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Kritische Analyse der bilanziellen Behandlung immaterieller Vermögenswerte nach IFRS und deren Bedeutung in der deutschen Bilanzierungspraxis

©2014 Masterarbeit 124 Seiten

Zusammenfassung

Die vorliegende Ausarbeitung liefert eine theoretische Abhandlung über die Bilanzierung immaterieller Vermögenswerte anhand der geltenden IFRS-Vorschriften. Dieser folgt eine empirische Analyse, die sich mit der Bedeutsamkeit immaterieller Vermögenswerte und des Goodwill für die Bilanzierungspraxis in Deutschland auseinandersetzt. Theoretische und praxisbezogene Aspekte sollen im Rahmen der Arbeit nicht losgelöst voneinander betrachtet werden, sondern sind über zwei Abschnitte, die sich jeweils mit der kritischen Auslegung der IFRS befassen, miteinander verbunden. Die kritische Würdigung stellt das Fundament der Untersuchung dar. So haben Teile des abschlusspolitischen Gestaltungspotentials in Bezug auf Spezialthemen der Bilanzierung immaterieller Vermögenswerte, die bereits innerhalb der theoretischen Abhandlung aufgedeckt werden, eine wichtige Bedeutung für die spätere Abschlussbetrachtung und den Ausblick. Insbesondere soll dabei auf Schwerpunkte eingegangen werden, die nach Ansicht der Fachliteratur den bedeutendsten bilanzpolitischen Spielraum mit sich bringen und somit über die größte Praxisrelevanz verfügen. Die empirische Analyse gliedert sich in zwei Teile, deren jeweilige Ergebnisse parallel in der Auswertung erläutert und hinterfragt werden. Um die vorliegenden Ergebnisse zu untermauern, werden unter verwandte Studien der vergangenen Jahre abgebildet und an späterer Stelle mit den gewonnenen Erkenntnissen im Rahmen der Auswertung abgeglichen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.3.1.
Zugangsbewertung ... 43
2.3.1.1.
Erstbewertung anhand der Anschaffungskosten ... 44
2.3.1.2.
Erstbewertung anhand der Herstellungskosten ... 45
2.3.1.3.
Erstbewertung anhand des beizulegenden Zeitwerts ... 46
2.3.2.
Folgebewertung ... 50
2.3.2.1.
Anschaffungskosten- und Neubewertungsmodell ... 51
2.3.2.2.
Planmäßige und außerplanmäßige Abschreibungen ... 53
2.3.2.2.1.
Nutzungsdauer immaterieller Vermögenswerte ... 53
2.3.2.2.2.
Planmäßige Abschreibungen ... 56
2.3.2.2.3.
Wertminderungsaufwendungen ... 57
2.3.3.
Kritische Würdigung ... 60
2.4.
Veräußerung eines immateriellen Vermögenswerts ... 63
2.5.
Bilanzausweis und Angabepflichten im Anhang ... 64
3. Bedeutung immaterieller Vermögenswerte in der deutschen IFRS-
Bilanzierungspraxis ... 65
3.1.
Konzeption der empirischen Analyse ... 67
3.1.1.
Übersicht bisheriger Studien ... 67
3.1.2.
Zielsetzung ... 68
3.1.3.
Datenerhebung und Stichprobe ... 69
3.2.
Auswertung und Beschreibung der empirischen Analyse ... 70
3.2.1.
Relation der Marktkapitalisierung zum Bilanzwert ... 70
3.2.2.
Relation des immateriellen Vermögens zum Bilanzwert ... 76
3.3.
Interpretation der Ergebnisse ... 80
4. Zusammenfassung und Ausblick ... 85
Anhang ... 89
Literaturverzeichnis ... 97
II

Verzeichnis der Rechtsquellen der EG/EU ... 116
III

Abkürzungsverzeichnis
AG
Aktiengesellschaft
BilMoG
Bilanrechtsmodernisierungsgesetz
bspw.
beispielsweise
bzgl.
bezüglich
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
CGU
Cash Generating Unit
d.h.
das heißt
dbzgl.
diesbezüglich
DCF
Discounted Cash Flow
e.V.
eingetragener Verein
EU
Europäische Union
evtl.
eventuell
f.
folgende
F.
Framework
FASB
Financial Accounting Standards Board
ff.
und die folgenden
ggf.
gegebenenfalls
ggü.
gegenüber
GmbH
Gesellschaft(en) mit beschränkter Haftung
grds.
grundsätzlich
IV

GuV
Gewinn- und Verlustrechnung
HGB
Handelsgesetzbuch
HGB
Handelsgesetzbuch
Hrsg.
Herausgeber
i.d.R.
in der Regel
i.S.d.
im Sinne des
IAS
International Accounting Standards
IASB
International Accounting Standards Board
IASC
International Accounting Standards Committee
IDW
Institut der Wirtschaftsprüfer
IFRIC
International Financial Reporting Interpretations
Committee
IFRS
International Financial Reporting Standards
Mio.
Millionen
Mrd.
Milliarden
S.
Seite
SIC
Standing Interpretations Committee
sog.
so genannt
u.a.
unter anderem
u.U.
unter Umständen
US-GAAP
United States Generally Accepted Accounting
Principles
V

v.a.
vor allem
vgl.
vergleiche
z.B.
zum Beispiel
ZMGE
zahlungsmittelgenerierende Einheit
zzgl.
zuzüglich
VI

Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Ablaufschema zur Prüfung der Aktivierung immaterieller
Vermögenswerte
22
Abbildung 2: Einbettung von Forschung und Entwicklung in den
Innovationsprozess eines Unternehmens
26
Abbildung 3: Ansatzregeln für originäre Forschungs- und Entwicklungskosten
29
Abbildung 4: Ansätze zur Erfüllung der speziellen Ansatzkriterien für selbst
erstellte immaterielle Vermögenswerte der Entwicklungsphase
41
Abbildung 5: Beispielbilanz des Geschäfts- oder Firmenwerts aus
Unternehmenszusammenschluss
42
Abbildung 6: Inputbasierte Fair Value-Hierarchie und Verfahren
48
Abbildung 7: Systematik des impairment-Test
59
Abbildung 8: Durchschnittliches Marktwert-Buchwert-Verhältnis der
untersuchten Marktsegmente
73
Abbildung 9: Bevorzugte Verfahren für die Bewertung immaterieller
Vermögenswerte (Anhang)
89
Abbildung 10: Systematische Vorgehensweise eines Werthaltigkeitstests
i.S.d. IAS 36 (Anhang)
89
Abbildung 11: Beispielhafte Rangfolge zur Ermittlung des beizulegenden
Zeitwerts eines immateriellen Vermögenswerts (Anhang)
90
Abbildung 12: Berechnungsschema der Marktkapitalisierung (Anhang)
90
Abbildung 13: Positionen des bilanziellen Eigenkapitals nach IFRS-Standard
(Anhang)
91
Abbildung 14: Durchschnittliches Marktwert-Buchwert-Verhältnis der
einzelnen Indizes (Anhang)
93
Abbildung 15: Durchschnittliches Marktwert-Buchwert-Verhältnis der
DAX-Unternehmen (Anhang)
93
Abbildung 16: Durchschnittliches Marktwert-Buchwert-Verhältnis der
MDAX-Unternehmen (Anhang)
94
Abbildung 17: Durchschnittliches Marktwert-Buchwert-Verhältnis der
TecDAX-Unternehmen (Anhang)
94
VII

Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Übersicht themenverwandter Studien
67
Tabelle 2: Zusammensetzung der Stichprobe
70
Tabelle 3: Durchschnittliches Marktwert-Buchwert-Verhältnis der untersuchten
Indizes
73
Tabelle 4: Ranking der 25 Unternehmen mit dem höchsten
Marktwert-Buchwert-Verhältnis
75
Tabelle 5: Ranking der 13 Unternehmen mit dem höchsten
Buchwert-Marktwert-Verhältnis
76
Tabelle 6: Verhältnis immaterieller Vermögenswerte zum bilanziellen Eigenkapital
der Indizes
77
Tabelle 7: Ranking der 20 Unternehmen mit dem größten Verhältnis
zwischen immateriellen Vermögenswerten und bilanziellem Eigenkapital 78
Tabelle 8: Verhältnis des Geschäfts- oder Firmenwerts zum immateriellen
Vermögen der Indizes
79
Tabelle 9: Ranking der 15 Unternehmen mit dem größten Verhältnis
zwischen Geschäfts- oder Firmenwert und dem immateriellen Vermögen 80
Tabelle 10: Einteilung der untersuchten Unternehmen in Marktsegmente (Anhang) 92
Tabelle 11: Verhältnis zwischen Marktwert und Buchwert des Eigenkapitals über
die einzelnen Indizes (Anhang)
95
Tabelle 12: Ranking 20 Unternehmen mit dem geringsten Verhältnis
zwischen immateriellem Vermögen und bilanziellem
Eigenkapital (Anhang)
95
Tabelle 13: Ranking der 15 Unternehmen mit dem geringsten Verhältnis
zwischen Goodwill und dem immateriellen Vermögen (Anhang)
96
VIII

