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Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am Point of Sale

©1998 Diplomarbeit 167 Seiten

Zusammenfassung

Inhaltsangabe:Einleitung:
Senioren werden von vielen Branchen inzwischen als attraktive Zielgruppe erkannt. Diese Arbeit konzentriert sich auf die Betrachtung der relevanten Aspekte für die Kaufentscheidung am Point of Sale, also im Geschäft, und ist somit auch für Handelsunternehmen von Interesse. Der Fokus liegt hierbei auf Konsumgütern des täglichen Bedarfs.
Die Arbeit setzt sich mit dem Entscheidungsverhalten am Point of Sale auseinander, untersucht empirisch, ob alterspezifische Unterschiede aufgedeckt werden können und zieht Schlussfolgerungen für das Marketing.
Gang der Untersuchung:
Im ersten Teil der Arbeit werden die relevanten Einflussfaktoren auf das Kaufverhalten am Point of Sale erläutert, sowie Hypothesen über deren Veränderungen mit zunehmender Erfahrung der Kunden und deren Lebensalter hergeleitet.
Der zweite Teil stellt die empirische Überprüfung dieser Hypothesen dar. Die Datengrundlage bildet eine Beobachtung mit anschließender Befragung von über 200 Kunden im Lebensmitteleinzelhandel.

Inhaltsverzeichnis:Inhaltsverzeichnis:
1.Einleitung und Abgrenzung der Arbeit1
2.Der Begriff "Ältere Menschen"3
2.1Konzepte von Zeit und Alter3
2.2Abgrenzung der Altersgruppe4
3.Die aktivierenden Prozesse älterer Menschen5
3.1Die Aktivierung5
3.1.1Wirkungen der Aktivierung7
3.1.2Die Aktivierung älterer Menschen8
3.2Emotion12
3.3Einstellung14
3.3.1Einstellungsstabilisierung16
3.3.2Konsistenz von Einstellungen17
4.Die kognitiven Prozesse älterer Menschen18
4.1Das Drei-Speicher-Modell18
4.2Die Informationsaufnahme20
4.2.1Externe Informationsaufnahme20
4.2.1.1Aufnahme in den Sensorischen Speicher20
4.2.1.2Informationssuche22
4.2.2Interne Informationsaufnahme24
4.3Informationsverarbeitung und Need for Cognition26
4.4Informationsspeicherung27
4.4.1Der Erwerb von Produktwissen älterer Menschen28
4.4.2Das Produktwissen älterer Menschen29
5.Das Involvement älterer Menschen30
5.1Begriff des Involvements30
5.1.1Konzeptualisierung des Involvementkonstrukts31
5.1.2Antezedenzen des Involvements32
5.1.3Der Einfluß des Involvements auf das Informations- und Entscheidungsverhalten34
5.2Involvement im Alter36
6.Das Entscheidungsverhalten älterer Menschen36
6.1Typologien des Entscheidungsverhaltens36
6.2Extensive Kaufentscheidung37
6.3Limitierte Kaufentscheidungen38
6.3.1Limitierte Kaufentscheidungen und Evoked Set38
6.3.2Limitierte Kaufentscheidungen und die Nutzung von Schlüsselinformationen39
6.4Habitualisierte […]

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


ID 4452
Fuchs, Florian / Görtz, Gunnar: Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer
Menschen am Point of Sale: (empirisch) / Florian Fuchs / Görtz, Gunnar -
Hamburg: Diplomica GmbH, 2001
Zugl.: Saarbrücken, Universität, Diplom, 1998
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Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
I
INHALTSVERZEICHNIS
Inhaltsverzeichnis... I
Abbildungsverzeichnis ... IV
Tabellenverzeichnis... V
Anhangsverzeichnis ... VI
Abkürzungsverzeichnis ...VII
1
Einleitung und Abgrenzung der Arbeit ... 1
2
Der Begriff "Ältere Menschen" ... 2
2.1 Konzepte von Zeit und Alter... 2
2.2 Abgrenzung der Altersgruppe ... 4
3
Die aktivierenden Prozesse älterer Menschen... 5
3.1 Die Aktivierung... 5
3.1.1 Wirkungen der Aktivierung ... 7
3.1.2 Die Aktivierung älterer Menschen ... 8
3.2 Emotion ... 12
3.3 Einstellung... 13
3.3.1 Einstellungsstabilisierung ... 16
3.3.2 Konsistenz von Einstellungen ... 17
4
Die kognitiven Prozesse älterer Menschen ... 18
4.1 Das Drei-Speicher-Modell ... 18
4.2 Die Informationsaufnahme... 20
4.2.1 Externe
Informationsaufnahme ... 20
4.2.1.1 Aufnahme in den Sensorischen Speicher ... 20
4.2.1.2 Informationssuche ... 21
4.2.2 Interne
Informationsaufnahme ... 23
4.3 Informationsverarbeitung und Need for Cognition... 25
4.4 Informationsspeicherung... 27
4.4.1 Der Erwerb von Produktwissen älterer Menschen... 28
4.4.2 Das Produktwissen älterer Menschen ... 29
5
Das Involvement älterer Menschen... 29

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
II
5.1 Begriff des Involvements ... 29
5.1.1 Konzeptualisierung des Involvementkonstrukts ... 30
5.1.2 Antezedenzen des Involvements ... 32
5.1.3 Der Einfluß des Involvements auf das Informations- und Entscheidungs-
verhalten ... 34
5.2 Involvement im Alter ... 35
6
Das Entscheidungsverhalten älterer Menschen... 35
6.1 Typologien des Entscheidungsverhaltens ... 35
6.2 Extensive Kaufentscheidung ... 36
6.3 Limitierte Kaufentscheidungen ... 37
6.3.1 Limitierte Kaufentscheidungen und Evoked Set... 37
6.3.2 Limitierte Kaufentscheidungen und die Nutzung von Schlüsselinformationen .. 38
6.4 Habitualisierte Kaufentscheidungen ... 39
6.4.1 Markentreue ... 40
6.4.2 Markenbindung und Variety Seeking ... 41
6.5 Impulsive Kaufentscheidungen ... 43
7 Empirischer
Teil... 45
7.1 Zusammenfassung der Hypothesen... 45
7.2 Das Erhebungsdesign und die Herkunft des Datenmaterials ... 47
7.3 Das Beobachtungsdesign... 49
7.4 Zur Operationalisierung der Variablen und Gütebeurteilung der Meßindikatoren... 51
7.4.1 Operationalisierung des Involvements... 53
7.4.2 Operationalisierung
der Aktivierung... 54
7.4.3 Operationalisierung des Need for Cognition... 57
7.4.4 Operationalisierung
der Einstellung... 58
7.4.5 Operationalisierung des Variety Seekings ... 59
7.4.6 Operationalisierung der Markenbindung ... 60
7.4.7 Operationalisierung der Markentreue ... 61
7.4.8 Operationalisierung des kognitiven Aufwands am PoS... 62
7.5 Zur Verwendung eines vollständigen Kausalmodells... 64
7.5.1 Darstellung des Kausalmodells ... 64
7.5.2 Meßmodell der latenten exogenen Variablen ... 66
7.5.3 Meßmodell der latenten endogenen Variablen ... 70

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
III
7.5.4 Das vollständige Kausalmodell... 73
7.5.5 Die regressionsanalytische Auswertung als Alternative ... 75
7.6 Datenanalyse und Überprüfung der Hypothesen ... 76
7.6.1 Die
Aktivierung... 76
7.6.2 Das Need for Cognition... 78
7.6.3 Die
Einstellung... 78
7.6.4 Das Variety Seeking... 79
7.6.5 Die
Markenbindung... 79
7.6.6 Die
Markentreue... 80
7.6.7 Der kognitive Aufwand am Point of Sale ... 81
8
Zusammenfassung der Ergebnisse und Schlußfolgerungen für das Marketing ... 82
Anhang ... 87
Literaturverzeichnis... 132

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
IV
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Aktivierungsschwankungen von älteren und jüngeren Menschen... 11
Abbildung 2: Das Drei-Speicher-Modell ... 19
Abbildung 3: Das Konzept des evoked sets ... 38
Abbildung 4: Alter bei Eheschließungen und Geburten ... 49
Abbildung 5: Zusammenfassung des Hypothesensystems... 64
Abbildung 6: Vollständiges Kausal-(LISREL)-Modell ... 66
Abbildung 7: Scree-plot ... 71
Abbildung 8: Komponenten der Aktivierung... 86
Abbildung 9: Zusammenhang der Variablen der Aktivierung und des kognitiven Systems... 86
Abbildung 10: Graphische Darstellung der Lambda-Hypothese ... 87
Abbildung 11: Die vier Arten von Spannungsschwankungen im menschlichen EEG. ... 88
Abbildung 12: Ausschnitt aus einem semantischen Netzwerk... 89

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
V
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Verschiedene Alterskonzepte und ihre Eignung für das Marketing ... 5
Tabelle 2: Ansätze der Involvementforschung... 31
Tabelle 3: Typologien von Kaufentscheidungen ... 36
Tabelle 4: Zusammenfassung der Hypothesen... 46
Tabelle 5: Zusammenfassung der Stichprobe nach Tag, Geschäft und Produkt... 48
Tabelle 6: Die Altersgruppen ... 49
Tabelle 7: Arten der Validität und ihre Überprüfung... 53
Tabelle 8: Items zur Aktivierungsmessung... 57
Tabelle 9: Items zur Messung des Need for Cognition... 58
Tabelle 10: Items zur Messung der Einstellung... 59
Tabelle 11: Items zur Messung des Variety Seekings ... 60
Tabelle 12: Items zur Messung der Markenbindung... 61
Tabelle 13: Items zur Messung der Markentreue... 62
Tabelle 14: Cronbachsche Alphas der exogenen Variablen ... 66
Tabelle 15: Exploratorische Faktorenanalyse (Faktorladungen) der exogenen Variablen ... 67
Tabelle 16: Lokale Anpassungsmaße für die exogenen Variablen... 69
Tabelle 17: Überprüfung des Fornell-Larcker-Kriteriums bei den exogenen Variablen... 70
Tabelle 18: Cronbachsche Alphas der endogenen Variablen ... 71
Tabelle 19: Exploratorische Faktorenanalyse (Faktorladungen) der endogenen Variablen ... 72
Tabelle 20: Anpassungsmaße der endogenen latenten Variablen... 73
Tabelle 21: Überprüfung des Fornell-Larcker-Kriteriums bei den endogenen Variablen... 73
Tabelle 22: Wirkungen des Involvements... 90
Tabelle 23: Zusammenfassung der Hypothesen... 130

