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Zukunftsperspektiven der gewerblichen Immobilienfinanzierung in Deutschland

©2017 Masterarbeit 88 Seiten

Zusammenfassung

Sowohl die Anbieter gewerblicher Immobilienfinanzierung als auch Nachfrager sehen sich seit mehreren Jahren einer veränderten Situation gegenüber, die es in einer angemessenen Weise zu bewerten gilt.
Insbesondere seit dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise im Jahr 2007 und der damit einhergehenden Niedrigzinsphase auf der einen Seite, sowie den umfangreichen regulatorischen Veränderungen auf der anderen Seite, haben den Bereich der gewerblichen Immobilienfinanzierung in jüngster Vergangenheit entscheidend geprägt. Diese Entwicklungen führten und führen zu weit reichenden Auswirkungen auf die Immobilienfinanzierung im Allgemeinen und auf die gewerbliche Immobilienfinanzierung im Speziellen.
Die vergangenen Entwicklungen müssen nachvollzogen werden, um hieraus Rückschlüsse auf die möglichen zukünftigen Veränderungen ziehen zu können.
Die vorliegende Arbeit verfolgt die Zielsetzung, aus der Darstellung und Analyse der wichtigsten Zusammenhänge, einen praktischen Erkenntnisgewinn für die Markteilnehmer der gewerblichen Immobilienfinanzierung zu erzielen. Darüber hinaus sollen weitere Anreize für eine tiefergehende Erforschung der einzelnen Themenkomplexe generiert werden.
Die Arbeit besteht aus einem theoretischen und einem praktischen Teil und bedient sich eines qualitativen Forschungsdesigns, dessen Kernelement die Durchführung von Experteninterviews ist.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


5.1.2 Aufbau des Interviewleitfadens
50
5.1.3 Durchführung der Befragung
51
5.1.4 Auswertung der Befragung
52
5.1.5 Kritische Würdigung der Vorgehensweise
55
5.2 Ergebnisse
56
5.2.1 Markt, Wettbewerb und Finanzierungsinstrumente
56
5.2.2 Regulatorische Rahmenbedingungen und Niedrigzinsumfeld
62
5.2.3 Kapitalmärkte, internationales Umfeld und Trends
65
6. Fazit und Schlussfolgerungen
69
6.1 Ableitung von Handlungsempfehlungen für die Praxis
71
6.2 Weiterführende Forschungsschwerpunkte
73
Literaturverzeichnis
74

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
AIF
Alternative Investment Fund
BaFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
BCBS
Basel Committee on Banking Supervision
BIS
Bank for International Settlements
BMVBS
Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
BBSR
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung
CRD
Capital Requirements Directive (Eigenkapitalrichtlinie)
CRR
Capital Requirements Regulation (Kapitaladäquanzverordnung)
CMBS
Commercial Mortgage Backed Securities
DVFA
Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management
DCF
Discounted-Cashflow
EBA
European Banking Authority
EU
Europäische Union
Fed
Federal Reserve System
GEWOS
Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung
GPI
German Property Index
IDRC
International Development Research Centre
IPD
Investment Property Databank
IREBS
International Real Estate Business School
IVD
Immobilienverband Deutschland
KWG
Kreditwesengesetz
LTV
Loan-to-value
MSCI
Morgan Stanley Capital International
NACORE
National Association of Corporate Real Estate Executives
REIT
Real Estate Investment Trust
USA
United States of America
Vdp
Verband deutscher Pfandbriefbanken

ABBILDUNGS- UND TABELLENVERZEICHNIS
Abbildung 1: Preisentwicklung im deutschen Immobilienmarkt
9
Abbildung 2: Banken in Deutschland mit Bestandsmarktanteilen
15
Abbildung 3: Übersicht der alternativen Finanzierungsinstrumente
27
Abbildung 4: Blasenbildung am gewerblichen Immobilienmarkt in Deutschland 57
Abbildung 5: Fokussierung weiterhin auf "Core-Immobilien"?
58
Abbildung 6: Banken und alternative Finanzierer
59
Abbildung 7: Entwicklung der Wettbewerbssituation
60
Abbildung 8: Bedeutung der klassischen Bankfinanzierung
61
Abbildung 9: Alternative Finanzierungsinstrumente mit Bedeutungszuwachs 62
Abbildung 10: Wichtige regulatorische Auswirkungen
63
Abbildung 11: Wettbewerbsverzerrung durch unterschiedliche Regulatorik
64
Abbildung 12: Bedeutungszuwachs aufgrund der unterschiedlichen Regulatotik 64
Abbildung 13: Zukünftige Entwicklung im CMBS-Verbriefungsmarkt
66
Abbildung 14: Erwartungshaltung ausländischer Investoren
67
Abbildung 15: Ausländische Finanzierer im deutschen Markt
68
Abbildung 16: Entwicklungstendenzen / Trends mit dem größten Einfluss
69
Tabelle 1: Ablaufmodell der induktiven Kategorienbildung
54

1. Einleitung
Wirtschaftliche Rahmenbedingungen sind permanenten Veränderungsprozessen unter-
worfen, die insbesondere eine Erneuerungsdynamik der Märkte begründen. Die Markt-
teilnehmer müssen einerseits auf diese Veränderungen reagieren, können diese aber bis
zu einem gewissen Grad auch selbst gestalten. Eine möglichst präzise Bewertung der
zukünftigen Entwicklungen ist jedoch in jeglicher Hinsicht unentbehrlich (Pillkahn,
2013, S. 41-42).
Um die volkswirtschaftliche Bedeutung der Immobilienwirtschaft für Deutschland zu
verdeutlichen, kann eine Vielzahl unterschiedlicher Indikatoren herangezogen werden
(Vornholz, 2013, S 16 ff.). Ganz gleich welche volkswirtschaftlichen Daten man auch
zugrunde legt, die Immobilienwirtschaft kann ganz klar als ein Eckpfeiler der deutschen
Wirtschaftskraft bezeichnet werden (Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadt-
entwicklung [BMVBS], 2013, S. 12).
Der Bereich der Immobilienfinanzierung wiederum ist ein essentieller Bestandteil der
Immobilienwirtschaft (Geyer & Müller, 2016, S. 23). Die Investition in Immobilien ist
grundsätzlich mit einem hohen Kapitalbedarf verbunden. Insofern bildet die Zusam-
menstellung einer passenden Finanzierungsstruktur das Fundament einer erfolgreichen
Immobilieninvestition (Schäfers, Holzmann, Schulte, Lang & Scholz, 2016, S. 483).
Begründet durch das Ausmaß des benötigten Kapitals bei der Finanzierung von Immo-
bilien, kommt der Fremdfinanzierung eine wichtige Bedeutung zu (Brauer, 2013, S.
476). Diese Feststellung trifft insbesondere auf die gewerbliche Immobilienfinanzierung
zu (Rottke, 2011, S. 914).
Die Bereitstellung von Bankdarlehen kann als die traditionelle Form der Mittelherkunft
im Markt der Immobilienfinanzierung angesehen werden (Rottke et al. 2011, S. 7). Das
Geschäftsfeld der Immobilienfinanzierung ist in Deutschland jedoch seit mehreren Jah-
ren einem weit reichenden strukturellen Wandel unterworfen. Bereits vor der Jahrtau-
sendwende fand ein umfangreicher Konsolidierungsprozess innerhalb der deutschen
Immobilienfinanzierungsbranche statt, in dessen Zuge, 10 der damals 25 Hypotheken-
banken vom Markt verschwanden (Hutner, 2011, S. 257).
Diese Konzentrationsprozesse innerhalb der Bankenlandschaft, gepaart mit einem zu-
nehmenden Wettbewerbsdruck sowie den Verflechtungen internationaler Finanzmärkte,
1

