde 2002: 5). Der Kunde rückte in den
Mittelpunkt der wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Forschung. ,,Wie kann
man den Kunden zufriedenstellen und somit langfristig an ein Unternehmen
binden?" und ,,Welchen wirtschaftlichen Nutzen bringt eine Kundenbindung für
das Unternehmen?" waren Fragen, die in diesem Zusammenhang gestellt wur-
den. Es entwickelten sich konkrete ökonomische Strategien, die zunehmend
den Kunden in den Fokus unternehmerischen Handelns rückten. Diese Ent-
wicklung gipfelt heute in der Unternehmensphilosophie des ,,Customer Relati-
onship Management" (CRM) und deren Internet-basierten Variante ,,Electronic
Customer Relationship Management" (eCRM). CRM und eCRM gehören zu
den zurzeit meistdiskutierten Schlagworten der aktuellen Marketingpraxis. Eine
empirische Studie unter 150 vorwiegend mittelständischen und großen Unter-
nehmen zeigt, dass dem Thema von allen Unternehmensbereichen eine hohe
Bedeutung zugemessen wird (vgl. Eggert/Fassott 2001: 3). Customer Relati-
onship Management umfasst dabei die gesamte Interaktion eines Unterneh-
mens mit bestehenden und zukünftigen Kunden während des gesamten Kauf-
entscheidungsprozesses und Besitzzyklus. Dabei herrschen noch signifikante
Meinungsverschiedenheiten darüber, welcher Nutzen aus einer langfristigen
Kundenbindung für die Unternehmen resultiert und wie diese zu realisieren ist.
Eine streng ökonomisch ausgerichtete Perspektive auf eine dauerhafte Kunden-
Lieferanten-Beziehung lässt viele Fragen bezüglich des Kunden als sozialem
Wesen unbeantwortet.

- 6 -
Diese Arbeit analysiert Customer Relationship Management aus systemtheore-
tischer Sicht. Die Systemtheorie, als wohl zurzeit einzige Supertheorie, bietet
sich als Plattform an, da sie es vermag, Systemphänomene unterschiedlicher
wissenschaftlicher Disziplinen miteinander zu verbinden (vgl. Stahl 2000: 390).
Anhand des systemischen Zugangs zu der Beziehung zwischen Kunde und
Lieferant soll geklärt werden, welche Möglichkeiten und welche Probleme sich
daraus ergeben, einen Kunden durch CRM dauerhaft an ein Unternehmen zu
binden. Neue Informations- und Kommunikationstechnologien, wie das Internet,
spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Sie eröffnen dem Unter-
nehmen neue Kommunikationsmöglichkeiten mit dem Kunden und versetzen
das Unternehmen durch innovative Kundenbindungsprogramme in die Lage,
mehr über den Kunden zu erfahren. Es nimmt somit nicht wunder, dass gerade
der online-basierten Variante des Customer Relationship Management (eCRM)
ein besonders starkes Wachstum vorausgesagt wird (vgl. Eggert/Fassott 2001:
3).
1.1 Aufbau der Arbeit
Im zweiten Kapitel wird zunächst kurz auf das breite Meinungsspektrum zu
Kundenorientierung und Kundennähe eingegangen. Danach wird die Notwen-
digkeit einer umfassenden Sichtweise auf die Kunden-Lieferanten-Beziehung
(KL- Beziehung) festgestellt und diese in einen systemtheoretisch-
konstruktivistischen Zusammenhang in Anlehnung an Stahl 2000 eingeordnet.
Dabei wird ein grundlegendes Verständnis der Systemtheorie vorausgesetzt.
Die Eigenschaft der Synreferenzialität des Systems erfordert daraufhin eine
differenzierte Betrachtungsweise der Welten des Systems KL-Beziehung: Es
wird unterschieden zwischen der Innenwelt, der fokalen Außenwelt und der un-
verständlichen Außenwelt. Die Betrachtung der Innenwelt des Systems befasst
sich näher mit der Problematik der Boundary Role Persons hinsichtlich der Be-
ziehung zwischen Kunde und Lieferant. Das zweite Kapitel schließt mit der
Feststellung erster theoretischer Nutzenfaktoren der systemtheoretischen Be-
trachtung der Kunden-Lieferanten-Beziehung.
Die Systemelemente Kunde und Lieferant werden im dritten Kapitel unter den
Faktoren Kundenzufriedenheit und Kundenbindung diskutiert. Es wird dabei auf
die Einflüsse näher eingegangen, die die Kundenbindung maßgeblich beein-

- 7 -
flussen. Anschließend wird untersucht, wie sich diese Einflüsse auf die Welten
des Systems Kunden-Lieferanten-Beziehung auswirken.
Die in Kapitel drei festgestellten Einflussmöglichkeiten des Anbieters zur Erlan-
gung und Aufrechterhaltung einer dauerhaften Kundenbeziehung werden im
vierten Kapitel in ihrer Realisierung durch die Managementphilosophie Custo-
mer Relationship Management erörtert. Dabei werden die Gründe für die Ent-
wicklung des CRM genannt, CRM wird definiert, und seine Ziele werden erläu-
tert. Anschließend werden der Aufbau eines CRM-geführten Unternehmens und
eine Lösung der Boundary-Role-Person-Problematik durch die systemtheoreti-
sche Dimension des CRM dargestellt.
Das fünfte Kapitel beschäftigt sich mit eCRM, der online-basierten Variante des
CRM. Es werden weitere Möglichkeiten zur Kundenbindung durch die elektroni-
sche Variante des CRM genannt und anhand eines Vergleichs ihrer drei ge-
meinsamen Merkmale ­ Individualisierung, Interaktion und Integration ­ eine
symbiotische Beziehung zwischen beiden festgestellt. Die anschließende sys-
temtheoretische Betrachtung des eCRM beschäftigt sich mit der Lösung des
Datenauthentizitätsproblems, welches im vierten Kapitel durch CRM festgestellt
wurde.
Innovative Kundenbindungsprogramme, die durch eCRM erst ermöglicht wer-
den, sind Gegenstand des sechsten Kapitels. Dabei wird der Fokus auf die bei-
den Kundenbindungsstrategien Mass Customization und die Etablierung einer
virtuellen Community gelegt, da diese eine besonders hohe Intensität der Fak-
toren Individualisierung, Interaktion und Integration als Kundenbindungsmerk-
male aufweisen.

