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Balanced Scorecard als externes Publizitätsinstrument des Integrated Reportings

©2016 Masterarbeit 106 Seiten

Zusammenfassung

Bereits im Jahr 1606 wurde durch die Herausgabe der weltweit ersten Aktie die Basis für eine kapitalmarktorientierte externe Rechnungslegung geschaffen. Globale gesellschaftliche Entwicklungen und Trends stellen diese Rechnungslegung heute allerdings vor eine Vielfalt neuer Herausforderungen. Dazu gehören etwa die gestiegene Nachfrage nach nachhaltigen Produkten, die Erweiterung des Adressatenkreises, die Forderung nach mehr Transparenz sowie die zunehmend erwartete Zukunftsorientierung der Berichterstattung. Dieses Informationsbedürfnis versuchen die Unternehmen mit einer stetig steigenden Anzahl verschiedener Unternehmensberichte zu befriedigen, wodurch eine Informationsüberflutung mit immer mehr unverbunden nebeneinanderstehenden Berichten entsteht, die allerdings eher zu Verwirrung führt, anstatt bestehende Informationsasymmetrien effizient abzubauen.
Infolge dieses Missstands wurde das Integrated Reporting (IR) als Reformierung der internationalen Rechnungslegung vorgestellt. Ziel ist das Aufgreifen der globalen Trends und Entwicklungen, um ein realitätsgetreueres Bild der Wertschöpfungspotentiale von Unternehmen zu zeichnen. Im Zentrum stehen dabei vor allem die verstärkte Betrachtung nicht finanzieller Aspekte der Wertschöpfung sowie die Verknüpfung der Informationen aus der Vielzahl der publizierten Berichte.
Die vorliegende Arbeit untersucht in diesem Kontext die Nutzung der Balanced Scorecard als externes Publizitätsinstrument des Integrated Reportings. Dazu wird zunächst eine Weiterentwicklung des konventionellen Balanced Scorecard Modells entworfen, die sich der besonderen Anforderungen und Gegebenheiten des Integrated Reportings annimmt. Anschließend werden Möglichkeiten diskutiert, diese Modellerweiterung im Rahmen der externen Unternehmenskommunikation anzuwenden, um somit eine Brücke zwischen den Unternehmen und der Öffentlichkeit zu schlagen und bestehende Informationsasymmetrien abzubauen.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


4.2.3
Ableitung der Zielgrößen... 48
4.2.4
Verknüpfung durch Ursache-Wirkungsketten ... 49
4.2.5
Bestimmung der Kennzahlenstruktur ...52
4.2.6
Feedback und Feedforward... 54
Entwurf der Integrated Balanced Scorecard ...55
Integrated Strategy Map ...60
Interdependenzen der Kapitalien ... 62
5
Nutzung zur Unternehmenspublizität ... 70
IBSC als Publizitätssubstitut... 70
Kritische Würdigung ...76
6
Schlussbetrachtung und Ausblick ... 81
Literaturverzeichnis...
VIII
II

Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Typen asymmetrischer Informationsverteilung ... 5
Abbildung 2: Doppelstufiges Principal-Agent-Modell ... 7
Abbildung 3: Zusammensetzung des Marktwertes von Unternehmen ... 10
Abbildung 4: Vom Integrated Thinking zum Integrated Report ... 18
Abbildung 5: Zugrundeliegendes Konzept der Wertschaffung ... 22
Abbildung 6: Hamburger Modell des Management Reportings ... 28
Abbildung 7: Die konventionelle Balanced Scorecard ... 32
Abbildung 8: Ursache-Wirkungskette der Balanced Scorecard... 34
Abbildung 9: Konzeptionsphasen der Integrated Balanced Scorecard ... 43
Abbildung 10: Entwurf der Integrated Balanced Scorecard ... 56
Abbildung 11: Ziel- und Messgrößenkatalog der IBSC ... 57
Abbildung 12: Entwurf einer Integrated Strategy Map... 61
Abbildung 13: Entwurf einer Connectivity Matrix ... 63
Abbildung 14: Integrierte Kausalkette des Gesundheitskulturindex ... 67
Abbildung 15: IBSC als übergeordneter Spitzenbericht ... 71
III

Abkürzungsverzeichnis
A4S
The Prince´s Accounting for Sustainability Project
AAR
Australian Accounting Review (Zeitschrift)
Abb.
Abbildung
Abs.
Absatz
ACA
Institut für Accounting, Controlling und Auditing
AG
Aktiengesellschaft
AKEU
Arbeitskreis ,,Externe und Interne Überwachung" der
Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V.
AktG
Aktiengesetz
Aufl.
Auflage
BB
Der Betriebs-Berater (Zeitschrift)
bez.
bezüglich
BFuP
Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift)
BHCI
Business Health Culture Index
BSC
Balanced Scorecard
bzw.
beziehungsweise
CAR
Contemporary Accounting Research (Zeitschrift)
CM
Controller Magazin (Zeitschrift)
CSR
Corporate Social Responsibility
DB
Der Betrieb (Zeitschrift)
DCGK
Deutscher Corporate Governance Kodex
DK
Der Konzern (Zeitschrift)
DRS
Deutsche Rechnungslegungs Standards
DRSC
Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee
DStR
Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift)
et al.
et alii (lateinisch für "und andere")
etc.
et cetera
EU
Europäische Union
IV

EU COM
Europäische Kommission
e.V.
eingetragener Verein
f.
folgende
FASB
Financial Accounting Standards Board
ggf.
gegebenenfalls
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GoB
Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
GRI
Global Reporting Initiative
HBR
Harvard Business Review (Zeitschrift)
HGB
Handelsgesetzbuch
h.M.
herrschende Meinung
Hrsg.
Herausgeber
IAS
International Accounting Standards
IASB
International Accounting Standards Board
IBSC
Integrated Balanced Scorecard
IDW
Institut der Wirtschaftsprüfer
i.e.S.
im engeren Sinne
IFRS
International Financial Reporting Standards
IFRS PS MC
IFRS Practice Statement Management Commentary
IIRC
International Integrated Reporting Council
IIRF
International Integrated Reporting Framework
IR
Integrated Reporting
IRCSA
Integrated Reporting Committee of South Africa
IRep
Integrated Report
IRZ
Zeitschrift für Internationale Rechnungslegung
ISM
Integrated Strategy Map
i.S.d.
im Sinne der/des
i.w.S.
im weiteren Sinne
JAB
Jahresabschluss
JAE
Journal of Accounting and Economics (Zeitschrift)
JFE
Journal of Financial Economics (Zeitschrift)
V