haben einen unmittelbaren Einfluss auf alle Marktteilnehmer (Brauer, 2013, S. 530).
Sowohl die Anbieter gewerblicher Immobilienfinanzierung als auch Nachfrager sehen
sich einer veränderten Situation gegenüber, die es in einer angemessenen Weise zu be-
werten gilt.
Insbesondere seit dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise im Jahr 2007 und der damit
einhergehenden Niedrigzinsphase auf der einen Seite, sowie den umfangreichen regula-
torischen Veränderungen auf der anderen Seite, haben den Bereich der gewerblichen
Immobilienfinanzierung in jüngster Vergangenheit entscheidend geprägt.
Diese Entwicklungen führten und führen zu weit reichenden Auswirkungen auf die Im-
mobilienfinanzierung im Allgemeinen und auf die gewerbliche Immobilienfinanzierung
im Speziellen.
Die vergangenen Entwicklungen müssen nachvollzogen werden, um hieraus Rück-
schlüsse auf die möglichen zukünftigen Veränderungen ziehen zu können.
Die vorliegende Arbeit verfolgt die Zielsetzung, aus der Darstellung und Analyse der
wichtigsten Zusammenhänge, einen praktischen Erkenntnisgewinn für die Markteil-
nehmer der gewerblichen Immobilienfinanzierung zu erzielen. Darüber hinaus sollen
weitere Anreize für eine tiefergehende Erforschung der einzelnen Themenkomplexe
generiert werden.
Die Arbeit besteht aus einem theoretischen und einem praktischen Teil und bedient sich
eines qualitativen Forschungsdesigns dessen Kernelement die Durchführung von Exper-
teninterviews ist. Das methodische Vorgehen wird im praktischen Teil der Arbeit unter
Punkt 5.1 detailliert beschrieben.
Ein wissenschaftlicher Grundsatz in der qualitativen Sozialforschung ist das sogenannte
Prinzip der Offenheit. Der empirische Forschungsprozess sollte demnach nicht durch
ein Übermaß an Strukturierung eingeengt werden. In diesem Zusammenhang ist die
Offenheit für unerwartete Informationen ein wichtiger Aspekt (Gläser & Laudel, 2010,
S. 30). Vor diesem Hintergrund umfasst der theoretische Teil der Arbeit eine möglichst
breite Palette unterschiedlicher Themenkomplexe in Bezug auf die vergangenen Ent-
wicklungen und auf die verschiedenen Zukunftsfragen der gewerblichen Immobilienfi-
nanzierung. Der Ansatz einer möglichst breiten Themenbasis wurde im praktischen Teil
der Arbeit analog fortgesetzt. So umfasste die durchgeführte Expertenbefragung eine
Vielzahl unterschiedlicher ­ aber dennoch miteinander vernetzter ­ Fragestellungen.
2

Gleichwohl wurde aus praktischen Gründen eine Strukturierung der unterschiedlichen
Themen und Fragestellungen vorgenommen, indem die folgenden drei Hauptthemen-
komplexe der Zukunftsperspektiven gewerblicher Immobilienfinanzierung erarbeitet
wurden:
Markt, Wettbewerb und Finanzierungsinstrumente
Regulatorischer Einfluss und Niedrigzinsphase
Immobilien-Kapitalmärkte, Internationalisierung und Trends
Diese grundlegende Strukturierung findet sich sowohl im theoretischen als auch im
praktischen Teil der vorliegenden Arbeit.
Im theoretischen Teil werden die Grundlagen für die empirische Untersuchung gelegt,
in dem zum einen wichtige Begriffe erläutert und zum anderen Wirkungszusammen-
hänge und Entwicklungen der Vergangenheit und Gegenwart skizziert werden. Die the-
oretischen Ausführungen stützen sich vornehmlich auf eine Reihe verschiedener Grund-
lagenbände deutschsprachiger, immobilienwirtschaftlicher Literatur. So wurden unter
anderem Immobilienwirtschaftslehre: Band I ­ Management herausgegeben von N.
Rottke & M. Thomas, Immobilienökonomie I herausgegeben von K.-W. Schulte et.al.
sowie Grundlagen der Immobilienwirtschaft herausgeben von K. Brauer, für die fol-
genden theoretischen Ausführungen verwendet.
Jede wissenschaftliche Arbeit sollte den aktuellen Forschungsstand beschreiben, um die
ausgewählte Fragestellung der Untersuchung einordnen zu können. Dies kann mehr
oder minder ausführlich erfolgen (Döring & Bortz, 2016, S. 163).
Die beiden etablierten Disziplinen des wissenschaftlichen Diskurses mit Immobilien in
Forschung und Lehre sind traditionell das Bauingenieurwesen und die Architektur. In
der Betriebswirtschaftslehre hatte die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Immo-
bilien praktisch keine Relevanz (Pfnür, 2011, S. 17). Auch wenn in jüngerer Vergan-
genheit diesbezüglich einige Änderungen festzustellen sind und die Anzahl der Publika-
tionen zuzunehmen scheint, so bleibt die wissenschaftliche Forschung im Hinblick auf
immobilienwirtschaftliche Fragestellungen dennoch insgesamt recht überschaubar.
Der Immobilienfinanzierung wird im Allgemeinen trotz ihrer enormen wirtschaftlichen
Bedeutung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur eine geringe wissenschaftliche Aufmerk-
samkeit beigemessen (Eickholt, 2015, S. 3). Dies trifft umso mehr für den Bereich der
gewerblichen Immobilienfinanzierung zu und wird noch deutlich verschärft, wenn man
3

