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Ganzheitliches Performance Management mit der Balanced Scorecard?

©2001 Diplomarbeit 145 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Unternehmerisches Handeln besteht in der zielgerichteten Steuerung von Chancen und Risiken. In einem von zunehmender Dynamik und Komplexität gekennzeichneten Wettbewerb bedeutet Steuerung mehr als das bloße Erkennen von Chancen und Risiken. Vielmehr hängt die tatsächliche Nutzung von Chancen bzw. Vermeidung von Risiken von der zielführenden Beeinflussung der unternehmensindividuellen Stellgrößen ab. Sind aber diejenigen Größen, die noch häufig in Unternehmen zur Steuerung herangezogen werden, tatsächlich die erfolgskritischen Stellgrößen?
Die Antwort lautet häufig „Nein“, denn „Seien wir doch ehrlich: Jede Jahresrechnung ist falsch.“ Und damit darf wohl auch mit Recht die Steuerungseignung derjenigen Kennzahlen- und Steuerungssysteme angezweifelt werden, deren Grundlage diese Jahresrechnungen bilden. Traditionelle Steuerungsgrößen und –systeme orientieren sich an kurzfristigen finanziellen Erfolgsgrößen, die der vergangenen Periode entstammen. Darüber hinaus unterliegen sie bedingt durch die Disharmonie (Handels- vs. Steuerrecht in Deutschland) der Rechnungslegung häufig einer bilanzpolitischen Verzerrung. Eng damit zusammen hängt die mangelnde Kapitalmarkt- und Risikoorientierung jahresabschlussorientierter Steuerungssysteme. Die Betrachtung von vergangenen Ein-Jahres-Perioden schließt – an sich – einen Strategie- und Zukunftsbezug der Steuerungsgrößen aus. Ohne Zweifel stellen sie zwar eine Hilfe für kurzfristige Entscheidungen dar, als Grundlage strategischer Entscheidungen sind sie hingegen unzureichend.
Eine Vielzahl von Konzepten wissenschaftlicher Herkunft konkurrieren mit einer noch weitaus größeren Anzahl von Beratungsprodukten zur Verzahnung von operativer und strategischer Unternehmenssteuerung. Letztlich treten alle mit dem gleichen Anspruch an: Die Existenz des Unternehmens langfristig zu sichern, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und die heterogenen Interessen der Stakeholder auszugleichen.
Kurzum: Die Performance, als Leistung und in der Folge als Wert der Unternehmung, soll mittels dieser Konzepte, die sämtlich an den Faktoren Zeit, Kosten, Qualität und Flexibilität der unternehmerischen Steuerungsebenen ansetzen, verbessert werden. Begrifflich und inhaltlich sind die Grenzen und Gemeinsamkeiten die Konzepte ebenso fließend wie grenzenlos. Da koexistieren relativ ‚harte’ Ansätze des Performance Measurement neben ‚weichen’ Ansätzen. Zu diesen weichen Ansätzen zählt bspw. das Change Management mit dem […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 5056
Jaeger, Marco: Ganzheitliches Performance Management mit der Balanced Scorecard? / Marco
Jaeger - Hamburg: Diplomica GmbH, 2002
Zugl.: Dortmund, Universität, Diplom, 2001
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Diplomica GmbH
http://www.diplom.de, Hamburg 2002
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis... III
Abkürzungsverzeichnis...IV
1
Einführung und Motivation ... 1
1.1
Unternehmerische Herausforderungen ... 1
1.2
Motivation der Untersuchung ... 3
1.3
Zielsetzung und Konzeption der Arbeit... 6
2
Bewertung traditioneller Ansätze der Steuerung ... 9
2.1
Formale Differenzierung von Steuerungssystemen ­ Systemkritik ... 9
2.1.1
Kennzahlensysteme ... 9
2.1.2
(Führungs-) Informationssysteme... 12
2.2
Inhaltliche Kritik an traditionellen Steuerungssystemen ... 13
2.2.1
Orientierung an kurzfristigem finanziellen Erfolg ... 14
2.2.2
Vergangenheitsorientierung und bilanzpolitische Verzerrung ... 15
2.2.3
Mangelnde Strategieorientierung und Kontextsteuerung ... 17
2.2.4
Fehlende Kapitalmarkt- und Risikoorientierung... 18
2.2.5
Mangel der Beeinflussbarkeit durch das Management... 21
2.2.6
Mangelnde Wirkungsrelationen wertorientierter Ansätze ... 21
2.2.7
Lokale Optimierung herkömmlicher Management-Ansätze... 23
3
Performance Measurement und Management ... 27
3.1
Definitorische Vielschichtigkeit ... 27
3.1.1
Grundüberlegungen ... 27
3.1.2
Performance Management im engeren Sinne... 28
3.1.3
Performance Management im weiteren Sinne ... 30
3.1.4
Ganzheitliches Performance Management ... 31
3.2
Bezugsrahmen des Performance Management ... 35
3.2.1
Prozess des Strategischen Managements ... 36
3.2.1.1 Phase der strategischen Zielplanung ... 38

Inhaltsverzeichnis
II
3.2.1.2 Phase der strategischen Analyse und Prognose... 39
3.2.1.3 Phase der Strategieformulierung und ­bewertung ... 42
3.2.1.4 Phase der Strategieimplementierung ... 44
3.2.1.5 Phasenbegleitende strategische Kontrolle ... 47
3.2.2
Organisatorische und systemische Einbindung... 48
3.2.3
Zusammenfassende Darstellung des Bezugsrahmens ... 52
4
Performance Management mit der Balanced Scorecard ... 56
4.1
Das Grundmodell der Balanced Scorecard ... 57
4.1.1
Balanced Scorecard als Performance Measurement System ... 57
4.1.2
Balanced Scorecard als Management System... 63
4.1.3
Konzeptionelle Kritik an der Balanced Scorecard ... 66
4.2
Die Balanced Scorecard im strategischen Management... 68
4.2.1
BSC in der Phase der strategischen Zielplanung... 69
4.2.1.1 Implizite vs. explizite Berücksichtigung von Sichtweisen... 70
4.2.1.2 Elementare Sichtweisen... 74
4.2.2
BSC in der Phase der Analyse und Prognose... 77
4.2.2.1 Berücksichtigung von Chancen und Risiken ... 78
4.2.2.2 Berücksichtigung von Stärken und Schwächen ... 85
4.2.2.3 Gewährleistung der Wettbewerbsorientierung ... 90
4.2.3
BSC und SVA zur Bewertung von Strategien... 95
4.2.4
BSC in der Phase der Strategieimplementierung... 102
4.2.5
BSC in der Phase der Kontrolle ... 111
4.3
Integrative Wirkung der Balanced Scorecard ... 112
5
Gestaltungsrahmen des Performance Management ... 117
6
Schlussbetrachtung ... 124
Literaturverzeichnis ... 126
Anhang... 137
Versicherung ... 138

Abbildungsverzeichnis
III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Gang der Untersuchung ...8
Abbildung 2: Elemente des Performance Management ...32
Abbildung 3: Prozess des Strategischen Managements ...38
Abbildung 4: Organisatorische Einbindung des Performance Management .52
Abbildung 5: Bezugsrahmen des Performance Management ...53
Abbildung 6: Perspektiven und Aufbau der Balanced Scorecard...58
Abbildung 7: Kernkennzahlen der Kundenperspektive...61
Abbildung 8: Balanced Scorecard als Managementsystem ...64
Abbildung 9: Zielbereiche und Kausalkette des Performance Management .75
Abbildung 10: Verknüpfung des SVA mit der BSC...100
Abbildung 11: Kulturelle Integration im PMI-Dashboard...110
Abbildung 12: Integrationsumfang der Balanced Scorecard ...113
Abbildung 13: Kausalkette zur Erstellung eines Performance Management
Framework ...123

Abkürzungsverzeichnis
IV
Abkürzungsverzeichnis
Aufl. Auflage
BSC Balanced
Scorecard
Bsp. Beispiel
bspw.
beispielsweise
bzw. beziehungsweise
CAPM
Capital Asset Pricing Model
CFROI
Cash Flow Return on Investment
D. Deutschland
DB
Der Betrieb (Zeitschrift)
DBW
Die Betriebswirtschaft (Zeitschrift)
DCF
Discounted Cash Flow
d.h. das
heißt
DSS
Decision Support System
EDV Elektronische
Datenverarbeitung
EFQM
European Foundation for Quality Management
EIS
Executive Information System
et al.
et alii
etc. et
cetera
EVA
Economic Value Added
f. folgend(e)
ff. fortfolgend(e)
FIS Führungsinformationssystem
Fn. Fußnote
FTD
Financial Times Deutschland (Zeitung)
ggf. gegebenenfalls
Hrsg. Herausgeber
i.d.R.
in der Regel
insb. Insbesondere
i.S. im
Sinne
KonTraG
Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Un-
ternehmensbereich
krp Kostenrechnungspraxis
(Zeitschrift)

