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Die schiitisch-islamistische Bewegung im Irak

Hizb ad-Da‘wa al-Islamiya (1958- 1992)

©2001 Magisterarbeit 109 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
„Hizb ad-da‘wa al-islamñya“ (Partei des islamischen Rufes) ist die älteste und wahrscheinlich größte schiitisch - islamistische Partei des Irak. Sie existiert trotz zahlreicher Spaltungen und blutiger Verfolgungen bis heute und besitzt mehrere Zweige in verschiedenen arabischen Ländern sowie auch in Europa.
Die wissenschaftliche Beschäftigung mit der islamistischen Opposition des Irak und der Hizb ad-da‘wa ist aufgrund der schlechten Quellenlage schwierig und steht immer noch am Anfang. Der wichtigste Grund dafür ist der repressive Charakter aller irakischen Regime seit der Julirevolution 1958, vor allem des im Jahr 1968 an die Macht gekommenen und bis heute den Irak regierenden Bath-Regimes, das jegliche Opposition brutal unterdrückt. So wurde die Mitgliedschaft in der Hizb ad- da‘wa durch ein Gesetz von 1980 sogar rückwirkend mit der Todesstrafe geahndet, ein Umstand, der die Partei vollständig in den Untergrund trieb, ihr ein Zellensystem aufzwang, das kaum mehr Einblicke in Struktur oder Mitgliederzahlen gestattet.
Seit dem Anfang der 90er Jahre, nachdem der Irak wegen des zweiten Golfkrieges international ins Zentrum des Interesses gerückt war, entstanden mehrere Arbeiten zur islamistischen Opposition im Irak und besonders zur Hizb ad-da‘wa. Die meisten davon wurden von arabischen Autoren veröffentlicht, die oft der Da‘wa symphatisierend gegenüberstehen. Aber auch außerhalb der arabischen Welt wird der islamistische Opposition des Irak seitdem von Wissenschaftlern, aber auch von Seiten der Politik größere Aufmerksamkeit gewidmet, als zuvor.
Diese Arbeit soll Gründung und Entwicklung dieser Partei vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Veränderungen seit der Enstehung des modernen irakischen Nationalstaates untersuchen sowie einen Überblick über ihre Aktivitäten seit den frühen 60er Jahren geben. Sie soll Fragen nach der Einordnung der Hizb ad- da‘wa in die politische Landschaft des Irak, ihrer Rolle in den politischen Auseinandersetzungen, nach ihrer sozialen Basis und nach ihren Strategien und Zielen beantworten.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Einleitung1
2.Die Schiiten im Irak bis zur Julirevolution 19584
2.1Die Schiiten im Osmanischen Reich4
2.2Die Rolle der Schiiten im Staatsbildungsprozeß und zur Zeit der Monarchie7
3.Die Entstehung der schiitisch-islamistischen Bewegung im Irak12
3.1Der Staatsstreich vom 14. Juli 195812
3.2Erste Aktivitäten islamistischer Gruppen14
3.3Die Gründung […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Schiiten im Irak bis zur Julirevolution 1958
2.1. Die Schiiten im Osmanischen Reich
2.2 Die Rolle der Schiiten im Staatsbildungsprozeß und zur Zeit der Monarchie

3. Die Entstehung der schiitisch- islamistischen Bewegung im Irak
3.1. Der Staatsstreich vom 14. Juli 1958
3.2 erste Aktivitäten islamistischer Gruppen
3.3 Die Gründung der Hizb ad- da’wa al- islamiya
3.4 Die islamistische Bewegung während der Regierungszeit Qasims
3.5 Austritte aus der Hizb ad- da’wa und erneute Konsolidierung
3.6 Struktur und Organisation der Hizb ad- da’wa

4. Exkurs : Leben und Werk von Muhammad Baqir as- Sadr

5. Die islamistische Bewegung im Irak zwischen den Staatsstreichen der Bath- Partei 1963 und 1968

6. Die islamistische Bewegung im Bath- staat 1968- 1980
6.1 Bemerkungen zu Staat, Gesellschaft und Wirtschaft unter dem Bath- Regime seit 1968
6.2 Soziale Basis der Hizb ad- da’wa
6.3 Jahre der Repression 1968- 1977
6.4 Der Einfluß der Islamischen Revolution im Iran und die Zerschlagung der Hizb ad- da’wa

7. der bewaffnete Kampf
7.1 Neustrukturierung im Exil. Die Rolle des Iran
7.2 Strukturen und Aktivitäten der hizb ad- da’wa außerhalb des Irak
7.3 Der bewaffnete Kampf und der iranisch- irakische Konflikt
7.4 Vom Ende des iranisch- irakischen Krieges bis zur Intifada 1991

8. Die Ideologie der Hizb ad- da’wa. Zwischen Wilayat al- faqih und parlamen- tarischer Demokratie
8.1 Strategien und Ziele der Hizb ad- da’wa. Die frühen 60er und 70er Jahre
8.2 Hizb ad- da’wa und Wilayat al- faqih
8.3 Das Parteiprogramm der Hizb ad- da’wa von 1992

9. Schlussbetrachtung

10. Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung

“„izb ad- da‘wa al- islæmñya“ (Partei des islamischen Rufes) ist die älteste und wahrscheinlich größte schiitisch - islamistische Partei des Irak. Sie existiert trotz zahlreicher Spaltungen und blutiger Verfolgungen bis heute und besitzt mehrere Zweige in verschiedenen arabischen Ländern sowie in Europa. Die „izb ad- da‘wa entstand im Jahr 1958 im Umfeld der theologischen Hochschulen der irakischen Stadt Na™af, an denen es seit dem Ende der 50er Jahre zu einer umfassenden Erneuerung des religiösen und politischen Bewußtseins der schiitischen ‘Ulamæ’ kam, die auch als “Renaissance von Na™af“ bezeichnet worden ist.[1] Diese beinhaltete u.a. eine Reinterpretierung des religiösen Rechts und auch eine innere Erneuerung der „awza, an der der damals noch junge ‘Ælim Mu…ammad Bæqir a‡-†adr maßgeblich mitwirkte. Die Gründung einer islamistischen Partei, der „izb ad- da‘wa, war nur ein Ausdruck dieser stattfindenden Erneuerung.

Die vorliegende Arbeit soll Gründung und Entwicklung dieser Partei vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Veränderungen seit der Enstehung des Irak untersuchen sowie einen Überblick über ihre Aktivitäten seit den frühen 60er Jahren geben. In einem einleitenden Kapitel wird die sozioökonomische Rolle der schiitischen ‘Ulamæ’ und der theologischen Hochschulen Na™afs und Karbalæ’s im Osmanischen Reich und während des Staatsbildungsprozesses kurz erläutert. Im Gegensatz zur Zeit nach dem Ende der Monarchie ist diese Periode in mehreren Arbeiten ausführlich untersucht worden.[2] Hier kann jedoch nur auf einzelne ausgewählte Aspekte dieses Zeitabschnitts eingegangen werden.

Im weiteren Verlauf sollen Fragen nach der Einordnung der „izb ad- da‘wa in die politische Landschaft des Irak, ihrer Rolle in den politischen Auseinandersetzungen, nach der sozialen Basis und nach den Strategien und Zielen der „izb ad- da‘wa beantwortet werden. Die zuletztgenannten Aspekte werden in einem besonderen Kapitel behandelt, um so Unterbrechungen in der Darstellung zu vermeiden und die Ideologie der „izb ad- da‘wa zusammenhängend auf Kontinuitäten und/oder Brüche zu untersuchen.

Auf eine umfangreiche Darstellung des philosophischen und politischen Denkens von Mu…ammad Bæqir a‡- †adr und seiner Tätigkeit innerhalb und außerhalb der „awza von Na™af muß in dieser Arbeit wegen ihres begrenzten Umfangs verzichtet werden. Aufgrund seiner Bedeutung als wichtigster theoretischer Vordenker für die islamistische Bewegung des Irak und darüber hinaus, werden einige seiner Konzepte und Vorstellungen behandelt, die in direktem Zusammenhang mit der Geschichte dieser Bewegung, insbesondere der „izb ad- da‘wa, stehen.

Die wissenschaftlicheBeschäftigung mit der islamistischen Opposition des Irak und der „izb ad- da‘wa ist aufgrund der schlechten Quellenlage schwierig und steht immer noch am Anfang. Der wichtigste Grund dafür ist der repressive Charakter aller irakischen Regime seit der Julirevolution 1958, vor allem des im Jahr 1968 an die Macht gekommenen und bis heute den Irak regierenden Ba‘½ Regimes, das jegliche Opposition brutal unterdrückt. So wurde die Mitgliedschaft in der „izb ad- da‘wa durch ein Gesetz von 1980 sogar rückwirkend mit der Todesstrafe geahndet, ein Umstand, der die Partei vollständig in den Untergrund trieb, ihr ein Zellensystem aufzwang, das kaum mehr Einblicke in Struktur oder Mitgliederzahlen gestattet.

Journalisten und Wissenschaftler standen und stehen daher vor dem Problem, daß Sprecher der „izb ad- da‘wa häufig nur in sehr begenztem Umfang Informationen geben, um einzelne Personen und Parteistrukturen im Irak und in anderen Ländern nicht in Gefahr zum bringen. Somit gibt es bis heute über die Anzahl ihrer Mitglieder und die Identität ihrer Führer, mit Ausnahme einiger in der Öffentlichkeit auftretender Sprecher, keine gesicherten Angaben.

Die Untersuchung von Geschichte und Ideologie dieser Partei war bis zum Einmarsch der irakischen Armee in Kuwait im August 1990 für viele arabische Autoren aufgrund der guten Beziehungen ihrer Staaten zum Irak und der daraus resultierenden Präsenz und Aktivität irakischer Geheimdienste kompliziert und nicht ungefährlich. Dennoch gibt es mehrere Publikationen älteren Datums zur schiitisch - islamistischen Bewegung des Irak, vor allem die Arbeiten Hanna Batatus und Amatzia Barams sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Seit dem Anfang der 90er Jahre, nachdem der Irak wegen des zweiten Golfkrieges international ins Zentrum des Interesses gerückt war, entstanden auch mehrere Arbeiten zur islamistischen Opposition im Irak und besonders zur „izb ad- da‘wa. Die meisten davon wurden von arabischen Autoren veröffentlicht, die oft der Da‘wa symphatisierend gegenüberstehen.[3] Die umfangreichste und am besten dokumentierte und recherchierte Arbeit ist die von †alæ… al- ®urasæn, die im Anhang zahlreiche Dokumente wie etwa die Statuten der Partei und mehrerer Studien der irakischen Sicherheitskräfte enthält. Die bisher umfassendste, auf eine Vielzahl von Primärquellen und Interviews gestützte Arbeit in englischer Sprache, die sich allerdings nicht im Besonderen mit der „izb ad- da‘wa, sondern mit dem gesamten Spektrum der schiitisch - islamistischen Bewegung des Irak befaßt, ist die von Joyce N. Wiley.[4]

Ein wichtiger, bereits im Titel der Arbeit anklingender Aspekt, auf den immer wieder zurückzukommen sein wird, ist die Frage, inwiefern die „izb ad- da‘wa sich selbst als “schiitisch“ bezeichnet bzw. von außen so bezeichnet werden kann. Während in Ländern wie Jordanien, Ägypten oder Tunesien sowohl die Vertreter des herrschenden Regimes als auch die oppositionellen Gruppen mehrheitlich dem sunnitischen Islam angehören, scheint die Auseinandersetzung im Irak zumindest auf den ersten Blick zwischen einer mehrheitlich schiitisch- islamistischen Bewegung und einem sunnitischen Regime zu verlaufen. Wenn auch bei den Auseinandersetzungen zwischen Regime und Opposition im Irak die Bedeutung der Konfessionszugehörigkeit nicht vernachlässigt werden kann, wäre es ein Mißverständnis über Charakter und Ziele der islamistischen Bewegung, darin den entscheidenden Aspekt zu sehen. Daher wird im Folgenden nicht vorrangig auf die konfessionelle Zusammensetzung etwa des Parlaments, der verschiedenen Kabinette, des Offizierschorps und der jeweiligen Parteien eingegangen. Stattdessen sollen folgende Fragen beantwortet werden: Wie ist das Selbstverständnis der „izb ad- da‘wa ? Was sind ihre Ziele ? Wen betrachtet sie als ihre Verbündeten ? gegen wen richtet sich ihr Kampf und mit welchen Mitteln wird er geführt ? Wer sind ihre Anhänger aufgrund welcher Interessen und Motive? Wie definiert sie ihre eigene Rolle in der Gegenwart und nach dem Erreichen ihrer Ziele ? Ist sie tatsächlich “sektiererisch“, wie ihr u.a. von Vertretern des Ba‘½ Regimes vorgeworfen wird ?

