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Computerspiele und Jugendgewalt

©2001 Diplomarbeit 119 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Littleton in den USA, Bad Reichenhall in Bayern und zahlreiche andere Fälle, in denen Jugendliche zu extremen Gewalttätern wurden, haben im vergangenen Jahr 1999 die Gemüter der Öffentlichkeit erregt. Und diese Erregung ausnutzend wurden durch verschiedenste Massenmedien, wie z.B. Boulevard-Magazine im Fernsehen – nicht nur auf Privatsendern – oder Printmedien, sei es Bild oder Spiegel, die Begriffe „Jugendliche“ – „Gewalt“ – „Computerspiele“ in einer Art miteinander verknüpft, das jeglicher Distanz und Objektivität entbehrt und lediglich dazu geeignet ist, Eltern pubertierender Jugendlicher, die ohnehin in ihrem Kind in zunehmend ein Rätsel sehen, weiter zu verwirren und zu ängstigen.
Dabei sind wenige dieser Berichte (abgesehen von fehlender Objektivität) so gestaltet, daß man behaupten könne, die Macher besäßen ein ausreichendes Fachwissen im Bereich Computerspiele beziehungsweise Pädagogik. Beispielsweise wird immer wieder das 1993 erschienene Doom von id-Soft als Negativbeispiel herangezogen, während dieses gegenüber dem Maß an Brutalität und Realismus das man in aktuellen Spielen findet geradezu harmlos wirkt, wenn auch das Spielprinzip gleich geblieben ist. Es ist durch entsprechende Spielszenen bzw. Screenshots relativ leicht bei unbedarften Lesern/Zusehern einen Schock bzw. Ekel oder Angst auszulösen, verstärkt wird das Ganze durch Interviews mit Psychologen etc. deren meist allgemein gehaltene Aussagen durch den Kontext der Berichterstattung in eindeutige Richtungen gedrängt werden.
Zurecht beschweren und verteidigen sich Computerspieler, leider jedoch begeben sie sich dabei gerne auf das Niveau ihrer Angreifer und werden entweder überhaupt nicht gehört oder nicht ernst genommen. Das Bild des pickeligen, sich von Pizza und Cola-Light ernährenden, lichtscheuen, menschenfremden und kontaktarmen Computerfreaks, das bereits Anfang der achtziger Jahre als bedrohliche Zukunftsvision wie der sprichwörtliche Teufel an die Wand gemalt wurde, ist immer noch nicht überwunden. Wenn dann hat es Platz gemacht für ein Bild das heute von den Medien gezeichnet wird: Ein Jugendlicher, mit Sonnenbrille, schwarzem Trenchcoat, unter dem rechten Arm den Laptop und in der linken Hand die Kettensäge, auf der Jagd nach unschuldigen Opfern in irgendeinem Supermarkt.
Beide Bilder sind gleichermaßen überzogen und unrealistisch und werden aber wie gesagt im Dienste der Sensation - ohne die heutzutage offensichtlich keine Quote mehr zu […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhalt und Gliederung

0. Einleitung
0.1. Warum diese Arbeit
0.2. Was diese Arbeit kann und was nicht

1. Computerspiele – Ein Überblick
1.1. Notwendigkeit, Schwierigkeit und Unsinn einer Klassifikation der Computerspiele
1.2. Die Genres, ihre Hintergründe und Ursprünge
1.2.1. Sportspiele
1.2.1.1. Das erste „Computerspiel“ der Welt
1.2.1.2. Computerspiele für Zuhause
1.2.1.3. Sportspiele bis in die Gegenwart
1.2.1.4. Weitere Sportspielgattungen
1.2.2. Adventures
1.2.2.1. Die Anfänge - Textadventures
1.2.2.2. Die ersten Grafiken
1.2.2.3. Point & Click
1.2.2.4. Bis zur Gegenwart
1.2.2.5. Weitere Gruppen von Adventures
1.2.3. Rollenspiele
1.2.3.1. Auf dem Papier
1.2.3.2. Erste Computerumsetzungen
1.2.3.3. Bis zur Gegenwart
1.2.3.4. Andere Rollenspielarten
1.2.4. Simulationen
1.2.4.1. Simulationen in der Praxis
1.2.4.2. Der Weg auf den Homecomputer
1.2.4.3. Thematik
1.2.4.4. Weitere Arten von Simulationen
1.2.5. Strategiespiele
1.2.5.1. Die Brettspiele
1.2.5.2. Die Anfänge am Computer
1.2.5.3. Echtzeit und Aufbau
1.2.5.4. Weitere Vertreter der Gattung
1.2.6. Actionspiele
1.2.6.1. Anfänge
1.2.6.2. Shoot them up – die Ballerspiele
1.2.6.3. Jump and Run und andere „friedlichen“ Actionspiele
1.2.6.4. Beat them up - Prügelspiele
1.2.6.5. 3D-Shooter
1.2.6.6. Andere Actionspiele
1.2.7. „Randgruppen“
1.2.7.1. Infotainment und Edutainment
1.3. Gewaltanteile in Computerspielen
1.3.1. Gewalt – Versuch einer Begriffsbestimmung
1.3.2. Bewertung der Spielegenres
1.3.3. Bewertung von Gewalt in der Vergangenheit
1.3.4. Gewaltdarstellung in Computerspielen
1.3.4.1. Barbarian (Palace, 1987), indiziert
1.3.4.2. Doom II, (id-Soft, 1993), indiziert
1.3.4.3. Duke Nukem 3D (3D-Realms, 1996), indiziert
1.3.4.4. Quake (id-Soft, 1996), indiziert
1.3.4.5. Soldier of Fortune (Activision, 2000), indiziert
1.4. Ausblick auf die Zukunft

