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Die Finanzkrise als Ursache der Rezession 2008/2009?

©2018 Bachelorarbeit 40 Seiten

Zusammenfassung

Gegenstand dieser Arbeit ist eine qualitative Analyse des Themenkomplexes. Der Autor beschreibt, begründet und erklärt mit deskriptiven Methoden, welche Ursachen-Wirkungs-Zusammenhänge die Finanzkrise auf die Rezession 2008/2009 hatte. Hierzu schickt der Autor eine Begriffsdefinition voraus, die für das Verständnis dieser Arbeit von Bedeutung ist. Ausgehend von dieser Begriffsdefinition wird das Aufkommen der Finanzkrise als Spekulationsblase auf dem US-amerikanischen Immobilienmarkt dargestellt. Verschiedene Aspekte und ihr Zusammenwirken werden aufgezeigt und die Ausbreitung der Krise auf die globalen Finanzmärkte und ihre Relevanz für die Rezession 2008/2009 erläutert. Anschließend werden in einem weiteren Punkt die tragenden, wirkmächtigen Akteure, von denen eine enorme Verstärkungswirkung auf das Geschehen ausging, dargestellt und es wird abgeleitet, wie sich die Finanzkrise von den USA auf die globale Finanzwelt und Weltwirtschaft ausgeweitet hat. Den Abschluss der Arbeit bildet die Beantwortung der Frage: Die Finanzkrise als Ursache der Rezession 2008/2009? Ergänzt wird diese um einen Ausblick auf die möglichen Veränderungen und Verbesserungen des Systems zum Vorbeugen und frühzeitigen Erkennen neuer schwerwiegender Finanzkrisen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis



1
1.
Einleitung
1.1.
Einführung und Aktualität des Themas
Die Rezession 2008/2009 traf die gesamte Finanzwelt und ihre Auswirkungen sind bis heute zu
spüren. Bezogen auf den Finanzsektor in der größten Volkswirtschaft der Welt, den USA
1
, erga-
ben sich im Zeitraum 2008 bis 2010 insgesamt 335 Bankinsolvenzen. Im Vergleich dazu melde-
ten im Betrachtungszeitraum 2001 bis 2007 lediglich 25 Banken Insolvenz an.
2
Die Weltfinanz-
und Wirtschaftssysteme befanden sich in einer Liquiditäts- und Vertrauenskrise. Viele Volks-
wirtschaften haben schwere Schäden genommen, weil das Produktionsniveau, die Beschäfti-
gungsraten und der Konsum gesunken sind.
Man spricht in diesem Zusammenhang von der Großen Rezession, die die größte internationale
Wirtschaftskrise seit der Großen Depression in den 1930er Jahren darstellte. Die volkswirtschaft-
lichen Schäden lassen sich gut am Beispiel der USA veranschaulichen. Die Wirtschaftsfaktoren
Produktion, Konsum, Investitionen und Beschäftigtenrate sind im Zeitraum Ende des Jahres
2007 bis drittes Quartal 2009 wesentlich stärker gesunken als die vergleichbaren Durchschnitts-
werte in vorherigen Rezessionen seit dem Jahr 1945. Das Ausmaß der Krise zeigt sich am stärks-
ten am Rückgang des Produktionsaufkommens, das um 7,2 Prozent im Betrachtungszeitraum
rückläufig gewesen ist, wohingegen es bei früheren Rezessionen ab 1945 im Schnitt um 4,4 Pro-
zent abnahm. Ähnliches gilt für den Wirtschaftsfaktor Konsum, der eine Abnahme von 5,4 Pro-
zent verglichen zu 2,1 Prozent zu verzeichnen hatte. Auch die Beschäftigungsrate reduzierte sich
im Betrachtungszeitraum mit 6,7 Prozent signifikant stärker als bei vorhergehenden Rezessionen
mit einem Rückgang von 3,8 Prozent. Ein weiterer wichtiger Aspekt war die Dauer der Rezessi-
on bis zur Erholung, also dem erneuten Erreichen des Ausgangsniveaus vor der Krise. Hier spie-
gelt sich die Schwere der Rezession ebenfalls wider. Das BIP/Kopf der USA erreichte erst 5 Jah-
re später, also Anfang 2013, das Niveau von Ende 2007 wieder.
3
Verglichen mit der Großen Depression in den Jahren 1929 bis 1933 lag das Ausmaß der Großen
Rezession allerdings deutlich darunter. Die Produktion sank damals um 36 Prozent, der Konsum
um 23 Prozent und die Beschäftigungsrate um 27 Prozent, wie in nachstehender Tabelle verglei-
chend dargestellt ist:
1
Siehe Statista (2017b).
2
Siehe Statista (2017a).
3
Siehe Christiano (2017).

