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Das Erbbaurecht im privaten Wohnungsbau

©2013 Bachelorarbeit 82 Seiten

Zusammenfassung

Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema, ob der Erwerb eines Erbbaurechts aus der Sicht eines privaten Bauherrn eine zumindest ernstzunehmende Alternative zum herkömmlichen Immobilienerwerb darstellt.
Da eine allumfassende Betrachtung den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, wird diese Frage nur aus dem Blickwinkel des Erbbaurechts im privaten Wohnungsbau betrachtet.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ...4
Abkürzungsverzeichnis...5
1.
Einleitung ...7
1.1.
Definition ... 8
1.2.
Entstehungsgeschichte ... 9
1.3.
Arten des Erbbaurechts...10
1.4.
Vorteile des Erbbaurechts ...12
2.
Der Erbbaurechtsvertrag ...14
2.1.
Erbbauzins ...17
2.2. Heimfall
...21
2.3. Übertragung ...23
2.3.1. Veräußerung ...24
2.3.2. Vererbung
...25
2.4. Vertragsstrafen ...25
2.5. Verlängerungsrecht und Vorrecht ...27
2.6.
Vorkaufsrecht und Ankaufsrecht/-pflicht ...28
2.7. Belastungen ...30
3.
Begründung des Erbbaurechts ...32
3.1. Einigung
...32
3.2. Grundbücher ...33
3.2.1. Grundbuch
...34
3.2.2. Erbbaugrundbuch ...34
4.
Beendigung des Erbbaurechts ...36
4.1. Aufhebung
...36
4.2. Zeitablauf ...37
5.
Steuern ...39
5.1. Grunderwerbssteuer ...39
5.2. Einkommensteuer ...40
6.
Wertermittlung ...42
6.1. Vergleichswertverfahren
...43
6.2. Ertragswertverfahren ...44
2

6.3. Sachwertverfahren ...46
7.
Die Finanzierung...49
7.1. Finanzierungsmodelle ...49
7.1.1. Annuitätendarlehen ...50
7.1.2. Ratentilgung ...51
7.1.3. Festkredit
...51
7.2.
Einfluss des Erbbauzinses auf die Beleihbarkeit ...52
7.2.1. Stillhalteerklärung ...53
7.2.2. Der
versteigerungsfeste Erbbauzins ...55
7.2.3. Rangvorbehalt ...57
8.
Das Zwangsversteigerungsverfahren ...58
8.1. Zweckentfremdung
...59
8.2. Person
des
Erwerbers ...60
8.3. Zeitpunkt ...61
9.
Relevanz des Erbbaurechts in der Praxis ...62
9.1. Gemeinden ...64
9.2. Kirche
...66
9.3. SWOT-Analyse ...67
10.
Das deutsche Erbbaurecht im internationalen
Vergleich ...69
10.1. Europa
...69
10.1.1. Niederlande ...69
10.1.2. England
...72
10.1.3. Polen
...74
10.2. USA ...76
11.
Fazit ...78
Quellenverzeichnis ...81
Papiergebundene Quellen ...81
Internet-Quellen ...81
3

Abbildungsverzeichnis
Erbbaugrundstück und Gebäude 1 ...10
Vertragsinhalt 2 ...17
Erbbauzins 3 ...18
Kausalgeschäft 4 ...33
Beendigung 5 ...38
Entwicklung Erbbauzins 6 ...43
Parameter Vergleichswertverfahren 8 ...44
Annuitätentilgung 9 ...50
Ratentilgung 10 ...51
Festkredit 11 ...52
Wertermittlung Versteigerung 12 ...55
Verhältnis Wohn- sonstige Zwecke 13 ...63
Anzahl der zu verwaltenden Erbbaugrundstücke 14 ...64
SWOT-Analyse 15 ...68
Internationaler Vergleich 16 ...77
4