1. Einleitung
1.1. Begriffsabgrenzung im Rahmen der Themenstellung
Bevor mit der Problematisierung und dem Gang der Untersuchung begonnen wird, soll
an dieser Stelle eine Erläuterung zu den im Rahmen der Themenstellung genannten
Begrifflichkeiten erfolgen. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich schwerpunktmäßig
mit der bilanziellen Behandlung immaterieller Vermögenswerte anhand internationaler
Rechnungslegungsstandards. Der Ausdruck ,,bilanzielle Behandlung" wird in der
Ausarbeitung gleichbedeutend mit Begriffen wie ,,bilanzielle Erfassung", ,,bilanzielle
Abbildung" oder auch ,,Bilanzierung" verwendet und bezieht sich generell auf die
Tätigkeit eines betrieblichen Rechnungswesens. Dieses kann nach COENENBERG
,,als ein spezielles Informationssystem innerhalb einer Unternehmung
charakterisiert werden, dessen Funktion in der vorwiegend mengen- und
wertmäßigen Erfassung von ökonomisch relevanten Daten über vergangene,
gegenwärtige und zukünftige wirtschaftliche Tatbestände und Vorgänge im Betrieb
[...] besteht".
1
Demgegenüber sieht bspw. MUMM die Aufgaben des betrieblichen Rechnungswesens
in der mengenmäßigen bzw. wertmäßigen Erfassung eingetretener und/oder erwarteter
Vorgänge innerhalb einer Unternehmung sowie im Austausch mit dessen Umwelt.
2
Aufgrund des vielfältigen Aufgabenbereichs bezieht sich der Terminus ,,bilanzielle
Behandlung" innerhalb der Ausarbeitung entsprechend der stufenweisen
Vorgehensweise des IASB auf die Abgrenzung, die Prüfung des Ansatzes, die Zugangs-
und Folgebewertung, den Ausweis sowie den Abgang immaterieller Vermögenswerte
gemäß IAS 38.
3
Insbesondere im Hinblick auf die vorliegende Thematik spielt das
externe Rechnungswesen, welches sich vorrangig an unternehmensexterne Adressaten
wie z.B. den Staat, Banken oder Investoren richtet und aus Bereichen wie der
Buchführung, dem Jahresabschluss und den Steuern besteht, eine wichtige Rolle.
4
Um
dafür zu sorgen, dass alle Beteiligten dem Jahresabschluss eines Unternehmens eine
ähnliche Erwartungshaltung entgegen bringen können, ist es notwendig, Regeln zu
1
Vgl. COENENBERG et al. (2014), S. 3.
2
Vgl. MUMM (2014), S. 1.
3
Vgl. DELOITTE (2014).
4
Vgl. GABLER KOMPAKT-LEXIKON (2006), S. 288.
1

formulieren, wie eine zweckorientierte Rechnungslegung im Speziellen auszusehen
hat.
5
Oberstes Ziel den der vorliegenden Untersuchung zugrunde liegenden International
Financial Reporting Standards (IFRS) ist es, Finanzinformationen des berichtenden
Unternehmens zur Verfügung zu stellen, die insb. für Investoren, aber auch für weitere
Adressatengruppen nützlich sind, um Entscheidungen über die Bereitstellung von
Ressourcen an das Unternehmen zu treffen.
6
Während die Systematik dieser
angesprochenen Rechnungslegungsnormen an einer späteren Stelle des Textes detailliert
behandelt wird,
7
soll nun bereits darauf hingewiesen werden, dass die IFRS nicht durch
einen staatlichen Gesetzgeber, sondern von einer privatrechtlichen Organisation, dem
International Accounting Standards Board (IASB), entwickelt werden.
8
Weiterhin gilt
es zu klären, was genau unter einem immateriellen Vermögenswert zu verstehen ist.
Hierbei fällt auf, dass trotz der zentralen Rolle dieser Wertegruppe in den Abschlüssen
kapitalmarktorientierter Unternehmen bislang keine allgemein gültige Definition
existiert.
9
Während ein immaterieller Vermögenswert nach IAS 38.8 einen
identifizierbaren, nicht monetären Vermögenswert ohne physische Substanz darstellt,
definieren
BISCHOF/FREDERSDORF
diesen
wie folgt: ,,Immaterielle
Vermögenswerte sind alle nicht-physischen und auch nicht-monetären Güter mit dem
Potenzial einer zukünftigen wirtschaftlichen Nutzung".
10
Nach Ansicht von
HEYD/LUTZ-INGOLD gestaltet sich die Herausforderung der Definition hingegen in
der Identifikation, Klassifizierung und negativen Abgrenzung von finanziellen und
materiellen Werten.
11
Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal stellt hierbei der
Mangel einer physischen Substanz dar.
12
Während materielle Vermögenswerte eine
körperliche Substanz aufweisen und daher als räumlich abgrenzbar gelten, erfüllen
immaterielle Vermögenswerte dieses Kriterium nicht und sind demnach räumlich nicht
abzugrenzen.
13
Darauf aufbauend beschäftigt sich die vorliegende Ausarbeitung mit der
Bedeutung des immateriellen Vermögens für die Bilanzierungspraxis in Deutschland
5
Vgl. PELLENS et al. (2011), S. 16-17; WEYGANDT / KIMMEL / KIESO (2011), S. 6-9.
6
Vgl. BALLWIESER (2013), S. 15.
7
Siehe hierzu erläuternd Abschnitt 2.
8
Vgl. RUHNKE / SIMONS (2012), S. 11.
9
Vgl. ARBEITSKREIS ,,IMMATERIELLE WERTE IM RECHNUNGSWESEN" DER
SCHMALENBACH-GESELLSCHAFT FÜR BETRIEBSWIRTSCHAFT E.V. (2005), S. 67.
10
BISCHOF / FREDERSDORF (2008), S. 16.
11
Vgl. HEYD / LUTZ-INGOLD (2005), S. 1.
12
Vgl. PELLENS et al. (2011), S. 310.
13
Vgl. BOHR (2009), S. 23-24.
2

und der nach IFRS-Vorschriften angefertigten Jahresabschlüssen der Unternehmen.
Hierbei soll neben einer theoretischen Abhandlung der für immaterielle
Vermögenswerte relevanten IFRS-Standards ebenfalls auf Auswirkungen einer
mangelhaften Bilanzierung dieser Werte in den Jahresabschlüssen wichtiger, an der
deutschen Börse gehandelter Unternehmen eingegangen werden. Die Verknüpfung von
Theorie und Praxis wird dadurch vollzogen, dass einerseits vergleichbare Studien der
Vergangenheit zu der Analyse der Ist-Situation herangezogen werden und andererseits
ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen getätigt wird.
1.2. Einführung und Problematisierung der Untersuchung
Immaterielle Vermögenswerte besitzen in der deutschen Rechnungslegungspraxis eine
zentrale Bedeutung und sind die wichtigsten Werttreiber für die Zukunftsfähigkeit von
Unternehmen.
14
Diese Entwicklung kann vorrangig auf den vollzogenen
Paradigmenwechsel innerhalb der deutschen Wirtschaft weg von einer klassischen
Industrie-, hin zu einer Dienstleistungs-, Hochtechnologie- und Wissensgesellschaft
zurückgeführt werden.
15
Infolgedessen stellen Marken, Lizenzen, Patente und das
Humankapital
16
mehr als nur unbedeutende Wertkomponenten im Hinblick auf die
Ermittlung des Unternehmenswerts dar.
17
Zudem verdeutlichen zahlreiche
themenverwandte Studien diesen Trend
18
, indem sie insb. in Verbindung mit
Unternehmen der Informations-, Dienstleistungs- und Medienbranche einen teils
erheblich höheren Anteil immaterieller Vermögenswerte im Vergleich zum jeweiligen
Buchwert des Eigenkapitals aufdecken.
19
Speziell in Verbindung mit der anfangs
beschriebenen Vermögens- bzw. Wertschöpfungsverschiebung weg von der materiellen
hin zur immateriellen Seite bringt diese Entwicklung eine wachsende Herausforderung
für die internationale Rechnungslegung mit sich.
20
Für Kopfzerbrechen seitens der
14
Vgl. RUHNKE / SIMONS (2012), S. 448.
15
Vgl. HEYD / LUTZ-INGOLD (2005), S. 1; KÜTING (2000), S. 674.
16
Das Humankapital verkörpert alle immateriellen Vermögenswerte des Personalbereichs, wie z.B. das
Know-how der Belegschaft, das Betriebsklima oder die Mitarbeiterzufriedenheit. Vgl. VÖLCKNER /
PIRCHEGGER (2006), S. 4.
17
Vgl. KÜTING (2001), S. 463.
18
Siehe hierzu erläuternd Abschnitt 3.1.1.
19
Vgl. FREY / OEHLER (2009), S. 323; HALLER / FROSCHHAMMER / GROSS (2010), S. 689;
KÜTING / ELLMANN (2011), S. 286-289; RANKER / WOHLGEMUTH / ZWIRNER (2001), S. 272-
273.
20
Vgl. HOFFMANN (2012), S. 617.
3

