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Aufstieg und Fall des Kirch-Konzerns

Eine medienökonomische Analyse

©2002 Diplomarbeit 118 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Die vorliegende Arbeit versammelt eine große Menge bislang unbekannter Daten rund um den Kirch-Konzern, anhand derer Aufstieg und Fall des Unternehmens unter medienökonomischen Gesichtspunkten analysiert werden. Der Aufstieg des Leo Kirch und der Aufbau einer beinahe monopolartigen Stellung sind vor allem auf das Ausnutzen der Besonderheiten der Rundfunk-Inputproduktion zurückzuführen. Kirch nahm den Hollywood-Studios ihr durch die hohe Erfolgsunsicherheit der Medienproduktion typisches Risiko ab. Er kaufte in größeren Mengen Filme in den USA ein, als es ARD und ZDF getan hätten. Damit hatte er diese im Kampf um die attraktive, für die Sender nicht substituierbare Ware ausgestochen – er war der bessere Abnehmer für die Filmstudios.
Parallel schaffte er es trotzdem, über persönliche Kontakte den Absatz der erstandenen Ware bei ARD und ZDF zu sichern. Probleme bekam Kirch erst Mitte der 80er Jahre. Die Arbeit belegt, dass die Einführung des Privatfernsehens der zentrale Wendepunkt in der Unternehmensgeschichte war. Sie sollte Kirch eigentlich nutzen. Neue Abspielstationen für seine Filme sollten entstehen, um die typische Fixkostendegression beim Vertrieb von Medienprodukten auszunutzen. Zugleich würden die neuen Sender für neue Nachfrage nach seinen Filmen und damit für höhere Preise sorgen.
Doch es kam anders, Kirch wurde vom Akteur zum Getriebenen: Die Rundfunkliberalisierung führte zum Eintritt vertikal integrierter Medienkonzerne in die deutsche TV-Landschaft – allen voran Bertelsmann mit der RTL-Gruppe. Diese hatte gegenüber dem mittelständischen Einzelunternehmer Kirch erhebliche Kostenvorteile beim Betrieb des Free-TV und war finanzkräftiger. Mit reichlich Kapital ausgestattet, kaufte das Unternehmen seine Hollywood-Ware direkt ein. Um im Bieterwettkampf bestehen zu können, war Kirch zur Verschuldung gezwungen. Parallel musste er versuchen, seine Kostensituation schnell der von Bertelsmann anzugleichen und sich ebenfalls vertikal, horizontal und diagonal zu integrieren: Pressebeteiligung, eigene Sender, Produktionsfirmen und Pay-TV – mit schnellem Wachstum sollte die Finanzkraft Kirchs gestärkt werden.
Bei der Expansion unterliefen Kirch jedoch Fehler, die letztlich zur Zahlungsunfähigkeit führten. Zum einen unterschrieb er langfristige Output-Verträge zu hohen Preisen, die aber nur kurzfristig gegenfinanziert waren. Zum anderen schätzte er die Akzeptanz von Pay-TV auf dem mit 30 frei empfangbaren Programmen […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Kirch-Konzern
2.1. Firmenstruktur und Geschäftsfelder
2.1.1. Kirch Media GmbH & Co. KG
2.1.2. Kirch Pay-TV GmbH & Co. KG
2.1.3. Kirch Beteiligungs GmbH & Co. KG
2.2. Entstehung und Aufstieg des Unternehmen
2.3. Die Person Leo Kirch

3. Ökonomische Grundla
3.1. Besonderheiten der Ware Film
3.1.1. Nicht-Substituierbarkeit aus Abnehmersicht
3.1.2. Hohe Produktionskosten
3.1.3. Hohe Erfolgsunsicherheit
3.1.4. Knappheit und mangelnde Angebotselastizität
3.1.5. Homogenität der Filme als Ware
3.2. Resultierende Marktstruktur des Filmmarktes
3.2.1. Geringe Zahl von Anbietern mit hoher Marktmacht
3.2.2. Übliche Geschäftsmethoden auf dem Filmmarkt

4. Analyse der Marktstellung Kirchs
4.1. Die Funktion Kirchs: Filmvermittlung als kaufmännische Dienstleistung
4.2. Die Konkurrenz
4.3. Die Abnehmer
4.4. Fazit: Kirch als dominierende Firma
4.5. Neue Marktkräfte

5. Strategien des Kirch-Konze
5.1. Vertikale Integration
5.2. Horizontale Konzentration
5.3. Diversifikation bzw. konglomerate Konzentration

6. Gründe für das Scheitern des Kirch-Konzern
6.1. Rechteerwerb um jeden Preis
6.2. Pay-TV und Erwerb von Sportrechten
6.3. Managementprobleme
6.3.1. Führungsschwächen
6.3.2. Ineffiziente Organisation
6.3.3. Fehlende Kostenkontrolle
6.4. Mangelnde Konzentration auf das Kerngeschäft

7. Das Aus für den Kirch-Konzer
7.1. Ablauf und Stand der Insolvenz
7.2. Gläubiger des Konzerns
7.3. Geschäftspotentiale der Insolvenzmasse
7.4. Mögliche Investoren-Szenarien

8. Ausblick: Die Medienlandschaft ohne Kirch – Quo vadis?

9. Literaturverzeichnis

10. Quellenverzeichnis

11. Verzeichnis der Abkürzungen

Anhang 1: Verzeichnis der Kirch-Firmen

Anhang 2: Analystenstudie von MorganStanley Research

Anhang 3: Analystenstudie von WestLB Panmure Research

Anhang 4: Analystenstudie der Bayerischen Hypo-Bank

1. Einleitung

Der Unterschied könnte größer nicht sein: Jahrzehntelang war vom Kirch-Konzern nicht mal in der Fachpresse zu lesen, der Firmengründer selbst hatte die Verschwiegenheit zum Prinzip erhoben. Heute nun berichten die führenden Tageszeitungen auf den Titelseiten, sogar in der Tagesschau ist Kirch zum Thema geworden. Der Grund: Der Medienzar ist pleite, eine Holding nach der anderen meldet Insolvenz an. Damit wird erstmals das ganze Ausmaß des Unternehmens deutlich, dessen Produkte das Leben der wohl meisten Deutschen jeden Tag für wenigstens ein paar Minuten begleiten. Und der einst geheimnisumwittert-glitzernde „Mogul“ Leo Kirch mit besten Beziehungen zu Politik, Banken und Hollywood stellt sich als Unternehmer heraus, der letztlich auch den Gesetzen des Marktes unterlag – und Fehler gemacht hat. Genau darum soll es in dieser Arbeit gehen. Die vorhandenen Daten rund um den Kirch-Konzern werden erstmals umfassend zusammengestellt, um parallel Aufstieg und Fall des Leo Kirch nach medienökonomischen Gesichtspunkten analysieren zu können. Publizistische Probleme stehen nicht im Mittelpunkt der Arbeit. Wenn sie auftauchen, dann nur am Rande.

Im ersten Kapitel wird zunächst die Struktur des bisherigen Kirch-Konzerns vorgestellt. Dabei muss vorweg geschickt werden, dass für diese Diplomarbeit generell definiert sein soll: Unter dem Begriff „Kirch-Konzern“ oder „Kirch“ wird die Summe aller von Leo Kirch gesellschaftsrechtlich oder wirtschaftlich beherrschten Unternehmen verstanden. Anhang 1 listet den Bestand umfassend auf. Diese Vorgehensweise mag auf den ersten – vor allem ökonomischen – Blick in unzulässiger Weise vereinfachend wirken. Sie ist jedoch die einzige Möglichkeit, das Geschäft und die Strategien Kirchs darzustellen, ohne sich in vernebelnden Einzelheiten zu verlieren. Hintergrund ist, dass die unübersichtliche Firmenstruktur nicht ganz zufällig so aussieht: Kirch legte von Beginn an Wert darauf, „er könne noch mächtiger sein, wenn er unsichtbar bleibe. [Das ist nämlich der Effekt der Aufteilung des Imperiums in Dutzende kleiner Firmen und Beteiligungen.] Und genau das ist der Grund, warum Leo Kirch beschrieben werden muss, auch wenn das Leo Kirch nicht so gern mag.“ (Riehl-Heyse 1995, S. 26) Kapitel 1 also stellt zunächst die drei zentralen Holdings vor, die das Geschäft Kirchs konturieren. Anschließend liefert die Arbeit einen kurzen historischen Abriss über die Entwicklung des Kirch-Konzerns. Danach wird die Person Leo Kirch vorgestellt. Das ist wichtig, um seine Verhaltensweisen und Denkmuster, seine Prioritäten und Werte zu verstehen, die später prägend für strategische Entscheidungen innerhalb seines Konzerns waren.

Im zweiten Kapitel geht es um einige theoretische Grundlagen rund um das Film- und Fernsehgeschäft. Was macht die Ware Film so besonders? Was unterscheidet ihre Produktion und ihren Vertrieb von dem anderer Produkte? Es wird gezeigt, dass Filme und andere fiktionale Programme bei den Sendern eine begehrte und kaum zu ersetzende Grundlage für den Sendebetrieb sind. Erklärt wird auch, warum das Angebot knapp ist und bleibt. Anschließend wird die aus diesen ökonomischen Grundlagen des Filmgeschäfts resultierende grundsätzliche Marktstruktur dargestellt. Dabei werden Geschäftsmethoden skizziert, die sich so in keiner anderen Branche finden – und die den guten ökonomischen Grundsatz, dass der Kunde König ist, ad absurdum führen.