Abkürzungsverzeichnis
V
MA Mitarbeiter
MIS
Management Information System/ Manage-
mentinformationssystem
Mrd. Milliarden
PMI
Post Merger Integration
ROA
Return on Assets
ROCE
Return on Capital Employed
ROE
Return on Equity
ROI
Return on Investment
S. Seite(n)
SGE Strategische
Geschäftseinheit
SV Shareholder
Value
SVA
Shareholder Value Added oder Shareholder
Value Ansatz
TBM
Time Based Management
TQM
Total Quality Management
u.a. unter
anderem
Unt. Unternehmen/
Unternehmung
vgl.
vergleiche
vs. versus
z.B. zum
Beispiel
ZVEI
Zentralverband
Elektrotechnik- und Elektronik-
industrie

Einführung und Motivation
1
1 Einführung und Motivation
1.1 Unternehmerische Herausforderungen
Das länder- und branchenübergreifende Phänomen der Internationalisie-
rung stellt die herausragende Entwicklung der Unternehmensumwelt und
damit einhergehenden veränderten Wettbewerbsbedingungen dar.
1
In
Folge zunehmender Konzentrationstendenzen sehen sich viele Unter-
nehmen auf nur noch schwach wachsenden Märkten einem permanent
steigenden Wettbewerbsdruck ausgesetzt
2
, der einen Drang zu Innovation
und Wettbewerbsvorteilen erfordert.
3
Daneben eröffnen über strategische
Allianzen, Fusionen oder Unternehmensakquisitionen
4
neu erschlossene
Märkte beschaffungs- und absatzseitig nicht nur neue Chancen, sondern
insbesondere auch neue ökonomische Risiken.
5
Als Reaktion auf nach-
lassende Wachstumsraten ­ vornehmlich der Märkte westlicher Industrie-
nationen ­ und den steigenden Wettbewerbsdruck durchlaufen viele
Unternehmungen gegenwärtig eine Phase der Restrukturierung und Kon-
solidierung zur Effizienzsteigerung. Ausdruck der Restrukturierung sind
etwa Portfolio-Bereinigungen oder Entwicklungen wie Auslagerungen
ganzer Unternehmensbereiche oder Teile der Wertschöpfungskette.
6
Auch Brunner stellt in einem permanenten Wandel der Märkte vor allem
veränderte Wertschöpfungsketten, aber auch eine zunehmende Bedeu-
1
Zur Entwicklung der Internationalisierung und Kennzeichen der Globalisierung
vgl. Welge; Holtbrügge 1998.
2
Vgl. Gleich; Schimpf 1999, S.414.
3
Vgl. Michel 2001, S.2.
4
Ein zunehmendes Transaktionsvolumen von 935 Mrd. DM (2000; +140% gegen-
über 1999) sowie die absolut steigende Anzahl von Unternehmenszusammen-
schlüssen in D. verdeutlichen diese Entwicklung. Vgl. Bark; Kötzle 2001, S.337.
5
So stellt bspw. die mögliche Aufhebung der Gewährträgerhaftung ein Risiko für
öffentlich-rechtliche Kreditinstitute, insb. deren Refinanzierungsmöglichkeiten dar.
6
Vgl. Welge; Al-Laham 1999, S.101ff.

Einführung und Motivation
2
tung immaterieller Werte sowie gestiegene Informationsanforderungen
seitens der Anspruchsgruppen fest.
7
Michel stellt einen internationalen Wettbewerb um Kapital bedingt durch
den Zwang zu investitionsintensiven Innovationen und Wachstum fest, in
dem wettbewerbsfähige Renditen seitens der Unternehmen erzielt werden
müssen, um zukünftige Finanzierung durch Kredit oder Beteiligung zu ge-
währleisten.
8
Zu den Renditeanforderungen gesellen sich insbesondere
gestiegene möglichst echtzeitnahe Informations- und Kommunikationsan-
forderungen seitens möglicher Kapitalgeber.
9
Als weitere Folge der Inter-
nationalisierungsbestrebungen von Unternehmungen kann die Diskussion
einer Harmonisierung der national unterschiedlichen Rechnungslegungs-
vorschriften gesehen werden.
10
Neben diese Harmonisierung der unter-
schiedlichen externen Rechnungslegungsvorschriften tritt die Harmonisie-
rung der unternehmensbezogenen internen und externen Rechnungsle-
gung.
11
Kundenseitig ist bedingt durch die bessere Informationsversor-
gung und auch die mögliche Nutzung grenzüberschreitender Absatzkanä-
le eine erhöhte Preissensibilität festzustellen.
12
Klingebiel beobachtet als mögliche Folge der oben genannten Entwicklun-
gen einen Wandel von der traditionellen Unternehmenszielsetzung der
Gewinnmaximierung hin zur Steigerung des Unternehmenswertes als o-
berstes Ziel.
13
In diesen Zusammenhang ist die vorliegende Arbeit zum Performance
Management und der Balanced Scorecard zu stellen, denn die zuneh-
mende Dynamik und Komplexität im Umfeld und innerhalb der Unterneh-
mungen erfordern eine systematische, echtzeitnahe Steuerung der
7
Vgl. Brunner 1998, S.30. Neben steigenden Informationsanforderungen wird die
Steigerung der Transparenz von gesetzlicher Seite (KonTraG) angestrebt.
8
Vgl. Michel 1997, S.274 und Michel 2001, S.2. Im Wettbewerb um Kapital wird
zunehmend auch der Baseler Eigenkapitalakkord und die in dieser Diskussion
genannten internen und externen Ratings an Bedeutung gewinnen.
9
Vgl. bspw. Gössi; Simon-Keuenhof 2001, S.679.
10
Vgl. bspw. Mandler 1997; Haller 1997.
11
Vgl. dazu bspw. Heyd 2001.
12
Vgl. Kaplan; Norton 1992, S.73.
13
Klingebiel 1999, S.1.

Einführung und Motivation
3
unternehmerischen Leistung zur Bewahrung und Realisierung der gene-
rierten Werte für bspw. Kunden, Mitarbeiter und Anteilseigner.
1.2 Motivation der Untersuchung
In vielen Unternehmen besteht angesichts der im vorangegangenen Ab-
schnitt dargestellten Dynamik des Wettbewerbs und zunehmender Kom-
plexität ein Steuerungsproblem, d.h. eine mangelnde Verbindung der
Strategien mit kurzfristigen Handlungen. Dies sei durch folgende Studien
belegt.
Eine von Arthur Andersen durchgeführte Studie zeigt diese Schwäche des
strategischen Managements auf. Darin gaben 80% der befragten Manager
an, mit den gegenwärtigen Führungsinformationssystemen und den Leis-
tungsindikatoren unzufrieden zu sein. Nur 28% der Manager äußerten Zu-
friedenheit über die in ihren Unternehmen bestehenden und angewandten
Instrumente zur Umsetzung der Unternehmensstrategie, wobei viele der
Befragten sogar noch zukünftige Herausforderungen in der Formulierung
der Strategien und der Ausrichtung der Instrumente auf diese sahen. E-
benso offenbarte diese Studie, dass in ungefähr einem Drittel der Unter-
nehmen die Überprüfung der Zielerreichung auf strategischer Ebene nur
einmal jährlich, in weiteren 15% der Unternehmen nur in unregelmäßigen
Abständen stattfindet. Unzulänglichkeiten bestehen in der Unternehmens-
praxis hinsichtlich der Strategieumsetzung, der verwendeten Kennzahlen
und der Benutzerfreundlichkeit der implementierten Managementinforma-
tionssysteme.
14
Die Strategieumsetzung als zentrales Problem des strategischen Mana-
gement identifiziert auch eine von Pricewaterhouse Coopers erstellte Stu-
die. Rund 90% der in der Befragung berücksichtigten Unternehmen
nennen als Grund zur Einführung der Balanced Scorecard eben die Un-
terstützung der Strategieumsetzung infolge der Probleme, die in der Un-
14
Diese Studie wurde 1999 zum Thema: Value-Based Performance Management
mit 70 Unternehmen im deutschsprachigen Raum durchgeführt. Vgl. Brunner
1999, S.13ff.

