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Chancen und Risiken des WTO-Beitritts für den Bankensektor der VR China

©2002 Diplomarbeit 97 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Gang der Untersuchung:
Die vorliegende Arbeit schildert im zweiten Kapitel die Struktur und die Entwicklung des chinesischen Finanzwesens, wobei das Hauptaugenmerk auf die Transformation des Bankensektors gelegt wird, da dieser eine Schlüsselfunktion im Liberalisierungsprozess inne hat. Hierbei werden einzelne den Bankensektor betreffende Reformschritte seit Beginn der wirtschaftlichen Reformen von 1978 dargestellt. Besondere Beachtung erhalten dabei die Zentralbank, die Auslandsbanken und vor allem die Geschäftsbanken. Die vier großen staatlichen Geschäftsbanken spielen aufgrund ihrer immensen Größe und Bedeutung für das chinesische Bankwesen eine herausragende Rolle. Des weiteren beschäftigt sich das zweite Kapitel auch mit den wichtigsten Reformschritten der letzten zwei Jahrzehnte und den daraus resultierenden Veränderungen im Bankensektor.
Aus gegebenem aktuellen Anlass des Beitritts der VR China zur Welthandelsorganisation, wird auch auf den historischen Prozess welcher der Aufnahme Chinas vorgelagert war im dritten Kapitel ausführlich eingegangen werden. Ferner wird ein kurzer Überblick auf die Beschaffenheit und Zielausrichtung der WTO gegeben und welchen Nutzen China aus dieser Mitgliedschaft ziehen kann. Es werden auch die Bedingungen beleuchtet, die die WTO an den Beitritt der VR China geknüpft hat. Hierbei wird konkret auf die ausgehandelten bilateralen Abkommen eingegangen, die den Bankensektor betreffen.
Den Schwerpunkt dieser Arbeit bildet im vierten Kapitel die derzeitige Verfassung des Bankensystems und inwieweit dieses geeignet ist, die durch den WTO-Beitritt verursachten neuen Herausforderungen zu begegnen. Es sollen vor allem die Chancen und Risiken des WTO-Beitritts aufgezeigt werden, die in der nächsten Zeit auf die chinesische Wirtschaft zukommen und bei denen der Bankensektor eine zentrale Rolle spielt. Das Ende des vierten Kapitels bilden die von der Regierung in Beijing in jüngster Zeit eingeleiteten Maßnahmen zur Sanierung der Banken. Diese Maßnahmen werden genau analysiert und kritischen Würdigung unterzogen. Im fünften Kapitel sollen schließlich Strategien und Lösungsansätze diskutiert werden, die zusätzlich dazu geeignet sind den Bankensektor für den zunehmenden Wettbewerbsdruck zu rüsten, welcher die Globalisierung und die wirtschaftliche Öffnung der Volksrepublik China unausweichlich mit sich bringen. Die Arbeit endet im sechsten Kapitel mit einer Schlussbetrachtung.
Zum Quellenmaterial ist noch […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 6158
Dziemba, Markus: Chancen und Risiken des WTO-Beitritts für den Bankensektor der VR
China
Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Düsseldorf, Universität, Diplomarbeit, 2002
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

I
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis ... III
Abkürzungsverzeichnis ... IV
Gliederung:
1 Einführung ... 1
1.1 Das allgemeine Umfeld der Wirtschaftsreformen seit 1978... 1
1.2 Heutige wirtschaftliche Rahmendaten Chinas... 2
1.3 Aufbau der Arbeit ... 4
2 Die Entwicklung des Bank- und Finanzsektors in der VR China ... 6
2.1 Die Reformen im Bankensektor ... 6
2.1.1 Die Reformen von 1978 bis 1984... 6
2.1.2 Die Reform des Bankensektors bis zur Asienkrise... 8
2.2 Die Zentralbank ... 11
2.2.1 Die Chinesische Volksbank als Zentralbank ... 11
2.2.2 Die Instrumente der Chinesischen Zentralbank ... 12
2.3 Die Geschäftsbanken ... 14
2.3.1 Die rechtliche Stellung der Geschäftsbanken... 15
2.3.2 Aufgaben der Geschäftsbanken ... 16
2.3.3 Funktionswandel der Geschäftsbanken ... 17
2.4 Banken mit ausländischem Kapital ... 18
2.4.1 Ausländisches Engagement in Zahlen... 18
2.4.2 Formen von ausländischen Banken ... 19
2.4.3 Bedingungen für die Gründung von Banken mit
ausländischem Kapital ... 20
2.5 Wettbewerbsbedingungen im Bankensektor ... 21
2.6 Neue Reformansätze seit der Asienkrise... 24
3 China und die WTO... 27
3.1 Entstehung der WTO und historischer Hintergrund... 27
3.1.1 Ziele der WTO... 28
3.1.2 Wirkungsweise der WTO ... 29
3.2 Chinas Beitritt in die WTO... 30
3.2.1 Vorgeschichte des Beitritts... 30
3.2.2 Beitrittsverhandlungen... 30