2
Tabelle 1: Vergleich der drei Werte im jeweiligen Zeitraum
4
Durchschnittliche
Werte der Rezessio-
nen seit 1945
Große Rezession,
Ende 2007 bis drittes
Quartal 2009
Große
Depression,
1929 bis 1933
Produziertes Output
-4,4%
-7,2%
-36%
Konsum
-2,1%
-5,4%
-23%
Beschäftigungsrate
-3,8%
-6,7%
-27%
Ein Zusammenbrechen der internationalen Finanzsysteme konnte nur durch umfangreiches staat-
liches Eingreifen verhindert werden. Der damalige Finanzminister der USA, Henry Paulson,
stellte den amerikanischen Banken am 14. Oktober 2008 in Aussicht, dass die Regierung Eigen-
kapital in erforderlicher Höhe der Finanzwirtschaft zur Verfügung stellt, welches die Banken
aufnehmen und nutzen mussten. Folglich wurde der Staat zum Miteigentümer und beteiligte sich
an etwa 600 Banken mit einer Summe von 332,5 Milliarden US-Dollar bis Ende des Jahres 2009.
Damit hielt der Staat rund 15 Prozent Anteil am privaten US-Bankensystem. Hinzu kamen An-
teile an den gemeinwirtschaftlichen Banken wie den beiden Hypothekenbanken Fannie Mae und
Freddie Mac. Insgesamt beliefen sich die staatlichen Finanzhilfen auf Eigenkapitalhilfen von
445,1 Milliarden US-Dollar, was 19 Prozent des Eigenkapitals des gesamten US-Bankensektors
entsprach.
5
Ein massiver Vertrauenseinbruch in das generelle Marktwirtschaftssystem und die
weltweiten Finanzsysteme war die Folge. Das Marktversagen der Finanzmärkte und ihre unmit-
telbaren, nachhaltigen Auswirkungen wurden offensichtlich.
Heute, nicht einmal zehn Jahre nach der Finanzkrise, scheinen diese Fakten in Vergessenheit
geraten zu sein, denn der Präsident der USA, Donald Trump, lässt derzeit das Dodd-Frank Wall
Street Reform and Consumer Protection Act auf den Prüfstand setzen. Dieses Gesetz dient der
Finanzmarktstabilisierung in den USA und wurde als Folge der Finanzkrise 2007 entwickelt.
Wiedermal wird versucht, die Deregulierung und Lockerung der Banken- und Finanzmarktauf-
sicht zu benutzen, um wettbewerbspolitische Ziele und Vorteile für ein Land zu generieren.
6
Der
Einstieg in einen Wettbewerb um möglichst lasche ordnungspolitische Regulierungsvorgaben für
den Finanzsektor ist genau das Gegenteil von dem, was als Lehre aus der Finanzkrise 2007 ge-
zogen und umgesetzt wurde.
4
Siehe Christiano (2017).
5
Siehe Sinn (2010), S. 100-101.
6
Siehe Heltman (2017).