- 8 -
2. Die Kunden-Lieferanten-Beziehung aus systemtheoretischer
Perspektive
Im Folgenden wird auf die Ursachen und das breite Meinungsspektrum der
Strategien Kundenorientierung und Kundennähe eingegangen. Um die Zusam-
menhänge einer Kunden-Lieferanten-Beziehung detaillierter betrachten zu kön-
nen, wird diese Beziehung dann in Anlehnung an Stahl in eine systemtheore-
tisch-konstruktivistische Perspektive eingeordnet. Dabei werden zunächst die
Kunden-Lieferanten-Beziehung als System im Einzelnen begründet und die
Komponenten des Systems erörtert. Die Eigenschaft der Synreferenzialität des
Systems erfordert eine differenzierte Betrachtungsweise der Welten des Sys-
tems Kunden-Lieferanten-Beziehung. In diesem Zusammenhang werden die
Innenwelt, die fokale Außenwelt und die unverständliche Außenwelt unterschie-
den und untersucht. Schließlich werden erste theoretische Schritte der Nutzen-
faktoren einer systemtheoretischen Betrachtungsweise der Kunden-Lieferanten-
Beziehung dargestellt.
2.1 Kundenorientierung und Kundennähe
In Zeiten von fehlenden Wachstums- und abnehmenden Differenzierungsmög-
lichkeiten auf vielen Märkten, gewinnt die Strategie ,,Kundenorientierung" und
,,Kundennähe" seitens der Unternehmen immer mehr Anhänger. Aber gerade
produktorientierte Unternehmen haben Schwierigkeiten damit, diesen Forde-
rungen gerecht zu werden und somit dem ,,stattfindenden Wertewandel der
Kunden" (Schmidt 1992: 52) Rechnung zu tragen: Häufig bleibt es bei der Be-
kundung von Leitbildern und Kernaussagen, dass alle Unternehmensbemühun-
gen auf den Kunden ausgerichtet seien.
So sieht Schmidt den Wandel der Unternehmen hin zur Kundenorientierung
eher kritisch: ,,Statt sich zu einem tatsächlich kundenorientierten Unternehmen
zu entwickeln, bleibt man beim Produktverlauf [sic!] und unterlässt damit die
Chance, sich wirklich im Markt zu profilieren und eindeutig zu positionieren"
(Schmidt 1992: 52; vgl. hierzu auch Kühn 1991: 97). Dennoch ist es das propa-
gierte Ziel vieler Unternehmen, den Kunden zum Mittelpunkt ihrer Aktivitäten zu
machen. Kundenorientierung bildete schon immer ,,den Kern der klassischen
Marketingkonzeption" (Stahl 2000: 387) und bedeutet, ,,kundengerichtetes und

- 9 -
kundengerechtes Denken und Handeln im eigenen Unternehmen zu fördern
und zu leben" (Schmidt 1992: 53).
Folgt man der Auffassung von Pümpin und Koller, darf Kundenorientierung je-
doch nicht als ,,dominierende Komponente, sondern muss vielmehr als ein alle
Bereiche erfassendes, eben verbindendes Grundprinzip" (Pümpin/Koller 1986:
485) verstanden werden. Es wird vor einer Dominanz der Kundenorientierung
gewarnt, die negative Konsequenzen in der Produktion oder der Qualität des
Produktes mit sich bringen könnte (vgl. ebenda: 484).
Oppositionelle Ansätze, wie die von Kühn, raten sogar davon ab, ,,Kundenorien-
tierung als Element eines Marketingbegriffes" (Kühn 1991: 100) zu sehen und
fordern, sich endlich dieses ,,alten Zopf[es; O.F.]" (ebenda) zu entledigen.
Die oben genannten Aussagen zur Kundenorientierung zeigen das breite Mei-
nungsspektrum zu diesem Thema. Kundenbindung ist als Mittel zur Umsatz-
oder Gewinnsteigerung eines Unternehmens also keineswegs unumstritten.
Berücksichtigt man nun zusätzlich den Begriff der Kundennähe, werden die teils
wenig konkreten und stark konträren Vorstellungen noch undeutlicher. Denn
dann gehören Qualität, Zuverlässigkeit, Kundendienst, technischer Stand der
Produkte und wiederum kundenorientierte Mitarbeiter zu den wichtigen Aspek-
ten der Kundenorientierung (vgl. Albers/Bauer/Eggert 1987: 8).
Schließlich wird Kundennähe von Teilen industrieller Märkte auch als ,,Ergebnis
äußerer Zwänge" (Stahl 2000: 387) empfunden. Diese äußern sich durch
Neue operative Techniken (z.B. Lean-Production, just in time);
Organisatorische Konzepte und Probleme (z.B. Total Quality
Management, der Ruf nach ,,mehr Innovationen");
Wettbewerbsfaktoren (z.B. Zeit, Service);
Situative Probleme (z.B. steigende Unsicherheit, Beschleunigung des
Wandels).
Die Anpassung an diese Zwänge führe somit mehr oder weniger automatisch
zu einer größeren Kundennähe (vgl. Homburg 1995: 309ff.; Homburg nach
Stahl 2000: 387).
Um die Strategie der Kundenorientierung in ihrer Gesamtheit erfassen zu kön-
nen, bedarf es einer Sichtweise, welche die Ziele und den Nutzen klar heraus-
stellt. Diese Sichtweise muss den gesamten Prozess zwischen Kunde und Lie-
ferant einbeziehen. Somit könnten die oben genannten Aspekte auf deren