Einführung und Motivation
4
ternehmenspraxis in dieser Phase des Strategieprozesses auftreten. Da-
neben intendierten 36% der Grundgesamtheit eine Verbesserung des Re-
portingsystems.
15
Auch eine von Al-Laham durchgeführte Studie
16
bestätigt, dass die Um-
setzungsphase in der Unternehmenspraxis die meisten Probleme aufwirft,
wenngleich die Strategieimplementierung als zentrale Phase des strategi-
schen Managementprozesses angesehen wird, da gewählte Strategien
ohne eine effiziente Implementierung wirkungslos bleiben.
17
Das Problem der Implementierung und Umsetzung von Strategien als
zentrale Phasen im Strategischen Management und der Unternehmens-
steuerung erfährt folgerichtig starke Aufmerksamkeit. Die Planung, Um-
setzung und Messung von Strategie als voneinander isolierte Prozesse
führen möglicherweise neben dem kommunikationsbedingten Verlust stra-
tegierelevanter Informationen dazu, dass keine einheitliche unterneh-
mensweite Ausrichtung auf die Vision und das Leitbild besteht. Mögliche
Folgen der fehlenden Strategieorientierung sind eine Vielzahl individuell
initiierter und unkoordinierter Aktivitäten einzelner operativer Inseln im Un-
ternehmen. Rückschlüsse auf die Grundlagen des Erfolgs bzw. Misser-
folgs sind nur bedingt möglich, da nicht das Ergebnis der durch die
Planungs- und Entscheidungsträger formulierten Strategie gemessen wird,
sondern die tatsächlich umgesetzten Handlungen der Handlungsträger.
Gezielte und gesteuerte Lernprozesse können somit ausbleiben.
Performance Management Konzepte sollen Ansatzpunkte zur Überwin-
dung des Fehlens unternehmensweit einheitlicher Leistungsorientierung,
15
Diese Studie (2/2001) zur Zufriedenheit der Anwender mit der Balanced Score-
card wurde mit 200 der umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland durchge-
führt. Die Grundgesamtheit bilden 59 Unternehmen. Vgl. Pricewaterhouse
Coopers 2001, S.9.
16
Diese Studie (1997) über die Strategieprozesse in deutschen Unternehmungen
verfolgt die Zielsetzung, Erkenntnisse über eine erfolgreiche Organisation strate-
gischer Prozesse zu gewinnen. Vgl. Al-Laham 1997, S.458ff.
17
Vgl. Welge; Al-Laham 1999, S.523.

Einführung und Motivation
5
der Abstimmung der Maßnahmen mit den Zielen und der zur Durchfüh-
rung der Maßnahmen notwendigen Budgetierung bieten.
18
Insbesondere aus der Kritik an traditionellen Steuerungsinstrumenten sind
vornehmlich in der jüngeren Vergangenheit eine Reihe von Ansätzen des
Performance Measurement und Management entwickelt worden, die auf
eine zunehmende Performanceorientierung in Unternehmen trifft.
19
Sandt/
Schäffer/ Weber weisen nach, dass die Zufriedenheit des Managements
mit dem Performance Measurement System eng mit dessen Ausgestal-
tung zusammenhängt. Danach hat der Grad der Ausgewogenheit der
Messgrößen, der Systematisierungsgrad sowie deren Beziehung zueinan-
der in einem ersten Schritt Einfluss auf den Grad konzeptionellen
Gebrauchs durch das Management. In einer zweiten Stufe tragen dann
diese Faktoren wesentlich zur Zufriedenheit des Managements mit dem
Performance Measurement System bei.
20
Allerdings bereiten auch den
meisten Unternehmen, bei denen das Performance Management prakti-
ziert wird, die konsequente Umsetzung und Verfolgung der Erkenntnisse
noch erhebliche Probleme.
21
Die Motivation dieser Untersuchung fußt daher auf der beispielsweise von
Brunner getroffenen Aussage, dass ,,Die Entwicklung und Gestaltung ei-
nes ganzheitlichen Performance Management, das an die bestehenden
18
Die Existenz der möglichen Konsequenzen und Begleiterscheinungen des Um-
setzungsproblems lässt sich indirekt an der hohen Beratungspräsenz, auf die
bspw. Klingebiel (1999) hinweist ­ in Folge hohen Beratungsbedarfs ausmachen.
Außerdem werden in den bereits erwähnten Studien speziell diese Probleme als
Grund zur Einführung und als Einsatzgebiete der Performance Measurement
bzw. Management Konzepte, insbesondere der Balanced Scorecard, genannt.
Vgl. Zimmermann; Jöhnk 2001, S.153 oder Horváth & Partner (Hrsg.) 2000, S.2ff.
19
Vgl. bspw. Klingebiel 1999, S.3; Sandt; Schäffer; Weber 2001, S.1; Brunner
1999, S.23; Hoffmann 2000a, S.1; Michel 1997, S.274; Gössi; Simon-Keuenhoff
2001, S.679.
20
Vgl. Sandt; Schäffer; Weber 2001. Diese Studie verifiziert die folgende Hy-
pothese:"Conceptual use of performance measures is positively related to man-
agers' satisfaction with their performance measures" ausgehend von der
Annahme, dass die Faktoren "Linkage and balance of performance measures"
ein Performance Measurement-System konstituieren. Die Grundgesamtheit bil-
den dabei 254 befragte Manager deutscher Unternehmen über alle Branchen-
und Größenklassen.
21
Vgl. Brunner 1999, S.10.

Einführung und Motivation
6
Shareholder-Value-Management-Ansätze [oder ganz allgemein an andere
Management-Ansätze] anknüpft und neue Konzepte wie die Balanced
Scorecard integriert, (..) bislang weitgehend vernachlässigt" worden sei-
en.
22
1.3 Zielsetzung und Konzeption der Arbeit
Vor dem Hintergrund der aufgezeigten Problemstellung und Motivation
besteht das Ziel dieser Arbeit darin, das Instrument Balanced Scorecard
als Steuerungsansatz in einen zu entwickelnden ganzheitlichen Bezugs-
rahmen des Performance Management zu stellen und mögliche integrative
Beiträge zu bewerten.
Zur Realisierung des Zielanspruchs werden Leitfragen formuliert, die den
Gang der Arbeit vorgeben. Die Fragestellungen lauten vor dem Hinter-
grund der im ersten Kapitel dargelegten Herausforderung und Motivation
wie folgt:
Welche Anforderungen und Implikationen ergeben sich aus der Unzuläng-
lichkeit traditioneller Steuerungsansätze?
Dazu werden im zweiten Kapitel zunächst traditionelle Steuerungsansät-
ze und Managementkonzeptionen vorgestellt und einer systemischen und
inhaltlichen Kritik unterzogen. Daraus werden grundsätzliche Anforderun-
gen an Steuerungsansätze und Management-Konzepte gestellt.
Welchen Gegenstandsbereich hat das Konzept des Performance Mana-
gement?
Dazu wird im dritten Kapitel zunächst die definitorische Vielschichtigkeit
der Idee ,Performance Management' strukturiert.
23
Darauf aufbauend wird
ein ganzheitlicher Bezugsrahmen entwickelt, in dessen Dimensionen
22
Brunner 1999, S.11f.
23
Die der Untersuchung zugrunde liegenden Definition von Performance Manage-
ment erfolgt an dieser Stelle, da sie unmittelbar den Bezugsrahmen begründet.