3
1.2.
Abgrenzung des Themas sowie Fragestellung und Aufbau der Arbeit
Der Begriff oder das Phänomen Finanzkrise ist komplex und vielschichtig und kann durch fol-
gende begriffsbestimmende Merkmale gekennzeichnet werden: Gravierende, zeitlich begrenzte
wesentliche Verschlechterung wichtiger Finanzmarktindikatoren wie Zinsen, Bonitätsbewertun-
gen, Wertpapier- und Wechselkurse. Eine spezielle Ausprägung der Finanzmarktkrise ist die
Spekulationskrise, die ,,als irrationale spekulationsorientierte Sozialdynamik mit einem hohen
Ausmaß an Mitläuferspekulation"
7
beobachtet werden kann. Die Folgen auf die Realwirtschaft
können hingegen erheblich und lang anhaltend sein und ihre Auswirkungen beeinträchtigen
sämtliche Marktteilnehmer umfassend.
8
Hinsichtlich des Begriffes Rezession beziehe ich mich auf die Definition des US National Bu-
reau of Economic Research als ein Sinken des Bruttoinlandsproduktes in zwei aufeinander fol-
genden Quartalen.
9
Mit einer Rezession gehen rückläufige Investitionen, steigende Arbeitslosig-
keit und mitunter auch fallende Preise einher.
10
Der vorliegende Sachverhalt ist nicht nur aufgrund seiner Thematik komplex, sondern auch
durch nicht eindeutig gegebene Ursache-Wirkungszusammenhänge. Was als Ursache identifi-
ziert werden kann, kann auch gleichzeitig aufgrund bestehender Interdependenzen zwischen Fi-
nanzmärkten, realen Gütermärkten, des ordnungspolitischen Rahmens und ihrer globalen zeitli-
chen und inhaltlichen Vernetzung als Wirkung betrachtet werden. Daher habe ich einen klaren
Fokus gesetzt, indem ich aus der Vielfalt an Ursachen drei relevante Kernaspekte herausgefiltert
habe, die einen hohen Einfluss und eine hohe Wirkungsmacht hatten. Verbunden mit diesen Ur-
sachen standen Akteure, eingebunden in verschiedene Corporate Governments, die durch ihr
Handeln massiv die Entwicklungen treiben und verstärken konnten.
Theoretische Modelle erheben den Anspruch, unter Annahme bestimmter Rahmenbedingungen
und Ausgangsgrößen, Prognosen des Wirtschaftsgeschehens zu ermöglichen. Trotz des Ausma-
ßes der Krise konnte der Großteil der Ökonomen die Große Rezession und die damit verbundene
Zerbrechlichkeit des globalen Finanzsystems nicht prognostizieren und abbilden, genauso wenig
wie die Dauer der sich daran anschließenden Rezession.
Gegenstand dieser Arbeit ist eine qualitative Analyse des Themenkomplexes. Ich beschreibe,
begründe und erkläre mit deskriptiven Methoden, welche Ursachen-Wirkungszusammenhänge
7
Siehe Gabler (2013c).
8
Siehe Gabler (2013c).
9
Siehe Law (2014).
10
Siehe Law (2014).

4
die Finanzkrise auf die Rezession 2008/2009 hatte. Hierzu habe ich eine Begriffsdefinition vo-
rausgeschickt, die für das Verständnis dieser Arbeit von Bedeutung ist. Ausgehend von dieser
Begriffsdefinition wurde das Aufkommen der Finanzkrise als Spekulationsblase auf dem US-
amerikanischen Immobilienmarkt dargestellt. Verschiedene Aspekte und ihr Zusammenwirken
werden aufgezeigt und die Ausbreitung der Krise auf die globalen Finanzmärkte und ihre Rele-
vanz für die Rezession 2008/2009 erläutert. Anschließend habe ich in einem weiteren Punkt die
tragenden, wirkmächtigen Akteure, von denen eine enorme Verstärkungswirkung auf das Ge-
schehen ausging, dargestellt und abgeleitet, wie sich die Finanzkrise von den USA auf die globa-
le Finanzwelt und Weltwirtschaft ausgeweitet hatte. Den Abschluss der Arbeit bildet die Beant-
wortung meiner These: Die Finanzkrise als Ursache der Rezession 2008/2009?, ergänzt um einen
Ausblick auf die, aus meiner Sicht, möglichen Veränderungen und Verbesserungen des Systems
zum Vorbeugen und frühzeitigen Erkennen neuer schwerwiegender Finanzkrisen.
Hierbei wird ersichtlich, dass es nicht eine einzelne finanzwirtschaftliche Ursache gab, durch die
die Große Rezession entstanden ist, sondern es sich vielmehr um ein Zusammenwirken verschie-
dener Aspekte und Faktoren aufeinander handelte. Jeder einzelne dieser Faktoren für sich hätte
keine Krise des oben dargestellten Ausmaßes auslösen können, weshalb ich die Entwicklung ab
Beginn der Finanzkrise in den USA bis zur letztendlichen Rezession mit einbezogen habe.