- 10 -
jeweilige Ursachen, die zu den unterschiedlichen Einschätzungen führen, ge-
nauer überprüft, und Fehlinterpretationen vermieden werden. Dies erfordert al-
lerdings, Kundenorientierung sowohl aus einem soziologischen, als auch aus
einem ökonomischen Blickwinkel betrachten zu können, ohne in Widersprüche
zu geraten.
Die Systemtheorie, als wohl zurzeit einzige Supertheorie, bietet sich hier als
Plattform an, da sie es vermag, ähnliche Systemphänomene unterschiedlicher
wissenschaftlicher Disziplinen zu integrieren (vgl. Stahl 2000: 390)
1
.
Um sich der Kunden-Lieferanten-Beziehung aus systemtheoretischer Perspek-
tive zu nähern, soll hier mit Stahl Kundenorientierung ,,als Grundhaltung aller
Unternehmensmitglieder definiert werden, die einen sustainable fit mit jedem
Einzelnen oder zumindest jedem als beziehungsfähig
2
definierten Kunden an-
streben" (Stahl 2000: 387f.). Der sustainable fit
3
transponiert die Kunden-
Lieferanten-Beziehung auf eine von den tatsächlichen Gegebenheiten abstra-
hierende Metaebene und grenzt sich somit vom Marketingmix ab (vgl. Al-
bers/Eggert 1988: 11). Er ist sowohl Prozess als auch Zustand und steht für das
Streben aller individuellen und organisatorischen Möglichkeiten, einen dauer-
haften fit mit dem Kunden zu erreichen.
Um diesen sustainable fit veranschaulichen zu können, sei hier auf die Meta-
pher ,,Schlüssel und Schloss"
4
(vgl. Wofrum 1993: 62ff.) näher eingegangen.
Die Schlüssel entsprechen den Möglichkeiten einer Unternehmung, die Schlös-
ser den sich bietenden Gelegenheiten, Kundenbeziehungen einzugehen. Ein
Schlüssel kann seine Funktion nur erfüllen, wenn auch ein entsprechendes
Schloss existiert.
5
Ist dies der Fall, so stellt das Öffnen eines Schlosses die
Wahrnehmung einer Gelegenheit dar und das Verschließen eines solchen die
1
Stahl bemerkt jedoch, dass es problematisch sei, von einer Theorie zu sprechen, da die systemische Interpretation
unterschiedliche Aussagen zu einem Sachverhalt machen könne. Dies soll jedoch hier nicht Gegenstand der Dis-
kussion sein, zumal dies auch in diesem konkreten Fall nicht zutrifft.
2
Diese Einschränkung will darauf hinweisen, dass in gewissen Situationen ein fit von Kunden- oder Lieferantenseite
gar nicht gewünscht ist, da er die gegenseitige ,,Beweglichkeit" einschränkt (vgl. Stahl 2000: 388).
3
Der Begriff entstand durch Erweiterung der Grade der Stimmigkeit zwischen Unternehmung und Außenwelt nach
Miles und Snow. Diese unterscheiden zwischen einem ,,minimal" fit als absolute Notwendigkeit für eine Unterneh-
mung, einem ,,tight" fit als Voraussetzung für ,,excellence" und einem ,,early" fit als Grundlage eines verteidigbaren
Wettbewerbsvorteils (vgl. Stahl 2000: 388; Wolfrum 1993: 183 f.; Miles/Snow 1984: 10ff.).
4
Wolfrum benutzt diese Metapher im Zusammenhang mit dem Erfolgspotenzialgedanken. Sie ist aber auch zur
Verdeutlichung des sustainable fit zulässig, da dieser eine Konkretisierung von Erfolgspotenzial im Sinne von Wolf-
rum darstellt.
5
Im übertragenen Sinne würde somit das Unternehmen als reaktionär gelten: Die sich bietende Gelegenheit, eine
Kundenbeziehung einzugehen, muss also bereits vorhanden sein und kann nicht durch das Unternehmen initiiert
werden. Dies kann sicher nur unter Vorbehalt so gesehen werden.

- 11 -
Fixierung der Kundenbindung
6
. Es gibt Spezialschlüssel und Dietriche, welche
die ,,Kernkompetenzen"
7
eines Unternehmens darstellen. Dabei darf auch nicht
die Fähigkeit außer Acht gelassen werden, sich notwendige Schlüssel zu be-
schaffen, sie nachzuahmen oder selbst zu entwickeln. Schlüssel wie Schlösser
können mit der Zeit verschleißen, ausgewechselt oder unbrauchbar werden.
2.2 Dauerhafte Kunden-Lieferanten-Beziehungen und deren Einordnung in
die Systemtheorie
Eine systemtheoretische Einordnung der Kunden-Lieferanten-Beziehung (im
Folgenden KL-Beziehung genannt) setzt voraus, gewisse ,,althergebrachte" An-
sätze zu vernachlässigen und sich auf diejenigen zu konzentrieren, welche eine
hohe Anwendbarkeit auf KL-Beziehungen aufweisen.
Im Mittelpunkt der Diskussion soll deshalb die Theorie der selbstreferenziellen
Systeme stehen, welche die traditionellen Leitschemata der Systemtheorie
8
ablöste. Sie spricht dem System einen selbstbeschreibenden Charakter zu.
Systeme sind also, im Gegensatz zu den traditionellen Vorstellungen, in der
Lage, ,,Selbstbeschreibungen anzufertigen und zu benutzen, um sich so an der
Differenz zwischen ihnen selbst und ihrer Umwelt orientieren zu können." (Stahl
2000: 391). Somit wird nun auch das Selbst eines Systems anhand einer Un-
terscheidung durch die Leitdifferenz System-Umwelt eingeführt.
Ein System gründet sich auf einer Menge von Elementen. Diese Elemente ste-
hen untereinander enger in Beziehung als mit Elementen der Umwelt, d. h. mit
Elementen anderer Systeme. Dadurch wird eine Grenze zwischen dem System
und seiner Umwelt geschaffen. Allein der Umstand der Intensität der Beziehung
impliziert, dass Systeme den Status der Summe ihrer Teile transzendieren. Die
von Hejl festgestellte Tendenz zum Konservatismus bei sozialen Systemen (vgl.
Hejl 1993: 117f.) führt zu einer Autonomisierung der Organisation gegenüber
ihren Einzelkomponenten oder, anders ausgedrückt, zur Akzeptanz der Eigen-
dynamik sozialer Systeme. Dies ist ein wichtiger Aspekt für die Systemwürdig-
6
Wolfrum versteht hierbei das Schließen eines Schlosses als das ,,Abwenden einer Gefahr" (ebenda), weil man
darunter auch die ,,Errichtung einer Barriere gegen das Eindringen von Konkurrenz" (Stahl 2000: 389) verstehen
kann.
7
Im Sinne von Prahalad und Hamel (vgl. Wolfrum 1993: 62 f.).
8
Gemeint ist zum einen das aus der Antike überlieferte Prinzip, dass ,,die Gesamtheit der Teile mehr ist als die bloße
Summe der Teile", da dies zu dem Dilemma eines doppelten Denkprozesses führt und zum anderen die Theorie
der offenen Systeme, die gewisse Funktionsnotwendigkeiten und die Eigendynamik von Systemen außer Acht lässt
(vgl. Stahl 2000: 391).