Die Arbeit bietet keinen Platz für eine ausführliche Diskussion der unterschiedlichen Begriffe zur Benennung des politischen Islam und den mit ihnen verbundenen Bedeutungen und Problemen. Von den zahlreichen Begriffen wie “Fundamentalismus“, “Integrismus“, dem im Englischen häufig verwendeten “Islamic Revivalism“ oder “Islamismus“ werde ich ausschließlich letzteren verwenden. Der Name “Islæmñyýn“ ( meist als “Islamisten“ übersetzt) wird von verschiedenen Gruppen und auch von Sprechern der „izb ad- da‘wa als Selbstbezeichnung verwendet.[5]

Die Transkription arabischer Namen und Begriffe erfolgt nach den Regeln der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Im Deutschen häufig verwendete Namen und Begriffe wie z.B. Irak, Iran, Bagdad, Mosul,... werden in ihrer deutschen Form verwendet.

2. Die Schiiten im Irak bis zur Julirevolution 1958

2.1. Die Schiiten im Osmanischen Reich

Der Irak ist häufig als das “Kernland der Schia“ bezeichnet worden. Hier fanden die wichtigsten Ereignisse statt, die für die Entstehung und weitere Entwicklung der Schia von großer Bedeutung waren. Im Irak liegen die Gräber von vier Imamen der Ãñ‘a, nämlich das von ‘Alñ in Na™af, das von „ussain in Karbalæ’ und die des 7. und 9. Imams, Mýsæ al- Kæøim und Mu…ammad al- ‰awæd in Kæøimain. Im zehnten und elften Jahrhundert wurden in Bagdad und später in al- „illa die wichitgsten Glubensbekenntnisse und Rechtsprinzipien der Ãñ‘a niedergelegt, die sie gegenüber anderen islamischen Bekenntnissen abgrenzen und verteidigen sollten. Hier fanden auch im Wesentlichen die Auseinandersetzungen des 18. Jh. zwischen den Anhängern der Schule der U‡ýlñ und der A¾bærñ statt.[6] Die große Zahl von Persern, die sich an den “heiligen Schwellen“[7] aufhielt, trug mit dazu bei, daß politisch aktive ‘Ulamæ’ mehrfach von hier aus Einfluß auf die iranische Politik nahmen, wie etwa 1890- 1892 beim Kampf gegen die Vergabe des Tabakmonopols oder anläßlich des Verfassungskonflikts in den Jahren 1905- 1906.

Die Verbreitung der Ãñ‘a im Irak und die Konvertierung zur Ãñ‘a war bis vor etwa zweihundert Jahren vor allem auf die Städte beschränkt, in denen allerdings nur ein geringer Teil der Bevölkerung lebte. Besondere Bedeutung hatten die Städte Karbalæ’ und Na™af, in denen sich die Schreine der Imame „ussain und ‘Alñ befinden. Vor allem Na™af, das sich zu einem der wichtigsten Zentren schiitischer Gelehrsamkeit und zum bevorzugten Sitz schiitischer Mu™tahids[8] entwickelte, übte im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts großen religiösen und politischen Einfluß aus, der sich weit über die Grenzen des Irak hinaus erstreckte. Seine theologischen Hochschulen (madrasa pl. madæris) hatten einen sehr hohen Ruf, vor allem wegen ihrer fiqh- Studien, und zogen Schüler aus weit entfernten Gegenden wie Tibet, Pakistan, Indien, Libanon und vor allem dem Iran an. Um die Jahrhundertwende soll etwa ein Drittel der Bewohner Na™af’s und 75% der Bewohner Karbalæ’s Perser gewesen sein.[9] Das Studium an der „awza[10] ist in drei verschiedene Studienphasen (…alqa pl. …alaqæt) unterteilt, die ein Student durchlaufen muß, und nach deren Absolvierung ihm von seinem Lehrer die I™æza, die Erlaubnis, eigenständig I™tihæd zu üben, erteilt wird. Es existieren jedoch weder formelle Prüfungen noch ein festes Ausbildungsprogramm oder ein festgelegter Zeitrahmen, in dem das Studium zu absolvieren ist. Wichtig ist die informelle Beziehung zu einem der lehrenden Mu™tahids, der letzten Endes über die Vergabe der I™aza entscheidet. Allein zum Abschluß der ersten beiden Studienphasen, der “muqaddimæt“, die das Studium von Grammatik und Syntax des Arabischen, sowie Logik und Rhetorik umfaßt, sowie “suƒý…“, die das Studium von Fiqh und U‡ýl al- fiqh beinhaltet, ist ein Zeitraum von mindestens zehn Jahren vorgesehen. Viele fortgeschrittene Schüler betätigen sich während der dritten Phase des Studiums (al- ¾æri™) gleichzeitig als Lehrer und reproduzieren das Gelernte auf diese Weise. Nur eine Minderheit der Studenten erhält schließlich nach jahrelangem Studium je nach Entscheidung ihres Lehrers und oft erst im Alter von 50 oder 60 Jahren die i™æza. Die meisten Studenten erreichen dieses Ziel jedoch nie und verlassen die „awza früher mit einer Bescheinigung, die es ihnen z.B. gestattet, ihren Lebensunterhalt als Imam auf dem Land zu verdienen.[11] Einige Studenten waren allein aus dem Grund eingeschrieben, um das Privileg der Freistellung vom Militärdienst zu genießen.

Die Schreine der Imame und die theologischen Hochschulen spielen auch für die Ökonomie von Na™af und Karbalæ’ eine wichtige Rolle. So ist die Umgebung von Na™af und Karbalæ’ eine sehr begehrte Begräbnisstätte für Schiiten aus aller Welt geworden, die ihre Gräber entsprechend ihren finanziellen Möglichkeiten möglichst in der Nähe der Gräber der Imame anlegen lassen, da sie sich von ihnen Vermittlung bei Gott am Tag der Auferstehung erhoffen. Jedes Jahr ließen sich zehntausende im Wædi as- Salæm bei Na™af und dem Wædñ al- Ñmæn bei Karbalæ’ bestatten. Vor allem nach der Schiitisierung des Iran im 16. Jh. stieg die Zahl derjenigen, die sich nahe der Schreine der Imame beerdigen ließen, stark an, und das Geschäft mit der Überführung und Bestattung der Toten wurde zu einem wichtigen Wirtschaftszweig für die Schreinstädte, aber auch für die osmanische Verwaltung..[12]

Von ebenso großer wirtschaftlicher Bedeutung war auch die Pilgerfahrt, von Schiiten aus Indien, dem Iran und anderen Ländern zu den Gräbern der Imame, die häufig auch mit dem „æ™ nach Mekka und der Durchführung von Handelsgeschäften verbunden wurde. Das Begräbnis in der Nähe der Imame und die Pilgerfahrt zu ihren Schreinen hatte nicht nur für die Schiiten anderer Länder, sondern auch für die Bevölkerung des Irak selber große Bedeutung. Vor dem Ersten Weltkrieg sollen sich an bestimmten Festtagen in Na™af und Karbalæ’ bis zu 150.000 Menschen versammelt haben, vor allem die Bewohner der umliegenden Gebiete.

Die beiden wichtigsten Einnahmequellen Na™afs und Karbalæ’s waren sowohl im 19. als auch im 20. Jahrhundert von den jeweiligen politischen Beziehungen zwischen dem Osmanischen Reich bzw. dem Irak und Persien abhängig und deshalb starken Schwankungen unterworfen.

Hintergründe und Verlauf des Prozesses der Konvertierung eines Großteils der irakischen Stämme zur Ãñ‘a können hier nur in ihren Grundzügen dargestellt werden. Die große Mehrzahl der Schiiten im heutigen Irak sind Araber nomadischer bzw. beduinischer Herkunft, die erst während des 19. Jahrhundert zur Ãñ‘a konvertierten, zu einer Zeit, als die Mehrzahl der irakischen Stämme seßhaft wurde und Landwirtschaft zu betreiben begann. Ein großer Teil der im Südirak ansässigen Stämme war erst gegen Ende des 18. Jh. aufgrund des Aufstiegs der Wahabiten aus ihren ursprünglichen Siedlungsgebieten im Na™d in den Südirak gezogen und hatte sich dort im Umfeld der “heiligen Städte“ Na™af und Karbalæ’ niedergelassen.[13] Im Verlauf des Konvertierungsprozesses wurde die schiitische Bevölkerungsgruppe, die bis dahin eine Minderheit war, zur Mehrheit.

Die ökonomische Interaktion zwischen den seßhaft gewordenen Stämmen und den beiden Städten Na™af und Karbalæ’, die auch wichtige lokale Handelszentren waren, und so den Zugang zu Märkten erleichterten, förderte die Verbreitung des schiitischen Islam. Die Konvertierung der seßhaften Stämme im Umfeld Na™af’s und Karbalæ’s zum schiitischen Islam bedeutete einen verbesserten Schutz der “heiligen Städte“ und der Pilgerrouten vor Angriffen etwa von Seiten der Wahabiten sowie die Erschließung und Kanalisierung neuer Einnahmequellen durch die ®ums- Abgaben[14] der Stämme.für die Mu™tahids. Dies stärkte die ökonomische Basis der Mu™tahids, garantierte ihre finanzielle Unabhängigkeit und ermöglichte es den Städten Na™af und Karbalæ’ ihren Einfluß weit über ihr Hinterland auszudehnen.