5
2.
Von der Finanzkrise zur Rezession 2008/2009
Eine systemische Betrachtung wichtiger Bestimmungsfaktoren des Finanzsektors zeigt, dass sich
gleichzeitig die dynamischen und wechselseitigen Entwicklungen im ordnungspolitischen Be-
reich, im Zinsbereich und der Preisentwicklung gegenseitig verstärkten. Es entstand eine Dyna-
mik, die zum unmittelbaren Zusammenbruch einer der weltweit größten, systemrelevanten In-
vestmentbanken führte. Daraus entwickelte sich eine Kettenreaktion mit einer Serie von Bankin-
solvenzen, die sich in einer weltumspannenden Vertrauenskrise manifestierte. Die Entwicklung
der Krise kann in verschiedene Phasen eingeteilt werden. Diese Phasen werden im folgenden
Kapitel der Arbeit beschrieben, analysiert sowie ihre Folgen dargestellt.
2.1.
Niedriges Zinsniveau der FED und steigende Immobilienpreise in den USA
Niedrige Leitzinsen führen dazu, dass Banken höhere Risiken bei der Vergabe von Krediten und
Darlehen eingehen, speziell in Verbindung mit schwachen Aufsichtsregulierungen hinsichtlich
des Kreditvergabeprozesses der Banken. Wenn die Zinsen über einen längeren Zeitraum niedrig
sind, sind die Auswirkungen nicht so stark ausgeprägt wie bei kurzfristigen Niedrigzinsen. Dies
liegt darin begründet, dass sich die Banken zum großen Teil über kurzfristige Kreditvergaben
finanzieren. Daher ist die Bereitschaft, das einzugehende Risiko zu erhöhen bei kurzzeitigen
Niedrigzinsen höher als bei Längerfristigen. Ebenso sind risikolose Geschäfte bei niedrigen Leit-
zinsen unattraktiv, da sie kaum Ertrag bringen. Folglich wandeln sich die Präferenzen der Anle-
ger und Finanzakteure am Markt weg von ertragsarmen Investitionen wie Staatsanleihen und
Festgeldeinlagen hin zu gewinnbringenden, risikoreicheren Kapitalanlagen. Ein hoher Gewinn-
anspruch, verbunden mit einem weit über dem Markt liegenden Eigenkapitalrenditeanspruch der
Kreditinstitute, führt also dazu, dass die Kreditzuteilung an Kreditnehmer mit schwacher Bonität
erstrebenswert wird.
11
Nach den Anschlägen des 11. September 2011 gerieten die USA und auch die Weltwirtschaft in
eine Rezession. Die US Notenbank reagierte daraufhin mit einer Reduzierung des Leitzinses von
6,0 Prozent Anfang 2001 zu 1,0 Prozent im Jahr 2003. Somit trat innerhalb eines kurzen Zeit-
raumes eine wesentliche Veränderung der Finanzmarkgröße Zinssatz ein. Damit war ein Bau-
stein für die Finanzkrise geschaffen. Dass die Leitzinsen nur für etwa ein Jahr so niedrig waren
und ab 2004 wieder stetig auf ein Niveau von knapp über 5,0 Prozent im Jahr 2006 anstiegen,
11
Siehe Maddaloni und Peydró (2010), S. 7-9.

