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Zwischen Hilfe und Kontrolle

Der schwierige Alltag eines Bewährungshelfers

©2016 Hausarbeit 20 Seiten

Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit soll Außenstehenden einen Einblick in die Tätigkeiten eines Bewährungshelfers geben, wie wichtig diese Arbeit ist und was alles dazugehört um eine gute, gewinnbringende Arbeit zu leisten.
Zu Beginn steht ein kurzer theoretischer Einstieg über die Bewährungshilfe und Führungsaufsicht sowie den Funktionen und Aufgaben eines Bewährungshelfers. Die Motivation der Jugendlichen zu delinquentem Verhalten war dabei von Interesse. Was ist im Lebenslauf der Klienten negativ verlaufen, dass es überhaupt zu einer Straftat gekommen ist? Wie fühlt sich ein Verurteilter während oder nach der Inhaftierung und was muss aus Sicht der Bewährungshilfe passieren, dass diese Jugendlichen zukünftig ein straffreies Leben führen können? Was hilft dem Jugendlichen in einer für ihn aussichtslos erscheinenden Situation, wieder zu sich selbst zu finden und den Mut zu fassen eine Veränderung seiner Lebenssituation vorzunehmen?

Diese Arbeit wurde überarbeitet und durchgehend anonymisiert.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis



1
Einleitung
Diese Arbeit wurde überarbeitet und durchgehend anonymisiert. Die hier aufgeführten
Namen sind erfunden.
Mit der Veröffentlichung dieser Arbeit möchte ich Außenstehenden einen Einblick in die
Tätigkeiten eines Bewährungshelfers geben, wie wichtig diese Arbeit ist und was alles
dazugehört um eine gute, gewinnbringende Arbeit zu leisten.
Die Benotung dieser Arbeit von der Note 2,0 setzt sich aus der Einschätzung der
Praktikumsanleiterin (Bewährungshelferin) und des Kolloquiums im Anschluss an das
Praxissemester zusammen. Die Note 2,0 kam zustande, da ich der Bewährungshilfe
gegenüber nicht kritisch genug gewesen sei. Jedoch bin ich der Meinung, dass die
Bewährungshilfe, wie ich sie kennengelernt habe mit all den schwierigen und nahezu
aussichtslos erscheinenden Fällen, eine hervorragende Arbeit geleistet hat.
Der Ablauf dieser Abschlussarbeit wurde größtenteils den Studierenden überlassen, jedoch
sollten wissenschaftliche Methoden auf einen konkreten Fall aus dem Praktikum angewandt
werden. Mithilfe der Krisenintervention von Ciompi und der Bewältigungsansätze von
Krisen nach Böhnisch habe ich versucht, diesem Problem als abschließenden Teil der Arbeit
auf den Grund zu gehen.
Im Rahmen meines Studiums an der Ernst-Abbe-Hochschule absolvierte ich mein
berufspraktisches Semester bei den Sozialen Diensten der Justiz, der Bewährungs- und
Gerichtshilfe am Oberlandesgericht in XXX und die dazugehörende Zweigstelle in XXX.
Einmal die Woche bot die Hochschule eine verbindliche Reflexionsveranstaltung unter der
Leitung von Fr. Prof. Dr. phil. habil. XXX. an, um theoretische Inhalte des Praktikums zu
vermitteln.
Angefangen von einem kurzen theoretischen Einstieg über die Bewährungshilfe und
Führungsaufsicht, den Funktionen und Aufgaben eines Bewährungshelfers, meine von mir
gesetzten Ziele, die Umsetzung und die Auswertung meiner neu gewonnenen Kompetenzen.
Mit meinen Beispielen beziehe ich mich überwiegend auf Jugendliche und junge
Erwachsene, da ich mit diesem Klientel die meisten Erfahrungen gesammelt habe.