Standardsetter sorgt hierbei der einzigartige Charakter immaterieller Vermögenswerte,
da die Wertermittlung häufig mit erheblichen Schätzrisiken behaftet ist und letztlich in
einer mangelnden Objektivierbarkeit resultiert.
21
Demnach erscheint es nicht weiter
verwunderlich, wenn die einschlägige Literatur diese Positionen bis heute als ,,ewige
Sorgenkinder" des Bilanzrechts betitelt.
22
Im Zusammenhang mit dem Wettbewerb um Kapital zwischen börsennotierten
Unternehmen, kommt auch der Berichterstattung über immaterielle Vermögenswerte in
der Rolle zentraler Werttreiber mehr und mehr Bedeutung zu.
23
Weiterhin wirkt die
zunehmende Dynamik im Rahmen des wirtschaftlichen und technologischen
Strukturwandels von Unternehmen bzw. Märkten belastend auf die etablierten
Instrumente der internationalen Rechnungslegung.
24
Spielräume für Bilanzpolitik, die
sich
in
Bezug
auf
die
IFRS
als
ein
Ergebnis
unzureichender
Rechnungslegungsvorschriften auftun, bieten eine große Angriffsfläche für Kritik.
Auslöser ist hierbei immer öfter die mangelhafte bilanzielle Abbildung des
immateriellen Vermögens, sowie des Geschäfts- oder Firmenwerts.
25
26
Ein Indikator
der unzulänglichen Abbildung des immateriellen Vermögens durch die traditionelle
Rechnungslegung in den Konzernbilanzen kapitalmarktorientierter Unternehmen ist die
wachsende Diskrepanz zwischen Marktkapitalisierung und dem Buchwert des
Eigenkapitals.
27
Im Rahmen dessen führen neben der vorliegenden auch weitere Studien
zu dem Ergebnis, dass sich ein Großteil des immateriellen Vermögens aufgrund
abschlusspolitischer Gestaltungsspielräume als Komponente des gemäß IAS 38.48 nicht
21
Vgl. BEYER / MACKENSTEDT (2008), S. 349; KIRSCH (2003); RUHNKE / SIMONS (2012), S.
448.
22
Vgl. MOXTER (1979), S. 1102.
23
Vgl. KÜTING / DÜRR (2003), S. 1-2.
24
Vgl. BEYER / MACKENSTEDT (2008), S. 338; KÜTING (2008b), S. 315; MOXTER (1979), S.
1102.
25
Nach IFRS ist zwischen dem derivativen (käuflich erworbenen) und dem originären (selbst
geschaffenen) Geschäfts- oder Firmenwert bzw. Goodwill zu unterscheiden. Der sog. derivative
Geschäfts- oder Firmenwert ergibt sich, wenn im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses, bspw.
aufgrund erwarteter Synergien ein Preis gezahlt wurde, der das Eigenkapital des erworbenen
Unternehmens übersteigt. Demzufolge stellt der Goodwill den Wert dar, der über die Differenz aus
Vermögen und Schulden hinausreicht. Vgl. RUHNKE / SIMONS (2012), S. 353.
26
Vgl. HOFFMANN (2012), S. 617.
27
Vgl. SOMMER / KLAMAR (2009), S. 82.
4

bilanzierungsfähigen originären Goodwill einer adäquaten Abbildung entzieht.
28
Deutlich wird dies mit Blick auf die wichtigsten deutschen Indizes, bei denen bspw.
zum Geschäftsjahresende 2011 ein durchschnittlicher Marktwertüberhang von 37%
konstatiert werden konnte.
29
Weiterhin ist als Ergebnis mehrerer Studien festzustellen,
dass der derivative Geschäfts- oder Firmenwert den mit Abstand wichtigsten
Wertbestandteil des immateriellen Vermögens in der Bilanzierungspraxis darstellt.
30
So
machte er durchschnittlich zum Ende des Jahres 2010 fast die Hälfte des gesamten
Eigenkapitals in den Bilanzen der DAX-30-Unternehmen aus, was ihn zu einem sehr
bedeutenden Bestandteil des immateriellen Vermögens werden lässt.
31
Die
Herausforderung der informativen Berichterstattung ergibt sich hauptsächlich durch
seinen substanzlosen und nicht identifizierbaren Charakter, woraus folgt, dass sein Wert
ausschließlich über erwartete künftige Zahlungsmittelzuflüsse ermittelt werden kann.
32
Wichtig zu erwähnen ist an dieser Stelle auch die überaus umstrittene Rolle des
originären bzw. selbst geschaffenen Geschäfts- oder Firmenwerts. Dieser stellt einen
durch das Unternehmen selbst erstellten Mehrwert dar und beinhaltet den Bestand nicht
bilanzierungsfähiger, immaterieller Vermögenswerte.
33
Im Hinblick auf eine wachsende
Bedeutung nicht bilanzierungsfähiger Werte, wie bspw. der Managementfähigkeit, des
Bekanntheitsgrads, dem Know-how der Mitarbeiter oder aber der Existenz
abschlusspolitischer Schlupflöcher in Bezug auf die Bilanzierung immaterieller
Vermögenswerte, wird dem originären Goodwill zunehmende Aufmerksamkeit im
Rahmen der IFRS-Bilanzierungspraxis entgegengebracht.
34
Das Primärziel des IFRS-Regelwerks liegt in der Präsentation relevanter, verlässlicher
und entscheidungsnützlicher Informationen über die Vermögens-, Finanz- und
Ertragslage des bilanzierenden Unternehmens (IAS 1.15).
35
Hierbei stehen die Belange
28
Vgl. MÖLLER / PIWINGER (2009a), S. 73-74.
29
Vgl. KÜTING (2012a), S. 1939.
30
Vgl. GUNDEL / MÖHLMANN-MAHLAU / SÜNDERMANN (2014), S. 130; ROGLER / STRAUB /
TETTENBORN (2012), S. 343.
31
Vgl. LEITNER-HANETSEDER / REBHAN (2012), S. 162; WULF / HARTMANN (2013), S. 590.
32
Vgl. FREESE / SCHILLING (2013), S. 171-172.
33
Vgl. BAETGE / VON KEITZ (2010), S. 37.
34
Vgl. BALLWIESER (2013), S. 197-198; KÜTING (2012a), S. 1943-1944.
35
Vgl. FREY / OEHLER (2009), S. 316; WULF (2009), S. 109.
5