Jg.
Jahrgang
JIMA
Journal of International Financial Management &
Accounting (Zeitschrift)
JoBE
Journal of Business Ethics (Zeitschrift)
JoLEO
Journal of Law, Economics and Organization (Zeitschrift)
KM
Kompetenz Matrix
KoR
Zeitschrift für kapitalmarktorientierte und
internationale Rechnungslegung
KPI
Key Performance Indicator
MAR
Management Accounting Research (Zeitschrift)
Mio.
Millionen
Nr./No.
Nummer
PAT
Principal-Agent-Theorie
PR
Public Relations
PS
Prüfungsstandard
PublG
Publizitätsgesetz
QJE
Quarterly Journal of Economics (Zeitschrift)
RoI
Return on Investment
s.
Siehe
S.
Seite
SAICA
South African Institute of Chartered Accountants
SBSC
Sustainability Balanced Scorecard
SSIR
Stanford Social Innovation Review (Zeitschrift)
SWOT
Strengths Weaknesses Opportunities Threats
Tz.
Teilziffer
u.a.
unter anderem
VI

u.U.
unter Umständen
v.a.
vor allem
vgl.
vergleiche
WiB
Wirtschaftsrechtliche Beratung (Zeitschrift)
WISU
Das Wirtschaftsstudium (Zeitschrift)
WLB
Work-Life-Balance
WPg
Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift)
z.B.
zum Beispiel
ZfC
Controlling ­ Zeitschrift für erfolgsorientierte
Unternehmenssteuerung
ZfCM
Zeitschrift für Controlling und Management
ZfM
Zeitschrift für Management
ZP
Zeitschrift für Planung und Unternehmenssteuerung
VII


1
Einleitung
Problemstellung
Bereits im Jahr 1606 wurde durch die Herausgabe der weltweit ersten Aktie
1
die Basis
für eine kapitalmarktorientierte externe Rechnungslegung geschaffen.
2
Globale gesell-
schaftliche Entwicklungen und Trends stellen diese Rechnungslegung heute allerdings
vor eine Vielfalt neuer Herausforderungen.
3
Dazu gehören etwa die gestiegene Nach-
frage nach nachhaltigen Produkten,
4
die Erweiterung des Adressatenkreises
5
, die For-
derung nach mehr Transparenz sowie die zunehmend erwartete Zukunftsorientierung
der Berichterstattung.
6
Dieses Informationsbedürfnis versuchen die Unternehmen mit
einer stetig steigenden Anzahl verschiedener Unternehmensberichte zu befriedigen,
wodurch eine Informationsüberflutung mit immer mehr unverbunden nebeneinander-
stehenden Berichten entsteht, die allerdings eher zu Verwirrung führt, anstatt beste-
hende Informationsasymmetrien effizient abzubauen.
7
Infolge dieses Missstands
wurde das Integrated Reporting (IR) als Reformierung der internationalen Rechnungs-
legung vorgestellt. Ziel ist das Aufgreifen der globalen Trends und Entwicklungen,
um ein realitätsgetreueres Bild der Wertschöpfungspotentiale von Unternehmen zu
zeichnen. Im Zentrum stehen dabei vor allem die verstärkte Betrachtung nicht finan-
zieller Aspekte der Wertschöpfung sowie die Verknüpfung der Informationen aus der
Vielzahl der publizierten Berichte.
8
Die vorliegende Arbeit untersucht in diesem Kontext die Nutzung der Balanced Sco-
recard als externes Publizitätsinstrument des Integrated Reportings. Dazu wird zu-
nächst eine Weiterentwicklung des konventionellen Balanced Scorecard Modells ent-
worfen, die sich der besonderen Anforderungen und Gegebenheiten des Integrated Re-
portings annimmt. Anschließend werden Möglichkeiten diskutiert, diese Modellerwei-
terung im Rahmen der externen Unternehmenskommunikation anzuwenden, um somit
eine Brücke zwischen den Unternehmen und der Öffentlichkeit
9
zu schlagen und be-
stehende Informationsasymmetrien abzubauen.
1
Anteilsschein der Niederländischen Vereinigten Ostindien Compagnie, herausgegeben von der Ca-
mere Amsterdam am 27.09.1606.
2
Vgl. K
REIPL
2015,
S.
33.
3
Vgl. N
OODT
/G
REDE
2013,
S.
715.
4
Vgl. hierzu ausführlich G
AUTHIER
2005.
5
Vgl. hierzu ausführlich S
TAWINOGA
2015.
6
Vgl. N
OODT
/G
REDE
2013,
S.
715.
7
Vgl. B
EYHS
/B
ARTH
2011, S. 2858.
8
Vgl. hierzu ausführlich IIRC
2013a.
9
Hauptadressaten sind die Kapitalgeber.
1