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
VI
ANHANGSVERZEICHNIS
Anhang 1: Darstellungen zur Aktivierung ... 86
Anhang 2: EEG-Wellen ... 88
Anhang 3: Semantisches Netzwerk... 89
Anhang 4: Gegenüberstellung von High- und Low-Involvement... 90
Anhang 5: Observation Charts und Bilderskalen... 91
Anhang 6: Items des IMI... 96
Anhang 7: Datenanalyse... 97
Anhang 8: Ergebnisse der Hypothesenüberprüfung... 129

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
VII
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abb. Abbildung
AD ACL
Activation-Deactivation Adjective Check List
Aufl. Auflage
bzw. beziehungsweise
ca. circa
C.R. Critical
Ratio
df
Anzahl der Freiheitsgrade (degrees of freedom)
ECR
Efficient Consumer Response
EDI
Electronic Data Interchange
EEG Elektroenzephalogramm
evtl. eventuell
et al.
et alii (und andere)
f. folgende
ff. fortfolgende
H
Hypothese
Hrsg. Herausgeber
Hz. Hertz
i.e.S.
im engeren Sinne
IMI Involvementmeßinstrument
Jg. Jahrgang
k.A. keine
Angaben
Kap. Kapitel
LISREL
Linear Structural Relationship
NFC
Need for Cognition
NIP
New Involvement Profile
PAD
Pleasure Arousal Dominance
PoS
Point of Sale
S. Seite
s. siehe
SAM
Self Assessment Manikin
sog. sogenannte(n)

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
VIII
Sp. Spalte
stand. standardisiert
u.a. unter
anderem
u.U. unter
Umständen
vgl. vergleiche
z. B.
zum Beispiel

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
1
1
Einleitung und Abgrenzung der Arbeit
Die Bedeutung von Senioren
1
als Zielgruppe ist inzwischen in vielen Branchen, wie beispiels-
weise Banken (Schober, 1991, S. 516; Schulz, 1993, S. 22), Handel (Kölzer, 1995b, S. 25)
und der Konsumgüterindustrie (Baumann, 1990, S. 36; Dorenbeck, 1988, S. 588, Hattemer,
1991, S. 318) erkannt worden. Ein Hauptgrund hierfür liegt in dem wachsenden Anteil älterer
Menschen an der Bevölkerung, bei einer gleichzeitig deutlich verbesserten finanziellen
Situation der Senioren (Gaupe, 1994, S. 214). Dieser Trend zeichnet sich nicht nur in
Deutschland (Meyer-Hentschel, 1985, S. 436; Nolte, 1996, S. 2), sondern auch im euro-
päischen Ausland (Meyer-Hentschel, 1989, S. 440; Hackl-Grümm, S. 408) und den
Vereinigten Staaten (Bearden/Mason, 1979, S. 79) seit geraumer Zeit ab.
Obwohl sich im Zuge dieser Entwicklung intensiv mit Produkt- und Ladengestaltung
auseinander gesetzt wird, fehlen Erkenntnisse, die sich auf das konkrete Kaufverhalten in
Geschäften beziehen, wenn es um die Entscheidung für ein Produkt innerhalb einer
Warengruppe geht. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich aus diesem Grund mit dem
Entscheidungs- und Informationsverhalten älterer Menschen am Point of Sale. Unter Point of
Sale (PoS), auch Point of Purchase, wird der Ort des Zusammentreffens von Angebot und
Nachfrage verstanden. Dort kommt es zum direkten Kontakt zwischen Konsument und
Handel (Swoboda, 1996, S. 16).
Dieses Thema soll explizit von demjenigen Informationsverhalten, das die Orientierung in
Geschäften beschreibt und dem auch in letzter Zeit vermehrtes Forschungsinteresse gewidmet
wurde (vgl. Esch/Thelen, 1997; Baldauf et al., 1996; Titus/Everett, 1995), abgegrenzt werden.
Da das Entscheidungs- und Informationsverhalten am PoS nicht als ein gesonderter Prozeß,
sondern vielmehr als ein - letzter - Teilvorgang innerhalb einer Kaufentscheidung angesehen
werden muß, scheint den Autoren eine Betrachtung, die sich nur auf das Verhalten am
Verkaufsort beschränkt, nicht ausreichend. Nur wenn zusätzlich die Determinanten dieses
Verhaltens mit in Betracht gezogen werden, ergibt sich ein Sinnzusammenhang, der über rein
deskriptive Aspekte hinausgeht. Die grundlegenden Determinanten zur Erklärung des Kon-
sumentenverhaltens werden dabei in Anlehnung an die Fachliteratur in aktivierende und kog-
nitive Prozesse unterteilt.
1
Die Begriffe Senioren und "ältere Menschen" werden in dieser Arbeit synonym verwendet.

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
2
Nach einer Abgrenzung des Seniorenmarktes in Kapitel 2 erfolgt daher eine nähere
Betrachtung der aktivierenden Prozesse in Kapitel 3. Dabei wird zuerst auf die Aktivierung
selbst, und darauf aufbauend auf Emotionen und die Einstellung, eingegangen.
Die Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen werden zu den kognitiven
Prozessen zusammengefaßt. Sie werden in Kapitel 4 der Arbeit dargestellt.
Kapitel 5 widmet sich dem Involvement als alternativen Erklärungsansatz, da es als ein
Schlüsselkonstrukt in der Konsumentenforschung angesehen wird und vorangegangene Stu-
dien am Institut für Konsum- und Verhaltensforschung an der Universität des Saarlandes
seine Relevanz für den Seniorenmarkt bestätigen.
Kapitel 6 befaßt sich schließlich mit dem Entscheidungsverhalten im Geschäft selbst. Dabei
liegt der Schwerpunkt der Betrachtung auf Kaufentscheidungen für Produkte des täglichen
Bedarfs, da diese einen großen Anteil an den monatlichen Ausgaben älterer Menschen
ausmachen (vgl. Tews/Naegele, 1990, S. 271).
In den einzelnen Kapiteln werden die Veränderungen im Alter beschrieben und deren Einfluß
auf das Verhalten am PoS erläutert. Um der Fragenstellung der Arbeit in vollem Umfange
gerecht zu werden, verbietet es sich, Schlüsse zu ziehen, die das Alter als alleinige
Erklärungsvariable anführen. Soll einer Altersgruppe ein Verhalten zugeschrieben werden, so
müssen sich Unterschiede zu anderen finden lassen. Ist dies nicht möglich, so ist das Ziel der
Arbeit zwar sprachlich erfüllt, der angestrebte Erkenntnisgewinn bleibt allerdings aus. Aus
diesem Grund liegt das Hauptaugenmerk auf dem Vergleich verschiedener Altersgruppen, um
Veränderungen und Unterschiede aufzudecken. Dementsprechend werden Hypothesen zum
Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am Point of Sale
herausgearbeitet.
Im zweiten Teil der Arbeit wird eine Studie dargestellt, die zur Überprüfung dieser
Hypothesen dient. Dabei wird zuerst auf die Frage nach einem geeigneten Erhebungsdesign
eingegangen und die Operationalisierung der verwendeten Konstrukte beschrieben.
Anschießend erfolgt im Rahmen der Datenanalyse die Hypothesenprüfung.
2
Der Begriff "Ältere Menschen"
2.1
Konzepte von Zeit und Alter
In der Literatur gibt es verschiedene Konzepte von Zeit und dementsprechend auch vom
Alter. Die Abgrenzung des Begriffs "Ältere Menschen" erfordert deshalb eine Betrachtung
der unterschiedlichen Sichtweisen.

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
3
Als erstes ist das kalendarische Alter zu nennen. Es wird, wie der Begriff bereits ausdrückt,
in kalendarischer, oder auch objektiver Zeit gemessen
2
. Obwohl dieser Altersbegriff im Alltag
durchaus gängig ist, weist er für die Verwendung im Marketing mehrere Schwierigkeiten auf.
Er unterstellt, daß das Kaufverhalten und dessen Determinanten vom Alter abhängig sind. Es
lassen sich jedoch erhebliche Unterschiede hinsichtlich dieser Größen innerhalb
verschiedener Altersgruppen finden, so daß es gefährlich ist, das kalendarische Alter als
einzige Erklärungsvariable heranzuziehen (Schiffmann/Kanuk, 1994, S.55). Vorteile dieses
Ansatzes sind allerdings seine gute Operationalität, da das kalendarische Alter sehr leicht zu
erheben ist, und die gute Vergleichbarkeit verschiedener Studien, da viele Statistiken diese
Variable enthalten (Kölzer, 1995a, S. 26). Er wird auch im folgenden zur Abgrenzung nach
anderen Alterskonzepten deskriptiv verwendet.
Der zweite Ansatz ist der des biologischen Alters. Seine Grundlage ist der körperliche
Alterungsprozeß und die damit verbundene Lebenserwartung. Ein Problem dieser Sichtweise
ist, daß sie objektiv nicht operationalisierbar ist, und deshalb für ihre Erklärung wiederum auf
die kalendarische Zeit zurückgegriffen werden muß (Schroots/Birren, 1990, S. 47). Kölzer
(1995a, S. 28) schlägt deshalb vor, sich auf die subjektive Empfindung zu beschränken, und
stellt fest, daß die Altersgrenze für das Wahrnehmen erster Altersbeschwerden das 60.
Lebensjahr darstellt. Da das biologische Alter einen großen Einfluß auf das Kaufverhalten
ausübt, eignet es sich gut als Segmentierungsvariable.
Auf dem biologischen Alter baut die Life-Span Theory of Socioemotional Selectivity
(Carstensen, 1995, S.151ff.) auf. Sie geht davon aus, daß mit nahendem Tod die Motivation
zur Informationssuche abnimmt und die emotionale Regulierung steigt, da sich mehr an der
Gegenwart als an der Zukunft orientiert wird und ein größeres Bedürfnis nach Harmonie
besteht.
Das psychologische Alter bezieht sich zum einen auf die individuellen Anpassungsmöglich-
keiten und Fähigkeiten wie Wahrnehmung, Lernen und Gedächtnis (Birren, 1959, S. 18;
Schroots/Birren, 1990, S. 49), zum anderen aber auch auf subjektive Reaktionen und das
Selbstbild (Birren, 1974, S. 24). Kölzer (1995a, S. 32f.) schlägt hier ebenfalls eine
Operationalisierung über das subjektive Empfinden in bezug auf die Segmentzugehörigkeit
2
Es finden sich auch noch die Bezeichnungen Uhr-(clock) Zeit, chronologische und mechanische Zeit
(Schroots/Birren, 1990, S. 45).

