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Annette von Droste-Hülshoff

©2016 Hausarbeit 15 Seiten

Zusammenfassung

Annette von Droste-Hülshoff ist die einzige Schriftstellerin, die in keiner deutschen Literaturgeschichte fehlt. Sie kämpfte ein Leben lang gegen die Erwartungen ihrer Gesellschaft und ihrer Familie. Ihre literarischen Leistungen wurden nicht ernst genommen und ein öffentliches Auftreten grundsätzlich abgelehnt.
Diese Arbeit untersucht anhand des Gedichtes „Am Turme“ von Annette von Droste-Hülshoff und geschichtlichen Zitaten und Hintergründen das damalige Frauenbild und das damalige Rollenverständnis zwischen Mann und Frau. Ausgehend vom Gedicht soll untersucht werden, welches Rollenverständnis innerhalb der Epoche anzutreffen ist und welche Auswirkungen dieses auf die Frauen dieser Zeit hatte.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Einleitung
Annette von Droste-Hülshoff ist die einzige Schriftstellerin, die in keiner deutschen
Literaturgeschichte fehlt. Sie kämpfte ein Leben lang gegen die Erwartungen ihrer
Gesellschaft und ihrer Familie, ihre literarischen Leistungen wurden nicht
ernstgenommen und ein öffentliches Auftreten grundsätzlich abgelehnt. Diese Arbeit
untersucht anhand des Gedichtes ,,Am Turme" von Annette von Droste-Hülshoff und
geschichtlichen Zitaten und Hintergründen, das damalige Frauenbild und das damalige
Rollenverständnis zwischen Mann und Frau. Ausgehend vom Gedicht soll untersucht
werden, welches Rollenverständnis innerhalb der Epoche anzutreffen ist und welche
Auswirkungen diese auf die Frauen dieser Zeit hatte.
Legende
A.v.D-H.
= Annette von Droste-Hülshoff
S.
= Seite
Vgl.
= vergleiche
Ebd.
= ebenda
1

Annette von Droste-Hülshoff
Anna Elisabeth Franzisca Adolphine Wilhelmine Louise Maria von Droste-Hülshoff
wird am 10. Januar 1797 auf der Wasserburg Hülshoff bei Münster geboren.
1
A.v.D-
H. war ein Frühchen, ein ,,Acht-Monats-Kind"
2
und hatte Gesundheitsprobleme. Sie
entstammte aus einer alten westfälischen Adelsfamilie, die streng katholisch und
konservativ lebte. Zusammen mit ihren Brüdern erhielt sie Privatunterricht durch den
Hauslehrer.
3
A.v.D-H. war ein sehr belesenes Kind, so schrieb sie mit sieben Jahren
ihre ersten Gedichte. Durch die ,,kunstsinnige und gesellige Atmosphäre"
4
der Familie
Hülshoff entwickelte sie ein Talent fürs ,,Zeichnen und Musizieren."
5
Sie spielte Klavier,
spielte Theater, komponierte Lieder und versuchte sich sogar an einer Oper. ,,Durch
ihren scharfen, kritisch hinterfragenden Verstand gerät sie leicht in die
Außenseiterrolle."
6
1812 liest Anton Matthias Strickmann (1749-1833) die
Jugendwerke von A.v.D-H. und findet Gefallen an ihnen. A.v.D-H. findet in ihm einen
,,gleichgesinnten Gesprächspartner."
7
1813 bekam sie Kontakt zum Bökendorfer Kreis,
dem auch die Gebrüder Grimm angehörten. Nach dem Tod ihres Vaters (1826) zog
sie mit ihrer Mutter und Schwester nach Rüschhaus.
8
1836 wurde ihr erster
Gedichtband veröffentlicht, der kaum Beachtung fand. Die Heilige Schrift ist die
Hauptquelle ihrer Lyrik, sie knüpft an Traditionen an, die bis ins Barock zurückreicht.
9
A.v.D-H. nahm an einem literarischen Kreis von Elise Rüdiger (1812-1899) teil, wo sie
dem 17 Jahre jüngeren Kritiker Levin Schücking begegnete.
__________________________
1
Vgl. Peter Lang: A.v.D-H. Leben und Werk, eine Dichterchronik. Band 2. Bern 1994. S. 23.
2
Marcel Reich-Ranicki: Deutsche Gedichte und ihre Interpretationen. Band 4. Leipzig 2002, S.55.
3
Vgl. Manfred Weiß-Dasio, eine Einführung in das Gedichtwerk der A.v.D-H.: Heidewelt. Band 28.
Bonn1996, S.271.
4
Peter Lang (wie Anm. 1), S. 33.
5
Ebd., S. 33.
6
Ebd., S. 33.
7
Manfred Weiß-Dasio (wie Anm. 3), S.271.
8
Vgl. ebd., S.271.
9
Vgl. ebd., S.272.
2

