IFRS 9: Finanzinstrumente - Neuregelungen und kritische Analyse
©2015
Bachelorarbeit
43 Seiten
Zusammenfassung
„[…] if you understand it, you haven't read it properly – it's incomprehensible.“ Mit diesen Worten kommentierte der damalige Vorsitzende des IASB (International Accounting Standards Board) Sir David Tweedie im Juli 2007 den eigenen Bilanzierungsstandard IAS (International Accounting Standard) 39 Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung, der die damaligen Regelungen zur Bilanzierung von Finanzinstrumenten enthielt. Die Einsicht, dass dieser den Anforderungen einer zunehmend komplexen Finanzwelt nicht gerecht wurde, führte zu einem langfristigen Überarbeitungsprojekt, an dessen Ende der neue Standard IFRS 9 steht.
Zu Beginn werden die Gründe und Ziele der Überarbeitung des IAS 39 vorgestellt. Der Hauptteil der Arbeit wird die Gegenüberstellung der alten und der neuen Regelungen umfassen und sich dabei vor allem auf die ersten beiden Phasen stützen, jedoch auch einige wichtige Änderungen im Bereich des Hedge Accounting einbeziehen. Die kritische Analyse im Hinblick auf die Erhöhung der Entscheidungsnützlichkeit ist in zwei Unterkapitel unterteilt: Im ersten Teil wird diese mithilfe der empirischen Studie Pre-adoption market reaction to IFRS 9 von Onali/Ginesti (2014) ausgewertet. Im zweiten Teil erfolgt eine normative Auswertung, die untersucht, ob die Neuregelungen von IFRS 9 besser als der Vorgängerstandard unter die Anforderungen des IASB-Rahmenkonzeptes subsumiert werden können. Im Fazit erfolgt eine kurze Zusammenfassung der Neuregelungen und es wird die Frage beantwortet, ob diese grundsätzlich zu einer Erhöhung der Entscheidungsnützlichkeit beigetragen haben. Anschließend folgt ein Ausblick mit Bezug zum verpflichtenden Anwendungsdatum des IFRS 9 ab 1. Januar 2018.
Zu Beginn werden die Gründe und Ziele der Überarbeitung des IAS 39 vorgestellt. Der Hauptteil der Arbeit wird die Gegenüberstellung der alten und der neuen Regelungen umfassen und sich dabei vor allem auf die ersten beiden Phasen stützen, jedoch auch einige wichtige Änderungen im Bereich des Hedge Accounting einbeziehen. Die kritische Analyse im Hinblick auf die Erhöhung der Entscheidungsnützlichkeit ist in zwei Unterkapitel unterteilt: Im ersten Teil wird diese mithilfe der empirischen Studie Pre-adoption market reaction to IFRS 9 von Onali/Ginesti (2014) ausgewertet. Im zweiten Teil erfolgt eine normative Auswertung, die untersucht, ob die Neuregelungen von IFRS 9 besser als der Vorgängerstandard unter die Anforderungen des IASB-Rahmenkonzeptes subsumiert werden können. Im Fazit erfolgt eine kurze Zusammenfassung der Neuregelungen und es wird die Frage beantwortet, ob diese grundsätzlich zu einer Erhöhung der Entscheidungsnützlichkeit beigetragen haben. Anschließend folgt ein Ausblick mit Bezug zum verpflichtenden Anwendungsdatum des IFRS 9 ab 1. Januar 2018.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abb.
Abbildung
ebd.
ebenda
EFRAG
European Financial Advisory Group
FASB
Financial Accounting Standards Board
FCAG
Financial
Crisis
Advisory
Group
FSB
Financial
Stability
Board
FSF
Financial
Stability
Forum
Hrsg.
Herausgeber
IAS
International
Accounting
Standard
IASB
International Accounting Standards Board
IFRS
International
Financial
Reporting
Standard
o.
O.
ohne
Ort
o.
V.
ohne
Verfasser
Rn.
Randnummer
Rz.
Randziffer
URL
Uniform
Resource
Locator
Vgl.
Vergleiche
III
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Die Kategorien finanzieller Vermögenswerte nach IAS 39 ... 9
Abb. 2: Darstellung der drei Stufen des Wertminderungsmodells nach IFRS 9 ... 17
Abb. 3: Berechnung erwarteter Verluste nach IFRS 9 ... 18
Abb. 4: Das Modell kapitalmarktorientierter Studien ... 23
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Kombinationen der Bedingungen und resultierende Kategorien nach IFRS 9 ... 11
Tabelle 2: Übersicht über Wertminderungsmodelle nach IAS 39 ... 15
IV
1. Einleitung
,,[...] if you understand it, you haven't read it properly it's incomprehensible."