der
Shareholder
im
Vordergrund,
welche
sich
vorwiegend
auf
Investitionsentscheidungen wie das Kaufen, Halten und Verkaufen von
Unternehmensanteilen beschränken.
36
Als oberstes Anliegen der IFRS gilt laut IAS 1.17
der Grundsatz der ,,fair presentation", wonach die Rechnungslegung ein den wahren
Verhältnissen entsprechendes Bild der Unternehmen wiedergeben soll.
37
Dieses u.a.
auch im Rahmenkonzept der IFRS fest verankerte Konzept fordert demnach eine den
tatsächlichen Gegebenheiten entsprechende Abbildung des immateriellen Vermögens
im Jahresabschluss des bilanzierenden Unternehmens.
38
Folglich kann es nur im
Interesse des IASB sein, die Ausnutzung bilanzpolitischer Gestaltungsspielräume auf
ein Minimum zu reduzieren und somit eine verlässliche Entscheidungsbasis für
Investoren und sonstige Adressaten zu schaffen.
39
Inwiefern die Ausnutzung von
Bilanzpolitik Einfluss auf den IFRS-Abschluss nehmen und dessen Aussagekraft
verzerren kann, soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit und am Beispiel der
Bilanzierung und Praxisrelevanz immaterieller Vermögenswerte untersucht werden.
1.3. Gang der Untersuchung
Die vorliegende Ausarbeitung liefert beginnend mit Abschnitt 2 (Bilanzierung von
immateriellen Vermögenswerten nach IFRS) eine theoretische Abhandlung über die
Bilanzierung immaterieller Vermögenswerte anhand der geltenden IFRS-Vorschriften.
Dieser folgt eine empirische Analyse in Abschnitt 3 (Bedeutung immaterieller
Vermögenswerte in der deutschen IFRS-Bilanzierungspraxis), die sich mit der
Bedeutsamkeit immaterieller Vermögenswerte und des Goodwill für die
Bilanzierungspraxis in Deutschland auseinandersetzt. Theoretische und praxisbezogene
Aspekte sollen im Rahmen der Arbeit nicht losgelöst voneinander betrachtet werden,
sondern sind über zwei Abschnitte, die sich jeweils mit der kritischen Auslegung der
IFRS befassen, miteinander verbunden. Die kritische Würdigung stellt das Fundament
der Untersuchung dar. So haben Teile des abschlusspolitischen Gestaltungspotentials in
Bezug auf Spezialthemen der Bilanzierung immaterieller Vermögenswerte, die bereits
innerhalb der theoretischen Abhandlung aufgedeckt werden, eine wichtige Bedeutung
36
Vgl. HAAKER (2007), S. 255.
37
Vgl. KPMG (2007), S. 9.
38
Vgl. BALLWIESER (2013), S. 15-17.
39
Vgl. COENENBERG / HALLER / SCHULTZE (2009), S. 3.
6

für die spätere Abschlussbetrachtung und den Ausblick. Insbesondere soll dabei auf
Schwerpunkte eingegangen werden, die nach Ansicht der Fachliteratur den
bedeutendsten bilanzpolitischen Spielraum mit sich bringen und somit über die größte
Praxisrelevanz verfügen. Die empirische Analyse gliedert sich in zwei Teile, deren
jeweilige Ergebnisse parallel in der Auswertung erläutert und hinterfragt werden. Zu
Beginn wird die Differenz zwischen der Marktkapitalisierung und dem Buchwert des
Eigenkapitals untersucht. Dies erfolgt, wie auch die Analyse der Bedeutung
immaterieller Vermögenswerte und des Geschäfts- oder Firmenwerts, über die
Auswertung der IFRS-Konzernbilanzen von Unternehmen des DAX, MDAX und
TecDAX zum Geschäftsjahresende 2013 bzw. 2012/13. Um die vorliegenden
Ergebnisse zu untermauern, werden unter Abschnitt 3.1.1 verwandte Studien der
vergangenen Jahre abgebildet und an späterer Stelle mit den gewonnenen Erkenntnissen
im Rahmen der Auswertung abgeglichen.
Um ein problemloses Verständnis der Thematik zu garantieren, erfolgt die theoretische
Ausarbeitung zu Beginn der Arbeit. In Abschnitt 2.1 (Begriffsbestimmung und
Abgrenzung) soll eine Abgrenzung zum klassischen Vermögenswert i.S.d. IFRS-
Rahmenkonzepts vorgenommen werden. Obwohl sich das immaterielle Vermögen eines
Unternehmens sehr vielfältig gestaltet, finden dennoch bei weitem nicht alle Werte
Eingang in die IFRS-Bilanz. Wie im Folgenden noch weiter ausgeführt wird, gehen
Werte, die als nicht bilanzierungsfähig gelten und für die kein Ansatzgebot besteht, in
die Sammelposition des originären Geschäfts- oder Firmenwerts ein und gehören somit
nicht zum bilanziellen Vermögen einer Unternehmung.
40
Abschnitt 2.2
(Ansatzkonzeption) erläutert im Anschluss daran die Ansatzkriterien gemäß IAS 38,
welche letztlich ausschlaggebend für die Aktivierung eines immateriellen
Vermögenswerts sind. Die Prüfung bzgl. des Ansatzes in der Bilanz gliedert sich in eine
abstrakte und eine konkrete Komponente auf. Daran anknüpfend müssen die speziellen
Ansatzvorschriften erfüllt sein, um die Aktivierung für separat angeschaffte,
unternehmensintern erstellte und immaterielle Vermögenswerte aus einem
Unternehmenszusammenschluss und des Geschäfts- oder Firmenwerts letztendlich zu
40
Vgl. KÜTING (2012a), S. 1943-1944.
7

ermöglichen. Diesem Ablauf folgend müssen immaterielle Vermögenswerte zum
Zeitpunkt ihres Zugangs in der Bilanz erfasst werden. Unter Abschnitt 2.3.1
(Zugangsbewertung) werden die drei Konzepte der Anschaffungs- und
Herstellungskosten sowie der Zugangsbewertung anhand des beizulegenden Zeitwerts
detailliert ausgeführt. Weiterhin unterliegen Vermögenswerte im Laufe ihrer Nutzung
oftmals einem Wertverlust, weshalb es solcher Methoden bedarf, die eine Abbildung
des tatsächlichen Werts möglich machen. Im Rahmen des Abschnitt 2.3.2
(Folgebewertung) wird deshalb das Prinzip der planmäßigen und außerplanmäßigen
Abschreibung erläutert. Zum Abschluss der theoretischen Ausarbeitung folgt in den
Abschnitten 2.4 (Veräußerung eines immateriellen Vermögenswerts) und 2.5
(Bilanzausweis und Angabepflichten) jeweils die Erörterung des Abgangs eines
immateriellen Vermögenswerts bzw. dessen Ausweises im Jahresabschluss nach IFRS.
2. Bilanzierung von immateriellen Vermögenswerten nach IFRS
Die vorliegende Ausarbeitung setzt sich im Folgenden kritisch mit der bilanziellen
Behandlung immaterieller Vermögenswerte anhand der geltenden IFRS-
Rechnungslegungsvorschriften auseinander. Aufgrund einer fehlenden einheitlichen
Begriffsverwendung bez. immaterieller Wertpositionen soll im Rahmen der
Untersuchung ausschließlich auf den im IFRS-Regelwerk verwendeten Begriff des
immateriellen Vermögenswerts (intangible asset) zurückgegriffen werden (IAS 38.8).
Weiterhin orientieren sich die verwendeten Fachbegriffe an der autorisierten und ins
Deutsche übersetzten Fassung des IFRS-Rechnungslegungsstandards. Zudem soll
darauf hingewiesen werden, dass in der Ausarbeitung nicht im Speziellen auf
Unterschiede zu oder Gemeinsamkeiten mit anderen Rechnungslegungsstandards wie
HGB oder US-GAAP im Rahmen der bilanziellen Behandlung von immateriellen
Vermögenswerten eingegangen wird.
Die Bilanzierung immaterieller Vermögenswerte wird teilweise durch den IAS 38
geregelt, sofern sie denn zum Anlagevermögen und somit aus Sicht der IFRS-
8