Abkürzungsverzeichnis
Abs.
Absatz
Afa
Ansetzung
für
Abnutzung
AGBs
Allgemeine Geschäftsbedingungen
Aufl.
Auflage
BewG
Bewertungsgesetz
BGB
Bürgerliches
Gesetzbuch
BGH
Bundesgerichtshof
bzgl.
bezüglich
d.h.
das heißt
ErbbauRG
Erbbaurechtsgesetz
ErbbauVO
Erbbaurechtsverordnung
EsStG
Einkommenssteuergesetz
etc.
et
cetera
EU
Europäische
Union
f. folgende
ff. fort
folgende
gem.
gemäß
i.d.R.
in
der
Regel
i.M.
im
Moment
i.S.d.
im
Sinne
des
i.V.m.
In Verbindung mit
max.
maximal
min.
mindestens
Nr.
Nummer
o. J.
ohne Jahr
o. V.
ohne Verfasser
S.
Seite
5

Sa.
Satz
sog.
so
genannte
u.ä.
und
ähnliches
USA
Unitedt States of America
usw.
und
so
weiter
v. von
Verl.
Verlag
vgl.
Vergleiche
VPI
Verbraucherpreisindex
WährG
Währungsgesetz
WEG
Wohnungseigentumsgesetz
z.B.
zum
Beispiel
z.T.
zum
Teil
z.Z.
zurzeit
ZVG
Zwangsversteigerungsgesetz
6

1. Einleitung
,,90 Jahre alt und so gefragt wie nie",
1
einen Artikel mit dieser Überschrift
veröffentlichte die Immobilien Zeitung zum 90. Geburtstag des Erbbaurechts
im Jahre 2009. In diesem Artikel geht es u. A. darum, wieso Erbbaurechte
wieder vermehrt nachgefragt und vergeben werden.
2
Diese scheinbar neue
Beliebtheit hat vielfältige Gründe. So vertritt Thomas Licher beispielsweise
die Meinung, dass es die Nachwehen der Finanzkrise aus dem Jahre 2008
sind.
3
Als weiteren Grund gibt er an, dass die jüngere Generation eine ande-
re Mentalität hat, bei der der Nutzen und nicht das Eigentum im Vordergrund
steht.
4
Möglicherweise werden aber auch die Bemühungen der ,,Initiative
Erbbaurecht", für welche Licher tätig war, dazu beigetragen haben, das Erb-
baurecht bekannter zu machen. Bereits im Jahre 2007 wurde diese gegrün-
det, welche dem Erbbaurecht zu einer Renaissance verhelfen sollte.
5
Mitt-
lerweile ist von der Initiative Erbbaurecht jedoch nichts mehr zu hören oder in
der Presse zu sehen. Es sind zudem nicht alle der Meinung, dass das Erb-
baurecht boomt. Wolfram Krüger sieht dafür beispielweise keine Anzeichen.
6
Seiner Meinung nach birgt das Erbbaurecht zu viele Risiken.
7
Außerdem haf-
tet dem Erbbaurecht z.T. immer noch das arme Leute Image an und wird
eher als Nischen-Produkt gesehen.
8
Dieses könnte mit ein Grund sein, wie-
so es vergleichsweise wenig Presseberichte, wissenschaftliche Arbeiten,
Fachbücher etc. zu diesem bereits über 90 Jahre alten Thema gibt, im Ge-
gensatz zu dem relativ neuen Thema wie Social Media beispielsweise. Doch
nur, weil es mit weniger Aufmerksamkeit bedacht wird, muss dies noch lange
nicht heißen, dass es unwichtig oder minderwertig ist. Die lange Existenz des
Erbbaurechts in deutschen Gesetzbüchern, aber auch vielen anderen welt-
weit, ist sicherlich nicht ohne Grund. Diese Arbeit soll sich nun mit dem
Thema beschäftigen, ob der Erwerb eines Erbbaurechts aus der Sicht
1
Wiederhold,
90 Jahre alt und so gefragt wie noch nie
, 2009
2
Vgl. Wiederhold,
90 Jahre alt und so gefragt wie noch nie
, 2009
3
Vgl. Wiederhold,
90 Jahre alt und so gefragt wie noch nie
, 2009
4
Vgl. Wiederhold,
90 Jahre alt und so gefragt wie noch nie
, 2009
5
Vgl. Immobilien Zeitung, Initiative Erbbaurecht, 2007
6
Vgl. Wiederhold,
90 Jahre alt und so gefragt wie noch nie
, 2009
7
Vgl. Wiederhold, Immobilie Zeitung, ,2009
8
Vgl. Immobilienmanager, Interview, 2008
7