Einführung und Motivation
7
(Strategieprozess, System und Schlüsselfaktoren) sich Elemente eines
ganzheitlichen Performance Management bewegen.
Welche Beiträge kann die Balanced Scorecard im entwickelten Bezugs-
rahmen leisten? Welche integrative Wirkung hat sie?
Einer kurzen Vorstellung des Grundmodells der Balanced Scorecard als
Untersuchungsobjekt folgt im vierten Kapitel die Untersuchung möglicher
Beiträge und der integrativen Wirkung des Instruments im entwickelten
Bezugsrahmen des Performance Management. Abschließend erfolgt eine
kurze kritische Würdigung.
Wie kann ein ganzheitliches Performance Management auf Basis der Ba-
lanced Scorecard umgesetzt werden?
Das fünfte Kapitel widmet sich der Darstellung der wichtigsten Schritte
eines Frameworks zur Umsetzung einer ganzheitlichen Performance Ma-
nagement Konzeption.
Abschließend soll im sechsten Kapitel in der Schlussbetrachtung die
Ausgangsfrage: Ganzheitliches Performance Management mit der Balan-
ced Scorecard? beantwortet werden.
Folgende Abbildung soll den Gang der Untersuchung bzw. das gewählte
Vorgehen veranschaulichen:

Einführung und Motivation
8
Abbildung 1: Gang der Untersuchung

Bewertung traditioneller Ansätze der Steuerung
9
2 Bewertung traditioneller Ansätze der Steuerung
Unter traditionellen Ansätzen der Unternehmenssteuerung sollen hier ne-
ben Kennzahlensystemen und Management- bzw. Führungsinformations-
systemen auch verschiedene herkömmliche Management Konzeptionen
verstanden werden. Gemeinsam ist all diesen Ansätzen, dass sie sämtlich
als Führungsinstrument zur Entscheidungsvorbereitung und ­durchset-
zung dienen, insbesondere als informationelle Grundlage.
24
Sie basieren
zumeist auf Daten des betrieblichen Rechnungswesens sowie des operati-
ven und strategischen Controllings.
Ziel dieses Kapitels ist, aus den in der Literatur genannten Kritikpunkten
an traditionellen Steuerungsansätzen, Anforderungen und Gestaltungs-
elemente für den Bezugsrahmen des Performance Management zu be-
gründen. Dazu wird zunächst kurz auf die systemimmanente Kritik
traditioneller Steuerungssysteme eingegangen, bevor die wesentlichen
inhaltlichen Schwachpunkte herausgestellt werden.
2.1 Formale Differenzierung von Steuerungssystemen ­
Systemkritik
Zunächst werden die Begriffe der Kennzahlen und Kennzahlensysteme
erläutert und dann zum Begriff des Führungsinformationssystems bzw.
Managementinformationssystems abgrenzt.
2.1.1 Kennzahlensysteme
Kennzahlen sind nach Reichmann Zahlen, die Urteile und Aussagen über
möglicherweise komplizierte Sachverhalte eines Realsystems und deren
Zusammenhänge dadurch ermöglichen, dass sie diese auf einem metri-
24
Zur ausführlichen Beschreibung der Charakteristika und Merkmale von Informati-
onen und der Definition des Begriffs Informationssystems vgl. Struckmeier 1997,
S. 9ff.

Bewertung traditioneller Ansätze der Steuerung
10
schen Skalenniveau messen und in relativ einfacher Weise abbilden, um
einen möglichst schnellen und umfassenden Überblick für die Unterneh-
mensführung zu erlauben.
25
Weber/ Schäffer unterscheiden grundsätzlich drei Nutzungsarten bzw.
Funktionen von Kennzahlen
26
:
» Kennzahlen dienen in der instrumentellen Funktion der Fundierung
von Entscheidungen und lösen somit unmittelbar Handlungen aus.
» Kennzahlen fördern das Verständnis über das Geschäftsmodell und
die aktuelle Situation der Unternehmung. Diese konzeptionelle
Funktion ist nicht unmittelbar handlungsauslösend, sondern kann
Denkprozesse und Haltungen unternehmerischer Akteure beeinflus-
sen.
» Kennzahlen werden auch zur nachträglichen Rechtfertigung von
Entscheidungen eingesetzt werden. In einer symbolischen Funktion
dienen Kennzahlen zur nachträglichen Rechtfertigung und Durch-
setzung der Entscheidung. Damit kann darüber hinaus ihre Anwen-
dung zur Beeinflussung anderer Handelnder im Unternehmen füh-
ren.
,,Unter Kennzahlensystem wird im allgemeinen eine Zusammenstellung
von quantitativen Variablen verstanden, wobei die einzelnen Kennzahlen
in einer sachlich sinnvollen [systematischen, mathematischen oder empiri-
schen] Beziehung zueinander stehen, einander ergänzen oder erklären
und insgesamt auf ein gemeinsames übergeordnetes Ziel ausgerichtet
sind."
27
Daher gehen Kennzahlensysteme zur Vermittlung der betriebs-
wirtschaftlich wichtigsten Aussage in der Regel von einem Oberziel aus,
das sich in einer Spitzenkennzahl, bspw. dem ROI oder ROE ausdrückt,
um daraus handhabbare Unterziele abzuleiten.
28
25
Vgl. dazu ausführlich Reichmann 1997, S.19f.
26
Vgl. Weber; Schäffer 1999a, S.17.
27
Reichmann 1997, S.23.
28
Vgl. Wicki-Breitinger 2000, S.71.

Bewertung traditioneller Ansätze der Steuerung
11
Der Vergleich von Kennzahlen birgt die Gefahr der isolierten Betrachtung
der Spitzenkennzahlen. Als anschauliches Beispiel lässt sich hier die Ei-
genkapitalrentabilität (ROE) heranziehen. Berechnungsgrundlage der Ei-
genkapitalrentabilität bilden der Gewinn nach Steuern als Zähler und das
bilanzielle Eigenkapital als Basis. Eine geringe Eigenkapitalbasis kann
somit berechnungsbedingt zu einem relativ günstigen RoE führen, ohne
dass ein außergewöhnlich hoher Gewinn ausgewiesen wird.
29
Dies trifft
analog auf den Return on Assets (ROA) zu.
Das bekannteste unter den Kennzahlensystemen basierend auf buchhal-
terischen Größen ist das ROI-Konzept bzw. DuPont-Schema. Der Return
on Investment bildet dabei die Spitzenkennzahl, die sich aus dem Produkt
von Umsatzrendite (Gewinn/ Umsatz) und dem Kapitalumschlag (Umsatz/
[Anlagevermögen+Umlaufvermögen]) ergibt. Der ROI ist eine in der Un-
ternehmenspraxis weit verbreitete Steuerungsgröße.
30
Auf weitere Kenn-
zahlensysteme, die in der Literatur schon ausreichend diskutiert sind, wie
das ZVEI-Kennzahlensystem
31
, das RL-Kennzahlensystem
32
oder das
System selektiver Kennzahlen
33
sei an dieser Stelle nur verwiesen.
Die Berücksichtigung nur quantifizierbarer Größen, sowohl monetär als
auch mengenmäßig, wird häufig als systemimmanente Grenze von Kenn-
29
Im internationalen Vergleich ,,leiden" insbesondere deutsche Unternehmen des
Banken- und Versicherungsbereichs unter einer hohen Eigenkapitalbasis, die
sich direkt auf den ROE auswirkt.
30
Vgl. zum DuPont-Kennzahlensystem bspw. Weber; Schäffer 1999a, S.1; Wicki-
Breitinger 2000, S.72 oder zu einer erweiterten Variante Struckmeier 1997, S.6ff
sowie eingehender die darin angegebenen Literaturhinweise.
31
Vgl. bspw. Wicki-Breitinger 2000, S.70ff. oder eingehender die darin angegebe-
nen Literaturhinweise.
32
Vgl. Reichmann 1997.
33
Vgl. Weber; Schäffer 1999a, S.2 und S.8, sowie die dort genannten Literaturhin-
weise.

Bewertung traditioneller Ansätze der Steuerung
12
zahlensystemen gesehen. Nicht oder nicht hinreichend zahlenmäßig er-
fassbare Sachverhalte lassen sich nicht in einer Kennzahl ausdrücken.
34
2.1.2 (Führungs-) Informationssysteme
,,Führungsinformationssysteme sind spezifische Informationssysteme, die
auf die bedarfsgerechte Informationsversorgung des zur Unternehmens-
führung legitimierten Leitungsorgans ausgerichtet sind."
35
Einem empfängerorientierten Totalansatz (Subjektorientierung) folgend
sollen in einem Führungsinformationssystem externe und qualitative In-
formationen Berücksichtigung finden und bereitgestellt werden, die Füh-
rungskräfte zur Unternehmensführung benötigen. Im Gegensatz dazu
stehen Managementinformationssysteme (MIS)
36
, die in einem unterneh-
mens- bzw. objektorientierten Totalansatz alle im Unternehmen generier-
ten Daten abzubilden versuchen.
37
Das Managementinformationssystem
versucht, das gesamte Unternehmen abzubilden. Einer Vielzahl an irrele-
vanten Daten steht somit nicht selten ein Mangel an bedarfsgerechten
bzw. an benötigten Informationen bei Führungskräften entgegen.
38
Hinzu
kommt ,,(...), dass mit der quantitativen Zunahme des Informationsangebo-
tes die Wahrscheinlichkeit für Fehlentscheide steigt (...)"
39
, weil die Auf-
merksamkeit nicht auf entscheidungsrelevante Sachverhalte gelenkt wird.
Allein mit wachsender Menge an berechneten Kennzahlen steigt deren
absoluter Fehleranteil mit hoher Wahrscheinlichkeit.
34
Vgl. Struckmeier 1997, S.87. Hinzu fügt die Autorin die mit zunehmendem Ag-
gregationsgrad und Einbindungsgrad von Computern wachsende Möglichkeit der
Fehlerhaftigkeit von Kennzahlen innerhalb eines Kennzahlensystems.
35
Hornung; Mayer 1999, S.390; Struckmeier 1997, S.14.
36
Zur historischen Entwicklung der Informationssysteme, sowie zur Definition und
Abgrenzung von Managementinformationssystemen (MIS), Entscheidungsunter-
stützungssystemen (DSS) und Führungsinformationssystemen (EIS) vgl. Struck-
meier 1997, S.10ff.
37
Vgl. dazu Hornung; Mayer 1999, S.390.
38
Vgl. Hornung; Mayer 1999, S.389; Weber; Schäffer 1999a, S.1.
39
Brunner, Dönni 1997, S.326.