Auf die Frage, welche Rolle der schiitische Islam im Alltag der konvertierten Stämme spielte, gibt es sicherlich keine einheitliche Antwort. Glaubensinhalt und Praxis der schiitisierten Stämme waren und sind in der Regel verschieden von denen der “offiziellen“ schiitischen Glaubenslehre, wie sie von den ‘Ulamæ’ Na™afs formuliert und praktiziert wird. So berichtet z.B. der irakische Soziologe al- Wardi, daß bei einigen Stämmen die Bedeutung von „ussain und ‘Alñ zugunsten einer Verehrung von ‘Abbæs, einem Onkel „ussain’s, stark in den Hintergrund getreten ist.[15] Die Einführung des schiitisch- islamischen Rechts bei den Stämmen war vor allem auf Fragen des Personenstandsrechts beschränkt geblieben, während in anderen Bereichen bis weit ins 20. Jahrhundert nach wie vor die unterschiedlichen Rechtsvorschriften und Bräuche der Stämme galten. In diesem Zusammenhang ist auch die geringe Dichte der religiösen Institutionen, seien es Moscheen oder „ussainñya’s, in den mehrheitlich von Schiiten bewohnten ländlichen Provinzen nicht verwunderlich. So ergab der Zensus von 1947 in den überwiegend ländlich geprägten schiitischen Provinzen Basra, Karbalæ’, Dñwænñya, al- Kýt, al- ‘Amæra, al- „illa und al- Muntafiq, in denen zu diesem Zeitpunkt mehr als 49% der ländlichen Bevölkerung lebten, nur 39 religiöse Institutionen oder eine für 37.000 Menschen. Dies läßt auf eine eher geringe Bedeutung der Religion schließen, auch wenn man die extreme Armut auf dem Land und die Tatsache, daß einige der Stämme noch teilweise als Nomaden lebten, mitberücksichtigt.[16]

2.2. Die Rolle der Schiiten im Staatsbildungsprozeß und zur Zeit der Monarchie

Nach der Niederlage des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg wurde im Jahr 1921 der Irak als konstitutionelle Monarchie unter britischer Mandatsherrschaft gegründet, der die ehemaligen Provinzen Basra, Bagdad und Mosul umfaßte. Auch nach der Erlangung der Unabhängigkeit und der Aufnahme des Irak in den Völkerbund im Jahr 1932 behielt Großbritannien großen Einfluß auf die Politik des Landes, um seine Interessen zu sichern. Dies geschah u.a. durch die Anwesenheit britischer Berater, die allen Ministern zur Seite gestellt wurden, der Kontrolle der Iraq Petroleum Company (IPC), und aufgrund der Anwesenheit von britischen Truppen.

Die Schiiten in Irak können weder zur Zeit der Staatsgründung in den 20er Jahren, noch später als eine einheitliche Gemeinschaft angesehen werden. Sie waren vielmehr in eine große Zahl unterschiedlicher Gemeinschaften gespalten, deren Identitäten zuerst durch den Stamm, die Dorfgemeinschaft, das Stadtviertel oder die Familie und dann erst durch die konfessionelle Bindung geprägt war. Selbst in Na™af, dem wichtigsten Zentrum der Ãñ‘a überwogen die Bindungen an den Stamm und das Stadtviertel die Bedeutung der Religion. Nachdem die Bewohner Na™af’s 1915 die osmanischen Truppen vertrieben, hatten zerfiel die Stadt in vier unterschiedliche Stadtviertel. Die bis heute erhaltene Verfassung des Buraq Viertels, zeigt, daß die soziale Organisation des Viertels auf den Stammesbindungen basierte, während die Rolle der Mu™tahids an keiner Stelle erwähnt wird.[17]

Sowohl die Briten als auch die irakischen Politiker wurden jedoch mit einer durch die Erfahrungen im Kampf um das Tabakmonopol und den Verfassungskonflikt im Iran sowie den Kampf gegen den Einfluß der europäischen Mächte in hohem Maße politisierten Gruppe von ‘Ulamæ’ an der „awza Na™af’s konfrontiert, deren Macht während der Jahre der Staatsgründung seinen Höhepunkt erreichte.

Nachdem im November 1914 britische Truppen im Süden des Irak gelandet waren und wenig später Basra besetzt hatten, erklärten die schiitischen Mu™tahids den ™ihæd. Tausende von Stammesangehörigen sowie ’Ulamæ’ und Studenten der „awza von Na™af wie der damals noch junge Mu…sin al- „akñm, unterstützten die Versuche der osmanischen Armee, die Invasion abzuwehren. Angeführt wurden sie von einflußreichen ‘Ulamæ’, wie dem Groß- Æyatullæh Mu…ammad Kæøim al- Yazdñ und dem zukünftigen Mar™a‘ Ãai¾ aã- Ãarñ‘a Isfæhænñ.[18]

Hohe Mu™tahids konnten nicht nur während des Ersten Weltkriegs sondern auch in den 20er Jahren erfolgreich gesellschaftlichen Protest artikulieren und anführen und weite Teile vor allem der ländlichen Bevölkerung mobilisieren. Nach der Niederlage der osmanischen Armee und ihrer Verbündeten stellten sich die Mu™tahids an die Spitze einer Oppositionsbewegung, die sich für die Beendigung der britischen Vorherrschaft und für die Errichtung eines unabhängigen islamischen Staates im Irak einsetzte. Führende Mu™tahids waren in den Jahren 1917- 1919 aktiv an der Gründung zahlreicher Geheimgesellschaften und Parteien beteiligt, deren bedeutendste die “„aras al- istiqlæl“ (Wächter der Unabhängigkeit) in Bagdad und die “‰am‘ñyat an- nahša al- islæmñya“ (Vereinigung der islamischen Wiedergeburt) in Na™af waren. Beide Gruppen propagierten die Einheit aller Muslime und bemühten sich, die konfessionellen Gegensätze zu überwinden, etwa indem sie gemeinsame Zeremonien zum Geburtstag Mu…ammads organisierten.[19]

Als es im Jahr 1920 zu einem großen Aufstand gegen die britische Mandatsmacht kam, spielten die schiitischen Mu™tahids, die eine Allianz mit den Stammesscheichs und den städtischen Notablen eingingen, eine wichtige Rolle. Die Entscheidung führender Mu™tahids, den Aufstand zu legitimieren und anzuführen wurde durch die britische Politik im Irak und Iran beeinflußt, die eine Gefahr für ihre sozioökonomische Position darstellte. Im Ergebnis zeigte der Aufstand den großen Einfluß und die Fähigkeit der Mu™tahids, weite Teile der Landbevölkerung des Südiraks zu mobilisieren. Bis heute sind Fragen nach Hintergründen und Verlauf des Aufstands und die Motivation der unterschiedlichen Kräfte sich an ihm zu beteiligen, Gegenstand zahlreicher Diskussionen von Historikern der jüngeren Geschichte des Irak. Die Darstellung der unterschiedlichen Positionen kann an dieser Stelle nicht vorgenommen werden.[20]

Auch nach dem Aufstand spielten schiitische ‘Ulamæ’ eine wichtige Rolle beim Widerstand gegen die Staatsgründung unter britischer Vorherrschaft. Im März 1922 erließ der führende Mu™tahid Mirza Mu…ammad Taqñ aã- Ãiræzñ eine Fatwa, in der er diejenigen mit der Exkommunizierung bedrohte, die sich in Staatsdienste unter britischer Herrschaft begäben. Als im Oktober 1922 die Abhaltung von Wahlen für eine Verfassunggebende Versammlung angekündigt wurde, erließen die Mu™tahids al- ®ælisñ, al- Isfæhænñ und an- Na’inñ Fatwas, in denen sie eine Beteiligung an den Wahlen für unrechtmäßig erklärten und erklärten, eine Zuwiderhandlung komme dem Abfall vom Islam gleich.[21]

Die Regierung unter ‘Abd al- Mu…sin as- Sa‘dýn, der im November 1922 Premierminister des Irak geworden war, aber auch König Fai‡al waren sich der Notwendigkeit bewußt, die politische Macht der Mu™tahids zu reduzieren. Sie reagierten schließlich, indem sie führende ‘Ulamæ’, unter ihnen al- „ælisñ, ins Ausland nach Indien und den Iran abschoben, wobei sie sich den Umstand zunutze machten, daß viele von ihnen iranische Bürger waren. Eine große Zahl von ‘Ulamæ’ die sich mit den Deportierten solidarisch erklärten, traf das gleiche Schicksal, einige weitere wurde unter Hausarrest gestellt. Erst 1924, nachdem sie sich gegenüber Fai‡al verpflichtet hatten, sich nicht mehr in politische Angelegenheiten einzumischen, wurde ihnen die Rückkehr in den Irak gestattet.[22] Die unterschiedlichen Regierungen in der Zeit der Monarchie waren außerdem daran interessiert, den iranischen und indischen Einfluß im Land abzubauen; sie versuchten, die sozioökonomnische Ausrichtung der Schreinstädte auf Bagdad zu richten. Die ‘Ulamæ’, die in der Periode von 1914- 1922 eine wichtig politische Rolle gespielt hatten, verloren u.a. durch die Deportationen jede Möglichkeit der Einflußnahme auf die politischen Ereignisse und spielten bis zur Entstehung der islamistischen Bewegung in den 50er Jahren keine politische Rolle mehr.

Die einflußreichste Gruppe in allen Kabinetten zur Zeit der Monarchie bestand aus den früheren Offizieren der osmanischen Armee, die sich während des Ersten Weltkriegs vom Osmanischen Reich abgewandt und die von den Briten geförderte “Arabische Revolte“ unterstützt hatten. Die meisten von ihnen waren Sunniten und stammten aus der Mittelschicht Bagdads. Ihnen fehlte jedoch eine eigene politische und ökonomische Basis im Irak. Sie konnten ihre Vormachtstellung jedoch sichern, indem sie eine Koalition mit den einflußreichsten Klassen zur Zeit der Monarchie, den Stammesscheichs des Südens und den kurdischen A™a’s eingingen.

Die Stammesscheichs und A™a’s sicherten sich während der Jahre der Monarchie eine große Anzahl von Parlamentssitzen und brachten große Ländereien in ihren Besitz, wodurch sie sich zu einer Klasse von “Absentee Landlords“ entwickelten.[23] Die meisten politischen Parteien dieser Zeit waren in der Regel kurzlebige Sprachrohre einzelner Politiker, häufig ohne Programm oder Organisationsstruktur, lediglich zusammengehalten durch verwandtschaftliche und klientelistische Bindungen. Sie trugen nur nach außen hin einen ideologischen Deckmantel, wie z.B. den arabischen Nationalsimus. Um eine Machtbeteiligung aller innerhalb des Systems konkurrierender Parteien zu gewährleisten, gab es häufige Regierungswechsel, so allein 29 in den Jahren 1941 bis 1956.

Von vielen Autoren ist immer wieder anhand von Statistiken, die wenig über die tatsächlichen Machtverhältnisse aussagen, auf die Unterrepräsentierung von Schiiten in Schlüsselpositionen gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil hingewiesen worden, um auf diese Weise eine generelle Diskriminierung entlang konfessioneller Trennungslinien zu beweisen. Demnach betrug z.B. der Anteil “der Schiiten“ im irakischen Parlament in der Regel zwischen 30% und 40%.[24] In den Kabinetten der Jahre 1932- 1936 wurden von insgesamt 57 Ministerposten nur neun an Schiiten vergeben, was etwa einem Anteil von 15% entspricht.[25] Es muß jedoch darauf hingewiesen werden, daß die Schiiten seit dem Ende des Osmanischen Reiches nicht mehr wegen ihres Glaubens benachteiligt wurden, ihre Unterrepräsentierung in Schlüsselpositionen setzte sich jedoch als Erbe des Osmanischen Reiches fort. Die politische Macht im Irak lag und liegt dort, wo auch die politischen Entscheidungen fallen, nämlich in den großen Städten Bagdad, Basra und Mosul, die hauptsächlich sunnitisch geprägt waren. Demnach spielt auch das zu dieser Zeit vorherrschende Verhältnis zwischen der Metropole und dem Land eine Rolle. Aufgrund des sunnitischen Charakters des Osmanischen Reiches waren fast alle Verwaltungsbeamten und Offiziere sunnitische Türken oder Araber gewesen. Die wichtigsten staatlichen Bildungseinrichtungen, aus denen die Staatsbeamten und Offiziere hervorgingen, waren in Mosul und Bagdad angesiedelt.[26] Hinzu kommt, daß die maßgeblichen schiitischen ‘Ulamæ’ sich lange Zeit gegen die Errichtung von nichtreligiösen Bildungseinrichtungen für Schiiten gewehrt hatten, die sie als eine Gefahr für die Religion betrachteten. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde mit dem Aufbau säkularer schiitischer Schulen begonnen. Die Verhältnisse, die am Ende der osmanischen Periode vorherrschend waren, reproduzierten sich auch zunächst im irakischen Nationalstaat, da es nur wenige schiitische Anwärter für den Staatsdienst mit einer entsprechenden Ausbildung gab.[27]