Gang der Untersuchung
Die Vorstellung und Erläuterung des Integrated Reportings als Treiber der internatio-
nalen Berichterstattung, eingebettet in den Rahmen der Principal-Agent-Theorie als
theoretisches Fundament, bildet den Einstieg in die Arbeit. Zunächst werden die in
dem Theoriemodell erläuterten Probleme dargestellt und entsprechende Lösungsan-
sätze aufgezeigt. Anschließend wird die Verbindung zum Integrated Reporting herge-
stellt und veranschaulicht, wie durch den integrierten Bericht Informationsasymmet-
rien abgebaut werden können. Die internationale Berichterstattung unterliegt einem
mit steigenden Anforderungen einhergehen Wandel, weshalb das Konzept des Inter-
national Integrated Reporting Council (IIRC), mit dem neuen Ansatz eines integrierten
Berichtswesens, im Anschluss detailliert erläutert wird. Diese Erläuterung erfolgt an-
hand der bisherigen Entwicklung, der Darstellung des offiziellen International In-
tegrated Reporting Frameworks (IIRF), dem Konzept des integrated thinking und wird
durch eine Vorstellung der Kapitalien abgerundet. Im Anschluss folgt eine Diskussion
zu den Umsetzungsmöglichkeiten des Integrated Reportings in Deutschland und eine
Erläuterung zu den Wechselwirkungen des internen und externen Management Repor-
tings, wodurch der Grundstein für spätere Diskussionen der Unternehmenskommuni-
kation gelegt wird.
Kapitel 3 stellt die Nutzungsmöglichkeiten der Balanced Scorecard (BSC) vor. Dafür
wird im ersten Schritt die konventionelle Scorecard knapp erläutert, um im zweiten
Schritt die Eignungsüberprüfung der BSC zur Vorbereitung und vor allem Darstellung
wertorientierter Faktoren, welche den Integrated Report (IRep) prägen, durchzuführen.
Die Diskussion der Integrationsmöglichkeiten dieser Faktoren in das Konzept der
BSC, dargestellt anhand der Sustainability Balanced Scorecard (SBSC), rundet das
Kapitel ab.
Kapitel 4 analysiert die Anwendungsmöglichkeiten des BSC Ansatzes im Kontext des
Integrated Reportings. Dazu wird zunächst verbalisiert, wie eine nach dem Grundprin-
zip der BSC entwickelte und anhand der Kapitalien des Integrated Reporting Frame-
works aufgebaute Integrated Balanced Scorecard (IBSC) aussehen kann. Kapitel 4.2
beginnt mit den grundlegend benötigten Kompetenzen für die Erstellung einer IBSC
und erläutert im Anschluss die jeweiligen Konzeptionsphasen, weshalb dieser Ab-
schnitt als Handlungsempfehlung für Unternehmen verstanden werden kann.
2

Kapitel 4.3 zeigt einen Entwurf des IBSC Modells, mitsamt einem Katalog potentieller
strategischer Ziele und Kennzahlen auf Perspektivebene. Um typische Verknüpfungen
zu verdeutlichen, werden in Kapitel 4.4 die Ziele der sechs Kapitalien zu einer Ursa-
che-Wirkungskette verbunden, und anhand einiger Beispiele anschließend in Kapitel
4.5 detailliert verbalisiert.
In Kapitel 5 erfolgt die Diskussion der Balanced Scorecard als externes Publizitätsin-
strument des Integrated Reportings. Dazu werden die Ergebnisse der vorangegangenen
Kapitel zusammengetragen, um zu zeigen, wie eine auf dem Integrated Reporting auf-
bauende Integrated Balanced Scorecard die eingangs diskutierten Informationsasym-
metrien abbauen kann. Kapitel 5.1 greift dazu die Ergebnisse aus Kapitel 2.4 auf und
schlägt die Nutzung der IBSC als Publizitätssubstitut im Sinne eines separaten Be-
richtsinstruments vor, wobei der Fokus auf der Umsetzung in Deutschland, nach deut-
scher Rechnungslegungsnorm liegt. In Kapitel 5.2 folgt eine kritische Würdigung der
Ergebnisse der vorliegenden Arbeit. Dazu wird zunächst auf alternative Nutzungswei-
sen der IBSC hingewiesen. Im Anschluss werden diverse (potentielle) Kritikpunkte
der IBSC, sowohl genereller Natur, als auch bezogen auf die Nutzung als Publizitäts-
instrument, adressiert. Den Abschluss der Arbeit bildet eine Zusammenfassung der
Arbeitsergebnisse mit einem Ausblick auf potentielle zukünftige Entwicklungen.
3

2
Integrated Reporting als Treiber der internationalen Berichter-
stattung
Principal-Agent-Theorie als theoretische Fundierung
Kerngedanke der Theorie der Neuen Institutionenökonomik ist die Sichtweise von Un-
ternehmen als Institutionen, die auf Grundlage von Ideen und Kenntnissen mehrerer
Wirtschaftssubjekte einen Mehrwert schaffen und somit die Stellung des reinen Pro-
duktionsortes überschreiten.
10
Um auf neue Informationen und Marktgegebenheiten
zügig und flexibel reagieren zu können, werden den Entscheidungsträgern dabei ge-
wisse Handlungsspielräume zugestanden. Diese Handlungsspielräume können auf-
grund opportunistischer Verhaltensweisen der Akteure zu asymmetrischer Informati-
onsverteilung führen. Infolge individueller Nutzenmaximierung der beteiligten Wirt-
schaftssubjekte ist das resultierende Marktergebnis nicht optimal.
11
Die Principal-Agent-Theorie (PAT) nach J
ENSEN
/M
ECKLING
bildet ein Teilgebiet der
Neuen Institutionenökonomik. Sie zeigt Probleme bei der Gestaltung von Leistungs-
beziehungen im Rahmen der Aufgabendelegation zwischen einem Auftraggeber (Prin-
cipal) und einem Auftragnehmer (Agent) auf.
12
Da künftige Umweltbedingungen und
Reaktionen nicht vollständig in Rahmenverträgen festgehalten werden können, kann
es zu Koordinations- und Motivationsproblemen zwischen Principal und Agent kom-
men. Das Wissen der Akteure ist somit unvollkommen und häufig ungleich verteilt.
Im Rahmen der Theorie nimmt der Agent die Rolle des besser Informierten, der Prin-
cipal die Rolle des schlechter Informierten ein. Da die asymmetrische Informations-
verteilung keine pareto-optimalen Gleichgewichte erlaubt, sind nur Second-Best Lö-
sungen möglich. Die so im Rahmen der Leistungsbeziehung entstehenden Mehrkos-
ten, im Vergleich zu einer Lösung bei symmetrischer Informationsverteilung, werden
Agency-Kosten genannt. Ziel der Institutionengestaltung muss es sein, die Agency-
Kosten zu minimieren und die Second-Best Lösung der First-Best Lösung möglichst
weit anzunähern.
13
Die asymmetrische Informationsverteilung führt zu ex ante und ex post Risiken. Ex
ante Risiken bestehen vor allem in adverser Selektion (Adverse Selection), also der
10
Vgl. R
ICHTER
/F
URUBOTN
2010, S. 1 f.
11
Vgl. H
OCHHOLD
/R
UDOLPH
2009,
S.
133.
12
Vgl. hierzu ausführlich J
ENSEN
/M
ECKLING
1976.
13
Vgl. H
OCHHOLD
/R
UDOLPH
2009, S. 135.
4