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Bereits vorab hat mich die Motivation dieser Jugendlichen zu delinquentem Verhalten
interessiert. Was ist im Lebenslauf der Klienten negativ verlaufen, dass es überhaupt zu einer
Straftat gekommen ist? Wie fühlt sich ein Verurteilter während oder nach der Inhaftierung
und was muss aus Sicht der Bewährungshilfe passieren, dass diese Jugendlichen zukünftig
ein straffreies Leben führen können?
Was hilft dem Jugendlichen in einer für ihn aussichtslos erscheinenden Situation, wieder zu
sich selbst zu finden und den Mut zu fassen eine Veränderung seiner Lebenssituation
vorzunehmen!?
Zum besseren Verständnis benutze ich ausschließlich die Bezeichnung Bewährungshilfe,
damit ist jedoch im gleichen Maße die Gerichtshilfe immanent.
In der Bewährungshilfe spricht man von Probanden, satt Klienten. Der Einfachheit halber
werde ich auf die weibliche Form verzichten, gemeint sind jedoch beide Geschlechter.
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Soziale Dienste der Justiz
Im Laufe der Entwicklung forensischer Forschung gewann man die Einsicht, dass die
Beweggründe und die Persönlichkeit des straffällig in Erscheinung getretenen Menschen
stärker zur Beurteilung seiner Taten heranzuziehen sind. Im Jahre 1920 wurde erstmals in
verschiedenen Städten die sogenannte ,,Soziale Gerichtshilfe" [Hervorheb. des Verfassers]
eingerichtet. (Kawamura- Reindl und Schneider 2015, S. 162)
Nachdem die Bewährungshilfe, die Gerichtshilfe und die Führungsaufsicht unter der Leitung
der Landesjustizverwaltung eine konsequente Trennung der Aufgaben pflegten, entwickelte
sich nach der Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern eine starke Neigung, diese
voneinander getrennten Bereiche in einen einheitlichen Sozialen Dienst der Justiz
zusammenzuführen. Mittlerweile ist diese Zusammenführung in den überwiegenden
Bundesländern erfolgt. Die vielseitige organisatorische und inhaltliche Ausgestaltung der
Sozialen Dienste der Justiz ist in erster Linie der föderalen Struktur der Bundesrepublik
geschuldet, die die Landesdienstverwaltung befugt, die Erfüllung der gesetzlich
vorgeschriebenen Aufgaben organisatorisch unterschiedlich zu gestalten. (Kawamura-
Reindl und Schneider 2015, S. 161)

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1.1 Bewährung
Die Strafaussetzung zur Bewährung ist seit ihrer Einführung in den 1950er Jahren eines der
zentralen Instrumente einer Kriminalpolitik geworden, die auf eine ambulante Kontrolle und
Unterstützung von Straffälligen setzt (Kawamura- Reindl und Schneider 2015, S. 168). Im
allgemeinen Strafrecht ist die Strafaussetzung zur Bewährung nach der Geldstrafe die
zweithäufigste Sanktion im allgemeinen Strafrecht.
Freiheitsstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt werden, können entweder nach Verbüßung
eines Teils der Haftstrafe (i.d.R. nach 2/3 der abgesessenen Haftzeit) oder bereits bei der
Verurteilung verhängt werden (Kawamura- Reindl und Schneider 2015, S. 168).
1.2 Führungsaufsicht
Anders bei der Führungsaufsicht, die zu den nichtfreiheitsentziehenden Maßregeln der
Besserung und Sicherung zählt, kann sie neben einer Freiheitsstrafe angeordnet werden,
wenn die Wahrscheinlichkeit weitere Straftaten zu begehen, besonders hoch eingeschätzt
wird (Kawamura- Reindl und Schneider 2015, S.175). Sie kann von 2 bis maximal 5 Jahren
verhängt werden. Die Führungsaufsicht soll Straftäter mit ungünstiger Sozialprognose vor
allem nach Verbüßung der Freiheitsstrafe oder dem Ende einer Entziehungsanstalt sowie der
Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus eine Unterstützung für den Übergang
in die Freiheit gewähren (Kawamura- Reindl und Schneider 2015, S. 175, 176).
1.3 Funktion eines Bewährungshelfers
Besonders kennzeichnend und ausschlaggebend für die Arbeit der Bewährungshilfe, unter
Einfluss des gesetzlichen Auftrags, ist das Spannungsfeld zwischen Hilfe und Kontrolle
(Kawamura- Reindl und Schneider 2015, S. 172). Dies bedeutet einerseits, den Probanden
· zu motivieren, eine Veränderung seiner Lebenssituation herbeizuführen,
· ihm die dafür erforderliche Technik an die Hand zu geben,
· notwendige Hilfen zu initiieren (z.B. Netzwerkpartner),
· und den Prozess zu begleiten und zu lenken.