im Zuge der Recherche den Fokus nur auf deutschsprachige Publikationen richtet, die
sich mit Zukunftsfragen der Branche beschäftigen.
Gleichwohl gibt es eine Reihe interessanter staatlicher und privater Untersuchungen, die
mögliche zukünftige Entwicklungen zum Forschungsgegenstand haben. Als konkrete
Beispiele seien hier die Studien Betongoldrausch in Deutschland ­ Herausforderungen
in der gewerblichen Immobilienfinanzierung herausgegeben von der Roland Berger
Strategy Consultants GmbH oder Konsequenzen veränderter Finanzierungsbedingun-
gen für die Bauwirtschaft herausgegeben vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und
Raumforschung (BBSR) aufgeführt, wobei die letztgenannte Studie ihren Fokus ledig-
lich auf die Bauwirtschaft in Verbindung mit dem Themenfeld der Regulatorik richtet
(BBSR, 2016a). Hinzu kommen verschiedene Umfragen und Erhebungen, die sich mit
kurz- und mittelfristigen Trends beschäftigen.
Darüber hinaus gibt es mehrere Studien zu expliziten Fragestellungen bspw. im Hin-
blick auf alternative Finanzierungsinstrumente oder dem gegenwärtigen Niedrigzinsum-
feld, welche auch Eingang in die vorliegende Arbeit gefunden haben. Als Beispiele sei-
en hier die Publikationen Finanzierungsalternativen für die deutsche Immobilienwirt-
schaft herausgegeben von N. Rottke, Kapitalmarkt statt Bank ­ Europäische Immobi-
lienunternehmen setzen auf Alternativen zum Bankkredit herausgegeben von der Scope
Ratings AG oder Niedrigzinsumfeld und die Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft
herausgegeben von der IREBS International Real Estate Business School et. al. genannt.
Die Auflistung der oben genannten Publikationen ist keineswegs abschließend. Sie soll
vielmehr einen groben Überblick vermitteln, sowie einen Anreiz zur weiterführenden
Beschäftigung mit Zukunftsfragen der gewerblichen Immobilienfinanzierung liefern.
Auf Basis des theoretischen Teils werden im Rahmen der Experteninterviews die beiden
folgenden Forschungsfragen beantwortet:
Was sind die wichtigsten Entwicklungstendenzen in der gewerblichen Immobili-
enfinanzierung die aus Sicht eines Finanzierungsanbieters zukünftig berücksich-
tigt werden sollten?
Welche konkreten Handlungsempfehlungen können in diesem Zusammenhang
identifiziert werden?
Im Fazit werden zunächst die gewonnen Erkenntnisse der Expertenbefragung zusam-
mengefasst. Darauf aufbauend werden praktische Anregungen in Form von konkreten
Handlungsempfehlungen erarbeitet. Die Schlussbetrachtung beinhaltet eine Voraus-
4

schau auf weiterführende Forschungsschwerpunkte im Bereich der gewerblichen Im-
mobilienfinanzierung, indem die folgende Forschungsfrage beantwortet werden soll:
Welche Aspekte in Bezug auf die Zukunft der gewerblichen Immobilienfinan-
zierung sollten sinnvollerweise in zukünftigen Forschungsarbeiten tiefergehend
untersucht werden?
2. Gewerbliche
Immobilienfinanzierung:
Markt,
Wettbewerb und Finanzierungsinstrumente
Zunächst wird der Bereich der gewerblichen Immobilienfinanzierung von der privaten
Immobilienfinanzierung unter Punkt 2.1 abgegrenzt und hinsichtlich seiner besonderen
Merkmale näher beschrieben. Anschließend wird die Struktur sowie bisherige Entwick-
lung des gewerblichen Immobilienfinanzierungsmarktes in Deutschland erläutert und
darauf aufbauend dessen Besonderheiten im Vergleich zu anderen internationalen Fi-
nanzierungsmärkten skizziert.
Unter Punkt 2.3 werden die Akteure der gewerblichen Immobilienfinanzierung beleuch-
tet. Sowohl Nachfrager als auch Anbieter von Immobilienfinanzierungen werden hier
näher beschrieben. Letztere werden unter Punkt 2.4 hinsichtlich ihrer Wettbewerbssitua-
tion untereinander untersucht.
Die angebotenen Finanzierungsinstrumente in der gewerblichen Immobilienfinanzie-
rung haben sich im Laufe der Zeit hinsichtlich mehrerer Aspekte verändert. In diesem
Zusammenhang wird zwischen der klassischen bzw. traditionellen Finanzierung auf der
einen Seite und alternativen Finanzierungsformen auf der anderen Seite unterschieden.
Darüber hinaus hat die klassische Finanzierung im Zeitverlauf einen Wandel vollzogen.
Unter Punkt 2.5.1 werden daher zunächst die Veränderungen der klassischen Immobili-
enfinanzierung beschrieben, bevor unter Punkt 2.5.2 eine Erläuterung der alternativen
Finanzierungsinstrumente erfolgt.
2.1 Begriffserläuterung: Gewerbliche Immobilienfinanzierung
Der Immobilienfinanzierungsmarkt besteht grundsätzlich aus zwei Bereichen. Zum ei-
nen aus der privaten Immobilienfinanzierung, die Kapital für den Erwerb privat genutz-
ter Grundstücke und Wohngebäude bereitstellt, und zum anderen aus der gewerblichen
5