- 12 -
keit einer KL-Beziehung. Unter Systemwürdigkeit wird in dieser Arbeit die Erfül-
lung systemtheoretischer Kriterien für die Bildung eines Systems verstanden.
Geschäftsbeziehungen stellen sich als Ergebnis von Interaktionsprozessen zwi-
schen Mitgliedern verschiedener Organisationen
9
dar und müssen von ökono-
mischen Zielen geleitet sein. Geschäftsbeziehungen beginnen mit dem ersten
Geschäftsabschluss (vgl. Diller/Kusterer 1988: 211f.).
Es finden zwar schon vor diesem Zeitpunkt Interaktionen zwischen den Ge-
schäftspartnern statt, jedoch existieren dann noch keine bestimmten Erwartun-
gen gegenüber und Erfahrungen mit dem jeweiligen Partner. Geschäftsbezie-
hungen sind also solche Beziehungen, ,,von denen sich alle Beteiligten
zumindest langfristig wirtschaftliche Vorteile gemäß dem jeweiligen Zielsystem
versprechen." (Diller/Kusterer 1988: 212).
Die Nachhaltigkeit eines Geschäftsabschlusses ist also als notwendiger Aspekt
einer Geschäftsbeziehung und somit auch einer KL-Beziehung mit systemi-
schem Charakter zu sehen.
Luhmann begreift jeden sozialen Kontakt als System (vgl. Luhmann 1987: 33),
oder zumindest als ein System ,,besonderer Art" (Luhmann 1972: 45). Dies wird
durch Luhmanns Universalitätsanspruch deutlich, der sich darin äußert, den
gesamten Gegenstand der Soziologie erfassen zu wollen und der im Zusam-
menhang der KL-Beziehung zu vernachlässigen ist. Weil einmalige Interaktio-
nen oder Kontakte oft folgenlos für die beteiligten Systeme bleiben, haben sie
schwerlich Systemcharakter, und deshalb soll für einen sozialen Kontakt mit
einmaligem oder episodischem Charakter in Anlehnung an Willke der Begriff
des Quasi-Systems (vgl. Willke 1993: 76) gebraucht werden.
Ein Quasi-System ist extrem gegenwartsbezogen und regellos. Werden die Be-
ziehungen der Elemente jedoch intensiver, nachhaltiger, produktiver und regel-
mäßiger, so entsteht daraus ein System. Handlungsfolgen können nun system-
gerecht der Beziehung zugerechnet werden (vgl. Stahl 2000: 393; Willke 1993:
79f.). Umgangssprachlich würde man diesen Sachverhalt dann so umschrei-
ben, dass eine Beziehung ,,gut bzw. schlecht läuft" oder eine Beziehung ,,in der
Krise steckt bzw. Zukunft hat".
9
Die Ambivalenz des Begriffes ,,Organisation" im systemischen Zusammenhang sollte laut Stahl durch die Unter-
scheidung zwischen institutionaler ,,Organisation" und prozessualer ,,Systemorganisation" aufgehoben werden (vgl.
Stahl 2000: 392). In dem oben erwähnten Zusammenhang ist von einer Organisation im institutionalen Sinn auszu-
gehen.

- 13 -
Neben der Eigendynamik sozialer Systeme, der Nachhaltigkeit einer Ge-
schäftsbeziehung und der Differenz zwischen Quasi-System und System gibt
es eine weitere Möglichkeit, die Systemwürdigkeit der KL-Beziehung herauszu-
stellen. Merton bietet drei Kriterien zur Bildung von Gruppen im soziologischen
Sinne an, welche sich auch auf Systeme anwenden lassen. Danach wird eine
Gruppe als eine ,,Anzahl von Menschen bezeichnet, die nach festen Mustern
miteinander interagieren" (Merton 1995: 273). Dies ist bei einer KL-Beziehung
offensichtlich der Fall.
Des Weiteren müssen die Personen einer Gruppe sich selbst als Mitglieder be-
zeichnen. Sie müssen also bestimmte Erwartungsmuster in Bezug auf die In-
teraktionsformen haben, die für Mitglieder bindend sind, für Außenstehende
jedoch nicht. Betrachtet man dazu den allgemeinen Sprachgebrauch einer KL-
Beziehung (z.B. ,,Wir bauen unsere Beziehung zur Firma X aus") oder Rituale
(z.B. das Zelebrieren eines Jubiläums einer Geschäftsbeziehung), so wird deut-
lich, dass eine KL-Beziehung auch dieses Kriterium erfüllt (vgl. Stahl 2000:
393).
Schließlich muss laut Merton ein Außenstehender das System in gleicher Wei-
se definieren, wie die Mitglieder des Systems. Dies stößt bei der Adaption au
die KL-Beziehung zunächst auf Schwierigkeiten. Merton weist allerdings darauf
hin, dass es zwischen formalen Gruppen, bei welchen dies explizit geschieht,
und informellen Gruppen, bei welchen dies eher durch das Verhalten ausge-
drückt wird, zu unterscheiden gilt (vgl. Merton 1995: 273). Betrachtet man eine
KL-Beziehung als informelle Gruppe, so wird durch das Verhalten der ,,Konkur-
renz" (z.B. das ,,Einbrechen" in eine bestehende Geschäftsbeziehung oder
konträr dazu das Respektieren einer bereits etablierten Geschäftsbeziehung)
der Gruppencharakter einer KL-Beziehung deutlicher.
Zusammenfassend sprechen hinreichende Argumente für die Systemwürdigkeit
einer KL-Beziehung:
Die Eigendynamik sozialer Systeme
Die Nachhaltigkeit einer Geschäftsbeziehung
Die Differenz zwischen Quasi-System und System
Die Kriterien zur Gruppenbildung nach Merton
Begreift man die KL-Beziehung folglich als System, stellen sich die Fragen nach
den Komponenten des Systems, inwieweit das System die Kriterien der Selbst-
erzeugung, Selbsterhaltung, Selbstveränderung und Selbstreferenzialität erfüllt