Es verband sie schon bald eine innige Beziehung.
10
Schücking erkannte ihre
Begabung und ermutigte sie trotz des Misserfolges weiter zu schreiben.
11
Im Sommer
1841 vollendete A.v.D-H. ihre Novelle DIE JUDENBUCHE und veröffentlichte diese
gemeinsam mit Schücking im Cottas Morgenblatt.
12
Ein Jahr später erschien ihr
zweiter Gedichtband, der viele ihrer bekannten Werke enthält, Das Spiegelbild, Am
Thurme und die heimatbezogenen Heidebilder. Sie verschaffte sich durch die
Veröffentlichung im Cottas Morgenblatt ,,endlich allseitige literarische Anerkennung."
13
Sie sagte einmal: ,,Ich mag und will nicht berühmt werden, aber nach hundert Jahren
möchte ich gelesen werden."
14
Nach schwerer Erkrankung stirbt A.v.D-H. am 24. Mai
1848 im Alter von 51 Jahren.
15
A.v.D-H. lebte in einer Zeit, die heute harmlos als ,,Biedermeier" bezeichnet wird. Eine
Frau hatte im 19. Jahrhundert kein Wahlrecht, kein Bankkonto, kein eigenes Recht auf
Arbeit ohne Einwilligung des Ehemanns, kein Recht auf Scheidung und bei A.v.D-H.
sogar ein Publikationsverbot durch die Mutter.
16
Wie viele ihrer Generation steht sie
zwischen Revolution und Restauration. Es ist die Epoche die sich politisch, sozial,
ökonomisch und kulturell durch viele Gegensätze auszeichnet. Obwohl A.v.D-H. unter
adligen Privilegien aufwächst, muss sie sich den Zwängen und Verhaltensregeln
unterwerfen. Frauen wurden generell von allen öffentlichen Angelegenheiten
ausgeschlossen und blieben auf den häuslichen Bereich beschränkt.
_________________________
10
Vgl. Claude David: Geschichte der deutschen Literatur zwischen Romantik und Symbolismus 1820-
1885. Gütersloh 1966, S.100.
11
Vgl. Gisela Brinker-Gabler: Lexikon deutsch-sprachiger Schriftstellerinnen 1800-1945. München
1986, S. 71.
12
Vgl. ebd., S. 71.
13
Manfred Weiß-Dasio: Eine Einführung in das Gedichtwerk der A.v.D-H.: Heidewelt. Band 28.
Bonn1996, S.273.
14
Bodo Plachta: Annette von Droste-Hülshoff, aber nach hundert Jahren möchte ich gelesen werden.
Wiesbaden 1997, S. 1.
15
Vgl. Manfred Weiß-Dasio (wie Anm. 13), S.273.
16
Vgl. Georges Duby: Geschichte der Frauen. Band 4. Frankfurt am Main 1997, S.180.
3

Der Grund dafür, lag am Feudalsystem der damaligen Zeit. Privilegien die der
einzelnen Frau zustanden, mussten allen Frauen zukommen. Es bestand die Gefahr,
dass Rivalitäten zwischen Mann und Frau entstehen könnten. Um das zu verhindern,
wurde allen Frauen das Recht abgesprochen.
17
Allerdings hat die Demokratie den
Ausschluss von Frauen niemals zum System erhoben, da ein genereller Ausschuss
im Widerspruch zum demokratischen System, das die Gleichberechtigung
befürwortete, selbst stand. ,,Aus diesem Grund konnte in der gesamten westlichen
Welt der Feminismus entstehen, dessen Ziel die Gleichberechtigung der Geschlechter
und dessen Praxis die kollektive, soziale, und politische Bewegung war."
18
Feministische Aktivitäten und Schriften gab es auch schon vor dem 19. Jahrhundert,
doch der Feminismus der bereits 1789 in revolutionären Praktiken angekündigt wurde,
kam erst nach 1830 mit Erfolg zum Zuge. Das 19. Jahrhundert gilt daher als
Wendepunkt in der Geschichte der Frauen.
19
Unterschieden wurde in dieser Zeit zwischen zwei Frauenbildern der Adelsfamilien. Es
gab die Landedelfrau, die unter anderem für die hauswirtschaftliche Verwaltung des
Landsitzes zuständig war. Sie kümmerte sich um die Kindererziehung und um die
Gutsbewohner. Die Gesellschaft erwartete von ihr und ihrer patriarchalischen Familie
Tugend, Fleiß und Sparsamkeit. ,,Innerhalb der patriarchalischen Familien ­ und
Gesellschaftsstruktur unterstand die Gutsfrau der Herrschaft ihres Gatten, des
Hausvaters."
20
Auf der anderen Seite steht die höfische Dame von der vielfältige
Fähigkeiten und Tugenden erwartet wurden. Neben geistigen und ästhetischen
Fähigkeiten, ist die genaue Kenntnis und Umsetzung der Etikette unerlässlich. Sie ist
für die geistige und gesellschaftliche Unterhaltung zuständig. Ihr Äußeres soll sich
durch Anmut, Schönheit, richtiges Benehmen und Geschmack bezüglich Frisur,
Kleidung und Schmuck auszeichnen. Natürlich gibt es in der Zeit keine klare
Abgrenzung zwischen beiden Frauenbildern, zumal das Bild auch zusätzlich noch
immer wieder durch Ideale des aufstrebenden Bürgertums beeinflusst wird.
21
__________________________
17
Vgl. Georges Duby: Geschichte der Frauen. Band 4. Frankfurt am Main 1997, S.12-13.
18
Ebd., S. 13.
19
Ebd., S. 13
20
Christa Diemel: Adlige Frauen im bürgerlichen Jahrhundert. Tübingen 1998, S. 15.
21
Vgl. ebd., S. 16.
4

