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Effiziente Kapitalmärkte. Paradigma und kritische Analyse dieser Hypothese

©2016 Seminararbeit 20 Seiten

Zusammenfassung

Ziel dieser Seminararbeit ist die Darstellung und kritische Würdigung der Efficient Market Hypothesis (EMH). Dazu wird zunächst die Hypothese sowohl inhaltlich erläutert als auch formal-mathematisch definiert und anschließend der Entwicklungsprozess der EMH näher beleuchtet. Die EMH steht in enger Verbindung mit der These des Random Walk4 (dem Zufallsverlauf von Aktienkursen) und wird mit der Erklärung des stochastischen Prozesses namens Martingal der weiteren Erläuterung der drei Effizienzstufen der
EMH vorangestellt. Danach werden einige wesentliche empirische Studien zu den drei jeweiligen Effizienzstufen der EMH vorgestellt und erläutert. Im Anschluss daran werden zwei prominente Probleme der EMH aufgegriffen und verdeutlicht. Im abschließenden Kapitel werden die vorangegangenen Ergebnisse nochmals kurz aufgegriffen und kritisch reflektiert.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


II
Abkürzungs- und Symbolverzeichnis
CAPM
Capital Asset Pricing Model
EMH
Efficient Market Hypothesis
RWT
Random Walk Theory
engl.
englisch
Mathematische Symbole:
j Aktie
t Zeitpunkt
r Rendite
P Preis
Information
E()
Erwartungswert
~
Tilde als Ausdruck für Unsicherheit
{
t
}
Informationssequenz
Zufallsterm
II

III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
Stufen der Markteffizienz...6
Abbildung 2:
Kursreaktion bei Aktiensplit...10
III

1
1. Einleitung
Am 15. September des Jahres 2008 meldete die US-amerikanische
Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz an. Dieses Ereignis markierte
einen Höhepunkt in der seit 2007 schwelenden Finanzmarktkrise.
1
Der
daraufhin folgende wirtschaftliche Abschwung und das chaotische Treiben
an den globalen Finanzmärkten zog eine Fülle von Anschuldigungen nach
sich. Auf der Suche nach dem Urspung für diese Krise rückte auch die
Hypothese der effizienten Märkte (engl. Efficient Market Hypothesis, kurz
EMH) in den Fokus der allgemeinen Ursachenforschung.
2
Diese
Hypothese besagt in ihrer allgemeinen Form, dass Wertpapierpreise zu
jeder Zeit alle verfügbaren Informationen vollumfänglich widerspiegeln.
3
Ziel dieser Seminararbeit ist die Darstellung und kritische Würdigung der
EMH. Dazu wird zunächst in Kapitel zwei die Hypothese sowohl inhaltlich
erläutert als auch formal-mathematisch definiert und anschliessend der
Entwicklungsprozess der EMH näher beleuchtet. Die EMH steht in enger
Verbindung mit der These des Random Walk
4
(dem Zufallsverlauf von
Aktienkursen) und wird mit der Erklärung des stochastischen Prozesses
namens Martingal der weiteren Erläuterung der drei Effizienzstufen der
EMH vorangestellt. Danach werden in Kapitel drei einige wesentliche
empirische Studien zu den drei jeweiligen Effizienzstufen der EMH vorge-
stellt und erläutert. Im Anschluss daran werden zwei prominente Probleme
der EMH aufgegriffen und verdeutlicht. Im abschließenden letzten Kapitel
vier werden die vorangegangenen Ergebnisse nochmals kurz aufgegriffen
und kritisch reflektiert.
1
Vgl.
Wiggins et al. (2014), S. 2.
2
Vgl.
Ball (2009), S. 8.
3
Vgl. hierzu Kapitel 2.
4
Vgl.
Malkiel (2003), S. 59.
1