II
3.3 Mögliche Folgen des Beitritts Chinas zur WTO ... 32
3.3.1 Wirtschaftlicher Nutzen des Beitritts für China ... 33
3.3.2 Risiken des WTO-Beitritts für die VR China... 34
4 Mögliche Auswirkungen des WTO-Beitritts für den Bankensektor ... 36
4.1 Aktuelle Lage des chinesischen Bankensystems... 36
4.1.1 Das WTO-Beitrittsprotokoll für den Bankensektor... 40
4.1.2 Reaktion der Auslandsbanken auf den WTO-Beitritt... 41
4.1.3 Verstärkter Anpassungsdruck auf den Bankensektor... 43
4.2 Mögliche Auswirkungen ausländischer Konkurrenz ... 44
4.3
Neueingeleitete Maßnahmen zur Umstrukturierung des
Bankensystems ... 50
4.3.1 Rekapitalisierung der Banken ... 50
4.3.2 Implementierung internationaler Bilanzierungsvorschriften ... 52
4.3.3 Gründung von Vermögensverwaltungsunternehmen (AMCs) ... 55
4.3.4 Debt-Equity-Swaps ... 57
4.3.5 Versteigerung von Unternehmenswerten ... 60
4.3.6 Börseneinführung der Banken ... 62
4.4 Kritische Würdigung der bislang eingeleiteten Maßnahmen ... 64
4.4.1 Kritik an Auffanggesellschaften ... 66
4.4.2 Reaktionen auf die Kritik... 68
5 Weitere Maßnahmen zur langfristigen Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit... 68
5.1 Verbesserungsvorschläge für den Bankensektor ... 69
5.2 Kooperation mit ausländischen Banken ... 71
5.3 Aufbau der PBOC zu einer ,,wahren" Zentralbank ... 72
5.4 Stärkere Konzentration auf das Privatkundengeschäft ... 74
6 Schlussbetrachtung ... 76
Literaturverzeichnis... 79

III
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Der Aufbau des chinesischen Finanzsystems ...9
Abb. 2: Chinesische Banken im internationalen Vergleich...46
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Marktanteile der Banken in China (Ende 1999)...39
Tab. 2: Zuführung von Finanzmitteln zur Rekapitalisierung der ,,Großen
Vier" ...51
Tab. 3: Qualität der Kredite in der BOC und ihren 100%igen Töchtern...52
Tab. 4: Ankauf von uneinbringlichen Krediten durch die vier AMCs ...55

IV
Abkürzungsverzeichnis
Abb.
Abbildung
ABC
Agricultural Bank of China
ADB
Agricultural Development Bank
AG
Aktiengesellschaft
AHK
Außenhandelskammer
AMCs
Asset Management Companies
ADB
Asian Development Bank
BDI
Bund der deutschen Industrie
BIP
Bruttoinlandsprodukt
BOC
Bank of China
bspw.
beispielsweise
bzw.
beziehungsweise
CCB
China Construction Bank
CHAMC
China Huarong Asset Management Corporation
CFWC
Central Financial Work Committee
d.h.
das
heißt
etc.
etcetera
et al.
und andere
EU
Europäische
Union
FAZ
Frankfurter Allgemeine Zeitung
FEER
Far Eastern Economic Review
FT
Financial
Times
FTD
Financial Times Deutschland
GATS
General Agreement on Trade in Services
GATT
General Agreement on Tariffs and Trade
GBG
Geschäftsbankengesetz
ggf.
gegebenenfalls
grds.
grundsätzlich
Hrsg.
Herausgeber

V
IAS
International Accounting Standards
ICBC
Industrial and Commercial Bank of China
i.d.R.
in der Regel
IEB
Import-Export-Bank
IHT
Industrie- und Handelstag
insbes.
insbesondere
IT Information
Technology
ITO
International Trade Organisation
Jg.
Jahrgang
JV
Joint
Venture
Kap.
Kapitel
KPCh
Kommunistische Partei Chinas
mind.
Mindestens
Mio.
Million(en)
Mrd.
Milliarde(n)
No./Nr. Number/Nummer
NPLs
Non Performing Loans
OECD
Organization for Economic Co-operation and Development
o. V.
ohne Verfasser
PBOC
Peoples Bank of China
PNTR
Permanent Normal Trade Relation (-Status)
rd. rund
RMB
Renminbi
S. Seite
SDB
State Development Bank
s. o.
siehe oben
s. u.
siehe unten
sog.
sogenannte(r)
Tab.
Tabelle
TICs
Trust and Investment Companies
TRIMS
Agreement on Trade-Related Investment Measures
TRIPS
Agreement on Trade-Related Aspects of Property Rights

VI
u.a.
unter
anderem
URL
Universeller
Ressourcen-Lokator
US-GAAP
US-Generally Accepted Accounting Principles
US$
US
Dollar
usw.
und so weiter
Vgl.
Vergleiche
Vol.
Volume
VR
Volksrepublik
vs.
Versus
WFOE
Wholly Foreign Owned Enterprise
WTO
World Trade Organization
z.B.
zum
Beispiel
ZBG
Zentralbankgesetz
z. T.
zum Teil

1
1 Einführung
1.1 Das allgemeine Umfeld der Wirtschaftsreformen seit 1978
Die 1978 begonnenen Wirtschaftsreformen brachten grundlegende Veränderun-
gen für die chinesische Volkswirtschaft mit sich. Ausgehend vom landwirtschaft-
lichen Sektor, folgten nach erfolgreicher Umsetzung auch Reformen in anderen
Bereichen der Wirtschaft. Durch den sukzessiven Rückgang einer zentralen Ver-
waltung und Lenkung entstanden neue Koordinationsprobleme, die zunehmend
auf dezentraler Ebene gelöst werden mussten. Da innerhalb der einzelnen Wirt-
schaftsbereiche ein nur sehr unzureichender Wettbewerb bestand, kam es zum
Auftreten weiterer Koordinationslücken. Großer Reformbedarf herrschte dabei
insbesondere im Finanzsektor vor, dessen Ineffizienz sich sehr entwicklungs-
hemmend auf die fortschreitende Wirtschaftsentwicklung auswirkte. Aufgrund
seiner Funktion als Bindeglied zwischen Produktions- und Absatzmärkten wurde
dem Bankensektor und den Kapitalmärkten in den folgenden Jahren seitens der
Regierung besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die Entwicklung eines effizien-
ten Bankwesens gilt als unverzichtbare Voraussetzung für die erfolgreiche Trans-
formation des chinesischen Wirtschaftssystems. Vor dem Hintergrund des nun seit
dem 11. November 2001 in Doha, Katar vollzogenen und am 11. Dezember auch
vom chinesischen Staatsrat ratifizierten offiziellen Beitritts in die Welthandelor-
ganisation (WTO),
1
kommt dem Aufbau eines funktionierenden Bankwesens eine
entscheidende Bedeutung zu. Ziel ist es, die chinesischen Banken gegen eine sich
ständig verstärkende Konkurrenz aus dem Ausland zu wappnen. Dies stellt mittel-
fristig eine der größten Herausforderungen für die Zentralregierung in Beijing dar,
da die völlige Marktliberalisierung im Jahre 2007 bereits abzusehen ist.
2
Im Mittelpunkt einer erfolgreichen Transformation steht die Dezentralisierung
von Produktions- und Investitionsentscheidungen, diese wiederum hat direkte
Auswirkungen auf die finanzielle Intermeditation, also dem Bindeglied zwischen
Sparern und Investoren in einer Volkswirtschaft.
3
Die Aufnahme des mit fast 1,3 Mrd. Menschen bevölkerungsreichsten Landes der
Erde gilt jetzt bereits als historischer Moment für das internationale Handelssys-
1
Vgl. www.tdctrade.com/main/china.htm 25.01.2002.
2
Vgl. http://
www.ftd.de/pw/in/FTDA4D6MGVC.html
27.12.2001.
3
Vgl. Schüller, M. (1995), S. 926.