Am Turme
Ich steh auf hohem Balkone am Turm,
Umstrichen vom schreienden Stare,
Und laß gleich einer Mänade den Sturm
Mir wühlen im flatternden Haare;
O wilder Geselle, o toller Fant,
Ich möchte dich kräftig umschlingen,
Und, Sehne an Sehne, zwei Schritte vom Rand
Auf Tod und Leben dann ringen!
Und drunten seh ich am Strand, so frisch
Wie spielende Doggen, die Wellen
Sich tummeln rings mit Geklaff und Gezisch,
Und glänzende Flocken schnellen.
O, springen möcht` ich hinein alsbald,
Recht in die tobende Meute,
Und jagen durch den korallenen Wald
Das Walroß, die lustige Beute!
Und drüben seh ich ein Wimpel wehn
So keck wie eine Standarte,
Seh auf und nieder den Kiel sich drehn
Von meiner luftigen Warte;
O, sitzen möcht` ich im kämpfenden Schiff,
Das Steuerruder ergreifen,
Und zischend über das brandende Riff
Wie eine Seemöwe streifen.
Wär` ich ein Jäger auf freier Flur,
Ein Stück nur von einem Soldaten,
Wär` ich ein Mann doch mindestens nur,
So würde der Himmel mir raten;
Nun muß ich sitzen so fein und klar,
Gleich einem artigen Kinde,
Und darf nur heimlich lösen mein Haar,
Und lassen es flattern im Winde!
22
5

Analyse
Der folgende Text stellt eine Analyse und Interpretation des Gedichtes ,,Am Turme"
dar. A.v.D-H. veröffentlichte am 25. August 1842 ihr Gedicht in Meersburg am
Bodensee im Cotta Morgenblatt. Es beschreibt die Sehnsucht einer Frau nach einem
freien Leben, losgelöst von allen gesellschaftlichen Zwängen des 19. Jahrhunderts.
Frauen erhielten in dieser Zeit viele Einschränkungen, da bestimmte
Geschlechterrollen vorgegeben waren.
Das lyrische Ich befindet sich auf einem ,,hohen Balkone am Turme" und lässt sich den
Wind durch die Haare fahren. Vom Turm aus beobachtet es die Landschaft. In der
zweiten Strophe blickt es hinunter zum Strand und verspürt den Drang, in die Wellen
der ,,tobenden" (Vers 14) See zu springen. Es möchte in den folgenden Versen, am
Steuerboard eines Schiffes stehen, das sich durch die Wellen kämpft und es über das
,,brandende Riff" (Vers 23) lenkt. Beim lyrischen Ich handelt es sich um eine Frau, da
es davon träumt, wie es ist ein Jäger, Soldat oder Mann zu sein. Am Ende der vierten
Strophe wird deutlich, dass sie sich nur heimlich ihrer Sehnsucht hingeben darf, da es
ein Leben führt, in dem es auf Etikette achten muss.
Das mit einem Auftakt versehene daktylische Metrum der vier Strophen mit jeweils
acht Versen wird nur an wenigen Stellen gebrochen, im Kreuzreim wechseln
regelmäßig weibliche und männliche Endungen. Wörter und Wortgruppen wie ,,Und",
,,O", ,,Wär` ich" am Versbeginn wiederholen sich. Alle Strophen werden durch Punkt
oder Semikolon in jeweils zwei Aussagefelder geteilt, die Verbindungen über die
Strophengrenzen hinweg miteinander eingehen.
23
Das Gedicht lässt sich der Epoche
des Biedermeiers zuordnen.
24
Bei dem lyrischen Ich handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um A.v.D-H.
selbst. Nicht immer kann das lyrische Ich mit dem Autor oder der Autorin gleichgesetzt
werden, doch in diesem Gedicht ist es sehr naheliegend.
__________________________
22
Marcel Reich-Ranicki: Deutsche Gedichte und ihre Interpretationen. Band 4. Leipzig 2002, S.57-58.
23
Vgl. Claudia Liebrand: Interpretationen. Gedichte von A.v.D-H. Stuttgart 2014, S. 54.
24
Vgl. Gisela Brinker-Gabler: Lexikon deutsch-sprachiger Schriftstellerinnen 1800-1945. München
1986, S. 101
.
6

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2016
ISBN (PDF)
9783961160815
Dateigröße
227 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Leipzig – Philologische Fakultät
Erscheinungsdatum
2017 (Februar)
Note
1,8
Schlagworte
Am Turme Gedicht Analyse Gedichtanalyse Autorin Revolution
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