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
4
vor. Sie findet erneut eine deutliche Zunahme der Personen, die sich selbst als Senior
bezeichnen, ab einem Lebensalter von 60 Jahren
3
.
Grundlage des soziologischen Alters ist das Verhältnis des Individuums zu Gesellschaft und
Familie. Es ist allerdings nicht unabhängig, sondern zum Teil durch gesellschaftliche Normen
an das kalendarische Alter geknüpft (Schroots/Birren, 1990, S. 51f.). Hierbei spielt insbeson-
dere die Pensionierung eine vorherrschende Rolle zur Kennzeichnung älterer Menschen. Das
durchschnittliche Alter bei der Pensionierung beträgt in der Bundesrepublik Deutschland
ungefähr 60 Jahre (Kölzer, 1995b, S. 26). Da sich solche gesellschaftlichen Ereignisse im all-
gemeinen gut erfassen lassen und auch direkte Auswirkungen auf das Kaufverhalten haben,
eignet sich das soziologische Alter gut zur Segmentierung (Kölzer, 1995a, 36ff.).
Das Lebenszykluskonzept (vgl. Kotler, 1996, S.179f.; Hecheltjen, 1980, S. 292) geht über
das soziologische Alter insofern hinaus, als daß es mehrere Variablen wie Familienstand,
Alter und Haushaltsgröße ganzheitlich betrachtet. Aus diesen Gründen eignet es sich gut für
das Marketing und findet auch gerade dort Beachtung, wo einem Verlust von Kunden durch
veränderte Ansprüche vorgebeugt werden soll (Reichheld, 1996, S. 64f.).
Letztlich findet sich bei Schroots und Birren (1990, S. 54ff.) noch das Konzept der
intrinsischen Zeit. Ihre Grundlage bilden die Betrachtung des Organismus als hierarchisches
System und die Gesetze der Thermodynamik. Vereinfachend gesagt bewegt sich danach ein
Organismus über seine Lebensspanne hinweg auf ein Maximum innerer Unordnung hin, das
durch den Tod gekennzeichnet ist. Da dieser Ansatz für das Marketing keinen
Erklärungsgehalt besitzt, wird er hier nicht weiter betrachtet.
2.2
Abgrenzung der Altersgruppe
In der Literatur finden sich verschiedene Abgrenzungen des Seniorenmarktes, die im Bereich
von 50 Jahren bis 65 Jahren variieren (Kölzer, 1995a, S. 26ff.). Aus den bisherigen
Ausführungen wurde ersichtlich, daß die Festlegung einer exakten Altersgrenze immer nur
ein Näherungsversuch sein kann (Roedder John/Cole, 1986, S. 298). Aus praktischen
Gründen ist dies jedoch letztlich nicht zu vermeiden. Wie aus Tabelle 1 ersichtlich ist, stellt
das 60. Lebensjahr über die verschiedenen Alterskonzepte hinweg eine recht
zufriedenstellende Trennlinie dar.
Konzept
Operationalität Eignung zur Segmentierung (kalend.) Altersgrenze
3
Der Anteil derjenigen, die sich selbst als Senior bezeichnen würden, steigt um ein sechsfaches von 3 % auf
18 %.

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
5
biologisches Alter
o
+
ca. 60 Jahre
psychologisches Alter
o
+
ca. 60 - 70 Jahre
soziologisches Alter
+
+
ca. 60 Jahre
Lebenszykluskonzept
+
+
ca. 60 Jahre
intrinsiche Zeit
-
-
k.A.
Tabelle 1: Verschiedene Alterskonzepte und ihre Eignung für das Marketing
Zeichenerklärung: + = gut geeignet; - = schlecht geeignet; o = nicht eindeutig
Deshalb werden im Folgenden unter dem Begriff "Ältere Menschen" alle diejenigen
verstanden, die das 60. Lebensjahr vollendet haben. Es finden sich in der Literatur noch
weitere Unterteilungen dieser Altersgruppe in junge und alte Senioren (Kölzer, 1995b, S. 26;
Tews/ Naegele, 1990, S. 264; Roedder John/Cole, 1986, S. 298), die wiederum auf
soziologische, psychologische und insbesondere bei den alten Senioren auch verstärkt auf
biologische Aspekte zurückgreifen.
3
Die aktivierenden Prozesse älterer Menschen
3.1 Die
Aktivierung
Aktivierende Prozesse können als menschliche Antriebskräfte verstanden werden, die für die
Erklärung des Verhaltens von zentraler Bedeutung sind (Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S.
53). Sie sind durch Vorgänge gekennzeichnet, die mittels innerer Erregungen und
Spannungen den Organismus mit Energie (Antrieb) versorgen und in einen Zustand der
Reaktionsbereitschaft und Leistungsfähigkeit versetzen (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 1996,
S. 49; Nieschlag et al., 1994, S. 166; Berlyne, 1974, S. 73).
Zunächst lassen sich aktivierende Prozesse in elementare und in komplexe Vorgänge
unterteilen. Die Aufnahme eines Reizes löst aktivierende Prozesse aus, die in spezifische und
unspezifische innere Erregungen unterteilt werden. Interessant sind dabei auf der elementaren
Betrachtungsebene hauptsächlich die unspezifischen Erregungsvorgänge. Sie werden auch als
allgemeine Aktivierung bezeichnet, welche die Wachheit und Leistungsfähigkeit des
Organismus bestimmen. Von ihnen hängt es ab, ob und in welchem Ausmaß eine Person aktiv
wird. Die komplexen aktivierenden Prozesse werden als spezifische Erregungsvorgänge

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
6
bezeichnet. Unter diese Vorgänge fallen Emotionen, Motivationen und Einstellungen
4
, die
aber erst durch Interaktion mit kognitiven Prozessen menschliches Verhalten antreiben (vgl.
Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 49ff.).
Der Unterschied zwischen unspezifischer und spezifischer Aktivierung besteht darin, daß die
unspezifische Aktivierung ein zentralnervöser Erregungsvorgang ist, der den gesamten
Funktionsablauf im Organismus stimuliert, während spezifische Aktivierung nur ganz be-
stimmte Funktionen des Organismus stimuliert (Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 58; Stein-
metz, 1979, S. 3).
Physiologisch wird die Aktivierungsfunktion dem im Hirnstamm lokalisierten retikulären
Aktivierungssystem zugeordnet (Nieschlag et al., 1994, S. 166). Dieser Erregungszustand des
Stammhirns übt durch das Aussenden von Impulsen über Nervenbahnen in den funktional
spezialisierten Bereichen der Großhirnrinde (Kortex) Antriebskräfte auf alle motorischen und
psychischen Aktivitäten aus (Trommsdorff, 1989, S. 33). Die Erregungsleitungen, die vom
Aktivierungszentrum zum Kortex führen, nennt man aufsteigendes retikuläres Aktivierungs-
system. Die höheren Gehirnregionen werden durch dieses System in Aktionsbereitschaft ver-
setzt und aktivieren die dort ablaufende Informationsverarbeitung (Kroeber-Riel/Weinberg,
1996, S. 59; Nieschlag et al., 1994, S.166)
5
. Durch das retikuläre Aktivierungssystem verur-
sachte Erregungsvorgänge sind dabei sowohl für das allgemeine (anhaltende) Aktivierungs-
niveau, als auch für kurzfristige Fluktuationen der Aktivierung verantwortlich.
Das allgemeine Aktivierungsniveau wird als tonische Aktivierung bezeichnet. Tonische
Aktivierung variiert über die Zeit nur langsam und bestimmt somit die länger anhaltende
Bewußtseinslage. Kurzfristige Aktivierungsschwankungen bezeichnet man als phasische
Aktivierung, die als Reaktion auf einen spezifischen aktivierenden Reiz zielgerichtet ist
6
(vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 60; Trommsdorff, 1989, S. 35; Woodruff, 1985, S.
262)
7
. Bei Reizen kann es sich um innere Reize, z. B. gedankliche Aktivitäten,
Stoffwechselvorgänge bei Genuß von Kaffee, oder äußere Reize, wie Töne, Gerüche, Bilder
usw., handeln (Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 70). Äußere Reize müssen in der Regel erst
entschlüsselt werden, bevor sie Aktivierung auslösen (vgl. Abbildung 9 in Anhang 1 zum
Zusammenhang von Wirkung und Auslösung der Aktivierung).
4
Insbesondere auf Emotionen und Einstellungen wird in den folgenden Abschnitten näher eingegangen.
5
Zur näheren Erläuterung vgl. Birbaumer (1975, S. 47ff.).
6
Siehe dazu Abbildung 8 in Anhang 1.
7
Ein Aktivierungsschema, das in vier Stufen unterteilt wird, ist das hierarchische Aktivierungsmodell von
Haider (1969) (vgl. dazu auch Steinmetz, 1979, S. 5; Birbaumer, 1975, S. 57f.).