- 14 -
und was die Innen- und Außenwelt(en) des Systems KL-Beziehung ausmacht.
Diese Fragestellungen sollen in den folgenden Kapiteln beantwortet werden.
2.2.1 Die Komponenten des Systems KL-Beziehung
Die Komponenten eines sozialen Systems sind Einheiten, die sich durch ihr
(Rollen-)Verhalten im System begründen. Im Falle der KL-Beziehung ist z.B. ein
Kunde, Verkäufer, Berater usw. durch sein spezifisches Verhaltensmuster oder
seine Rolle eine Komponente des Systems KL-Beziehung.
Voraussetzung für diese Betrachtungsweise ist jedoch, dass man Individuen,
also psychische Systeme, als Teile eines sozialen Systems anerkennt. Dies ist
in der Systemtheorie nicht unumstritten. So zählt Luhmann psychische Systeme
zur Umwelt und nicht etwa zu den Komponenten sozialer Systeme. Für ihn be-
stehen Systeme aus ,,erwartungsgesteuerten Handlungen, nicht aus Menschen.
Menschen sind für sie [gemeint sind soziale Systeme; O.F.] stets die Umwelt"
(Luhmann 1972: 45).
Auch für Willke bestehen soziale Systeme nicht aus Menschen, sondern wie bei
Luhmann aus Kommunikationen (vgl. Willke 1993: 44). Willke differenziert je-
doch bei der Zuweisung von psychischen Systemen, denn für ihn sind Perso-
nen ,,nur in bestimmten Hinsichten, mit bestimmten Rollen, Motiven und Auf-
merksamkeiten dem System" zuzuordnen.
Folgt man jedoch der Hejlschen Theorie sozialer Systeme aus konstruktivisti-
scher Sicht, können Individuen sehr wohl Komponenten eines sozialen Systems
sein. Dies jedoch nicht vollständig, ,,sondern nur im Ausmaß der Ausbildung
entsprechender Zustände ihrer kognitiven Subsysteme" (Hejl 1997: 127). Indivi-
duen als Gruppenmitglieder müssen also eine gemeinsame Realität und damit
,,einen Bereich sinnvollen Handelns und Kommunizierens erzeugt haben und
auf ihn bezogen interagieren" (Hejl 1997: 128). Übertragen auf das System KL-
Beziehung, kann so z.B. der Verkäufer eine Komponente zahlreicher KL-
Beziehungen sein und auch Komponente anderer sozialer Systeme.
Diese Arbeit folgt der Auffassung von Hejl, da er zu Recht beklagt, dass eine
,,Ausblendung der beteiligten Gehirne" (ebenda: 133) dazu führt, dass zur Kon-
struktion sozialer Systeme Individuen notwendigerweise als Individuen ,,eigener
Art" (ebenda) gesehen werden müssen. Jedoch sind es letztendlich die Indivi-

- 15 -
duen, die durch ihre kognitiven Leistungen die Bildung von sozialen Systemen
überhaupt erst möglich machen
10
.
2.2.2 Die KL-Beziehung und ihre Fähigkeit zur Selbsterzeugung, Selbster-
haltung, Selbstveränderung und Selbstreferenzialität
Als wesentliches Charakteristikum der Selbsterzeugung wird von Stahl die
Spontaneität der Systementstehung genannt (vgl. Stahl 2000: 395). Die Bildung
des Systems wird also weder von seiner Umwelt vorgegeben noch von ihr ,,er-
zwungen".
Nimmt man die für die KL-Beziehung systemexterne Position eines Managers
ein, ist eine KL-Beziehung jedoch sehr wohl beabsichtigt und, schon allein vom
ökonomischen Standpunkt
11
des Unternehmens aus betrachtet, nicht von Spon-
taneität geprägt.
Bei einer systeminternen Position ändert sich jedoch das Bild: Obwohl viele KL-
Beziehungen nicht über das Stadium eines Quasi-Systems
12
hinauskommen
13
und nur eine Minorität von KL-Beziehungen zu einem System heranreift, kön-
nen sich auf Grund von z.B. geteilten Erfahrungen, Kommunikationsroutinen,
geleisteten Vertrauensvorschüssen usw. spontane Prozesse in Gang setzen
(vgl. Stahl 2000: 395). Voraussetzung hierfür sind Bedingungen, welche die
Nachhaltigkeit und somit auch die Selbsterhaltung des Systems KL-Beziehung
gewährleisten. Als wichtigste Bedingung ist dabei die Vorteilhaftigkeit
14
einer
KL-Beziehung zu nennen. Zum Beispiel werden bereits etablierte Beziehungen
auf Grund einer Kommunikationsroutine als vorteilhaft empfunden und daher
,,gepflegt".
Es lässt sich also festhalten, dass weder eine reine Fremdbestimmung, noch
eine eindeutige Spontaneität zur Bildung des Systems KL-Beziehung führen:
,,KL-Beziehungen [haben; O.F.
]
sowohl einen allopoietischen Systemcharakter
durch ihren Ursprung, als auch einen autopoietischen Systemcharakter durch
10
Stahl betrachtet Hejls Theorie als von hohem Wert für die betriebliche Praxis insofern, als dass sie über einen im
Vergleich zu Luhmanns Theorie geringen Abstraktionsgrad verfügt (vgl. Stahl 2000: 394).
11
Hier als Beispiel für einen Systemzwang, dem die Organisation Unternehmen unterliegt.
12
Vgl. Kapitel 2.2.
13
Auf Grund seiner Gegenwartsbezogenheit bildet sich das Quasi-System erst gar nicht zum System aus.
14
Diese ist immer relativ zu den eigenen Erwartungen und den möglichen Alternativen einer Komponente des Sys-
tems KL-Beziehung zu sehen. Abnehmende Vorteilhaftigkeit kann sowohl zu einer Auflösung des Systems führen,
als auch zu einer Selbstveränderung durch z.B. Anpassung der Erwartungen. Die Eigenschaft der Selbstverände-
rung des Systems KL-Beziehung tritt also nur unter bestimmten Bedingungen auf.

