„Ene, meine, muh, und raus bist Du?“
Probleme teilhabeorientierter integrierter Versorgung von Personen mit der Doppeldiagnose Psychose und Sucht
©2017
Bachelorarbeit
92 Seiten
Zusammenfassung
Mit Fokus auf die Personen mit der Doppeldiagnose Psychose und Sucht wurde in dieser Arbeit untersucht, welche Herausforderungen für diese Personen bestehen, sich im Rahmen des deutschen Versorgungssystems zu bewegen und dort einen Platz für sich zu finden. Es werden bestehende Hilfsangebote, Leistungs- und Versorgungsstrukturen bezüglich der Behandlung von und des Umgangs mit Personen mit der Doppeldiagnose näher betrachtet.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
7 Besondere Versorgungsprobleme und Bedarfe der Klientel ... 50
8 Möglichkeiten teilhabeorientierter und integrierter Versorgung ... 53
8.1 S3-Leitlinie Psychosoziale Therapien bei schweren
psychischen Erkrankungen ... 54
8.2 Psychiatrische Versorgungsansätze ... 56
8.2.1
Assertive Community Treatment (ACT) ... 57
8.2.2
Home Treatment (HT) ... 60
8.2.3
Need-Adapted Treatment (NAT) ... 62
8.2.4
Stationsäquivalente Behandlung ... 65
8.3 Zusammenfassung der integrierten Versorgungsansätze ... 66
9 Das Konzept Gemeindepsychiatrischer Verbund (GPV) unter
Einbeziehung der Integrierten Versorgung (IV) ... 68
9.1 Gemeindepsychiatrischer Verbund (GPV) ... 68
9.2 Die integrierte Versorgung (IV) ... 69
9.3 Exemplarisches Beispiel: Das NetzWerk psychische
Gesundheit (NWpG) ... 72
10 Schlussbetrachtung ... 74
10.1 Beantwortung der Fragestellungen ... 74
10.2 Ausblick ... 79
10.3 Persönliches Resümee ... 80
Literaturverzeichnis... 82
Verzeichnis der Internetquellen ... 89
Abkürzungsverzeichnis
ACT ... Assertive Community Treatment
ALV ...Ambulanter Leistungsverbund
APA ... American Psychiatric Assoziation
BTHG ... Bundesteilhabegesetz
CM ... Case Management
CMHT ... Community Mental Health Treatment
DD ... Doppeldiagnose
DGPPN...Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und
Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde
DGSP ... Die Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V.
DIMDI ... Deutsches Institut für Dokumentation und Information
DSM-IV ... Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, IV. Ausgabe
ECA ... Epidemiologic Catchment Area Study
EU ... Europäische Union
GKV ...Gesetzliche Krankenversicherung
GMK ... Gesundheitsministerkonferenz
GPV ... Gemeindepsychiatrischer Verbund
GPZ ... Gemeindepsychiatrisches Zentrum
HT... Home Treatment
ICD-10... International Statistical Classification of Diseases and Related
Health Problems, 10. Ausgabe
ICF... Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit,
Behinderung und Gesundheit
IV... ............................................................................... Integrierte Versorgung
KHG... Krankenhausfinanzierungsgesetz
LVR ... Landschaftsverband Rheinland
M-CIDI ... Münchener Composite International Diagnostic Interview
MDK ... Medizinischer Dienst der Krankenversicherung
Mio ... Millionen
NAT ... Need-Adapted Treatment
NCS... National Comorbidity Survey
NICE ... National Institute for Health and Clinical Excellence
NWpG... NetzWerk psychische Gesundheit
PIA... Psychiatrische Institutsambulanz
PKV ... Private Krankenversicherung
PsychVVG ... Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen
RBEG ... Regelbedarfsermittlungsgesetz
SGB ... Sozialgesetzbuch
SPDi ... Sozialpsychiatrischer Dienst
TK ... Techniker Krankenkasse
UN-BRK... Vereinte Nationen (United Nations) - Behindertenrechtskonvention
WfbM ... Werkstätten für behinderte Menschen
WHO ... Weltgesundheitsoragnisation
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Differenzialdiagnose von Doppeldiagnose vs. Substanzintoxikation,
Substanzentzug oder Substanzinduzierte Psychische
Störung (Moggi/Donati 2004, S. 17) ... 11
Abbildung 2: Lebenszeitprävalenz von psychischen und Substanzstörungen
in einer repräsentativen US-Bevölkerungsstichprobe
(Moggi/Donati 2004, S. 9) ... 20
Abbildung 3: Prozentuale Verteilung substanzspezifischer Präferenzen innerhalb
der Gruppe der Patienten mit der Doppeldiagnose Schizophrenie
und schädlicher Gebrauch/ Abhängigkeit (DD-Patienten; gesamt
n= 686) (Schnell et al. 2010, S. 324) ... 23
Abbildung 4: Darstellung ambulanter gemeindepsychiatrischer Ansätze (mod.
Nach Becker et al. 2008, S.133, in DGPPN 2013, S.35) ... 56
Abbildung 5: Modell der künftigen psychiatrischen Versorgung (Faulbaum-
Decke et al. 2012, S. 59, nach Dachverband
Gemeindepsychiatrie 2009). ... 71
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Effekte von Akutbehandlung im häuslichen Umfeld auf
verschiedene Zielgrößen (Gühne et al. 2011, S. 166). ... 61
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die mich während
der Anfertigung meine Bachelorarbeit unterstützt und motiviert haben.