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
7
In bezug auf das Marketing ist eine Unterscheidung insoweit wichtig, da sich an tonische
Aktiviertheitszustände der Konsumenten angepaßt werden muß, während sich phasische
Aktivierung auch durch entsprechende Marketingreize erzeugen läßt (Trommsdorff, 1989, S.
35) und auch in der konkreten Entscheidungsituation am Point of Sale auftritt. Deshalb
widmen sich Kroeber-Riel und Weinberg bei ihren Untersuchungen und Anwendungen
primär der phasischen Aktivierung, wobei sie darauf hinweisen, daß der Übergang zwischen
tonischer und phasischer Aktivierung fließend ist. Der gesamte Aktivierungsvorgang muß als
ein kontinuierlicher und komplexer Prozeß verstanden werden, bei dem sich kurz-, mittel-
und langfristige Schwankungen überlagern (Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 60).
3.1.1 Wirkungen der Aktivierung
Die Wirkung der Aktivierung läßt sich durch den Zusammenhang zur Leistungsfähigkeit des
Organismus verdeutlichen (Trommsdorff, 1989, S. 34). Zur Beschreibung der Beziehung
zwischen Aktivierung und Leistung wird seit langem eine umgekehrt U-förmige Beziehung
angegeben, die von der Existenz eines optimalen Aktivierungsniveaus für Leistungen ausgeht
(Hüppe, 1998, S. 127)
8
. Kroeber-Riel und Weinberg (1996, S. 78) formulieren in diesem
Zusammenhang die Lambda-Hypothese. Diese besagt, daß bei zunehmender Stärke der
Aktivierung die Leistung eines Individuums zunächst steigt. Wird eine bestimmte
Aktivierungsstärke überschritten, so sinkt das Leistungsniveau wieder
9
.
Zur Analyse der Lambda-Hypothese ist es zweckmäßig, eine Zerlegung in folgende
Elementarhypothesen vorzunehmen: Aus der Annahme, daß Leistungen eines Individuums
ein bestimmtes Mindestmaß an Aktivierung voraussetzen, läßt sich die Hypothese der
Minimalaktivierung generieren. Die Hypothese der Normalaktivierung besagt, daß mit
zunehmender Aktivierung die Leistung zunimmt. Ab dem Scheitelpunkt der Lambda-Kurve
sinkt mit steigender Aktivierung die Leistung. Dies führt zur Hypothese der Überaktivierung
(vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 79f.).
Da in der Konsumentenforschung und insbesondere in einer Einkaufssituation im Laden nur
in Ausnahmefällen extrem starke Aktivierung zu erwarten ist, ist die Hypothese der
Überaktivierung für die Verwendung im Marketing kaum von Bedeutung (Trommsdorff,
1989, S. 34). Deswegen wird in der Konsumentenforschung im allgemeinen von der
8
Vgl. Abb. 10 in Anhang 1.
9
Schandry (1996, S. 50f.) erklärt die ab einer gewissen Aktivierungsstärke abfallende Leistungsfähigkeit
damit, daß bei sehr starker Beanspruchung des zentralen Nervensystems Zustände eintreten (z. B. Muskelan-
spannungen, Zunahme der Herz-Kreislauf-Aktivität), die auf eine optimale Aufgabenbearbeitung störend
wirken.

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
8
Hypothese der Normalaktivierung ausgegangen. Da als Leistung alle im Individuum
ablaufenden kognitiven Vorgänge verstanden werden (Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 80),
gilt am Point of Sale:
H 1a: Die Aktivierung hat einen positiven Einfluß auf den kognitiven Aufwand am
Point of Sale.
3.1.2 Die Aktivierung älterer Menschen
Die Frage, ob das Altern als solches ohne pathologische Prozesse existieren kann, wird in der
Literatur vielfach diskutiert (Matejcek, 1991, S. 79). In den älteren gerontologischen Theorien
wird vom sogenannten "Defizitmodell" ausgegangen (Kölzer, 1995a, S. 97). Ihm liegt die
Annahme eines Abbaus und Funktionsverlusts geistiger Fähigkeiten zugrunde (Thomae et al.,
1987, S. 21; Meyer-Hentschel, 1990, S. 16). Zahlreiche Kritikpunkte, welche sich im
speziellen auf die Methodik der Untersuchungen beziehen, führen zu einer Einschränkung der
Gültigkeit des Defizitmodells. Thomae et al. (1987, S.29) kritisieren vor allem die Art der
Aufgaben, welche Älteren und Jüngeren gestellt wurden. Inhaltlich wurde das Vorgehen
wegen der verzerrenden Effekte von Querschnittuntersuchungen, bei denen Kohorten mit
unterschiedlichen Bildungschancen zueinander in Beziehung gebracht werden, bemängelt.
10
Für das Seniorenmarketing ist es von Interesse, ob eventuelle Alterserscheinungen zu einem
unterschiedlichen Verhalten der Konsumenten führen. Aus diesem Grund besteht auch ein
Forschungsbedarf im Bereich der Aktivierung, um mögliche Unterschiede zwischen den
einzelnen Altersgruppen aufzudecken. Hierzu bedarf es einer reliablen und validen Methode
zur Messung von Aktivierung. Auf einzelne Meßmethoden wird im empirischen Teil dieser
Arbeit eingegangen. Deshalb sollen hier nur Messungen auf der physiobiologischen Ebene
dargestellt werden, da davon ausgegangen wird, daß diese am besten für die Ermittlung der
Stärke der Aktivierung geeignet sind (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 63; Steinmetz,
1979, S. 4) und hierzu schon zahlreiche Untersuchungen vorliegen (vgl. Woodruff, 1985;
Fisk/Warr, 1996; Engel, 1986; Prinz et al., 1990). Unter physiobiologischen Messungen wird
die Ermittlung körperlicher Funktionen, in denen sich die zentralnervösen Erregungsmuster
der Aktivierung manifestieren, verstanden. Die physiobiologischen Indikatoren lassen sich
dabei in elektrophysiologische und biochemische Indikatoren sowie in Messungen der
Kreislauffunktionen, der Atmung und des Energieumsatzes gliedern (Kroeber-Riel/Weinberg,
1996, S. 66; Steinmetz, 1979, S. 3).
10
Zur ausführlichen Kritik am Defizitmodell sei auf Lehr und Thomae (1991, S. 78ff.) verwiesen.

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
9
Ein zentraler Indikator, um bioelektrische Vorgänge im zentralen Nervensystem aufzuzeigen,
ist das Elektroenzephalogramm (EEG). EEG-Messungen sind ein häufig verwendetes Ver-
fahren zur Bestimmung der Aktivierung (vgl. Matejcek, 1991, S. 78ff.; Woodruff, 1985, S.
261ff.; Fisk/ Warr, 1996, S. 676; Engel, 1986, S. 5). Das EEG stellt eine
elektrophysiologische Methode zur Registrierung der spontanen oder ausgelösten (evozierten)
elektrischen Aktivität des Gehirns dar. Die Aufzeichnung der, an der Schädeloberfläche
abgeleiteten und geeignet verstärkten elektrischen Spannungsschwankungen
(Potentialdifferenzen), die ihren Ursprung im Gehirn haben, erfolgt dabei mittels Elektroden
(Birbaumer, 1975, S. 24; Matejcek, 1991, S. 78; Steinmetz, 1979, S. 51). Die EEG-
Frequenzen werden mit verschiedenen Aktivierungsstufen assoziiert. Sie variieren von einem
Zustand tiefem Schlafs bis zu einem erregten Wachzustand (Pham, 1996, S. 373; Woodruff,
1985, S. 268; Steinmetz; 1979, S. 51; Lindsley, 1952, S. 443ff.). Nach Berger (1929) lassen
sich im menschlichen EEG vier Arten von Spannungsschwankungen unterscheiden (vgl.
Abbildung 11 in Anhang 2).
Im Bereich der Gerontologie (Wissenschaft des Alterns) gibt es eine Reihe von
Untersuchungen, die sich mit Aktivierung im Zusammenhang mit dem Alter
auseinandersetzen (vgl. Woodruff, 1985, Matejcek, 1991; Fisk/Warr, 1996; Harkins/Lenhardt,
1980; Prinz et al., 1990). Eine der am häufigsten zitierten Einteilung der EEG-Veränderungen
im höheren und hohen Menschenalter bezieht sich auf die Forschungen von Obrist und Busse
aus den fünfziger und sechziger Jahren (vgl. Obrist/Busse, 1965; Prinz et al., 1990, S. 135ff.;
Matecjek, 1991, S. 79ff.). Diese stellten fest, daß bei älteren Menschen eine Verlangsamung
der Alpha-Frequenz eintritt. Dabei nimmt die durchschnittliche Alpha-Frequenz nach dem 60.
Lebensjahr um ca. 0,5 bis 0,7 Hz. pro Dekade ab (vgl. Matejcek, 1991, S. 80). Während sich
die schnelleren Alpha-Wellen (10 bis13 Hz.) reduzieren, treten die langsameren unterhalb von
10 Hz vermehrt auf. Wellen um die 7 Hz. werden als langsame Alpha-Wellen oder Theta-
Wellen eingeordnet. Ob sich ältere Menschen in diesem Bereich in einem ruhigen wachen
(Alpha-) Stadium befinden oder in einem minimalaktivierten, schläfrigen Zustand (Theta-
Stadium) ist unklar (Woodruff, 1985, S. 269). Zudem tritt die diffuse langsame EEG-Aktivität
(Theta- und/oder Deltawellen) bei älteren Menschen häufiger auf. Diese Verlangsamung ist
laut Obrist (1976) vor allem mit dem intellektuellen Abbau verbunden, wobei dieser bei noch
im eigenen Haushalt lebenden älteren Menschen deutlich geringer ist. Im Bereich der
schnelleren EEG-Aktivität (Beta-Wellen) ist ein häufigeres Auftreten mit zunehmendem Alter

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
10
zu beobachten. Dies läßt auf eine inverse Beziehung zwischen der schnellen Aktivität und der
diffusen EEG-Verlangsamung schließen (Matejcek, 1991, S. 81f.).
Aufbauend auf diesen Erkenntnissen sind in der Literatur eine Reihe von Hypothesen im
Zusammenhang mit Aktivierung und dem Alter aufgestellt worden. Eine häufig anzutreffende
Hypothese ist die der Unteraktivierung älterer Menschen
11
. Sie geht davon aus, daß Senioren
tagsüber weniger aktiviert bzw. eher schläfrig sind, also ein niedrigeres tonisches
Aktivierungsniveau aufweisen als jüngere Menschen (Woodruff, 1985, S. 270ff.; Prinz et al.,
1990, S. 139f.). Demgegenüber geht die Hypothese der Überaktivierung von einem höheren
Aktivierungsniveau bei älteren Menschen aus. "Over-activity might perhaps result from an
increase of activation taking place as a compensatory reaction to falling capacity" (Welford,
1965, S. 15). Die Gegenüberstellung dieser Hypothesen ist allerdings problematisch, da die
Hypothese der Unteraktivierung auf traditionellen bioelektrischen Messungen (z. B. EEG,
Herzrate, hautgalvanische Reaktion) basiert, während die Hypothese der Überaktivierung sich
primär auf biochemische Messungen (z. B. der Anteil ungesättigter Fettsäuren) bezieht
(Woodruff, 1985, S. 280). Woodruff (1985, S. 288) vermutet diesbezüglich eine phasische
Überaktivierung bei älteren Menschen, speziell in ungewohnten Situationen. Als Beleg für
diese Annahme verweist sie auf das Nervensystem älterer Menschen. "The observed
degeneration in the frontal lobes of aged subjects may be related to the decline in the
inhibitory function. Less effective inhibition should result in greater excitability and a higher
state of arousal". Zur Veranschaulichung der Aktivierungsschwankungen von älteren
Menschen, im Vergleich zu Jüngeren, dient Abb. 1. Aus ihr wird die niedrigere tonische Akti-
vierung älterer Menschen ersichtlich. Die Spitzen stellen eine durch bestimmte Reize ausge-
löste phasische Aktivierung dar. Ob die Stärke der phasischen Aktivierung älterer Menschen
unterhalb, oberhalb oder auf dem gleichen Niveau liegt, wie die der jüngeren Menschen kann
aufgrund verschiedener Einflußfaktoren variieren. Hier sind in erster Linie biologische und
situative Veränderungen zu nennen.
11
Diese Hypothese geht auf Birren (1960, S. 326f.) zurück.