Das dritte Kapitel liefert dann eine Analyse der Marktstellung Leo Kirchs. Zunächst wird seine Dienstleistung vorgestellt, die sich grob als Programmvertrieb für die Lieferanten bzw. als Programmbeschaffung für die Sender umreißen lässt. Dabei wird deutlich, welche Vorteile das Outsourcing dieser Funktionen auf einen Zwischenhändler beiden Seiten bietet. Anschließend werden die Konkurrenten Kirchs auf seinem ursprünglichen Kerngeschäftsfeld, dem Rechtehandel vorgestellt. Zugleich analysiert die Arbeit die Rolle der Abnehmer. Im Mittelpunkt stehen dabei die öffentlich-rechtlichen Sender und die Frage, warum sie über Jahrzehnte ihre per se starke Marktstellung nicht gegenüber Kirch ausspielten. Das Fazit bescheinigt Kirch dann eine dominante Marktstellung. Es zeigt aber auch die Marktkräfte auf, die seit Mitte der 80er Jahre parallel zur Einführung des Privatfernsehens den Wandel Kirchs vom Rechtehändler zum vollintegrierten und diversifizierten Medienkonzern befeuert haben.

Genau um diese Strategien geht es im vierten Kapitel. Angetrieben von neuen Konkurrenten, großen Absatzeinbußen bei den Hauptabnehmern ARD und ZDF und dem Aufkommen von erfolgreichen Ersatzprodukten für Spielfilme wie etwa Sportübertragungen und neuartiger nonfiktionaler Unterhaltung muss Kirch seine Geschäfte neu ordnen und ausweiten. Vorgestellt wird zunächst die vertikale Integration, also das Vordringen des Konzerns in die Geschäftsbereiche TV-Produktion und TV-Veranstaltung. Dabei werden die Vorteile, aber auch die Probleme diskutiert. Es wird zudem deutlich, dass die vertikale Integration die Antwort auf eine umfassende Änderung der Kostenstrukturen in der Branche ist. Ebenfalls vorgestellt werden die Synergieeffekte durch horizontale Konzentration sowie die Diversifikation in die Geschäftsfelder Pay-TV und Presse.

Das fünfte Kapitel analysiert dann die grundsätzlichen Fehler des Kirch-Konzerns. Dazu zählen die strategischen Entscheidungen für einen Eintritt ist Pay-TV oder für den Preiskampf um Film- und Sportrechte mit den entsprechenden Auswirkungen für die Kirch-Sender. Es geht aber auch um Fehler in Management-Fragen. Dabei wird offenbar, dass Organisation und Administration dem wachsenden Geschäftsvolumen des Konzerns nicht mehr entsprachen. Kurz beleuchtet werden auch die Rolle und die Fehler der Banken: Kirch bewegte riesige Summen auf dem Kapitalmarkt, gewährte den Kreditabteilungen aber kaum Einblick in seine Zahlen. Zum Schluss wird gezeigt, wie mangelndes Controlling und fehlender Shareholder-Value-Ansatz den gesamten Konzern in die Krise stürzten.

Im letzten Kapitel werden die Scherben zusammengekehrt. Dargestellt werden die Gründe für die Insolvenzen der einzelnen Holdings. Anschließend präsentiert die Arbeit unter Berücksichtigung der wahrscheinlichen Geschäftspotentiale Szenarien für eine Zukunft des Kirch-Konzerns. Der Ausblick skizziert die Konturen der deutschen Fernsehlandschaft ohne eine ihrer drei großen Säulen und die Frage, welche Auswirkungen ein Marktzutritt ausländischer Investoren auf die deutsche Medienbranche hätte genauso, wie die nach Veränderungen in der Medienpolitik.

Insgesamt war es ein Ziel dieser Arbeit, die wenigen über Kirch vorhandenen Daten zusammenzuführen und neue ans Licht zu bringen. Das sollte zum einen dieser Diplomarbeit zu Gute kommen, zugleich aber auch die Datenlage für anschließende Forschungen über Kirch verbessern, die sicher auf dem Material dieser Arbeit aufbauen können. Neben dem wissenschaftlichen Aspekt ging es mir bei der Anfertigung dieser Arbeit auch um eine persönliche Vorbereitung auf das spätere Berufsfeld des Wirtschaftsjournalismus, in dem das Beschaffen sensibler Daten stets ein schwieriges Problem ist. Die Recherche war nicht immer leicht, viele Fragen blieben unbeantwortet: Geschäftsgeheimnis, Geschäftsgeheimnis. Der Kirch-Konzern selbst war völlig unkooperativ. Veröffentlichte, vollständige Bilanzen gibt es nicht. Auch das Führen protokollierter Interviews mit Dritten erwies sich als schwierig. Wegen der Insolvenz und der Suche nach neuen Investoren gelten Aussagen zu Kirch in der Medienszene derzeit als zu heikel. Dementsprechend gab es auf sämtliche Interview-Anfragen Absagen: von Fred Kogel bis Jobst Plog, von Herbert Kloiber bis Dieter Hahn. Gleichwohl ist es für diese Arbeit gelungen, der Medienwissenschaft bislang unbekannte, neue Zahlen zu bekommen – zum Teil aus Presseartikeln, zum Teil durch bislang unveröffentlichte Analystenstudien von Investmentbanken, zum Teil durch nicht protokollierte telefonische Auskünfte von Branchenkennern. Besonderer Dank gilt daher den Banken MorganStanley in London, insbesondere Mrs. Sarah Simon, der Schweizer UBS Warburg, der WestLB Panmure und der HypoVereinsbank, die ihre Reports zur Verfügung stellten. Einige davon sind im Anhang dieser Arbeit veröffentlicht. Bedanken möchte ich mich für ihre Mithilfe auch bei den Journalisten Nikolaus Piper und Klaus Ott von der Süddeutschen Zeitung sowie dem früheren RTL-Chef Helmut Thoma. Dank gilt auch dem betreuenden Dozenten Prof. Dr. Jürgen Heinrich sowie den Mitarbeitern des WDR-Printarchivs in Köln.

2. Das Kirch-Imperium

2.1. Firmenstruktur und Geschäftsfelder

Was in dieser Arbeit als Kirch-Imperium bezeichnet wird, ist die Summe eines fast undurchschaubaren Firmengeflechts. (Abb. 1)

Abb. 1: Struktur des Kirch-Konzerns

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auch wenn in den Medien inzwischen stets von der insolventen Kirch Media als Synonym für Kirch die Rede ist: Den Kern dessen, was umgangssprachlich und nach der Definition dieser Arbeit als „Kirch“ verstanden wird, bildet eigentlich die Taurus Holding GmbH & Co. KG. Sie wird intern auch noch mit ihrem früheren Namen als Kirch Holding oder Kirch Gruppe bezeichnet und ist die zentrale Holding für die Dachgesellschaften Kirch Media GmbH & Co. KGaA, Kirch PayTV GmbH & Co. KGaA und Kirch Beteiligungs GmbH & Co. KG.[1] Auffällig sind die Rechtsformen der Firmen, die möglichst geringe persönliche Haftung mit möglichst wenig Transparenz im Sinne von Publizitätspflichten nach außen verbinden.

2.1.1. Die Kirch Media GmbH & Co. KGaA

Im operativen Geschäft ist zweifellos die inzwischen insolvente Kirch Media das zentrale Unternehmen des Konzerns. Hier sind die Geschäftsfelder Filmlizenzhandel, Sportrechtehandel, Free-TV und Neue Medien vereint. Ebenfalls zur Kirch Media gehören die Bereiche Produktion (also die eigene Herstellung von Filmen und Serien) und Technologie, sprich die Vermietung von Studios und anderer Technik zur Programmherstellung und Programmbearbeitung. (Bilanz-Präsentation 2000, S. 8) Geschäftsführer sind neben Leo Kirch der frühere Sat.1-Chef Fred Kogel, zuständig für Lizenzmanagement und Senderfamilie, Jan Mojto kümmert sich im Vorstand um den Programmeinkauf und Dieter Hahn um die Sportrechte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Insgesamt kam die Kirch Media im Jahr 2000 auf einen Umsatz von 6,508 Mrd. DM und einen Gewinn aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit von 536 Mio. DM. Die vielen Fehlstriche in Tab. 1 zeigen, dass die Transparenz innerhalb der Kirch Media allerdings nicht sehr groß ist. Erst seit 1998 gibt Kirch – und auch nur für die Kirch Media – offizielle Zahlen bekannt. Allerdings ist beim Studium der Bilanz auffällig, dass die Kirch Media nie darum bemüht zu sein scheint, einen vollständigen Überblick über ihre Aktivitäten zu geben, so dass die Berechnung fehlender Größen wie etwa des Ergebnisses aus dem Rechtehandel kaum möglich ist, da man nicht weiß, mit wie vielen mathematischen Unbekannten man es zu tun hat. Allerdings lässt sich durch Zahlen aus Interviews und Medienberichten die Tabelle weiter vervollständigen. Das gilt auch für den wohl heikelsten Wert, die Gewinnmarge beim Filmlizenzhandel der Kirch Media. Im Jahr 2000 soll sie rund 15 Prozent betragen haben. (Funkkorrespondenz 42/2001, S.19) Damit ergeben sich als Ergebnis rechnerisch rund 351 Millionen DM Gewinn für diesen Bereich.