2. Gesetzlicher Jugendmedienschutz
2.1. Die Ausgangslage
2.2. Die Gesetzeslage
2.3. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften
2.3.1. Das Verfahren
2.3.2. Die Zusammensetzung der BPjS und ihrer Gremien
2.3.2.1. Die BPjS (vgl. §9 (1) & (2) GJS):
2.3.2.2. Das 12er Gremium (vgl. §9 (3) GJS):
2.3.2.3. Das 3er Gremium (vgl. §15a (2) GJS)
2.3.3. Entscheidungskriterien der BPjS
2.3.3.1. Das Spiel verherrlicht die NS-Ideologie oder Rassenhaß oder stiftet zum Rassenhaß an
2.3.3.2. Das Spiel ist pornographisch oder sonst geeignet Jugendliche sexualethisch zu desorientieren
2.3.3.3. Das Spiel verherrlicht oder verharmlost den Krieg
2.3.3.4. Das Spiel enthält Gewalt in jugendgefährdendem Ausmaß
2.3.3.5. Die Praxis
2.4. Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle
2.4.1. Grundsätze, Ziele und Zusammensetzung der USK
2.4.2. Die Prüfsiegel der USK und die Kriterien für deren Vergabe
2.5. Daten und Statistiken zu USK und BPjS
2.6. Was kann Jugendschutz leisten?
2.6.1. „Entschärfte“ deutsche Versionen
2.6.2. Verbreitung trotz „Verbot“

3. Mögliche Zusammenhänge zwischen Computerspielen und Gewalt
3.1. Gewalt unter Jugendlichen
3.2. Motivation von Gewalt
3.2.1. Die Triebtheorie
3.2.2. Die Frustrations-Aggressionstheorie
3.3. Die Lerntheorien
3.3.1. Kognitives Lernen
3.3.2. Signallernen
3.3.3. Lernen am Modell bzw. am Effekt
3.4. Die Wirkungsforschung
3.4.1. Die Motivationstheorien
3.4.1.1. Die Triebtheorie
3.4.1.2. Die Frustrations-Aggressionstheorie
3.4.2. Die Lerntheorien
3.4.2.1. Das Lernen an Modell und Effekt
3.4.2.2. Multiplayer-Spiele
3.4.2.3. Realitätsflucht und Realitätsverlust
3.4.2.4. Das kognitive Lernen
3.4.3. Weitere Lernaspekte
3.4.3.1. Allgemeines
3.4.3.2. Das Beispiel PacMan
3.4.3.3. Die totale Kontrolle – Cheats und Editoren

4. Materialien
4.1. Wichtigkeit und Verbreitung der Spielegenres
4.2. Die 100 einflußreichsten PC-Spiele der Neunziger Jahre
4.3. Spieleveröfentlichungen

5. Ein Elternabend
5.1. Referat
5.2. Diskussion und anderes
6. Quellen
6.1. Bücher und Zeitschriften
6.2. Internetadressen
6.3. Zu den Abbildungen

0. Einleitung

0.1. Warum diese Arbeit

Littleton in den USA, Bad Reichenhall in Bayern und zahlreiche andere Fälle, in denen Jugendliche zu extremen Gewalttätern wurden, haben im vergangenen Jahr 1999 die Gemüter der Öffentlichkeit erregt. Und diese Erregung ausnutzend wurden durch verschiedenste Massenmedien, wie z.B. Boulevard-Magazine im Fernsehen – nicht nur auf Privatsendern – oder Printmedien, sei es Bild oder Spiegel, die Begriffe „Jugendliche“ – „Gewalt“ – „Computerspiele“ in einer Art miteinander verknüpft, das jeglicher Distanz und Objektivität entbehrt und lediglich dazu geeignet ist, Eltern pubertierender Jugendlicher, die ohnehin in ihrem Kind in zunehmend ein Rätsel sehen, weiter zu verwirren und zu ängstigen.

Dabei sind wenige dieser Berichte (abgesehen von fehlender Objektivität) so gestaltet, daß man behaupten könne, die Macher besäßen ein ausreichendes Fachwissen im Bereich Computerspiele beziehungsweise Pädagogik. Beispielsweise wird immer wieder das 1993 erschienene Doom von id-Soft als Negativbeispiel herangezogen, während dieses gegenüber dem Maß an Brutalität und Realismus das man in aktuellen Spielen findet geradezu harmlos wirkt, wenn auch das Spielprinzip gleich geblieben ist. Es ist durch entsprechende Spielszenen bzw. Screenshots relativ leicht bei unbedarften Lesern/Zusehern einen Schock bzw. Ekel oder Angst auszulösen, verstärkt wird das Ganze durch Interviews mit Psychologen etc. deren meist allgemein gehaltene Aussagen durch den Kontext der Berichterstattung in eindeutige Richtungen gedrängt werden.

Zurecht beschweren und verteidigen sich Computerspieler, leider jedoch begeben sie sich dabei gerne auf das Niveau ihrer Angreifer und werden entweder überhaupt nicht gehört oder nicht ernst genommen. Das Bild des pickeligen, sich von Pizza und Cola-Light ernährenden, lichtscheuen, menschenfremden und kontaktarmen Computerfreaks, das bereits Anfang der achtziger Jahre als bedrohliche Zukunftsvision wie der sprichwörtliche Teufel an die Wand gemalt wurde, ist immer noch nicht überwunden. Wenn dann hat es Platz gemacht für ein Bild das heute von den Medien gezeichnet wird: Ein Jugendlicher, mit Sonnenbrille, schwarzem Trenchcoat, unter dem rechten Arm den Laptop und in der linken Hand die Kettensäge, auf der Jagd nach unschuldigen Opfern in irgendeinem Supermarkt.