Immobilienfinanzierung (Eickholt, 2015, S. 13), die sich anhand mehrerer Besonderhei-
ten von der privaten Immobilienfinanzierung abgrenzen lässt. So besteht insbesondere
hinsichtlich des Ausmaßes der benötigten finanziellen Mittel, eine deutliche Divergenz
zwischen privaten und gewerblichen Immobilientransaktionen. Vor diesem Hintergrund
kommt der Beschaffung von Fremdkapital bei gewerblichen Transaktionen eine beson-
dere Bedeutung zu (Rottke, 2011, S. 914). Gewerbliche Immobilieninvestoren handeln
vornehmlich renditeorientiert, sodass die Finanzierungsnachfrage unter anderem auch
maßgeblich vom aktuellen Zinsniveau beeinflusst wird (Roesch, 2013, S. 15).
Sowohl
die Realisierbarkeit als auch die Rentabilität der gewerblichen Immobilientransaktionen
sind somit deutlich abhängiger von den Entwicklungen auf den Kapitalmärkten, die
wiederum unmittelbaren Einfluss auf die Refinanzierungsmöglichkeiten der Akteure im
gewerblichen Immobilienfinanzierungsmarkt haben. Abhängig von der Marktsituation
kann es für gewerbliche Immobilieninvestoren auch erforderlich sein, eventuell entste-
hende Finanzierungslücken zwischen eingesetztem Eigenkapital und dem von der Bank
bereitgestellten Darlehen, unter Einsatz von alternativen Finanzierungsinstrumenten zu
schließen (Rottke, 2011, S. 914).
Die oben erwähnte Abhängigkeit gewerblicher Immobilientransaktionen von den Kapi-
talmärkten, in Verbindung mit zunehmend volatilen Immobilienmärkten sowie allge-
meinen Internationalisierungstendenzen, haben dazu geführt, dass in den vergangenen
Jahren mehrere Entwicklungstrends in der Kapitalbeschaffung zu beobachten waren. Es
werden zunehmend Finanzierungslösungen nachgefragt, die den individuellen Anforde-
rungen der Kunden gerecht werden. In diesem Zusammenhang ist auch eine sukzessive
Expansion alternativer Formen der Kapitalbeschaffung feststellbar (Brauer, 2013, S.
530-531).
Charakteristisch für die gewerbliche Immobilienfinanzierung ist außerdem der hohe
Anteil institutioneller Investoren unter den Nachfragern wie beispielsweise Versiche-
rungen, Pensionskassen oder Immobilienfonds. Während in der privaten Immobilienfi-
nanzierung Kapital von Privatpersonen für die Beschaffung von Wohnimmobilen nach-
gefragt wird, dominieren in der gewerblichen Immobilienfinanzierung institutionelle
Investoren die Nachfrageseite. Aufgrund der höheren Finanzierungsvolumen und der
spezifischen Risikoprofile unterscheiden sich die Anforderungen an Finanzierungsstruk-
turen und -parameter signifikant von denen privater Investoren (Rottke, 2011, S. 914).
6

Keller (2013) betont ferner die deutlich höhere Relevanz einer umfassenden Objektbe-
urteilung bei der gewerblichen Immobilienfinanzierung im Vergleich zur privaten Im-
mobilienfinanzierung. Während bei der Finanzierung privat genutzten Wohnraums eine
Bewertung unter Ertrags- und Sachwertgesichtspunkten ausreichend ist, kommt der Ob-
jektbeurteilung bei gewerblichen Immobilienfinanzierungen eine deutlich höhere Be-
deutung zu. Von Interesse sind beispielsweise Informationen bezüglich der Drittver-
wendungsfähigkeit, der Gebäudeenergetik und dem allgemeinen Unterhaltungszustand
der Immobilie (Keller, 2013, S. 25).
Der Begriff der gewerblichen Immobilienfinanzierung lässt sich zwar durch einige Be-
sonderheiten von der privaten Immobilienfinanzierung unterscheiden, in der Praxis
existieren jedoch insbesondere bei Wohnimmobilien unterschiedliche Abgrenzungen
und Ungenauigkeiten in der Definition. Eine eindeutige Trennung zwischen privaten
und gewerblichen Investoren ist nicht möglich, da die Frage ab welchem Finanzie-
rungsvolumen man von einem gewerblichen Investor spricht, nicht von allen Finanzie-
rungsanbietern einheitlich beantwortet wird (Jagersberger, Juchem, Löber, Strietzel &
Wessendorf, 2015, S. 9).
2.2 Der Markt der gewerblichen Immobilienfinanzierung in
Deutschland
Obwohl die Immobilienfinanzierung eine wesentliche Bedeutung für den Immobilien-
markt hat, ist die Datenlage in Deutschland im Hinblick auf Fälligkeitsstrukturen, regi-
onale Aspekte oder Details zu den Finanzierungsobjekten lückenhaft (Hesse & Just,
2014, S. 25). Zudem existiert keine einheitliche Marktdefinition der gewerblichen Im-
mobilienfinanzierung. Dies wird insbesondere durch die verschiedenen Abgrenzungen
und Überschneidungen bei der Wohnimmobilienfinanzierung deutlich (Jagersberger et
al., 2015, S. 9). Die folgenden Ausführungen umreißen grundsätzlich Aspekte sowohl
des Immobilienfinanzierungsmarktes als auch des Immobilieninvestmentmarktes. Eine
trennscharfe Abgrenzung dieser Teilmärkte in ihrer Beschreibung erscheint, vor dem
Hintergrund der weit reichenden Verflechtungen in der Praxis, nicht erstrebenswert und
praktikabel.
Die nachfolgende Beschreibung zur Struktur des Marktes für gewerbliche Immobilien-
finanzierung stützt sich in weiten Teilen auf Daten des Verbandes deutscher Pfandbrief-
banken sowie auf die Studie ,,Betongoldrausch in Deutschland" der Unternehmensbera-
7