Zuerst gebührt mein Dank Herrn Prof. Dr. Brückner, der meine Bachelorarbeit
betreut und begutachtet hat. Für die hilfreichen Anregungen und die konstruktive
Kritik bei der Erstellung dieser Arbeit und seine schnellen Rückmeldungen auf
meine E-Mails möchte ich mich herzlich bedanken.
Ebenfalls möchte ich mich bei meinem Partner Arne bedanken, für sein Ver-
ständnis, die Ermutigungen und die große Geduld, die er während des Entste-
hungsprozesses dieser Arbeit für mich hatte.
Weiterhin bedanke ich mich bei Anita, die viele Stunden in das Korrekturlesen
meiner Arbeit investiert hat und die ein unschlagbarer "Mental-Coach" war.
Abschließend gilt mein Dank meiner Mutter Stephanie und meinem Stiefvater
Oliver, die mir während der Dauer meines gesamten Studiums staken emotiona-
len Rückhalt gaben und stets ein offenes Ohr für mich hatten.
Vor allem meiner Mutter möchte ich hiermit noch einmal meinen besonderen
Dank aussprechen, da sie mich unterstützt hat wo sie nur konnte. Ohne Dich
wäre ich nicht bis hierhin gekommen!
,,Um glücklich zu sein braucht man nicht viel, man braucht nur die wichtigsten
Menschen an seiner Seite"
(Verfasser unbekannt)
Sophie Whitfield (Kleve, 18.10.2017)
7
1 Einleitung
Als ich zu Beginn meines Studiums eine Anstellung als studentische Hilfskraft
suchte, hatte ich das Glück, eine Stelle als Ergänzungskraft in dem Wohnver-
bund der Alexianer Krefeld GmbH im Bereich des ambulant betreuten Woh-
nens für chronisch psychisch erkrankte Personen zu finden.
Während dieser Arbeit und auch während meines Praxissemesters, das ich
innerhalb des Wohnverbundes in einer stationären Wohneinrichtung für Per-
sonen mit der Doppeldiagnose psychische Störung und Abhängigkeitsstörung
absolvierte, wurde ich mit der schwierigen Situation dieser Klientel konfron-
tiert. Da man mir anbot, auch nach dem Praktikum weiter in dieser Wohnein-
richtung zu arbeiten, beschäftigte mich diese Thematik nicht nur mit Blick auf
die Betroffenen, sondern auch auf die Sozialarbeit betreffenden, psychologi-
schen und gesellschaftspolitischen Aspekte der Doppeldiagnose (DD).
Während meiner Tätigkeit wurde mir von Betroffenen oft erzählt, in welchen
Hilfssystemen sie schon waren und welche Behandlungs- und Unterstüt-
zungsangebote sie schon durchlaufen hatten. Dabei fiel mir auf, dass sich die
Betroffenen oft in den Hilfssystemen Psychiatrie, Suchthilfe und Wohnungslo-
senhilfe bewegten, aber nirgendwo die passende Hilfe bekamen, die sie für
ihre komplexe Erkrankung benötigten.
Auch innerhalb der jeweiligen Systeme konnten sich viele nicht zurechtfinden
oder hatten Probleme bei Übergängen von stationären zu ambulanten Hilfen.
Des Weiteren beklagten sich viele über die soziale und gesellschaftliche Isola-
tion, da sie durch das Leben in einer stationären Wohngruppe nicht am ,,nor-
malen" Leben teilnehmen und sich hauptsächlich im Kreis anderer psychisch
erkrankter Personen bewegen. Kaum vorhandene Sozialkontakte und seltene
Besuche bei/von der Familie sowie die gesellschaftliche Ausgrenzung tragen
dazu bei, dass die Betroffenen in ihren ,,Sonderwelten" verbleiben. Dies regte
mich an, einen genaueren Blick auf die Schwierigkeiten dieser speziellen Kli-
entel zu werfen. Ich entschloss mich, meine Bachelorarbeit diesem Thema zu
widmen.
Mit Fokus auf die Personen mit der Doppeldiagnose Psychose und Sucht
werde ich in dieser Arbeit untersuchen, welche Herausforderungen für diese
Personen bestehen, sich im Rahmen des deutschen Versorgungssystems zu
bewegen und dort einen Platz für sich zu finden. Ich werde bestehende Hilfs-
angebote, Leistungs- und Versorgungsstrukturen bezüglich der Behandlung
von und des Umgangs mit Personen mit der Doppeldiagnose näher betrach-
ten. Des Weiteren möchte ich herausfinden, ob eine teilhabeorientierte und
den individuellen Bedürfnissen angepasste Behandlung umzusetzen ist, die
auch das soziale Netz mit einbezieht.
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Aus dieser Ausgangslage heraus entwickelten sich folgende Fragestellungen:
· Welche Probleme schränken die Teilhabe von Personen mit einer
Doppeldiagnose ein?
· An welchen Stellen stellt das psychiatrische Versorgungssystem die
Betroffenen vor Schwierigkeiten?
· Welche Möglichkeiten bietet das psychiatrische Versorgungssystem,
um die Versorgung dieser Klientel zu gewährleisten?
· Welche besonderen Herausforderungen stellen die Betroffenen für das
aktuelle Versorgungssystem dar?