Bewertung traditioneller Ansätze der Steuerung
13
Grundsätzlich basieren diese Führungsinformationssysteme auf Kennzah-
lensystemen als Analyse- und Berichtssystem.
40
Führungsinformations-
systeme bilden damit im Gegensatz zu Kennzahlensystemen, die eher die
inhaltliche Ebene konstituieren, die formale Ausgestaltung von Informati-
onssystemen. Als wesentliches Element von Kennzahlensystemen in Füh-
rungsinformationssystemen wird die Schwellenwertanalyse als absolute
oder relative Über- oder Unterschreitung neben Plan- und Ist-Kennzahlen
genannt.
41
Gemeinsam sind diesen Systemen folgende wesentliche Funktionen: Sie
dienen insbesondere der im engeren Sinne unternehmensinternen Infor-
mationsversorgung bottom-up und der Steuerung top-down. Hinzu kommt
die Informationsversorgung im weiteren Sinne, denn die Anspruchsgrup-
pen der Unternehmung, insbesondere Gläubiger und Anteilseigner, haben
aus rechtlicher Sicht nicht nur Anspruch auf die vertraglich vereinbarte
Zahlungsleistung des Unternehmens, sondern auch einen Anspruch auf
Information über Erfolgs- und Liquiditätszustand des Unternehmens. Die
Unternehmen sind ­ abhängig von ihrer Größe und Rechtsform ­ per Ge-
setz in unterschiedlichem Grad zur Offenlegung der Unternehmensergeb-
nisse und ­situation verpflichtet.
2.2 Inhaltliche Kritik an traditionellen Steuerungssystemen
,,Seien wir doch ehrlich: Jede Jahresrechnung ist falsch."
42
In der Unternehmenspraxis werden überwiegend buchhalterische Wertin-
dikatoren zur Geschäftssteuerung verwendet. Dieses sind hauptsächlich
Gewinngrößen (Gewinn, Deckungsbeiträge), Rendite-Kennzahlen (Um-
satz-, Eigenkapitalrendite) sowie Marktkennziffern (Gewinn pro Aktie,
40
Vgl. dazu Reichmann 1997, S.5ff.; Struckmeier 1997, S.67f.
41
Vgl. Struckmeier 1997, S.89f.
42
Leysinger 2001, S.621.

Bewertung traditioneller Ansätze der Steuerung
14
Kurs-Gewinn-Verhältnis).
43
Dabei werden relative Kennzahlen insbeson-
dere für Vergleiche zwischen Unternehmen bzw. Unternehmenseinheiten
verwendet, während in der Finanzanalyse das Kurs-Gewinn-Verhältnis als
wesentliches Kriterium bei der Aktienbeurteilung gilt.
44
2.2.1 Orientierung an kurzfristigem finanziellen Erfolg
Traditionelle Kennzahlen, wie beispielsweise der Return on Investment
orientieren sich an kurzfristigen Erfolgsgrößen. Dabei wird die Monoziel-
ausrichtung an sich ebenso wie der rein monetäre Fokus vor dem Hinter-
grund differenter Zielverfolgung unterschiedlicher Anspruchsgruppen im
Unternehmen zum Gegenstand der Kritik. Gefördert wird das Denken in
kurzfristigen Erfolgen noch durch die überwiegend an solche Erfolgsgrö-
ßen gekoppelte Entlohnung des Managements (dysfunktionale Verhal-
tenswirkung). Zudem ist eine Initiierung aktionsorientierten Verhaltens
eingeschränkt. Kurzfristiger und langfristiger Erfolg können konfligierende
Ziele sein, sofern sich langfristiger Erfolg nur durch die Minderung des
kurzfristigen Erfolgs, z.B. (Normal-) Investitionen, realisieren lässt.
45
Verstärkt wird die kurzfristige Denkweise durch die Tatsache, dass das
Management zunehmend quartalsweise die Unternehmensergebnisse
publiziert, beispielsweise anforderungsbedingt durch das Qualitätsseg-
ment, in dem es an der Börse notiert ist. Um laufend gute rechnungswe-
senbasierte Ergebnisse zu präsentieren, an deren an die Entlohnung
teilweise noch gekoppelt ist, stellt sich für das Management nahezu
zwangsläufig eine Zeitpräferenz zu Lasten von Investitionen, deren Erfol-
43
Eine Übersicht zu jahresabschlussorientierten Erfolgsmaßstäben der Unterneh-
mensführung liefern Welge; Al-Laham 1999, S.129.
44
Credit Suisse 2000, S.3.
45
Vgl. Zimmermann; Jöhnk 2001, S.43; Weber; Schäffer 1999a, S.1; Wiedemann
2001, S.2; Welge; Al-Laham 1999, S.131; Kaplan; Norton 1997, S.21; Eccles
1991, S.132; Brown; Laverick 1994, S.93; Horváth; Gleich 1998, S.562f.

Bewertung traditioneller Ansätze der Steuerung
15
ge sich erst in fernerer Zukunft auszahlen. Im Ergebnis kann dies eine
verzerrte Investitionspolitik zur Folge haben.
46
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Orientierung am kurzfristi-
gen finanziellen Erfolg nur unvollkommen die langfristigen Unternehmens-
ziele der nachhaltigen Existenzsicherung widerspiegelt.
47
,,Finanzorientiertes Denken grenzt außerdem die Freiheit der Mitarbeiter
und Organisationseinheiten ein und unterdrückt damit die für die Wettbe-
werbsfähigkeit so wichtige Initiative und Kreativität."
48
Weiterhin fehlt es
finanzzielfokussierten Kennzahlen, wie beispielsweise dem Return On
Capital Employed (ROCE), schon berechnungsbedingt an vorgelagerten
Größen, den Werttreibern, die diese Spitzenkennzahl determinieren.
49
2.2.2 Vergangenheitsorientierung und bilanzpolitische Verzer-
rung
Vor allem bedingt durch die ausschließliche finanzielle Orientierung basie-
ren die Kennzahlensysteme auf Vergangenheitsdaten des Rechnungswe-
sens. Schlechte Finanzdaten als Ergebniskennzahlen sind mehr Symptom
als Ursache betriebswirtschaftlicher Probleme. Die bereits existierenden
Probleme werden anhand der Finanzkennzahlen erst mit zeitlicher Verzö-
gerung (time-lag) offensichtlich.
50
Veränderungen inner- und außerhalb
der Unternehmung zeigen sich zu spät in den Zahlen des Rechnungswe-
sens.
51
Einperiodige Finanzkennzahlen liefern somit nur wenig zukunftsre-
levante Steuerungsinformationen.
52
,,Financial measures are reporting the
financial outcome of activities and thus are lagging measures. Traditional
46
Credit Suisse 2000, S.4.
47
Vgl. Zimmermann; Jöhnk 2001, S.43.
48
Müller 2000, S.28.
49
Vgl. Hornung; Meyer 1999, S.394.
50
Vgl. Zimmermann; Jöhnk 2001, S.43, Meyer; Köhle 2000, S.8, Kaufmann 1997,
S.422.
51
Vgl. Müller 2000, S.27.
52
Vgl. Horstmann 1999, S.193; Wiedemann 2001, S.2; Sure; Thiel 1999, S.54,
Michel 2001, S.2.