Insgesamt weist die Bilanz der Kirch Media eine Bilanzsumme für die Holding von 10,7 Mrd. DM aus. Den Kern des Unternehmenswertes und damit des Geschäftspotentials bilden die Film- und Fernsehrechte mit 6,212 Mrd. DM – aufgeführt im Umlaufvermögen. Davon entfallen 65 Prozent auf die Kirch Media selbst, 32 Prozent dieses Wertes sind zum Bestand von Pro7 zu zählen, drei Prozent werden anderen Tochtergesellschaften zugerechnet. Insgesamt besteht der Filmstock der Kirch Media aus 63.243 Stunden Programm, davon 40.747 Stunden Serien wie „The Simpsons“, „Star Trek“ oder „Akte X“, 19.602 Stunden Spielfilm mit alten Klassikern und neuen Blockbustern wie „Men in Black“ oder „Independence Day“ und 2.894 Stunden TV-Movies wie „Der Tunnel“ oder „Die Todesgrippe von Köln“. (Bilanz-Präsentation 2000, S. 18) Auf die Pflege dieses Programmstockes entfällt auch der größte Teil der jährlichen Aufwendungen: Im Jahr 2000 wurden 3,469 Mrd. DM ins Programm investiert, zum großen Teil durch den Kauf von Spielfilmpaketen bei Hollywood-Studios, aber auch durch die Eigen- bzw. Co-Produktion von Filmen und Serien. (Bilanz-Präsentation 2000, S. 65)

Auch wenn er gemessen am Umsatz inzwischen vom Betrieb der Fernsehprogramme überholt worden ist: Der Rechtehandel ist das eigentliche Kerngeschäft von Kirch, zumal der Filmstock den profitablen Betrieb bei Pro7 und die Gewinne bei Sat.1 und Kabel 1 erst ermöglicht. Die Kirch Media direkt oder Tochterunternehmen wie die BetaFilm GmbH verkaufen die Filme zudem an andere Sender in über 140 Ländern. Wichtigster Abnehmer sind neben den eigenen Programmen die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF, aber auch kleinere Sender kaufen bei Kirch ein. Nur die von Bertelsmann kontrollierte RTL-Gruppe (RTL, RTL II, Vox, Super RTL) versucht, sich ihre Inhalte auf anderen Wegen zu beschaffen. „Kirch bedient also zwei von drei deutschen Fernsehzuschauern in erheblichem Umfang.“ (Die Zeit, 7. Dezember 2000, S.29)

Der zweite Geschäftsbereich Free-TV umfasst, wie in Tab. 1 verdeutlicht, die Sender Sat.1, Pro 7, Kabel 1 und seit Anfang 2000 den Nachrichtensender N24. Die vier Sender wurden Mitte 2000 in der ProSiebenSat.1 Media AGzusammengelegt und kommen im deutschen Fernsehmarkt gemeinsam mit dem zu 100 Prozent zur Kirch Media gehörenden Deutschen Sportfernsehen (DSF) auf einen Zuschaueranteil von zusammen 32,1 Prozent in der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen. Damit liegen die Free-TV-Aktivitäten Kirchs in der Zuschauergunst noch vor der RTL-Gruppe mit zusammen 30,6 Prozent. (Bilanz-Präsentation 2000, S.24) Zum Geschäftsbereich Free-TV zählt ferner das Auslandsengagement Kirchs bei der spanischen Telecinco.

Als weiterer Geschäftsbereich der Kirch Media ist die Produktion von Filmen und Serien zu nennen. Die wichtigsten Tochterfirmen in diesem Bereich sind die ndf, Janus Film, Kirch Media Entertainment und CBM. Über diese und rund 25 weitere Firmen ist Kirch auch einer der größten Filmfinanziers in Deutschland. Die Firma Plazamedia Film + Fernsehen GmbH ist zudem der größte TV-Sportproduzent.

Der Bereich Sportrechte wird insbesondere durch die Rechteagenturen ISPR Internationale Sportrechte Verwertungsgesellschaft mbH, die Prisma Sports und Media AG – alle zusammengefasst unter dem Dach der Kirch Sport – abgedeckt. (Liedtke 2001, S. 286) Sie kaufen die Rechte an großen Sportveranstaltungen für die Nutzung auf Kirch-Sendern und/oder zum Weiterverkauf. Jüngstes Beispiel ist der Erwerb der weltweiten Senderechte an der Fußball-WM 2002 und 2006. Im Besitz von Kirch-Firmen sind zudem die Rechte an folgenden Sportveranstaltungen:

- 1. und 2. Fußballbundesliga
- UEFA-Cup-Spiele
- Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft (DTM)
- Boxkämpfe mit den Klitschko-Brüdern, Mike Tyson, Lennox Lewis
- alle großen Golf-Turniere
- Amerikanischer Sport: NBA (Basketball), MLB (Baseball), NHL (Eishockey) und NFL (Football)
- Deutsche Eishockeyliga u.v.a.

Zudem ist Kirch seit 2001 mit 75 Prozent an der Formel-1-Holding SLEC beteiligt, die Kirch für 1,6 Milliarden Dollar dem notleidenden Ex-Börsenstar EM.TV abkaufen konnte. Damit ist er Veranstalter der Rennen und Rechteinhaber. Mit der Formel 1 und den Fußballweltmeisterschaften verfügt Kirch über die Rechte an zwei der drei größten Sportereignisse der Welt. Und auch das dritte, die olympischen Spiele, kann Kirch in Deutschland zeigen: ARD und ZDF haben zugesagt, Kirch als eine Art Preisminderung für den Erwerb der WM-Rechte Bildmaterial der olympischen Spiele abzutreten. Da die Kosten für Sportrechte in den letzten Jahren enorm gestiegen sind, ist das Geschäftsfeld Sportrechte innerhalb des Kirch Konzerns eines der teuersten, aber auch umsatzstärksten.

Letzter Geschäftsbereich der Kirch Media ist die Technologie. Hervorzuheben ist hier besonders das Tochterunternehmen TaurusMedia Technik, das über „das modernste filmische Servicezentrum Europas“ (Liedtke 2001, S. 286) verfügt. Das Unternehmen ist Spezialist für Filmrestaurierung und -archivierung. Zum Geschäftsfeld sind auch Firmen zu rechnen, die beispielsweise Lichtausstattungen für TV-Produktionen oder Sendetechnik vermieten.

2.1.2. Kirch PayTV GmbH & Co. KGaA

In der Kirch PayTV sind sämtliche Aktivitäten Kirchs im Pay-TV zusammengefasst. Kern ist das Abo-Fernsehen Premiere. Das Angebot von Premiere umfasst 25 Programme, dazu gibt es acht Pay-per-View-Angebote. Premiere war zunächst ein Sender von Bertelsmann und Canal Plus. 1999 erwarb Kirch 45 Prozent der Anteile von Bertelsmann. Dafür zahlte er 800 Mio. €, sein Anteil an Premiere liegt nun bei 95 Prozent. Anschließend wurde Premiere mit Kirchs eigenem Pay-TV-Kanal DF1 verschmolzen und zu Premiere World umbenannt. Um den neuen Sender zu finanzieren, verkaufte Kirch 25 Prozent der Anteile an den britischen Pay-TV-Kanal BSkyB, hinter dem der australische Medienmacher Rupert Murdoch steht. Neben Premiere zählen zur Kirch PayTV technische Dienstleistungsunternehmen und Beteiligungen an Pay-TV-Sendern wie GoldStar TV, Beate Uhse TV oder Discovery Channel. Der Bereich Pay-TV ist der mit Abstand größte Verlustbringer für Kirch, die Anlaufverluste bei Premiere sollen inzwischen 2,5 Mrd. Euro betragen. (Liedtke 2001, S.287). Eine veröffentlichte Bilanz gibt es nicht.

2.1.3. Kirch Beteiligungs GmbH & Co. KG

In der Kirch Beteiligung sind die Anteile an der Axel Springer Verlag AG sowie an zahlreichen Firmen für Filmverleih, Musik- und Videorechte sowie die Software- und Dekoderentwicklung der Kirch-Gruppe zusammengefasst. Zu diesen Firmen zählen unter anderem die Constantin Film, die Classica GmbH oder die BetaResearch GmbH. Die Holding ist also nicht selbst operativ tätig, sie kontrolliert lediglich die Beteiligungen Kirchs, die nicht in die Free-TV-Holding Kirch Media bzw. die Kirch Pay-TV passen. Die Ausgliederung dieser Unternehmensbeteiligungen in eine eigene Holding ist sinnvoll, um das Management der anderen Holdings zu entlasten.

2.2. Entstehung und Aufstieg des Unternehmens

Die Entstehung des Kirch-Konzerns begann mit einer grandiosen unternehmerischen Leistung: Im besten Schumpeterschen Sinne erkannte Leo Kirch schon in den 50er Jahren, dass die Neukombination der Faktoren alter Kinofilm und neues Medium Fernsehen zu guten Gewinnen führen könnte, schließlich würde es beim Fernsehen schon bald einen immensen Bedarf an Filmen geben. Das erste Geschäft schloss Kirch 1956 ab. In Italien kaufte er die deutschsprachigen Rechte an den Filmen des inzwischen zum Kult-Regisseur avancierten Frederico Fellini. Darunter waren Meisterwerke wie „La Strada“ oder „Freunde für Leben“. Den Kaufpreis von damals extrem hohen 130.000 Mark soll vor allem der Vater von Kirchs Frau Ruth finanziert haben. (Radtke 1996, S. 21) Mit der erfolgreichen Auswertung der Streifen in deutschsprachigen Kinos sammelte Kirch dann Kapital, um richtig in den Filmhandel einzusteigen. 1959 gelang Kirch und seinem Freund Hans Andresen der erste Deal mit einem US-Filmstudio: United Artists/Warner Brothers. Das Studio wollte ursprünglich 900 Filme verkaufen. Kirchs Konkurrent, die ARD-Einkaufsfirma Degeto, hatte jedoch nur Interesse an 70. Kirch kaufte daraufhin immerhin 400 – ein erhebliches finanzielles Risiko, schließlich war der einzige mögliche Kunde zu diesem Zeitpunkt die ARD. Doch der Schachzug wurde zum Erfolg. Kirch legte den Grundstein für seinen legendären Filmstock und hatte zugleich bei den Studios einen guten Namen: Mit dem Zwischenhändler Kirch macht man die ganz großen Geschäfte. „Hätte ich nur die sicheren 70 Titel gekauft, hätte ich automatisch den Anstalten den Weg ins Geschäft geöffnet, denn dann hätten die Amerikaner mich nicht mehr gebraucht.“ (Leo Kirch im Manager Magazin 8/87) Tatsächlich wuchs in den nächsten Jahren die von Kirch vorausgesehene Nachfrage der Fernsehsender nach Filmen enorm. (Tab. 2)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Kirch konnte aufgrund seines eher aus einer Notlage entstandenen, übergroßen Filmstocks stets liefern – an ARD und das neu entstandene ZDF. Zugleich deckte sich Kirch weiter in den USA mit Filmrechten ein. Besonderen Wert legte er darauf, dass Verträge über die Auswertung der Rechte an Neuproduktionen und Archivware im deutschsprachigen Raum stets exklusiv mit ihm abgeschlossen wurden. So sicherte er sich für die Anbieterseite auf dem deutschsprachigen Markt eine dominierende Stellung.