6
entsprach genau dem beschriebenen Phänomen der stärkeren Ausprägung bei kurzzeitig niedri-
gen Zinsen und sorgte für gravierende Auswirkungen.
12
Diese expansive Zinspolitik führte dazu, dass die Kosten für Fremdkapital deutlich sanken und
eine höhere Verschuldung bei gegebenem Eigenkapital sich positiv auf die Eigenkapitalrendite
der Investition auswirkte. Diesen Effekt nennt man Leverage-Effekt. Er beschreibt eine Erhö-
hung der Eigenkapitalrendite durch das Steigern des Fremdkapitalanteils einer Investition.
13
Ne-
ben den professionellen Finanzmarktakteuren weiteten auch Privathaushalte den Verschuldungs-
anteil aufgrund der geringen Fremdkapitalkosten massiv aus. Die Kosten für Konsumenten- und
Immobilienkredite, in Form von Zinsen auf den genommenen Betrag, wurden geringer. Dem-
nach stiegen sowohl die Nachfrage nach Konsumgütern, die dem Käufer direkten Nutzen durch
ihren Gebrauch und Verbrauch einbrachten, wie auch die Nachfrage nach Vermögensgütern,
speziell Immobilien, die zukünftiges Einkommen generieren konnten.
Der Wert eines solchen Vermögensgutes setzt sich zusammen aus den voraussichtlichen künfti-
gen Erträgen dieser Anlage und dem verbundenen Risiko auf ausbleibende Generierung von zu-
künftigen Kapitaleinkünften. Das bedeutete, dass die Marktwerte durch Preiserhöhung stark ge-
stiegen sind, nicht jedoch ihre Fähigkeit, zukünftig einen auf diese Sachwerte bezogenen ange-
messenen Cashflow zu generieren. Dieser Cashflow war nur auskömmlich in der Niedrigzins-
phase. Insofern stieg durch das niedrige Zinsniveau die Nachfrage nach Immobilien stark an.
Die Preise erhöhten sich und führten zu erheblich gestiegenen Marktwerten einer Immobilie.
Gleichzeitig konnten die Ertragswerte und die Sachwerte einer Immobilie nur unterproportional
wachsen. Diese Differenz der Werte führte dazu, dass für die Bank ein als sicher geltender Min-
destwert nicht mehr ermittelbar war. Eine präzise Bezifferung des Vermögenswertes einer Im-
mobilie war aufgrund dieser Aspekte für jeden Investor schwierig. Zum einen durch die Erwar-
tungsbildung an den kommenden Erlös und die Höhe der geeigneten Diskontierungszinsen zur
Berücksichtigung des relativen Risikos. Des Weiteren verschärften die Charakteristika einer
Immobilie, wie ihre Langlebigkeit und ihre geringe Transaktionshäufigkeit sowie die schwache
Informationseffizienz des Marktes, die Problematik der angemessenen Wertfindung.
14
Privathaushalte investierten vermehrt in Form von Hypothekenkrediten in Immobilien, um sich
ein selbstgenutztes Eigenheim finanzieren zu können. Dies lag zum einen an den politischen
Maßnahmen, wodurch der kreditfinanzierte Erwerb von Eigenheimen gefördert wurde und zum
12
Siehe Statista (2017c).
13
Siehe Demary und Schuster (2013), S. 8-9.
14
Siehe Brauers (2011), S. 2-3.

7
anderen an den konstant steigenden Preisen von Häusern und Immobilien in den USA. Ab Ende
der 1990er Jahre nahm dieser Preisanstieg gravierend zu und trotzte selbst der Rezession, die auf
die Terroranschläge des 11. September 2001 folgte. Daraus resultierte lediglich eine kurze Stag-
nation der Immobilienwerte. So stieg der Wert des amerikanischen Home Price Index (HPI) vom
Basisjahr 2000 mit dem Index von 100 auf über 180 im Jahr 2006.
15
Innerhalb von 6 Jahren ver-
doppelten sich nahezu die Preise für Immobilien, wodurch der Anschein gestützt und begründet
wurde, dass das Investieren in Häuser und die oftmals damit verbundene Aufnahme von Kredi-
ten risikoarm bis risikolos war.
Durch die zahlreichen Privathaushalte, die sich zum kreditfinanzierten Erwerb ihres Eigenheims
entschieden hatten und Investoren, die auf einen höheren Wiederverkaufspreis hofften, war eine
starke Nachfrage gegeben, die die Preise so deutlich wie 2000 bis 2006 in die Höhe trieb. Nied-
rige Zinsen, eine erleichterte und kostengünstige Kreditaufnahme verbunden mit der Erwartung
steigender Immobilienpreise ergaben eine günstige Ausgangslage für eine Preisspekulationsblase
im Immobilienmarkt.
2.2.
Die Subprime-Kredite und Entstehung der Immobilienblase
Eine Preisspekulationsblase ist dadurch charakterisiert, dass der Preis des betroffenen Spekulati-
onsobjektes schnell stark steigt und darauf folgend wieder relativ drastisch sinkt. Dies ist dann
möglich, wenn der sich am Markt bildende Preis deutlich über dem inneren Wert des betreffen-
den Vermögensgegenstandes, beispielsweise einer Immobilie, liegt. Problematisch wird das vor-
herige Erkennen einer Preisblase dadurch, dass der einzige Unterschied zu einer wirtschaftlichen
Hochkonjunktur das nachträgliche Fallen des Preises ist.
16
Für solch einen rasanten und enormen
Preisanstieg für ein Anlagegut sind mehrere Faktoren notwendig und ausschlaggebend. Zunächst
ist es wichtig, dass ein bedeutender Anteil von Investoren die Erwartung teilt, dass das Investie-
ren in einen bestimmten Vermögenswert zukünftig profitabel ist. Dies bedeutet, dass die entspre-
chende Anlage in den nächsten Jahren einen deutlichen Wertzuwachs verzeichnet und somit eine
Generierung von Vermögen für den Investor darstellt. Ebenso wichtig ist, dass genügend Liqui-
dität vorhanden ist oder bereitgestellt wird, damit die potentiellen Anleger ihrer Annahme über
die Preisentwicklung des Spekulationsobjektes nachkommen und investieren können. Die Be-
reitstellung der erforderlichen Liquidität erfolgt beispielsweise über die expansive Geldpolitik
15
Siehe St. Louis Fed (2017).
16
Siehe Brauers (2011), S. 4.