Auswahl ,,schlechter" Vertragspartner. Probleme die nach dem Vertragsabschluss ent-
stehen, also ex post, werden unter dem Begriff Moral Hazard zusammengefasst. Ab-
bildung 1 veranschaulicht diese Zusammenhänge.
Ursache
Asymmetrische Informationsverteilung
Risiken
ex ante
ex post
Problem
Adverse Selection
Moral Hazard
Hidden Characteristics
Hidden Action
Hidden Information
Lösung
Signalling/
Screening
Self-
Selection
Monitoring/
Reporting
Monitoring/
Reporting
Abbildung 1: T ypen asymmetrischer Informationsverteilung
14
Die vor Vertragsabschluss auftretenden, Hidden Characteristics genannten, Risiken
lassen sich dadurch erklären, dass es dem Principal ex ante nicht möglich ist die Qua-
lität und die Motivation des Agenten zu beurteilen.
15
Im Rahmen der PAT werden ver-
schiedene Strategien zur Lösung dieses Problems vorgeschlagen, wie zum Beispiel die
Signalling bzw. Screening Strategie, je nachdem welcher der beiden Akteure Informa-
tionen nachfragt und welcher die Informationen anbietet. Beim Signalling ,,signali-
siert" der Agent dem Principal die Qualität seiner Leistungen im Voraus. Beispiele für
so ein Signal sind Bildungsgrad (z.B. abgeschlossenes Studium) oder Zeugnisse. An-
ders als beim Screening geht der Impuls hier vom Agenten aus. Beim Screening hin-
gegen holt der Principal aktiv Informationen ein. Dies kann zum Beispiel in Form ei-
nes Assessment Centers geschehen.
16
Eine weitere Form der Problembewältigung ist
die Self-Selection. Hierbei handelt es sich um eine Form spezieller Vertragsgestaltung.
Dem Agenten werden dabei vom Principal erstellte Vertragsvarianten zur Auswahl
vorgelegt. Diese werden zum Beispiel mithilfe variabler und fixer Lohnanteile so kon-
struiert, dass die Wahl des Agenten (Self-Selection) Rückschlüsse auf seine Motiva-
tion, Risikopräferenz und damit schlussendlich auf seine Qualität geben.
17
Aufgrund der asymmetrischen Informationsverteilung bieten sich dem Agenten brei-
tere Handlungsspielräume, die ex post zu Moral Hazard, also einem opportunistischen
Verhalten führen können. Die Handlungen des Agenten haben dabei sowohl einen Ein-
fluss auf den Eigennutzen, als auch auf den Nutzen des Principal.
18
Die asymmetrische
14
In Anlehnung an S
EELE
2007, S. 155.
15
Vgl. S
EELE
2007, S. 152.
16
Vgl. S
PENCE
1973, S. 358 f.
17
Vgl. M
IKUS
1998, S. 453 f.
18
Vgl. H
OCHHOLD
/R
UDOLPH
2009, S. 139.
5

Informationsverteilung sorgt dafür, dass die Beurteilung des Agenten durch den Prin-
cipal nur schwer möglich ist. Das Ergebnis der Agenten-Handlungen ist zwar für den
Principal sichtbar, allerdings ist unklar ob äußere Umweltfaktoren oder das Anstren-
gungsniveau des Agenten dafür verantwortlich sind.
19
Dieses Problem wird unter dem
Begriff der Hidden Action zusammengefasst. Hidden Information hingegen bezeich-
net einen Fall, in dem der Principal die Handlungen des Agenten zwar beobachten
kann, deren Qualität aber zum Beispiel aufgrund mangelnder Fachkenntnis nicht be-
urteilen kann.
20
Auch zu diesen ex post auftretenden Risiken bietet die Literatur Lösungsvorschläge.
Eine Strategie besteht in dem gezielten Monitoring, also dem beobachten bzw. über-
prüfen des Agenten. Die Überwachung seiner Aktivitäten verringert die Wahrschein-
lichkeit des opportunistischen Verhaltens. Die so geschaffene Transparenz verursacht
allerdings Kontrollkosten, die im Rahmen dieses Modells vollständig vom Principal
getragen werden müssen.
21
Ist der Agent selbst an der Schaffung von Transparenz in-
teressiert, kann er dies durch proaktives Reporting, also regelmäßiger Dokumentation
oder Berichterstattung erreichen und dadurch die Informationsasymmetrien mindern.
22
Wird dieser modelltheoretische Rahmen auf die integrierte Unternehmenspublizität
angewandt, ist festzustellen, dass die Aktionäre (Hauptversammlung) die Funktion des
Principal einnehmen. Die Aktionäre stellen als Investoren das Kapital bereit und über-
tragen die Unternehmensführung an den Vorstand, der somit als Agent fungiert. Dies
würde eine einstufige Principal-Agent-Beziehung darstellen, wie sie weiter oben be-
schrieben wurde und im monistischen System Anwendung findet. Im in Deutschland
herrschenden dualistischen System kommt allerdings noch der Aufsichtsrat hinzu,
dem eine Überwachungspflicht gemäß § 111 Abs. 1 AktG zuteilwird. Diese Pflicht
umfasst eine ex post Prüfung der Geschäftsführung auf Zweck-, Recht- und Ordnungs-
mäßigkeit sowie die ex ante Prüfung in Form der permanenten Beratung des Vor-
stands.
23
Den vorausschauenden Aspekt der Überwachung stellt hierbei vor allem der
Erlass von Zustimmungsvorbehalten des Aufsichtsrates dar.
24
Die zusätzliche Instanz
19
Vgl. F
REIDANK
/S
ASSEN
2012b, S. 10.
20
Vgl. S
EELE
2007, S. 154.
21
Vgl. H
OCHHOLD
/R
UDOLPH
2009, S. 139.
22
Vgl. G
ÖBEL
2002, S. 113.
23
Vgl. DCGK 2015, Tz. 5.1.1.
24
Vgl. V
ELTE
/W
INKLER
2015, S. 361.
6