tung Roland Berger, die einen umfassenden aktuellen Überblick über den Markt der
gewerblichen Immobilienfinanzierung in Deutschland vermittelt.
2.2.1 Struktur und Entwicklung
Aufgrund fehlender amtlicher Angaben für gewerbliche Immobilien, kann die Preisbe-
obachtung nur mithilfe privater Informationen erfolgen (Deutsche Bundesbank, 2017).
Die Qualität der Informationen muss daher sehr gewissenhaft geprüft werden (Voigt-
länder, 2017, S. 4). Die Deutsche Bundesbank nennt neben den jährlich unter dem Na-
men ,,German Property Index (GPI)" publizierten Preisindizes der bulwiengesa AG,
auch die entsprechenden Veröffentlichungen des Verbands deutscher Pfandbriefbanken
als zuverlässige Quellen (Deutsche Bundesbank, 2017). Weitere Informationen zu
Preis- und Mietentwicklungen werden beispielsweise vom Immobilienverband IVD,
GEWOS Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung oder vom US-
amerikanischen Finanzdienstleister MSCI mit dem Tochterunternehmen IPD zur Verfü-
gung gestellt (Voigtländer, 2017, S. 10-14). Grundsätzlich existieren jedoch Differenzen
zwischen den verschiedenen Preisinformationen der zuvor genannten Anbieter (Voigt-
länder, 2017, S. 14).
Im Folgenden werden die Preisindizes Wohnen, Gewerbe und Gesamtmarkt der vdp-
Research GmbH ­ einem Tochterunternehmen des Verbandes deutscher Pfandbriefban-
ken e.V. (vdp) ­ in Abbildung 1 dargestellt. Die Datenqualität kann grundsätzlich als
sehr hoch eingestuft werden. Unter anderem werden die Daten zu den Preisentwicklun-
gen auch für die Erfüllung regulatorischer Anforderungen in der Bankenwirtschaft er-
hoben und verwendet (Voigtländer, 2017, S. 10). Die Preisinformationen werden seit
2004 gesammelt und stammen von den an der Transaktionsdatenbank teilnehmenden
Finanzinstituten, die die Daten im Rahmen der Erstellung von Immobilienwertgutachten
generieren (vdp Research GmbH, 2016, S. 8). Der Vorteil der Daten der bulwiengesa
AG liegt wiederum in ihrem Detaillierungsgrad. Auf der anderen Seite resultieren die
Preisinformationen aus verschiedenen Datenquellen, die nicht immer klar definiert sind
(Voigtländer, 2017, S. 12). Aus diesem Grund werden sie in der vorliegenden Arbeit
nicht herangezogen. Seit Beginn des Jahres 2011 ist insgesamt ein starker Preisanstieg
der Immobilienpreise in Deutschland zu beobachten, der bis zum gegenwärtigen Zeit-
punkt anhält und wie in der nachfolgenden Abbildung 1 dargestellt, grundsätzlich so-
wohl die wohnwirtschaftlichen als auch die gewerblichen Immobilienpreise betrifft.
8

Abb. 1: Preisentwicklung im deutschen Immobilienmarkt
Quelle: Eigene Darstellung (Daten: vdp Research GmbH, 2017, vdp Immobilienpreis-Index Q 4 2016,
Stand: Februar 2017).
Vor dem Hintergrund der teils sehr deutlichen Preiszuwächse am deutschen Immobili-
enmarkt wird bereits seit mehreren Jahren die Möglichkeit einer aufkommenden Immo-
bilienpreisblase diskutiert.
In der Literatur existiert keine einheitliche Definition, was unter einer Immobilienpreis-
blase zu verstehen ist. Die letzte große Immobilienblase, die als Auslöser der jüngsten
globalen Finanzkrise angesehen werden kann, entstand auf dem US-amerikanischen
Wohnimmobilienmarkt. Die Ursachen und Wirkungen der sogenannten Subprime-Krise
werden unter dem Punkt 3.1 näher erläutert.
Eine entscheidende Voraussetzung bei der Entstehung der damaligen Preisblase ist in
der hohen Geldmenge zu sehen, die aus der Niedrigzinspolitik der US-amerikanischen
Zentralbank Fed resultierte (Illing, 2013, S.20). Bereits Mitte 2003 senkte die Noten-
bank der Vereinigten Staaten den Leitzins auf 1 %. Infolge dessen wurden die günstigen
Bedingungen der Liquiditätsaufnahme von zahlreichen Immobilienkäufern genutzt
(Beyel, 2009, S. 206) und die Immobilienpreise stiegen aufgrund der hohen Nachfrage
im Laufe der folgenden Jahre stark an. Vor diesem Hintergrund scheint die Sorge man-
cher Marktteilnehmer vor der Entstehung einer Preisblase in Deutschland gerechtfertigt,
da die Europäische Zentralbank seit mehreren Jahren die Leitzinsen auf einem histo-
risch niedrigen Niveau hält.
9

Ein weiterer Aspekt der zur Entstehung der Immobilienblase in den USA geführt hat,
begründet sich aus der insgesamt lockeren Kreditvergabe amerikanischer Banken an
Kunden mit geringer Bonität (Illing, 2013, S.20).
Die Gefahr einer Immobilienkrise, ausgelöst durch eine platzende Preisblase wie sie in
den USA zu beobachten war, ist in Deutschland nach heutigem Kenntnisstand jedoch
unwahrscheinlich. Zum einen sind die Kriterien der Wertermittlung und Bonitätsprü-
fung im direkten Vergleich in Deutschland deutlich strenger als in den USA, zum ande-
ren ist es fraglich, ob sich in Deutschland ähnliche handwerkliche Fehler in der Kredit-
vergabe häufen (Geyer & Müller, 2016, S. 26).
Dombret (2015) nennt die folgenden drei Voraussetzungen für die Entstehung einer
Preisblase am Immobilienmarkt:
1. Ein Preisanstieg, der gemessen an der fundamentalen, volkswirtschaftlichen La-
ge nicht mehr gerechtfertigt ist
2. Ein übermäßiges Wachstum von Immobilienkrediten
3. Eine Lockerung der Standards, nach denen Banken Immobilienkredite vergeben
Nach einer Bewertung der oben aufgeführten Kriterien - Preisentwicklung, Kredit-
vergabe und Kreditvergabestandards - sah die Deutsche Bundesbank zu Beginn des Jah-
res 2015, keine Anzeichen für die Entstehung einer Immobilienpreisblase in Deutsch-
land (Dombret, 2015). Diese Einschätzung dürfte sich seitdem nicht geändert haben, da
sich sowohl die Immobilienpreisentwicklung als auch die Kreditvergabepraxis seit 2015
nicht fundamental geändert haben. Zudem ist eine Lockerung der Kreditvergabepraxis
durch die Banken, vor dem Hintergrund der aktuellen Regulierungspraxis und der damit
einhergehenden zunehmenden Eigenkapitalbelastung, zurzeit sehr unwahrscheinlich.
Gleichwohl hat der Ausschuss für Finanzstabilität, dessen zentrale Aufgabe in der Iden-
tifizierung und der Warnung vor Gefahren liegt, die für die Finanzstabilität als wesentli-
che Sachverhalte anzusehen sind (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
[BaFin], 2016a), die Thematik einer möglichen Immobilienpreisblase aufgegriffen. So
hat der Ausschuss bereits im Jahr 2015 eine Empfehlung an die Bundesregierung zur
Einführung sogenannter makroprudenzieller Instrumente für den Wohnimmobilien-
markt ausgesprochen. Hierunter sind zusätzliche Eingriffsrechte der Aufsicht zur Ab-
wendung einer kreditinduzierten Preisüberhitzung am deutschen Immobilienmarkt zu
verstehen (Bundesministerium der Finanzen, 2016). Eine tiefergehende Beschreibung ­
sowohl der Inhalte als auch des aktuellen Stands der Umsetzung ­ kann hier nicht erfol-
10