- 16 -
ihr inneres Interesse am Fortbestand" (vgl. Stahl 2000: 395). KL-Beziehungen
sind in ihrer Systementstehung als eine Sonderform zu sehen, auf die im weite-
ren Verlauf noch genauer eingegangen wird.
Luhmann spricht Systemen eine Selbstreferenzialität zu, wenn diese die Fähig-
keit besitzen, ,,Beziehungen zu sich selbst herzustellen und diese Beziehungen
zu differenzieren gegen Beziehungen zu ihrer Umwelt" (Luhmann 1987: 31).
Auch KL-Beziehungen agieren auf Grund der Erfahrungen ihrer Komponenten,
so wie z.B. dem Gehirn als selbstreferenziellem System nur die eigenen Zu-
stände zur Verfügung stehen. Man darf jedoch nicht den dominierenden Ein-
fluss der jeweils eigenen Organisation übersehen (vgl. Stahl 2000: 396). Aus
dieser Perspektive betrachtet ist deshalb die Selbstreferenzialität des Systems
KL-Beziehung nur relativ zur Selbstreferenzialität von anderen sozialen Syste-
men zu sehen.
Offensichtlich scheint eine KL-Beziehung bei Betrachtung der oben genannten
Kriterien nicht eindeutig in das ,,traditionelle Schema" zu passen. Eine Lösung
zu dieser Problematik bietet Hejl, der davor warnt, durch die Anwendung eines
solchen Schemas auf soziale Systeme in einen Biologismus zu verfallen. Hejl
schlägt stattdessen für soziale Systeme eine eigene Klasse von Systemen vor:
die synreferenziellen Systeme. Diese bestehen aus einer Menge von Individu-
en, die erstens gemeinsame Wirklichkeitskonstruktionen ausgebildet haben und
in Bezug auf diese handeln und interagieren können. Zweitens werden die
Wirklichkeitskonstrukte hauptsächlich in den Systemen selbst erzeugt und wei-
terentwickelt (vgl. Hejl 1993: 113; 1987: 303ff.).
Vergleicht man nun die drei wesentlichen Merkmale synreferenzieller Systeme
mit den Charakteristika von KL-Beziehungen, kommt man zu folgenden Ergeb-
nissen:
Die Komponenten eines synreferenziellen Systems sind Individuen
15
.
Somit müssen die Individuen einer KL-Beziehung, sofern sie eine ak-
tive Rolle einnehmen, nicht in die Umwelt ,,verbannt" werden.
Die Organisationen eines synreferenziellen Systems sind die Interak-
tionsmuster der Komponenten. Hierbei besteht die Tendenz, ein ein-
mal ausgebildetes Verhalten so lange wie möglich fortzusetzen
16
. Bei
einer KL-Beziehung zeigt sich dieses Verhalten z.B. in der Loyalität
15
Allerdings nur insofern, wie sie die oben genannten Bedingungen erfüllen.
16
Vgl. Kap. 2.2.

- 17 -
des Kunden, in der Ausbildung eines Beziehungs-Involvements oder
gar einer Beziehungskultur.
Der Austausch eines synreferenziellen Systems mit seiner Umwelt
findet über seine Komponenten statt. Umweltereignisse lösen dabei
Veränderungen im System selbst aus, welches sich dann entspre-
chend anpasst. In einer KL-Beziehung lässt sich dies anhand der Ü-
berbrückungsfunktion zeigen, welche die Individuen dieses Systems
innehaben (vgl. Kap. 2.2.3.1).
2.2.3 Die Welten des Systems KL-Beziehung
Die Systemtheorie unterscheidet normalerweise die Innen- und Außenwelt ei-
nes Systems. Durch die abweichende Beschaffenheit synreferenzieller Systeme
müssen auch die Welten dieser Systeme unterschiedlich bestimmt werden. So
unterscheidet Stahl zwischen einer Innenwelt, einer fokalen Außenwelt und ei-
ner unverständlichen Außenwelt (vgl. Stahl 2000: 397ff.).
2.2.3.1 Die Innenwelt
Für Stahl umfasst die Innenwelt einer KL-Beziehung ,,alle Relationen zwischen
den Aktoren der KL-Beziehung und ihren (angestammten) Organisationen"
(Stahl 2000: 397). Über diese Kopplungen ist das System KL-Beziehung mit
den Erfahrungen und Erwartungen der beteiligten Organisationen verbunden.
Diese Kopplungen haben die Funktion des boundary spanning, sie leisten also
eine Überbrückung der Distanz zwischen den beteiligten Organisationen und
dem System KL-Beziehung.
Personen, die für das boundary spanning zuständig sind, werden als boundary-
role-persons, im Folgenden BRPs genannt, definiert (vgl. Arndt 1979: 73)
17
. Bei
zunehmendem Geschäftsumfang und höherer Komplexität sowohl auf der Kun-
den-, als auch auf der Lieferantenseite, bilden mehrere BRPs eine boundary
spanning unit (BSU)
18
.
17
Arndt schreibt diese Aufgabe hauptsächlich Marketing-Fachleuten (sog. ,,marketers"), neben anderen Personen,
wie Verkäufern, Finanzberatern und PR-Abteilungen, zu (vgl. Arndt 1979: 73). Dieser Aspekt wird im weiteren Ver-
lauf und insbesondere im Zusammenhang mit dem von Stahl geschildertem ,,BRP-Dilemma" (Stahl 2000: 398) ge-
nauer untersucht.
18
Die im klassischen Investitionsgütermarketing gebräuchlichen Konzepte des buying bzw. selling center (vgl. Webs-
ter 1991: 44 ff.) und der decision making unit (DMU) (vgl. Brand 1972: 99) werden hier durch das Konzept der BSU

- 18 -
Das boundary spanning lässt zum einen neue KL-Beziehungen über die Zwi-
schenstufe von Quasi-Systemen entstehen, zum anderen ist es für den Erhalt
bestehender Systeme bzw. der KL-Beziehungen zuständig. Durch diese Dop-
pelfunktion werden an die boundary role person höchst widersprüchliche Erwar-
tungen gestellt, die durch das Zusammenwirken der Distanzüberbrückung, der
Repräsentationsfunktion und des Einflusspotenzials der BRP entstehen. Stahl
bezeichnet dieses Phänomen als ,,BRP-Dilemma", dessen drei Faktoren im
Folgenden erläutert werden sollen, da sie im Zusammenhang mit Kundenbin-
dungsprogrammen durch CRM und eCRM eine nicht unerhebliche Rolle spie-
len.
Distanzüberbrückung
Die Distanzüberbrückung als Notwendigkeit zur Erfüllung der Aufgaben einer
BRP ergibt sich ,,aus der Arbeitsteiligkeit und damit Ausdifferenzierung der Sys-
teme sowie aus der physischen Distanz zwischen einer BRP und ihrer Organi-
sation" (Stahl 2000: 398). Das heißt, die BRP nimmt auf Grund ihrer Überbrü-
ckungsfunktion zwischen zwei Systemen eine größere Distanz zum eigenen
System ein und arbeitet in gewisser Hinsicht auch im Interesse des anderen
Systems. Durch die dafür benötigte größere Autonomie, die andere Systemmit-
glieder nicht besitzen, wächst auch die soziale Distanz zum eigenen System.
Das Misstrauen der eigenen Organisation zur BRP wächst somit, und der Ruf
nach mehr Kontrolle wird laut. Gleichzeitig ist die BRP nicht mehr in der Lage
einzuschätzen, wie ihre Leistungen von der eigenen Organisation interpretiert
werden, und die Distanz zur externen Organisation wird verkürzt.
Schränkt das Unternehmen nun die Autonomie der BRP ein, so stellt es deren
Überbrückungsfunktion in Frage, weitet es sie hingegen aus, läuft es Gefahr,
die Kontrolle über die BRP zu verlieren und somit die eigenen Interessen aus
den Augen zu verlieren.
Repräsentationsfunktion
Das Unternehmen zu repräsentieren, bürdet der BRP eine Doppelfunktion auf.
In erster Linie erwartet man von ihr, die Ziele, Einstellungen, Werte und Normen
ersetzt, da sie zu sehr auf die Kaufentscheidung abzielen, und so dem nachhaltigen Charakter einer KL-Beziehung
nicht gerecht werden (vgl. Stahl 2000: 397).