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Auf der anderen Seite ist der Zwangskontext und das damit verbundene Sanktionsspektrum
zu verdeutlichen, auf das im Falle mangelnder Mitwirkungsbereitschaft seitens des
Probanden (aufgrund gerichtlicher Anordnung), zurückgegriffen werden kann und muss
(May 2005, S.89). Der Bewährungshelfer überwacht vorrangig die Erfüllung der Auflagen
und Weisungen des Probanden und hat dem Gericht gegenüber eine Mitteilungs- und
Berichtspflicht, die dem zuständigen Gericht dient, die Notwendigkeit eines eventuellen
Bewährungswiderrufs (bei Nichteinhaltung der Auflagen und Weisungen oder erneuter
Straftaten) oder weiterer Maßnahmen einschätzen zu können (Kawamura- Reindl und
Schneider 2015, S. 172).
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Ziel des Praktikums
Die Zielstellung meines Praktikums war vorrangig: das Kennenlernen der Einrichtung und
der Kollegen, die Dokumentation und Führung von Akten, der allgemeine Tagesablauf und
mögliche Teambesprechungen ­ und Weiterbildungen und das Erlernen praktischer
Erfahrung im Umgang mit delinquenten Jugendlichen und Erwachsenen. Von besonderem
Interesse waren für mich die Geschichten, die sie mitbrachten und wie es dazu kam, in ein
straffälliges Leben abzurutschen. Schrittweise wollte ich einzelne Aufgaben übernehmen
und nach und nach eigenständig Gespräche führen und diese dokumentieren. Von
besonderer Bedeutung war es, welche Ansätze und mithilfe welcher Methoden man
versuchte, zu den sonst meist verschlossenen Jugendlichen und Erwachsenen Straftätern
durchzudringen, die Bewährungshilfe als eine Hilfestellung anzusehen und sie dazu zu
bringen, sich zu öffnen ­ um ihnen ein auf sie zugeschnittenes Hilfsangebot
zusammenzustellen.
2.1 Die erste Zeit im Praktikum
In der ersten Woche lernte ich die Einrichtung genauer kennen. Ich wurde von meiner
Anleiterin bei allen Kollegen im Amtsgericht X vorgestellt. Nebenbei erklärte sie mir, die
Funktionen und Zuständigkeiten der einzelnen Angestellten. Ich konnte den Computer im

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Nebenbüro nutzen, an dem die Geschäftsstelle der Bewährungshilfe, die für 12 Stunden in
der Woche eingeteilt war, oftmals zum Beispiel ihre Gerichtshilfeaufträge erledigte (das sind
in der Regel Vermittlung in Arbeitsstunden). Da meine Anleiterin zwei verschiedene
Arbeitsorte hat, musste in ihrem neuen Büro in X ein zweiter PC für mich eingerichtet
werden. Zudem bekam ich meinen Dienstausweis, den Zimmerschlüssel und Zugangskarte
für den Bereich Soziale Dienste am Oberlandesgericht in X.
Da sie erst seit ein paar Wochen vor Beginn meines Praktikums zu einem Teil nach X
versetzt wurde, hatte sie von den anderen Kolleginnen vorerst wenige Klienten übernehmen
können. So musste der Sprechtag von 08:00 bis 18:00 Uhr vorerst in X bleiben. Sie hatte
montags ihren Sprechtag in X, doch da ich an diesem Tag meine Reflexionsveranstaltung in
der Hochschule hatte, mussten wir den Sprechtag auf Dienstag verlegen. Zudem lernte ich
mich gleich in das von den Sozialen Diensten eingerichtete ,,X ­ Programm" ein, in welches
alle für den einzelnen Probanden relevante Informationen dokumentiert wurde. Es wird jeder
Termin, ob telefonisch, zur Sprechzeit erschienen oder auch Hausbesuch in das Programm
eingegeben, ausgedruckt und in die jeweilige Akte geheftet. Diese Vorschrift dient dazu,
sollte eine Kollegin in Vertretung des eigentlich zuständigen Bewährungshelfers eine
Anhörung oder Gerichtsverhandlung aufgrund gerichtlicher Anordnung wahrnehmen
müssen, genaue Angaben zum Bewährungsverlauf des Probanden machen zu können. Aber
auch wenn der Proband zum Beispiel in einen anderen Bezirk zieht und die Akte an die
zuständige Behörde übersandt werden muss. Das Programm beinhaltet noch weitere
relevante Funktionen, auf die ich an dieser Stelle jedoch nicht weiter eingehen möchte.
Nebenbei lernte ich die ersten Klienten kennen. Sie kamen wie üblich zu den vereinbarten
Terminen, jedoch nicht alle hielten sich an Abmachungen mit der Bewährungshilfe. Meine
Anleiterin vereinbarte mit mir, vorerst nicht in die Akten zu sehen, sondern mir
,,unvoreingenommen" einen Eindruck über die jeweilige Person zu verschaffen. Hinterher
klärte sie mich über die Straftat des Probanden auf, was mich manchmal überraschte, da man
doch auf das ein oder andere extreme Beispiel stieß.
Die Probanden wurden zu meiner Person aufgeklärt und hatten vor jedem Gespräch die
Möglichkeit meine Anwesenheit abzulehnen, sodass sie das Gespräch mit meiner Anleiterin
allein führen konnten.