gen. Fest steht jedoch, dass seitens der Behörden eine Gefahr der Überhitzung, insbe-
sondere im Bereich der Wohnungsmärkte, gesehen wird.
Bei einer Betrachtung der Indikatoren des deutschen Wohnimmobilienmarktes wie Mie-
ten, Preise sowie Bau- und Transaktionsvolumen wird deutlich, dass hier eine neue Dy-
namik zu verzeichnen ist. Hinzu kommen wachsende Kreditauszahlungen und
-bestände. Vor diesem Hintergrund wird auch die Möglichkeit einer kreditinduzierten
Immobilienmarktblase in Deutschland diskutiert (vdp Research GmbH, 2016).
Letztlich kann die Frage, ob sich in Deutschland die Entstehung einer Immobilienpreis-
blase abzeichnet, nicht eindeutig beantworten werden. Extreme Marktkorrekturen in
Form von abrupten negativen Wertveränderungen ­ wie sie grundsätzlich beim Platzen
von Preisblasen auftreten können ­ hätten aber in jedem Fall einen starken Einfluss auf
den Immobilienmarkt im Allgemeinen und auf die einzelnen Anbieter und Nachfrager
gewerblicher Immobilienfinanzierungen im Speziellen. Diese Feststellung trifft auch
auf den Wohnimmobilienmarkt zu, der für die Anbieter gewerblicher Immobilienfinan-
zierungen ebenso eine wichtige Rolle spielt.
Vor diesem Hintergrund soll die Frage bzgl. einer entstehenden Immobilienpreisblase
im Rahmen der Experteninterviews erörtert werden. Weitere Fragen in diesem Zusam-
menhang beziehen sich auf die möglichen Auswirkungen für die Finanzierungsanbieter
und in welcher Form hierauf in angemessener Weise reagiert werden soll.
In der Studie ,,Betongoldrausch in Deutschland" wird der Markt für gewerbliche Immo-
bilienfinanzierungen als Markt für die Finanzierung drittverwendungsfähiger Immobi-
lien zu Vermietungszwecken definiert, welcher sowohl vom Markt der privaten Immo-
bilienfinanzierung als auch vom Bereich Corporate Real Estate abzugrenzen ist (Jagers-
berger et al., 2015, S. 9). Das Bestandsvolumen aller gewerblichen Finanzierungen in
Deutschland lag laut verwendetem Marktmodell der Studie im 4. Quartal 2014 bei ca.
535 Mrd. Euro und teilte sich zu 53 Prozent in Wohnimmobilien und zu 47 Prozent in
Gewerbeimmobilien auf. Als Quelle für die Daten wird unter anderem die Kreditneh-
merstatistik der Deutschen Bundesbank angegeben (Jagersberger et al., 2015, S. 9).
Dass sich das Geschäft auch weiterhin positiv entwickelt, zeigen auch die jüngsten Zah-
len der Mitgliedsinstitute des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken, der wichtigsten
Anbietergruppe der deutschen Gewerbeimmobilienfinanzierung. Im Jahr 2015 wurden
gewerbliche Darlehenszusagen im Inland in Höhe von rund 35,4 Milliarden Euro erteilt
was einem Zuwachs von +14,3 % gegenüber dem Vorjahr bedeutet (vdp, 2015).
11

2.2.2 Besonderheiten des deutschen Finanzierungsmarktes
Zunächst einmal unterscheidet sich der deutsche Immobilienmarkt aufgrund der födera-
len Struktur der Bundesrepublik Deutschland grundlegend von anderen europäischen
Immobilienmärkten. In Deutschland existiert keine dominierende Metropole wie bei-
spielsweise in Frankreich oder Großbritannien, sondern mehrere bedeutende Immobi-
lienmärkte. Diese sind Hamburg, Berlin, München, Frankfurt am Main und Düsseldorf
(Bone-Winkel, Focke & Schulte, 2016, S. 20). In zahlreichen Marktstudien werden zu-
dem Köln und Stuttgart als weitere bedeutende, deutsche Immobilieninvestment und
-mietmärkte aufgeführt.
Die Auswirkung der föderalen Struktur macht sich beispielsweise auf dem Büromarkt
bemerkbar. Während die Wirtschaftsstrukturen und somit auch die Büromärkte in Län-
dern wie Frankreich oder Großbritannien eher zentralistisch ausgerichtet sind, weist der
deutsche Büromarkt eine polyzentrische Struktur auf. Die Konzentration der ökonomi-
schen Aktivitäten auf eine zentrale Metropole führt unter anderem dazu, dass sich die
Mietpreise für Büroimmobilien in Städten wie London auf einem vergleichsweise ho-
hem Niveau befinden
(Schulten & Denk, 2017, S. 254).
Der Finanzmarkt gilt in Deutschland als bankendominiert. Damit unterscheidet er sich
grundsätzlich vom US-amerikanischen Finanzmarkt in dem die Kapitalmarktfinanzie-
rung eine bedeutendere Rolle spielt jedoch nicht zwangsläufig von anderen europäi-
schen Finanzmärkten. Die europäische Wirtschaft finanziert sich insgesamt zu 80 %
über den Bankensektor (Mersch, 2014). Auch im Bereich der gewerblichen Immobilien-
finanzierung können Banken traditionell einen bedeutenden Marktanteil sowohl in
Deutschland als auch in Europa vorweisen.
Die Emission von Anleihen am Kapitalmarkt, insbesondere durch Banken, ist die in
Deutschland beherrschende Art der Refinanzierung von Immobilienkrediten (Rottke,
2011, S. 957). Die Herausgeber von Anleihen platzieren handelbare Wertpapiere am
Kapitalmarkt, die Forderungen gegenüber dem ausgebenden Emittenten darstellen. Eine
weitere gebräuchliche Bezeichnung ist daher der Begriff Schuldverschreibung (Knü-
fermann, 2016, S. 142). Für eine fest vereinbarte Laufzeit leihen sich Banken Kapital
und zahlen hierfür fest vereinbarte Zinsen (Rottke, 2011, S. 957). Hierdurch erhalten die
Institute die Möglichkeit mittel- und langfristige Kredite mit festen Zinssätzen anzubie-
ten (Brauer, 2013, S. 471). Für die Refinanzierung von gewerblichen Immobilienkredi-
ten haben neben Unternehmensanleihen insbesondere Pfandbriefe eine große praktische
12