im Dualsystem führt zu einer doppelstufigen Principal-Agent-Beziehung
25
. Der Auf-
sichtsrat nimmt die Funktion einer Schnittstelle zwischen Vorstand und Aktionären
ein und versucht in seiner Funktion bestehende Informationsasymmetrien zwischen
den beiden Parteien abzubauen.
26
Dabei werden die Aufsichtsratsmitglieder als Beauf-
tragte (Agent) der Aktionäre (Principal) tätig. Abbildung 2 stellt die Zusammenhänge
der doppelstufigen Principal-Agent-Beziehung dar.
Abbildung 2: Doppelstufiges Principal-Agent-Modell
27
Unter Berücksichtigung der beschriebenen, bei Informationsasymmetrie möglichen
Interessenskonflikte, ist zu hinterfragen, welche Motivation die Parteien jeweils an-
treibt. Die Hauptversammlung ist an einer Maximierung des Shareholder Value
28
(Marktwert des Eigenkapitals) zur Erhöhung des potentiellen Ausschüttungsvolumens
interessiert.
29
Das Integrated Reporting nimmt in diesem Kontext die Funktion des In-
formationskanals zwischen Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung ein.
30
Dem Theoriemodell folgend, wäre ein opportunistischer Zusammenschluss zweier der
drei Parteien denkbar. Bei einer Kooperation von Aufsichtsrat und Vorstand würde der
Aufsichtsrat von der Geschäftsführungsprüfung absehen, diesen Umstand der Haupt-
versammlung gegenüber allerdings im Zuge der Berichterstattung verschleiern. Der
Vorstand kann dies ausnutzen und ein niedrigeres Anstrengungsniveau wählen.
31
25
Vgl. T
IROLE
1986.
26
Vgl. F
REIDANK
/S
ASSEN
2012a, S. 176.
27
Modifiziert entnommen von V
ELTE
/W
EBER
2011, S. 224.
28
Vgl. hierzu auch R
APPAPORT
1999.
29
Vgl. J
ENSEN
/M
ECKLING
1976, S. 306 f.
30
Vgl. V
ELTE
/W
INKLER
2015, S. 361.
31
Vgl. T
IROLE
1986, S. 192-197.
7

Um diesen Agency-Konflikten entgegenzuwirken, muss vor allem das Vertrauen der
Hauptversammlung in die Unternehmensberichterstattung verbessert werden. Die ak-
tuell herrschende Berichtsvielfalt kann beim Adressaten schnell zu einer Informations-
überflutung (Information Overload) führen. Ein als zusammenfassender, prägnanter
Spitzenbericht
32
umgesetzter Integrated Report kann diesem Problem entgegenwirken
und durch die Verknüpfung der traditionellen Finanzberichterstattung mit der wertori-
entierten, nicht finanziellen Berichterstattung zur Transparenz und damit Vertrauens-
erhöhung beitragen.
33
Bezogen auf die im Modell berücksichtigten Ansätze zur Reduktion der Information-
sasymmetrien, ist das Integrated Reporting auch aufgrund der Freiwilligkeit mithin als
Signalling des Unternehmens zu verstehen.
34
Darüber hinaus führt das Integrated Re-
porting zur Annäherung zwischen internem und externen Rechnungswesen (Manage-
ment Approach
35
).
36
Die vorliegende Arbeit untersucht im Zuge dieser Entwicklung
vor allem das Konzept der Balanced Scorecard und geht der Frage nach, wie das ur-
sprünglich vorrangig intern eingesetzte Controllinginstrument als externes Publizitäts-
instrument des Integrated Reportings genutzt werden kann und somit als Kommunika-
tionsplattform zum Abbau asymmetrischer Informationsverteilung beitragen kann.
Berichterstattung im Wandel
Die Anzahl der von kapitalmarktorientierten Unternehmen veröffentlichten Berichte
steigt seit einigen Jahren stetig an.
37
Gleichzeitig hat sich die öffentliche Wahrneh-
mung unternehmerischen Handelns ebenfalls deutlich geändert. Ökologische und so-
ziale Facetten gewinnen an Bedeutung und von Seiten der Stakeholder wird eine ver-
stärkte Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung [Corporate Social Responsibility
(CSR)] gefordert.
38
Dieser Entwicklung gerecht werdend, erstellen mittlerweile viele
Unternehmen neben der traditionellen Finanzberichterstattung weitere Formate, wie
den Corporate Governance Report, den Nachhaltigkeitsbericht oder einen Vergütungs-
bericht.
39
Diese Berichte stehen häufig wie Silos isoliert nebeneinander und lassen
32
Vgl. hierzu ausführlich Kapitel 2.4.
33
Vgl. V
ELTE
/W
INKLER
2015, S. 362.
34
Vgl. K
REIPL
2015, S. 38.
35
Vgl. hierzu ausführlich Kapitel 2.5.
36
Vgl. V
ELTE
/W
INKLER
2015, S. 362.
37
Vgl. B
ERNDT
2011, S. 2 f.
38
Vgl. F
REIDANK
/H
INZE
2015, S. 59.
39
Vgl. u.a. B
EYHS
/B
ARTH
2011, S. 2857; F
REIDANK
/H
INZE
2015, S. 59.
8