2
tem. Die Integration des riesigen Landes erfolgt künftig nach transparenteren Re-
geln. Exemplarisch seien an dieser Stelle nur die Öffnung des chinesischen Mark-
tes für ausländische Unternehmen und die damit unweigerlich verbundenen Um-
strukturierungserfordernissen, insbesondere für die vielfach maroden Staatsunter-
nehmen, genannt. Zudem gewinnen ausländische Unternehmen durch die Mit-
gliedschaft Chinas in der WTO auch mehr Planungs- und Rechtssicherheit für ihre
Investitionen. Auf der anderen Seite profitiert auch China von der Meistbegünsti-
gung, erhält also in allen WTO-Mitgliedsstaaten die multilateral üblichen Zollsät-
ze. Gleichzeitig darf China seinerseits kein Land beim Marktzugang diskriminie-
ren. Der zunehmende Wettbewerb mit dem Ausland hat bereits nahezu alle Wirt-
schaftsbereiche der Volksrepublik erfasst. Die damit einhergehenden Strukturver-
änderungen und Anpassungszwänge stellen nicht nur für die chinesische Wirt-
schaft, sondern auch für die Bevölkerung und Führung des Landes, die größte
Herausforderung des gerade erst begonnenen 21. Jahrhunderts dar.
1.2 Heutige wirtschaftliche Rahmendaten Chinas
Die außen- wie binnenwirtschaftliche Entwicklung Chinas war seit Einführung
der ersten politischen und Wirtschaftlichen Reformen vor über zwei Jahrzehnten,
sehr erfolgreich. Mit einer Bevölkerung von etwa 1,26 Mrd. Menschen ist die
Volksrepublik China, an Einwohnern gemessen, das größte Land der Welt. Mit
einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von ca. 1,2 Mrd. US$, ist China z. Z. noch die
siebtgrößte Volkswirtschaft der Erde.
4
Das Bruttosozialprodukt pro Kopf beträgt
rd. 871 US$
5
dabei ist jedoch zu beachten, dass 70% aller Chinesen auf dem Land
leben und sich ausschließlich von der Landwirtschaft ernähren; der Agrarsektor
steuert jedoch nur etwa 18% zum BIP bei.
6
Im Durchschnitt wuchs die chinesi-
sche Wirtschaft in den vergangenen zwei Dekaden jährlich um 9,7 %.
7
Auch ohne
selber Mitglied in der WTO zu sein, konnten durchschnittliche jährliche Wachs-
tumsraten bei den Exporten von fast 15% realisiert werden.
8
Demzufolge ist Chi-
na heute bereits die siebtgrößte Handelsnation der Erde und weist auch in diesem
4
Dies gilt für das Jahr 2000, einschließlich Hongkong.
Vgl.
www.economist.com/countries/China/PrinterFriendly.cfm?story_ID595345
20.01.2002.
5
Ohne Hongkong, für das Jahr 2000.
Vgl.
www.economist.com/countries/China/PrinterFriendly.cfm?story_ID595345
20.01.2002.
6
Vgl.
www.economist.com/countries/China/PrinterFriendly.cfm?story_ID595345
20.01.2002.
7
Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), 12. November 2001.
8
Vgl. Schüller, M. (1999), S. 1158.