Beide Bilder sind gleichermaßen überzogen und unrealistisch und werden aber wie gesagt im Dienste der Sensation - ohne die heutzutage offensichtlich keine Quote mehr zu machen ist – immer wieder beschworen. Und leider sind auch ein Großteil der ohnehin wenigen Bücher die sich mit diesem Thema befassen unbrauchbar, da sie vorgeben über Computerspiele zu informieren und Eltern, Lehrern etc. Fachwissen darüber zu vermitteln, aber dann genau auf diesem Gebiet durch haarsträubende sachliche Fehler und theoretisches Halbwissen glänzen. Da werden Namen falsch geschrieben, Eishockey- zu Baseball-Spielen erklärt (vgl. Laudowicz S. 30) und Begriffe falsch erklärt bzw. in falschen Zusammenhang gebracht.

Und aus eben diesen Gründen, um Eltern, Lehrer, Pädagogen etc. über Gewalt in Computerspielen, rechtliche Aspekte, Jugendschutz, Verantwortlichkeiten und den Umgang damit aufzuklären und zu informieren, habe ich mich als Computerspieler aus Leidenschaft und angehender Sozialarbeiter dazu entschlossen mit dieser Arbeit einen möglichst objektiven Blick auf Unterhaltungssoftware mit Gewalttätigem Inhalt und deren mögliche Auswirkungen zu werfen, mit einem Schwerpunkt auf Informationen über die Materie an sich, da dies meiner Meinung nach bisher entweder inkompetent oder unzureichend dargestellt wurde.

0.2. Was diese Arbeit kann und was nicht

Was diese Arbeit unbedingt will, ist Angst zu nehmen, jedoch ohne zu verharmlosen. Es gibt Computerspiele die für Kinder und Jugendliche ungeeignet sind, dies ist jedoch kein Grund zu einer „Bücherverbrennung“ im Sinne einer Totalverweigerung gegenüber Spielefirmen und Spielern, wie sie nur allzuoft von einschlägigen Medien zumindest unterschwellig gefordert und propagiert wird.

Was diese Arbeit noch kann und auch tun wird, ist über rechtliche Grundlagen, über die Arbeitsweisen der BPjS[1] und der USK[2] und über Ihre Verantwortung als Eltern, die Sie durchaus besitzen, auch wenn Ihnen die Medien gerne vorgaukeln der Gegner Computerspiel wäre so übermächtig, daß Sie den Kampf gar nicht erst aufnehmen brauchten, was natürlich eine einfache Lösung und Erklärung für Fehlverhalten Ihres Kindes ist, inklusive passendes und modernes Feindbild.

1. Computerspiele – Ein Überblick

1.1. Notwendigkeit, Schwierigkeit und Unsinn einer Klassifikation der Computerspiele

Jedes zu m Thema Computerspiele und Jugend geschriebene Buch enthält irgendeine Form der Klassifikation existierender Computerspiele. Warum also muß diese Arbeit eine weitere enthalten?

Der Grund dafür ist folgender: Die Einteilungen die in bisherigen Büchern vorgenommen werden, wurden von Pädagogen oder anderen, in Belangen von Computerspielen unerfahrenen Autoren vorgenommen. Dies hat zur Folge, daß die Darstellung entweder ungenau und unvollständig oder schlichtweg unpraktisch bis unsinnig sind. So wird zum Beispiel bei Schwab / Stegmann (1999) die Einteilung folgendermaßen vorgenommen (ebd. S. 126 – 128):

- Abstrakte Denk- und Geschicklichkeitsspiele
- Kampfspiele
- Funny-Games
- Simulation
- Spielgeschichte

Wenn jedoch eine Mutter auf ihr Kind zugeht und fragt ob es in letzter Zeit ein „Funny-Game“ gespielt hat, wird sie verständnislose Blicke ernten, ganz einfach aus dem Grund, weil der Markt und die damit verbundenen Medien (Zeitschriften für Computerspiele) einen eigenen „Sprachcode“ entwickelt haben. Diesen Sprachcode bis ins Detail zu erklären und verständlich zu machen würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen und außerdem wenig Sinn haben, da in atemberaubender Geschwindigkeit neue Begriffe dazu erfunden und alte weggelassen werden.

Ich beschränke mich also im folgenden auf die Erklärung der Oberbegriffe, die nötig sind Spiele den richtigen Gruppen zuzuordnen und versuche gleichzeitig durch mehr oder weniger umfangreiche Darstellung geschichtlicher Hintergründe Eltern (oder Pädagogen, Sozialpädagogen etc.) einen Einblick in die Welt der Computerspieler zu geben und ihnen zu ermöglichen neue Spiele ebenfalls sicher zu bewerten.

Wie gesagt lehnt sich meine Einteilung an die in den meisten Magazinen gängigen Schemata an und umfaßt folgende Genres:

- Sportspiele
- Adventures (Abenteuerspiele)
- Rollenspiele
- Simulationen
- Strategiespiele
- Actionspiele

Desweiteren werden jeweils die wichtigsten Untergruppen beschrieben. Das größte Problem beim Versuch Computerspiele zu klassifizieren ist jedoch, daß sich viele Spiele nicht eindeutig zuweisen lassen. Das liegt zum einen daran, daß viele Hersteller mittelmäßige Spiele durch die angebliche Erfindung eines völlig neuen Genres interessanter machen wollen und die seltsamsten Neologismen marktschreierisch verwenden ohne tatsächlich neues zu bieten, zum anderen liegt es daran, daß sich viele Spiele durch Elemente aus unterschiedlichen Genres auszeichnen.