Parallel zu dem politischen und ökonomischen Niedergang der beiden Schreinstädte erfolgte seit den 20er Jahren der Aufstieg von Bagdad zum alles dominierenden politischen und ökonomischen Zentrum des neuen Staates. Aufgrund der besseren Möglichkeiten für den Erwerb des Lebensunterhalts und der Hoffnung auf gesellschaftlichen Aufstieg, wurde Bagdad zum Anziehungspunkt von Hunderttausenden von Menschen, die seit dem Ende der 20er Jahre und vor allem in den letzten Jahren der Monarchie aus den überwiegend von Schiiten bewohnten ländlichen Gebieten in die Stadt zogen.[28] Die wichtigste Ursache für die Landflucht war die große Armut in den meisten ländlichen Provinzen, die vor allem ein Resultat der ungerechten Landverteilung war, die es den Ãai¾’s erlaubt hatte, große Flächen in ihrem Namen zu registrieren, während die Pächter mit hohen Schulden belastet waren. Der Zensus von 1958/1959 zeigt eine große Konzentration von Grund und Boden in den Händen weniger Großgrundbesitzer, denen eine große Anzahl von Besitzern kleinster Parzellen gegenüberstand.[29] Am Ende der Monarchie kontrollierten weniger als 1% der Grundbesitzer mehr als 55% des gesamten in Privatbesitz befindlichen Landes.[30]

Die meisten Migranten ließen sich in sogenannten Sarñfa Vierteln in den Randgebieten Bagdads nieder, deren Häuser vor allem aus Zuckerrohrstangen, Lehm, Schilf und Palmblättern gebaut wurden. Eine Folge dieses Prozesses war die Auflösung der Stammesbeziehungen, der Verbindungen zu den ‘Ulamæ’ der Schreinstädte und der “religiösen Identität“ der Migranten als Schiiten, die, wie bereits gezeigt wurde, im Vergleich zu den schiitischen Gemeinden der Städte ohnehin nur schwach ausgreprägt war.[31] Der Kontakt zu anderen Bevölkerungsteilen und die Abnahme des Analphabetismus beschleunigten diesen Prozeß. Im Jahr 1957 stammten schätzungsweise 29% der Bewohner Bagdads aus anderen Distrikten des Landes, die meisten von ihnen aus den überwiegend von Schiiten bewohnten Provinzen al- Kýt und al- ‘Amæra, wo die Gegensätze in der Landverteilung am größten waren.[32]

3. Entstehung der schiitisch- islamistischen Bewegung im Irak

3.1 Der Staatsstreich vom 14. Juli 1958

Am 14. Juli 1958 putschten Teile der Armee, die sich nach ägyptischem Vorbild in der Gruppe der “Freien Offiziere“ organisiert hatten, stürzten die Monarchie und beseitigten ihre wichtigsten Institutionen und Repräsentanten. Neuer Ministerpräsident wurde der Vorsitzende der Gruppe der “Freien Offiziere“ ‘Abd al- Karñm Qæsim. Der Staatsstreich wurde von der Mehrheit der Bevölkerung in der Hoffnung begrüßt, daß das neue Regime ihre soziale Lage verbessern und die Vorherrschaft der Briten beenden würde. Durch Maßnahmen wie die halbherzige Landreform, die Schließung der britischen Militärbasen im Land und den Austritt aus dem CENTO- Pakt konnten die Offiziere große Popularität gewinnen.

Die zusammengeschlossenen Offiziere vertraten jedoch keine einheitliche politischen Positionen. Sie setzten sich vielmehr aus unterschiedlichen Gruppen zusammen, die, um Verbündete im Kampf um die Macht nach einem gelungenen Staatsstreich zu finden, jeweils in Kontakt mit verschiedenen Parteien standen, wie z.B. den Kommunisten, den Ba‘thisten und verschiedenen anderen arabisch- und irakisch- nationalistischen Strömungen. Ebenso wie viele andere Offiziere, die bis vor dem Putsch klandestin gearbeitet hatten, vertrat Qæsim weder eine politische Partei, hatte weder eine organisierte politische Basis hinter sich noch konnte er sich auf einflußreiche Verwandte oder regionale Klientelnetzwerke stützen. Darum ging er, wenn auch widerwillig und nur für begrenzte Zeit, ein Bündnis mit der Kommunistischen Partei ein.

Obwohl die Wurzeln der kommunistischen Bewegung im Irak bis in die 20er Jahre zurückgehen, wurde sie erst während der letzten zwei Jahrzehnte unter der Monarchie einer der wichtigsten Faktoren des politischen Lebens. Die Irakische Kommunistische Partei (IKP), die im Jahr 1934 gegründet wurde, konnte während der 40er und 50er Jahre eine große Zahl von Anhängern, vor allem in den Armenvororten Bagdads, aber auch in fast allen Provinzen des Irak und auf dem Land gewinnen. Da repräsentative politische Parteien, abgesehen von den monarchiefreundlichen kurzlebigen Klientelverbänden einzelner Politiker nicht zugelassen waren, mußte jede wirkliche Opposition gegen die Monarchie im Untergrund agieren. Die IKP wurde zur stärksten Untergrundpartei des Irak und zur mitgliederstärksten arabischen kommunistischen Partei. Konkurrierende politische Bewegungen, wie es sie in anderen arabischen Ländern gab, wie die Muslimbrüder, oder verschiedene arabisch- nationalistische Parteien, wie die Ba‘½, hatten sich im Irak vergleichsweise spät entwickelt und waren daher weitgehend bedeutungslos. Über die große Zahl ihrer ihrer Mitglieder hinaus hatte die IKP Einfluß auf die meisten Gewerkschaften und hatte Streiks und Demonstrationen für höhere Löhne und bessere Lebensbedingungen mitorganisiert, wie z. B. die Streiks in der Erdölindustrie im April und Mai 1948.[33]

Die IKP übte ebenfalls auf Jugendliche und Studenten eine große Anziehungskraft aus. Wenn irgendeine Partei in den letzten Dekaden der Monarchie zu Recht für sich in Anspruch nehmen konnte, den größten Teil der irakischen Bevölkerung zu repräsentieren, so war es die IKP. In den ersten Monaten unter der Herrschaft Qæsims konnte die IKP ihren Einfluß auf dem Land weiter stärken und überdies ihren Einfluß unter den Streitkräften ausbauen.[34]

Seit dem Jahr 1960 begann Qæsim allerdings zunehmend die Aktivitäten der IKP einzuschränken und die Nationalisten als Gegengewicht zu fördern. So mußte die kommunistische Presse nach und nach ihr Erscheinen einstellen, Minister der IKP wurden aus der Regierung entlassen, die Massenorganisationen der Partei wurden in ihrer Arbeit behindert und schließlich ganz aufgelöst.

3.2 Erste Aktivitäten islamistischer Gruppen

Die islamistische Bewegung irakischer Schiiten entstand seit der Mitte der 50er Jahre, während der letzten Jahre der Monarchie im Umfeld der theologischen Schulen von Karbalæ’, Kæøimain und vor allem von Na™af. Sie wurde anfangs vor allem von ‘Ulamæ’ getragen, die aufgrund der sich verändernden gesellschaftlichen Bedingungen eine Abnahme ihres Prestiges und ihres Einflusses und damit verbunden eine Verschlechterung ihrer materiellen Situation befürchteten. Im wesentlichen war sie eine Reaktion auf die Säkularisierungsbestrebungen des Staates sowie den von den ‘Ulamæ’ als bedrohlich empfundenen zunehmenden Einfluß der Kommunisten, der in vielen Publikationen der Islamisten als “kommunistische Flut“ (madd ãuyý‘ñ) oder “ rote Flut“ (madd a…mar) bezeichnet wurde.

Die schiitischen ‘Ulamæ’, die wenige Jahrzehnte zuvor den ‰ihæd gegen die Briten ausgerufen und 1920 den großen Aufstand gegen die Mandatsmacht mitangeführt hatten, mußten hilflos mitansehen, wie ihr Einfluß auf die schiitische Gemeinschaft aufgrund der gesellschaftlichen Veränderungen spürbar abnahm, und mit der Anzahl ihrer Muqallidýn, auch ihre finanziellen Mittel dahinschmolzen.

Auch die Ausweitung des staatlichen Schulsystems in den 20er und 30e Jahren, minderte den Einfluß der Mu™tahid’s auf die schiitischen Iraker. Selbst religiöse irakische Familien schickten ihre Söhne zunehmend auf staatliche Schulen, deren Absolvierung als Grundvorraussetzung für sozialen Aufstieg und eine Karriere im Staatsdienst galt. Die steigende Bedeutung einer Ausbildung an einer staatlichen säkularen Schule, der sinkende gesellschaftliche Einfluß der Mu™tahids, einhergehend mit der Abnahme ihrer finanziellen Ressourcen, wirkte sich auch auf die Anzahl der Studenten an der „awza von Na™af aus. Am Anfang des 20. Jahrhunderts vor der britischen Invasion 1914 soll die Zahl der Studenten in Na™af noch 12.000 betragen haben, im Jahr 1918 sollen es noch 6.000 gewesen sein.[35] Im Jahr 1957 gab es an der „awza nur noch 1954 Studenten an insgesamt 24 Hochschulen.[36]

Die ‘Ulamæ’ von Na™af waren seit ihrer zwangsweisen Verdrängung aus der Politik und den Deportationen einflußreicher Mu™tahids in den 20er Jahren weitgehend in den theologischen Hochschulen von weiten Teilend er Gesellschaft isoliert und ohne nennenswerten Einfluß auf die Politik geblieben. Zwar hatten bereits seit dem Ende der 40er Jahre einige hohe Mu™tahids wie Mu…ammad „ussain Kæãif al- Õiƒæ’ und ‘Abd al- Karñm al- Zan™ænñ vor der Verbreitung des Kommunismus im Irak gewarnt, doch die politisch engagierten Mu™tahids waren an der „awza zu dieser Zeit nur eine kleine Minderheit. Der größte Teil der ‘Ulamæ’ verhielt sich quietistisch.