eines privaten Bauherrn eine zumindest ernstzunehmende Alternative
zum herkömmlichen Immobilienerwerb darstellt. Diese Frage soll im Ver-
lauf dieser Bachelorarbeit versucht werden zu beantworten. Da eine allum-
fassende Betrachtung den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, soll diese
Frage nur aus dem Blickwinkel des Erbbaurechts im privaten Wohnungsbau
betrachtet werden. Zu Beginn erfolgt ein kurzer Überblick über die Historie
des Erbbaurechts, sowie seine verschiedenen Formen. Die nächsten Kapitel
beschäftigen sich mit den rechtlichen Aspekten. Danach folgt ein kurzes Ka-
pitel
bzgl
. Besonderheiten der Steuern. Als nächstes wird das Erbbaurecht
von der finanziellen Seite aus beleuchtet. Die Hürden und Hindernisse bei
der Finanzierung, sowie der Verlauf im Zwangsversteigerungsfall werden
mitsamt der Wertermittlung dargestellt. Anschließend geht es darum, ob das
Erbbaurecht in Deutschland eine praktische Bedeutung hat und wenn ja, wie
stark und für wen. Darauf folgt ein Kapitel, in dem Erbbaurechte aus anderen
Ländern vorgestellt werden. Sowohl die rechtlichen Rahmenbedingungen,
als auch insbesondere die Relevanz des Erbbaurechts im Wohnungs- und
Häuserbau bzw.- kauf soll gegenübergestellt werden. Den Schluss bildet das
Fazit.
1.1. Definition
9
Ein Erbbaurecht ist nach § 1 Abs. 1 ErbbauRG das Recht auf bzw. unter ei-
nem fremden Grundstück ein Bauwerk zu errichten, zu besitzen und zu nut-
zen, welches sowohl veräußerlich, vererbbar sowie beleihbar ist. § 12 Abs. 1
und 2 ErbbauRG sorgt dafür, dass dieser Sonderfall überhaupt möglich ist.
So ist das Gebäude in diesem Fall nicht wie in § 93 BGB definiert ein we-
sentlicher Bestandteil des Grundstückes, sondern eben ein essentieller Be-
standteil des Erbbaurechts.
Das Erbbaurecht selber ist nach § 11 ErbbauRG
als grundstücksgleiches Recht zu behandeln. Für die Dauer des Erbbau-
rechts ist zudem der Erbbauberechtigte Eigentümer des Bauwerkes. Als
Erbbauberechtigter wird die Person bezeichnet, die ein Nutzungsrecht i.S.d.
9
Vgl. Gondring, Immobilienwirtschaft, 2009, S 75
8

Erbbaurecht bestellt wird bezeichnet. Erbbaurechtgeber ist der Grundstücks-
eigentümer, der dieses Recht bestellt. Nach Beendigung greift allerdings
wieder § 93 BGB, d.h. Grundstück und Gebäude gehören wieder zusammen
und werden Eigentum des Grundstückseigentümers. Der ehemalige Erbbau-
berechtigte ist dafür je nach Vertragsbestimmung zu entschädigen. Grund-
sätzlich ist es jeder natürlichen und juristischen Person aber auch Personen-
handelsgesellschaften möglich, Erbbauberechtigter zu sein. Für diese ist das
Erbbaurecht ein umfassendes dingliches Recht, denn sie erlangen dadurch
volles (umfassendes) Eigentum am Gebäude. Für den Grundstücksbesitzer
ist es hingegen ein beschränktes dingliches Recht, da er nur einen Teil sei-
ner Rechte an einen anderen abtritt. Aufgrund des sozialen Charakters des
Erbbaurechts werden die meisten Erbbaurechte von Kirchen, Städten und
Gemeinden vergeben. Seltener ebenso von Erbengemeinschaften, Landwir-
ten oder anderen Privatpersonen. Theoretisch kann allerdings jeder mit ei-
nem Grundstück Erbbaurechtgeber sein.
1.2. Entstehungsgeschichte
10
Das Erbbaurecht kann auf eine lange Entstehungsgeschichte zurückblicken.
Bereits im Römischen Reich fand es unter dem Namen ,,superficies" Anwen-
dung. Das deutsche Recht entwickelte im Mittelalter die sog. ,,Bodenleihe",
welche eine erhebliche Bedeutung beim Bau von mittelalterlichen Städten in
Deutschland zukam. Diese beiden Rechte vereinigten sich im Hochmittelal-
ter, gleichzeitig verlor das damalige Erbbaurecht zu dieser Zeit allerdings
stark an Bedeutung. Von seiner Grundidee her ist es bis heute gleich geblie-
ben. Erst als zur Jahrhundertwende die Industrialisierung einsetzte und die
Bevölkerung stark anwuchs, was Wohnungsknappheit sowie steigende
Grundstückspreise mit sich brachte, erlebte das Erbbaurecht seine Renais-
sance. Insbesondere die ,,deutschen Bodenreformer" setzten sich sehr für die
Verbreitung und Überarbeitung des Erbbaurechts ein. Dies mit dem Ziel, ei-
nem größeren Teil der Bevölkerung, vor allem den sozial schwächer Gestell-
10
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 13 ff.
9