- 19 -
der eigenen Organisation, verbunden mit Selbstdarstellung, der externen Orga-
nisation unverzerrt zu vermitteln. Die BRP betreibt impression management.
Die zweite Funktion wird durch die externe Organisation begründet, welche er-
wartet, dass auch ihre Ziele, Einstellungen, Normen und Werte möglichst un-
verzerrt in die andere Organisation einfließen. Die BRP muss hier also context
management betreiben.
Auf Grund ihrer autonomen Stellung kann die BRP nun vielfältige Wirklichkeits-
konstruktionen ausbilden, wohingegen ,,die eigene Organisation Komplexitäts-
reduktion durch Selektivität anstrebt" (Stahl 2000: 398). Beispielsweise kann die
BRP aus Gründen des Selbstschutzes die Außenwelt verzerrt wiedergeben, um
Kundenverluste gegenüber der eigenen Organisation zu rechtfertigen. Sie kann
auch die Wirklichkeit der eigenen Organisation verzerrt darstellen, um den Ein-
fluss auf die externe Organisation zu verstärken
19
.
Einflusspotenzial
Die BRP kann durch Nutzung ihres Einflusspotenzials versuchen, langfristig
optimale Ergebnisse für die eigene Organisation zu erzielen. Dabei ist es je-
doch möglich, dass sie den Vertrauensvorschuss der eigenen Organisation ver-
liert, wenn diese die gegenwärtigen Prozesse den zukünftigen gegenüber als
wichtiger betrachtet. Nur wenn die eigene Organisation den ,,Schatten der Zu-
kunft über die Gegenwart" (vgl. Axelrod 1988: 11) internalisiert hat, wird die Be-
deutung von langfristig optimalen Ergebnissen entsprechend gewürdigt werden
können
20
.
Einen Ausweg aus diesem Dilemma zu finden, scheint auf den ersten Blick un-
wahrscheinlich. In Kapitel 4.5
wird darauf eingegangen, inwiefern diese Prob-
lematik auf das Customer Relationship Management zutrifft und welche Lösun-
gen sich aus den Kommunikations- und Datenverarbeitungsmöglichkeiten
dieser Unternehmensstrategie ergeben können.
19
Stahl bezeichnet diese Variante der Wirklichkeitsverzerrung als ,,Jagdverhalten" (vgl. Stahl 2000: 398).
20
Axelrod sieht jedoch aus zwei Gründen die Gegenwart als wichtiger an als die Zukunft. Er verdeutlicht dies an-
hand des ,,Gefangenendilemma-Spiels"; laut Axelrod von Flood und Dresher um 1950 entworfen. (Vgl. Axelrod
1988: 11): 1. Akteure neigen dazu, Gewinne in dem Maße geringer zu bewerten, wie der Zeitpunkt ihres Erwerbs in
der Zukunft liegt und 2. Es besteht die Möglichkeit, dass die Akteure sich aus verschiedenen Gründen nicht persön-
lich wieder treffen werden.

- 20 -
2.2.3.2 Die fokale Außenwelt
Diese Welt wird von Stahl als eine informale Beziehungsnetz-Struktur be-
schrieben, ,,in die die KL-Beziehung über eine besonders hohe Interaktionsdich-
te und/oder Interaktionswertigkeit eingebunden ist" (Stahl 2000: 399). Dabei
steht nicht die Kosten-Nutzen-Relation im Vordergrund, sondern die Informati-
onsverflechtungen mit den ,,Elementen der gegenseitigen Beobachtung und
Signalgebung" (ebenda).
Abbildung 1: Beispielhafte Visualisierung eines Netzausschnitts, innerhalb dessen sich
die fokale Außenwelt einer KL-Beziehung entwickeln kann.
Quelle: Stahl 2000: 399; leicht abgewandelte Darstellung
21
.
Eine geeignete Visualisierung eines beispielhaften Beziehungsnetzes bietet die
Grafik von Stahl (vgl. Abbildung 1). Betrachtet man die Instanzen, die als nicht
hierarchisch zu verstehen sind, so wird deutlich, dass sich dieses Netz von stra-
tegischen oder verfassungsgeregelten Netzwerken unterscheidet und sich
durch seine Verflechtungen von diesen abgrenzt.
Durch die informelle und signalgebende Verknüpfung der Elemente zeigt sich
ein typisches Merkmal solcher Netze: Die gleichzeitige Stabilität und Wechsel-
haftigkeit.
21
Die Grafik wurde um das Element ,,Instanzen" erweitert, um die Begriffe ,,Know-how-Quellen", ,,Meinungsführer",
,,Systempartner", ,,Handelskanäle" und ,,Endverbraucher" besser zusammenfassen zu können.