Im Gegensatz zu anderen Ländern wie z.B. Ägypten, hatte sich im Irak bis dahin noch keine größere islamistische Bewegung etablieren können. Die Muslimbrüder, und die ursprünglich in Jordanien gegründete “Befreiungspartei“ („izb at- ta…rñr) blieben trotz ihres überkonfessionellen Anspruches vor allem auf die Kreise sunnitischen ‘Ulamæ’ beschränkt und konnten keine Massenbewegungen werden und kaum Schiiten für sich gewinnen. Ihre Zweige im Irak, die auch erst vergleichsweise spät gegründet wurden, blieben daher einflußlos und stellten keine Alternative zur mitgliederstarken und einflußreichen kommunistischen Partei dar.[37]

Die britische Regierung betrachtete die Stärke der IKP ebenfalls mit großer Sorge, wenn auch aus anderen Gründen, und unterstützte die schiitischen ‘Ulamæ’, von denen sie hoffte, sie würden einen Gegenpol zu den Kommunisten bilden. Aufgrund der Empfehlungen britischer Diplomaten an irakische Regierungsstellen, wurde dem Mu™tahid Mu…ammad al- ®æli‡ñ der als “inbrünstiger Antikommunist“ bekannt war, die Rückkehr in den Irak gestattet, um in seinem Geburtsort Kazimain gegen die Kommunisten zu predigen.[38] Am 6. Oktober 1953 kam es in Na™af zu einem Treffen zwischen dem britischen Botschafter, Sir John Troutback, dem US- amerikanischen Botschafter, Burton Y. Barry, und Kæãif al- Õiƒæ’, bei dem sich alle Seiten auf gemeinsame Maßnahmen verständigten. Kæãif al- Õiƒæ’ machte jedoch den “Westen“ indirekt für die Verbreitung des Kommunismus im Nahen Osten verantwortlich, da er den Staat Israel gegen die Araber und darüber hinaus das äußerst unpopuläre System im Irak, das für die Armut der Bevölkerung verantwortlich sei, unterstütze. Darauf sei der Kommunismus eine natürliche Gegenreaktion.[39]

Bereits Anfang der 50er Jahre entstanden in Umfeld der theologischen Schulen Na™afs einige kleine und meist kurzlebige islamistische Gruppen, die in der Regel von den unteren Rängen der ‘Ulamæ’ und Studenten getragen wurden. Viele von ihnen hatten bloß den Charakter von Studienzirkeln, sind jedoch deswegen von Interesse, da aus ihren Kreisen die späteren Kader der „izb ad- da’wa kamen. Die wohl größte dieser Organisationen war die 1951 in Na™af unter der Führung von ‘Izz ad- Dñn al- ‰azæ’irñ gegründete “Munaøøamat aã- ãabæb al- muslim“, die auch an den Universitäten von Bagdad und Mosul Fuß fassen konnte. Sie versuchte mithilfe der Abhaltung von religiösen Festen und Seminaren und der Herausgabe von Büchern und Zeitschriften ein islamistisches Bewußtsein unter den Studenten zu verbreiten. Sie soll auch erste Demonstrationen in Na™af abgehalten haben. Der größte Teil ihrer Mitglieder schloß sich später der „izb ad- da‘wa an.[40]

3.3 Die Gründung der „izb ad- da‘wa al- islæmñya

Das Ziel der politisch engagierten ‘Ulamæ’ war es, die Verbreitung und Vertiefung eines islamischen Bewußtseins bzw. islamistischen Gedankengutes zu fördern, um ihren politischen und gesellschaftlichen Einfluß bzw. ihre Führungsrolle innerhalb der schiitischen Gesellschaft zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Die Frage, ob es legitim sei, aus diesem Grund eine Partei zu gründen, war aber in den Kreisen der schiitischen ‘Ulamæ’ an der „awza Na™af’s höchst umstritten. Vor allem die älteren und konservativeren Mu™tahids vertraten die Ansicht, daß diese Ziele mit traditionellen Mitteln, wie religiösen Studienzirkeln und Freitagspredigten zu erreichen seien. Es waren jedoch nicht allein die quietistischen und konservativen ‘Ulamæ’, die die Gründung einer Partei ablehnten. Auch diejenigen, die selbst die Notwendigkeit zu einer Reform der religiösen Bildungsinstitutionen befürworteten, um von dort aus die “kommunistische Flut“ zu bekämpfen, waren meist der Auffassung, daß dies unter der traditionellen Führung und unter dem Dach der Mar™a‘ñya zu geschehen habe. Murtaøa al- ‘Askarñ, ein führendes Mitglied der Da‘wa schreibt über die Phase unmittelbar vor ihrer Gründung: “ Ich wurde darauf aufmerksam, daß etwas getan werden mußte, [...] aber wen sollte ich ansprechen, wenn das Sprechen über eine islamische Partei in unserer Umwelt beinahe wie ein Unglaube war...“[41]

Die späteren Gründer der Partei kamen in der Regel eher aus den jüngeren Generationen der Studenten und ‘Ulamæ’ der „awza von Na™af. Sie glaubten, daß es neuer, modernerer Ansätze und Organisationsformen bedürfe, um sich den Herausforderungen zu stellen, und islamische Werte wieder stärker in der Gesellschaft zu verankern. Um den nichtislamischen oder als unislamisch verstandenen Parteien entgegnen zu können, müsse ebenfalls eine Partei gegründet werden, die außerhalb des traditionellen Rahmens der „awza agieren solle, um weite Teile der Gesellschaft anzusprechen.[42]

Überlegungen zur Gründung einer islamistischen Partei gingen schon in die Jahre vor 1957 zurück. Bereits seit dem Jahr 1956 gab es regelmäßige Treffen im Haus von Mu…ammad Bæqir a‡- †adr, bei denen aktuelle politische Ereignisse diskutiert und Überlegungen angestellt wurden, wie die eigenen politischen Ziele zu definieren und umzusetzen seien. Neben den bereits erwähnten kleinen schiitischen Gruppen, die im Umfeld der „awza entstanden waren, und denen viele derjenigen angehörten, die an den Treffen in a‡-†adrs Haus teilnahmen, spielten auch die Erfahrungen und Ideologien sunnitisch- islamistischer Parteien und Gruppen bei den Überlegungen zur Parteigründung eine Rolle. Großen Einfluß hatten Schriften, wie “Ma‘ælim fñ- ƒ- ƒarñq“ von Sayyid Quƒb und “Mu²akkiræt ad- da‘wa wa- d- dæ‘ñya“, die Autobiographie „assan al- Bannæ’s, des Führers der ägyptischen Muslimbrüder. Es gab aber auch personelle Verbindungen zu den Muslimbrüdern und zur 1952 gegründeten sunnitisch- islamistischen „izb at- ta…rñr ( Befreiungspartei).

Über das Gründungsdatum der „izb ad- Da‘wa gibt es unterschiedliche Angaben. Während die einen davon ausgehen, daß sie nach der Revolution vom Juli 1958 gegründet wurde,[43] nennen andere, darunter auch die „izb ad- da‘wa selbst, ein Treffen im Winter 1957 als Gründungsdatum.[44] Die Gründungsmitglieder waren u.a. Mu…ammad Bæqir a‡- †adr, Murtaøa al- ‘Askarñ, Mu…ammad Mahdñ al- „akñm, Mu…ammad Bæqir al- „akñm, Mu…ammad †ædiq al- Qæmýsñ, †æli… al- Adñb, ‘Abd a‡-†æ…ib „ussain Da¾ñl und „assan Ãubbar.[45] Die überwiegende Zahl der Gründer und der ersten Führer der Da‘wa waren ‘Ulamæ’ verschiedener Ränge an der „awza von Na™af, die Laien waren vor allem Angehörige der Mittelklasse, Akademiker, und arbeiteten meist in wissenschaftlich/ technischen Berufen.[46]

Die Parteigründung hatte innerhalb der „awza eine Spaltung in Befürworter und Gegner dieses Projekts zur Folge, da die „izb ad- da‘wa nicht nur eine Herausforderung des bestehenden politischen Systems, sondern auch eine Alternative zu den traditionellen Strukturen der Mar™a‘ñya darstellte. Aufgrund der Tatsache, daß zwei der Söhne des obersten Mar™a‘ der Schiiten, Æyatullæh Mu…sin al-„akñm, unter den Gründern waren, bestanden jedoch zwischen der Da‘wa und dem traditionellen religiösen Establishment zunächst sehr gute Beziehungen, wodurch dieser Widerspruch verdeckt werden konnte: “Man kann sagen, daß die „izb ad- da‘wa im Schatten der Mar™a‘ñya von Sayyid al- „akñm gedieh und sie gute Beziehungen zur Partei pflegte.“[47]

Die Auseinandersetzungen innerhalb der „awza über die Legitimität einer Beteiligung am Parteiwesen (…izbñya) waren mit der Gründung der „izb ad- da‘wa trotz der faktischen Schirmherrschaft Mu…sin al- „akñms, keineswegs beendet. Immer wieder waren die Gründer der „izb ad- da‘wa gezwungen, ihre Aktivitäten gegenüber ihren Kritikern in der „awza zu rechtfertigen, wie z.B. Mu…ammad Bæqir a‡-†adrs in einer Schrift mit dem Titel “Über den Namen und die Organisationsform der „izb ad- da‘wa“. Darin führt er aus, daß das Ziel, die Gesellschaft nach den Gesetzen des Islam auszurichten, nur durch eine Organisierung und Bündelung der islamischen Aktivitäten zu erreichen sei. Da die Ãarñ‘a den Muslimen keine Vorschriften über die zu wählende Organisationsform mache, mit denen sie einen gesellschaftlichen Wandel herbeiführen sollten, sei die Gründung einer Partei ein erlaubtes Mittel, um die Lehre des Islam zu verbreiten. Die Praxis verschiedener Organisationen in der Welt habe bewiesen, daß die Organisation [in einer Partei, F.B.] ein erfolgreicher Weg sei, die Gesellschaft zu verändern, ob zum Guten oder zum Schlechten. Allein deshalb, weil das Parteienwesen im Westen große Verbreitung habe, sei es nicht für Muslime verboten, vielmehr, so a‡- †adr, sollten sie sich dieser effektiven, zeitgenössischen Methode bedienen, so wie auch Mu…ammad sie angewandt hätte, würde er in der heutigen Zeit leben : “ If the Prophet, may peace be upon him and his household, had lived in our age, he would have, as a result of his wisdom, used the suitable modern means of propagation and communication. The truth is, that his means of propagation was not far different from the cellular organisation.“[48] Über den Unterschied zwischen einer “islamischen“ und einer anderen Partei schreibt a‡- †adr, daß dieser Unterschied “...aus der Natur des Islam und der Natur der anderen Prinzipien erfolgt. Denn diejenigen, die in einer islamischen Organisation tätig sind, arbeiten für die Botschaft Gottes (risælat Allæh) und nicht für die Botschaft des Menschen und sie befolgen die Vorschriften Gottes (a…kæm Allæh) und sie folgen nicht einem Menschen und sie erhalten ihre Belohnung (™azæ’) von Gott und nicht von einem Menschen“.[49]

Der Terminus “da‘wa“ bedeutet im ursprünglichen religiösen Sinn die Aufforderung Gottes und seines Propheten an die Menschheit, den Islam anzunehmen. Die Tatsache, daß sich die Partei an Menschen wendet, die ihrer Praxis und ihrem Selbstverständnis nach bereits Muslime sind, impliziert, daß diese den Islam falsch praktizieren, ein falsches oder kein ausreichendes Verständnis vom Islam haben, d.h. nicht dem umfassenden Verständnis der Da‘wa- Gründer vom Islam als “Religion, Politik und politische Tat “ (dñn, sñyæsa wa ‘amal sñyæsñ) folgen.[50] Der Name der Partei “„izb ad- da‘wa al- islæmñya“ geht auf einen Vorschlag von a‡- †adr zurück: “Der Name Da‘wa islæmñya ist der natürliche Name für unser Handeln und die rechtmäßige Erklärung unserer Aufgabe in dem Ruf (da‘wa) der Menschen zum Islam. Und es besteht kein Hinderungsgrund, daß wir uns selbst zur Partei, zur Bewegung und zur Organisation bekennen, denn wir sind die Partei Gottes (…izb Allæh), Anhänger Gottes (an‡ær Allæh) und Anhänger des Islam und wir sind eine Bewegung innerhalb der Gemeinschaft und eine Organisation in der Aktion, und in allen Bereichen sind wir Rufer (dý‘æt) zum Islam und unsere Arbeit ist der Ruf (da‘wa) zum Islam.“[51].