3
Jahr (2002), trotz globalen Wirtschaftsabschwungs noch ein Wachstum von etwa
7,6% aus.
9
So hat es Beijing bisher noch verstanden durch Ankurbelung der hei-
mischen Nachfrage die Binnenkonjunktur kontinuierlich wachsen zu lassen. Im
Vergleich zu den ostasiatischen Nachbarländern, hat Chinas Wirtschaft die Asien-
krise von 1998 neben Taiwan noch am unbeschadetsten überstanden. Dies ist auch
ein Indiz für die relative Robustheit der chinesischen Volkswirtschaft. Auch ande-
re Rahmendaten deuten ebenfalls auf eine langfristig günstige Entwicklung hin, so
ist die Verschuldungsrate mit rund 14% vergleichsweise niedrig, die kurzfristigen
Schulden liegen bei nicht einmal 12% der Reserven.
10
Auch die Preisniveaustabi-
lität ist seit einigen Jahren gewahrt, die aktuelle Inflationsrate liegt nur bei knapp
einem Prozent.
11
Zudem zieht die Volksrepublik nach den USA die meisten Di-
rektinvestitionen an, während die Auslandsinvestitionen bei den südostasiatischen
Nachbarländern seit der Asienkrise ständig abgenommen haben. Dies ist neben
den ständig zunehmenden Anteil des Außenhandels, ein weiteres Indiz dafür, dass
die Volkswirtschaft der VR China in bereits erstaunlich hohem Maße in die
Weltwirtschaft integriert worden ist. Seit 1998 sind laut WTO-Berichts fast 40
Mrd. US$ ins Reich der Mitte geflossen, das sind 80% dessen, was an Asien au-
ßerhalb Indiens fließt.
12
Jedoch gibt es auch Schattenseiten, welche die wirtschaft-
liche Situation in einem anderen Licht erscheinen lassen. Die Arbeitslosigkeit ist
in den letzten Jahren stetig angestiegen und lag im Jahr 2000 bei rd. 7%.
13
Ein
großer Teil der Staatsbetriebe steht kurz vor dem Bankrott, laut Expertenmeinung
werden in den nächsten fünf Jahren bis zu 20 Mio. Chinesen ihren Arbeitsplatz
verlieren, ein Trend der durch den WTO-Beitritt noch verstärkt wird da der Wett-
bewerbsdruck zunehmend auf den maroden Unternehmen lastet.
14
Auch der
Wohlstand im Land ist sehr ungleichmäßig verteilt, so profitieren von den hohen
Wachstumsraten der Wirtschaft insbesondere die wohlhabenden, urbanisierten
Ostregionen,
15
allen voran Beijing und Shanghai.
So liegt die städtische Arbeitslosenquote zwischen 3% und 7%, während sie auf
dem Land laut Schätzungen rd. Eindrittel der Erwerbspersonen umfasst. Somit ist
9
Vgl. www.tdctrade.com/main/china.htm 25.01.2002. Diese Angabe bezieht sich auf das
Wirtschaftswachstum von Januar bis November 2001.
10
Vgl. FAZ, 12. November 2001.
11
Für die ersten drei Quartale des Jahres 2001, ergibt sich eine durchschnittliche
Preissteigerungsrate von 0,8%. Vgl. www.tdctrade.com/main/china.htm 25.01.2002.
12
Vgl. FAZ, 12. November 2001.
13
Vgl.
www.economist.com/countries/China/PrinterFriendly.cfm?story_ID595345
20.01.2002.
14
Vgl.
www.ftd.de/pw/in/FTD5YI193VC.html
13.12.2001.
15
Vgl.
www.ftd.de/pw/in/FTD5YI193VC.html
13.12.2001.

4
laut offiziellen Quellen
16
, das geringe Einkommen auf dem Land das größte Hin-
dernis für einen weiteren Aufschwung beim privaten Konsum. Dennoch werden
allgemein von der Mitgliedschaft Chinas in der Welthandelsorganisation weitere
positive Impulse für die globale Wirtschaft erwartet.
17
So sollen, nach dem nun
vollzogenen WTO-Beitritt, die Zollsätze für Industriegüter von derzeit 14,8% bis
2005 auf durchschnittlich 8,9% sinken.
18
Dabei werden jedoch auch weiterhin
Ausnahmeregelungen erlaubt sein, insbesondere für wenig konkurrenzfähigen
Branchen wie z.B. für die Automobilindustrie, hier sind vorerst noch höhere Zoll-
tarife erlaubt.
19
Die schwierigsten Verhandlungen gab es über den Agrarhandel,
da China seine vielen Kleinbauern möglichst lange schützen wollte. Die Ober-
grenze für staatliche Subventionen wurde auf 8,5% des Produktionswerts festge-
legt, die Importzölle sollen schrittweise bis 2004 von 22 auf 15% sinken.
20
Sehr
restriktive Regelungen sollen auch noch in nächster Zeit für den Dienstleistungs-
sektor gelten. So können ausländische Banken zwar Filialen eröffnen, aber erst
zwei Jahre nach dem WTO-Beitritt Geschäfte in lokaler Währung mit Unterneh-
men und erst drei Jahre später mit chinesischen Privatkunden abwickeln.
21
Für
den Versicherungsmarkt sind die Bestimmungen noch strenger: ausländische Un-
ternehmen dürfen bei Joint Ventures zunächst nur 50% des Kapitals halten, aber
gleichwohl ist es ihnen gestattet die unternehmerische Führung ausüben.
22
1.3 Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit schildert im zweiten Kapitel die Struktur und die Entwick-
lung des chinesischen Finanzwesens, wobei das Hauptaugenmerk auf die Trans-
formation des Bankensektors gelegt wird, da dieser eine Schlüsselfunktion im
Liberalisierungsprozess inne hat. Hierbei werden einzelne den Bankensektor
betreffende Reformschritte seit Beginn der wirtschaftlichen Reformen von 1978
dargestellt. Besondere Beachtung erhalten dabei die Zentralbank, die Auslands-
banken und vor allem die Geschäftsbanken. Die vier großen staatlichen Ge-
16
Vgl.
http://www.feer.com./articles/2001/0111_22/po34china.html
13.Dezember 2001, lt. Aus-
sage von Qiu Xiaohua, Vizedirektor der nationalen statistischen Behörde in Beijing.
17
Vgl. FAZ, 12. Dezember 2001.
18
Vgl. www.tdctrade.com/main/china.htm 03.01.2002.
19
Diese müssen erst im Jahre 2006 auf 25% gesenkt werden. Vgl. FAZ, 12. Dezember 2001.
20
Vgl. www.tdctrade.com/main/china.htm 03.01.2002.
21
Vgl. FAZ, 12. Dezember 2001.
22
Vgl.
www.ftd.de/pw/inFTD5YI193VC.html
13.12.2001.