dadurch kaum Rückschlüsse auf die Integration der diversen Indikatoren in die Vision
und die Strategie des Unternehmens zur Wertgenerierung zu.
40
Ein durch diese Vielzahl an potentiellen Informationsquellen verursachter Information
Overload ist kritisch zu sehen. Vor allem nichtprofessionellen (potentiellen) Investo-
ren droht eine Überforderung, wenn sie vor der Aufgabe stehen aus dem Überangebot
an Information gerade die entscheidungsrelevanten herauszufiltern. Die korrekte Ein-
schätzung von zentralen Entwicklungen sowie der Chancen und Risiken im Unterneh-
mensumfeld wird angesichts dieser Komplexität ebenfalls deutlich erschwert.
41
Die Kommunikation eines Unternehmens mit seinen Shareholdern erfolgt in erster Li-
nie durch die externe Berichterstattung. Dabei liegt das Hauptaugenmerk der Investo-
ren auf den finanziellen Kennzahlen. Mit den steigenden Anforderungen an die Be-
richterstattung großer Konzerne, steigen auch die Komplexität und der Umfang eben-
dieser. Der dadurch stetig steigende Ressourcenaufwand wird zunehmend kritisch ge-
sehen, da trotz dieses Mehraufwandes noch immer nicht genug, respektive nicht das
Wesentliche berichtet wird.
42
Mithin mangelt es trotz steigender Quantität an der Qua-
lität der Daten.
43
Dieser Sachverhalt liegt, unter anderem, in der abnehmenden Rele-
vanz der berichteten, vornehmend finanziellen, Kennzahlen bezüglich des tatsächli-
chen Unternehmenswertes begründet. Eine aktuelle Studie des IIRC bestätigt diesen
Trend. Demnach wurden 2009 nur noch 19% des Unternehmenswertes durch die Bi-
lanz abgebildet. Ein signifikanter Rückgang im Vergleich zum Jahr 1975, als noch
83% des Unternehmenswertes durch die Bilanz erklärt wurde. Abbildung 3 verdeut-
licht diese Zusammensetzung des Marktwertes im Zeitverlauf.
40
Vgl. F
REIDANK
/H
INZE
2015, S. 59.
41
Vgl. K
AJÜTER
/B
LAESING
/H
ANNEN
2013b, S. 1686 f.
42
Vgl. B
ERNDT
2011, S. 2 f.
43
Vgl. B
EYHS
/B
ARTH
2011, S. 2857.
9

Abbildung 3: Zusammensetzung des Marktwertes von Unternehmen
44
Die dargestellte Entwicklung legt die Notwendigkeit einer Reformierung der externen
Rechnungslegung nahe, um den im Zeitablauf entstandenen Anforderungen eines sich
ändernden Marktumfeldes gerecht zu werden. Allerdings schreitet dieser Reformati-
onsprozess nur langsam voran, was vor allem an der weiter oben beschriebenen, his-
torisch erwachsenen Struktur des Unternehmensberichts als separate Darstellung iso-
lierter Informationssilos liegt. War dieser Aufbau ursprünglich noch angemessen und
zielführend, so erschwert er mittlerweile die benötigte Reformierung durch einen in-
tegrativen Ansatz. Die führenden Wirtschaftsprüfungen konstatieren daher bereits seit
einigen Jahren, dass das aktuelle Modell nicht zukunftsfähig ist.
45
Integrated Reporting als neuer Ansatz
2.3.1
Entwicklung des Integrated Reportings
Ein neues Konzept zur Entwicklung der Rechnungslegung liegt im Integrated Report-
ing. Die Grundidee besteht in der Verknüpfung aller zur Wertschöpfung beitragenden
Bereiche des Unternehmens, um einen ganzheitlichen Blick auf das Unternehmen zu
ermöglichen, anstatt nur die finanzielle Situation in den Fokus zu rücken:
46
44
Modifiziert entnommen von IIRC 2011, S. 4.
45
Vgl. L
EIBFRIED
2012, S. 25.
46
Vgl. hierzu ausführlich IIRC
2013a.
83
68
32
20
19
17
32
68
80
81
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
1975
1985
1995
2005
2009
Physische und finanzielle Werte
Sonstige Faktoren
10

,,An integrated report is a concise communication about how an organization´s strat-
egy, governance, performance and prospects, in the context of its external environ-
ment, lead to the creation of value over the short, medium and long term."
47
Um eine sorgfältige Einschätzung der Wertschöpfungspotentiale eines Unternehmens
zu treffen, benötigen die Berichtsadressaten demnach über die Finanzinformationen
hinaus relevante, nicht finanzielle Informationen. Dies hat Unternehmen schon seit
längerem dazu verleitet, neben dem Finanzbericht weitere, teilweise freiwillige, Be-
richte zu erstellen.
48
Auch im (Konzern-) Lagebericht werden diese Entwicklungen
widergespiegelt. § 289 Abs. 1 und Abs. 3 HGB sowie § 315 Abs. 1 HGB fordern bei-
spielsweise den Bericht über die wesentlichen finanziellen und nicht-finanziellen Leis-
tungsindikatoren. § 289a Abs. 1 HGB befasst sich hingegen mit der Erklärung zur
Unternehmensführung. Von den zusätzlichen Kommunikationsinstrumenten hat sich
vor allem die Nachhaltigkeitsberichterstattung bei der Mehrzahl der größeren Unter-
nehmen in der externen Unternehmensberichterstattung durchgesetzt.
49
Die Ergän-
zung der Finanzberichterstattung um diese Zusatzberichte soll das Blickfeld weiten,
um der oben angesprochenen Entwicklung des Unternehmenswertes gerecht zu wer-
den.
50
Darüber hinaus wird das Unternehmen somit der Forderung nach mehr Trans-
parenz gerecht.
51
Nur nebeneinander gestellt schaffen es die einzelnen Berichte aller-
dings nicht, das geforderte, vollständige und ganzheitliche Bild zu zeichnen, das die
vielseitigen Sichtweisen verknüpft. Diese Verknüpfung (connectivity) ist ein zentraler
Punkt des Integrated Reportings, auf den unter dem Mantel des integrated thinking in
Kapitel 2.3.3 vertieft eingegangen wird.
Angesichts der Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität wurde im August 2010,
auf Initiative des Prinzen von Wales, mit dem ,,The Prince´s Accounting for Sustaina-
bility Project" (A4S) das International Integrated Reporting Council gegründet.
52
Ne-
ben führenden Institutionen der Finanzberichterstattung, wie dem Financial Ac-
counting Standards Board (FASB) und International Accounting Standards Board
(IASB), war auch die auf Nachhaltigkeitsberichterstattung fokussierte Global Report-
47
IIRC 2013a, Tz. 1.1.
48
Vgl. L
ORSON
/P
ASCHKE
2015, S. 939.
49
Vgl. KPMG
2015, S. 11.
50
Vgl. IIRC 2013a, S. 7.
51
Vgl. IIRC 2013a, S. 18.
52
Vgl. S
TAWINOGA
2015,
S.
192.
11