3.4 Die islamistische Bewegung während der Regierungszeit Qæsim’s

Schon kurze Zeit nach Gründung der „izb ad- da’wa gelang es Parteistrukturen in anderen Teilen des Irak, außerhalb von Na™af aufzubauen, zuerst in Karbalæ’, Bagdad und Kæøimain, später auch in Basra. Bei der Werbung neuer Mitglieder bediente sich die Da‘wa in den ersten Jahren auch der traditionellen Strukturen der Mar™a‘ñya Mu…sin al- „akñms, der der Da‘wa wohlwollend gegenüberstand und dessen Repräsentanten (wukalæ’) in den verschiedenen schiitischen Städten des Irak Gründungsmitglieder der Da‘wa waren. So war waren die Da‘wa Mitglieder Murtaøa al- ‘Askarñ, Alñ al- Kawrænñ und Mu…ammad Mahdñ Ãams ad- Dñn, Wakñl von Mu…sin al- „akñm in Bagdad, ‘in al- ®æli‡ und in ad- Dñwænñya.[52] Auf diese Weise konnten viele Personen gezielt über das Netzwerk der Repräsentanten (wukalæ’) al- „akñms in den verschiedenen Landesteilen für die Partei geworben werden. Anfang 1959 hielt die Da‘wa ihre erste Parteikonferenz in Karbalæ’ ab, auf der beschlossen wurde, die politisch aktive Mar™a‘ñya im Kampf gegen den Kommunismus zu unterstützen.

Die Da‘wa arbeitete ebenfalls mit den bereits existierenden islamistischen Gruppierungen und Parteien, sowohl aus dem sunnitischen Spektrum, wie der „izb at- ta…rñr und den Muslimbrüdern, als auch mit den oben erwähnten schiitischen Gruppen zusammen. Aufgrund ihrer guten Beziehungen zu Mu…sin al- „akñm konnte sie ihren Einfluß schon bald auf Kosten letzterer ausdehnen und neue Anhänger gewinnen..[53]

Gegen Ende des Jahres 1958 wurde an der „awza von Na™af eine weitere politische Gruppe mit dem Namen “‰amæ‘at al- ‘ulamæ’ fñ Na™af al- aãraf“ (Gemeinschaft der Ulama Na™afs) gegründet, die ähnlich wie die Da‘wa eine Zurückdrängung des Einflusses der IKP anstrebte und gegen alle Säkularisierungsbestrebungen des Regimes unter Qæsim auftrat. Anders als in der Da‘wa, in der auch Laien Mitglieder waren, wenn zunächst auch nur wenige, bestand die ‰amæ‘at al- ‘ulamæ’ ausschließlich aus älteren und ranghohen‘Ulamæ’. Mu…ammad Bæqir Al- „akñm benennt als ihre Mitglieder allein 14 Personen, die im Rang eines Æyatullæh waren.[54] Es gab zwischen der Da‘wa und dieser Gruppe große inhaltliche Gemeinsamkeiten und personelle Verflechtungen. Auch wenn Mu…ammad Bæqir a‡-†adr selbst wegen seines jungen Alters damals nicht Mitglied der ‰amæ‘at al- ‘ulamæ’ wurde, war er sehr aktiv in ihren Kreisen und verfaßte aufgrund seines intellektuellen Ansehens die beiden ersten öffentlichen Erklärungen der Gruppe, ihren wöchentlichen Rundbrief und die vielbeachtete, einleitende Kolumne in ihrer Zeitung “al- Ašwæ’ al- islæmñya“ (Die islamischen Lichter) unter dem Titel “Risælatunæ“ (Unsere Botschaft).[55]

Um ihr Ziel, die Verankerung eines islamischen Bewußtseins in der Bevölkerung, zu erreichen, wurden in Bagdad und Basra religiöse Schulen, aber auch Gesundheitszentren und karitative Einrichtungen überall dort gegründet, wo der Staat diese Dienste nicht anbot oder diese unbezahlbar waren. Weitere Aktivitäten bestanden in der Herausgabe von Zeitschriften und Büchern und der Gründung von Bibliotheken. Außerdem organisierte die ‰amæ‘at al- ‘ulamæ’ Versammlungen und Umzüge anläßlich von religiösen Festtagen, wie den Geburts- und Todestagen der Imame. Finanziert wurde die Gruppe ebenso wie die „izb ad- da‘wa vor allem durch den Mar™a‘ Mu…sin al- „akñm.

Die personellen Verflechtungen der Gruppen und Personen untereinander lassen häufig die exakte Zuordnung einer bestimmten Institution, wie einer Bibliothek, einer „ussainiya oder einer karitativen Einrichtung, nicht zu. Das betrifft auch die Zeitschrift “al-Ašwæ’ al- islæmñya“, die zwar von der ‰amæ‘at al-‘Ulamæ’ herausgegeben wurde, in der aber neben a‡- †adr auch eine ganze Reihe weiterer Da‘wa- Mitglieder publizierten, so daß sie gleichermaßen als Sprachrohr der Da‘wa betrachtet werden kann.[56]

Die Führung der islamistischen Bewegung im Irak, die in ihrem Anfangsstadium Ende der 50er Jahre vielleicht zutreffender als ein größerer Kreis Gleichgesinnter an der „awza von Na™af bezeichnet werden kann, lag bis zu dem Tod des Mar™a‘ Mu…sin al- „akñm im Jahr 1970 in dessen Händen. Sowohl die Da‘wa, als auch die ‰amæ‘at al- ‘ulamæ’ waren Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre insgesamt noch zu klein und zu unbedeutend, um direkten Einfluß auf die politischen Auseinandersetzungen im Irak nehmen zu können.

Die beiden wichtigsten Streitfragen, an denen sich der Widerstand der Islamisten gegen die Regierung unter Qæsim artikulierte, waren das neue Personenstandsgesetz und die Landreform. Durch die Landreform, die unter maßgeblicher Beteiligung der IKP durchgeführt wurde, wurde die Größe des privaten Großgrundbesitzes eingeschränkt, wodurch die ökonomische und politische Macht der Großgrundbesitzer gebrochen werden sollte, die durch ihre ®ums- Abgaben zu den wichtigsten finanziellen Unterstützern des schiitischen Klerus gehörten.[57] Al- „akñm und seine Söhne protestierten in Telegrammen an den Premierminister vehement gegen die Landreform, die sie als unvereinbar mit dem islamischen Gesetz erklärten, da sie auch Enteignungen mit einschloß. Unterstützung erhielten die irakischen ‘Ulamæ’ von einigen Mu™tahids aus dem Iran. Im Februar 1960 erließ der in Qum ansässige Æyatullæh Buru™irdñ eine Fatwa gegen die Landreform, gefolgt vom iranischen Æyatullæh Mu…ammad Mýsawñ Ba…bahænñ.[58]

Als die Regierung am 30. 12. 1959 ein neues Personenstandsgesetz verabschiedete, traf es auf heftigen Widerstand der ‘Ulamæ’, die es als einen alarmierenden Hinweis auf den Einfluß der Kommunisten sowie als eine weitere Maßnahme der Regierung betrachteten, um den Einfluß der Mu™tahids auf ihre schiitischen Anhänger (muqallidýn) zu schwächen. Auch die ‰amæ‘at al- ‘Ulamæ’ trat in der Öffentlichkeit dagegen auf. Auf ihren Widerstand traf neben anderen Aspekten des Personenstandsgesetzes vor allem die Neuregelung der gesellschaftlichen Stellung der Frau. So sollte das Mindestheiratsalter auf 18 Jahre angehoben, die Polygamie eingeschränkt und eine Gleichberechtigung der Frauen in Erbschaftsangelegenheiten rechtlich fixiert werden.[59]

Trotz der erwähnten Auseinandersetzungen war jedoch das Verhältnis zwischen der Da‘wa und der Mar™a‘ñya einerseits und Qæsim andererseits nicht in dem Maß gespannt, wie das bei seinen Nachfolgern der Fall war. Qæsim war offensichtlich darum bemüht, sein Verhältnis zu den führenden schiitischen Mu™tahids nicht weiter zu verschlechtern, was er z.B. mit einem Besuch bei Mu…sin al- „akñm anläßlich dessen Aufenthaltes im Krankenhaus demonstrierte. Qæsim wurde zwar von den Islamisten für seine Politik kritisiert, die heftigsten Angriffe trafen aber immer die Kommunistische Partei, die für die Säkularisierungsmaßnahmen während seiner Regierungszeit verantwortlich gemacht wurde. In einer Anfang des Jahres 1960 erlassenen Fatwa erklärte Mu…sin al- „akñm die Mitgliedschaft in der KP für unvereinbar mit dem islamischen Gesetz: “Es ist nicht erlaubt, der kommunistischen Partei anzugehören; denn das ist Unglaube und Gottlosigkeit (kufr wa ilhæd) oder Förderung des Unglaubens und der Gottlosigkeit. Gott beschütze Euch und alle Muslime davor und stärke Euch im Glauben und in der Gottergebenheit.“[60] Die Fatwa al- „akñms wurde von einer großen Anzahl prominenter Mu™tahids bestätigt, unter ihnen Murtaøa Æl Yæsñn, ‘Abd al- Karñm al- ‰azæ’irñ und Abý- l- Qæsim al- ®ý’ñ, der im allgemeinen als “unpolitisch“ bezeichnet wird. Hinter dem Muqallid, der al- „akñm um die Fatwa gebeten hatte, stand wahrscheinlich die Ba‘½ - Partei, die auf diese Weise versuchte, die KP, ihre größte Konkurrentin, zu schwächen.[61] Andere ‘Ulamæ’ erließen ähnliche Fatwas gegen die KP. So verkündete Murtaøa Æl Yæsñn im April 1960, daß die Zugehörigkeit zur IKP eine der größten Sünden sei. Mirøa Mahdñ Ãñræzñ erklärte, daß Gebete und Fasten von Muslimen, die den Kommunismus angenommen haben, von Gott nicht akzeptiert würden; später im selben Jahr erließ er eine Fatwa, nach der Muslime kein Fleisch von einem kommunistischen Schlachter kaufen dürften und daß ein Sohn, wenn er Kommunist sei, seinen Vater nicht beerben dürfe.[62] Es wird jedoch von den meisten Autoren bezweifelt, daß der Erlaß der verschiedenen Fatwas, von denen die von al- „akñm die wichtigste war, Auswirkungen auf die Anhängerschaft der KP hatte. Zumindest ist es zu keinen größeren Austritten in der folgenden Zeit gekommen.[63] Die Fatwa nützte jedoch indirekt der Ba‘½- Partei, deren Mitglieder sie vervielfältigt und in der Öffentlichkeit verteilt haben sollen.[64]

Widerstand gegen die Aktivitäten der „izb ad- Da‘wa und anderer islamistischer Organisationen, kam in erster Linie von der IKP und den arabischen Nationalisten. Bereits in den ersten Monaten von Qæsims Herrschaft hatte es es verschiedene gewalttätige Zusammenstöße zwischen den Anhängern beider Lager in Na™af, Karbalæ’ und Kæøimain gegeben. Ein interner Bericht der IKP in Basra von 1962 stellte die Notwendigkeit fest, “eine reaktionäre Organisation, verbunden mit den ‘Ulamæ’ von Na™af“ zu bekämpfen. Eine Publikation der libanesischen KP konnte sogar den Namen dieser Partei als “„izb ad- da‘wa al- islæmñya“ identifizieren.[65] Auch al- „akñm, der durch seine Unterstützung der Da‘wa und durch seine Fatwa eine eindeutige Position bezogen hatte, wurde zum Ziel von Angriffen. So sollen Demonstranten vor seinem Haus Bilder eines Esels mit einer aufgemalten Brille gezeigt haben, auf denen “Der Esel al- „akñm“ (…imær al- „akñm) geschrieben stand.[66]

[...]