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
11
Zeit
toni
sc
he
/phas
is
che
A
ktivierung
= Aktivierungsschwankungen jüngerer Menschen
= Aktivierungsschwankungen älterer Menschen
Abbildung 1: Aktivierungsschwankungen von älteren und jüngeren Menschen
Weiterhin existieren noch verschiedene Faktoren, die die Gültigkeit der getroffenen
Annahmen zu altersbedingten Aktivierungsänderungen einschränken. Es ist zu beachten, daß
sich im Seniorenalter eine Vielzahl von Veränderungen ergeben. Ein Beispiel aus dem
sozialen Umfeld ist die Pensionierung, die eine abrupte Änderung der täglichen physischen
Aktivitäten sowie des Schlafverhaltens mit sich bringt. Diese Umstellungen können sich
wiederum auf psychophysiologische Messungen auswirken (Woodruff, 1985, S. 263).
Weitere Einflußfaktoren der Ergebnisse von Aktivierungsmessungen finden sich bei Kohn
(1987, S. 233ff.). Er verweist darauf, daß extrovertierte Personen, und Personen mit einem
starken Nervensystem, relativ schwach in ihrer Aktivierbarkeit sind, während introvertierte
Personen bzw. Personen mit einem schwachen Nervensystem eine relativ starke
Aktivierbarkeit aufweisen.
12
Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wird folgende Hypothese über die Aktivierung am PoS
bezüglich der verschiedenen Altersgruppen formuliert:
12
Vgl. zum Nervensystem die Beiträge von Zuckerman (1987) und Mecacci (1987), die sich auf Pawlow's
Arbeiten über die Stärke des Nervensystems beziehen.

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
12
H 1b: Es existieren keine Altersunterschiede hinsichtlich der Aktivierung am Point of
Sale.
3.2 Emotion
Zum Begriff Emotion gibt es in der Literatur eine besonders starke Interpretationsvielfalt
(Ulich, 1989, S. 31), wobei die Übereinstimmung zwischen den verschiedenen Definitionen
eher gering ist (Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 101).
Emotionen gehören zu den komplexen aktivierenden Prozessen
13
, die in enger Verflechtung
zu den kognitiven Vorgängen entstehen und wirken. Gemäß Izard (1991, S. 45) können
Emotionen in bezug auf neurologische, aktivierende und kognitive Prozesse beschrieben
werden. Emotionen gelten als die grundlegenden menschlichen Antriebskräfte und werden in
der Regel subjektiv wahrgenommen. Man kann sie als zentralnervöse Erregungsmuster und
deren kognitive Interpretation (Wahrnehmung) charakterisieren (Weinberg, 1986a, S. 10;
Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 56).
Zur vollständigen Beschreibung emotionaler Vorgänge werden drei Verhaltensebenen
benötigt, auf denen sie sich manifestieren können (Izard, 1994, S. 20):
· das Erleben oder das bewußte Empfinden des Gefühls (subjektives Erleben),
· die Prozesse, die sich im Gehirn und im Nervensystem abspielen (neurophysiologische
Prozesse),
· das beobachtbare Ausdrucksverhalten (insbesondere die Mimik).
Da sich Emotionen in der Regel auf diesen drei Ebenen erklären lassen, werden auch
Messungen von Emotionen anhand dieser Komponenten durchgeführt (Kroeber-Riel/Wein-
berg, 1996, S. 101). Theoretisch müßten diese in einem engen Zusammenhang zueinander
stehen. In der Praxis ergibt sich aber häufig das Problem, daß sie nur in geringem Maße
kovariieren (Neibecker, 1985, S. 10). Die vorhandenen Emotionstheorien
14
lassen sich danach
klassifizieren, auf welcher dieser drei Ebenen bevorzugt operiert wird (Klammer, 1989, S.
26).
Da es eine Vielzahl an (komplexen) Emotionen gibt, wird versucht, Emotionen durch
bestimmte Merkmale zu erfassen, die allen Emotionen gemeinsam sind. Dies sind die mehr
oder weniger starke innere Erregung (Aktivierung), die positive oder negative Richtung
13
Die Beziehung zwischen Aktivierung und Emotion wird ausführlich von Parkinson (1988, S. 85ff.)
beschrieben.
14
Eine Übersicht über generelle und spezielle Emotionstheorien findet sich bei Fischer (1988, S. 15ff.)

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
13
dieses Erregungsvorganges, die jeweilige Qualität (subjektives Erleben) und das Bewußtsein
der Emotion (Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 104ff.).
Eine Studie von Zuckerman et al. (1978) befaßt sich mit dem subjektiv als optimal
empfundenen Erregungsniveau
15
("optimal level of stimulation")
16
. Anhand einer Skala
("sensation-seeking-scale") wurde das Erregungsniveau gemessen. Dabei wurde ein negativer
Zusammenhang zwischen Alter und "sensation-seeking" beobachtet, d.h. das optimale
Erregungsniveau sinkt im Alter (vgl. Zuckerman et al., 1978, S. 139ff.). Aufgrund der
Operationalisierung sind die Ergebnisse dieser Studie für den Betrachtungsgegenstand in
dieser Arbeit allerdings nicht geeignet
17
. In bezug auf das emotionale Verhalten älterer
Menschen ist in erster Linie eine Studie von Diener, Sandvik und Larsen (1985) zu nennen,
die aufzeigt, daß diese sowohl positive als auch negative Emotionen schwächer erleben
18
(Diener et al., 1985, S. 542). Mögliche Ursachen für altersbedingte Veränderungen sind
langsamere Prozesse in der Großhirnrinde und eine Verringerung der Hormonausschüttung im
Alter (vgl. Meyer-Hentschel/Meyer-Hentschel, 1991, S. 32).
Im Bereich des Marketing stellt sich die Frage, ob emotionale Stimulierung am PoS bei
älteren Menschen eine unterschiedliche Aktivierung auslöst. Für die Vermittlung emotionaler
Erlebnisse findet laut Weinberg (1992, S. 21) eine Auflösung der Einteilung von Zielgruppen
nach Alter statt. "Jugendlichkeit" ist nicht ein Alter, sondern ein Lebensgefühl, daß alle
Altersgruppen durchzieht. Dies deckt sich mit dem bereits beschriebenen psychologischen
Alter (vgl. Abschnitt 2.1).
3.3 Einstellung
Einstellungen stehen in einem engen Zusammenhang zu anderen komplexen aktivierenden
Prozessen wie Emotion und Motivation. Die Inhalte, die durch diese Konstrukte repräsentiert
werden, heben sich aber nur akzentuell gegeneinander ab (Bänsch, 1996, S. 11). Die begriff-
15
Ist das Erregungsniveau ("stimulation level") zu niedrig, entsteht ein niedriges Aktivierungsniveau
(Langeweile) ist es umgekehrt zu hoch, steigt das Aktivierungsniveau stark an (Stress) (Pieters/van Raaij,
1988, S. 119).
16
Vgl. zum "optimal level of stimulation" auch Schiffmann und Kanuk (1994, S. 140).
17
Die "sensation-seeking-skale" erfaßt u.a. die Vorlieben für Extremsportarten, Randgruppen und ungewöhn-
liche sexuelle Neigungen (vgl. Zuckerman, 1978, S. 144). Den Autoren erscheinen solche Items für die
Charakterisierung bestimmter Altersgruppen nicht sinnvoll, da bereits durch körperliche Beschränkungen
und soziale Einflüsse Unterschiede zwischen den Altersgruppen auftreten.
18
Für eine Abnahme der Intensität emotionaler Reaktionen im Alter sprechen Befunde zur Herzfrequenz und
zur elektrodermalen Aktivität, die eine verringerte Reaktionsintensität unter physischen und psychischen
Provokationsbedingungen aufzeigen. Über die Dauer emotionaler Reaktionen im Alter kann gesagt werden,
daß ein emotional aktivierter älterer Mensch mehr Zeit als ein jüngerer benötigt, bevor seine Ausgangslage
wiedererlangt ist (vgl. Hüppe, 1998, S. 76ff.).

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
14
liche Differenzierung dieser drei Konstrukte läßt sich gemäß Kroeber-Riel und Weinberg
(1996, S. 55) hinsichtlich des subjektiven Erlebens eines Individuums vornehmen:
"Emotionen sind nach innen - auf das eigene Erleben - gerichtet, Motivationen auf ein
Handeln, Einstellungen auf Objekte". Einstellungen richten sich also stets auf Gegenstände
unserer Umwelt, wobei unter einem Gegenstand jeder Denkgegenstand, wie Produkte,
Personen, Dienstleistungen, Situationen usw. zu verstehen ist (Kroeber-Riel/Weinberg, 1996,
S. 168).
Nach der Drei-Komponenten-Theorie zählen zu den Einstellungen neben der affektiven
Komponente, d.h. das mit dem Gegenstand verbundene Gefühl, noch eine kognitive, also das
Wissen über den Einstellungsgegenstand, und eine Verhaltenskomponente
19
(vgl. Roth, 1967,
S. 99; Nieschlag et al., 1994, S. 169; Triandis, 1975, S. 4; Müller-Hagedorn, 1986, S. 79f.). Es
wird davon ausgegangen, daß die drei Komponenten aufeinander abgestimmt und miteinander
konsistent sind. Die traditionellen Einstellungstheorien besagen, daß Einstellungen das
Verhalten eines Individuums kausal determinieren (Triandis, 1975, S. 8)
20
. Diese Sichtweise
findet sich in der sog. E-V-Hypothese wieder.
Die enge Verbindung von Einstellung und Verhalten ist aber nicht unumstritten (vgl. Lilli,
1980). Laut Roth (1967, S. 99) kann ein Verhalten auch von außen bewirkt sein, z. B. durch
einen Befehl oder zur Befriedigung eines Bedürfnisses. Eine klassische Untersuchung zum
fehlenden Zusammenhang zwischen Einstellungen und Verhalten lieferte LaPiere (1934)
21
(vgl. dazu auch Triandis, 1975, S. 20ff.; Roth, 1967, S. 99; Pieters, 1988, S. 149).
Um diesen unbefriedigenden Einstellung-Verhalten-Zusammenhang zu erklären, empfiehlt
sich eine umgekehrte Betrachtung der E-V-Hypothese. Eine andere Blickrichtung rechtfertigt
sich schon dadurch, weil sich einzelne, spezifische Verhaltensweisen durch Einstellungswerte
nicht vorhersagen lassen (vgl. Stroebe, 1980, S. 169). Verhaltensänderungen, z. B. die Geburt
eines Kindes oder der Eintritt vom Studenten- ins Berufsleben, ziehen Änderungen der
Einstellung mit sich. Dies läßt darauf schließen, daß auch das Verhalten die Einstellung
bestimmt (Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 172). Zudem bestehen neben der Einstellung
noch andere Variablen, z. B. soziale oder persönliche Motive, die für das Verhalten wichtig
19
In der Definition von Fishbein und Ajzen (1975, S. 6) wird diese Verhaltenskomponente deutlich. Sie
beschreiben Einstellungen als "a learned predisposition to respond in a consistently favorable or
unfavorable manner with respect to a given object".
20
In einer Studie von Doll und Mallü (1988) wurde die Einstellungs-Verhaltens-Beziehung untersucht und eine
hohe Einstellungs-Verhaltens-Konsistenz beobachtet.
21
LaPiere durchreiste mit einem chinesischen Paar die Vereinigten Staaten und wurde in vielen Hotels
aufgenommen. Bei einer nachträglichen schriftlichen Befragung der besuchten Hotels, ob sie Chinesen
aufnehmen, antworteten über 90% der Befragten mit "Nein".