ten, Wohnraum zu verschaffen. Durch die Bemühungen der ,,Deutschen Bo-
denreformer" kam es dann schließlich am 15. Januar 1919 dazu, dass die
Erbbaurechtsverordnung (ErbbauVO) erlassen wurde. In Kraft trat sie am 22.
Januar 1919. Seit dieser Zeit hat das Erbbaurecht nur sehr wenige Änderun-
gen erfahren. 2007 wurde es von Erbbauverordnung in Erbbaurechtsgesetz
umbenannt. Dies hat allerdings keine weiteren Auswirkungen, da es schon
immer den Rechtscha-
rakter eines Gesetzes
hatte und darüber hin-
aus keine weiteren Än-
derungen an dem Ge-
setz vorgenommen
wurden.
Erbbaugrundstück und Gebäude 1
11
1.3. Arten
des
Erbbaurechts
Doch Erbbaurecht ist nicht gleich Erbbaurecht. Insgesamt gibt es acht
Formen des Erbbaurechts, wobei jede anders ist. Auf die ,,besonderen" Arten
soll in dieser Thesis jedoch nicht näher eingegangen werden. Dieses Kapitel
soll lediglich einen Überblick über diese verschiedenen Erbbaurechtsformen
vermitteln.
x Erbbaurecht
12
Ein Erbbaurechtgeber begründet zugunsten des Erbbauberechtigten
ein Erbbaurecht.
x Gesamterbbaurecht
13
Das Gesamterbbaurecht bezieht sich auf mehrere Grundstücke, die
mit einem einheitlichen Erbbaurecht bestellt werden. Die
11
Vgl. Gottschalk, Immobilienwertermittlung, 2003, S. 559
12
Vgl. Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 187
13
Vgl. Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 187
10

Baugrundstücke können im Voraus oder nachträglich bestellt werden.
Es ist zudem nicht notwendig, dass die belasteten Grundstücke nur
einer Person gehören.
x Eingeschränktes Erbbaurecht
14
Der Erbbauberechtigte darf in diesem Fall nur über den Teil des
Grundstückes verfügen, den er für die Bebauung benötigt. Die
restliche Grundstücksfläche darf weiterhin der Grundstückseigentümer
nutzen. Das eingeschränkte Erbbaurecht ist in der Rechtsprechung
allerdings nicht ganz unumstritten. Ein Erbbaurecht, das sich nur auf
bestimmte Gebäudeteile, wie z.B. ein einzelnes Stockwerk, bezieht, ist
nicht erlaubt.
x Untererbbaurecht
15
In diesem Fall wird das Erbbaurecht nicht wie sonst üblich an einem
Grundstück bestellt, sondern an einem bereits vorhandenen
Erbbaurecht, auch genannt Obererbbaurecht. Es wird also ein
Erbbaurecht an einem Erbbaurecht bestellt.
x Nachbarerbbaurecht
16
Ähnlich wie beim Gesamterbbaurecht werden hier mehrere Grundstü-
cke mit einem Erbbaurecht begründet. Der Unterschied besteht im
Wesentlichen darin, dass hierbei für jedes Grundstück ein eigenes
Erbbaurecht mit eigenen Vertragsbestimmungen bestellt wird. Die Zu-
lässigkeit ist in der Rechtsprechung jedoch sehr umstritten.
x Wohnungserbbaurecht
17
In diesem Fall wird ein Wohngebäude auf einem Grundstück, auf dem
ein Erbbaurecht bestellt ist, erbaut. Es wird nach den Bedingungen
des Wohnungs- und Teileigentumsrechts i.S.d. § 30 WEG geteilt.
x Teilerbbaurecht
18
Ist in allen Punkten identisch mit dem Wohnungserbbaurecht, außer,
das beim Teilerbbaurecht die Räumlichkeiten für nicht wohnliche
Zwecke genutzt werden.
14
Vgl. Gottschalk, Immobilienwertermittlung, 2003, S. 570
15
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 91
16
Vgl. Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 187
17
Vgl. Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 187
18
Vgl. Gottschalk, Immobilienwertermittlung, 2003, S. 570
11