Bewertung traditioneller Ansätze der Steuerung
16
performance measuerement systems tend to neglect the drivers of the
(future) financial outcomes, so called leading measures."
53
Daher bleiben
Aktivitäten, die aus der Interpretation von vergangenheitsbezogenen ins-
besondere Finanzkennzahlen resultieren, ausschließlich Reaktionen.
Des Weiteren findet sich in der Literatur ein Kritikpunkt, der ebenso die
vergangenheitsbezogene und dem Rechnungswesen entstammende Zah-
lenbasis der Kennzahlensysteme betrifft. Danach besteht für die Zahlen-
basis von Kennzahlensystemen eine bilanzpolitische Gestaltbarkeit, da die
Daten sämtlich dem betrieblichen Rechnungswesen entstammen
54
bzw.
sich an Buchhaltungs-, Budgetierungs- oder Marktdaten orientieren.
55
Die
deutschen Gesetze bieten für die Erstellung der Bilanz sowie der Erfolgs-
rechnung erhebliche Ansatz- und Bewertungswahlrechte wie z.B. in der
Wahl der Abschreibungsmethode oder etwa Aktivierungswahlrechten so-
wie der Rückstellungen.
56
Es kommen zudem unterschiedliche Bewer-
tungsregeln von Lagerbeständen oder Verbuchungsmethoden von
Währungstransaktionen, welche die ausgewiesenen Gewinne beeinflus-
sen, zur Anwendung, ohne dass sich an den Zahlungsströmen etwas än-
dert.
57
So schmälern nicht aktivierungsfähige immaterielle Investitionen,
beispielsweise für Marketing, Forschung und Entwicklung, den gegenwär-
tigen Gewinn; deren Auswirkungen auf den zukünftigen Erfolg bleiben un-
berücksichtigt.
Informationen, die dem Management über das Berichtswesen zur Verfü-
gung gestellt werden, besitzen bedingt durch ihren großen Umfang und
53
Sandt; Schäffer; Weber 2001, S.2; ebenso Eccles 1991, S.132.
54
Vgl. beispielsweise Zimmermann; Jöhnk 2001, S.43; Hornung; Mayer 1999,
S.390; Brunner 2000, S.20. Eine ähnliche Gestaltbarkeit der publizierten Kenn-
zahlen konstatieren Brown/ Laverick englischen Unternehmungen in ihrer Rech-
nungslegungspraxis. Vgl. Brown; Laverick 1994, S.90f.
55
Vgl. Brunner 1997, S.3.
56
Vgl. Welge; Al-Laham 1999, S.130. Ein Beispiel für den Einfluss der gewählten
Bewertungsmethode auf den ROCE, der Rückstellungen und Abschreibungen
auf die Gewinn- und Verlustrechnung liefern Brown/ Laverick für privatisierte Ver-
sorgungsbetriebe. Vgl. Brown/ Laverick 1994, S.90f.
57
Credit Suisse 2000, S.3f.

Bewertung traditioneller Ansätze der Steuerung
17
ihre Unübersichtlichkeit häufig wenig Steuerungsrelevanz. Aussagen über
den Grad der Strategieumsetzung werden anhand finanzieller Größen ge-
troffen, ohne dass keine zufriedenstellende Beschreibung der zu Grunde
liegenden Ursachen dafür gegeben werden kann.
58
Nach Kaplan/ Norton
sind finanzielle Kennzahlen nur schwache Indikatoren für Wertschöpfung
oder zur Dokumentation begangener Fehler in der vergangenen Berichts-
periode. Sie lassen damit keine Aussagen über aktuelle oder zukünftige
Handlungsbedarfe für die Wertschöpfung treffen.
59
Ähnlich sieht dies
Brunner, der traditionellen Messgrößen auf operativer Ebene, wie bei-
spielsweise Produktionskosten und Durchlaufzeit, auf Grund ihrer Output-
orientierung alleinigen Führungsgrößencharakter abspricht und die Ver-
nachlässigung von Aussagen über vorgelagerte kritisiert.
60
2.2.3 Mangelnde Strategieorientierung und Kontextsteuerung
Den traditionellen Kennzahlensystemen bzw. Informationssystemen all-
gemein mangelt es an Aussagen über strategische Erfolgsfaktoren
61
und
an Steuerungsinformationen für untere Steuerungsebenen, beispielsweise
kritische Geschäftsprozesse. Ihr Geltungs- und Steuerungsbereich liegt
zumeist auf der Ebene der Gesamtunternehmung oder strategischer Ge-
schäftseinheiten.
62
Ebenso wird ein mangelndes Verständnis von Ursa-
che-Wirkungsbeziehungen zwischen Ergebnis und steuerbarer Größe
angeführt. Daher sind durch die Anwendung traditioneller Messgrößen
keine bzw. nur eingeschränkt differenzierte Aussagen in Bezug auf den
Fortschritt und die Ursache der Zielerreichung sowie mögliche Verbesse-
rungspotenziale zu treffen.
63
Nach Kaplan/ Norton fehlen klassischen
Kennzahlensystemen die folgenden Managementfunktionen: Umsetzbar-
58
Vgl. Horváth & Partner 2000, S.3.
59
Vgl. Kaplan; Norton 1997, S.22.
60
Vgl. Brunner 1999, S.12.
61
Zur Bedeutung der strategischen Erfolgsfaktoren als Vorsteuergrößen der Er-
folgs- und Liquiditätsgrößen (,,Eisbergmodell") vgl. Hornung; Meyer 1999, S.392
und Welge; Al-Laham 1999, S.121ff.
62
Vgl. Zimmermann; Jöhnk 2001, S.43; Brunner; Sprich 1998, S.30; Meyer; Köhle
2000, S.8.
63
Vgl. Brunner 1999, S.12.

Bewertung traditioneller Ansätze der Steuerung
18
keit von Visionen und Strategien, Verknüpfung der Strategie mit den Ziel-
vorgaben der Abteilungen, Teams und Mitarbeiter, Verknüpfung der Stra-
tegie mit der Ressourcenallokation und ,,taktischen" anstelle ,,strategi-
schen" Feedbacks.
64
Traditionelle Systeme verfehlen durch die aus dem
Rechnungswesen bereitgestellten Kennzahlen zum Teil ihre Aufgabe als
Entscheidungshilfe hinsichtlich Investitionen in neue Technologien sowie
den Eintritt in neue Märkte, die wesentlich den zukünftigen Erfolg des Un-
ternehmens begründeten.
65
Grundsätzlich fehlt Unternehmen die Kompetenz - in Form eines geeigne-
ten Managementinstruments ­ die vor dem Hintergrund zunehmend dyna-
mischen Wettbewerbs zügige Umsetzung von Strategien in operative
Maßnahmen. Die Gründe dafür liegen nach einer Studie von Al-Laham
wesentlich in verhaltensbezogenen Durchsetzungsproblemen sowie
Schnittstellen- und Organisationsproblemen.
66
2.2.4 Fehlende Kapitalmarkt- und Risikoorientierung
An jahresabschlussorientierten Erfolgsmaßstäben wird kritisiert, dass sie
nur eine unzureichende wertorientierte Erfolgsmessung erlauben. Dabei
wird neben der fehlenden Berücksichtigung langfristiger Zahlungsströme
(Restwert) insbesondere die mangelnde Korrelation dieser traditionellen
Erfolgskennzahlen mit der Wertentwicklung am Kapitalmarkt genannt.
67
Bei fehlender Berücksichtigung des Restwerts können zum Teil erhebliche
Differenzen zwischen Gewinn und Cash Flow liegen. Traditionelle Syste-
me der Erfolgsmessung vernachlässigen den Goodwill der Unternehmun-
gen ebenso wie den Wert von Marken.
68
,,Darüber hinaus werden
64
Vgl. Kaplan/ Norton 1997, S.184ff., ebenso Brunner, der, bedingt durch das Feh-
len geeigneter Instrumente, Mängel in der Operationalisierung strategischer Vor-
gaben, Messbarkeit deren Umsetzung sowie Durchgängigkeit der Ziel- und
Messgrößensysteme feststellt. Vgl. Brunner 2000, S.20.
65
Vgl. Eccles 1991, S.132f.
66
Vgl. Welge; Al-Laham 1999, S.610ff.
67
Vgl. Brunner 2000, S.20 und Michel 2001, S.2.
68
Zur möglichen Generierung neuen Gestaltungsspielraums durch den Einbezug
von Goodwill (ideeller Firmenwert) und Brands (Marken) vgl. Brown/ Laverick
1994, S.91.