Mit der Psychiatrie-Enquête, die 1969 von der Bundesregierung in Auftrag
gegeben wurde, und dem Abschlussbericht, der die verheerende Situation
psychisch kranker Personen aufzeigte (vgl. Mattner 2000, S. 84), wurde deut-
lich, dass eine umfassende Reform notwendig war. Diese Reform beinhaltete,
den Empfehlungen der Psychiatrie-Enquête von 1975 folgend, den Aufbau
eines gemeindepsychiatrischen Systems mit betreuten Wohnformen in einem
gemeindenahen Umfeld.
Im Verlauf der Umsetzung stellte sich jedoch heraus, dass die fehlende Koor-
dination der beteiligten Initiativen, Vereine und Einrichtungen, die jeweils nach
eigenen Vorgaben und Konzepten verfahren, zunehmend zu einem Problem
für psychisch kranke Personen wurde. Versorgungsstrukturelle Mängel und
zum Teil unzureichendes Case Management machten es sowohl den von ei-
ner Doppeldiagnose betroffenen Personen als auch ihren Angehörigen so gut
wie unmöglich, sich im ,,Versorgungsdschungel" zurechtzufinden.
Dieser Missstand konnte auch mittels eines Modellprogramms der Bundesre-
gierung, welches 1979 initiiert wurde, um ein tragendes gemeindepsychiatri-
sches Versorgungsnetz aufzubauen, nicht behoben werden.
Trotz fortgesetzter Anstrengungen einzelner Bundesländer war es bis heute
nicht möglich, einheitliche Standards zu entwickeln. Personen mit einer Dop-
peldiagnose werden in die bereits existierenden Hilfesysteme inkludiert, an-
statt dringend nötige integrative Behandlungs- und Betreuungsangebote zu
schaffen. Auch das Bundesteilhabegesetz, welches aus den UN-Behinderte-
nrechtskonventionen entstand und sowohl vom Bundestag als auch vom Bun-
desrat verabschiedet wurde, wies im Entwurf vor allem in Bezug auf psychisch
und suchterkrankte Personen erhebliche Mängel auf (vgl. Bundesverband
evangelische Behindertenhilfe e.V. 2015, S. 3). Durch breite Interventionen
von Verbänden, Selbsthilfegruppen und leistungserbringenden Institutionen,
wurden diese Mängel zum Teil behoben oder unter den Vorbehalt einer Evalu-
ierung gestellt. Das Bundesteilhabegesetz umfasst vier Reformschritte, die im
9
Zeitraum 2017 bis 2023 in Kraft treten. Der erste Reformschritt hat seit Anfang
2017 Gültigkeit.
Obwohl durch Anpassungen in der Gesetzgebung durchaus Erfolge in der
Eingliederung, gesellschaftlichen Teilhabe und der Versorgung psychisch und
suchterkrankter Personen zu verzeichnen sind, ,,sind Personen mit sogenann-
ter Doppeldiagnose, also Personen mit psychischer und Suchterkrankung in
besonderer Weise von Unter- und Fehlversorgung sowie sozialer Exklusion
betroffen" (Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V. 2015, S. 5).
Zur Einführung in die Thematik werden zuerst grundlegende Begrifflichkeiten in
Bezug auf die Erkrankung Komorbidität, mit Fokus auf die Schizophrenie und
Substanzstörungen und die einzelnen Störungsbilder erläutert. Im Folgenden
wird auf den besonderen Verlauf der beiden Störungsbilder eingegangen. Die
Epidemiologie und Prävalenz werden anschließend aufgeführt. Im weiteren Ver-
lauf werden die Auswirkungen der Erkrankung auf die Lebenssituation der Be-
troffenen betrachtet und die gesellschaftlichen und sozialen Probleme dargestellt.
Das folgende Kapitel befasst sich mit dem Aufbau der Versorgungstrukturen,
unter besonderer Beachtung des psychiatrischen Versorgungssystems. Darauf
aufbauend werden die rechtlichen Rahmenbedingungen erläutert, die zugleich
die Verantwortungsbereiche der unterschiedlichen Gesetzte innerhalb der psy-
chiatrischen Versorgung abbilden. Danach werden die speziellen Bedarfe und
die damit zusammenhängenden Anforderungen an das Versorgungssystem be-
schrieben. Nachfolgend werden ausgewählte Versorgungsansätze mit Blick auf
die Zielgruppe vorgestellt. Im letzten Teil wird auf die Weiterentwicklung gemein-
depsychiatrischer Versorgungsformen eingegangen, um herauszufinden inwie-
fern diese einen Einfluss auf die Situation der Betroffenen haben könnten. Der
Schlussteil wird sich mit der Beantwortung der Eingangs gestellten Fragen be-
schäftigen und einen Ausblick gewähren.
10
2 Bedeutung der Doppeldiagnose Psychose und Sucht
2.1 Komorbidität/Doppeldiagnose
Komorbidität
Für den Begriff Komorbidität gibt es unterschiedliche Definitionen. Am häu-
figsten wird dieser im Bereich der Psychiatrie und der Suchthilfe bei paralle-
lem Auftreten von Psychose und Sucht verwendet.