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Die Gesprächsnotizen fielen mir am Anfang schwer, da ich die relevanten Inhalte erst für
mich herausfiltern musste. Dies wurde jedoch mit der Zeit und durch wiederholtes
Nachfragen zunehmend besser. Ich tätigte die ersten Telefonate mit Netzwerkpartnern, u.a.
mit der Suchtberatung etc.
2.2 Verselbstständigung ­ mein erster Proband
Nachdem ich so langsam die Abläufe verstand und ich mich gut eingearbeitet fühlte, war es
an der Zeit, dass ich die ein oder andere Aufgabe selbstständig übernahm. Ich begleitete
einen Probanden zu einer externen sozialen Einrichtung, führte erste Klientengespräche
unter vorheriger Absprache meiner Anleiterin und hatte die Gelegenheit ein Erstgespräch zu
führen. Trotz, dass ich mich dieser Aufgabe noch nicht gewachsen fühlte und schrecklich
aufgeregt war, wagte ich das Erstgespräch. Ich wusste nicht, wer zur Tür hineintrat und was
derjenige alles mitbrachte, von dem ich keine Ahnung hatte. Mein größtes Problem war es,
dass ich inkompetent auftreten könnte. Also studierte ich das Konzept weiter und bereitete
mich auf das Gespräch vor. Mithilfe eines Informationsblattes, was die Probanden bei jedem
Erstgespräch zum Lesen bekamen, legte ich mir meinen Fahrplan zurecht.
Am Tag des Geschehens war ich sehr aufgeregt. Der Proband war gerade 18 Jahre alt und
wirkte sehr kindlich. In Begleitung seines Vaters wurden die beiden von meiner Anleiterin
begrüßt und hereingebeten. Damit hatte ich nun gar nicht gerechnet, dass nun auf einmal
zwei Menschen vor mir sitzen, die mich anstarren werden. Ich wurde vorgestellt und der
Proband war damit einverstanden, dass ich die Gesprächsführung übernahm. Ab da begann
mein Stotter-Vortrag. Die Worte, dich ich mir im Kopf zurecht gelegt hatte um das Gespräch
zu eröffnen ­ waren weg. Die grandiose Einleitung, die so schön gepasst hätte um dem
Probanden die Angst vor der Justiz zu nehmen ­ war weg. Ich brachte gerade noch so raus,
dass ich Studentin und im Praxissemester bin. Mit hilfeschreiendem Blick zu meiner
Anleiterin, die mich erwartungsvoll und mit großen Augen ansah, versuchte ich die Situation
zu retten, doch ich war auf mich allein gestellt. Dann fiel mir das Informationsblatt, dass vor
mir lag wieder ein. Meine ersten Gedanken dazu waren, dies dem Probanden hinzuwerfen
und aus dem Fenster zu springen, doch da wir gnädiger Weise am Oberlandesgericht im
Keller sitzen, wäre diese Variante wahrscheinlich noch peinlicher gewesen als sie ohnehin
schon war. Also fing ich nach gefühlten 5 Minuten Schweigepause an, den Zettel im

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2016
ISBN (PDF)
9783961161171
ISBN (Paperback)
9783961166176
Dateigröße
358 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Ernst-Abbe-Hochschule Jena, ehem. Fachhochschule Jena – Soziale Arbeit
Erscheinungsdatum
2017 (April)
Note
2,0
Schlagworte
Bewährungshilfe Klienten Probanden Straffällige Delinquenz Straftäter Führungsaufsicht Gerichtshilfe Coping Seelsorge Vollzug Krisenintervention Soziale Arbeit Praktikum Inhaftierung Jugendstrafanstalt JVA JSA Soziale Dienste Justiz
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