x Eigentümererbbaurecht
19
Der Grundstückseigentümer bestellt für sich selbst ein Erbbaurecht.
Damit ist er zugleich Erbbauberechtigter und Erbbaurechtgeber. Das
Eigentümererbbaurecht kann allerdings auch erst später eintreten,
z.B. durch den sog. Heimfall.
1.4. Vorteile
des
Erbbaurechts
20
Wenn das Erbbaurecht nicht über bedeutende Vorteile sowohl für den Erb-
bauberechtigten als auch für den Erbbaurechtgeber verfügen würde, hätte es
sicher nicht diese lange Zeit überdauert. Doch was genau ist der Nutzen für
den einzelnen Vertragspartner?
Der Erbbauberechtigte profitiert so beispielsweise von der Tatsache, dass er
auf einem Grundstück bauen kann, dass sonst gar nicht zum Verkauf ge-
standen hätte, da der Eigentümer es z. Z. zwar nicht braucht, aber behalten
möchte. Weiterhin entfällt für ihn der Kaufpreis, so dass es auch für die sozial
etwas schwächer Gestellten erschwinglich wird. Für gewöhnlich muss zwar
ein Erbbauzins bezahlt werden, dieser ist allerdings i.d.R. günstiger als Zins
und Tilgung bei einem Darlehen. Dies kommt daher, das Erbbaurechte häu-
fig von Kirchen, Gemeinden, Städten etc. vergeben werden. Im Gegensatz
zur Miete, gehört dem Erbbauberechtigten allerdings das Gebäude und es
kann sogar als Sicherheit für Kredite verwendet werden.
Auch für den Grundstückseigentümer ergeben sich viele Vorzüge. Er kann
sein Grundstück behalten, muss sich in dieser Zeit nicht darum kümmern und
bekommt zudem durch den Erbbauzins i.d.R. eine Nutzungsentschädigung.
Je nachdem, was im Vertrag verhandelt wurde, kann er zudem mit Hilfe einer
Wertsicherungsklausel das Inflationsrisiko auf den Erbbauberechtigten umle-
19
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 88
20
Vgl. Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 184
12

gen. Des Weiteren können im Vertrag dingliche Inhaltsvereinbarungen aus-
gehandelt werden, durch die der Erbbaurechtgeber auf die Nutzung des
Grundstücks mit einwirken kann. Ein weiterer Gewinn für den Grundstücks-
eigentümer ist zudem, dass ihm die volle Wertsteigerung des Grundstückes
zusteht.
13