Bei der Komorbidität tritt zusätzlich zu einer Grunderkrankung eine weitere
Erkrankung, auch ,,Begleiterkrankung" genannt, auf. Diese kann eine Abhän-
gigkeit sein, eine psychische Störung oder somatische Erkrankung (vgl. Barth
2011, S. 90 f.). Zaudig definiert die Komorbidität ,,als das Auftreten von mehr
als einer spezifisch diagnostizierbaren psychischen Störung bei einer Person
in einem definierten Zeitintervall." Des Weiteren bezeichnet er das gemein-
same Erscheinen unterschiedlicher psychischer Störungsbilder mit somati-
schen Erkrankungen als Multimorbidität (vgl. Zaudig 2006, S. 395).
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert die Komorbidität jedoch als
,,das gleichzeitige Auftreten einer substanzbedingten und mindestens einer
weiteren psychischen Störung" (Ridinger-Johann et al. 2014, zit. n. WHO
1995, S. 4) und setzt somit die Doppeldiagnose und die Komorbidität gleich.
Im Verlauf der Arbeit wird sowohl der Begriff der Komorbidität als auch der
Begriff der Doppeldiagnose synonym, wie in der WHO definiert, benutzt.
Doppeldiagnose
Die Doppeldiagnose (engl. dual diagnosis) ist ein Spezialfall von Komorbidität.
Der Begriff der Doppeldiagnose wurde in den 80er Jahren geprägt, als er für
Personen verwendet wurde, die eine geistige Behinderung hatten und parallel
an einer psychischen Störung erkrankt waren. Seit Ende der 80er Jahre wird
der Begriff jedoch auch für das Auftreten einer Substanzstörung in Kombinati-
on mit einer anderen psychischen Störung benutzt. Es ist notwendig zu be-
achten, dass beim Gebrauch des Begriffs Doppeldiagnose die dazukommen-
de psychische Störung getrennt von dem Gebrauch psychotroper Substanzen
diagnostiziert wird. Der Substanzgebrauch kann allenfalls die psychische Stö-
rung wiederholt hervorrufen oder verschlechtern. Des Weiteren existiert eine
Differenzierung der substanzinduzierten psychischen Störung und der nicht-
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12
2.2 Psychose und Sucht
Psychose
Mit dem Überbegriff Psychose werden schwere seelische Störungsbilder be-
zeichnet, die nicht aus eigener Kraft verarbeitet werden können. Hierbei sind
die Ich-Funktionen, die Affektwahrnehmung, die Antizipation, die Sinneswahr-
nehmungen, das Wollen und das Fühlen stark beeinträchtigt. In einer akuten
Psychose kommt es vorübergehend zu einem zweigeteilten Erleben der Wirk-
lichkeit. Die Betroffenen haben auf der einen Seite die gleiche Wahrnehmung
ihrer Umgebung wie Andere und erleben parallel eine zweite, eigene Wirklich-
keit, die nur sie wahrnehmen. Dies ist vor allem bei den Psychosen aus dem
schizophrenen Formenkreis zu beobachten.
Der Ausbruch einer Psychose kann verschiedene Ursachen haben. Circa 1%
der Weltbevölkerung ist psychosefähig (vgl. Bäuml et al. 2014, S. 30). Diese
Personen weisen im Laufe ihres Lebens eine höhere Verletzlichkeit auf, zu
erkranken. Zu dieser höheren Verletzlichkeit, auch Vulnerabilität genannt,
tragen genetische oder körperliche Faktoren (z.B. schwere Erkrankungen in
der Kindheit, Drogenkonsum) sowie psychosoziale Probleme und seelische
Belastungen bei.
Auslöser für Psychosen sind häufig äußere Stressoren, wie Prüfungen,
Schicksalsschläge, andauernder Stress, Lebensveränderungen und Krankhei-
ten (vgl. Bäuml et al. 2014, S. 21).
Medizinisch gesehen gibt es zwei Untergruppen, in welche die Psychose auf-
geteilt wird.
Die erste Gruppe sind die exogenen Psychosen (,,exo = von außen; -gen =
etwas hervorbringen"), die durch organische Veränderungen im Gehirn ent-
stehen (vgl. Bäuml et al. 2014, S. 10). Dies können Hirnschädigungen, Stoff-
wechselveränderungen oder Vergiftungen sein.
Die endogenen Psychosen (,,endo = von innen") zeigen nur winzige Anoma-
lien in der Nervenfaserstruktur auf, welche den Nervenstoffwechsel beeinflus-
sen können (vgl. Bäuml et al. 2014, S. 10). Die Ursachen und Faktoren, die
dazu führen, sind bis heute noch nicht genau erforscht. Die endogenen Psy-
chosen unterteilen sich in zwei Erkrankungsgruppen, wobei diese beiden auch
in einer Kombination vorkommen, sodass jene als dritte Erkrankungsgruppe
genannt werden kann.
· Affektive Psychosen (,,affectus, lat.: Gemütszustand, Erregung") sind
Störungen, welche hauptsächlich das Gefühlsleben und den Antrieb
beeinflussen (vgl. Bäuml et al. 2014, S. 10). Unter die affektiven Psy-
13
chosen fallen Erkrankungen wie bipolare Störungen, unipolare De-
pressionen und Manie (vgl. Bäuml et al. 2014, S. 33).