Rechnungslegung zum langfristigen Vermögen zählen.
41
Von diesen sind die
langlebigen materiellen Vermögenswerte, welche unter den Anwendungsbereich des
IAS 16 (Sachanlagen) fallen, zu unterscheiden.
42
Andererseits gilt für Vermögenswerte,
die einen Teil des Umlaufvermögens darstellen und nicht dem dauerhaften
Geschäftsbetrieb dienen, IAS 2 (Vorräte) als relevanter Rechnungslegungsstandard.
43
Neben den Vorschriften des IAS 38 gelten außerdem IAS 36 (Wertminderung von
Vermögenswerten) und zusätzlich auch IFRS 3 (Unternehmenszusammenschlüsse) bei
der Behandlung eines Unternehmenserwerbs als maßgebend in Bezug auf die bilanzielle
Erfassung immaterieller Vermögenswerte.
44
Um letztlich eine konkretere Vorstellung
davon zu erhalten, wie die Bilanzierung im Detail abläuft und welche Intention seitens
des Standardsetters darin verborgen ist, soll im Folgenden kurz das Grundkonzept des
IFRS-Regelwerks erläutert werden.
Das IASB ist nach einer Namensänderung im Jahr 2001 aus dem IASC hervorgegangen
und setzt als entscheidendes Beschlussgremium das Regelwerk in Form von Standards
fest.
45
Diese erlangen nach Abschluss eines transparenten und ausgewogenen
Verfahrens, des sog. ,,Due Process", verknüpft mit der Verabschiedung durch das Board
selbst, Gültigkeit.
46
Weiterhin sollte beachtet werden, dass der Begriff IFRS nicht
ausschließlich die einzelnen Standards beziffert, sondern im weiteren Sinne auch die
Bezeichnung des gesamten Regelwerks darstellt. Die Umbenennung der Standards im
Jahr 2003 von IAS zu IFRS gilt demnach als reine Namensänderung und hat keinerlei
Einfluss auf die Anwendung.
47
Das Regelwerk der IFRS ist dreistufig aufgebaut.
48
Die
erste Stufe bildet das Rahmenkonzept (Framework), welches das Grundgerüst darstellt
und allgemeine Zielsetzungen, Anforderungen und Definitionen der Rechnungslegung
beinhaltet.
49
Es ist zudem die Basis sowohl für die Ableitung neuer IFRS und auch für
41
Vgl. BUCHHOLZ (2012), S. 64.
42
Vgl. SCHEINPFLUG (2009), S. 185; SCHRUFF / HAAKER (2010), S. 441.
43
Vgl. PELLENS et al. (2011), S. 310.
44
Vgl. RUHNKE / SIMONS (2012), S. 449.
45
Vgl. GRÜNBERGER (2012), S. 2; NANDAKUMAR et al. (2010), S. 4-5.
46
Vgl. BOHL (2009), S. 6-7.
47
Vgl. GRÜNBERGER (2012), S. 1-2.
48
Vgl. LÜDENBACH / HOFFMANN (2013), S. 28.
49
Vgl. BOHL (2009), S. 6; NANDAKUMAR et al. (2010), S. 11-15.
9

deren Überarbeitung und gewährleistet somit eine Konsistenz in der
Rechnungslegung.
50
Während die zweite Stufe gemäß IAS 1.7 durch die einzelnen
IFRS-Rechnungslegungsstandards selbst gebildet wird, verkörpern die Interpretationen
der Standards durch das IFRIC bzw. des SIC die dritte Stufe.
51
Das Ziel der
Interpretationen ist einerseits die Hilfestellung bei Auslegungsschwierigkeiten der
Standards, und andererseits die Gewährleistung einer einheitlichen Rechnungslegung.
52
Die IFRS befinden sich derzeit stark im Aufschwung. Dies schlägt sich auch in den
Bemühungen des IASCF nieder, dem Regelwerk zunehmende weltweite Geltung zu
verschaffen.
53
Ein wesentlicher Schritt in Richtung dieses Ziels war der Beschluss der
Europäischen Union im Jahr 2002, demzufolge die IFRS grds. auf die
Konzernabschlüsse kapitalmarktorientierter Unternehmen innerhalb der EU ab dem Jahr
2005 und in besonderen Ausnahmefällen ab dem Jahr 2007 anzuwenden sind.
54
2.1. Begriffsbestimmung und Abgrenzung
Der immaterielle Vermögenswert bezeichnet nach IAS 38.8 einen identifizierbaren,
nicht monetären Vermögenswert ohne physische Substanz. SCHRUFF/HAAKER
sprechen im Rahmen des IAS 38 auch von ,,haptischer Bilanzierung"
55
in Bezug auf die
Abgrenzung zwischen immateriellen und materiellen Vermögenswerten.
56
Im Hinblick
auf eine Abgrenzung des Vermögenswerts vom Geschäfts- oder Firmenwert wird laut
IAS 38.11 insb. das Merkmal der Identifizierbarkeit als besonders wichtig erachtet.
57
Eine fehlende Auflistung derjenigen Werte, die laut Definition einem immateriellen
Vermögenswert entsprechen, macht es nötig, sich rekursiv an die Begrifflichkeit
anzunähern. Vor diesem Hintergrund soll im folgenden Abschnitt vorerst der
Vermögenswertbegriff allgemein gemäß den Vorschriften des IAS 38 sowie des IFRS-
Rahmenkonzeptes erläutert werden, bevor darauffolgend näher auf die Definition und
Abgrenzung des immateriellen Vermögens eingegangen wird.
50
Vgl. KPMG (2007), S. 4.
51
Vgl. LÜDENBACH / HOFFMANN (2013), S. 28-29.
52
Vgl. GRÜNBERGER (2012), S. 1-2.
53
Vgl. LANFERMANN (2014), S. 235-237.
54
IAS-VERORDNUNG (EG) NR. 1606 / 2002 (2002), ARTIKEL 9, S. 1-4.
55
Haptisch bedeutet den Tastsinn betreffend. Vgl. DUDEN.DE (2013).
56
Vgl. SCHRUFF / HAAKER (2010), S. 442.
57
Vgl. FUCHS (2011), S. 980.
10

2.1.1. Vermögenswert im Sinne der IFRS
Der englische Begriff ,,asset", der in der Rechnungslegung mit Vermögenswert
übersetzt wird, um ihn von der handelsrechtlichen Begrifflichkeit des
Vermögensgegenstandes abzugrenzen, wird einerseits im Rahmenkonzept (F.4.4) und
zusätzlich innerhalb des IAS 38.8 definiert.
58
Beide Definitionen sind nahezu
identisch
59
und stellen einen Vermögenswert als eine Ressource dar, die auf Grund von
Ereignissen der Vergangenheit in der Verfügungsmacht des Unternehmens steht und
von der erwartet wird, dass dem Unternehmen aus ihr ein künftiger wirtschaftlicher
Nutzen zufließen wird (IAS 38.8/F.4.4a).
60
Um einen Vermögenswert als Aktivposten
in die Bilanz aufzunehmen, müssen neben drei kumulativ zu erfüllenden allgemeinen
Kriterien der Definition ebenfalls die ergänzenden Ansatzkriterien erfüllt sein.
61
Diese
sehen vor, dass ein Vermögenswert gemäß F.4.44 nur aktiviert werden darf, wenn der
zukünftige Nutzen einerseits so gut wie sicher ist bzw. auf einem sicheren Recht beruht
und andererseits die Kosten oder der Wert zuverlässig messbar sind.
62
63
In Verbindung
mit der Prüfung, ob ein Vermögenswert nach IFRS tatsächlich in der Bilanz angesetzt
werden darf, sollen nun die allgemeinen Definitions-Kriterien erläutert werden.
Die Vorschriften des IAS 38.8 sowie des Rahmenkonzepts (F.4.13-14) besagen, dass
die Verfügungsmacht über die zu erfassende Ressource dem Unternehmen vor dem
Bilanzstichtag aufgrund von Geschäftsvorfällen bzw. sonstiger Ereignisse der
Vergangenheit zugefallen sein muss. Dies geschieht i.d.R. über den monetären Erwerb
oder durch Produktion, kann jedoch auch durch Vertragsabschlüsse, eine staatliche
Genehmigung oder die Entdeckung eines Erzvorkommens verbunden mit der
entsprechenden Abbaugenehmigung erfolgen (F.4.13-14). Hiervon abzugrenzen sind
hingegen Erwartungen bzw. Absichten, da sie die Definition eines Vermögenswerts
58
Weiterführend siehe ARBEITSKREIS ,,IMMATERIELLE WERTE IM RECHNUNGSWESEN" DER
SCHMALENBACH-GESELLSCHAFT
FÜR
BETRIEBSWIRTSCHAFT
E.V.
(2008);
NANDAKUMAR et al. (2010).
59
Vgl. FUCHS (2011), S. 987.
60
Vgl. WEYGANDT / KIMMEL / KIESO (2011), S. 12.
61
Vgl. BOHL (2009), S. 56; PETERSEN / BANSBACH (2011), S. 68.
62
Vgl. GRÜNBERGER (2012), S. 31.
63
Siehe hierzu erläuternd Abschnitt 2.2.1.2.
11