In der folgenden Grafik und den darauffolgenden ausführlichen Erläuterungen will ich versuchen diese Überschneidungen bildlich darzustellen, um zumindest einen gewissen Überblick im Dschungel der Bezeichnungen zu ermöglichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1.2. Die Genres, ihre Hintergründe und Ursprünge

1.2.1. Sportspiele

Bei Sportspielen steht die Simulation einer Sportart (oft im weitesten Sinne) und der damit verbundene sportliche Wettkampf im Vordergrund. Meist ist dieser mit mehreren Spielern an einem Computer möglich.

1.2.1.1. Das erste „Computerspiel“ der Welt

Abb. 1: Tennis for Two, Willy Higinbotham, 1958

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Controller für Tennis for Two, Willy Higinbotham, 1958

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Warum ausgerechnet die Sportspiele an erster Stelle dieser Aufstellung stehen, hat einen einfachen Grund: Das erste Computerspiel der Welt war eine – kaum als solche erkennbare – Tennissimulation. Sein Erfinder hieß Willy Higinbotham und arbeitete im Brookhaven National Laboratory, einem Nuklearforschungslabor in Upton, New York. Um einen geplanten Tag der offenen Tür etwas interessanter zu gestalten, als nur mit einfachen Fotos. Und zwar koppelte er einen kleinen analogen Laborcomputer, der ursprünglich dazu gebaut war, die Flugbahnen von abgeworfenen Bomben zu berechnen mit einem Oszilloskop und benutzte ihn zusammen mit Robert V. Dvorak dazu die Flugbahn eines Balles zu berechnen und anzuzeigen.

Das fertige Spiel „Tennis for Two“ steht Besucher des Nuklear-forschungslabors bereits 1958 zur Verfügung. Gesteuert wird es mit zwei Controllern, jedes mit einem Drehknopf zum Einstellen des Flugwinkels und einem Knopf um den Ball loszuschicken. War der Flugwinkel falsch, landete der Ball im Netz und das Ganze geht von Vorne los. Es gibt keine Punkte, keinen Highscore und wird auf einem 5“ (ca. 12 cm) großem, monochromen und runden Bildschirm dargestellt. Einige Leute stehen stundenlang an, nur um dieses Spiel zu spielen. (Vgl. Slabihoud, www.8-bitmuseum.de)

1.2.1.2. Computerspiele für Zuhause

Auch die 1972 auf den Markt gekommene, erste Videospielkonsole für Zuhause, Magnavox Odyssey, entwickelt von Ralph Baer, Bill Harrison und Bill Rush, beherrscht zunächst Spiele wie Ping Pong, Volleyball und Football. Hier wird erstmals ein Gerät durch Benutzung unterschiedlicher Steckplatinen zum spielen verschiedener Spiele benutzt. Das 1972 erstmals in der Öffentlichkeit präsentierte Automatenspiel Pong von Atari stellte ebenfalls eine Sehr abstrakte Tennisversion dar. (Vgl. Slabihoud, www.8bit-museum.de)

Die 1976 auf den Markt gekommene Videospielkonsole Atari 2600, die bis dahin die größte Popularität erreichte, verfügte ebenfalls (unter anderem) über eine Palette von Fußball-, Football-, Tennis- usw. „Simulationen“.

1982 stellt die bis dato unbekannte Firma Commodore erstmals einen unscheinbaren Rechner namens Commodore 64 bzw. C64 der Öffentlichkeit vor. bereits zwei Jahre später waren alle Verkaufsrekorde gebrochen und weltweit vier Millionen Rechner verkauft (vgl. Slabihoud, www.8bit-museum.de). Die Vorteile gegenüber reinen Spielekonsolen waren die Möglichkeit eigene Programme in Basic, Assembler oder anderen Programmiersprachen zu schreiben und die Möglichkeit den Computer auch für Textverarbeitungen etc. zu verwenden. Mit dem C64 hielt endgültig der Computer Einzug in die heimischen Wohn- und vor allem Kinderzimmer und gleichzeitig brach der Markt für Videospiele aufgrund der technischen Überlegenheit des C64 zunächst zusammen.

Unter den C64-Besitzern erfreute sich das Genre der Sportspiele dank Titeln wie Summer Games (1984), Wintergames (1985), World Games (1986) California Games (1988, alle Epyx) und diverser Nachfolger großer Beliebtheit. Das erste Spiel dieser Reihe – Summer Games von 1984 – legte den Maßstab und auch den Spielverlauf für alle folgenden fest. Es wurden acht olympische Disziplinen, z.B. Stabhochsprung, Turmspringen und Schießen simuliert, eingeleitet von einer, für damalige Verhältnisse, grafisch sehr aufwendigen Eröffnungszeremonie. Bei diesen Spielen konnten erstmals bis zu acht (!) Spieler – nacheinander – an den teilnehmen und ihre Geschicke am Joystick im sportlichen Wettkampf messen, ebenso wie bei sämtlichen Nachfolger, z.B. The Games: Summer Challenge und The Games: Winter Challenge (Accolade, 1992 bzw. 1991). Zu den olympischen Sommerspielen in Sidney 2000 ist ein neues – zeitgemäßes Spiel dieser Gattung angekündigt, ob es sich durchsetzen kann bleibt abzuwarten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

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Abb. 3: Winter Games (Epyx, 1985); Eröffnungszeremonie

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Abb. 4: Winter Games (Epyx, 1985); Disziplin Bobfahren

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Abb. 5: The Games: Summer Challenge (Accolade, 1992); Eröffnungszeremonie