Bewertung traditioneller Ansätze der Steuerung
19
jahresabschlussorientierte Kennzahlen [dahingehend], (...), kritisiert, dass
sie den möglichen Risiken, der Inflation, den Altersstrukturen des Anlage-
vermögens sowie dem Finanzierungsbedarf zukünftigen Wachstums nicht
in ausreichendem Maße Rechnung tragen."
69
Messgrößen traditioneller
Rechnungslegung berücksichtigen nicht ausreichend Risiko- und Kapital-
kosten, die zur Abbildung der Leistung und des Risikos notwendig sind.
70
Unterschiedliche Risiken in unterschiedlichen Unternehmensbereichen
bleiben unberücksichtigt.
71
Die Frühwarnfunktion eines Kennzahlensys-
tems, insbesondere ihrer vorgelagerten Kennzahlen, wird wesentlich
durch den Aggregationsgrad der verwendeten Größen bestimmt. Mit zu-
nehmendem Aggregationsgrad (Spitzenkennzahl) nimmt die Aussagekraft
über mögliche risikobehaftete Entwicklungen ab.
72
Wird die Höhe des Ge-
winns absolut betrachtet, so sagt diese nichts über die zu seiner Erzielung
eingegangenen Risiken aus.
73
Ferner beeinflusst die Finanzierungsent-
scheidung ­ bspw. Leasing oder Kauf im ROI-Konzept ­ die Rentabilität,
denn der Rückfluss wird u.a. am Buchwert des Anlagevermögens gemes-
sen.
74
Das veränderte Risiko, welches sich durch die Umstrukturierung
ergibt, wird hingegen nicht berücksichtigt.
Eine weitere Auswirkung, die sich aus der mangelnden Kapitalmarktorien-
tierung ergibt, ist die Tatsache, dass durch eine nicht bedarfsgerechte In-
formationsversorgung der am Kapitalmarkt agierenden potenziellen An-
spruchsgruppen über den Wert der Unternehmung nur eine
unzureichende Beurteilung des Erfolgs und der Qualität des Manage-
ments ermöglicht und den Zielerreichungsgrad seitens der Anspruchs-
gruppen zulässt.
75
Die Informationsstärke eines Steuerungssystems in
Kombination mit der Informationsbereitschaft des Managements entschei-
69
Brunner 2000, S.20, ebenso Welge; Al-Laham 1999, S.130; Credit Suisse 2000,
S.4.
70
Vgl. Gössi; Simon-Keuenhof 2001, S.681.
71
Vgl. Michel 2001, S.2.
72
Vgl. Wicki-Breitinger 2000, S.71.
73
Vgl. Credit Suisse 2000, S.4.
74
Vgl. Brown; Laverick 1994, S.91. Die Autoren bezeichnen dies als Off Balance
Sheet Finance.
75
Vgl. Heyd 2001, S.201.

Bewertung traditioneller Ansätze der Steuerung
20
den darüber, ob potenzielle Kapitalgeber zu tatsächlichen werden. Diese
werden nur eine Kredit- oder Beteiligungsfinanzierung vornehmen, sofern
sie über die geleistete und zukünftige Wertschöpfung des Unternehmens
sowie das mögliche Risiko der Unternehmung subjektiv zeitnah und ver-
lässlich informiert sind. Anteilseigner werden folglich durch die Kursbewer-
tung der Anteile nur profitieren können, wenn der Kapitalmarkt über die
geleistete Wertschöpfung informiert ist und die Kapitalmarktteilnehmer
eine fundierte Einschätzung künftiger Kurssteigerungen und Dividenden
vornehmen können, d.h. eine am ,,wahren Unternehmenswert" orientierte
Marktbewertung der Unternehmung stattfindet. Eine marktwertorientierte
Kommunikation des Unternehmenswertes leisten traditionelle Berichtssys-
teme bzw. das externe Rechnungswesen nicht, denn die traditionelle Divi-
dendenpolitik in Form einer Glättung der Dividendenzahlung mit buchhal-
terischen Mitteln, vor allem in deutschen Aktiengesellschaften, können
eine real nicht existierende konstante Unternehmensentwicklung signali-
sieren.
76
Dazu wird in der Unternehmenspraxis häufig nicht eine Aus-
schüttung in Orientierung an rentablen Investitionsprojekten, gemessen an
der über den Kapitalkosten liegenden Mindestverzinsung, vorgenommen,
sondern nach Abzug von Thesaurierungsbeträgen. Vor allem Banken ha-
ben durch Stimmrechtskumulationen die Macht und zur Absicherung der
vergebenen Kredite auch das Interesse zur Thesaurierung der erzielten
Gewinne. Dazu versuchen insbesondere große institutionelle Anleger über
Investment- und Rentenfonds zunehmend Einfluss auf die Unternehmen
auszuüben.
77
Die in den herkömmlichen Berichtssystemen ausgewiesenen
Überschuss- und Rentabilitätsgrößen werden von Investoren und Gläubi-
gern nicht zur alleinigen Grundlage ihrer Entscheidungen gemacht. Sie
vermitteln somit nicht die für die Entscheidungsfindung der externen Ad-
ressaten wesentlichen Informationen.
78
Mögliche Konsequenzen einer un-
zureichenden Wertabbildung sind einfach auszumachen. So birgt
76
Vgl. dazu bspw. Gössi; Simon-Keuenhof 2001 und Heyd 2001.
77
Vgl. Michel 2001, S.2.
78
Vgl. Gössi; Simon-Keuenhof 2001, S.680. Zur unzureichenden Funktionserfüllung
der Informationsfunktion des externen Rechnungswesens vgl. insbesondere
Heyd, 2001, S.202f.

Bewertung traditioneller Ansätze der Steuerung
21
beispielsweise die durch Informationsdefizite bedingte Unterbewertung
des Unternehmens die Gefahr feindlicher Übernahmen. Außerdem wer-
den die erfolgsbegründenden Werttreiber durch die Praxis der Erfolgsglät-
tung nicht adäquat abgebildet; somit ist die Geschäftsentwicklung nicht
erkennbar.
79
Die Wettbewerbsfähigkeit bei der Kapitalbeschaffung be-
gründet eine allgemeine Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit auf
den Produkt- und Dienstleistungsmärkten.
80
2.2.5 Mangel der Beeinflussbarkeit durch das Management
,,Bestehende Kennzahlensysteme reflektieren Sachverhalte, welche durch
das Management nur zum Teil beeinflussbar sind"
81
, obwohl das Mana-
gement in der Regel an deren Entwicklung bewertet wird.
82
Das Manage-
ment wird an Kennzahlen gemessen, die durch andere Steuerungsebenen
ohne die Steuerungsmöglichkeit des Managements beeinflusst werden.
Auch Müller stellt fest, dass sich diejenigen Größen, beispielsweise ROI
und Betriebsergebnis, am wenigsten direkt beeinflussen lassen, gleich-
wohl ihnen seitens des Managements die größte Aufmerksamkeit zu-
kommt.
83
2.2.6 Mangelnde Wirkungsrelationen wertorientierter Ansätze
Zu den wertorientierten Steuerungsansätzen seien hier, im Gegensatz zu
den substanzwertorientierten Ansätzen, zahlungsstromorientierte Ertrags-
wertansätze (bspw. Discounted Cash Flow Methode) und Residualge-
winnkonzepte (bspw. Economic Value Added Ansatz) gezählt.
84
79
Vgl. Heyd 2001, S.203.
80
Vgl. Michel 2001, S.2.
81
Meyer; Köhle 2000, S.7.
82
Vgl. Sure; Thiel 1999, S.54; Michel 1997, S.275.
83
Vgl. Müller 2000, S.27.
84
Zu einem Überblick vgl. bspw. Welge; Al-Laham S.128ff., Brunner 1999, S.46ff.,
Credit Suisse 2000, S.3ff., Johnson 2000, S.6ff., Michel 2001, S.4. Auf eine aus-
führliche inhaltliche Darstellung der Ansätze wird im Rahmen dieser Arbeit mit
Hinweis auf Literatur zur Unternehmungsbewertung verzichtet.