nicht erfüllen.
64
Ähnliches gilt für sog. schwebende Verträge, bei welchen im Zuge des
Vertragsabschlusses zwar ein Ereignis in der Vergangenheit vorliegt, dieser Vertrag
jedoch nicht als gänzlich erfüllt gewertet werden kann.
65
Ein Unternehmen beherrscht den Vermögenswert gemäß IAS 38.13-16, sofern es über
die Macht verfügt, einen wirtschaftlichen Nutzen aus dem Vermögenswert zu ziehen
oder aber dessen Verwendung durch Dritte zu unterbinden.
66
Als gehaltvolle Nachweise
dieser Verfügungsmacht gelten verbriefte Rechte bzw. juristisch durchsetzbare
Ansprüche.
67
Zur Verdeutlichung fügt der Standardsetter in IAS 38.14 gerichtlich
durchsetzbare Urheberrechte und Patente als Beispiele an.
68
Während sich ein Nachweis
der Verfügungsmacht ohne die Existenz entsprechender Rechte nur schwer erbringen
lässt, ist es für Unternehmen laut IAS 38.13 zusätzlich noch auf eine andere Weise
möglich, Kontrolle auf den künftigen wirtschaftlichen Nutzen eines Vermögenswerts
auszuüben.
69
Bei rechtlich nicht hinreichend abgesicherten Werten könnte das
geforderte Kriterium auch über eine Geheimhaltungspflicht bei Mitarbeitern bspw. in
Bezug auf Forschungsergebnisse erfüllt werden.
70
Als problematisch wird dbzgl. die
Beherrschung des zukünftigen wirtschaftlichen Nutzens seitens gut ausgebildeten
Fachpersonals (IAS 38.15) oder aber auch bzgl. Kundenbeziehungen bzw. der
Kundenloyalität (IAS 38.16) gesehen.
71
Im Vergleich zu den bereits angesprochenen Kriterien der Vermögenswertdefinition
stellt das Merkmal des künftigen wirtschaftlichen Nutzens i.d.R. keine nennenswerte
Aktivierungshürde dar.
72
Der künftige wirtschaftliche Nutzen wird nach IAS 38.17 bzw.
F.4.8 in Form eines direkten oder indirekten Beitrags zur Erhöhung des Cashflows
64
Beispielhaft nennt der IASB den beabsichtigten Kauf von Vorräten. Vgl. F.4.13.
65
Vgl. WAWRZINEK (2009), S. 56-57.
66
Vgl. RUHNKE / SIMONS (2012), S. 450; SCHRUFF (2004), S. 366.
67
Vgl. PELLENS et al. (2011), S. 310.
68
Vgl. SCHRUFF / HAAKER (2010), S. 447.
69
Vgl. FEDERMANN / MÜLLER (2011), S. 467; BEYHS / WAGNER (2009), S. 118-119.
70
Vgl. BUCHHOLZ (2012), S. 64-65.
71
Vgl. FUCHS (2011), S. 987.
72
Vgl. PETERSEN / BANSBACH (2011), S. 135.
12

ausgedrückt. Hierbei kann vernachlässigt werden, ob der Zufluss durch den
Vermögenswert selbst oder nur in Kombination mit anderen Vermögenswerten realisiert
wird (F.4.10 (a)).
73
Dies könnte bspw. bei einer Lizenz der Fall sein, welche dem
bilanzierenden Unternehmen erst die Möglichkeit bietet, Produkte herstellen und
letztlich gewerblich zu vertreiben, um somit einen ökonomischen Nutzen zu
generieren.
74
Ein künftiger wirtschaftlicher Nutzen in Form eines Zuflusses von
Zahlungsmitteln bzw. Zahlungsmitteläquivalenten an das bilanzierende Unternehmen
muss gemäß F.4.8 nicht zwingend aus dem Verkauf von Produkten oder
Dienstleistungen stammen, sondern kann auch durch Kosteneinsparungen sowie
sonstigen Vorteilen generiert werden.
75
2.1.2. Immateriellere Vermögenswerte i.S.d. IAS 38
Die Bilanzierung immaterieller Vermögenswerte, die nicht bereits durch andere
Standards abgedeckt werden, fällt unter die Zuständigkeit des IAS 38. Dieser fordert
einen Ansatz in der Bilanz, sofern die im Standard genannten Kriterien erfüllt sind (IAS
38.1).
76
Der folgende Abschnitt fährt dbzgl. mit der allgemeinen Definition und einer
detaillierten Erläuterung der geforderten Kriterien i.S.d. IAS 38 und des
Rahmenkonzepts fort. Ein immaterieller Vermögenswert bezeichnet laut IAS 38.8 einen
identifizierbaren, nicht monetären Vermögenswert ohne physische Substanz. Die
genannten Kriterien der Identifizierbarkeit (IAS 38.11-12), der Verfügungsmacht durch
das bilanzierende Unternehmen (IAS 38.13-16) sowie des Vorhandenseins eines
künftigen wirtschaftlichen Nutzens (IAS 38.17) werden zusätzlich durch den IASB im
Standard selbst weiter konkretisiert.
77
Entsprechend dieser durch den Standardsetter
bewusst weit gewählten Definition ist es zwingend erforderlich, fast alle nicht
körperlichen Vermögenswerte auf ihren Ansatz hin zu prüfen.
78
Sofern die
Vermögenswertdefinition gemäß F.4.4 (a)
79
bereits an dieser Stelle nicht erfüllt werden
73
Vgl. WAWRZINEK (2009), S. 57.
74
Vgl. BEYHS / WAGNER (2009), S. 118-119.
75
Der Standardsetter verweist darauf, dass sich der Nutzen geistigen Eigentums in Bezug auf einen
Herstellungsprozess eher in einer Senkung künftiger Kosten, als in der Erlössteigerung bemerkbar macht.
Vgl. IAS 38.17.
76
Vgl. FEDERMANN / MÜLLER (2011), S. 465.
77
Vgl. BEYHS / WAGNER (2009), S. 118.
78
Vgl. BAETGE / VON KEITZ (2010), S. 7.
79
Siehe hierzu erläuternd Abschnitt 2.1.1.
13

kann, so ist die Aktivierung dieses immateriellen Vermögenswerts nach IFRS
unzulässig.
80
81
Als typische Beispiele für immaterielle Vermögenswerte sind Patente,
Urheberrechte, Computersoftware, Franchiseverträge, Filmmaterial, Kundenlisten,
Importquoten, Kunden- oder Lieferantenbeziehungen, Marktanteile und Absatzrechte zu
nennen.
82
Wie bereits im Abschnitt 2.1 erwähnt, zielt die Forderung nach der Identifizierbarkeit
laut IAS 38.11 primär auf eine Abgrenzung zum Geschäfts- oder Firmenwert ab.
83
Dieser derivative Goodwill, der im Zuge einer Unternehmensübernahme in den Besitz
des bilanzierenden Unternehmens gelangt ist, stellt nach IAS 38.11 einen zukünftigen
wirtschaftlichen Nutzen sonstiger beim Erwerbsvorgang eingegangener Werte dar, die
jedoch nicht einzeln bzw. getrennt voneinander aktivierungsfähig sind.
84
85
Aus der
allgemeinen Vermögenswertdefinition des Rahmenkonzepts resultieren zwei weitere
hinreichende,
aber
nicht
notwendige
Bedingungen
zur
Erfüllung
des
Identifizierbarkeitskriteriums, die infolgedessen auch für alle anderen Vermögenswerte
gelten.
86
Die erste Bedingung zielt auf die eigenständige Verwertbarkeit (separability)
eines Vermögenswertes aus Sicht des bilanzierenden Unternehmens ab.
87
Dies trifft
gemäß IAS 38.12 (a) zu, sofern es möglich ist, den zukünftigen ökonomischen Nutzen
der Ressource zu verwenden ohne dadurch den künftigen Nutzen gleichartig
eingesetzter Werte aufzugeben.
88
Die Bedingung gilt demnach als erfüllt, wenn der
Vermögenswert von der Unternehmung getrennt, verkauft, übertragen, lizensiert,
vermietet oder getauscht werden kann (IAS 38.12 (a)).
89
Beruht ein Vermögenswert
hingegen IAS 38.12 (b) folgend auf vertraglichen oder anderen gesetzlichen Rechten, so
80
Entsprechend der Konzeption des Rahmenkonzepts muss zunächst die Definition eines
Vermögenswertes erfüllt sein. Vgl. KPMG (2007), S. 45.
81
Vgl. BUSCHHÜTER / STRIEGEL (2009), S. 118.
82
Vgl. NANDAKUMAR (2010), S. 224; RUHNKE / SIMONS (2012), S. 449; SCHRUFF (2004), S.
359.
83
Vgl. FUCHS (2011), S. 980; PETERSEN / BANSBACH (2011), S. 134; WULF (2009), S. 110.
84
Vgl. RUHNKE / SIMONS (2012), S. 450.
85
Die Bilanzierung des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts wird grds. durch den IFRS 3 geregelt.
Vgl. IFRS 3.2.
86
Vgl. PELLENS et al. (2011), S. 310.
87
Vgl. FUCHS (2011), S. 988.
88
Vgl. COENENBERG / HALLER / SCHULTZE (2009), S. 184.
89
Vgl. FEDERMANN / MÜLLER (2011), S. 467.
14