· Schizophrene Psychosen sind durch die Plus- und Minus-Symptomatik
geprägt. In der Plus-Symptomatik entstehen zusätzliche Empfindungen
oder Wahrnehmungen, welche eine eigene Wirklichkeit kreieren. In der
Minus-Symptomatik verliert man an etwas, wie z.B. Antrieb oder positi-
ve Gefühle (vgl. Bäuml et al. 2014, S. 10). Schizophrene Psychosen
beeinträchtigen die Gefühle (Ambivalenz, inadäquate Gefühle, De-
pressionen), das Denken (Zerfahrenheit, Gedankeneingebung oder -
entzug, Begriffszerfall) und die Wahrnehmung (Halluzinationen, Sin-
nestäuschungen) (vgl. Finzen 2011, S. 66 f.).
· Schizoaffektive Psychosen sind eine Mischung aus schizophrenen und
affektiven Psychosen. Sie können parallel miteinander auftreten oder
auch unabhängig voneinander zu verschiedenen Zeiten (vgl. Bäuml et
al. 2014, S. 10).
Sucht
Der Begriff Sucht ist ein recht schwammiger Begriff. Die WHO empfahl 1964,
diesen durch die Begriffe Abhängigkeit bzw. Missbrauch in Bezug auf Alkohol,
Medikamente und Drogen auszutauschen. In diesem Prozess wurde der Be-
griff der Abhängigkeit in physische und psychische Abhängigkeit unterteilt
(vgl. Schmidt 1988, S. 21 f.).
Daraus resultierend werden die Begriffe Sucht und Abhängigkeit gegenwärtig
häufig gleichgesetzt, obwohl dem Begriff Sucht gravierendere Aspekte zuge-
ordnet werden (vgl. Schneider 1998, S. 11). Schneider schreibt über den Un-
terschied ,,abhängig sind wir von etwas, süchtig sind wir nach oder auf etwas".
Abhängigkeit ist also der Entzug der persönlichen Freiheit, weil durch die ent-
stehende Unausgeglichenheit der Alltag nicht mehr bestritten werden kann.
Die Problematik der Sucht äußert sich noch gravierender. Bei dieser ist das
Verlangen nach z. B. einer Substanz so stark, dass man diesem nicht wider-
stehen kann und konsumieren muss. Wenn das Verlangen nicht mehr ausrei-
chend gestillt wird, wird z. B. die Dosierung des Suchtmittels erhöht.
Diese Aussagen beziehen sich selbstverständlich nicht nur auf die Substanz-
abhängigkeit, sondern auch auf andere Suchtproblematiken, die nicht auf
psychotropen Substanzen, Tabak oder Alkohol basieren.
Da diese Arbeit das spezifische Augenmerk auf die Doppeldiagnoseklientel
richtet, wird der Begriff Sucht ausschließlich im Zusammenhang mit der Sub-
stanzabhängigkeit verwendet.
14
Die physische Abhängigkeit
Die physische Abhängigkeit entsteht, wenn sich der Stoffwechsel des Körpers
an die konsumierte Substanz gewöhnt hat und bei ausbleibendem oder gerin-
gerem Konsum der Substanz körperliche Entzugssymptome entstehen (vgl.
Schmidt 1988, S. 23). Das neue Gleichgewicht, welches unter Zufuhr der ab-
hängigkeitsauslösenden Substanz hergestellt wurde, kann nur noch beibehal-
ten werden, indem die jeweilige Substanz kontinuierlich konsumiert wird. Bei
schwindender Wirkung wird der Konsum erhöht (vgl. Kruse 2004, S. 209).
Daraus entwickelt sich des Weiteren eine Toleranz gegenüber der Höhe der
Dosis.
Die psychische Abhängigkeit
Die WHO definiert
die psychische Abhängigkeit als unkontrollierbares und
unstillbares Verlangen, eine Substanz zu konsumieren (vgl. Schmidt 1988, S.
23). Das Einnehmen der Substanz soll einen positiven Gemütszustand erzeu-
gen oder einen negativen vermeiden. Auch dem Wiederkehren von Entzugs-
symptomen soll entgegengewirkt werden (vgl. Kruse 2004, S. 209).
2.3 Diagnostik der Doppeldiagnose anhand des
Klassifikationssystems ICD-10 und des DSM- IV
Die Doppeldiagnose Psychose und Sucht kann anhand der Klassifikationssys-
teme ,,International Statictical Classification of Diseases and Related Health
Problems" ICD-10 und/oder ,,Diagnostic and Statistical Manual of Mental Dis-
orders DSM-IV bestimmt werden.
Das Internationale Klassifikationsschema der Krankheiten (ICD), herausgegeben
von der Weltgesundheitsorganisation (WHO), ist aktuell bei der 10. Ausgabe
(ICD-10) und schlüsselt die verschiedenen Störungsbilder und die dazugehörigen
Symptome auf. Die ICD-10 ist der Maßstab, an dem sich die Krankenkassen und
Rentenversicherungsträger orientieren, um eine behandlungsbedürftige Störung
zu benennen und abrechnen zu können (vgl. Barth 2011, S. 42).
Im ICD-10 sind die unterschiedlichen Störungsbilder nach Buchstaben katego-
risiert und schlüsseln sich weiter zu Unterkategorien auf, welche die spezifi-
schen Unterdiagnosen darstellen. Diese ,,Kodierungsebenen" können bis zu
sechs Ebenen umfassen (vgl. Stieglitz 2008, S. 117). Die Störungsbilder, die
für den weiteren Verlauf relevant sind, gehören zu der Kategorie F. In dieser
15
werden der Missbrauch psychotroper Substanzen und die Erkrankung an psy-
chischen Störungen abgebildet.