„Über den Filmhandel hinaus investierte die KirchGruppe früh in Produktion und Co-Produktion von Filmen und Fernsehserien und diversifizierte konsequent das ursprünglich allein auf dem Programmvertrieb basierende Geschäft.“ (Munziger Personen 2002) Die dafür notwendigen Firmen wurden bereits angesprochen, erwähnt werden sollen noch die Unitel und die Cosmotel. Letztere war als Gemeinschaftsprojekt mit dem Dirigenten Herbert von Karajan 1964 gegründet worden und produzierte klassische Musik. Konzerte wurden also abgefilmt und später im TV gezeigt. Parallel dazu gründete Kirch noch einen Konkurrenten, die Unitel. Auf dieses Weise nutzte Kirch das gewonnene – von Karajan abgeschaute – Know-how allein, um seinen Umsatz auszuweiten und den dabei entstehenden Gewinn allein zu verbuchen. Rund 500 Millionen Mark hat Kirch in die Produktion von klassischen Musikprogrammen investiert. Der Vorteil dieser Programme sind vergleichbar geringe Produktionskosten. Nachbearbeitungen wie teure Synchronisationen entfallen, und der Wertverlust ist deutlich geringer als bei Filmen oder Sportereignissen, da Konzertaufführungen nicht an die Aktualität gebunden sind. Viele davon werden heute insbesondere nach Amerika verkauft.

Bis Mitte der 80er Jahre dominierte Kirch fast monopolartig den deutschen Markt für Fernsehrechte. Obwohl es eindeutige Regeln gab – das ZDF wollte maximal 40 Prozent, die ARD bis zu 30 Prozent ihrer Produktionen bei Kirch kaufen – gelang es dem Filmhändler Kirch, durch die Gründung von gesellschaftsrechtlich nicht der Kirch-Gruppe zurechenbaren, aber wirtschaftlich abhängigen Tochterfirmen wie der Janus Film diese Regel zu umgehen und deutlich mehr an die Sender zu verkaufen. Hinzu kamen hervorragende Beziehungen zu Verantwortlichen in den Sendern. Gegen Helmut Oeller, den früheren Fernsehdirektor des Bayerischen Rundfunks, wurde sogar ein Ermittlungsverfahren wegen Korruption eingeleitet. Der ZDF-Verwaltungsrat stellte 1977 nach einer internen Prüfung fest: „Im Durchschnitt aller Jahre dürften rund 50 Prozent des Spielfilmbedarfs von Firmen der Kirch-Gruppe beschafft worden sein.“ (zitiert nach Radtke 1996, S. 77) Der Prüfung vorausgegangen war ein Artikel des SPIEGEL, der über das „ZDF im Würgegriff“ berichtet hatte.

1984 aber gelang es der ARD-Einkaufsfirma Degeto, Kirch bei den Verhandlungen um 1350 Archiv-Filme und die Neuproduktionen der nächsten 15 Jahre der MGM/United Artists/Warner Bros.-Studios auszustechen. Durch Zufall waren der ARD Unterlagen in die Hände geraten, die belegten, mit welchen enormen Gewinnspannen Kirch arbeitete. Die Dokumente zeigten, dass Kirch für das Paket im Einkauf rund 50 Millionen Mark hatte zahlen wollen. Zugleich ging der ARD von Kirch ein Angebot über rund 120 Millionen DM für das Paket zu. Daraufhin entschloss sich die Degeto, nach Jahren wieder direkt ein Paket in den USA zu erwerben. Der stolze Preis von letztlich 110 Millionen DM erschien den Managern gerechtfertigt: „Bei einem langfristigen Vertrag mit MGM hätte Kirch die deutschsprachigen Rechte an den Produkten von fünf der sieben wichtigsten Hollywoodstudios kontrolliert, eine unumstößliche Macht- und Marktposition.“ (Radtke 1996, S. 130)

Seit 1974 liefen in Deutschland die Vorbereitungen für die Einführung privater Fernsehprogramme.[2] Kirch erkannte die Chance auf neue Abspielkanäle für seine Filme. Mit einer Beteiligung an der von Zeitungsverlegern gegründeten Programmgesellschaft Kabel und Satellit wurde er wichtigster Zulieferer für das aus der PKS später hervorgehende werbefinanzierte „Verlegerfernsehen“ Sat.1. Geschickt nutzte Kirch die gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten der Beteiligung: „Die in Sat.1 versammelten Medienunternehmen, allen voran der Axel Springer Verlag, mussten zahlen; Kirch verdiente derweil an seinen [an Sat.1 gelieferten] Filmen.“ (FAZ vom 5. April 2002, S. 18)

Mit Springer stand zudem weiterer Streit an: Nach dem Tod des Verlegers wurde der Verlag in eine AG umgewandelt, Kirch erwarb zehn Prozent. Entgegen dem Willen des Verlegers und vertraglichen Regelungen kaufte sich Kirch über Strohmänner weiter in das Pressehaus ein – die vielleicht erste feindliche Übernahme der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Eine heftige medienpolitische Debatte über Konzentrationsbegrenzung war die Folge. Ziel Kirchs war es, einen Medienverbund zu schaffen. Vorteile:

- Know-how-Transfer
- Cross-Media-Werbung
- geballte Meinungsmacht
- Absicherung im Sinne eines Konzernportfolios

Inzwischen hält Kirch 100 Prozent an Sat.1 und 40 Prozent am Axel Springer Verlag.

Die letzte große Etappe in der bisherigen Firmengeschichte war die strategische Entscheidung für das Bezahlfernsehen (Pay-TV). Auch hier war der Rohstoff in Form von Filmen reichlich vorhanden, seine Nutzung sollte aber nicht mehr von Anteilseignern oder der Werbewirtschaft, sondern vom Kunden selbst bezahlt werden. Schon 1989 startete Kirch den Sender Teleclub.[3] Dieser „bot sein Programm an wie sauer Bier“ (FAZ vom 5. April 2002, S. 18), erreichte nie mehr als 30.000 Abonnenten und wurde nach einem Jahr [M.P.1] eingestellt. Doch trotz dieser negativen Erfahrungen hielt Kirch an der Vision vom zahlenden Zuschauer fest. 1990 wurde gemeinsam mit Bertelsmann und dem französischen Abo-TV Canal Plus der Sender „Premiere“ gegründet. Vermarktet werden sollte das Programm von der Deutschen Telekom, die das TV-Kabel besaß. Doch die EU-Kommission verbot den Zusammenschluss der Branchenriesen. Kirch stieg aus, Bertelsmann betrieb Premiere allein weiter, ohne groß zu investieren. Und Kirch kam 1996 mit dem eigenen digitalen Fernsehen DF1 auf den Markt zurück. 1999 übernahm Kirch Premiere, das mit DF1 verschmolzen und in Premiere World umbenannt wurde. Bertelsmann zweifelte zu jener Zeit bereits am Erfolg von Pay-TV in Deutschland. „Es ist zu einem hochriskanten Glückspiel geworden – Kirch wird frühestens in fünf, sechs Jahren Gewinne machen.“[4] (CLT-Ufa-Vorstandschef Rolf Schmidt-Holtz im Spiegel vom 22.3.1999, S. 88) Um die Attraktivität seines wenig gefragten Bezahlprogramms zu steigern, kaufte Kirch in der folgenden Zeit Sportrechte für wahnsinnige Summen. „Aber selbst die teuersten Programme wie Bundesliga-Fußball und Formel 1 konnten die Anschlussbereitschaft nicht spürbar fördern. Er [Kirch] saß in der Kostenfalle.“ (FAZ, s.o.)

Am 8. April 2002 dann der Insolvenzantrag beim Amtsgericht München: Mit sieben Milliarden Euro Schulden musste die Kirch Media AG ihre Zahlungsunfähigkeit eingestehen. Mitte Mai folgte dann die Insolvenz der Kirch PayTV, im Juni die der Kirch Beteiligung und der Dachholding Taurus.