ist es unerheblich, inwiefern diese übertragbar bzw. von anderen Rechten und
Verpflichtungen separiert werden können.
90
Die Identifizierbarkeit eines immateriellen
Vermögenswerts gilt in diesem Fall durch die Bezugnahme auf ein subjektives Recht,
wie bspw. ein Eigentumsrecht, oder aber durch das Vorliegen eines gültigen Vertrags
als gewährleistet.
91
92
Als weitere Eigenschaft eines immateriellen Vermögenswerts nennt der IASB laut
Definition die nichtmonetäre Natur (IAS 38.8). Im Rahmen dessen führt der
Standardsetter gemäß IAS 38.8 eine negative Definition für monetäre Vermögenswerte
an, welche demnach im Bestand befindliche Geldmittel und Vermögenswerte darstellen,
für die das Unternehmen einen festen oder bestimmbaren Geldbetrag erhält.
93
Gelten
Aktien oder Investmentanteile diesem Wortlaut zufolge zwar nicht als monetäre
Vermögenswerte, so würden diese hingegen bei Erfüllung der unter IAS 38.8
geforderten Kriterien zu den immateriellen Vermögenswerten zählen. An dieser kann
jedoch der Zweck dieser Abgrenzung im Hinblick auf den fehlenden Nutzen für den
IAS 38 hinterfragt werden.
94
Dies lässt sich daran erkennen, dass monetäre
Vermögenswerte, worunter auch Aktien und Investmentanteile fallen, trotz ihrer nicht
physischen Beschaffenheit und in Bezug auf den per Definition geforderten festen bzw.
bestimmbaren Geldbetrag seitens des Unternehmens gemäß IAS 38.8 als immaterielle
Vermögenswerte ausscheiden und unter den Regelungsbereich des IAS 32
(Finanzinstrumente) fallen (IAS 38.2 (b)/IAS 38.2 (e)).
95
Die dritte zu erfüllende Eigenschaft eines immateriellen Vermögenswertes laut IAS
38.8 wird durch seine nichtphysische Substanz verkörpert. Diesbezüglich gestaltet sich
90
Vgl. KPMG (2007), S. 46.
91
Vgl. SCHRUFF / HAAKER (2010), S. 447.
92
In der Praxis spielen die Identifizierbarkeit und besonders das damit verbundene
Separierbarkeitskriterium eine zentrale Rolle bei der Beantwortung der Frage, ob ein immaterieller
Vermögenswert separat angesetzt wird. Vgl. FUCHS (2011), S. 988.
93
Vgl. FUCHS (2011), S. 990.
94
Vgl. BAETGE / VON KEITZ (2010), S. 13.
95
Die Berechtigung des Ausschlusses erscheint aufgrund der risikobehafteten Natur z.B. in Form von
Kursschwankungen bei Finanzprodukten allgemeinhin als gerechtfertigt. Vgl. HEYD / LUTZ-INGOLD
(2005), S. 35.
15

die Abgrenzung bei Vermögenswerten, die gleichzeitig sowohl materielle und auch
immaterielle Elemente in sich vereinen und deshalb in vielen Fällen untrennbar
miteinander verbunden sind, besonders schwierig.
96
Daten- und Tonträger in
Verbindung mit einer Software stellen hierbei quasi das Paradebeispiel dar (IAS 38.4).
97
Weiterhin wird im Rahmen des IAS 38.4 primär auf Szenarien verwiesen, in denen eine
Sachanlage ohne die als integraler Bestandteil geltende immaterielle Komponente nicht
als funktionsfähig gelten würde.
98
Die Frage, ob ein Vermögenswert letztendlich gemäß
IAS 16 (Sachanlagen) oder nach IAS 38 (Immaterielle Vermögenswerte) zu behandeln
ist, hängt auch vom bilanzpolitischen Spielraum ab, da sie vom bilanzierenden
Unternehmen nach eigenem Ermessen beantwortet wird je nachdem, welches Element
als wesentlicher für den Gesamtwert gilt.
99
Um die Aufzählung der Definitions- und der
damit verbunden Ansatzkriterien eines immateriellen Vermögenswertes i.S.d. IAS 38
und des Rahmenkonzepts zu vervollständigen, sei an dieser Stelle auf die Erläuterungen
im Abschnitt 2.1.1 verwiesen.
2.1.3. Abgrenzung
Unter IAS 38 regelt der IASB die bilanzielle Abbildung immaterieller Vermögenswerte,
die nicht bereits durch andere Standards erfasst sind, und führt diese Ausnahmen
innerhalb des IAS 38.2-3 auf.
100
Ausgenommen hiervon sind finanzielle
Vermögenswerte (IAS 32 Finanzinstrumente), Vermögenswerte, die in den
Anwendungsbereich des IFRS 6 (Exploration und Evaluierung von Bodenschätzen)
fallen, sowie Kosten für die Erschließung und Förderung von Mineralien, Öl, Erdgas
und vergleichbaren, nichtregenerativen Ressourcen (IAS 38.2).
101
Weiterhin wird in
IAS 38.3 auf Standards verwiesen, welche die Bilanzierung immaterieller
Vermögenswerte zwar beschreiben, aber letztendlich nicht in den Anwendungsbereich
96
Vgl. PELLENS et al. (2011), S. 310.
97
Vgl. HEUSER / THEILE (2007), S. 123.
98
In Bezug auf in der Praxis wichtige Lizenzen und Patente nennt der Standardsetter Rechtsdokumente
als Beispiel für Vermögenswerte sowohl mit materiellen als auch mit immateriellen Elementen.
Außerdem wird auf Werkzeugmaschinen verwiesen, die ohne eine entsprechende Computersoftware nicht
betriebsfähig wären. IAS 38.4.
99
IAS 38.4; vgl. SCHEINPFLUG (2009), S. 185.
100
Vgl. FEDERMANN / MÜLLER (2011), S. 465.
101
Vgl. FUCHS (2011), S. 984-985.
16