ing Initiative (GRI) beteiligt. Der Prozess zur Erstellung eines international anerkann-
ten Rahmenkonzeptes zur integrierten Berichterstattung wurde von namhaften Unter-
nehmen, Non-Profit-Organisationen sowie führenden Wirtschaftsprüfungsgesell-
schaften begleitet.
53
Nur ein Jahr nach der Gründung folgte im September 2011 die Veröffentlichung des
ersten Discussion Papers, mitsamt Vorschlägen zur Neuausrichtung der Unterneh-
mensberichtspraxis.
54
Unternehmen und Organisationen weltweit wurden gebeten
konstruktive Kritik und Verbesserungsvorschläge zu äußern, und obwohl der zeitliche
Rahmen mit drei Monaten sehr knapp bemessen war, gingen 214 Stellungnahmen aus
mehr als 30 Ländern beim IIRC ein.
55
Diese Vielzahl an Rückmeldungen zeigte zum
einen das vorhandene Interesse und die Relevanz der Thematik, zum anderen wurde
durch die große Anzahl an Verbesserungsvorschlägen auch deutlich, dass noch große
Schwierigkeiten bestanden. Nachdem das IIRC ein Pilotprogramm gründete, in dem
Unternehmen sich zum Praxistest der IR-Grundsätze bereit erklärten, wurde mit des-
sen Hilfe eine Entwurfskizze des Rahmenkonzepts (Draft Outline Framework) im Juli
2012 veröffentlicht. Bereits vier Monate später folgte der Prototyp des offiziellen Rah-
menkonzepts (Prototype Framework). Nachdem mit Hilfe eines Beratungsentwurfs
(Consultation Draft) zwischen April und Juli 2013 eine weitere Überarbeitung statt-
fand, wurde im Dezember 2013 die erste Version des finalen International Integrated
Reporting Framework publiziert.
56
Im Discussion Paper aus 2011 wurde die Umset-
zung noch als One Report geplant, das heißt, der integrierte Bericht sollte die bisherige
Berichterstattung ablösen.
57
Dieses Vorgehen wurde im Verlauf der Überarbeitung al-
lerdings als zu ambitioniert eingestuft, so dass das finale Framework den Unternehmen
nun die Wahl lässt:
,,An integrated report may be either a standalone report or be included as a distinguish-
able, prominent and accessible part of another report or communication."
58
53
Vgl. B
EYHS
/B
ARTH
2011, S. 2858 f.
54
Vgl. B
EYHS
/B
ARTH
2011, S. 2859.
55
Vgl. S
LOTTA
2012, S. 87-89.
56
Vgl. IIRC 2013a.
57
Vgl. IIRC 2011, S. 6.
58
IIRC 2013a, Tz. 1.15.
12

Ein Vorreiter bei der Umsetzung der Prinzipien des Integrated Reportings ist Südaf-
rika. Bereits 2011 wurde auf einer Pressekonferenz der Börse in Johannesburg ein ers-
ter Leitfaden zur Anpassung der Berichterstattung veröffentlicht. Hierbei handelte es
sich um ein richtungsweisendes Ereignis, da sich bis zu diesem Zeitpunkt wenige
große Wertpapierbörsen zum Integrated Reporting bekannt hatten. Seit dem
01.03.2010 werden im Zuge der King III Initiative nun alle in Johannesburg gelisteten
Unternehmen nach dem comply or explain Prinzip zur Erstellung eines integrierten
Berichts verpflichtet.
59
Um die ständige Verbesserung der Entwicklung zu gewährleis-
ten, wurde 2011 das Integrated Reporting Committee of South Africa (IRCSA) ge-
gründet.
60
Eine Studie von E
RNST
&
Y
OUNG
zeigt, dass immer mehr Börsen dem Bei-
spiel Südafrikas folgen und angelehnt an das IR einen Bericht über Umwelt- und So-
zialangelegenheiten sowie zur Unternehmensführung fordern.
61
Zu diesen Börsen ge-
hören unter anderem Sao Paolo, Singapur, Kuala Lumpur und Kopenhagen.
62
Neben Deutschland, einem Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeitsberichterstattung
63
, ha-
ben auch andere große europäische Staaten wichtige Schritte in Richtung IR unter-
nommen. In Frankreich beispielsweise verpflichtet die Reform Grenelle II
die Unter-
nehmen zum Bericht über Umweltschutz und sozial relevanten Themen.
64
Des Weite-
ren unternimmt auch die Europäische Kommission wichtige Schritte in Richtung der
integrativen Berichterstattung. So wurden im Oktober 2011 Richtlinienvorschläge zur
Überarbeitung der vierten und siebten EU-Bilanzrichtlinien vorgelegt und im Juni
2013 verabschiedet. Neben Erleichterungen für kleinere Unternehmen (Konzept ,,Vor-
fahrt für KMU") und dem Country-by-Country Reporting, waren vor allem die Ver-
besserung der EU-weiten Vergleichbarkeit, Klarheit und Verständlichkeit der Unter-
nehmenspublizität sowie Steigerung der Transparenz des Informationsgehaltes Kern-
punkte der Direktive.
65
Die Unternehmen werden dazu verpflichtet Informationen zur
Unternehmenspolitik, zu Risiken bezüglich Umwelt und sozialen Aspekten sowie die
Mitarbeiter betreffenden Themen zu veröffentlichen. Weitere Diskussionspunkte bil-
den Menschenrechtsverletzungen, Korruption und Bestechung und die Diversität des
59
Vgl. E
CCLES
/S
ALTZMAN
2011, S. 57.
60
Vgl. A
DAMS
/S
IMNETT
2011,
S.
294.
61
Vgl. E
RNST
& Y
OUNG
2012.
62
Vgl.
C
HENG ET AL
.
2014,
S.
93.
63
Vgl. K
AJÜTER
2015, S. 321 f.
64
Vgl. C
HENG ET AL
.
2014,
S.
93
f.
65
Vgl. DRSC
2015.
13