5
schäftsbanken spielen aufgrund ihrer immensen Größe und Bedeutung für das
chinesische Bankwesen eine herausragende Rolle. Des weiteren beschäftigt sich
das zweite Kapitel auch mit den wichtigsten Reformschritten der letzten zwei
Jahrzehnte und den daraus resultierenden Veränderungen im Bankensektor.
Aus gegebenem aktuellen Anlass des Beitritts der VR China zur Welthandelsor-
ganisation, wird auch auf den historischen Prozess welcher der Aufnahme Chinas
vorgelagert war im dritten Kapitel ausführlich eingegangen werden. Ferner wird
ein kurzer Überblick auf die Beschaffenheit und Zielausrichtung der WTO gege-
ben und welchen Nutzen China aus dieser Mitgliedschaft ziehen kann. Es werden
auch die Bedingungen beleuchtet, die die WTO an den Beitritt der VR China ge-
knüpft hat. Hierbei wird konkret auf die ausgehandelten bilateralen Abkommen
eingegangen, die den Bankensektor betreffen.
Den Schwerpunkt dieser Arbeit bildet im vierten Kapitel die derzeitige Verfas-
sung des Bankensystems und inwieweit dieses geeignet ist, die durch den WTO-
Beitritt verursachten neuen Herausforderungen zu begegnen. Es sollen vor allem
die Chancen und Risiken des WTO-Beitritts aufgezeigt werden, die in der nächs-
ten Zeit auf die chinesische Wirtschaft zukommen und bei denen der Bankensek-
tor eine zentrale Rolle spielt. Das Ende des vierten Kapitels bilden die von der
Regierung in Beijing in jüngster Zeit eingeleiteten Maßnahmen zur Sanierung der
Banken. Diese Maßnahmen werden genau analysiert und kritischen Würdigung
unterzogen. Im fünften Kapitel sollen schließlich Strategien und Lösungsansätze
diskutiert werden, die zusätzlich dazu geeignet sind den Bankensektor für den
zunehmenden Wettbewerbsdruck zu rüsten, welcher die Globalisierung und die
wirtschaftliche Öffnung der Volksrepublik China unausweichlich mit sich brin-
gen. Die Arbeit endet im sechsten Kapitel mit einer Schlussbetrachtung.
Zum Quellenmaterial ist noch anzumerken, dass aufgrund der außerordentlichen
Aktualität des Themas, dies gilt hauptsächlich für den zweiten Teil der Arbeit, mit
Zeitungsartikeln aus der deutschen und englischsprachigen Wirtschaftspresse ge-
arbeitet wurde. Die meisten dieser Artikel stammen aus dem Internet.

6
2 Die Entwicklung des Bank- und Finanzwesens in der VR China
Bis zum Jahr 1978 war das chinesische Finanzsystem nach sowjetischem Muster
aufgebaut worden, d.h. alle wirtschaftlichen Aktivitäten wurden zentral koordi-
niert. Dem Geld wurde dabei nur eine passive Rolle zugesprochen, dessen Funkti-
on es in erster Linie war die Güterproduktion zu unterstützen. Somit hatte die
Geldmenge keine Auswirkungen auf die relativen und absoluten Preise. Dies hatte
wiederum zur Folge, dass das Bankensystem eine sehr vernachlässigte und unter-
geordnete Position in der Zentralwirtschaft kommunistischer Prägung inne hatte.
23
Somit herrschte faktisch ein Monobankensystem vor, in der die Peoples Bank of
China (PBOC), sprich die chinesische Volksbank als übergeordnete Institution,
alle anderen Banken verwaltete. Zum einen fungierte die chinesische Volksbank
als Zentralbank, nahm gleichzeitig jedoch auch Funktionen einer Geschäftsbank,
Sparkasse und Emissionsbank für die Bevölkerung wahr.
24
Die Geldversorgung
orientierte sich dabei strikt an den Planvorgaben für die chinesische Volkswirt-
schaft. Monetäre Störpotentiale wurden nahezu vollständig vernachlässigt, daher
kam es oftmals zu Geldüberhängen,
25
da in der Realität aggregierte Konsumgü-
ternachfrage und ­angebot selten Übereinstimmung fanden. Durch das Fehlen
eines Finanzmarktes konnten solche Geldüberhänge keiner Verwendung zuge-
führt werden, dies führte wiederum zu einem Zwangssparen bei den privaten
Haushalten.
26
Mit Anbeginn der wirtschaftlichen Reformen ab 1978 kam es je-
doch verstärkt zu Liberalisierung und Dezentralisierung weiter Teile der chinesi-
schen Volkswirtschaft.
27
Diese die gesamte Wirtschaft umfassende Entwicklung
erforderte eine Anpassung und Veränderung des bisherigen Bankensystems.
2.1 Die Reformen im Bankensektor
2.1.1 Die Reformen von 1978 bis 1984
Mit den Reformen von 1978 wurde dem Geld erstmals eine Allokationsfunktion
zugestanden, da die monetären Unzulänglichkeiten überdeutlich wurden. Nach-
23
Vgl. Lees, F.A./ Liaw, K.T. (1996), S. 20f.
24
Vgl. Xiaolin, L. (1996), S. 11.
25
Vgl. Daufenbach, G. (1997), S. 1f.
26
Ebenda S.1f.
27
Vgl. Min, S. (1994), S. 30.

7
dem in der Anfangsphase der Agrarsektor im Mittelpunkt der Reformen stand,
rückte seit 1984 der Finanzsektor ins Zentrum der Reformanstrengungen.
28
Da das
Finanzwesen und hierbei insbesondere das alte Monobankensystem den neuen
Anforderungen nicht mehr gerecht wurde und im Vergleich zu den bereits refor-
mierten Wirtschaftsbereichen zurückgeblieben war, entschloss man sich im Jahre
1979 zu einer Reform des Finanzsektors.
29
Ziel war es in erster Linie, ein den
neuen wirtschaftlichen Bedingungen angepasstes Finanzsystem zu schaffen, das
differenzierter und vor allem flexibler auf die neue ökonomische Situation in der
Volksrepublik reagieren konnte. Dabei vollzog sich zwischen 1979 und 1984 die
erste entscheidende Transformation des chinesischen Bankensystems, indem die
schrittweise Kommerzialisierung des Bankwesens in Gang gesetzt wurde. Mit der
Gründung der Industrie- und Handelsbank Chinas (Industrial and Commercial
Bank of China, ICBC) im Jahre 1984, die sich nun mit konkreten Bankgeschäften
der Peoples Bank of China innerhalb der Städte befasste, begann die zweite Phase
der Bankenreform.
30
Zu den vier staatlichen Spezialbanken, (BOC, ABC, ICBC,
CIB) trat 1985 noch die Volksaufbaubank (China Construction Bank, CCB) hin-
zu. Die meisten Finanzierungsgeschäfte der Peoples Bank of China wurden fortan
von der PCBC übernommen, die insbesondere der Baubranche Kredite gewährte,
sowie von der Bank of China (BOC), die auf Devisengeschäfte spezialisiert war.
Eine weitere spezialisierte Bank war die Agricultural Bank of China (ABC), die
für Geschäfte im ländlichen Sektor zuständig war, dabei übernahm sie die Über-
wachung von rd. 60.000 ländlichen Kreditgenossenschaften.
31
Die kommerziellen
staatlichen Spezialbanken ICBC, ABC, BOC und CCB werden auch die ,,Großen
Vier" genannt. Die formale Umstrukturierung der PBOC in eine Zentralbank war
somit Anfang 1984 abgeschlossen und beendete die Transformation von einem
Monobankensystem in ein zweistufiges Bankwesen.
28
Vgl. Daufenbach, G. (1997), S. 3.
29
Vgl. Chen, B./Dietrich, J.K./Feng, Y. (2000) S. 6f.
30
Vgl. Min, S. (1994), S. 32.
31
Vgl. Schüller, M. (2001e) S. 882.