von IAS 38 fallen.
102
Hierzu zählen u.a. diejenigen immateriellen Vermögenswerte, die
als sog. kurzfristige Vermögenswerte Bestandteil des Umlaufvermögens sind und
entweder zum Verkauf in einem normalen Geschäftsgang vorgehalten oder im
Kundenauftrag hergestellt werden und dementsprechend gemäß IAS 38.3 (a) unter die
Regelungen des IAS 2 (Vorräte) und des IAS 11 (Fertigungsaufträge) fallen.
103
104
Ebenfalls ausgenommen sind langfristige immaterielle Vermögenswerte gemäß IAS
38.3 (h), die aufgegebene Geschäftsbereiche darstellen und einzeln oder im Rahmen
einer Gruppe als zur Veräußerung gehalten klassifiziert wurden (IFRS 5-Zur
Veräußerung
gehaltene
langfristige
Vermögenswerte
und
aufgegebene
Geschäftsbereiche).
105
Ähnlich verhält es sich mit dem derivativen Geschäfts- oder
Firmenwert, der sich im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses konkretisiert
hat und gemäß IFRS 3 (Unternehmenszusammenschlüsse) zu bilanzieren ist (IAS 38.3
(f)). Des Weiteren fallen latente Steueransprüche (IAS 12-Ertragssteuern), Ansprüche
aus Leasingverträgen (IAS 17-Leasingverhältnisse) und Vermögenswerte aus
Leistungen an Arbeitnehmer (IAS 19-Leistungen an Arbeitnehmer) gemäß IAS 38.2
nicht in den Anwendungsbereich des IAS 38.
106
2.2. Ansatzkonzeption
Der bilanzielle Ansatz immaterieller Vermögenswerte vollzieht sich gemäß IAS 38.18
nach einem zweistufigen Prüfungsprozess. Gemäß diesem erfolgt die Aktivierung erst,
wenn einerseits die Definition (abstrakte Bilanzierungsfähigkeit) und andererseits die
Ansatzkriterien für immaterielle Vermögenswerte (konkrete Bilanzierungsfähigkeit) als
erfüllt gelten (IAS 38.18).
107
Demzufolge umfasst die abstrakte Aktivierungsfähigkeit
die theoretischen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Vermögenswerts nach IFRS,
wohingegen die konkrete Aktivierungsfähigkeit auf gesetzliche Ansatzgebote, -
wahlrechte und -verbote abzielt.
108
Wenn die abstrakte und die konkrete
Bilanzierungsfähigkeit nicht gleichzeitig als erfüllt gelten, ist ein Bilanzansatz
102
Vgl. SCHRUFF (2004), S. 363.
103
Vgl. PELLENS et al. (2011), S. 309.
104
Beispiele sind bestimmte Formen der Auftragsforschung oder Programmrechte, die von
Fernsehsendern gehalten werden. Vgl. FUCHS (2011), S. 984.
105
Vgl. SCHEINPFLUG (2009), S. 186.
106
Vgl. SCHRUFF / HAAKER (2010), S. 445-446.
107
Vgl. SCHRUFF (2004), S. 364-365.
108
Vgl. WULF (2009), S. 110.
17

ausgeschlossen.
109
In diesem Fall erfolgt gemäß IAS 38.68 eine GuV-wirksame
Aufwandsbuchung für die betroffene Periode, was wiederum die Möglichkeit, eine
nachträgliche Aktivierung von in früheren Perioden GuV-wirksam erfassten
Aufwendungen vorzunehmen, ausschließt (IAS 38.71).
110
2.2.1. Aktivierungsfähigkeit immaterieller Vermögenswerte nach IFRS
2.2.1.1.
Abstrakte Aktivierungsfähigkeit
Die abstrakte Aktivierungsfähigkeit gilt grds. als erfüllt, wenn ein selbst geschaffener
bzw. erworbener immaterieller Vermögenswert die geforderten definitorischen
Voraussetzungen erbringt (IAS 38.8-17).
111
Somit muss geprüft werden, inwiefern er
identifizierbar (IAS 38.9-10), nicht monetär und ohne physische Substanz (IAS 38.8)
ist.
112
Zusätzlich zu den definitorischen Voraussetzungen muss der zu aktivierende
immaterielle Vermögenswert vom Unternehmen beherrscht werden (IAS 38.13-16)
sowie gemäß IAS 38.17 einen künftigen ökonomischen Nutzen beinhalten.
113
Gilt eines
der genannten Kriterien als nicht erfüllt, so besteht ein Aktivierungsverbot seitens des
Standardsetters.
114
Um letztendlich Eingang in die Bilanz zu erhalten, muss der
immaterielle Vermögenswert neben der abstrakten noch die im Folgeabschnitt erläuterte
konkrete Aktivierungsfähigkeit erfüllen.
2.2.1.2.
Konkrete Aktivierungsfähigkeit
Sofern die abstrakte Aktivierungsfähigkeit als erfüllt gilt, ist im nächsten Schritt zu
prüfen, inwiefern ein immaterieller Vermögenswert die Bedingungen der konkreten
Aktivierungsfähigkeit erfüllt. An dieser Stelle sind die unter IAS 38.21-23 genannten
Kriterien in Kombination mit den speziellen Vorschriften für gesondert angeschaffte
(IAS 38.25-32), aus Unternehmenszusammenschluss (IAS 38.33-43), durch Tausch
(IAS 38.45-47), aus eigener Herstellung (IAS 38.51-67) oder durch Zuwendung der
öffentlichen Hand (IAS 38.44) erworbenen immateriellen Vermögenswerte auf
109
Vgl. FEDERMANN / MÜLLER (2011), S. 468.
110
Vgl. COENENBERG / HALLER / SCHULTZE (2009), S. 184.
111
Vgl. RUHNKE / SIMONS (2012), S. 450.
112
Vgl. BEYHS / WAGNER (2009), S. 118; BOLIN / DITGES / ARENDT (2004), S. 46.
113
Siehe hierzu erläuternd Abschnitt 2.1.1 und Abschnitt 2.1.2.
114
Vgl. BAETGE / VON KEITZ (2010), S. 23.
18

Erfüllung hin zu prüfen.
115
An erster Stelle sollen im Folgenden die allgemeinen
Ansatzkriterien für die Erfüllung der konkreten Aktivierungsfähigkeit sowie auch
etwaiger Ansatzverbote erläutert werden, ehe in den Abschnitten 2.2.2. bis 2.2.4.
detailliert die Untersuchung der speziellen Ansatzkriterien erfolgt. Aufgrund der
vergleichsweise geringen Bedeutung für die Praxis sollen die speziellen Vorschriften
eines Vermögenswertzugangs durch Tausch (IAS 38.45-47) bzw. durch Zuwendung der
öffentlichen Hand (IAS 38.44) nicht näher betrachtet werden.
Ein Bilanzansatz i.S.d. IAS 38 ist grds. nur dann möglich, wenn es wahrscheinlich ist,
dass der künftige wirtschaftliche Nutzen, der mit diesem Vermögenswert verbunden ist,
tatsächlich dem Unternehmen zufließen wird (IAS 38.21 (a)). Weiterhin müssen die in
Verbindung mit dem immateriellen Vermögenswert stehenden Anschaffungs- oder
Herstellungskosten verlässlich bewertet werden können (IAS 38.21 (b)).
116
Hierbei steht
das erstgenannte Kriterium in engem Zusammenhang mit dem bereits im Rahmen der
Vermögenswertdefinition (F.4.4 (a)) geforderten künftigen Nutzenzufluss.
117
Aufgrund
fehlender expliziter Regelungen bzgl. der Differenzierung (IAS 38.23) zwischen einer
mathematisch-statistischen Wahrscheinlichkeit (basierend auf dem Gesetz der großen
Zahlen) und einer argumentativen Wahrscheinlichkeit (basierend auf einem juristischen
Beweismaß durch Abwägung der besseren oder zahlreicheren Gründe) liegen
Schätzungen
bzgl.
eines
wahrscheinlichen
Nutzenzuflusses
alleine
im
Ermessensspielraum des bilanzierenden Unternehmens.
118
Der Meinung von
KÜTING/LAM folgend haben sich in der Praxis mitunter sogar ,,intuitive
Daumenregeln" herauskristallisiert, die zur Entstehung faktischer
Bilanzierungswahlrechte im Rahmen der Rechnungslegung nach IFRS beitragen.
119
Dieser besagte Spielraum räumt dem Management die Möglichkeit ein, einen
immateriellen Vermögenswert relativ leicht einem Ansatz in der Bilanz zu entziehen.
120
Dies hat, wie im Rahmen der vorliegenden Untersuchung veranschaulicht wird, zur
115
Vgl. PETERSEN / BANSBACH (2011), S. 136.
116
Vgl. HEUSER / THEILE (2007), S. 125.
117
Vgl. SCHRUFF / HAAKER (2010), S. 448.
118
Vgl. FUCHS (2011), S. 992; LÜDENBACH / HOFFMANN (2003), S. 6-7.
119
Vgl. HEYD / LUTZ-INGOLD (2005), S. 28; KÜTING / LAM (2013), S. 1744.
120
Vgl. FUCHS (2011), S. 992-993.
19

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783961161577
ISBN (Paperback)
9783961166572
Dateigröße
3.9 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule Worms – Finanzen / Controlling
Erscheinungsdatum
2017 (August)
Note
1,0
Schlagworte
Bilanzierung Internationale Rechnungslegung Immaterielle Vermögenswerte Intangible Assets IFRS IAS38 Marktkapitalisierung
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Titel: Kritische Analyse der bilanziellen Behandlung immaterieller Vermögenswerte nach IFRS und deren Bedeutung in der deutschen Bilanzierungspraxis
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