2. Der Erbbaurechtsvertrag
Der Erbbaurechtsvertrag hat bestimmte gesetzliche Erfordernisse, die in § 1
ErrbbauRG geregelt sind.
21
Dies ist das Minimum, das im Vertrag festgelegt
sein muss.
22
Diese Anforderungen des Erbbaugesetzes sind jedoch sehr
niedrig.
23
Theoretisch zumindest können die Vertragsparteien den Inhalt des
Erbbaurechtsvertrages ganz frei vereinbaren, mit nur den guten Sitten als
Grenze gemäß § 138 BGB sowie gesetzliche Verbote i.S.d. §134 BGB.
24
In
der Praxis werden die dinglichen Maßnahmen in § 2 ErbauRG allerdings re-
gelmäßig angewendet.
25
So ist v. Ofele beispielsweise der Meinung, dass
dieser Paragraph zum zwingenden gesetzlichen Inhalt erklärt werden soll-
te.
26
Andere würden Änderungen ebenfalls begrüßen.
27
Die
Bundesnotarkammer hat einen Entwurf vorgestellt, indem sehr häufig ver-
wendete Klauseln zum gesetzlichen Inhalt gemacht werden.
28
Allerdings
unter der Prämisse, dass individuelle Änderungen noch möglich sind.
29
Eine
Gesetzesänderung in Bezug auf den gesetzlichen Mindestinhalt schränkt
zwar die Individualität bei Verträgen ein, würde Vertragsverhandlungen zwi-
schen Erbbaurechtnehmer und Erbbaurechtgeber jedoch verkürzen und ver-
einfachen.
Ein Erbbaurecht hängt immer an einem Bauwerk.
30
Das Recht auf einem
Erbbaugrundstück ein Gebäude zu besitzen, ist also nicht abdingbar.
31
Dabei
ist es einerlei, ob das Gebäude bereits besteht oder noch gebaut werden
muss.
32
Der Bau muss dabei nicht zwingend ein Gebäude im eigentlichen
Sinne sein, eine Straße oder ein Kinderspielplatz sind ebenso zulässig.
33
Ein
leeres Grundstück, auf dem nichts errichtet ist und auf dem eine Bebauung,
21
Vgl. Palant, Bürgerliches Gesetzbuch, 2011, S.2838
22
Vgl. Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 193
23
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 136
24
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 136
25
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 136
26
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 136
27
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 136
28
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 136
29
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 136
30
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 37
31
Vgl. Gondring, Immobilienwirtschaft, 2009 S. 77
32
Vgl. Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 194
33
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 32
14

aus welchen Gründen auch immer, nicht möglich ist, kann kein Erbbaurecht
darstellen.
34
Die Art, sowie der Umfang des Bauwerkes und ebenso die An-
zahl der Gebäude sind ebenfalls zu regeln und im Vertrag niederzuschrei-
ben.
35
Fehlt diese Konkretisierung, ist der Erbbauvertrag nichtig.
36
Des Wei-
teren ist die Gegenleistung zu bestimmen bzw. ob es überhaupt eine Entloh-
nung geben soll.
37
Grundsätzlich ist es möglich, ein Erbbaurecht unentgelt-
lich zu bestellen, in der Praxis jedoch eher selten.
38
Das ist nicht weiter ver-
wunderlich, wollen die meisten Erbbaurechtgeber doch einen Nutzen aus
Ihrem Grundbesitz ziehen. Hat man sich darauf geeinigt, dass dem Grund-
stückseigentümer ein Ersatz zusteht, muss man entscheiden, ob dieser ein-
malig, mehrmalig oder wiederkehrend ist.
39
In welchen Abständen eine wie-
derkehrende Leistung stattfinden muss, ist nicht festgelegt, drei oder sechs
Monate werden aber häufig vereinbart.
40
Dies nennt man auch Erbbauzins
und ist am gebräuchlichsten.
41
Anstatt Geldzahlungen ist es ebenso denkbar,
dass der Erbbauberechtigte mit Sachzahlungen z.B. Weizen zahlt.
42
Mehr
zur Berechnung des Erbbauzinses u.ä. in Kapitel 2.1. Die Laufzeit des Erb-
baurechtes muss ebenso im Vertrag bestimmt, allerdings nicht vom Datum
her festgelegt sein.
43
Üblich ist eine Laufzeit von 99 Jahren, aber auch eine
deutlich kürzere oder längere Laufzeit ist durchaus möglich.
44
Es gibt zudem
die Option, ein unbefristetes Erbbaurecht zu bestellen, das sog. ,,ewige Erb-
baurecht".
45
Auch realisierbar ist es, dass das Erbbaurecht zwar zunächst
nur für eine bestimmte Zeit bestellt wird, sich aber automatisch verlängert,
solange keine der Vertragsparteien widerspricht.
46
Nicht zulässig ist hinge-
geben eine Befristung mit ungewissem Endtermin.
47
So darf z. B. nicht gere-
gelt werden, dass ein Erbbaurecht endet, wenn sich die Erbberechtigten
34
Vgl. Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 194
35
Vgl. Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 194
36
Vgl. Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 194
37
Vgl. Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 195
38
Vgl. Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 195
39
Vgl. Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 195
40
Vgl. Gondring, Immobilienwirtschaft, 2009 S. 80
41
Vgl. Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 195
42
Vgl. Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 195
43
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 71
44
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 70
45
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 71
46
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 71
47
Vgl. Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 200
15