8
2.1.2 Reform des Bankensektors bis zur Asienkrise
In diesem Abschnitt sollen die wichtigsten Reformmaßnahmen zur Umstrukturie-
rung des Bankensystems bis 1998 dargestellt werden.
Die institutionelle Reform des Finanzsektors machte ihren Anfang mit der Neu-
gliederung des Bankensystems und fand nach mehreren Reformschritten bis zum
Erlass des Geschäftsbankengesetzes (GBG) 1995 ihren vorläufigen Abschluß.
32
Dabei wurde ein zweigleisiger Ansatz verfolgt, der die Transformation von einer
zentralgesteuerten Planwirtschaft hin zu einer Marktwirtschaft mit sozialistischer
Prägung als Endziel vorsah.
33
Dieser Ansatz enthielt sowohl Elemente der Plan-
wirtschaft wie auch der marktwirtschaftlichen Ordnung. Diese Systeme sollten ein
Nebeneinander in nahezu allen Bereichen der Wirtschaft bilden, sie entschieden
daher auch über die Umstrukturierungsmaßnahmen die das Bankensystem betref-
fen sollten.
34
Das Finanzministerium der Zentralregierung in Beijing begann mit
der institutionellen Abtrennung spezieller Bereiche der chinesischen Volksbank
hin zu Spezialbanken, diese wurden unmittelbar zu weisungsgebundenen Erfül-
lungsgehilfen des Staates. Der Finanztransfer zwischen dem Staat auf der einen,
an die Unternehmen auf der anderen Seite, wurde nun ersetzt durch direkte Kre-
ditvergabe der Spezialbanken an die Betriebe.
35
Den Kreditwünschen der Staats-
unternehmen wurde in fast allen Fällen entsprochen (der Staat als `lender of last
resort´)
36
. Da die Kontrolle der Kreditvergabe sehr locker gehandhabt wurde und
meist auch noch politischer Druck der lokalen Behörden die Kreditvergaben for-
cierten, waren eine große Zahl dieser Kreditengagements sehr riskant und unwirt-
schaftlich. Bereits in dieser frühen Phase wurde der Grundstein für eine Vielzahl
fauler Kredite gelegt, mit denen China bis in die Gegenwart schwer zu kämpfen
hat. Aufgrund der nur zögerlichen Reformbemühungen bei den staatseigenen Un-
ternehmen, verlief auch die Erneuerung der Banken nur sehr schleppend. Wie
bereits erwähnt, war eine Umstrukturierung des bisherigen Finanzsystems drin-
gend geboten, da sich durch die rasant vollziehenden Entwicklungen in anderen
Wirtschaftszweigen Unzulänglichkeiten im Bank- und Finanzwesen offenbarten.
32
Vgl. Schüller, M. (1995), S. 926.
33
Vgl. Walder, A.G. (1996), S. 963f.
34
Vgl. Schüller, M. (2001e) S. 881f.
35
Vgl. Daufenbach, G. (1997), S. 3f.
36
Ebenda, S. 4.

9
Die folgende Abbildung zeigt den Aufbau des chinesischen Finanzsystems nach
der Reform von 1995.
Abb.1: Der Aufbau des chinesischen Finanzsystems 1995
Quelle: Schüller, M. Die Reform des chinesischen Finanzsystems: In China aktu-
ell Oktober 1995, S. 926-934, hier S. 927.
Der zweigleisige und schrittweise durchgeführte Reformansatz zeigte sich insbe-
sondere anhand der vier großen Spezialbanken überdeutlich, da diese nicht priva-
tisiert wurden.
37
Daneben erhielten regionale Geschäftsbanken und neugegründete
Banken und Finanzintermediäre den Marktzutritt für den Finanzsektor. Ziel dieses
Reformschrittes waren die Diversifizierung und Vertiefung des Finanzsystems,
des weiteren sollte unter strengen Auflagen Wettbewerb unter den Geschäftsban-
37
Vgl. Schüller, M. (2001e) S. 882.
Staatsrat
Zentralbank
Nichtbanken
Finanzmarkt
Bankensektor
Geschäftsbanken:
Spezialbanken
Universalbanken
Geschäftsbanken:
- Spezialbanken
- Universalbanken
- Regionalbanken
Kreditgenossenschaften
-Stadt
-Land
Investment- und
Treuhandgesellschaften
Politikorientierte
Banken
Auslandsbanken
Leasingunternehmen
Finanzierungsgesellsch.
Versicherungsgesellsch.
Wertpapiermarkt
(offiziell)
Interbankenmarkt
Devisenmarkt
Wertpapiermarkt OTC
Wertpapierunternehmen
-Emissionsbanken
Kreditrating-Agenturen