Da der Begriff der Doppeldiagnose als solcher nicht in der Klassifikation vor-
handen ist, kann hier lediglich eine Zuordnung zu den Kategorien erfolgen, in
welchen die möglichen Symptome definiert sind. Die Kategorie F10-19 bein-
haltet in nummerischer Reihenfolge psychische und Verhaltensstörungen
durch Alkohol, Opioide, Cannabinoide, Sedativa oder Hypnotika, Kokain, Sti-
mulanzien, Halluzinogene, Tabak, flüchtige Lösungsmittel und multiplen Sub-
stanzgebrauch sowie Konsum anderer psychotroper Substanzen. Die Katego-
rie F20-29 beinhaltet ,,Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen"
(WHO/DIMDI 2016, online).
Das diagnostische und statistische Handbuch psychischer Störungen (DSM)
ist derzeit bei der 4. Ausgabe (DSM-IV) und wird von der American Psychiat-
ric Assoziation (APA) publiziert. Diese multiaxial gestaltete Klassifikation be-
zieht sich, im Gegensatz zu der ICD-10, speziell auf psychische Störungsbil-
der und ist, was die genaue Beschreibung dieser angeht, wesentlich präziser,
sodass sie von den Kliniken und Leistungsträgern ebenfalls genutzt wird. Zu-
dem ist sie besser durch Forschungsergebnisse untermauert und bezieht
auch die Hintergrundinformationen mit ein (vgl. Barth 2011, S. 42).
Beide Klassifikationssysteme gehen operativ und deskriptiv vor, jedoch unter-
scheiden sie sich in den Kriterien der Bewertung des Zusammenspiels dahin-
gehend, ob die psychische Störung eine Folge des Substanzkonsums ist oder
ein zusätzliches Störungsbild darstellt (vgl. Moggi/Donati 2004, S. 4).
Das DSM-IV wird zur diagnostischen Einordnung in fünf Achsen gegliedert
(vgl. Auckenthaler 2012, S. 57).
· Achse 1: Klinische Störungen
· Achse 2: Persönlichkeitsstörungen und geistige Behinderungen
· Achse 3: Medizinische Krankheitsfaktoren
· Achse 4: Psychosoziale und umgebungsbedingte Probleme
· Achse 5: Globales Funktionsniveau
Bei der Doppeldiagnose sind alle fünf Achsen in unterschiedlichem Maße re-
levant. Die psychische Störung kann hierbei eine Achse 1-Störung oder eine
Achse 2-Störung sein.
Erst seitdem es beide Klassifikationssysteme gibt, ist es möglich, mehrere
psychische Hauptstörungen zur selben Zeit zu diagnostizieren. Davor gab es
nur Klassifikationssysteme, welche das parallele Existieren von weiteren
Hauptstörungen ausschlossen, ,,weil sie nicht nur die Symptomatik einer Stö-
rung, sondern auch ihre Ätiologie, Therapie und Prognose beschrieben"
(Moogi/Donati 2004, S. 2-5).
16
Zuletzt ist noch zu ergänzen, dass das hier dargestellte DSM-IV nicht mehr
aktuell ist. Seit dem Jahr 2013 existiert die neue fünfte Auflage, DSM-5 und ist
seit Ende 2014 auch als deutsche Ausgabe erhältlich. Der zentrale Unter-
schied zu seinem Vorgänger besteht darin, dass das bisher genutzte multiaxi-
ale System durch eine neue kategoriale Anordnung der Störungen ausge-
tauscht wurde und dimensionale wie entwicklungsbezogene Faktoren mehr
berücksichtigt werden.
Bei der Schizophrenie als auch bei den Substanzstörungen wurden systemi-
sche Veränderungen eingeführt. Bei der Schizophrenie wurden unter anderem
die Krankheitsbeschreibung und die Voraussetzungen für den Erhalt der Di-
agnose verändert sowie Unterscheidungen bei bestimmten Subtypen aufge-
geben. Bei substanzbezogenen und Abhängigkeitsstörungen wurde unter an-
derem die Kategorie schädlicher Substanzgebrauch durch den Begriff Sub-
stanzgebrauchsstörung ersetzt, die jetzt auch die Abhängigkeitsstörung unter
diese Kategorie einordnet. Somit ist daraus eine Diagnose geworden. Des
Weiteren fallen Unterscheidungen wie mit/ohne körperliche Abhängigkeit weg
und dafür kommen Unterscheidungen im Schweregrad hinzu (vgl. Eh-
ret/Berking 2013, S. 258-261).
Da jedoch in der überwiegenden existierenden Literatur noch das DSM-IV
verwendet oder zitiert wurde, wurde dieses trotz Änderungen in dieser Arbeit
benutzt. Da wichtige, für die Arbeit benötigte Literatur ausschließlich die veral-
tete Klassifikation beinhaltete, war es in dem Rahmen dieser Arbeit nicht mög-
lich die inhaltlichen Angaben durch die des neuen DSM-V zu übersetzen
1
.
2.4 Verlauf
In diesem Abschnitt wird der Krankheitsverlauf der Doppeldiagnose Psychose
und Sucht dargelegt. Dabei wird der Fokus auf den schizophrenen Psychosen
in Kombination mit einer substanzgebundenen Störung liegen. Es sollen so-
wohl die Herausforderungen als auch die Besonderheiten dieser Erkrankung
herausgearbeitet werden.