Bedeutung (Rottke, 2011, S. 957).
Ein Pfandbrief ist eine Anleihe, welche zusätzlich
durch eine Deckungsmasse besichert ist. Die Deckungsmasse entspricht bei Hypothe-
kenpfandbriefen grundsätzlich die durch Grundpfandrechte besicherten Kreditforderun-
gen (Schäfers et al., 2016, S. 487). Auf eine tiefergehende Beschreibung des deutschen
Pfandbriefgesetzes soll an dieser Stelle verzichtet werden. Mit dem deutschen Pfand-
brief verfügen die deutschen Pfandbriefbanken über eine äußerst attraktive Refinanzie-
rungsmöglichkeit, die im Vergleich zu ausländischen Finanzmärkten als eine Besonder-
heit angesehen werden kann.
Deutschland rückte, nicht zuletzt aufgrund der im Vergleich zu anderen europäischen
Staaten verhaltenen Entwicklung bei Mieten und Preisen, zunehmend in den Fokus aus-
ländischer Investoren (BMVBS, 2009, S. 25-26). Im Gegensatz zu vielen internationa-
len Immobilienmärkten war der Handel mit Immobilien in Deutschland vor dieser Zeit
die Ausnahme, sodass sich der deutsche Immobilienmarkt durch eine vergleichsweise
geringe Volatilität der Immobilienpreise auszeichnet (Knepper, 2003, S. 189). Eine wei-
tere Begründung für die geringere Volatilität ist in der risikoorientierten Festlegung von
Margen zu sehen, die sich unter anderem am Beleihungswert der finanzierten Immobilie
orientiert (Quentin, 2014, S. 38). Die Ermittlung des Beleihungswertes erfolgt unabhän-
gig vom Marktwert. Zudem muss der Beleihungswert während der gesamten Darlehens-
laufzeit einer Finanzierung kleiner oder gleich dem Marktwert sein
(Frings, 2011, S.
426). Vergleicht man die deutschen Immobilienwertermittlungsverfahren mit internati-
onalen Bewertungsmethoden, dann ist zwar eine Vielzahl von Gemeinsamkeiten fest-
stellbar, aber auch einige Unterschiede (Brauer, 2013, S. 505) wie die zuvor erwähnte
Beleihungswertermittlung.
Eine weitere Besonderheit des deutschen Immobilienmarktes im Hinblick auf den
Wohnungsmarkt ist zudem die verhältnismäßig sehr geringe Wohneigentumsquote. So
lebte im Jahr 2014 rund 70 % der Bevölkerung der Europäischen Union in selbstgenutz-
tem Wohneigentum, während die vergleichbare Zahl in Deutschland lediglich bei rund
52 % lag und damit den geringsten Wert unter den 28 EU-Mitgliedsstaaten aufwies (Eu-
rostat, 2015). Im Unternehmensbereich wiederum ist die Situation eine ganz andere.
Hier existiert in Deutschland, im internationalen Vergleich, ein hoher Eigentumsanteil.
Bei den unternehmenseigenen Immobilien beträgt die Eigentumsquote schätzungsweise
60 Prozent, während die entsprechende Quote im internationalen Vergleich lediglich bei
30 bis 40 Prozent liegt (Brauer, 2013, S. 52).
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2.3 Akteure in der gewerblichen Immobilienfinanzierung
Im Folgenden sollen die wichtigsten Akteure in der gewerblichen Immobilienfinanzie-
rung näher betrachtet werden. Hierbei beschränken sich die Ausführungen auf die An-
bieter und Nachfrager von gewerblich geprägten Immobilienfinanzierungen. Andere
wichtige Marktteilnehmer wie beispielsweise Beratungsunternehmen oder Anwalts-
kanzleien werden nicht beleuchtet.
Wie oben unter Punkt 2.2.2 ,,Besonderheiten des deutschen Finanzierungsmarktes" be-
reits beschrieben, wird die Anbieterseite in Deutschland klar von Banken dominiert.
Relevanz für die gewerbliche Immobilienfinanzierung haben hierbei insbesondere die
Universalbanken ­ zu denen auch die Landesbanken gehören ­ mit ihren unterschied-
lich großen Immobilienkreditbereichen sowie die Realkreditinstitute, die den Spezial-
banken zugeordnet werden können.
Neben den Banken haben sich in den letzten Jahren neue Kreditgeber am gewerblichen
Immobilienfinanzierungsmarkt etabliert. In diesem Zusammenhang sind in erster Linie
Staatsfonds, Versicherungen, Pensionskassen sowie Kreditfonds zu nennen (Bettink,
2014, S. 18). Die Gründe hierfür sind vielfältig und können unter anderem als Folge der
Finanzkrise in Verbindung mit den veränderten regulatorischen Rahmenbedingungen,
sowie der anhaltenden Niedrigzinsphase, gesehen werden.
Aber auch im Bankenfeld haben sich in den letzten Jahren deutliche Veränderungen
ergeben. Im Hinblick auf die jeweiligen Anteile der verschiedenen Bankentypen am
gewerblichen Immobilienfinanzierungsmarkt ist zu beobachten, dass Realkreditinstitute
in jüngster Vergangenheit deutliche Marktanteile einbüßen mussten. Viele Universal-
banken konnten hingegen ihre Marktstellung verbessern. Unter ihnen sind insbesondere
die öffentlich-rechtlichen und genossenschaftlichen Kreditinstitute mit ihren Landes-
banken bzw. Spitzeninstituten zu nennen (Schäfers et al., 2016, S. 494).
Im Folgenden werden unter Punkt 2.3.1 sowohl die Banken als auch die alternativen
Finanzierungsgeber in Bezug auf das Geschäftsfeld der gewerblichen Immobilienfinan-
zierung näher beschrieben. Unter Punkt 2.3.2 folgt anschließend eine Betrachtung der
Nachfrager gewerblicher Immobilienfinanzierung.
2.3.1 Banken und alternative Finanzierungsgeber
Realkreditinstitute wie beispielsweise Hypothekenbanken versorgen den Immobilienin-
vestmentmarkt mit langfristigen Darlehen, indem sie Schuldverschreibungen (soge-
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nannte Pfandbriefe) ausgeben und am Kapitalmarkt platzieren (Deutsche Bundesbank,