[1] Vgl.: Mallat, Chibli, The Renewal of Islamic Law. Muhammad Baqer al- Sadr, Najaf and the Shii International, London 1993, S. 15 ; Rahe, Jens- Uwe, Irakische Schiiten im Londoner Exil. Eine Bestandsaufnahme ihrer Organisationen und Untersuchung ihrer Selbstdarstellung (1991- 1994), in: Heine, Peter (Hrsg.), Al- Rafidain. Jahrbuch zur Geschichte und Kultur des Modernen Iraq 4, Würzburg 1996 , S. 28

[2] Die wichtigsten davon sind: Litvak, Meir, Shi’i Scholars of Nineteenth- Century Iraq. The Ulama of Najaf and Karbala, Cambridge 1998 ; Luizard, Pierre- Jean, La Formation de l- Irak contemporain. Le rôle politique des ulémas chiites a la fin de la domination ottomane et au moment de la création de l’État irakien, Paris 1991; Nakash, Yitzhak, The Shi ‘is of Iraq, Princeton N. J. 1994

[3] Vgl.: al- ‘Abdallæh, „æmid, „izb ad- da‘wa al- islæmñya. Øurýf an- naã‘at wa- l- fikr al- …arakñ, Kuwait ( Dær Qurƒaã li- l- naãr) 1997 ;‘Alæwñ, „ussain, „izb ad- da‘wa al- islæmñya. Aãkalñyæt a‡- ‡iræ‘, o.O. 1999 ; al- ®urasæn, †alæ…, „izb ad- da‘wa al- islæmñya. Haqæ’iq wa wa½æ’iq. Fu‡ýl min ta™ribat al- …arakat al- islæmñya fñ- l- ‘Iræq ¾ilæla 40 ‘æman, Damaskus ( al- Mu’assasa al- ‘arabñya li- l- diræsæt wa- l- bu…ý½ al- istrætñ™ñya) 1999 ; Ra’ýf, ‘Ædil, „izb ad- da‘wa al- islæmñya. Al- Masñrat wa- l- fikr al- …arakñ, Beirut (Markaz ad- Diræsæt al- Istrætñ™ñya wa- l- bu…ý½ wa- l- taw½ñq) 1999

Die kritischste Arbeit ist die von „æmid al- ‘Abdallæh, der als einziger der genannten Autoren einen strikt wissenschaftlichen und neutralen Standpunkt einnimmt.

[4] Vgl.: Wiley, Joyce N., The Islamic Movement of Iraqi Shi ‘as, London 1992

[5] Vgl.: Rahe, Jens- Uwe, a.a.O., S. 104

[6] Zu Verlauf und Ausgang des Konflikts vgl.: Halm, Heinz, Die Schia, Darmstadt 1988, S. 121 ff

[7] Mit dem Begriff “heilige Schwellen“ (‘atabæt muqaddasa) bezeichnen die Schiiten die Grabstätten von ‘Alñ und „ussain in Na™af und Karbalæ’.

[8] Die schiitische Gesellschaft ist theoretisch in zwei unterschiedliche Kategorien von Personen gespalten. Auf der einen Seite stehen die Mu™tahids, die eine kleine Anzahl qualifizierter Spezialisten auf dem Gebiet des Rechts sind. Aufgrund ihrer in jahrelangem Studium erworbenen Fähigkeiten sind allein sie zum I™tihæd, d.h. mittels rationaler Überlegungen zur Deduktion von Gutachten auf allen Gebieten des Rechts aus den Quellen Koran, Sunna des Propheten und Sunna der Imame fähig. Auf der anderen Seite stehen die Muqallidýn, die dazu verpflichtet sind, in Ermanglung dieser Kenntnisse den Urteilen eines von ihnen frei zu wählenden Mu™tahid zu folgen, d.h. Taqlñd zu üben. Die Bedeutung eines Mu™tahid hängt u.a. von seinem Ruf als Gelehrter und der Zahl der Muqallidýn ab, die seinem Urteil folgen. Innerhalb der Mu™tahids hat sich inzwischen eine Hierarchie verschiedener Ränge herausgebildet die vom Titel “„uggat al- Islæm wa- l- Muslimñn“ bis hin zum Æyatullæh mehrere Stufen umfaßt, von denen die höchste der Titel des “Mar™a‘ at- Taqlñd“ nur sehr wenigen zuerkannt wird. Vgl.: Halm, Heinz, a.a.O., S. 84 ff ; S. 134/135

[9] Vgl.: Nakash, Yitzhak, a.a.O., S. 20/21

[10] Eigentlich Bedeutung: Gebiet, Territorium ; Der Begriff bezeichnet die theologischen Hochschulen, Büchereien, angeschlossene Wohnkomplexe usw. und ist vergleichbar mit der Bedeutung des lateinischen “Campus“.

[11] Zum Verlauf der Ausbildung an der „awza vgl.: Litvak, Meir, a.a.O., S. 39 ff ; Mallat, Chibli, The Renewal of Islamic Law. Muhammad Baqer al- Sadr and the Shii International, a.a.O., S. 38 ff ; Jamali, Fadil, The Theological Colleges of Najaf, in: MW 50,3 (1960), S. 15 ff, S. 18/19

[12] Vgl.: Nakash, Yitzhak, a.a.O., s. 144 ff ; al- Wardi, Ali, Soziologie des Nomadentums. Studien über die irakische Gesellschaft, Darmstadt 1972., S. 286-289

[13] Vgl.: Ibrahim, Ferhad, Konfessionalismus und Politik in der arabischen Welt. Die Schiiten im Irak, Münster (Konfrontation und Kooperation im Vorderen Orient 2) 1997, S. 33 ff ; Luizard, Pierre- Jean, a.a.O., S. 190 ff ; Nakash, Yitzhak, a.a.O., S. 4

[14] Der ®ums ist eine der Haupteinnahmequellen der schiitischen ‘Ulamæ’. Die Muqallidýn eines Mu™tahid folgen nicht nur seinem Urteil, sondern finanzieren ihn, indem sie ihm den sog. “Anteil des Imam“ (sahm al- imæm) zukommen lassen, der aus der Hälfte des “Fünft“ (¾ums) ihres jährlichen Einkommens besteht. Die Grundlage für die Verteilung des ®ums bildet der Koranvers “Wenn Ihr irgendwelche Beute macht, gehört der fünfte Teil davon Gott und dem Gesandten und den Verwandten, den Waisen, den Armen und dem, der unterwegs ist,“ (Koran 8,41 Übersetzung bei: Paret, Rudi (Hrsg.), Der Koran, Stuttgart (Zweite Auflage) 1982, S. 146) Anders als bei den Sunniten, wo sich der ®ums nur auf die Kriegsbeute bezieht, wenden die Schiiten ihn auf jede Art von Gewinn an, so daß er faktisch die Funktion einer “Einkommensteuer“ hat. Der Anteil des Imam besteht aus dem Anteil der ersten drei im Vers genannten Empfänger und soll in der Abwesenheit des Imam al- Mahdñ den ‘Ulamæ’ zukommen. Die andern drei Teile werden ebenfalls von den ‘Ulamæ’ eingesammelt, sollen jedoch an die im Vers genannten Empfänger ( d.h. die Sayyids) verteilt werden. Mit dem steigenden Ruf eines Mu™tahids steigt in der Regel auch die Anzahl seiner Muqallidýn und daher steigen auch seine finanziellen Einkünfte. Viele ‘Ulamæ’, vor allem die der niederen Ränge, und demzufolge auch ihre Studenten hatten Zeit ihres Lebens in Armut gelebt. Vgl.: Halm, Heinz, a.a.O., S. 136 ; Meir Litvak geht jedoch davon aus, daß das Motiv der Einziehung des ®ums aufgrund der Armut der Stämme hinter den anderen Motiven zurückstand. Vgl.: Litvak, Meir, a.a.O., S. 131

[15] So wird die Grabstätte von ‘Abbæs in Karbalæ’ als wichtigstes Heiligtum betrachtet. Bewohner eines Dorfes erzählten al- Wardi, “... Man könne es wagen, beim Propheten und bei den größten Imamen falsche Eide zu schwören, doch niemals beim Imam Abbas.“ Der Einfluß und die Bedeutung von ‘Abbæs zeige sich in allen Bereichen des religiösen und gesellschaftlichen Lebens. Vgl.: al- Wardi, Ali, a.a.O., S. 276.

[16] Vgl.: Batatu, Hanna, Iraq’s Underground Shi ‘a Movements. Characteristics, Causes and Prospects, in: MEJ 35,4 (1981), S. 578 ff, S. 583

[17] Vgl.: Batatu, Hanna, Iraq’s Shia , their Political Role, and the Integration into Society, in: Storwasser, Barbara F. (Hrsg.), The Islamic Impulse, London 1987, S. 204 ff, S. 204

[18] Vgl.: Luizard, Pierre- Jean, a.a.O., S. 319 ff ; ar- Rahñmñ, ‘Abd al- „alñm, Tærñ¾ al- …arakat al-islæmñya fñ- l- ‘Iræq. Al- ™u²ýr al- fikrñya wa- l- wæqi‘ at- tærñ¾ñ (1900- 1920), Beirut 1985, S. 297/298

[19] Vgl.: Wiley, Joyce N., S. 16 ; Batatu, Hanna, The Old Social Classes and the Revolutionary Movements of Iraq. A Study of Iraq’s old Landed and Commercial Classes and its Communists, Ba’athists and Free Officers, Princeton 1978, S. 23

[20] Im Zentrum der Diskussion steht bis heute die Frage, ob der Aufstand primär schiitisch- islamisch oder irakisch - nationalistisch orientiert war. Zum Aufstand von 1920 vgl. u.a. : Bender, Larissa, Die Irakischen Schiiten und der Aufstand von 1920, (Unveröffentlichte Magisterarbeit) Berlin 1987 ; Vinogradov, Amal, The 1920 Revolt in Iraq Reconsidered. The Role of Tribes in National Politics, in: IJMES 3 (1972) , S. 123 ff

[21] Vgl.: Nakash, Yitzhak, a.a.O., S. 79 ; Luizard, Pierre- Jean, a.a.O., S. 459 ff

[22] Vgl.: Kedourie, Elie, The Iraqi Shiis and their Fate, in: Kramer, Martin (Hrsg.), Shiism, Resistance, and Revolution, Boulder 1987, S. 135 ff, S. 150/151

[23] Vgl.: Nakash, Yitzhak, a.a.O., S. 88 ff; Batatu, Hanna, The Old Social Classes and the Revolutionary Movements of Iraq, a.a.O., S. 119 ; Ibrahim, Ferhad, a.a.O., S. 77 ff

[24] Vgl.: Ibrahim, Ferhad, a.a.O., S. 126

[25] Vgl.: Ibrahim, Ferhad, a.a.O., S. 135

[26] So stammten von den 23 Premierministern aus der Periode der Monarchie 13 aus Bagdad und vier aus Mosul. Allein 14 von ihnen hatten ihre Ausbildung zumindest teilweise in Istanbul genossen. Neun von ihnen waren Offiziere, von denen sechs an der Seite Fai‡al’s am Arabischen Aufstand teilgenommen hatten. Vgl.: Batatu, Hanna, The Old Social Classes and the Revolutionary Movements of Iraq, a.a.O., S.186

[27] Vgl.: Sluglett, Peter, Farouk- Sluglett, Monika, Some Reflections on the Sunni/Shi’i question in Iraq, in: BSMES Bulletin 5,2 (1978), S. 79 ff , S. 80/81

[28] Allein in den Jahren 1947- 1957 soll die Zahl der Migranten etwa 500.000 betragen haben. Vgl.: Ibrahim, Ferhad, a.a.O., S. 145