scheiden lassen, auch nicht wenn die Erbbaurechtgeber die katholische Kir-
che sind, oder wenn der Erbbauberechtigte stirbt usw. Generell ist es nicht
erlaubt die Vererblichkeit oder die Veräußerlichkeit des Erbbaurecht auszu-
schließen, denn diese sind i.S.d. § 1 Abs. 1 ErbbauRG Wesensmerkmale
des Erbbaurechts.
48
Besonderheiten zur Übertragung des Erbbaurechtes
werden im gleichnamigen Kapitel genauer behandelt.
Neben dem vertragsmäßigen Inhalt des Erbbaurechts, gibt es noch den fa-
kultativen Vertragsinhalt.
49
Die §§ 2-8 ErbbauRG sind eine vollständige Auf-
zählung von allen Vertragsinhalten, die ins Grundbuch eingetragen und somit
verdinglicht werden können.
50
Weitere Regelungen können dennoch im Erb-
baurechtsvertrag aufgenommen, aber nicht ins Grundbuch eingetragen wer-
den.
51
Alle Vertragsinhalte, die im Grundbuch aufgeführt sind, gelten als sog.
,,vertragsmäßiger Inhalt des Erbbaurechts".
52
Es liegt im Ermessen der Ver-
tragsparteien, ob sie die Einigungen, sofern möglich, eintragen lassen und
somit zum vertraglichen Inhalt machen oder nicht.
53
Diese Vereinbarungen
gelten neben Gesamtrechtsnachfolgern auch für eventuelle Sonderrechts-
nachfolger, sowohl des Grundstückeigentümers als auch des Erbbauberech-
tigten.
54
Wurden die Vertragsinhalte nicht ins Grundbuch eingetragen, sind
sie lediglich schuldrechtlicher Natur.
55
Ihre Regelungen gelten dann nur zwi-
schen den beiden Vertragsparteien und nicht Dritten gegenüber.
56
Für einen
evtl. Sonderrechtsnachfolger, wie etwa bei Zwangsversteigerungen, sind die
Vertragsbestimmungen deshalb nur wirksam, wenn sich alle drei Vertrags-
parteien einverstanden erklären.
57
Es besteht jedoch die Möglichkeit, dieses
Dilemma zu umgehen, indem sich beide Vertragsparteien einigen, alle
schuldrechtlichen Verpflichtungen an den Sonderrechtsnachfolger zu über-
48
Vgl. Palant, Bürgerliches Gesetzbuch, 2011, S. 2838
49
Vgl. Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 201
50
Vgl. Böttcher, Praktische Fragen des Erbbaurechts, 2011, S. 27
51
Vgl. Böttcher, Praktische Fragen des Erbbaurechts, 2011, S. 27
52
Vgl. Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 201
53
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 137
54
Vgl. Böttcher, Praktische Fragen des Erbbaurechts, 2011, S. 27
55
Vgl. Böttcher, Praktische Fragen des Erbbaurechts, 2011, S. 27
56
Vgl., Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 201
57
Vgl., Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 201
16