8
der Zentralbank verbunden mit einer entsprechenden Kreditausweisung des Bankensektors an
ihre Kunden. Als expansive Geldpolitik bezeichnet man eine geldpolitische Maßnahme, wodurch
die Geldmenge ausgeweitet wird.
17
Dies wird mithilfe des wichtigsten Instruments der Geldpolitik erzielt, mit dem Leitzins. Eine
Ausweitung der Geldmenge wird erreicht, wenn der Leitzins gesenkt wird. Zum einen bewirken
sinkende Leitzinsen, dass die Investitionen zunehmen, da das Sparen, also das Anlegen von Ka-
pital, relativ unattraktiver wird. Gleichzeitig werden Kredite relativ billiger und damit einherge-
hend die Kreditaufnahme attraktiver. Beide Faktoren, die Annahme des Marktes auf weiterhin
steigende Immobilienpreise und die günstiger gewordene Kreditaufnahme bewirken, dass die
Nachfrage nach Immobilien seitens der Privathaushalte und Investoren größer wird. Steigende
Immobilienpreise und damit verbundene Wertzuwächse generieren aus sich selbst heraus wiede-
rum Beleihungs- und Besicherungspotenzial für die kreditgebenden Banken, insofern die
Grundsätze und Beleihungsrichtlinien für die Vergabe von Krediten nicht angepasst werden.
Eine starke Kreditausweitung ist die Folge.
Eine tragende Rolle in diesem Zusammenhang spielt das erhöhte Aufkommen sogenannter Sub-
prime-Kredite. Subprime bedeutet, dass es sich um einen zweitklassigen Kredit handelt, also
einen Kreditnehmer mit schlechter und nicht ausreichender Bonität. Die Einstufung einer damit
verbundenen Subprime-Hypothek erfolgt, wenn der Kreditnehmer Leistungsstörungen seines
Kapitaldienstes hat. Oft weisen diese Kredite eine hohe Diskrepanz zwischen Kreditsumme und
Wert der Immobilie auf.
18
Dieser zunehmende Trend wurde begünstigt durch die Annahme, dass
die Häuserpreise generell steigen und die Kreditnehmer bei Ausfall der Zahlungsfähigkeit die
Immobilie als Sicherheit für die Bank stellen konnten. Somit sahen die Banken selbst bei der
Vergabe von Hypothekenkrediten an Kreditnehmer mit schlechter Bonität nur sehr geringer Ri-
siken, weil das Objekt als Sicherheit jederzeit die Kreditrückführung und die Bedienung des Ka-
pitaldienstes gewährleisten sollte. Damit zusammenhängend wurde die Unterlegung der Investi-
tion mit Eigenkapital als Risikoträger nicht mehr oder in zu geringem Umfang für eine Hypothe-
kenfinanzierung eingefordert.
19
Die Haftungskette für den Kredit wurde lediglich auf die Wert-
entwicklung der Immobilie abgestellt ­ mit der Annahme jederzeitiger Veräußerung ­ und nicht
auf die Kapitaldienstfähigkeit des Schuldners.
17
Siehe Petersen (2012), S. 315-317.
18
Siehe Gabler (2013d).
19
Siehe Brunnermeier (2009), S. 82.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2018
ISBN (PDF)
9783961162291
ISBN (Paperback)
9783961167296
Dateigröße
404 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg – Wirtschaftswissenschaften
Erscheinungsdatum
2018 (April)
Note
1,3
Schlagworte
Spekulation Spekulationsblase Immobilien Immobilienmarkt Krise Finanzmarkt Finanzbranche
Produktsicherheit
Diplom.de
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