Bewertung traditioneller Ansätze der Steuerung
22
Die Credit Suisse gibt folgende Empfehlung für den Shareholder Value
Ansatz als zahlungsstromorientierten Bewertungsansatz: ,,Auf Grund ihrer
mangelhaften Aussagekraft in Bezug auf die Wertschöpfung von Unter-
nehmen sollten folglich keine Kennzahlen des Rechnungswesens als Ba-
sis erfolgsabhängiger Zahlungen verwendet werden. Andernfalls wird ein
kurzfristiges, risikoscheues Verhalten des Managements gefördert, das
den Interessen der Aktionäre zuwiderläuft."
85
Aber auch zahlungsstromorientierte Bewertungssysteme sind nicht unkri-
tisch zu sehen. Ihnen haftet vor allem das Problem der Unsicherheit bezo-
gen auf die erwarteten Einzahlungen an. Die Höhe und Eintrittswahr-
scheinlichkeit zukünftiger Einzahlungen ist nicht immer vollständig pro-
gnostizierbar. Somit ist die Berechnung des Unternehmenswertes, der
Leistung und Leistungspotenziale auf Basis zukünftiger Einzahlung mit
Unsicherheit behaftet. Ein Prognoseproblem besteht also hinsichtlich der
Eintritts- oder Ausfallwahrscheinlichkeiten und bezüglich der Höhe der fi-
nanziellen Größen (z.B. zukünftige Cash Flows), das durch eine detaillier-
te Werttreiberanalyse (Werttreiberbäume) gelöst werden soll. Operative
Zielgrößen als Werttreiber weisen aber in der Praxis häufig einen nicht-
monetären Charakter auf.
86
Daneben besteht insbesondere bei Bewertungssystemen wie der Dis-
counted Cash Flow Methode (DCF) und dem Economic Value Added
(EVA) ein grundsätzliches Problem bei negativen Cash Flows bzw. Ge-
winnen. Konsequenterweise ergeben negative Einzahlungsüberschüsse
einen negativen Unternehmenswert. Dass insbesondere Unternehmen der
New Economy aus Investorensicht sehr wohl doch einen Wert aufweisen,
zeigen die Unternehmensbewertungen der jeweiligen Börsen.
87
85
Credit Suisse 2000, S.4.
86
Vgl. bspw. Currle 2001, S.12 oder Müller 2000, S.28. Ein Beispiel für einen Wert-
treiberbaum liefern Weber; Schäffer 1998, S.14. Zu Planungstechniken bei Unsi-
cherheit vgl. bspw. Franke; Hax 1999, S.236ff. Als wesentliche Werttreiber im
SV-Ansatz werden Umsatzwachstum, Gewinnsteuersatz, Gewinnwachstum, In-
vestitionen ins Umlauf- und Anlagevermögen und Kapitalkosten.
87
Vgl. Leysinger 2001, S.622.

Bewertung traditioneller Ansätze der Steuerung
23
Als Vorteile der DCF-Methode sind sicherlich die Eliminierung von buch-
halterischen Gestaltungsspielräumen und die Zukunftsorientierung anzu-
sehen.
Dagegen ist auch hier eine Monozielausrichtung auf die Finanzen offen-
sichtlich. Trotz Identifikation der finanziellen Werttreiber bleiben die Wir-
kungsrelationen vorgelagerter strategischer Werttreiber unberücksichtigt.
88
Bedingt durch die zukunftsorientierte Mehrjahresbetrachtung können Ist-
Werte nicht ermittelt werden. Eine Messung der unternehmerischen Leis-
tung ist somit nicht möglich.
89
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft alle Bewertungsmethoden unternehmeri-
scher Leistung. Sowohl Substanzwertmethoden, gewinn- und umsatzba-
sierten Methoden, als auch zahlungsstromorientierten Methoden mangelt
es nach Ansicht Leysinger's an der Berücksichtigung des Schicksals-
schlags. ,,Das Risiko eines Totalausfalls wird [insbesondere] bei den Fir-
men der New Economy (..) [gemäß einer weit verbreiteten Meinung] als
besonders hoch eingestuft"
90
in den Bewertungssystemen.
2.2.7 Lokale Optimierung herkömmlicher Management-Ansätze
Um die in den Eingangskapiteln dargestellten Marktherausforderungen,
beispielsweise Preisdruck oder die Nutzung fusionsbedingter Synergiepo-
tenziale, zu bewältigen, greifen Unternehmen auf Effizienzsteigerungspro-
gramme zurück, die häufig nur eine Dimension (Kosten) fokussieren und
damit einer Monozielausrichtung folgen.
91
Traditionelle Management-Kon-
zepte, wie Shareholder Value, Total Quality Management, Prozessorien-
tierung, die an der Bewältigung des steigenden Wettbewerbsdrucks an-
setzten, decken jeweils nur einen Teilausschnitt des gesamten Unterneh-
mensgeschehens ab und sind häufig nicht zu anderen existierenden
88
Vgl. bspw. Welge; Al-Laham 1999, S.145.
89
Vgl. Michel 2001, S.4. Dort wird auch auf die Anpassungserfordernisse des EVA
die mögliche Überleitung der wertorientierten Steuerungsgrößen ineinander hin-
gewiesen.
90
Vgl. Leysinger 2001, S.622. Bspw. wird es nach weit verbreiteter Meinung, die
Leysinger teilt, in einigen Jahren nur noch 25% der Firmen des NEMAX geben.
91
Vgl. Gleich; Schimpf 1999, S.414, ebenso Müller 2000, S.28 und S.47.

Bewertung traditioneller Ansätze der Steuerung
24
Konzepten anschlussfähig. Es erfolgt häufig eine Betonung nur eines
Schlüsselfaktors (Zeit, Kosten, Qualität, Flexibilität) und einer Steuerungs-
ebene.
92
Kaplan/ Norton kritisieren an bestehenden Performance Measu-
rement Systemen, dass sie zumeist nur Prozessausschnitte bestehender
Prozesse isoliert betrachten und nur lokale, abteilungsbezogene Optimie-
rungsansätze darstellen.
93
Dies wird im Kapitel 3 dieser Arbeit noch ver-
deutlicht.
Im Folgenden sollen nur einige beispielhafte Strategiekonzepte bzw. ­in-
strumente kurz diskutiert werden. Die Gemeinkostenwertanalyse und das
Business Reengineering setzen ausschließlich an der Steigerung der Un-
ternehmenseffizienz an. Während im Rahmen der Gemeinkostenwertana-
lyse funktionsbereichsspezifische Produktivitätsziele isoliert verfolgt wer-
den und somit durch Ignoranz von Leistungsverflechtungen zu Suboptima
führen, setzt das Business Reengineering an der Kundenzufriedenheit an
und fokussiert die im Unternehmen ablaufenden Prozesse bzw. Prozess-
ketten. Beiden Konzepten ist ihr Projekt- bzw. Programmcharakter ge-
meinsam; sie vernachlässigen den Gedanken eines kontinuierlichen Ver-
besserungsprozesses (Continuous Improvement). Veränderte Rahmenbe-
dingungen lassen die einmalig erzielten Wettbewerbsvorteile durch die Ef-
fizienzsteigerung schrumpfen.
94
Beide setzen erst nach der Entwicklungs-
phase im Produktlebenszyklus an, in dem ein Großteil der Kosten bereits
determiniert.
Das Total Quality Management (TQM) betont im Wesentlichen den
Schlüsselfaktor der Qualität, das Time Based Management (TBM) den
Schlüsselfaktor Zeit. Beide Konzepte können am Anspruch scheitern, das
92
Vgl. insbesondere zur lokalen Orientierung des Shareholder Value Ansatzes als
eine mögliche, reduzierte Form des Shareholder Value Denkens Gomez; Wun-
derlin 2000, S.426f.
93
Vgl. Kaplan; Norton 1997, S.89f.; ebenso weist Müller auf die Umstrittenheit der
Management-Konzepte (TQM; Lean Management; Business Reengineering) in
der betrieblichen Praxis bedingt durch die einseitige Fokussierung, etwa der Ge-
schäftsprozessoptimierung, hin. Vgl. Müller 2000, S.5.
94
Vgl. Gleich; Schimpf 1999, S.414. Kaufmann hingegen bestätigt u.a. dem Reen-
gineering eine konzeptionelle Integration, aber nur eine fragmentarische Umset-
zung sowie ein fehlende Verbindung zur Gesamtstrategie. Vgl. Kaufmann 1997,
S.422.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2001
ISBN (eBook)
9783832450564
ISBN (Paperback)
9783838650562
DOI
10.3239/9783832450564
Dateigröße
1.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Dortmund – Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Unternehmensführung
Erscheinungsdatum
2002 (Februar)
Note
1,3
Schlagworte
performance management measurement balanced scorecard wertmanagement unternehmenssteuerung
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Titel: Ganzheitliches Performance Management mit der Balanced Scorecard?
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