2.3. Die Person Leo Kirch

Der Kirch-Konzern wird, das zeigt schon der Name, wie kaum ein anderes deutsches Unternehmen vergleichbarer Größe von der Person des Hauptgesellschafters und Geschäftsführers dominiert. Um strategische Entscheidungen nachvollziehen zu können, ist es daher wichtig, sich mit dieser auseinander zu setzen: Leo Kirch. Denn „alles hängt an einer Person, die eine geheimnisvolle Aura umgibt; an ihrer Risiko- und Einsatzbereitschaft, ihrem Glauben an Entwicklungen, die weder absehbar noch berechenbar sind. Auch den Zusammenhalt der Töchterfirma und Beteiligungen garantiert er.“ (Keller 1994, S. 165) Für die Person Leo Kirch sind einige Charakterzüge typisch, die Auswirkungen auf das Unternehmen hatten:

- Bedeutung von Freundschaft und Loyalität auch auf geschäftlicher Ebene
- Starke Zentralisierung der Entscheidungen bei ihm
- Angst vor der Öffentlichkeit

Kirch wurde am 21. Oktober 1926 als Sohn eines kleinen fränkischen Weinbauers in Würzburg geboren. Die Zeiten waren hart. Kirch wächst nicht gerade unbedingt unbeschwert auf und wird streng katholisch erzogen. Bis heute soll Kirch recht bescheiden und anspruchslos leben – eine Eigenschaft vieler Einzelunternehmer. (vgl. Riehl-Heyse 1995, S. 127) Die Kriegsjahre verbringt Kirch im Arbeitsdienst. (vgl. Radtke 1996, S.20 ff) Dort schließt er Freundschaft mit Wolfgang Wunder. Dieser wird später Bankier und einer der ersten Geldgeber von Kirch. Nach dem Abitur studierte Kirch in Nürnberg und München Betriebswirtschaftslehre und Mathematik und promovierte 1952. Als Assistent an der Universität München befasste er sich bevorzugt mit der Theorie der Monopole und den elektronischen Medien. An der Uni lernt er Hans Andresen kennen, der später für ihn in Hollywood Filme einkaufte. Dies bleibt ein charakteristisches Merkmal in der ganzen unternehmerischen Laufbahn Kirchs: Ob Wunder oder Andresen oder später andere: Geschäfte macht Kirch – entgegen der berühmten Regel – gern mit Freunden. Ähnliches galt auch für die Personalentwicklung innerhalb des Konzerns. Persönliche Sympathie war für Kirch stets ein entscheidendes Auswahlkriterium. „Zum Erfolg der Kirch-Gruppe trägt auch die sorgfältige Auswahl von Vertrauenspersonen bei. Kirch hat es verstanden, eine Schar von sehr einsatzbereiten und loyalen Mitarbeitern und Beratern um sich zu scharen. [...] Typisch für Kirchs Führungsstil ist, seinen Nachwuchskräften viel Verantwortung zu übertragen, die sie bei anderen Firmen nicht so schnell erhalten würden.“ (Keller 1994, S. 179) Auffällig ist, dass bei den Unternehmen der Kirch-Gruppe bestimmte Namen immer wieder in herausgehobenen Positionen auftauchen, auch wenn sie anderswo teilweise sogar gescheitert sind. Georg Kofler beispielsweise leitete erst Pro7, heute ist er Chef von Premiere. Fred Kogel führte einst ohne große Erfolge Sat.1, heute ist er Vorstandsmitglied der Kirch Media. Ferdinand Kayser stand 1997 schon an der Spitze von Premiere, galt dann als gescheitert, wurde von Markus Tellenbach und Manfred Puffer abgelöst und am 20. September 2001 von Kirch erneut an die Spitze des Abo-Senders berufen. Ein Jahr später, Kayser war erneut erfolglos, wurde er durch Kofler ersetzt. Hoher Vertrauensvorschuss und die Gewährung einer zweiten Chance – was für die Mitarbeitermotivation zunächst als positiv zu bewerten ist, ist innerhalb der Kirch-Gruppe offensichtlich auch ein Problem geworden. Verantwortung wurde oft aufgrund von Sympathie anstatt von Kompetenz übertragen wird, zum Schaden des Wirtschaftsunternehmens.

Überhaupt Beziehungen. Nach außen hin war die Pflege guter bis freundschaftlicher Kontakte stets einer der Erfolgsgaranten für Kirch: sowohl zur Lieferantenseite, den Hollywood-Studios als auch zu den Abnehmern, allen voran den Programmdirektionen von ZDF und ARD. So sicherte er den Absatz seiner Ware. Kirch gilt als charmant, als guter Zuhörer und jemand, der persönlich hilft. Vorwürfe, die in den 70er Jahre immer wieder auftauchten, dass die Hilfe auch in Form von Bestechungsgeldern gewährt wurde, hielten nie einer gerichtlichen Überprüfung stand. Kirch schaffte die Abhängigkeiten anders, ohne Geld anzurühren: „Gab es einen anderen, der sich so uneigennützig anbot - ´da ruf ich mal den Fritz Zimmermann im Fernsehrat an´ - wenn es darum ging, eine längst fällige Beförderung auf den Weg zu bringen? Wer konnte so gut wie Kirch einem Intendanten Karten für Bayreuth besorgen – wofür hat man denn seine eigene Musikproduktionsfirma? – wer konnte so gut ein Nachtessen mit Karajan in Salzburg arrangieren? Ein Mensch, der das alles einmal erlebt hat, der sich einmal vom weithin gerühmten Charme des Leo Kirch hat bezaubern lassen, der ist ihm in der Regel für längere Zeit verpflichtet.“ (Riehl-Heyse 1995, S. 130f)

Neben dieser großen Wertschätzung beinahe männerbündlerisch anmutender Konstellationen ist für Kirch der Hunger auf gute Geschäfte typisch. Schon früh soll er Sinn für Gewinne gehabt haben: Ob deutsche Nähnadeln für Jugoslawien oder billige Feldstecher aus der sowjetischen Besatzungszone für spanische Kunden – Kirch besorgte alles, scheute keine Entfernungen und keine Geschäftsfelder. Auffällig ist dabei ein kühles Arbitrage-Denken: Kirch interessiert nicht das Produkt, das er verkauft, sondern der unterschiedliche Preis an unterschiedlichen Orten bzw. später auch zu unterschiedlichen Zeiten. Diese Preisunterschiede nutzt er zum eigenen Vorteil aus, die wichtigste Eigenschaft eines guten Kaufmanns. „Die Grundlagen für den Erfolg des Unternehmens liegen in den persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften Leo Kirchs. Als Unternehmer mit hoher Risiko- und Einsatzbereitschaft verfolgt er seine Ziele konsequent und mit Geschick. Außerdem hat er an Entwicklungen geglaubt, als diese weder absehbar noch berechenbar waren. Um seine Geschäftsideen zu verwirklichen, nahm er erhebliche finanzielle und rechtliche Risiken in Kauf.“ (Keller 1994, S. 178) Allerdings trübte der ständige geschäftliche Erfolg Kirchs Blick für eben jene Risiken immer weiter. Kirch, so berichten Mitarbeiter, habe eine Art „Unfehlbarkeitsanspruch“ gehabt und sich Kritik verbeten. (Süddeutsche Zeitung, 18. März 2002)

Typisch für Kirch ist auch die Tatsache, dass er die Öffentlichkeit scheut. Nur drei Interviews gab Kirch seit Beginn seiner Karriere. Dahinter steckte nicht nur die Absicht, unangenehme Fragen zu vermeiden. Vielmehr hat Kirch erkannt, dass „bestimmte Geschäfte besonders gut florieren, wenn die Geschäftspartner dabei nicht allzu genau beobachtet werden.“ (Riehl-Heyse 1995, S. 127) Wer außer Medienforschern dachte schon darüber nach, dass die Fernsehsender ihr Programm auch einkaufen müssen und dabei jemand mitverdient? Mit seinem Anliegen im Hintergrund zu bleiben war Kirch stets erfolgreich. Bei einem Blick durch die Pressearchive wird deutlich: das Thema Kirch war bis Mitte der 90er Jahre fast nie eines. Und wenn, dann wurden die Redaktionen mit Gegendarstellungen überflutetet. Allein der SPIEGEL musste 1976 22 Gegendarstellungen drucken, als er über das „ZDF im Würgegriff“ berichtet hatte. Danach war die Neigung der deutschen Presse, über den Münchener Unternehmer kritisch zu schreiben, bei null angelangt. Auch Bücher über den „Programmdirektor der Deutschen“ (Pressestimmen) gibt es nur zwei – eins davon erschien in der Schweiz.[5] „Der Unsichtbarkeitstrick [hat] eine ganze Menge mit Kirchs wirtschaftlichem Erfolg zu tun.“ (Riehl-Heyse 1995, S. 127) Die Vorteile:

- kein Bewusstsein über einen bestehenden Markt bei Abnehmern, Gebührenzahlern und potentiellen Konkurrenten
- keine Hinweise auf Lage sowie mögliche Strategien und Pläne des Unternehmens

Dabei ist Kirch persönlich alles andere als schüchtern: „Im Gegenteil scheint seine Kunst, mit wichtigen Menschen in der richtigen Weise und überaus charmant umzugehen, ihnen sehr persönliche Briefe zu schreiben (und ihnen das Gefühl zu geben, es sei ein Privileg, mit dem großen Kirch ganz entspannten persönlichen Umgang zu pflegen), inzwischen einen wichtigen Teil seines Genies auszumachen.“ (Riehl-Heyse 1995, S. 128) Kirch ist insgesamt also ein kühler Händler, der gern zentral die Entscheidungen trifft, dabei hohes Risiko eingeht und sich nicht selten vom Instinkt statt von Fakten leiten lässt. Bei der Anbahnung von Geschäften versteht er es, Entscheidungsträger von Abnehmern und Lieferanten als persönliche Freunde zu gewinnen, was ihm gegenüber Konkurrenten deutliche Vorteile bringt.

3. Ökonomische Grundlagen des Filmgeschäfts

Um die Strategien beim Aufstieg des Kirch-Konzerns zu analysieren, ist es zunächst nötig, sich mit den ökonomischen Grundlagen des Kerngeschäfts, dem Filmlizenzhandel, auseinander zu setzen. Zwar betreibt Kirch inzwischen auch TV-Sender und ist an zahlreichen Printmedien beteiligt, doch der klassische Programmhandel ist „nach wie vor der Garant seiner Macht und das einzige Geschäftsfeld, auf dem er richtig Geld einnimmt.“ (Der Spiegel 8/1998) Auf den nächsten Seiten wird deutlich, dass sich die Herstellung und der Handel von Medienprodukten deutlich von anderen Produkten unterscheidet. Dies wird hier in erster Linie anhand von Spielfilmen dargestellt, die Erkenntnisse gelten aber prinzipiell auch für andere TV-Inputs wie TV-Movies oder Serien.