10
ken initiiert werden, indem man ihnen erlaubte, ihre Aktivitäten auf neue Ge-
schäftsfelder auszuweiten.
38
Diese institutionelle Diversifizierung im Bankensektor brachte eine Reihe positi-
ver Effekte mit sich, die schnell zu vermehrtem Wettbewerb in diesem Wirt-
schaftsbereich führten. Jedoch machte sich schnell eine gegenläufige Entwicklung
im Finanzsektor breit, die durch die sog. Trust and Investment Companies (TICs)
ausgelöst wurde. Da die staatlichen Banken sehr strenge Verhaltensregeln und
enge Aktionsspielräume wegen staatlicher Kreditpläne hatten, begannen sie in den
80er Jahren verstärkt mit der Gründung von Treuhandabteilungen. Diese wurden
in den Folgejahren ausgegliedert und wurden schnell zu wichtigen Finanzierungs-
quellen für die Banken. Der Anreiz zur Gründung war sehr groß, da diese Treu-
handgesellschaften nicht den selben strengen Regularien unterworfen waren wie
die Banken. Bald wurden auch von Lokalbehörden und sogar von der Zentralre-
gierung TICs gegründet. Dies führte schnell dazu, dass sie sämtliche Funktionen
einer Geschäftsbank übernahmen und zu wichtigen Konkurrenten am Interban-
kenmarkt wurden, ohne im selben Maße wie die Banken, von staatlichen Restrik-
tionen betroffen zu sein.
39
Ende der 80er Jahre gab es nach explosionsartiger
Vermehrung bereits über 1000 dieser Gesellschaften. Insbesondere durch umfang-
reiche Spekulationen im Immobiliensektor,
40
trugen sie somit auch in erheblichem
Maße zu der wirtschaftlichen Überhitzung und stark angestiegenen Inflation der
Jahre 1992/93 bei. Aufgrund dieser Finanzkrise wurde 1995 mit dem Zentral-
bankgesetz und dem Geschäftsbankengesetz ein neuer Regulierungsrahmen ge-
schaffen, der auch eine ausdrückliche Trennung von Geschäftsbanken und Treu-
handgesellschaften vorsah (§ 43 GBG, s. u.).
In den nun folgenden Kapiteln dieser Arbeit wird die Funktions- und Wirkungs-
weise der einzelnen Bankenbereiche dargestellt.
38
Vgl. Lees, F.A./ Liaw, K.T.,(1996), S.23f.
39
Vgl. Zhou, J. (2000), S.47f.
40
Vgl. Schüller, M. (2001e), S. 883.

11
2.2 Die Zentralbank
2.2.1 Die Chinesische Volksbank als Zentralbank
Vordringlichtes Ziel der Bankenreform war es, durch die Entflechtung des alten
Bankenmonopols der Chinesischen Volksbank eine echte Zentralbank zu for-
men.
41
Die Chinesische Volksbank wurde kurz nach Gründung der Volksrepublik
im Jahre 1949 ins Leben gerufen. Bis 1979 übte sie alle Funktionen des Bankwe-
sens in einer zentral geplanten Volkswirtschaft gleichzeitig aus. So führte die
PBOC die meisten finanziellen Transaktionen aus und war zugleich für die Geld-
ausgabe und das Devisenmanagement zuständig.
42
Innerhalb der PBOC existier-
ten zwei Unterabteilungen, die als Spezialbanken des Staates agierten, und zwar
die Bank of China (BOC) und die Peoples Construction Bank of China (CCB).
Die Funktion dieser Banken war jedoch nur auf die Finanzierung des Wirtschafts-
planes beschränkt.
43
Zwischen 1979 und 1984 vollzog sich die Transformation der
Peoples Bank of China in eine Zentralbank. Der Staatrat erließ 1979 eine Direkti-
ve, wonach eine schrittweise Kommerzialisierung des Bankenapparates erfolgen
sollte, entsprechend fand die Umwandlung der Zuweisungen aus dem Staatshaus-
halt in Bankkredite statt. Als Kernfunktion räumte der Staatsrat der Peoples Bank
of China und den staatlichen Spezialbanken das Recht ein, mittel- und langfristige
Kredite an die staatseigenen Unternehmen zu vergeben. Daraufhin veränderte sich
die Struktur und Zusammensetzung der Finanzierungsmittel in den staatlichen
Unternehmen. Im Vergleich zu 1978 gab es nun 80% Bankkredite gegenüber 70%
Haushaltszuweisungen des Staates.
44
Mit der Verabschiedung des Zentralbankgesetzes durch den Staatsrat, wurde ein
Reformpaket geschaffen, zu dessen Schwerpunkten die Wiederherstellung der
finanziellen Stabilität und die Umstrukturierung der Zentralbank zählten. Die
Chinesische Volksbank unterliegt dabei als staatlich Institution der VR China di-
rekt der Aufsicht des Staatsrates. Gemäß § 2 des Gesetzes über die Chinesische
Volksbank (Zentralbankgesetz (ZBG) vom 18.03.1995), ist die Zentralbank für
die Festsetzung und Ausführung der Währungspolitik und darüber hinaus auch für
die Aufsicht über das Kreditwesen und seiner Lenkung zuständig. Zusätzlich wird
41
Vgl. Zhou, X. (1998), S. 2.
42
Vgl. Chen, B./Dietrich, J.K./Feng, Y. (2000), S. 7.
43
Vgl. Bowles, P. (1993), S. 70.
44
Vgl. Schüller, M. (2001e), S. 882.