2
2. Efficient Market Hypothesis (EMH)
2.1. Allgemeine Definition
Die EMH besagt, dass Wertpapierpreise stets alle verfügbaren
Informationen in vollem Umfang widerspiegeln.
5
Diese Definition stammt
von dem US-amerikanischen Ökonomen Eugene Fama. Formal lässt sich
dies wie folgt darstellen:
E(~P
j,t+1
|
j,t
) = P
j,t
(1+E(~r
j,t+1
|
j,t
))
Der Erwartungswert des unsicheren Preises ~P (mit Tilde versehen) eines
Wertpapiers j zum Zeitpunkt t+1, bei Vorliegen des Informationssystems
j
zum gegenwärtigen Zeitpunkt t gleich dem mit der Erwartungsrendite
E(~r
j,t+1
|
j,t
) multiplizierten heutigen Preis P
t
des Werpapiers j. Die Höhe
der erwarteten Rendite ist abhängig von dem jeweils angewendeten
Bewertungsmodell (beispielsweise dem Capital Asset Pricing Model, kurz
CAPM).
6
Ist dieser Zusammenhang am Markt gegeben, so kann kein Investor
davon ausgehen, falls seine Entscheidungen auf Basis des In-
formationssystems
j,t
beruhen, überdurchschnittliche systematische
Handelsgewinne zu erzielen.
7
Diese Eigenschaft eines informations-
effizienten Marktes wird auch als Fair Game bezeichnet.
8
Dieser allge-
meinen Definition des effizienten Marktes wurde nach ihrer Ver-
öffentlichung in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts allerdings auch
vorgeworfen, dass sie ein tautologisches Gebilde sei.
9
Dies führte in der
Folgezeit zu einigen weiteren ergänzenden Definitionen und
Präzisierungen. Beispielsweise variierte Malkiel die allgemeine Definition
Famas, indem er effiziente Finanzmärkte in der Gestalt beschrieb, dass
sie keinem Investor die Möglichkeit bieten überdurchschnittliche Renditen
5
Vgl.
Fama (1970), S. 383.
6
Vgl. ebd., S. 384.
7
Vgl.
Jensen (1978), S. 96.
8
Vgl.
Fama (1970), S. 385.
9
Vgl.
LeRoy (1976), S. 139.
2

3
zu erzielen, sofern keine überdurchschnittlichen Risiken eingegangen
werden.
10
2.2. Entwicklungsprozess
Die Entwicklungsgeschichte der EMH reicht weit bis ins vorige Jahr-
hundert zurück. Der französische Mathematiker Louis Bachelier hat in
seiner Dissertation mit dem Titel ,,Théorie de la Spéculation"
11
aus dem
Jahre 1900 erstmalig Preisbewegungen von Wertpapieren analysiert. Er
untersuchte damalige Terminkurse für Staatspapiere an der Pariser Börse
und konnte eine Zufallsbewegung der Wertpapierpreise feststellen, den
sogenannten Random Walk. Diese Eigenschaft unterbinde systematische
Spekulationsgewinne. Heute ist bekannt, dass diesem Prinzip der
stochastische Prozess des Martingal zugrunde liegt.
12
Mit seiner Arbeit gilt
Bachelier als Begründer der Theorie des Random Walk und war Vorreiter
empirischer Kapitalmarktstudien.
13
In den 1930er Jahren untersuchten Cowles und Jones serielle Preis-
änderungen von Wertpapieren und zeigten, dass die Jahresrenditen für
Aktien und sonstige Finanzinstrumente seriell unkorreliert sind.
14
Den theoretischen Rahmen für die EMH lieferte 1945 ein Aufsatz des
österreichischen Ökonomen und Philosophen Hayek, worin er die
Informationseffizienz eines freien Marktes beschrieb.
15
Über die
Marktpreise ist es den Marktteilnehmern möglich, Bedürfnisse zu
signalisieren und sich über Knappheiten etc. zu informieren.
Wichtige Beiträge zur EMH kamen in der Folgezeit noch von Mandelbrot
und vor allem von Samuelson. Mitte der 1960er Jahre untersuchten sie die
Preisstruktur von Future Kontrakten. Sie konnten zeigen, dass die zu
erwartenden Preiseänderungen von Periode zu Periode Null betragen,
10
Vgl. Malkiel (2003), S. 60.
11
Vgl. Bachelier (1900), S. 21-86.
12
Vgl. Fama (1970), S. 389.
13
Vgl. Schredelseker (2002), S. 407 f.
14
Vgl. Cowles/Jones (1937), S. 280-294.
15
Vgl. Hayek (1945), S. 519-530.
3