3.1. Besonderheiten der Ware Film

3.1.1. Nicht-Substituierbarkeit aus Abnehmersicht

Die Bedeutung von Spielfilmen im TV lässt sich nicht nur quantitativ belegen. (vgl. Tab. 2, Spielfilmplätze im deutschen Fernsehen) Spielfilme haben vielmehr auch qualitativ enorme Wichtigkeit bei der Positionierung eines Senders: Sie haben strategische Bedeutung in der Programmpolitik der Veranstalter und können, wie im Fall Pro7 beispielhaft gelungen, das Image eines Veranstalters prägen und dazu beitragen, „die notwendige Unique Selling Proposition, die Einzigartigkeit des Veranstalters, zu profilieren.“ (Heinrich 1999, S. 131) Dabei ist sogar zu beobachten, dass die Formung der Marke mit Hilfe des Kriteriums Spielfilm besonders erfolgreich ist: Der zu Kirch zählende „Spielfilmsender“ (Eigenwerbung) Pro 7 ist noch vor RTL der profitabelste Free-TV-Anbieter in Deutschland.[6] Die KEK belegt in ihrem letzten Konzentrationsbericht, dass die Präferenz der Zuschauer für fiktionale Unterhaltung deutlich höher ist als für andere Programmsparten wie Information oder nonfiktionale Unterhaltung. „Tatsächlich verbringen die Fernsehzuschauer im Vergleich der Programmsparten den größten Teil ihrer täglichen Sendezeit mit dem Konsum fiktionaler Unterhaltung.“ (KEK-Bericht 2000, S. 144) Besonders für die Privatsender unterstreicht dies die hohe Bedeutung des Programm-Inputs Film- und Fictionrechte. Denn schließlich müssen sie senden, was der Zuschauer sehen will, um gute Einschaltquoten und damit Werbeumsätze erzielen zu können. Ökonomisch bedeutet dies, dass aus Sicht der Programmveranstalter für Filme beinahe eine Nichtsubstituierbarkeit besteht. Wer keine Spielfilme zeigt, wird nach außen als unprofilierter Spartensender wahrgenommen. Dementsprechend schwach ist die Verhandlungsposition der Sender beim Einkauf der Programminputs. Denn der „Zugang zu attraktiven Programmrechten [determiniert] die Zuschaueranteile der einzelnen Veranstalter und somit die Marktstruktur auf der Veranstalterebene.“ (KEK-Bericht 2000, S. 147)

3.1.2. Hohe Produktionskosten

Tab. 3 : Die Gagen von Hollywood-Stars

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Spielfilme und andere TV-Inputs sind in der Herstellung extrem teuer. Schon 1980 kostete die Produktion eines Kinofilms eines Major-Studios im Schnitt 9,4 Mio. $. 1992 waren es bereits 28,9 Mio. $. (von Schorlemmer 1993, S. 537) Die Produktionskosten für neue Hollywood-Filme sind in den letzten Jahren noch weiter gestiegen. Ein Film der großen Hollywood-Studios kostete im Jahr 2000 54,83 Mio. $ bzw. 65,8 Mio. €. Im Jahr 2001 lag der Wert rezessionsbedingt nach den Anschlägen vom 11. September 2001 mit 47,7 Mio. $ pro Film etwas darunter. (Quelle: www.focus.de, Stand: 18. Mai 2002) [M.P.2] Diese hohen Kosten begründen sich zum einen aus steigenden Preisen für die Produktionsfaktoren, wobei insbesondere die Personalkosten in Form von Gagen für Schauspieler von Gewicht sind. Tabelle 3 zeigt das deutlich.[M.P.3] Zudem wird in immer mehr Filmen mit teuren digitalen Spezialeffekten gearbeitet, um die Attraktivität der Filme zu stärken. Auch dieser Teil der Produktion ist sehr personalintensiv. Bei der Filmproduktion entstehen daher verglichen mit klassischen Industrien wie beispielsweise der Stahlherstellung nur sehr geringe Größenvorteile der Produktion. Die Gründe:

- Personalkosten machen einen großen Teil der Kosten aus. Sie fallen immer wieder an, egal wie viel produziert wird.
- Die Lernkurve der Beschäftigten ist flach, jeder Film ist eine neue Herausforderung, da man Filme und Serien nicht nach dem Baukasten-Prinzip produziert.
- Die Fixkosten, der Ausgangspunkt für jede Kostendegression, sind relativ niedrig, da Technik und Personal meist projektgebunden angemietet bzw. eingestellt werden.

Größenvorteile lassen sich allenfalls bei der Finanzierung und der Vermarktung der Filme realisieren. (vgl. Heinrich 1999, S. 122) Dementsprechend ist die Filmwirtschaft weltweit eher mittelständig geprägt, eine Ausnahme bilden lediglich die großen Major-Hollywoodstudios, die auf Jahresumsätze im Milliarden-Dollar-Bereich kommen.

3.1.3. Hohe Erfolgsunsicherheit

Die Produktion von Filmen und TV-Produktionen unterliegt einer großen Unsicherheit bezüglich des kommerziellen Erfolges. Hohe Produktionskosten – beispielsweise durch hervorragende Schauspieler oder großen technischen Aufwand – garantieren noch längst keine vollen Kinosäle bzw. große Erlöse bei anderen Nutzungsarten. Selbst teure Filme können zu Flops werden. Die Investitionen sind dann versunkene Kosten, die nicht wieder hereinzuholen sind. Der Film „Waterworld“ von und mit Kevin Kostner beispielsweise kostete in der Produktion 175 Millionen Dollar, spielte jedoch nur gut 50 Millionen wieder ein. Die Differenz ist reiner Verlust, anders als in anderen Industriebereichen. Ein Beispiel: Schiffe, für die sich kein Abnehmer findet, können demontiert, die Teile anderweitig genutzt und der Stahl sogar eingeschmolzen werden, so dass dem Hersteller zumindest ein Teil der Investitionen bleibt. Beim Film ist das nicht möglich, da hier vor allem immaterielle Werte geschaffen werden, die sich nicht wieder in ihre Ausgangsbestandteile zerlegen lassen. Bei der Medienproduktion gilt in besonders starkem Maße die Gleichung Input + Input = Output nur in diese Richtung. Output – Input = Input lässt sich kaum realisieren. „Der materielle Wert des fertigen Produkts (Filmnegativ) ist verschwindend gering – die Herstellungskosten sind fast ausschließlich investiert in das immaterielle und wesentliche Objekt des Films, den Inhalt. Dessen Wert hängt vollkommen ab von der Reaktion des Publikums. Das Produkt Spielfilm an sich besitzt einen kaum messbaren Wert aufgrund seiner ausgeprägten Immaterialität und seiner Eigenschaft als öffentliches Gut. Im Extremfall kann von einem hundert Millionen Dollar teuren Spielfilm nicht mehr an Wertrealisation übrig sein als ein relativ wertloser Filmstreifen, wenn das Publikum das Produkt vollkommen ablehnt.“ (Thiermeyer 1994, S.49)

Grund für die Erfolgsunsicherheit ist, dass sich Qualität eines Filmes – verglichen beispielsweise mit anderen Industrieprodukten wie Fernsehern oder Schuhen – nur schwer definieren, messen und damit planen lässt. Das Nachfrageverhalten des Marktes, zunächst also der Andrang vor den Kinos, ist damit nur schwer zu kalkulieren. Auch Marktforschung zur vorherigen Abklärung der Akzeptanz eines Filmes ist kaum möglich: Zum einen lebt Film und damit auch sein kommerzieller Erfolg von der Kreativität, vom Neuen, von der Weiterentwicklung – Konsumentenbefragungen ergeben aber stets eine Präferenz für das Bestehende und sind damit zumindest als langfristiges Marktforschungsinstrument untauglich. „Steven Spielbergs Megahit ´E.T.´ galt vorab als Millionengrab. Umgekehrt wurde ´Billy Bathgate´ mit Dustin Hoffman nach den Probeläufen als sicherer Erfolg gehandelt. Nach trostlosen 15 Mio. Dollar hatte es sich ausgeklingelt an den Kinokassen.“ (TV Spielfilm 22/1995, S. 20) Zum anderen lehnen viele Drehbuchautoren und Regisseure Publikumstests strikt ab, weil diese sie in ihrer Würde als Künstler verletzen. (vgl. Heinrich 1999)

Da jeder Film quasi ein Einzelstück ist und die Herstellungskosten aufgrund der Nichtrivalität im Konsum unabhängig von der Zahl der Nachfrager sind, bedeutet die Entscheidung für eine Produktion stets die Gefahr eines großen Verlustes, umgekehrt aber auch eines großen Gewinns. Denn die Kosten können nicht nachträglich an eine schwache Nachfrage angepasst werden, gleichzeitig steigen sie aber auch nicht bei einer unerwartet starken Nachfrage. Wegen dieses Mechanismus sind die Filmproduzenten gezwungen, ihre Produkte möglichst mehrfach zu verwerten und entwickeln eine hohe Risikoaversität bei der Vermarktung – lieber geringere Erlöse und die sicher, als die Chance auf hohe Erlöse mit entsprechendem Risiko. Dieses Ziel der Risikovermeidung, so soll später noch gezeigt werden, verhalf auch Leo Kirch zum Aufstieg.