Aufsichtsrats.
66
Die Umsetzung dieser Direktive auf nationaler Ebene soll mit Ablauf
des Jahres 2016 vollzogen sein.
67
2.3.2
Framework
Das Framework ist laut eigener Schilderung ein prinzipienbasiertes Werk, welches an
die zahlreichen Entwicklungen nationaler Berichterstattung weltweit angelehnt ist und
dementsprechend in Art und Weise wie ein Rechnungslegungsstandard aufgebaut ist.
68
Um die Umsetzung in den Unternehmen zu unterstützen, stellt das Rahmenkonzept
zum einen Leitprinzipien (Guiding Principles) und zum anderen Inhaltselemente (Con-
tent Elements) des Berichts vor, die zusammen den Gesamtaufbau des integrierten Be-
richts steuern sollen (vgl. Tabelle 1).
69
Der durch diese Elemente inhaltlich und kon-
zeptionell gestaltete integrierte Bericht orientiert sich stark am Prinzip des Manage-
ment Approach, also der externen Berichterstattung von internen Informationen.
70
Tabelle 1: Prinzipien und Inhaltselemente laut IIRF
71
Leitprinzipien
Inhaltselemente
Strategie- und Zukunftsorientierung Unternehmensüberblick und
Geschäftsumfeld
Informationsverknüpfung
Unternehmensführung und
-überwachung
Stakeholder-Orientierung
Geschäftsmodell
Wesentlichkeit
Risiken und Chancen
Prägnanz
Strategie- und Ressourcenallokation
Verlässlichkeit und Vollständigkeit Leistung
Stetigkeit und Vergleichbarkeit
Ausblick
Grundlagen der Berichterstellung
und -darstellung
Laut Framework ist es die Hauptaufgabe des integrierten Berichts, sowohl die Inves-
toren, die das Eigen- und Fremdkapital zur Verfügung stellen, als auch die restlichen
Stakeholder in die Lage zu versetzen, eine Einschätzung über die Chancen und Risiken
des Unternehmens, in Bezug auf die Wertschöpfungspotentiale im Zeitverlauf, treffen
66
Vgl. IIRC 2013b.
67
Vgl. EU
COM
2014.
68
Vgl. IIRC 2013a, S. 2.
69
Vgl. IIRC 2013a, Tz. 1.3.
70
Vgl. S
IMON
-H
ECKROTH
2014, S. 318.
71
Modifiziert entnommen von L
ORSON
/P
ASCHKE
2015,
S.
940.
14

zu können.
72
Im Kern des Rahmenkonzepts steht die Forderung an die Unternehmen,
ihre Berichterstattung um alle Ressourcen zu erweitern, die zur Wertschöpfung heran-
gezogen werden. Das Framework schlägt dafür sechs Kapitalien (capitals) vor, die in
Kapitel 2.3.4 genauer untersucht werden.
73
Nach Ansicht des IIRC soll der Integrated Report veranschaulichen, in welchem Um-
fang Strategie, Führung, Leistung und Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens, unter
Einbeziehung des externen Umfelds, auf die kurz-, mittel- und langfristige Wertschaf-
fungsfähigkeit einwirken.
74
Im Gegensatz zur traditionellen Finanzberichterstattung
wird demnach berücksichtigt, dass die Wertschöpfung nicht ausschließlich vom Un-
ternehmen gesteuert wird, sondern auch von den relevanten Ressourcen und Bezie-
hungen zu den Stakeholdern abhängt. Der integrierte Bericht stellt keine reine Reflek-
tion der vergangenen, finanziellen Transaktionen dar, sondern verlangt einen Wechsel,
hin zu einer zukunftsorientierten Informationsbereitstellung durch Betrachtung diver-
ser Zeithorizonte von kurz- über mittel- bis hin zur langfristigen Entwicklung.
75
Da der integrierte Bericht die Interdependenzen der einzelnen Berichtsinhalte aufzei-
gen soll, sind diese nicht separat, sondern in geeigneter Reihenfolge so darzustellen,
dass die Verknüpfungen möglichst gut sichtbar werden.
76
Aufgrund der prinzipienba-
sierten Formulierung des Frameworks, ist es den Unternehmen außerdem möglich die
Berichtsinhalte individuell nach Relevanz und gegebenen Umständen anzupassen,
wodurch auch die angesprochene internationale Anwendbarkeit unterstützt wird.
77
Der
den Unternehmen eingeräumte Ermessensspielraum, und die damit verbundene man-
gelnde Standardisierung sorgen zwar dafür, dass dem checklistenartigen Abhaken um-
fangreicher Gestaltungsvorgaben vorgebeugt wird, allerdings wird dadurch auch die
Vergleichbarkeit der Unternehmen stark eingeschränkt.
78
Die Vorteile einer integrativen Berichterstattung hingegen lassen sich in drei Katego-
rien aufteilen. Interne Vorteile entstehen u.a. durch bessere Ressourcenallokation und
Risikovermeidung. Externe Marktvorteile ergeben sich z.B. aus der Beziehung zu den
72
Vgl. IIRC 2013a, Tz. 1.7-1.8.
73
Vgl. IIRC 2013a, Tz. 2.10.
74
Vgl. IIRC 2013a, Tz. 1.1.
75
Vgl. N
OLDEN
/R
ICHTER
2012, S. 980.
76
Vgl. N
OLDEN
/R
ICHTER
2012, S. 982.
77
Vgl. D
IENES
/V
ELTE
2014, S. 69.
78
Vgl. B
EYHS
/B
ARTH
2011, S. 2862.
15

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2016
ISBN (PDF)
9783961160433
ISBN (Paperback)
9783961165438
Dateigröße
2 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Hamburg
Erscheinungsdatum
2016 (Oktober)
Note
1,3
Schlagworte
Integrated Reporting Balanced Scorecard externes Rechnungswesen Unternehmenspublizität externes Reporting
Produktsicherheit
Diplom.de
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Titel: Balanced Scorecard als externes Publizitätsinstrument des Integrated Reportings
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