2015, S. 96). Aber auch Universalbanken ­ wie beispielsweise Landesbanken ­ geben
Pfandbriefe aus, um ihre gewerblichen Immobilienkredite zu refinanzieren.
Die Bankendichte ist in Deutschland mit rund 2.000 Kreditinstituten verglichen mit an-
deren Ländern verhältnismäßig hoch. Die Größenunterschiede zwischen den einzelnen
Instituten sind zudem sehr ausgeprägt. Unterschiede gibt es auch hinsichtlich der
Rechtsformen. Die Institute können dem öffentlich-rechtlichen, genossenschaftlichen
und privatrechtlichen Sektor zugeordnet werden. Charakteristisch für das deutsche
Bankwesen ist zudem das sogenannte Universalbankprinzip. Universalbanken bieten
mehrere Bankdienstleistungen an (Deutsche Bundesbank, 2015, S. 93) und sind grund-
sätzlich alle Anbieter von Immobilienfinanzierungen (Brauer, 2013, S. 474). Daneben
existieren die Spezialbanken, die sich auf einzelne Bankdienstleistungen fokussieren.
Die gewerbliche Immobilienfinanzierung stellt den traditionellen Geschäftsschwerpunkt
der Hypothekenbanken dar, sodass die einzelnen Institute in den vergangenen Jahren ein
weitreichendes Know-how bezüglich verschiedenster Immobiliensegmente und
-standorte sowie Finanzierungsformen aufbauen konnten (Jagersberger et al., 2015, S.
5). Die Abbildung 2 gibt einen Überblick über die in Deutschland tätigen Geschäftsban-
ken und ihren jeweiligen prozentualen Bestandsmarktanteilen im gewerblichen Immobi-
lienkreditgeschäft im Inland.
Abb. 2: Banken in Deutschland mit Bestandsmarktanteilen
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Deutsche Bundesbank (2015, S. 94) und Brauer (2013, S.
474). Daten: Deutsche Bundesbank und vdp Research GmbH, unter:
http://www.hypverband.de/cms/_internet.nsf/tindex/de_2122.htm
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Das vor der Finanzkrise weit verbreitete volumengetriebene Geschäft der Banken gehört
mittlerweile weitestgehend der Vergangenheit an. Stattdessen verfolgen die Institute
grundsätzlich ein risikoorientiertes Geschäft bei dem die Eigenkapitalverzinsung mitt-
lerweile als zentrale Steuerungsgröße in den Blick gerückt ist. Zudem erfolgt eine deut-
lich strukturiertere Untersuchung und Bewertung der Kreditrisiken. Die Gründe hierfür
sind neben den wirtschaftlichen Veränderungen insbesondere auch in den verschärften
aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen zu sehen (Schäfers, 2008, S. 90).
Der Druck auf das Eigenkapital der Banken durch die Anforderungen, zunächst durch
Basel II und in jüngerer Vergangenheit durch Basel III, hat dazu beigetragen, dass die
Möglichkeit der Finanzierung großvolumiger Finanzierungen tendenziell schwieriger
geworden ist. Teilweise versuchen die Institute ihre Bilanzsummen zu reduzieren und
sind daher bei der Kreditvergabe großer Volumina zurückhaltender geworden (Geyer &
Müller, 2016, S. 27-28).
Das Resultat dieser Entwicklungen ist ein verändertes Verständnis über die grundlegen-
de Funktion der Banken. Sie treten nicht mehr ausschließlich im Rahmen der Vermitt-
lung von Angebot und Nachfrage zwischen Kapitalmarkt und Kreditnehmern als klassi-
sche Finanzintermediäre auf. Vielmehr arrangieren sie zunehmend provisionsorientiert
verschiedene Formen von Kapitalmarkttransaktionen (Schäfers, 2008, S. 90), was in
vielerlei Hinsicht die Notwendigkeit einer kritischen Auseinandersetzung der Banken
mit der eigenen geschäftspolitischen Ausrichtung begründet (Bettink, 2014, S. 21).
Hinzu kommen die Markteintritte von sogenannten alternativen Finanzierern wie bei-
spielsweise Versicherungen oder Pensionskassen, die sich unter anderem vor dem Hin-
tergrund des allgemeinen Anlagenotstandes begründen lassen
(Jagersberger et al., 2015,
S. 40) und eine umfängliche Beschäftigung der etablierten Finanzierer mit den neuen
Marktteilnehmern sinnvoll erscheinen lassen.
Vor dem Hintergrund des anhaltend niedrigen Zinsniveaus und der damit einhergehen-
den Abnahme rentierlicher Anlagemöglichkeiten, haben sich Versicherungen in jüngster
Vergangenheit zunehmend dem Feld der Immobilienfinanzierung zugewandt. Größten-
teils treten sie als Partner von Banken im Rahmen von sogenannten Konsortialfinanzie-
rungen auf und finanzieren gemeinsam Gewerbeimmobilien wie bspw. Shopping-
Center oder Logistikimmobilien (Geyer & Müller, 2016, S. 24-25). Bei einer Konsorti-
alfinanzierung wird der Kredit nicht von einem Kapitalgeber, sondern gemeinschaftlich
von mehreren Kapitalgebern gewährt. Ansonsten weist der Konsortialkredit grundsätz-
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Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2017
ISBN (PDF)
9783961161348
ISBN (Paperback)
9783961166343
Dateigröße
1.5 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
European Business School - Internationale Universität Schloß Reichartshausen Oestrich-Winkel – Wirtschaft und Recht
Erscheinungsdatum
2017 (Juni)
Note
1,4
Schlagworte
Real Estate Investment an Finance gewerbliche Immobilienfinanzierung Bank Bankenbranche Immobilienwirtschaft
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Titel: Zukunftsperspektiven der gewerblichen Immobilienfinanzierung in Deutschland
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