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Abb. 6: The Games: Summer Challenge (Accolade, 1992); Disziplin Spirengreiten

1.2.1.3. Sportspiele bis in die Gegenwart

Die US-amerikanische Softwarefirma EA-Sports ist im Moment weitgehend marktbeherrschend was Sportspiele angeht. Ihre Spiele-Serien, werden regelmäßig fortgesetzt, mit diversen Ablegern zu speziellen Ereignissen. Beispielsweise NHL Hockey, eine Simulation der National Hockey League, die Profi-Eishockey-Liga in den USA, erscheint seit 1993 (NHL Hockey) jährlich, zuletzt 1999 mit NHL 2000, ebenso wie NBA (National Basketball Association, amerikanische Basketball-Liga) und FIFA Soccer (1993: FIFA Soccer, 1999: FIFA 2000), letzteres mit den erwähnten Ablegern, z.B. zur Fußball-WM 1998 in Frankreich (1998: Frankreich `98), oder zuletzt mit Bundesliga Stars 2000 (Simulation der ersten Liga des DFB) und Euro 2000 (Die Europameisterschaft 2000). Bei allen diesen Spielen hat man die Möglichkeit, einen Verein seiner Wahl jeweils durch eine oder mehrere Saisonen zu führen, bzw. durch die entsprechenden Turniere. Die anderen Mannschaften übernimmt der Computer, es besteht aber auch die Möglichkeit sich mit einem menschlichen Mitspieler, entweder am selben Gerät oder über Nullmodem, Modem oder Internet zu messen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7: FIFA `99 (EA Sports, 1998)

Den immensen Erfolg und Bekanntheitsgrad verdankt diese Reihe wohl erstens der Möglichkeit – dank entsprechender Lizenzen – alle echten Spieler- und Mannschaftsnamen zu verwenden und zweitens der ständigen Weiterentwicklung von Grafik, Sound, Steuerung und künstlicher Intelligenz der computergesteuerten Spieler.. Jedes Jahr werden die Spielerbewegungen realistischer, die Kommentare treffender und die Grafiken insgesamt aufwendiger. Die vom Computer kontrollierten Spieler formieren sich selbständig und immer sicherer zu sinnvollen Spielzügen. Die Unterschiede zu den jeweils letzten Versionen sind dabei immer gerade so stark, daß genügend Spieler den Kauf für lohnend erachten.

Des weiteren werden gerne populäre Sportarten wie Golf (z.B. in der Links-Serie, seit 1991, zuletzt Links LS 2000, 1999 von Access), Billard (Virtual Pool 2, Interplay, 1999), Baseball, Football etc. simuliert. Auch Simulationen von Flipper-Automaten, wie in der Pro Pinball-Reihe von Empire (zuletzt Fantastic Journey, 2000) können in der Regel zu den Sportspielen gezählt werden.

1.2.1.4. Weitere Sportspielgattungen

- Managerspiele

Das sind Spiele bei denen der Spieler, ähnlich wie bei den erwähnten EA-Sports Titeln beispielsweise einen Fußballverein übernimmt und diesen über einen bestimmten Zeitraum hinweg als Manager betreut. Hierbei werden „Actioninhalte“ wie das Steuern der Spieler im Spiel weggelassen, dafür kommen wirtschaftliche Aspekte, Budgetverwaltung, Stadionausbau etc. hinzu, was das ganze mehr zu einer Wirtschaftssimulation geraten läßt denn zu einem Sportspiel. Die Spiele der eigenen Mannschaft können in der Regel nur beobachtet werden, von taktischen Anweisungen und Spielerwechseln abgesehen. Andere Manager Spiele wie Eishockey Manager oder Formel 1 Manager sind weniger verbreitet. Allgemein geht der Trend im Moment zu Spielen wie FIFA Soccer 2000, bei denen die Action im Vordergrund steht, aber auch Taktische Faktoren wie Spielertransfer eine Rolle spielen und berücksichtigt werden müssen.

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Abb. 8: Anstoß 2 (Ascaron, 1997);

Taktische Aufstellung

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Abb. 9: Anstoß 2 (Ascaron, 1997);

Spielszene

Beispiele für Sportmanagerspiele: Kicker Fußball Manager (Heart-Line, 1999); Die Anstoss Serie (zuletzt Anstoss 3, Ascaron, 2000)

- Rennspiele

Unter Rennspielen werden zumeist Autorennen verstanden, es gibt jedoch auch Motorradrennen, Motocross, oder Rennen mit futuristischen Fahrzeugen auf dem Softwaremarkt. Es gibt Spiele bei denen man mit Serienfahrzeugen über Landstraßen fährt, gegen Computergegner, einen menschlichen Gegner oder die Zeit (die „Need for Speed“-Reihe von EA Sports: Need for Speed, 1995 bis Need for Speed 5 – Porsche, 2000), es gibt Simulationen des Formel 1-Rennzirkus (Grand Prix 3, Microprose, 2000), diverse Rally-Simulationen (Colin McRae Rally, Codemasters, 1998) oder actionorientierte Rennspiele im Stadtverkehr wie Midtown Madness (Microsoft, 1999).

Die Grenze zur Simulation ist hier fließend, wie man an dem 1998 erschienenen Grand Prix Legends von Empire sieht, bei dem man Rennwägen aus der Anfangszeit der Formel 1 steuert. Die Steuerung wurde so genau auf den Computer umgesetzt, daß die virtuellen Fahrzeuge ebenso schwer unter Kontrolle zu halten sind wie ihre realen Vorbilder und das Spiel somit einen immensen Schwierigkeitsgrad erreicht.