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
15
sind (Quack, 1980, S.11). Nach dem derzeitigen Forschungsstand werden deshalb
Einstellungen und Verhalten als zwei Konstrukte gesehen, die sich wechselseitig beeinflussen
(vgl. Mummenday, 1988, S. 16).
Einstellungen zählen zu den wichtigen Determinanten des Kaufverhaltens (vgl. Wiswede,
1991, S. 324ff.; Nieschlag et al., 1994, S. 168; Kuß, 1991, S.66ff.). Es zeigt sich in vielen
empirischen Untersuchungen, daß Einstellungen manchmal gute, manchmal schwache und
manchmal überhaupt untaugliche Prädiktoren für Kaufverhalten sind (Wiswede, 1991, S.
324). Gründe für die unterschiedliche Prognosekraft von Einstellungen auf das Kaufverhalten
liegen unter anderem in situativen Faktoren. Zum Beispiel kann ein Sonderangebot die
Kaufentscheidung beeinflussen oder der Kunde weicht auf eine andere Marke aus, wenn seine
"erste Wahl" nicht verfügbar ist. Eine andere Einflußgröße ist die positive Einstellung zu
mehreren Produkten. Da meistens nur eine Marke gekauft wird, können sich die positiven
Einstellungen nicht vollständig in entsprechendem Kaufverhalten niederschlagen (Kuß, 1991,
S. 73). Außerdem scheinen Einstellungen nur dann eine Rolle zu spielen, wenn der
Konsument involviert ist (Wiswede, 1991, S. 325) und seine Kaufentscheidung in einem
gewissen Ausmaß gedanklich steuert oder bewußt seinen verfestigten Einstellungen folgt
(Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 174).
In dieser Arbeit interessiert hauptsächlich die Einstellung gegenüber bestimmten Produkten,
die in der Konsumentenforschung eine der zentralen Untersuchungsobjekte darstellt. Zum
Zeitpunkt des Kaufes wird von einer bereits gebildeten Einstellung ausgegangen, d.h.
mögliche Einstellungsänderungen nach dem Kauf können nicht mehr erfaßt werden. Deshalb
liegt ein Hauptaugenmerk dieses Abschnittes auf dem Pfad Einstellung
Verhalten. Die E-
V-Hypothese besagt, daß mit zunehmender Stärke einer positiven Einstellung zum Produkt
die Kaufwahrscheinlichkeit erhöht wird (Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 170). Day (1969,
S. 29) kommt zu dem Ergebnis, daß Markentreue mit stabilen Einstellungen zum präferierten
Produkt korrespondiert. Treue Konsumenten verfügen über eine besondere Markenkenntnis
sowie ein ausgeprägtes Produktvertrauen bzw. Markensicherheit (Weinberg, 1979, S. 58). Bei
der Markenbindung kommt zudem noch ein relativ starkes Involvement dazu (Diller, 1995, S.
18). Dies führt dazu, daß Wiederholungskäufer mit starkem Involvement von einer
ausgeprägten Vorliebe für eine Marke bzw. starker positiver Einstellung geleitet werden
(Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 174).

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
16
3.3.1 Einstellungsstabilisierung
Ein zentraler Aspekt im Seniorenmarketing ist die Einstellungsbildung oder Einstellungs-
änderung (Kölzer, 1995a, S. 180). Als besonderes Kennzeichen älterer Menschen ist eine
langjährige Erfahrung mit Produkten und Geschäften festzustellen. Gepaart mit einer
gewissen Routine beim Einkaufsvorgang können bei älteren Menschen ein stabiles
Kaufverhalten und relativ gefestigte Einstellungen beobachtet werden (Engel et al., 1993, S.
525).
Daher ist es für die Untersuchung des Kaufverhaltens von Interesse, inwiefern sich
Einstellungen mit zunehmendem Alter stabilisieren und sich im fortgeschrittenen Alter noch
verändern. Es wird angenommen, daß sie um so persistenter bzw. weniger veränderbar sind,
je früher sie erworben wurden (Roth, 1967, S. 82). Die Stabilität von Einstellungen ist durch
ihre Resistenz gegenüber Änderungen gekennzeichnet. Einstellungen, die durch starke Über-
zeugungen
22
gestützt werden, haben eine hohe Änderungsresistenz (Wiswede, 1991, S. 326).
Außerdem können Einstellungen als um so dauerhafter angesehen werden, je häufiger sich die
Situation, die zu dieser Einstellung geführt hat, wiederholte (Roth, 1967, S. 75). Diese Thesen
lassen vermuten, daß Einstellungen im Alter besonders stabil und nur noch schwer zu ändern
sind (Glenn, 1980, S. 602), da aufgrund häufiger Erfahrungen mit einem Objekt eine gewisse
Einstellungs-Konsistenz aufgebaut wurde (Kölzer, 1995a, S. 183). In diesem Zusammenhang
wird in der Literatur von der "Aging-Stability-These" gesprochen (vgl. Glenn, 1980; Ryder,
1965). Glenn (1980) stützt die These durch mehrere Untersuchungen, in denen verschiedene
Alterskohorten nach ihren Einstellungen zu verschiedenen Ereignissen, wie dem Beitritt der
Volksrepublik China zu den Vereinten Nationen oder der Wahl eines schwarzen Präsidenten,
in zehnjährigem Abstand befragt wurden. Die Ergebnisse belegen die Einstellungs-
stabilisierung mit zunehmendem Alter bzw. die geringere Änderung im Vergleich zu jüngeren
Kohorten. Die generelle Neigung zur Änderung der Einstellung verringert sich dabei schon
vom frühen Erwachsenenalter an. Manche Einstellungen sind bereits im frühen
Erwachsenenalter so stabil, daß eine Erhöhung der Stabilität, durch die mit zunehmendem
Alter abnehmende Änderungsbereitschaft, nicht mehr ersichtlich ist (Glenn, 1980, S. 618).
Dies gilt besonders für Einstellungen, die für das Individuum eine zentrale Rolle spielen, z. B.
Familie, Heirat, Religion sowie auch Liebe, Freiheit, Demokratie usw. (ebenda, 1980, S. 605).
Gründe für weniger stabile Einstellungen in jungen Jahren Alter führt Browning (1968) auf

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
17
eine häufigere Konfrontation mit unterschiedlichen Einstellungsgegenständen verursacht
durch Heirat, Berufswahl, Geburt eines Kindes usw. zurück. Jüngere Menschen müssen sich
in einer relativ kurzen Zeitspanne mit einer Vielzahl von Einstellungsgegenständen
auseinandersetzen, während dies bei älteren Menschen nicht mehr der Fall ist. Sie sind daher
weniger Einflüssen ausgesetzt, durch die eine Einstellungsänderung erfolgen könnte (Meyer-
Hentschel, 1990, S. 81).
3.3.2 Konsistenz von Einstellungen
Ein weiterer Erklärungsansatz ist in der Theorie der kognitiven Dissonanz
23
zu sehen. Sie
besagt, daß ein Individuum mit gefestigtem Einstellungssystem Einflüsse meiden bzw.
solchen widerstehen wird, welche ein Ungleichgewicht in diese Konstellation bringen und
damit ein Gefühl von Dissonanz (gedanklicher Widersprüchlichkeit) hervorrufen könnten
(Nieschlag et al., 1994, S. 171; Meyer-Hentschel/Meyer-Hentschel, 1991, S. 35)
24
.
Auftretende Inkonsistenzen werden dabei zu beseitigen versucht, da sie vom Individuum als
kognitive Konflikte erlebt werden (Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 182)
25
.
In Hinblick auf die empirische Untersuchung läßt sich darauf aufbauend ein negativer
Zusammenhang zwischen Einstellungen und der gedanklichen Intensität vermuten.
H 2a: Einstellungen haben einen negativen Einfluß auf den kognitiven Aufwand am
PoS.
Untersuchungen zur Stabilisierung von Einstellungen stehen in einem engen Verhältnis zu
Studien des gewohnheitsmäßigen Kaufverhaltens (Kölzer, 1995a, S. 184). Zur Vermeidung
von Dissonanzen verhalten sich Konsumenten oftmals markentreu, um die bei einer neuen
Markenwahl zu erwartende Inkonsistenz zu umgehen (Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 183).
Auf Grundlage der Drei-Komponenten-Theorie ist somit auch mit zunehmendem Alter eine
positivere relative Einstellung zu den gekauften Produkten zu erwarten.
22
Insbesondere sind jene Einstellungen besonders stabil, die durch eigene konkrete Erfahrung zustandekommen
und bei deren Entstehung das Individuum selbst durch kognitive Anstrengungen beteiligt war (Wiswede,
1991, S. 327).
23
Vgl. hierzu Festinger (1957): A Theory of Cognitive Dissonance, oder die deutsche Übersetzung (1978): Die
Theorie der kognitiven Dissonanz.
24
Vgl. hierzu auch die Theorien des kognitiven Gleichgewichts in Kroeber-Riel und Weinberg (1996, S.
181ff.).
25
Mummenday (1990, S. 184) merkt an, daß kognitive Dissonanz nicht unbedingt auf das Vorliegen eines
bestimmten Motivationszustands bei kognitiver Inkonsistenz hindeutet, sondern auch mit Selbst-
darstellungsproblemen erklärt werden kann. Wenn man, so Baumeister (1982), anerkenne, daß eine massive