Nach Moggi/Donati (2004, S. 11) ist bei unzureichender Behandlung von DD-
Patienten häufig ein ungünstiger Verlauf zu beobachten, welcher sich durch
wechselnde Phasen des Allgemeinzustandes und durch Hospitalisierung be-
merkbar machen kann. Die Autoren merkten des Weiteren an, dass die
Schwere der einzelnen Störungen einen nennenswerten Einfluss auf den Ver-
1
Falkai, P./ Wittchen, H.-U. (2015): Diagnostisches und Statistisches Manual. Psychische
Störungen. DSM-5. Göttingen: Hogrefe.
17
lauf und die Prognose der Doppeldiagnose hätte. Außerdem fanden sie her-
aus, dass DD-Patienten die unterschiedlichen stationären und ambulanten
Angebote des Versorgungssystems wesentlich öfter und länger nutzen als
Patienten mit nur einer Diagnose. Es wird jedoch häufiger zwischen der Be-
handlung der Substanz- und der psychischen Störung hin und her gesprun-
gen, was von Moggi/Donati (2004 S. 11) als ,,Ping-Pong-Therapie" bezeichnet
wird. Die Folge hieraus ist eine ausbleibende dauerhafte Verbesserung des
biopsychosozialen Zustandes.
Obwohl die Datenlage über den Verlauf der Sucht bei Schizophrenie-
Patienten eher unzureichend ist, konnten mehrere Studienergebnisse bele-
gen, ,,dass die komorbide Suchtstörung den Verlauf der Psychose deutlich
beeinflusst", jedoch konnten ,,keine eindeutigen Zusammenhänge zwischen
dem Substanzkonsum und bestimmten Symptomen der Schizophrenie erhär-
tet werden" (Miller et al. 1994, Duke et al. 2001, zit. n. Gouzoulis-Mayfrank
2004, S. 17).
Viele Studien mit teilweise großen Fallzahlen offenbaren den meist ungünsti-
gen Verlauf der Doppeldiagnose. DD-Patienten weisen eine höhere psychoti-
sche Rückfallquote auf und werden öfter als Notfall sowie auch stationär vor-
stellig. Gouzoulis-Mayfrank (2004, S. 18) beschreibt mehrere Gründe, die da-
zu beitragen könnten. Zum einen könnten Substanzen mit psychoseähnlichen
Wirkungen eine Auswirkung haben, zum anderen könnte auch die geminderte
Compliance
2
von DD-Patienten dazu beitragen. DD-Patienten tendieren oft
dazu, die Behandlung abzubrechen und ihre Neuroleptika nicht ordnungsge-
mäß oder gar nicht einzunehmen (Owen et al. 1996; Dixon et al. 1999, Häfner
et al. 2002, zit. n. Gouzoulis-Mayfrank 2004, S. 18).
Eine weitere Vermutung ist, dass eine Verkettung zwischen den meist
schlechteren soziorehabilitativen Ergebnissen, der schlechteren Compliance
und dem zwischenzeitlichen Absetzen der Neuroleptika entsteht. Dies be-
gründet Gouzoulis-Mayfrank (2004, S. 18) anhand weiterer Studien (Drake et
al. 1989; Osher et al. 1994; Dixon et al. 1995; Shaner et al. 1995; Kozaric-
Kovacic 1995), welche die gesteigerten alltagspraktischen Defizite sowie wei-
tere Schwierigkeiten finanzieller und familiärer Art darstellen. Auch die
schlechteren Wohnverhältnisse und die Bedrohung durch Wohnungslosigkeit
werden betont.
Durch das Zusammenkommen einer Substanzstörung und einer psychoti-
schen Störung wie der Schizophrenie wird ein erfolgreicher und kontinuierli-
cher Verlauf und die Therapie sehr erschwert. Durch das Zusammenkommen
2
Compliance: ,,Compliance ist die Zusammenarbeit mit dem Arzt, insbesondere die Be-
folgung ärztlicher Anweisungen und beständiger Kooperation bei allen diagnostischen
oder therapeutischen Maßnahmen im Rahmen eines Therapieplans" (Pschyrembel 2015,
S. 409)
18
zweier Störungen, die jeweils in unterschiedlichen Versorgungssystemen,
Suchthilfe und psychiatrische Versorgung, behandelt werden, werden diese
Patienten häufig als Fälle der ,,Drehtürpsychiatrie" bezeichnet und laufen Ge-
fahr, eine Chronifizierung zu entwickeln.
Auf der anderen Seite ist zu erwähnen, dass der Durchschnitt der Schizo-
phrenie-Patienten mit Unterstützung durch Medikamente eine bessere Symp-
tomreduktion aufwiesen (Dixon et al.1991; Sevy et al. 2001, zit. n. Gouzoulis-
Mayfrank 2004, S. 19). Zusätzlich konnten in weiterer Literatur Anhaltspunkte
gefunden werden, dass DD-Patienten in vielen Bereichen weitaus geringere
Beeinträchtigungen haben könnten als reine Schizophrenie-Patienten (vgl.
Gouzoulis Mayfrank 2004, S. 19). Breakey et al. (1974) fanden in ihrer Studie
heraus, dass DD-Patienten vor dem Ausbruch der Psychose ein ,,besseres
prämorbides soziales Anpassungsniveau hatten als schizophrene Patienten
ohne nennenswertes Konsumverhalten" (Gouzoulis-Mayfrank 2004, S. 19).