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Abb. 10: Need for Speed III – Hot Pursuit

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Abb. 11: Midtown Madness (Microsoft, 1999)

1998 brachte Davilex mit Autobahn Raser ein Rennspiel auf den Markt, bei dem man mit real existierenden Touren- und Sportwägen deutsche Autobahnen befährt. Obwohl das Spiel und seine Nachfolger (Autobahnraser 2, 1999 und Urlaubsraser, 2000) grafisch und spielerisch eher primitiv sind und der Wiedererkennungswert der Strecken lediglich auf gelegentlich eingestreute Sehenswürdigkeiten beruht, wurden diese Spiele recht schnell sehr populär.

1.2.2. Adventures

Bei einem Adventure, oder Abenteuerspiel, hat der Spieler durch nachdenken und kombinieren zahlreiche Rätsel und Aufgaben zu bewältigen um die meist komplexe und ausgefeilte Handlung des Spiels zum vorgesehenen Schluß zu bringen.

1.2.2.1. Die Anfänge - Textadventures

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Abb. 12: Hitchhiker’s Guide to the Galaxy (Infocom, 1987);

Nachdem 1958 mit der Erfindung des ersten integrierten Schaltkreises durch Texas Instruments der Sprung von zunächst mechanischen Rechenmaschinen (z.B. von Willhelm Schickard, 1623, Blaise Pascal, 1642 oder Gottfried Willhelm Leibniz, 1694) über den ersten frei programmierbaren Rechner der Welt, den Z3, entwickelt von Konrad Zuse 1941 und über Rechner wie den ersten amerikanischen Computer, den Mark 1 mit 35t Gewicht (1944) hin zum sogenannten Mikrocomputer gelang und 1971 der erste Mikroprozessor namens 4004 von Intel auf den Markt gebracht wird, haben zumindest Universitäten und sonstige Forschungseinrichtungen (lange nach den Militärs) den Nutzen des Computers erkannt. (Vgl. Slabihoud, www.8-bitmuseum.de)

Und bald darauf entdeckten findige Studenten, wie sie diese neuen Geräte nicht nur zu Lern- und Forschungszwecken, sondern auch zu ihrer Unterhaltung nutzen konnten. Aufgrund der sehr eingeschränkten Möglichkeiten dieser Geräte, blieben allerdings „Actionorgien“ wie Pong zunächst den eigens dafür entworfenen Arcade-Maschinen in den Spielhallen vorbehalten. Jedoch wurde bald – 1972 – aus dieser Not eine Tugend und die ersten Textadventures wie Hunt the Wumpus von Gregory Yob und Colossal Caves von Willie Crowther waren geboren. Letzteres für das Genre namensgebend auch schlicht Adventure genannt, spielt in einem Höhlensystem voller Gefahren und Schätze. Der Spieler bekommt dabei stets eine Beschreibung des Ortes zu lesen an dem er sich gerade befindet, sowie eine Beschreibung der vorhandenen Gegenstände. Diese können je nachdem sofort benutzt werden, mitgenommen zur späteren Benutzung oder nur vor Ort manipuliert werden.

Beispielsweise findet man zu Beginn des Spiels eine Laterne und einen Schlüssel in einer Hütte; der Schlüssel wird benötigt um das Tor zu den Höhlen aufzuschließen und bald darauf muß man sich mit der Laterne den Weg leuchten. Wenig später findet man einen Zauberstab und einen Käfig. In der nächsten Höhle einen kleinen Vogel. Der Vogel hat Angst vor dem Zauberstab, also muß man diesen ablegen um den Vogel mit dem Käfig fangen zu können, später wird der Vogel benötigt um eine Schlange zu vertreiben die den Weg zu einem Schatz versperrt und so weiter und so weiter...

Die besten und bekanntesten Vertreter dieser reinen Textadventures, bei denen alle Befehle direkt eingetippt werden mußten („nimm lampe“, „gehe nach norden“ etc.) schuf die 1979 gegründete Firma Infocom. Doch auch an diesen hochklassigen und anspruchsvollen Spielen, bei denen man nicht mehr nur durch einsame Höhlen wandelte sondern zunehmend komplexere Handlungen nachzuspielen hatte, voller Intrigen, Verwicklungen etc. (z.B. bei der Literaturumsetzung „Hitchhiker‘s Guide to the Galaxy“) ging der Fortschritt nicht spurlos vorüber.

1.2.2.2. Die ersten Grafiken

Die 1980 von Ken und Roberta Williams gegründete Firma On-Line Systems brachte im selben Jahr das erste Textadventure mit Grafik – namens „Mystery House“ für den Apple II – auf den Markt. Das bedeutete nichts anderes, als daß die Beschreibungen der Szenerie von rudimentären, vierfarbigen Strichgrafiken unterstützt wurde. Ansonsten blieb alles beim alten, auch die Befehle wurden weiterhin getippt.

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Abb. 13: King`s Quest 1 (Sierra, 1984)

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Abb. 14: Leisure Suit Larry 7 – in Love for Sail (Sierra, 1996)

Die Firma benannte sich um in „Sierra On-Line“ und produzierte weitere Spiele, darunter die 1984 mit „King’s Quest“ aus der Taufe gehobene „King’s Quest“-Reihe, bei der erstmals in einem Adventure eine Spielfigur auf dem Monitor auftauchte, die man per Cursortasten durch die dargestellte Landschaft dirigieren mußte. Es folgten unter anderem noch die „Space Quest“-Reihe und die beliebten „Leisure Suit Larry“-Spiele - bei letzteren greift man einem eher minderbemittelten Verlierertypen durch das lösen skurriler Rätsel bei seinen zumeist amurösen Abenteuern unter die Arme. All diese Spiele zeichneten sich jeweils durch – für die Zeit – hervorragende Grafik und die zumeist sehr humorigen Geschichten aus.