tragen.
58
Besteht diese Pflicht und wird es trotzdem nicht getan, macht der
gegen diese Bestimmung verstoßende Teil sich schadensersatzpflichtig.
59
Um diese Veräußerungen ohne Weiterübertragung zu umgehen, kann der
Grundstückseigentümer seine vorherige Zustimmung verlangen.
60
Will der
neue Erbbauberechtigte nicht in die schuldrechtlichen Verpflichtungen eintre-
ten, so kann der Erbbaurechtgeber seine Zustimmung verweigern und die
Veräußerung somit verhindern.
61
Der Erbbaurechtgeber muss auch nicht
zwingend der Eigentümer des Grundstücks sein, es ist dann nur seine Auf-
gabe dem Erbbauberechtigten das Erbbaurecht zukommen zu lassen.
62
Wie
alle Verträge mit Grundstücken muss dieser nach § 311b BGB notariell beur-
kundet werden.
63
Vertragsinhalt 2
2.1. Erbbauzins
Wie bereits oben erwähnt ist ein Erbbauzins eine wiederkehrende Gegenleis-
tung des Erbbauberechtigten gegenüber des Grundstückseigentümers i.S.d.
58
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 138
59
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 138
60
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 138
61
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 138
62
Vgl., Jenn, Rechtshandbuch für die Immobilienpraxis, 2009, S. 194
63
Vgl. Palant, Bürgerliches Gesetzbuch, 2011, S. 493
17

§ 9 Abs. 1 ErbbauRG.
64
Der Erbbauzins kann sowohl schuldrechtlich als
auch dinglich bestellt werden.
65
Auch beide Varianten können parallel ver-
einbart werden.
66
In Kapitel 2.0 wurden bereits die Unterschiede zwischen
nur schuldrechtlichen und dinglichen Vereinbarungen erläutert. Eine Pfän-
dung oder Abtretung ist nicht möglich nach § 851 (1) ZPO.
67
Wenn der Erbbauzins im Vertrag vereinbart wurde, bleibt noch das Problem,
dass ein angemessener Erbbauzins ermittelt werden muss, da im ErbbauRG
dazu keine Vorschriften zu finden sind.
68
Dabei wird sich häufig (mit Ab-
schlägen) an den Liegenschaftszinsen orientiert.
69
Statt dem Liegenschafts-
zins kann sich ebenso nach dem Kapitalmarktzins gerichtet werden.
70
Wei-
terhin von Bedeutung sind die Nutzungsart des Grundstückes sowie die
Laufzeit. Die nachfolgende Abbildung gibt Richtwerte an, die für Erbbauzins-
sätze genutzt werden.
Art der Nutzung
Erbbauzins
Eigengenutzte Wohngebäude
4%
Vermietete Wohngebäude
5%
Gemischt genutzte Gebäude
5.5-6%
Geschäftsgrundstücke
6-8%
Gewerblich genutzte Gebäude
6-10%
Erbbauzins 3
71
Fallbeispiel Erbbauzins Variante 1:
Auf einen 300 m² großen Grundstück in Biberach-Süd mit einem Bodenricht-
wert von ca. 140 wird ein Einfamilienhaus (Eigennutzung) mit einer Erbbau-
laufzeit von 99 Jahren bestellt.
Grundstücksgröße x Bodenrichtwert = Bodenwert x Erbbauzins = Effektiver
Erbbauzins
64
Vgl. Palant, Bürgerliches Gesetzbuch, 2011, S. 2843
65
Vgl. Böttcher, Praktische Fragen des Erbbaurechts, 2011, S. 70
66
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 333
67
Vgl. Böttcher, Praktische Fragen des Erbbaurechts, 2011, S. 71
68
Vgl. v. Oefele, Handbuch des Erbbaurecht, 2012, S. 335
69
Vgl. Gondring, Immobilienwirtschaft, 2009 S. 83
70
Vgl. Gondring, Immobilienwirtschaft, 2009 S. 83
71
Gondring, Immobilienwirtschaft, 2009, S. 83
18

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2013
ISBN (PDF)
9783961160501
ISBN (Paperback)
9783961165506
Dateigröße
1.6 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
HBC Hochschule Biberach. University of Applied Sciences
Erscheinungsdatum
2016 (Oktober)
Note
1,7
Schlagworte
Erbbaurecht Wohnung Wohnungsbau Erbbaurechtsvertrag Zwangsversteigerung
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Titel: Das Erbbaurecht  im privaten Wohnungsbau
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