Eine Studie, die acht Jahre später von Tsuang et al. (1982) durchgeführt wur-
de, bestätigte die Annahme einer geringeren Beeinträchtigung dahingehend,
dass chronische DD-Patienten über bessere prämorbide Persönlichkeitsei-
genschaften verfügten. Des Weiteren fanden Dixon et al. (1991) heraus, dass
die Patienten vor dem Erstausbruch der Psychose eine unauffälligere psycho-
sexuelle Entwicklung durchlebten, jedoch waren ihre schulischen Leistungen
schlechter. Diese geringen Beeinträchtigungen könnten mit dazu beitragen,
dass sie sich in eine Richtung sozialisieren, in der sie überhaupt mit Drogen in
Berührung kommen, ihre Neugier geweckt wird und sie imstande sind, die
Drogen zu beschaffen. Der Konsum trägt wesentlich dazu bei, dass der Ver-
lauf der Psychose kritischer ist und auf Dauer eine Chronifizierung entstehen
kann, hingegen würde ein adäquates Behandlungssetting, laut Dixon et al.
(1991; Penk et al. 2000) die Prognose verbessern (vgl. Gouzoulis-Mayfrank
2004, S. 20).
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Doppeldiagnose eine kom-
plexe Erkrankung ist und die von ihr betroffenen Patienten eine große Heraus-
forderung für das ganze Versorgungssystem darstellen. Es zeigt sich, dass
die Behandlung von DD-Patienten verbessert werden muss, damit sowohl die
Substanzstörung als auch die psychotische Störung integrativ behandelt wer-
den können, sodass kein ,,Drehtüreffekt" aufkommt und weniger Chronifizie-
rungen entstehen.
19
3 Epidemiologie und Prävalenz der Doppeldiagnose
Die Epidemiologie erforscht sowohl das erstmalige Auftreten von Störungen in
einem bestimmten Zeitraum als auch deren Häufigkeit zu einem Zeitpunkt
oder in einem Zeitraum. Die jeweiligen Störungen werden mit demographi-
schen Daten verglichen, um zu ermitteln, ob ein Zusammenhang bestehen
könnte. Auch andere biologische, kulturelle und soziale Einflussfaktoren wer-
den betrachtet (vgl. Dilling 2009, S. 63).
Im weiteren Verlauf werden diverse internationale Studien, die noch heute von
großer Bedeutung sind, und eine deutsche Studie aus der LVR-Klinik Köln,
welche 2010 veröffentlicht wurde, vorgestellt.
Wittchen et al. (2011) fanden in ihrer umfassenden 12-monatigen Arbeit, wel-
che Studien aus den 27 EU-Mitgliedsstaaten, der Schweiz, Island und Norwe-
gen mit einbezog, heraus, dass jährlich 38,5% aller erwachsenen EU-Bürger,
dies sind circa 164,8 Millionen Personen, mindestens eine psychische Stö-
rung aufweisen.
Die psychischen Störungen, die am häufigsten auftreten, sind Angststörungen
(14%; 61,4 Mio.) und schwere Depressionen (6,9%; 30,3 Mio.). Personen mit
einer Alkoholabhängigkeit bilden mit 15 Millionen einen Anteil von 3,4 % und
die Anzahl von Personen mit einer Drogenabhängigkeit beträgt über eine Mil-
lion. Nach der Einschätzung von Lieb (2015) zeigt sich damit auffallend, dass
die Personen mit einer psychischen Störung und/oder einer substanzgebun-
denen Störung keine Randerscheinung sind und eine große Herausforderung
für die aktuelle gesundheitliche Versorgung in Europa darstellen (vgl. Lieb
2015, S. 5).
In diversen repräsentativen Studien konnte eine hohe Prävalenzrate von Per-
sonen mit einer psychischen Störung und einer substanzgebundenen Störung
nachgewiesen werden. Dies deutet auf ein erhöhtes Risiko hin, eine zusätzli-
che Störung zu entwickeln, sei es die substanzgebundene Störung, die zu der
psychischen Störung hinzukommt, oder umgekehrt.
Die bis dato größte, in den 1980er Jahren erhobene epidemiologische Studie,
die ,,Epidemiologic Catchment Area Study" (ECA), wurde in den USA durch
Regier und weitere Mitarbeiter des National Institute of Mental Health an
20.000 Probanden aus der Allgemeinbevölkerung durchgeführt. Es wurde
festgestellt, dass die Lebenszeitprävalenz einer Substanzstörung durch Alko-
hol bei 13,5% liegt, bei Drogen bei 6,1% und bei psychischen Störungen bei
22,5%. Von den 22,5% der Personen, die eine psychische Störung haben,
sind 16,2% rein psychisch erkrankt. Der Anteil der rein psychisch erkrankten
Personen, die zusätzlich eine Substanzstörung entwickeln, liegt bei 29% und
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Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2017
- ISBN (PDF)
- 9783961162048
- ISBN (Paperback)
- 9783961167043
- Dateigröße
- 1.8 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach – Sozialwesen
- Erscheinungsdatum
- 2017 (Dezember)
- Note
- 1,0
- Schlagworte
- Psychose Sucht Teilhabe Epidemiologie Psychiatrie BTHG Bundesteilhabegesetz
- Produktsicherheit
- Diplom.de