Insgesamt gilt in der Filmbranche die Faustformel, dass der Erfolg eines durchschnittlich gemachten Filmes bei 7:1 liegt – von acht Filmen sind sieben erfolgreich, der achte ein Flop. Schlechter ist die Relation bei TV-Serien: Auf dem US-Markt werden zwei von drei schon nach kurzer Zeit wegen mangelnder Publikumsresonanz wieder vom Schirm genommen. (vgl. Seufert 1992, S. 32)

3.1.4. Knappheit und mangelnde Angebotselastizität

Filme sind ein knappes Gut. Verwertbar sind nur die bereits vorhandenen Bestände sowie die jährlich hinzukommenden Neuproduktionen. Zahlen über den genauen Bestand sind kaum zu finden. Von Schorlemmer bezifferte 1993 die Zahl der weltweiten Neuproduktionen inklusive aller Porno- und Billigfilme auf etwa 3000 pro Jahr. Davon ist allerdings nur ein geringer Teil für das deutsche Fernsehen verwertbar: Ein großer Teil der Filme verstößt gegen das deutsche Jugendschutzgesetz (Gewalt- und Pornografiedarstellung). Ein weiterer Grund sind kulturelle Barrieren: So können etwa die jährlich 700 Filme aus dem weltweit größten Filmproduzenten-Land Indien in Deutschland bis auf ganz wenige Ausnahmen nicht verwertet werden. Gleiches gilt für die Produktionen vieler arabischer, asiatischer oder afrikanischer Staaten. Deutsche Zuschauer haben nach wie vor eine starke Präferenz für deutsche und amerikanische Filme, europäische holen auf.

Die Größe der weltweiten Bestände an Filmen betragen nach Schätzungen gut 250.000 Stück, wovon gut 30.000 für das deutsche Fernsehen verwertbar sind. Rund 15.000 davon befinden sich allein im Besitz von Leo Kirch. Da die Nachfrage nach Filmen und Serien stark steigt (vgl. Tab. 2 – Spielfilmplätze im deutschen Fernsehen), ist die Neuproduktion nicht in der Lage, diese zu decken. Je weiter die Schere zwischen Neuproduktionen und Nachfrage aufklappt, desto wichtiger und wertvoller werden die Filmbestände. Das Durchschnittsalter ausgestrahlter Filme liegt schon jetzt bei mindestens 23,1 Jahren. (Bericht zur Lage des Fernsehens 1995, S. 95) Angesichts dieser Situation und der bereits beschriebenen hohen Abhängigkeit der Programmveranstalter vom Programm-Input Spielfilm ergeben sich zumindest bei der TV-Auswertung hohe Preise und Gewinne für Filmrechte. Diese müssten theoretisch neue TV-Produzenten anlocken, die von den hohen Gewinnen profitieren wollen und nun das Angebot an Filmen ausweiten. Dies ist jedoch nicht der Fall: Schuld sind die hohen Produktionskosten für Filme in Kombination mit der hohen Unsicherheit über den Erfolg. Eine einträgliche TV-Auswertung reicht nicht für die Refinanzierung, wenn der Film an der Kinokasse flopt. Die geringe Angebotselastizität lässt sich aber auch noch anders herleiten: Wie bereits dargestellt, betragen bei Medienprodukten die Stückkosten jeder zusätzlichen Einheit nahezu Null. Es kostet nichts, bereits produzierte Filme erneut zu zeigen, wenn gleich für die Sender Opportunitätskosten anfallen – mit einem aktuellen Hollywood-Film ließen sich sicher mehr Werbeeinnahmen erzielen als mit der zwanzigsten Ausstrahlung von „Ben Hur“. Das bedeutet, dass neue, teure Filme gegen bereits abgeschriebene, nahezu kostenlose konkurrieren. Dabei ist zu beobachten, dass theoretisch das Verhältnis von Programmkosten zu erzielbaren Werbeerlöse bei mittelmäßigen Filmen besser ist als bei absoluter Top-Ware. Damit spricht zumindest auf der Ebene der Programminput-Kosten vieles für die erneute Verwertung der Bestände. Für den Einsatz von Neuproduktionen sprechen aus ökonomischer Sicht nur die Opportunitätskosten sowie die Pflege der Marke oder der Grundversorgungsauftrag. Insofern kann die Tatsache, dass sich der Markt für Programminput nicht übermäßig ausweitet, als Ausdruck eines Marktgleichgewichts verstanden werden. Gesetzt den Fall, das Angebot an abgeschriebenen Filmen wäre kleiner, so würde auch dieses Defizit nur zu einem kleinen Teil durch zusätzlich Neuproduktionen von Filmen und Serien ausgeglichen werden. Grund ist die Finanzlage der öffentlich-rechtlichen Sender bzw. die bereits weitgehend ausgeschöpften Einnahmepotentiale werbefinanzierter Sender. Denn neue Filme und TV-Serien sind zu teuer – ein ganzes Programm nur aus aktuellen Neuproduktionen wäre entweder schlecht oder schnell pleite.

Was die Ausweitung des Angebotes an den begehrten großen Hollywood-Filmen angeht, so ist diese fast unmöglich. Erfolgreiche Filme wie „Men in Black“ oder „Jurrassic Park“ ziehen Millionen vor die Fernseher, generieren damit hohe Werbeumsätze (die zum Teil sogar die enorm hohen Einkaufspreise rechtfertigen) und formen zugleich auch noch das Markenprofil des Senders. Heinrich schreibt dazu: „Ganz besonders wichtig für die Fernsehveranstalter sind Kino-Highlights, von denen nicht viel mehr als 20 pro Jahr produziert werden. Dies sind in der Regel sogenannte ´High-Budget-Filme´, aufwendig von den Major-Studios produzierte Filme. Diese sind mithin recht knapp.“ (Heinrich 1999, S. 134 f.) Warum aber gibt es nicht mehr von dieser so begehrten Ware? Weil es per Definition nicht geht: Top-Filme sind zum einen in ihrem Status als solcher nicht planbar, und zum anderen spricht auch schon der Begriff Top-Film gegen seine Massenproduktion. Es kann immer nur einige wenige Spitzenfilme geben - gäbe es 200, wären sie ja nicht mehr spitze. Die Qualität und die Produktionskosten spielen also keine Rolle: Für „Titanic“ geht man ins Kino, weil es ein toller Film ist, den man gesehen haben muss. Kommen aber im Jahr 200 solcher, objektiv gleich guter Filme ins Kino, so wird man trotzdem nur fünf davon schauen, da Zeit- und Geldbudget beschränkt sind. Gleiches gilt analog für die Ausstrahlungen im TV. Zudem kann die Knappheit von Top-Filmen auch an der Knappheit an guten Schauspielern, guten Regisseuren und guten Drehbüchern liegen.

Ein letzter Grund für die Knappheit der Ware Film ist die zeitintensive Produktion: In der Branche gilt die Faustformel, dass pro Drehtag ein bis drei Minuten Film produziert werden können. Bei der üblichen Länge von 90 bis 120 Minuten beträgt allein die Drehzeit für einen Spielfilm drei Monate bis ein Jahr. Nicht eingerechnet sind dabei die vorgelagerten Produktionsstufen wie Drehbuch-Schreiben, Recherche, Casting sowie die nachgelagerten in Form von Nachbearbeitung, Werbung, Pressevorführungen. Somit ist es – ohne eine enormes Wachstum der Filmindustrie – nicht möglich, die steigende Nachfrage nach Filmen mit frischer Ware zu befriedigen.

3.1.5. Homogenität der Filme als Ware

Prinzipiell sind Filme allesamt recht verschieden voneinander. Die Handlung ist anders, Besetzung und Regie variieren. Der Kinozuschauer sucht daher immer wieder das Kino auf, und jedes Mal erlebt er etwas Neues. Gleiches gilt auch beim Konsum von Filmen im Fernsehen. Auf der Konsumentenebene wird jeder Film also durchaus einzeln wahrgenommen und geschätzt. Auf der Ebene der Programmeinkäufer hingegen ist Film fast gleich Film – spezielle Top-Hollywoodfilme einmal ausgenommen. Ein Film wird hier als ein Programminput gesehen, der für einen bestimmten Preis eine bestimmte Sendezeit füllt und eine recht planbare Anzahl von Zuschauern anlockt (und im Fall der Privatsender entsprechende Werbeumsätze ermöglicht). Dieses Denken in den Programmdirektionen der Sender führt dazu, dass die Preise für Filme relativ undifferenziert gebildet werden. Lediglich einige wenige, ganz grobe und nicht genau definierte Kategorien existieren: Unter Kategorie Mega 1 fallen bei Leo Kirch beispielsweise aktuelle Top-Kinofilme vor der ersten TV-Ausstrahlung, unter Mega 2 solche Topfilme, die noch relativ neu sind, aber bereits einmal ausgewertet wurden usw. bis hin zu Filmen, die inzwischen bis zu 30 Mal gezeigt wurden – bestes Beispiel: das berühmte „Wirtshaus im Spessart“. Gekauft werden also maximal Qualitäts-Kategorien, fast nie jedoch ist der Preis für einem Film direkt aus seinen Kosten plus Gewinn oder hergeleitet. Diese psychologische Besonderheit ermöglicht es den Herstellern von Filmen, pauschale Verträge mit Rechtehändlern abzuschließen[M.P.4] bzw. die Filme bereits zu einem Zeitpunkt zu verkaufen, wo diese noch gar nicht produziert sind und der Abnehmer ihre Qualität nicht beurteilen kann.

3.2. Resultierende Marktstruktur des Filmmarktes

Auf dem internationalen Filmmarkt wird das Recht gehandelt, die gekaufte Software (also den Film) für eine bestimmte Zeit, in einem bestimmten Territorium und in einer bestimmten Form kommerziell zu nutzen und die Erträge einzubehalten. Die bestimmte Form kann eine Nutzung im Pay-TV, eine Ausstrahlung im Kino oder im frei empfangbaren Fernsehen, der Verkauf von Videokassetten oder die Herausgabe von Merchandising-Produkten bedeuten. Für diese Arbeit ist insbesondere der Handel mit den Fernsehrechten interessant, denn zum einen spielt „das Medium Fernsehen beim Erwerb von Rechten an Filmen eine beherrschende Rolle“. (Filmstatistik 2000, S. 4) Zum anderen ist der Erwerb der Fernsehrechte an Filmen als Kerngeschäft von Kirch zu sehen. Bevor im nächsten Kapitel seine Stellung auf diesem Markt beschrieben und analysiert wird, sollen zunächst die besonderen Spielregeln dargestellt werden, die sich aus den benannten Besonderheiten der Ware Film ableiten.