1.2.2.3. Point & Click

Gefährdet wurde die Vormachtstellung von Sierra erst 1987 von „Lucasfilm Games“, - einer Unterabteilung der Firma Lucasfilm von dem Regisseur George Lucas („Star Wars“,, „Indiana Jones“) – die das Spiel „Maniac Mansion“ auf den Markt brachten. Abgesehen von der abgedrehten Story um einen verrückten Wissenschaftler, ein Haus voller Monster und seltsamer Apparaturen und einer Handvoll College-StudentInnen die ihre entführte Freundin aus ebendiesem Haus zu retten haben, hatte das Spiel den ersten Point & Click-Parser der Adventure-Geschichte zu bieten. Das bedeutet, man mußte nicht mehr jeden Befehl eintippen, sondern man klickte (mit der damals noch nicht allzuweit verbreiteten Maus) beispielsweise auf einen Gegenstand im Bild und anschließend auf das Wort „Benutz“ am unteren Bildschirmrand um diesen zu benutzen. Neu und revolutionär war auch, daß man zu Spielbeginn aus sieben Figuren drei auswählen konnte, mit denen man das Spiel dann zu bestreiten hatte. Aufgrund der unterschiedlichen Interessen und Talente der ausgewählten Personen ergab sich jeweils ein – mehr oder weniger – anderer Handlungsablauf.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 15 Maniac Mansion (Lucasfilm Games, 1987); Auswahl der Spielfiguren bei Beginn

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Abb. 16 Maniac Mansion (Lucasfilm Games, 1987); Spielszene; unterer Bereich: Befehlsleiste und Inventar der Figur

Es folgten weitere „Lucasfilm Games“ bzw. später LucasArts-Adventures, die sich bezüglich Innovationen mit den Sierra-Spielen quasi die Klinke in die Hand gaben (z.B. „Zak McKracken and the Alien Mind Benders“ 1988, „Day of the Tentacle“, die Fortsetzung zu „Maniac Mansion“ 1992, „The Secret of Monkey Island“ 1991 – bisher zweimal fortgesetzt usw.). Die durchgehende Philosophie dieser Spiele war und ist, daß sich der Spieler, was er auch tut, nicht sterben oder sich sonst in eine Sackgasse manövrieren kann, indem er Beispiel einen wichtigen Gegenstand auf Nimmerwiedersehen verliert ohne es zu bemerken, was bei Adventures anderer Firmen des öfteren zu äußerst frustrierenden Erlebnissen führte.

Des weiteren hat die Firma LucasArts durch die Bindung an Lucasfilm den Vorteil, daß für die hauseigenenen Filme keine Lizenzen erworben werden müssen um sie in Computerspiele umzusetzen, was es 1989 möglich machte mit „Indiana Jones and the last Crusade“ einen weiteren Hit in das Erfolgsprogramm aufzunehmen.

Daß es bei einem Adventure, wie bei keinem anderen Computerspiel möglich ist, eine komplexe und vor allem atmosphärisch dichte Geschichte zu erzählen, verdankt das Genre vor allem dem Einsatz von Cut-Scenes. Das sind kurze Filme, die nach erreichen eines bestimmten Punktes abgespielt werden um die Handlung weiterzuspinnen. Je nach Art des Adventures sind sie der Spielgrafik angepaßt und entweder im Zeichentrick gehalten, computerberechnet (gerendert) oder Realfilm mit echten Schauspielern, meist in virtueller Kulisse. Letztere Art findet man zum Beispiel in dem 1995 von Sierra veröffentlichten Horror-Adventure Phantasmagoria, in dem einen junge Frau ein altes Schloß bezieht und das darin wohnende Böse zunächst entdeckt und dann besiegen muß.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 17: Full Throttle (LucasArts ehem. Lucasfilm Games, 1995); Cut-Scene

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 18:Phantasmagoria (Sierra, 1995);

Cut-Scene

1.2.2.4. Bis zur Gegenwart

Mit der Zeit verbesserten sich die Grafik-Qualität der Adventures erheblich, ebenso wie die Benutzerführung. Die bei „Maniac Mansion“ noch 15 Befehle wurden bei „The Curse of Monkey Island“ (LucasArts, 1998) auf vier (sprechen, benutzen, nehmen, untersuchen) begrenzt, während bei dem bisher aktuellsten Adventure Lucasfilms, „Grim Fandango“ (1999) eine völlig neue Art der Steuerung benutzt wurde. Hier wird die Spielfigur per Cursortasten oder Joystick durch eine dreidimensional dargestellte Szenerie gesteuert. Läuft die Figur dabei an einem interessanten Gegenstand vorbei dreht sie den Kopf und ein Tastendruck untersucht den Gegenstand, nimmt ihn mit wenn möglich oder interagiert auf andere Art – sinnvoll – mit ihm.

1.2.2.5. Weitere Gruppen von Adventures

- Interaktive Filme

Nachdem ab circa 1993 CD-Rom-Laufwerke für den Hausgebrauch erschwinglich wurden, hatten Softwarehersteller plötzlich bis zu fünfzig Mal mehr Platz zur Verfügung als vorher auf Zehn Disketten. Dieser Platz wurde zumeist für den exzessiven Einsatz von Cut-Scenes benutzt, und außerdem das Genre des Interaktiven Films begründet. Dieses sieht so aus, das im Gegensatz zum „reinen“ Adventure das Rätsel-Lösen in den Hintergrund trat und der Spieler nur in den Pausen des Films einige wenige Entscheidungen zu treffen hatte.