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
18
H 2b: Ältere Menschen haben eine positivere Einstellung zu den von ihnen gekauften
Produkten.
H2c: Die Einstellung hat einen positiven Einfluß auf die Markentreue.
Bei der Frage nach Unterschieden in konsumrelevanten Einstellungen zwischen Senioren und
jüngeren Menschen ist auf die "Trierer Seniorenstudie"
26
zu verweisen. Die Ergebnisse dieser
Studie zeigen eine positivere Haltung von älteren Menschen gegenüber dem Einkaufsvorgang
im Vergleich zu jüngeren. Die Analyse der Auswirkungen auf das Einkaufsverhalten der
Senioren am Point of Sale ergab, daß sich Senioren ­ verbunden mit der eindeutig positiveren
Einstellung zum Einkaufen ­ länger am PoS aufhalten, intensiver die Preise vergleichen und
den Kontakt zum Verkaufspersonal suchen. Diese Effekte beziehen sich allerdings auf den
gesamten Einkaufsvorgang und nicht auf die konkrete Entscheidung für Produkte des
täglichen Bedarfs.
Senioren wiesen stabilere Einstellungen im Konsumbereich auf, die sich in einer höheren
Markentreue und einer geringeren Probierfreude
27
als bei Jüngeren auswirkten. Die
Kombination von Markentreue und stabileren Einstellungen stützt in Hinblick auf die Theorie
der kognitiven Dissonanz erneut die Hypothese, daß ältere Menschen eine positivere
Einstellung zu den von ihnen gekauften Produkten aufweisen.
4
Die kognitiven Prozesse älterer Menschen
4.1 Das
Drei-Speicher-Modell
Ein weitverbreiteter Ansatz zur Informationsverarbeitung ist das Drei-Speicher-Modell
(Engel et al., 1990, S. 390; Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 225; Lindsay/Norman, 1977, S.
304ff.). Es unterstellt, daß es drei Arten von Informationsspeichern gibt, unter denen
erhebliche Interaktionen bestehen (vgl. Abb. 2
)
.
Der Sensorische Speicher nimmt Reize aus der Umwelt - ohne Selektion bzw. gedankliche
Kontrolle - über die Sinnesorgane auf und hält diese fest. Die Verweildauer der Informationen
ist mit maximal einer Sekunde extrem kurz. Der sensorische Speicher zeichnet sich durch
eine sehr große Kapazität aus (Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 225f.).
Selbstdarstellungsaktivität das Ergebnis von Dissonanz ist, so liegt es auch nahe anzunehmen, daß
Selbstdarstellungsprobleme bereits beim Zustandekommen der Dissonanz eine Rolle spielen.
26
Vgl. zur näheren Betrachtung der Studie: Kölzer (1995a, S. 187ff.)

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
19
Sensorischer
Speicher
Langzeitspeicher
Speicherung
Kurzzeitspeicher
Verarbeitung
Output
Reiz
("
Information
")
Abbildung 2: Das Drei-Speicher-Modell
Ein Teil der aufgenommenen Reize wird in den Kurzzeitspeicher übernommen, in dem die
Informationsverarbeitung i.e.S. erfolgt. Hier findet eine Verknüpfung der Reize mit
Informationen aus dem Langzeitspeicher statt. Sie erhalten damit erst ihren informativen
Gehalt. Welche Informationen in den Kurzzeitspeicher übernommen werden und welche
wegfallen, hängt von deren Aktivierungspotential ab (Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 226).
Zudem ist die Kapazität des Kurzzeitspeichers stark beschränkt. Die Verweildauer von Infor-
mationen kann von mehreren Sekunden bis zu einer halben Minute schwanken (Schiff-
man/Kanuk, 1994, S. 216).
Damit ein Reiz langfristig erinnert werden kann, muß er in den Langzeitspeicher, der auch
als Gedächtnis bezeichnet wird, aufgenommen werden (Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S.
227). Man geht davon aus, daß einmal gespeicherte Informationen nicht mehr verloren gehen.
Die Speicherkapazität wird als unbegrenzt angesehen (Engel et al., 1990, S. 392). Zur Ver-
deutlichung von Strukturen und Veränderung des Langzeitspeichers dient die Darstellung in
Form semantischer Netzwerke (Johnson, 1996, S. 140f.) (vgl. Abb. 12 in Anhang 3).
Diesem Modell entsprechend kann das Informationsverhalten in drei Teilgebiete unterteilt
werden: Informationsaufnahme, Informationsverarbeitung und Informationsspeicherung.
Es soll aber an dieser Stelle bereits darauf hingewiesen werden, daß die Diskussion über
altersbedingte Veränderungen kognitiver Fähigkeiten noch nicht abgeschlossen ist und
sowohl über die Ursachen als auch über die Phänomene Uneinigkeit besteht (für eine
Übersicht s. Cohen, 1996).
27
Auf die Probierfreude von älteren Menschen wird nochmals im Zusammenhang mit dem "Variety Seeking"
in Kap. 6.4.2 eingegangen.

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
20
4.2 Die
Informationsaufnahme
Unter Informationsaufnahme werden alle diejenigen Vorgänge verstanden, die zu einer
Übernahme von Informationen in den Kurzzeitspeicher führen, also in den Informationsverar-
beitungsprozeß einfließen. Diese lassen sich in die interne und die externe Infor-
mationsaufnahme gliedern (Assael, 1994, S. 227; Brucks, 1985, S. 3; Kroeber-Riel/Weinberg,
1996, S. 242ff.). Die externe Informationsaufnahme betrifft die Übernahme von
Informationen aus dem sensorischen Speicher. Sie beschäftigt sich daher mit Sinneswahr-
nehmungen auf der Mikroebene und der aktiven Suche nach Informationen auf der
Makroebene. Interne Informationsaufnahme ist der Abruf von Informationen aus dem
Langzeitspeicher. In Abbildung 2 sind diese Prozesse durch die Pfeile, die auf den Kurz-
zeitspeicher deuten, repräsentiert. Der Umfang und die Intensität der Informationsaufnahme
hängen von der Aktivierung (Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 243) bzw. der Aufmerk-
samkeit des Konsumenten ab (ebenda, 1996, S. 276f.).
4.2.1 Externe
Informationsaufnahme
4.2.1.1 Aufnahme in den Sensorischen Speicher
Das menschliche Verhalten kann vereinfacht als eine Kettenreaktion angesehen werden, an
deren Anfang die Aufnahme von Reizen aus der Umwelt steht und die mit einer Entscheidung
bzw. motorischen Reaktion endet (Welford, 1985, S. 333f.). Die Aufnahme sensorischer
Reize ist auch deshalb von Bedeutung, da nur Reize, die in den sensorischen Speicher
gelangen, im Informationsverarbeitungsprozeß berücksichtigt werden können
28
.
Von den Sinneswahrnehmungen ist den visuellen Reizen eine sehr große Aufmerksamkeit
zuteil geworden (Schub von Bossiazky, 1992, S. 8; Trommsdorff, 1989, S. 215). Sie stehen
auch hier im Mittelpunkt der Betrachtung, da sie für das Marketing die wichtigste Rolle
spielen.
Obwohl im Zuge des biologischen Alterungsprozesses Beeinträchtigungen aller
Sinneswahrnehmungen auftreten
29
, stellt die Veränderung des Sehvermögens das am meisten
untersuchte Gebiet dar (Welford, 1985, S. 334f.).
Das Nachlassen der visuellen Fähigkeiten mit zunehmendem Alter wird auf mehrere
biologische Veränderungen zurückgeführt (Wealer, 1986, S. 53; Fozard, 1990, S. 151f.). Die
so bedingte Verschlechterung der Sehfähigkeiten wirkt sich am Point of Sale direkt auf die
28
Dieser Ansatz wird in Standardwerken zur Informationsverarbeitung gewählt (vgl. Lindsay/Norman, 1977).

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
21
Lesbarkeit der Produktinformationen aus (Meyer-Hentschel, 1990, S. 40). Es kommt aber
auch zu Problemen bei der Wahrnehmung bzw. der Unterscheidung von Farbtönen. Dies gilt
insbesondere für Farben im kurzwelligen Bereich, wie Grün oder Blau (Meyer-Hentschel,
1990, S.50). Aufgrund dieser Erkenntnisse wird im Bereich der Verkaufsraumgestaltung
empfohlen, auf entsprechende Farbkombinationen zu verzichten (Meyer-Hentschel, 1985, S.
441). Eine Übersicht über empirische Untersuchungen im Bereich der Farbwahrnehmung
zeigt allerdings, daß Unterschiede zwischen verschiedenen Altersgruppen gering sind
(Fozard, 1990, S. 152).
Eine zweite Art sensorischer Reize ist die akustische Wahrnehmung. Die Relevanz dieses
Gebietes kann dadurch verdeutlicht werden, daß die Sprache als das bedeutendste Mittel der
persönlichen Kommunikation angesehen wird (Welford, 1985, S. 335) und im Bereich der
Informationssuche die wichtigste Rolle spielt (Herr et al., 1991, S. 456; Kroeber-
Riel/Weinberg, 1996, S. 252). Die Wahrnehmung verschlechtert sich ab etwa dem fünfzigsten
Lebensjahr deutlich, insbesondere wenn schnell gesprochen wird (Fozard, 1990, S. 161ff.).
Dies betrifft Senioren um so mehr, da sie die persönliche Kommunikation zu
Verkaufspersonal auch häufig aus sozialen Gründen suchen (Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S.
252), was allerdings nicht von allen Studien zum Einkaufsverhalten älterer Menschen
bestätigt wird (Lumpkin et al., 1985, S. 101).
Nur ein kleiner Teil der Informationen, die über die Sinnesorgane aufgenommen werden, wird
tatsächlich in den Kurzzeitspeicher zur weiteren Verarbeitung übernommen. Der Kurzzeit-
speicher ist der Engpaß der Informationsverarbeitung. Aufgrund seiner beschränkten
Kapazität kann somit nur ein Bruchteil der wahrgenommenen Informationen verarbeitet
werden (Weinberg, 1981, S. 31). Mit zunehmendem Alter lassen die kognitiven Fähigkeiten
nach, und die Kapazität des Kurzzeitspeichers sinkt. Zusätzlich verringert sich die
Geschwindigkeit, mit der Informationen verarbeitet werden (Light, 1996, S. 466), so daß
letztlich weniger Informationen übernommen werden können und die externe Informations-
aufnahme quantitativ abnimmt.
4.2.1.2 Informationssuche
Der Umfang der Informationssuche wird häufig mit ökonomischen Kosten-Nutzen Überle-
gungen erklärt (Assael, 1994, S. 229; Kuhlmann, 1990, S. 329ff.). Danach sucht ein Konsu-
ment nur solange nach Informationen, bis der erwartete Nutzen geringer ist, als der Aufwand,
29
Für eine Darstellung der physiologischen Zusammenhänge siehe Verillo und Verillo (1985).