3.2.1. Geringe Zahl von Anbietern mit hoher Marktmacht

Wie bereits dargestellt, existieren in der internationalen Filmproduktion nur wenige große Studios, die die gefragten Top-Filme aus Hollywood drehen. Dies sind:

- Metro Goldwyn Mayer (MGM)
- MCA/Universal
- Disney
- Paramount Pictures
- Columbia Tristar/Sony Pictures
- Warner Bros.
- 20th Century Fox

Hinzu kommen etwa 20 unabhängige kleinere Produzenten, die sogenannten Independents, für die der Autor, Regisseur und Schauspieler Woody Allen das beste Beispiel ist.

Die amerikanischen Produktionen sind aus den unter 3.1.1. beschriebenen Gründen für die deutschen Fernsehveranstalter nicht substituierbar. Knappes Angebot und die hohe Konkurrenz der Nachfrager um diese Ware verleihen den Studios eine extrem starke Marktstellung beim Verkauf ihrer Produkte. Das gilt für die Auswertung in Deutschland insbesondere seit dem Wegfall des öffentlich-rechtlichen Fernsehmonopols. „Der Lizenzmarkt in Deutschland ist ein Verkäufermarkt. Durch die Gründung vieler neuer Sender haben sich erfolgversprechende Lizenzprodukte mehr und mehr zur umkämpften Ware entwickelt. In dieser Situation bestimmen weitgehend die Anbieter, nach welchen Regeln gespielt wird“ (Karstens 2000, S. 93) Und: „Üblicherweise ist der ´Kunde König´, d.h. der Nachfrager hat eine starke Stellung; im Filmrechtehandel ist es [...] umgekehrt: König ist der Produzent und der Rechteinhaber.“ (Heinrich 1999, S. 138) Das gilt entsprechend auch für Leo Kirch. Wie stark die Stellung der Anbieter auf dem deutschen Markt geworden ist, zeigt sich auch an den hier im internationalen Vergleich gezahlten Preisen. Tabelle 4 belegt, dass die Lizenzpreise für die Sender in Deutschland im Schnitt dreimal so hoch lagen wie in Frankreich oder Großbritannien – ein Unterschied, der sich nicht mit den üblichen Bestimmungsgrößen für Lizenzpreise wie Einwohnerzahl oder Bruttoinlandsprodukt erklären lässt, sondern schlicht ein Ergebnis der starken Konkurrenz der Nachfrager um die Produkte ist.

Tab. 4: Preise für Erstverwertungen von TV-Lizenzen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dass es nur wenige Anbieter der besonders gefragten Produktionen gibt und die Konkurrenz der Anbieter somit gering ist, erklärt sich zum einen aus den hohen Produktionskosten für Filme. Nur große Studios mit hohem Marktanteil können die Finanzierung sichern. „Zum anderen ist die Konkurrenz der Anbieter gering, weil offenbar nicht sehr viele Top-Filme produziert werden können.“ (Heinrich 1999, S. 139)

Neben den großen Hollywood-Studios gibt es zahlreiche kleine Produktionsfirmen. Unter diesen meist mittelständischen Produktionsfirmen ist die Konkurrenz im allgemeinen recht hoch, die Preise entsprechend näher an den Kosten. Ausnahmen bilden die vertikal in die großen Medienkonzerne wie Kirch Media oder Bertelsmann integrierten Produktionsgesellschaften. Sie können ihre Produktionen teurer an Dritte verkaufen, wenn sie gemeinsam und als untrennbarer Bestandteil im Paket mit der von den Sendern gefragten Hollywood-Ware angeboten werden.

3.2.2. Übliche Geschäftsmethoden auf dem Filmmarkt

a) die Katze im Sack – Output-Deals und Leertitel.

Wie bereits dargestellt, besteht bei der kostenintensiven Produktion von Filmen eine hohe Unsicherheit über den Erfolg des Produktes. Gleichwohl sind für ein funktionierendes Unternehmen kalkulierbare, sichere Einnahmen eine wichtige Größe, um laufende Projekte und Investitionen in zukünftige finanzieren zu können. Die Filmproduzenten sind bemüht, diesen Widerspruch auszugleichen, in dem sie das Risiko der Unternehmung zum Teil auf den Abnehmer des Films übertragen. Dies schlägt sich in Geschäftsusancen nieder, die es wohl in keiner anderen Branche gibt. So sind im Filmgeschäft mittlerweile sogenannte Output-Deals die Regel. Dabei kaufen die Abnehmer – ob Zwischenhändler wie Kirch oder TV-Sender direkt – die gesamte (zukünftige) Produktion eines Studios, etwa für die nächsten zehn Jahre. Jährlichen Überweisungen der Abnehmers folgt dann die Lieferung einer vorher festgelegten Zahl an Serien und Filmen. „Der Käufer kennt mithin die Qualität der Filme bei Vertragsabschluss nicht, er kauft ´die Katze im Sack´.“ (Heinrich 1999, S. 136)

Die Unterzeichnung eines Outputdeals bedeutet neben dem Erwerb von noch zu produzierender Ware meist den Mitkauf von Archivbeständen an Film. Beim Kauf von Archivlizenzen ist es üblich, dass lediglich eine bestimmte Anzahl von Filmen einer bestimmten Kategorie gekauft werden, ohne dass dem Abnehmer bekannt ist, um welche Filme es sich genau handelt. Diese Lizenzen werden als sogenannte Leertitel bezeichnet, vom Abnehmer sofort bezahlt, aber vom Produzenten bzw. Zwischenhändler erst weit nach Vertragsabschluss benannt. Bei den Leertiteln handelt es sich meist nicht um neue Streifen, sondern um „im Programm bewährte“. (Protokoll der ARD-Einkaufsfirma Degeto, zitiert nach Naeher 1989, S. 47) Dass der Kauf eines Produktes ohne es zu kennen üblich werden konnte, liegt mithin auch an der bereits beschriebenen Tatsache, dass aus Sicht der Programmbeschaffungsabteilungen der Sender Filme ein recht homogenes Gut sind.

b) Exklusivität

„In der Regel wird ein Film immer nur einmal gesehen, das Interesse an Wiederholungen entsteht – wenn überhaupt – erst wieder nach Jahren. Damit gilt es, möglichst den gesamten Verwertungsprozess zu kontrollieren.“ (Seufert 1992, S. 32) In den Lizenzverträgen zwischen Produzenten und Sendern/Zwischenhändlern wird daher stets eine Exklusivität der Auswertung vereinbart. Das bedeutet, dass ein bestimmter Film, der an einen bestimmten Abnehmer verkauft wird, nicht gleichzeitig an einen zweiten im gleichen Auswertungsgebiet (etwa dem deutschen Sprachraum) geht. Das würde den Wert der Investition für beide Abnehmer zum großen Teil zerstören und daher zukünftige Geschäfte unwahrscheinlich machen. Der exklusive Verkauf von Filmrechten ist daher aus Sicht der Produzenten und Studios unabdingbar, um den Wert des eigenen Produktes für die Kunden zu gewährleisten. Diese ökonomisch notwendige Geschäftsbedingung fördert jedoch monopolartige Tendenzen auf der Ebene der Zwischenhändler im Filmmarkt, insbesondere dadurch, dass Programm-Inputs sehr langfristig (üblich sind mindestens sieben Jahre) verkauft werden. Dies wird noch verstärkt, wenn Zwischenhändler oder Sender langfristige Exklusivverträge mit mehreren der großen Major-Studios abgeschlossen haben.

[...]


[1] Ende 2000 brachte das fusionierte Unternehmen 36 Prozent des Kapitals an die Börse. Kirch hält dadurch nur noch rund 53 Prozent des Kapitals der ProSiebenSat.1 Media AG. Allerdings sind die ausgegebenen Aktien stimmrechtslose Vorzugsaktien. Von den stimmberechtigten Stammaktien gehören 82 Prozent der Kirch Media.

[2] Damals wurde im Auftrag von Postminister Horst Ehmke (SPD) die Kommission für den Ausbau des technischen Kommunikationssystems (KtK) gegründet.

[3] Der Sender war in der Schweiz entstanden und dann nach Deutschland importiert worden. Das Programm war allerdings nicht flächendeckend zu empfangen, sondern nur in Kabelhaushalten.

[4] Als weitere Gründe für den Ausstieg aus dem Pay-TV nannte Bertelsmann Vorstandschef Middelhoff damals die „ständigen Kabale mit Kirch“ und den Ärger mit den Kartellbehörden. Beide habe er „satt“. (Der Spiegel vom 22.3.1999, S. 88f) Zudem lohnte sich der Ausstieg auch finanziell: Die Anlaufverluste bei Premiere betrugen zu diesem Zeitpunkt 600 Millionen DM, für die an Kirch verkauften Anteile kassierte Bertelsmann das doppelte

[5] Dies sind: Michael Radtke: Außer Kontrolle. Die Medienmacht des Leo Kirch. Zürich 1996 Und: Gerhard Naeher: Der Medienhändler. Der Fall Leo Kirch. München 1989

[6] RTL hat seine Positionierung verstärkt über Sportereignisse wie die Formel 1 und die ChampionsLeague erreicht. Auch Kirch hat die Zugkraft des Sports erkannt und zuletzt versucht, auch an diese Rechte zu kommen.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2002
ISBN (eBook)
9783832457495
ISBN (Paperback)
9783838657493
DOI
10.3239/9783832457495
Dateigröße
1019 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Dortmund – Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Erscheinungsdatum
2002 (August)
Note
1,3
Schlagworte
premiere medien fernsehen film lizenz
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Titel: Aufstieg und Fall des Kirch-Konzerns
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