4
hinsichtlich der Informationssequenz {
t
} einem Martingal folgen und
tatsächliche Preisänderungen einem Fair Game entsprachen.
16
17
2.3. Random Walk Theorie (RWT) und Martingal
Wie bereits erwähnt besteht ein grundlegender Zusammenhang zwischen
der EMH und der RWT. Die RWT besagt, dass serielle Preisänderungen
(oder allgemeine Wertänderungen) statistisch voneinander unabhängig
sind und deshalb in ihrer Darstellung einer zufällig generierten Zahlenreihe
gleichkommen.
18
Dies lässt sich formal wie folgt darstellen:
P
t+1
= P
t
+
t
oder E[ P
t+1
] = P
t
Der zukünftige Preis P
t+1
eines Wertpapiers entspricht dem heutigen Preis
P
t
zuzüglich eines Zufallsterms
t
.
Je nach Annahme des Zufallsterms
t
können verschiedene Varianten der RWT formuliert werden. Bei der
strengen Form des Random Walk ist der Zufallsterm normalverteilt,
unabhängig von den Vorkursen und hat einen Erwartungswert von Null.
Das Martingal-Modell unterstellt nur einen Erwartungswert von Null, ohne
Annahme der Gesamtverteilung. Die Variante bei der ein positiver
Erwartungswert (Aktienrenditen durch steigende Kurse) angenommen
wird, bezeichnet man als Submartingal-Modell oder Random-Walk mit
Drift. Formal darstellbar wie folgt:
P
t+1
= P
t
+
t
mit E(
t
) > 0
somit: E[P
t+1
] > P
t
Der erwartete zukünftige Preis E[P
t+1
]
eines Wertpapiers liegt bei
Verwendung des Submartingal-Modells über dem heutigen Preis P
t
.
Der nun schon häufiger verwendete Begriff des Martingal bezeichnet
einen stochastischen Prozess in der Wahrscheinlichkeitstheorie. Ist der
16
Vgl. Mandelbrot, B. (1966), S. 242-255.
17
Vgl. Samuelson, P. (1965), S. 41-49.
18
Vgl. hierzu und für nachfolgende Ausführungen Schredelseker (2002), S. 408 ff.
4

5
bedingte Erwartungswert einer Variablen gleich dem Wert der vorigen
Variablen einer Abfolge von beobachtbaren Werten, so wird dies als
Martingal bezeichnet. Ist ein positiver Erwartungswert zu beobachten,
nennt man dies ein Submartingal. Analog gilt, ist der Erwartungswert
negativ, nennt man dies Supermartingal.
19
Die RWT wurde u. a. auch von Fama einer Vielzahl unterschiedlicher
Testverfahren unterzogen, wobei er eine grosse Bestätigung der RWT in
seiner Arbeit von 1965 bekräftigte, gleichwohl aber anmerkte, dass sich
auch immer Testverfahren fänden, die im Widerspruch dazu ständen.
20
2.4. Stufen der EMH
Da die allgemeine Definition der EMH ein gänzliches Widerspiegeln aller
verfügbaren Informationen unterstellt, unterteilte Fama die allgemeine
EMH anhand ihrer Informationsverfügbarkeit in drei Stufen
21
, wobei die
jeweils höhere Stufe der Effizienzannahme die vorhergehende einschließt.
Man unterscheidet zwischen strenger, mittelstrenger und schwacher
Markteffizienz.
Fama modifizierte seine auf Harry Roberts
22
zurückgehende Einteilung der
EMH in drei Effizienzstufen in einer später veröffentlichten Arbeit
23
und
benannte die Bereiche im Hinblick auf die jeweils zu testenden Eigen-
schaften der Effizienzstufen: Kursprognosen anstatt schwacher Markt-
effizienz, Ereignisstudien (engl. event studies) anstatt mittelstrenger
Markteffizienz und Tests privater Information anstatt strenger Markt-
effizienz. In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur findet sich trotz
dieser namentlichen Präzisierung meist die ursprüngliche Einteilung.
19
Vgl. Bauer (2002), S. 115 ff.
20
Vgl. Fama (1965), S. 98.
21
Vgl. hierzu und für nachfolgende Ausführungen Fama (1970), S. 383.
22
Vgl.
Anmerkung in Fama (1970), S. 383.
23
Vgl. hierzu Fama (1991), S. 1576 f.
5

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2016
ISBN (PDF)
9783961162116
Dateigröße
824 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
FernUniversität Hagen – Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Investitionstheorie und Unternehmensbewertung
Erscheinungsdatum
2018 (Januar)
Note
1,7
Schlagworte
Efficient Market Hypothesis Markteffizienz Fama EMH Random Walk Aktien Kapitalmarkt effiziente Kapitalmärkte
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