[29] Demnach umfaßten 2% aller registrierten Parzellen 68% des gesamten kultivierbaren Landes, gegenüber 68% der Parzellen, die zusammen 11% des kultivierbaren Landes ausmachten. Vgl.: Gabbay, Rony, Communism and Agrarian Reform in Iraq, London 1978, S. 36/37

[30] Vgl.: Batatu, Hanna, The Old Social Classes and the Revolutionary Movements of Iraq, a.a.O., S. 55/56

[31] Vgl.: Farouk- Sluglett, Marion, Sluglett, Peter, Der Irak seit 1958. Von der Revolution zur Diktatur, Frankfurt am Main 1991, S. 204 ; Nakash, Yitzhak, a.a.O., S. 97

[32] Vgl.: Ibrahim, Ferhad, a.a.O., S. 145

[33] Vgl.: Batatu, Hanna, The Old Social Classes and the Revolutionary Movements of Iraq, a.a.O., S. 625 ff

[34] Zur IKP vgl.: Batatu, Hanna, The Old Social Classes and the Revolutionary Movements of Iraq, a.a.O., S. 485 ff ; Ibrahim, Ferhad, a.a.O., S. 163 ff ; Farouk- Sluglett, Marion, Sluglett, Peter, a.a.O., S.72 ff

[35] Vgl.: Wiley, Joyce N., a.a.O., S. 74 ; Baram, Amatzia, Two Roads to Revolutionary Shi’ite Fundamentalism in Iraq, in: Marty, M.E., Appleby R.S. (Hrsg.), Accounting for Fundamentalisms. The Dynamic Character of Movements, Chicago 1994, S. 531 ff, s. 535

[36] Von den 1954 Studenten kamen 896 aus dem Iran, 326 aus dem Irak, 324 aus Pakistan, 270 aus Tibet 71 aus Indien oder Kaschmir und 71 aus dem Libanon und 20 aus anderen Ländern, z.B. aus Ba…rain. Vgl.: Jamali, Fadil, a.a.O., S. 15

[37] Vgl.: Ibrahim, Ferhad, a.a.O., S. 173

[38] Vgl.: Nakash, Yitzhak, a.a.O., S. 134 ; Wiley, Joyce N., a.a.O., S. 24

[39] Vgl.: Ibrahim, Ferhad, a.a.O., S. 169 ; Wiley, Joyce N., a.a.O., S. 23 ; Mallat, Chibli, The Renewal of Islamic Law. Muhammad Baqir as- Sadr, Najaf and the Shii International, a.a.O., S. 9

[40] Weiter kleinere schiitisch islamistische Organisationen in den 50er Jahren waren :

- „izb al- ™a‘farñ, gegründet in Na™af, u.a. von „assan Ãubbar, Mu…ammad †ædiq al- Qamýsñ und ‘Abd a‡- †æ…ib ad- Da¾ñl ( alles spätere „izb ad- da‘wa Mitglieder)

- Munaøøamat al- muslimñn al- ‘aqæ’idiyñn, gegründet 1954 in Na™af, ebenfalls von al- ‰azæ’irñ

- Ãabæb al-‘aqñda wa- l- ñmæn, ein im Jahr 1957 in Na™af von Studenten der „awza gegründeter Studienzirkel

Zu den Vorläuferorganisationen der Da‘wa vgl.: al- ®urasæn, †alæ…, a.a.O., S. 35 ff ; Ibn an- Na™af, ®aƒñb, Tærñ¾ al- …arakat al- islæmñya al- mu‘æ‡ira fñ- l- ‘Iræq, Beirut ( Dær al- Maqdisñ) 1981, S. 39 ff

[41] †awt ad- Da‘wa, 15. April 1993, S. 4, zitiert nach: Ibrahim, Ferhad, a.a.O., S. 194 ; Auch ein anderer Da‘wa Sprecher berichtet über die negative Einstellung an der „awza gegenüber einer parteipolitischen Organisierung: “ ... many of those religious people who believed in hollow religiosity accused anyone who belonged to an Islamic Party, let alone anyone who established an Islamic Party of deviation from the road of correct Islam and of connection with infidel imperialism.“ Zitiert nach: Baram, Amatzia, Two Roads to Revolutionary Shi’ite Fundamentalism in Iraq, a.a.O., S. 536

[42] Vgl.: al- ‘Abdallæh, „æmid, a.a.O., S. 22-24

[43] Vgl.: Ibrahim, Ferhad, a.a.O., S. 191 ; Wiley, Joyce N., a.a.O., S. 32

[44] Vgl.: al- ®urasæn, †alæ…, a.a.O., S 59 ; „izb ad- da‘wa al- islamñya, Barnæmi™unæ. al- Bayæn wa- l-barnæma™ as- sñyæsñ li- …izb ad- da‘wa al- islæmñya, London 1992 , S. 15

Einige Autoren nennen fälschlicherweise die frühen oder späten 60er Jahre als Gründungsdatum, oder spekulieren wie z.b. Abdulaziz Sachedina über eine Beteiligung des Schah von Persien oder Khomeinis. Vgl.: Batatu, Hanna, Iraq’s Underground Shi ‘a Movements. Characteristics, Causes and Prospects, a.a.O., S. 578; Farouk- Sluglett, Marion, Sluglett, Peter, a.a.O., S. 206 ; Sachedina, Abdulaziz A., Activist Shi ‘ism in Iran, Iraq and Lebanon, in: Marty, M.E., Appleby, R. S. (Hrsg.), Fundamentalisms observed, Chicago 1991, s. 403 ff, S. 443

[45] Zu den Biographien einiger Gründungsmitglieder vgl.: al- ®urasæn, †alæ…, a.a.O., S. 70 ff

[46] Vgl. Ibrahim, Ferhad, a.a.O., S. 192

[47] Ra’ýf, ‘Ædil, a.a.O., S. 23

[48] a‡- †adr, Mu…ammad, Bæqir, „awla- l- ism wa- ã- ãakl at- tanøñm li- …izb ad- da‘wa al- islæmñya, in: al- i‘læm al- markazñ li- …izb ad- da‘wa al- islæmñya (Hrsg.), Min fikr ad- da‘wa al- islæmñya 13, o.O., o.D., zitiert nach: Aziz, Talib, The Islamic political Theory of Muhammad Baqir al- Sadr of Iraq.(Diss.) Salt Lake City 1991., S. 283 ; Vgl.: Ra’ýf, ‘Ædil, a.a.O., S. 9 ; Baram, Amatzia, Two Roads to Revolutionary Shi’ite Fundamentalism in Iraq, a.a.O., S. 537

[49] a‡- †adr, Mu…ammad, Bæqir, „awla- l- ism wa- ã- ãakl at- tanøñm li- …izb ad- da‘wa al- islæmñya, a.a.O., S.10, zitiert nach: al- „amdænñ, ³ælib ‘Azñz, al- Imæm a‡- †adr fñ- l- …arakat as- sñyæsñya wa- d- dawlat al- islæmñya, in: Mu’assasat Dær al- Islæm (Hrsg.), Mu…ammad Bæqir a‡- †adr. Diræsæt fñ …ayætihi wa fikrihi, Beirut, 1996, S. 562

[50] Vgl.: „izb ad- da‘wa al- islæmñya (Hrsg.), ­aqæfat ad- da‘wa al- islæmñya, Bd. 1-4, Teheran 1981- 1989, Bd. 1, S. 21, zitiert nach: Ibræhñm, Fu’æd, al- Faqñh wa- d- dawlat. al- Fikr as- sñyæsñ aã- ãñ‘ñ, Beirut 1998, S. 335

[51] „izb ad- da‘wa al- islæmñya (Hrsg.), ­aqæfat ad- da‘wa al- islæmñya, Bd. 1, al- Qism at- tanøñmñ, S. 14, zitiert nach: ‘Alæwñ, „ussain, a.a.O., S. 32 ; Vgl.: al- ‘Abdallæh, „æmid, a.a.O., S. 18/19

[52] Vgl.: Ibn an- Na™af, ®aƒñb, a.a.O., S. 18/19

[53] Vgl.: al- ®urasæn, †alæ…, a.a.O., S. 91- 93

[54] Unter ihnen waren Murtaøa Æl Yæsñn ( der Schwiegervater von M. B. a‡- †adr) , „ussain al- „amdænñ, sowie Taqñ Ba…r al- ‘Ulým, Riøæ al- Muøaffar, Mu…ammad †ædiq a‡- †adr und Ismæ‘ñl a‡- †adr ( ein älterer Bruder von M. B. a‡- †adr) und Mu…ammad „ussain Fašlallæh. Vgl.: al- „akñm, as- Sayyid Mu…ammad Bæqir, al- Imæm aã- ãahñd a‡- †adr. An-naøarñya as- sñyæsñya, Teheran, o.D. S. 32 ; “Abý ‘Ammær“, Õælib „assan, aã- Ãahñd a‡- †adr. Ræ’id a½- ½awra al- islæmñya fñ- l- ‘Iræq, Teheran 1981, S. 32

[55] Vgl.: al- „ussainñ, Mu…ammad, al- Imæm a‡- †adr. Sñrat ²ætñya, in: Mu’assasat Dær al- Islæm (Hrsg.), Mu…ammad Bæqir a‡- †adr. Diræsæt fñ …ayætihi wa fikrihi, Beirut, 1996, S. 92

[56] Vgl.: al- ®urasæn, †alæ…, a.a.O., S. 102

[57] Zur Landreform vgl.: Gabbay, Rony, a.a.O., S. 109 ff

[58] Vgl.: Wiley, Joyce N., a.a.O., S. 33 ; S. 36

[59] Vgl.: Nakash, Yitzhak, a.a.O., S. 135 ; Ibrahim, Ferhad, a.a.O., S. 196/197

[60] Text der Fatwa und ihre deutsche Übersetzung in: Spies, O., Urteil des Gross- Mugtahid über den Kommunismus, in. WdI 6 ( 1959-61), S. 264 - 265.

[61] Vgl.: Ibn an- Na™af, ®aƒñb, a.a.O., S. 14/15

[62] Vgl.. Wiley, Joyce N., a.a.O., S. 36/37

[63] So schreibt z.b. Hanna Batatu: “ ... the ‘Ulamæ’ had, as a class declined in stature, and people did not pay as much attention to what they had to say as in decades gone by.“, Batatu, Hanna, The old Social Classes and the Revolutionary Movements of Iraq, a.a.O., S. 954 ; anders bei: Wiley, Joyce N., a.a.O., S. 36

[64] Vgl.: Ibrahim, Ferhad, a.a.O., S. 198

[65] Vgl.: Wiley, Joyce N., a.a.O., S. 39

[66] Dies sollte zugleich eine Anspielung auf das gleichnamige Theaterstück des ägyptischen Schriftstelelers Tawfñq al- „akñm und auf Mu…sin al- „akñm sein, der eine Brille trug. Vgl.: Ibn an- Na™af, ®aƒñb, a.a.O., S. 43; Auch in der kommunistischen Wochenzeitung “al- „ašæra“ soll al- „akñm als Esel dargestellt worden sein, was zu heftigen Protesten und Demonstrationen seiner Anhänger, und zu gewalttätigen Zusammenstößen mit Anhängern der KP in Bagdad, Na™af und Karbalæ’ führte. Vgl.: Dann, Uriel, Iraq under Kassem, New York 1969, S. 303

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832457198
ISBN (Paperback)
9783838657196
Dateigröße
726 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Freie Universität Berlin – Geschichts- und Kulturwissenschaften, Islamwissenschaften
Note
2,0
Schlagworte
islam islamismus irak soziale bewegungen parteien
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Titel: Die schiitisch-islamistische Bewegung im Irak
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