Leider waren diese Spiel-Filme meist ziemlich billig produziert, so daß weder der Film an sich noch die zu lösenden Aufgaben die Spieler bei der Stange halten konnte, und so ging das Genre mehr oder weniger unter, ohne ein besonderes Highlight oder gar einen Klassiker hinterlassen zu haben.

1.2.3. Rollenspiele

Bei Rollenspielen steuert der Spieler eine oder mehrere Figuren mit individuellen, in der Regel vom Spieler festgelegten Eigenschaften und aus verschiedensten Rassen und Klassen durch eine vollständige und im Idealfall selbständige, und spielt sozusagen ein Heldenepos, mit allen damit verbundenen Aufgaben und auch Kämpfen nach.

1.2.3.1. Auf dem Papier

Im Jahre 1974 erfand ein Mann namens Gary Gygax ein Brettspielsystem namens Dungeons & Dragons, das noch heute für alle Computer-Rollenspiele maßgeblich und grundlegend ist. Dieses System zog und zieht seine Faszination hauptsächlich aus zwei Aspekten.

Erstens erschafft der Spieler seine Figur selbst bzw. legt ihre Charaktereigenschaften fest, die z.B. Stärke, Intelligenz, Geschicklichkeit, Charisma oder Konstitution sind und denen jeweils ein unterschiedliches Kontingent an Punkten zugeteilt wird. Je nach Spielsystem kommen noch einige Spezialfähigkeiten hinzu, wie z.B. Schwimmen, Klettern, Fechten oder Schlösserknacken. Nachdem die Rasse (Bei Fantasyszenarien beispielsweise Zwerg, Mensch oder Elf) und das Geschlecht festgelegt ist, wird die Klasse des Charakters gewählt, gewissermaßen sein Beruf. Typischerweise sind dies Kämpfer, Magier, Kleriker oder Diebe, für die jeweils verschiedene Charaktereigenschaften wichtig sind. Ein Kämpfer benötigt einen hohen Wert bei Stärke, ein Magier bei Intelligenz und ein Dieb bei Geschicklichkeit. Die beiden weiteren wichtigen Eigenschaften der Spielfigur sind die sogenannten Hitpoints und die Erfahrungspunkte. Die Hitpoints geben an, wieviel Schaden der Charakter im Kampf nehmen kann bevor er stirbt und die Erfahrungspunkte stellen seine Lernfortschritte dar. In der Regel wird Erfahrung durch bestreiten von Kämpfen oder das Lösen von Rätseln errungen, und ab einem bestimmtem „Erfahrungsschatz“ steigt der Charakter um einen „Level“ auf, das heißt, er kann seine Eigenschaften verbessern, ein Magier lernt neue und mächtigere Zaubersprüche etc.

Der zweite wichtige Aspekt, sowohl bei den Pen & Paper als auch bei den Computer-Rollenspielen ist die Welt in der sich die Figuren bewegen. Sie soll dem Spieler möglichst glaubhaft und realistisch dargestellt werden und möglichst ein Eigenleben besitzen. Bei den Pen & Paper-Rollenspiel übernimmt die Schilderung dieser Welt und ihrer Bewohner der Spielleiter, sonst der Computer.

1.2.3.2. Erste Computerumsetzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 19: Akalabeth – World of Doom (Richard Garriot, 1979); der Vorläufer der Ultima-Reihe – ein Gegner vom Typ „Thief“ (Dieb)

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Abb. 20: Ultima VI – The False Prophet (Origin, 1990); Im Gespräch mit dem Herrscher der Ultima-Spielewelt Britannia

Unbestrittener Pionier des Computer-Rollenspiels war der heute noch als „Lord British“ bekannte Richard Garriot, der 1979 das erste Rollenspiel namens „Akalabeth“ für den Apple II schuf und somit das Genre begründete. Grafisch wurden Landschaften in Draufsicht und Dungeons (Höhlensysteme) in perspektivischer 3D-Darstellung geboten, alles in schwarz/weiß. Das Spiel findet bald seine Fortsetzung mit dem Titel Ultima und 1983 gründet Richard Garriot mit einigen Verwandte und Kollegen die Firma Origin um sein nächstes Spiel, mittlerweile Ultima III selbst zu vermarkten.

1988 erschien das erste direkt auf Gary Gygax‘ AD&D (Advanced Dungeons & Dragons) System basierende Spiel auf dem Computer, nämlich „Pool of Radiance“ von SSI. Besonderer Wert wurde hier auf das taktische Kampfsystem gelegt, das für seine Zeit aufgrund seiner Komplexität herausragend war. Auf diesem basierend erschienen noch zahlreiche Nachfolger und Ableger (z.B. das Sience-Fiction-Rollenspiel Buck Rogers – Countdown to Doomsday, 1991), die sich durch neue Szenarien, grafische Verbesserungen und im Umfang der zu bereisenden Welt unterscheiden, das bewährte Kampfsystem und der grafische Aufbau wurde beibehalten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 21: Pool of Radiance (SSI, 1988); Charakterbildschirm

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 22: Dark Queen of Krynn (SSI, 1992); Kampfbildschirm

[...]


[1] Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften und Medien

[2] Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (vergleichbar mit der FSK – Freiwillige Selbstkontrolle - für Film)

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832454388
ISBN (Paperback)
9783838654386
DOI
10.3239/9783832454388
Dateigröße
13.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut, ehem. Fachhochschule Landshut – unbekannt
Erscheinungsdatum
2002 (Mai)
Note
1,0
Schlagworte
computerspiele videospiele gewalt egoshooter amoklauf
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Titel: Computerspiele und Jugendgewalt
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