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
22
der subjektiv mit der Suche verbunden wird. Abel (1977, S. 134ff.) hingegen stellt dem
objektiven Informationsbedarf das subjektive Informationsbedürfnis gegenüber. Ist das
Informationsbedürfnis für eine Entscheidung größer als bereits erworbene Informationen, so
werden solange zusätzliche Informationen akquiriert, bis der objektive Informationsbedarf,
also die Informationsmenge, die für eine Entscheidung notwendig ist, erreicht wird. Eine
Begrenzung der Informationssuche bildet auch der sog. Information-overload. Danach nimmt
der Grenznutzen zusätzlicher Informationen ab einer bestimmten Anzahl negative Werte an,
d.h. zusätzliche Informationen führen zu Verwirrung und schlechteren Entscheidungen
(Malhotra, 1982, S. 427).
Als Hauptantriebskräfte für eine Informationssuche lassen sich das Bemühen um eine
möglichst optimale Entscheidung und die Verminderung des Kaufrisikos anführen (Kuhlman,
1990, S. 329). Dies ist allerdings bei den meisten Kaufentscheidungen, insbesondere bei
Produkten des täglichen Bedarfs, in der Regel nicht der Fall. Hier erfolgt die externe
Informationsaufnahme eher passiv über die Medien oder soziale Kontakte. Diese Form des
Informationserwerbs ist deshalb in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzen (Kroeber-
Riel/Weinberg, 1996, S. 245). Durch das geringe Kaufrisiko können Produktinformationen
aber auch direkt durch Probekäufe erworben werden (Assael, 1994, S. 234).
Insgesamt ist das Informationsbedürfnis bei den meisten täglichen Produkten sehr niedrig
bzw. gar nicht (mehr) vorhanden, da sie gewohnheitsmäßig eingekauft werden und auf ein
relativ großes Repertoire an Erfahrung zurückgegriffen werden kann (Beatty/Smith, 1987, S.
83; Kroeber-Riel/Weinberg, 1996, S. 246f.; Weinberg, 1981, S. 30). Das vorhandene Produkt-
wissen deckt somit den Informationsbedarf in ausreichendem Maße.
Verschiedene Studien stellen fest, daß die Informationssuche mit dem Alter abnimmt
(Bearden/Mason, 1979, S. 87; Cole/Balasubramanian, 1993, S. 158) und nur noch auf sehr
wenige Quellen zurückgegriffen wird (Miller/Petrich, 1986, S. 51). Dafür gibt es drei
unterschiedliche Erklärungsansätze: Erstens kann eine geringere Suche nach Informationen
auf nachlassende kognitive Fähigkeiten zurückgeführt werden. Demnach nehmen ältere
Menschen weniger Informationen auf, weil sie diese nicht mehr so gut verarbeiten können
(Cole/Balasubramanian, 1993, S. 157). Ein zweiter Erklärungsansatz ist, daß ältere Konsu-
menten einen großen Erfahrungsschatz besitzen und daher über ausreichend Informationen
verfügen, bzw. die Kaufentscheidung soweit habitualisiert abläuft, daß nur wenige Infor-
mationen gesucht werden müssen (Coupey et al., 1998, S. 460). Drittens wird die geringere
Informationssuche damit erklärt, daß mit zunehmendem Alter die sozialen Kontakte immer

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
23
mehr zurückgehen (Mason/Bearden, 1978, S. 456; Belk Smith/Moschis, 1985, S. 90). Damit
stehen älteren Menschen von vornherein weniger Informationsquellen zur Verfügung.
H 3a: Ältere Menschen nutzen bei der Kaufentscheidung weniger Informationsquellen
als junge Menschen.
Aber auch bei der Nutzung der Informationsquellen, die jungen und alten Konsumenten in
gleicher Weise zur Verfügung stehen, finden sich Unterschiede. So nehmen ältere Menschen
Informationen besser auf, wenn sie die Geschwindigkeit der Darbietung selbst bestimmen
können (Phillips/Sternthal, 1977, S. 451). Daraus ergibt sich, daß sie Printmedien vergleichs-
weise effektiver nutzen als Fernsehen und Radio. Ältere Menschen suchen auch stärker den
Kontakt zum Verkaufspersonal, was sich jedoch weniger auf die Suche nach Entscheidungs-
unterstützung als auf das Bedürfnis nach sozialem Kontakt zurückführen läßt (Kroeber-
Riel/Weinberg, 1996, S. 252).
Ältere Menschen haben außerdem größere Schwierigkeiten relevante und irrelevante Infor-
mationen zu trennen (Cole/Gaeth, 1990, S. 176; Light, 1996, S. 471; Olbricht, 1984, S.72).
Ein Informationsformat, das klare Aussagen macht und bei dem die Ablenkung möglichst
gering gehalten wird, wird deshalb von älteren Menschen am effektivsten genutzt (Gorn et al.,
1991, S. 28ff.).
Aus den bisherigen Darstellungen lassen sich Folgerungen über das Verhalten in Geschäften
ableiten. Die Geschwindigkeit der Informationsaufnahme am Point of Sale hat für ältere
Menschen den Vorteil, daß sie individuell steuerbar ist. Daher sollte älteren Menschen hier
kein Nachteil entstehen. Obwohl die Situation aufgrund des großen Informationsangebotes
eher unvorteilhaft ist, werden in der Regel nur wenige Informationen genutzt und die
Entscheidungssituation ist vertraut. Deshalb kann auf dieser Grundlage nicht auf einen
Unterschied im gezeigten Informationsverhalten am Point of Sale geschlossen werden.
4.2.2 Interne
Informationsaufnahme
Wie bereits erläutert, verstehen die Autoren unter interner Informationsaufnahme das Abrufen
von Informationen aus dem Langzeitspeicher. Das dort gespeicherte Wissen kann durch
Abrufstrategien in den Kurzzeitspeicher aufgenommen werden. Welche Informationen
konkret für eine Entscheidung herangezogen werden, wird häufig mit dem "Accessibility-
Diagnosticity-Model" (vgl. Feldman/Lynch, 1988, S. 424ff.) erklärt (Herr et al., 1991, S.
457; Menon et al., 1995, S. 212; Park et al., 1994, S. 77). Danach bestimmt zum einen die

Das Informations- und Entscheidungsverhalten älterer Menschen am PoS
24
Zugänglichkeit (Accessibility), zum anderen die Aussagekraft (Diagnosticity) einer
gespeicherten Information, ob sie in den Informationsverarbeitungsprozeß einfließt. Die Zu-
gänglichkeit wird dabei durch die Leichtigkeit und die Geschwindigkeit, mit der auf eine
Information zugegriffen werden kann, charakterisiert. Die Aussagekraft bezieht sich auf den
Informationsgehalt in bezug auf die jeweilige Entscheidungssituation. Nach dem Modell
steigt die Wahrscheinlichkeit, daß eine gespeicherte Information genutzt wird, mit deren Zu-
gänglichkeit und Aussagekraft.
Der Einfluß des Alters auf das Erinnern ist in zahlreichen Studien untersucht worden. Ältere
Menschen erzielen hier in der Regel schlechtere Ergebnisse als jüngere Menschen. Dafür gibt
es in der Literatur eine Anzahl von Erklärungsansätzen (Cohen, 1996; Light, 1996), wobei in
diesem Abschnitt nur auf die Erklärung dieser Beeinträchtigung durch nachlassende Fähig-
keiten beim Abruf von Informationen (Retrieval) eingegangen wird
30
. Ein Erklärungsversuch
stützt sich auf die Überlegung, daß der Zugriff auf gespeicherte Informationen durch die
Aktivierung von Verbindungen zwischen Knoten des semantischen Netzes bestimmt wird,
wobei diese Verbindungen mit der Zeit degenerieren (Anderson, 1982). Die
Verbindungsstärke hängt von der Menge ihrer Benutzungen ab, so daß ältere Informationen
gefestigter sind und im Vergleich zu neueren eher genutzt werden (dieser Ansatz stützt auch
die Überlegungen zur Einstellungsstabilisierung). Desweiteren hängt die Zugänglichkeit auch
von der Anzahl der Verbindungen zu anderen Knoten des Netzes ab (Cohen, 1996, S. 51) und
kann somit nicht losgelöst von der Informationsspeicherung betrachtet werden (Cole, 1983, S.
22).
Ein anderer Erklärungsansatz trifft die Annahme, daß ältere Menschen Informationen nicht so
effektiv selektieren wie jüngere und deshalb beim Abruf weniger effizient vorgehen
(Hasher/Zacks, 1988, S. 212). Diese Überlegungen werden auch dadurch gestützt, daß
Unterschiede zwischen verschiedenen Altersgruppen bei entsprechender Hilfestellung stark
nachlassen (Roedder John/Cole, 1986, S. 301).
Älteren Menschen stehen allerdings Kompensationsmöglichkeiten für diese Beeinträch-
tigungen zur Verfügung. Sie können entweder auf die Informationen, die am leichtesten ver-
fügbar sind zurückgreifen - im allgemeinen die eigene Erfahrung - oder Hilfen aus der
direkten Umgebung nutzen (Hasher/Zacks, 1988, S. 217).
30
Auf alternative Erklärungen wie nachlassende Fähigkeiten bei der Informationsspeicherung und -verarbei-
tung wird in den entsprechenden Abschnitten eingegangen.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
1998
ISBN (eBook)
9783832444525
ISBN (Paperback)
9783838644523
DOI
10.3239/9783832444525
Dateigröße
4.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität des Saarlandes – unbekannt
Erscheinungsdatum
2001 (August)
Note
1,3
Schlagworte
entscheidungsverhalten handel informationsverhalten point-of-sale senioren
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