- 21 -
Die Stabilität entsteht durch die gegenseitige Abhängigkeit der Beziehungen im
Netz. Zum Beispiel steht in Abbildung 1 die System-Hygiene GmbH in Interde-
pendenz zu den Sicherheitsingenieuren, die zur Instanz der Meinungsführer
zählen. Das Unternehmen ist darauf angewiesen, dass die Ingenieure eine po-
sitive Haltung ihm gegenüber einnehmen. Die Ingenieure ihrerseits sind, über-
spitzt formuliert, auf die Produkte der GmbH angewiesen, um überhaupt ihrer
Tätigkeit nachkommen zu können.
Die Wechselhaftigkeit gründet sich auf die Konsequenz, die sich aus dem ,,Ein-
fordern impliziter Austauschvereinbarungen" (Stahl 2000: 400) ergeben kann.
Setzt die System-Hygiene GmbH im Bereich des technischen Großhandels nur
eine unzureichende Menge ab, so wird sie sich andere Handelspartner in die-
sem Segment suchen oder gar ihre Aktivitäten auf die übrigen Handelskanäle
beschränken müssen.
Mueller umschreibt das Phänomen der Wechselhaftigkeit folgendermaßen: ,,Hat
man selbst nicht genug anzubieten oder der Netzwerkpartner erwartet sogleich
oder später zuviel an Gegenleistung, dann fehlt die Grundlage für den Netz-
werkaustausch" (Mueller 1988: 54).
2.2.3.3 Die unverständliche Außenwelt
Stahl sieht alle Relationen, die ,,für die KL-Beziehung schädlich oder sogar be-
standsgefährdend sind" (Stahl 2000: 400), in der unverständlichen Außenwelt
angesiedelt. Teile der fokalen Außenwelt, wie auch der Innenwelt, können zur
unverständlichen Außenwelt werden bzw. ,,degenerieren" (ebenda).
Um beim Beispiel der System-Hygiene GmbH zu bleiben, könnte sich das Un-
ternehmen harter Kritik durch die Medien ausgesetzt sehen, was zu einer
Schädigung des Ansehens und damit des Reputationskapitals des Unterneh-
mens führte. Dies zeigt auch, dass unverständlich nicht mit irrelevant gleichge-
setzt werden darf.
Laut Stahl ist die responsiveness, also die Empfänglichkeit der Organisation für
die Belange der vielfältigen Interessen- und Anspruchsgruppen (sog. ,,stakehol-
der"), umso geringer, je größer der Anteil der unverständlichen Außenwelt an
der gesamten Umwelt der Organisation ist (vgl. Stahl 2000: 400). Dies kann für
Unternehmen, welche die responsiveness neben Lern- und Handlungsfähigkeit
zu ihren Kernkompetenzen zählen, zu einem Problem werden. Ist responsive-

- 22 -
ness nämlich nur in einem geringen Maße gegeben, ist die Entscheidung, un-
verständlich mit irrelevant gleichzusetzen, mit hohen Risiken verbunden.
2.3 Der Nutzen einer systemisch-konstruktivistischen Betrach-
tung der KL-Beziehung
Nachdem die Systemwürdigkeit der KL-Beziehung geklärt und deren Bestand-
teile und Beziehungen analysiert wurden, bleibt die Frage zu beantworten, wel-
cher Nutzen sich durch die systemisch-konstruktivistische Betrachtungsweise
für die als dauerhaft klassifizierte KL-Beziehung ergibt.
Ohne die Erkenntnisse vorwegzunehmen, die sich in den späteren Kapiteln
durch die systemische Analyse von Customer Relationship Management und
seiner elektronischen Variante eCRM ergeben, seien hier bereits folgende As-
pekte erwähnt:
KL-Beziehungen können als Spezialfälle sozialer Systeme behandelt
werden. Somit entsteht Raum für neue Denkansätze, die traditionelle
Konstrukte in Frage stellen können und nach eigenen Modellen ver-
langen.
Durch die Gegenüberstellung der systemisch-konstruktivistischen
Darstellung einer KL-Beziehung mit konventionellen Ansätzen kön-
nen neue Erkenntnisse gewonnen werden
22
.
Durch die Interdisziplinarität der systemisch-konstruktivistischen
Denkweise ist es möglich, auf Theorien anderer Wissenschaftsdiszip-
linen zurückzugreifen und diese zu integrieren.
Die Systemtheorie behauptet keinen Absolutheitsanspruch auf die
,,einzig richtige Sicht der Dinge". Begreift man dies nicht als Schwä-
che, sondern als Chance, wirkt man dem naiven Glauben entgegen,
,,Die-Dinge-im-Griff-zu-Haben" (Stahl 2000: 401).
Die Reflexivität der systemisch-konstruktivistischen Anwendung
fördert das Verständnis, individuell auf Geschäftsbeziehungen einge-
hen zu müssen.
22
Stahl führt das Beispiel der Subsumtion von KL-Beziehungen unter der Funktion Verkauf an, welches somit
,,schlagartig obsolet" (Stahl 2000: 401) würde.

- 23 -
3. Kundenzufriedenheit und Kundenbindung
Nachdem durch die systemische Perspektive auf die Kunden-Lieferanten-
Beziehung deren grundsätzliche Zusammenhänge und Abläufe aufgezeigt wur-
den, wird nun näher auf die Elemente Kunde und Lieferant bzw. Unternehmen
eingegangen. Dabei steht die Frage nach der Kundenzufriedenheit als Voraus-
setzung für Kundenbindung im Mittelpunkt. Welche Zusammenhänge zwischen
Kundenzufriedenheit und Kundenbindung existieren, wird im folgenden Unter-
kapitel diskutiert. Es wird davon ausgegangen, dass das Produktinvolvement,
das Wettbewerbsumfeld, die Produkteigenschaften, die Eigenschaften des Käu-
fers und die Aktivitäten des Anbieters den Zusammenhang Kundenzufriedenheit
und Kundenbindung maßgeblich moderieren.
An diese Analyse schließt sich eine systemtheoretische Betrachtung des Sys-
tems KL-Beziehung unter Berücksichtigung der oben genannten Zusammen-
hänge an. Die Innenwelt, die fokale Außenwelt und die unverständliche Außen-
welt als betroffene Dimensionen des Systems werden hierbei näher
besprochen.
3.1 Der Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbin-
dung
In der Literatur werden synonym zu dem Begriff Kundenbindung vielerlei Be-
zeichnungen verwendet. Relationship Marketing, Retention Marketing, Ge-
schäftsbeziehungsmanagement, Markentreue, Produkttreue und Kundenzufrie-
denheit, um nur einige Begriffe zu nennen, werden oft diffus oder
gleichbedeutend mit Kundenbindung bzw. Kundenbindungsmanagement ver-
wendet. Um Begriffsverwirrungen zu vermeiden, soll hier Kundenbindung nach
Homburg/Bruhn wie folgt definiert werden:
,,Kundenbindung umfasst sämtliche Maßnahmen eines Unternehmens, die dar-
auf abzielen, sowohl die bisherigen Verhaltensweisen als auch die zukünftigen
Verhaltensabsichten eines Kunden gegenüber einem Anbieter oder dessen
Leistungen positiv zu gestalten, um die Beziehung zu diesem Kunden für die
Zukunft zu stabilisieren beziehungsweise auszuweiten." (Homburg/Bruhn 1999:
8).

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832463427
ISBN (Paperback)
9783838663425
DOI
10.3239/9783832463427
Dateigröße
1.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Siegen – Sprach- und Literaturwissenschaften
Erscheinungsdatum
2003 (Januar)
Note
2,0
Schlagworte
systemtheorie mass customisation kundenbindung
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