12
der Zentralbank in § 3 ZBG als Ziel der Währungspolitik die Aufgabe der Wah-
rung der Geldwertstabilität auferlegt durch die sie u. a. die Förderung des Wirt-
schaftswachstums gewährleisten soll.
45
Des weiteren ist die Zentralbank für den
Aufbau einer Makrosteuerung und für die Leitung und Koordination des Banken-
sektors der VR China verantwortlich. Als eine ihrer wichtigsten Funktionen hat
die Chinesische Volksbank zudem noch die Aufgabe erhalten, die von der Zent-
ralregierung initiierten nationalen Entwicklungspläne zu überwachen und auch auf
deren korrekte Ausführung zu achten.
46
Die im Staatseigentum befindliche Volks-
bank kann ihre geldpolitischen Entscheidungen zwar unabhängig von Lokalregie-
rungen, Ministerien und sonstigen Interessengruppen treffen, dennoch ist sie vom
Einverständnis des Staatsrates abhängig und unterscheidet sich in diesem Punkt
von den Zentralbanken nach westlichem Muster.
47
Daher ist eine Autonomie der
Zentralbank auch in Umrissen nicht erkennbar, da sie immer noch stark von Di-
rektiven der Zentralregierung abhängt. Ein weiterer Schwachpunkt ist die Tatsa-
che, dass auf lokaler und dezentraler Ebene die Lokalregierung großen Einfluss
auf die Kreditpolitik der Zweigniederlassungen ausüben, somit wird eine einheit-
liche Geldpolitik bereits im Ansatz unterminiert.
48
Die lokalen Niederlassungen
der Zentralbank werden somit zu Instrumenten lokaler Wachstums- und Indust-
riepolitik missbraucht.
2.2.2 Die Instrumente der Chinesischen Zentralbank
In dem vorherrschenden zweistufigen Bankensystem werden Liquiditätsprobleme
der Banken durch den Interbankenmarkt und über Refinanzierungsgeschäfte mit
der Zentralbank gelöst.
Um diesen Aufgaben nachzukommen wurde der Zentralbank per Gesetz ein In-
strumentenkatalog zur Verfügung gestellt, von denen die wichtigsten in der nun
folgenden Übersicht kurz vorgestellt werden sollen:
49
· Geldpolitik auf der Basis der Gesetze,
· Ausgabe von Banknoten und Kontrolle des Geldumlaufs,
· Genehmigung und Überwachung der Finanzinstitutionen,
45
Vgl. Zhou, X. (1998), S. 2.
46
Vgl. Reynolds, P. (1992), S. 28f.
47
Vgl. Zheng, Y./Schmidt, T. (1996), S. 8.
48
Vgl. Wohlmuth, K. (1995), S. 39f.
49
Vgl. Zheng, Y./Schmidt, T. (1996), S. 8f.

13
· Kontrolle des Finanzmarktes und Veröffentlichung der Regeln für Finanz-
überwachung und -geschäfte,
· Genehmigung von Wertpapier und Devisenbörsen,
· Verwaltung der Devisen- und Goldreserven sowie der Staatskasse,
· Kontrolle des Zahlungs- und Clearingsystems,
· Verantwortung für Statistiken und Analysen.
50
Für die Durchführung der für die Geldpolitik notwendigen Maßnahmen, werden
im Gesetz folgende Instrumente aufgeführt. Im einzelnen sind dies:
51
· Die Festlegung von Mindestreservesätzen,
· Bestimmung der Zentralbankreferenzsätze,
· Diskontpolitik beim Rediskontgeschäft für die Banken, die bei der Chinesi-
schen Volksbank ein Konto eröffnen,
· Kreditgeschäft mit kommerziellen Banken,
· An- und Verkauf von Staatsschuldtiteln, von anderen staatlichen Schuldver-
schreibungen und von Devisen am öffentlichen Markt.
Mit dem Erlass des Zentralbankgesetzes vom März 1995 wurde es der Volksbank
gesetzlich untersagt, Konten aus staatlichen Finanzquellen zu überziehen, des
weiteren darf sie keine Kredite an Lokalregierungen, Nonbanking-
Finanzorganisationen sowie an private Personen vergeben. Seit April 1996 benö-
tigen Staatsunternehmen für die Kreditaufnahme bei Banken eine besondere Li-
zenz der Zentralbank. Diese Regelung soll der noch immer vorherrschenden Be-
ziehungsgeflechten und der Korruption entgegentreten, welche die Kreditvergabe
an die Unternehmen über Jahrzehnte bestimmte.
52
Ferner ist der Chinesischen
Volksbank die Vergabe von Garantiebürgschaften streng untersagt.
53
Ebenfalls
gesetzlich fixiert ist das Verhältnis zwischen der Zentralbank und den anderen
50
An dieser Stelle muß darauf hingewiesen werden, dass das chinesische Zahlenmaterial und die
darauf beruhenden Statistiken, oftmals systematisch geschönt wurden und auch noch
werden. Dies gilt insbesondere für die Ausweisung von Arbeitslosenstatistiken und Angaben
die soziale Ungleichgewichte und wirtschaftliche Defizite widerspiegeln, diese werden i.d.R.
nach unten korrigiert. So unterliegt auch die veröffentlichte Inflationsrate der staatlichen
Willkür. Dagegen werden Daten über wirtschaftliche Erfolge (Wirtschaftswachstum,
Bekämpfung von Arbeitslosigkeit) zumeist stark nach oben korrigiert. Personen, die
Wirtschaftsdaten recherchierten, wurden z. T. zu mehreren Jahren Haft verurteilt. (vgl. FAZ,
23.12.1996, Nr. 299 S. 12. und FEER, August 14, 1997, S. 54.) s. auch ausführlich bei
Daufenbach, G. (1997) S. 23f. Daher sind die veröffentlichten chinesischen Statistiken nur
unter starkem Vorbehalt zur Kenntnis zu nehmen.
51
Vgl. Zheng, Y./Schmidt, T. (1996), S. 9.
52
Vgl. Hermann-Pillath, C. (1993), S. 29f.
53
Vgl. Min, S. (1994), S. 33.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832461584
ISBN (Paperback)
9783838661582
DOI
10.3239/9783832461584
Dateigröße
858 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf – Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Betriebswirtschaft
Erscheinungsdatum
2002 (November)
Note
1,7
Schlagworte
banken kredite reformen umstrukturierung
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Titel: Chancen und Risiken des WTO-Beitritts für den Bankensektor der VR China
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