1
Mit
diesen Worten kommentierte der damalige Vorsitzende des IASB (International
Accounting Standards Board) Sir David Tweedie im Juli 2007 den eigenen
Bilanzierungsstandard IAS (International Accounting Standard) 39 Finanzinstrumente:
Ansatz und Bewertung, der die damaligen Regelungen zur Bilanzierung von
Finanzinstrumenten enthielt. Die Einsicht, dass dieser den Anforderungen einer
zunehmend komplexen Finanzwelt nicht gerecht wurde, führte zu einem langfristigen
Überarbeitungsprojekt, an dessen Ende der neue Standard IFRS 9 steht.
Einen Meilenstein stellte dabei das Jahr 2005 dar, in welchem sich das IASB und der US-
amerikanische Standardsetter FASB (Financial Accounting Standards Board) auf
gemeinsame Ziele zur Vereinfachung und Konvergenz der Regelungen einigten.
2
Es
folgten weitere Projekte zur Erarbeitung von Verbesserungen, welche 2008 in dem
gemeinsamen Diskussionspapier ,,Reducing Complexity in Reporting Financial
Instruments
" mündeten und in dem beide Standardsetter konkrete Vorschläge
unterbreiteten. Eine Beschleunigung erfuhr die Überarbeitung der Regelungen für
Finanzinstrumente unter dem Einfluss der internationalen Finanzmarktkrise. Die
Financial Crisis Advisory Group (FCAG) wurde von den beiden Standardsettern
gegründet, um Empfehlungen für die Rechnungslegung zur Vermeidung künftiger Krisen
zu erarbeiten.
3
Auf ihrem Gipfeltreffen 2009 in London forderte außerdem die Gruppe
der 20 größten Industrie- und Schwellenländer, G20, von den Standardsettern in einer
Erklärung zur Stärkung des Finanzsystems eine noch stärkere, beschleunigte Konvergenz
der internationalen Regelungen zur Schaffung qualitativ hochwertiger Standards.
4
Trotz dieser umfassenden und hochrangigen Aufforderungen zur Angleichung der
Rechnungslegungssysteme im Bereich der Finanzinstrumente, wurde diese nicht
vollständig erreicht. ,,In einigen Teilprojekten wurden inzwischen divergierende
Lösungen entwickelt, und die Veröffentlichung von Verlautbarungne [sic!] ist nicht
länger aufeinander abgestimmt."
5
, heißt es auf einer der relevanten Nachrichtenseiten
zum Konvergenzprojekt. Das IASB führte die Überarbeitung des damaligen Standards
IAS 39 zunehmend selbstständig durch und ging dabei phasenweise vor. In der ersten
1
Pickard (2007), S. 38.
2
Vgl. im Internet: FASB (2014).
3
Vgl. im Internet: Deloitte Global Services Limited (2015a).
4
Vgl. im Internet: G20 (2009), S. 6.
5
Im Internet: Deloitte Global Services Limited (2015b).
1
Phase wurde der Bereich ,,Klassifizierung und Bewertung", in der zweiten die
Regelungen zum ,,Impairment
" und in der dritten diejenigen zum ,,Hedge Accounting"
überarbeitet. Am 24. Juli 2014 wurde dieses Projekt mit der Veröffentlichung des
Standards IFRS 9, welcher IAS 39 ab 1. Januar 2018 verpflichtend ersetzt, offiziell
abgeschlossen.
Ziel dieser Bachelorarbeit ist die kritische Analyse der Neuregelungen unter dem Aspekt,
ob sie zu größerer Entscheidungsnützlichkeit beigetragen haben. Dieser vom IASB an
sich selbst gestellte Anspruch wird bereits aus den unterschiedlichen Zielsetzungen des
alten und des neuen Standards deutlich: Gem. IAS 39.1 sei es die Zielsetzung ,, [...]
Grundsätze für den Ansatz und die Bewertung finanzieller Vermögenswerte, finanzieller
Verbindlichkeiten [...] aufzustellen." In der Zielsetzung des Nachfolgestandards wird
gem. IFRS 9.1.1 verwiesen auf ,, [...] Grundsätze der Finanzberichterstattung für
finanzielle Vermögenswerte und finanzielle Verbindlichkeiten, die relevante und
nützliche Informationen für Abschlussnutzer [...] " darstellen. In dieser Arbeit soll
sowohl durch Auswerten einer empirischen Studie als auch normativ überprüft werden,
inwieweit IFRS 9 als Standard die Kriterien für die Vermittlung relevanter und nützlicher,
mithin auch entscheidungsnützlicher, Informationen besser erfüllt.
Zu Beginn werden die Gründe und Ziele der Überarbeitung des IAS 39 vorgestellt. Der
Hauptteil der Arbeit wird die Gegenüberstellung der alten und der neuen Regelungen
umfassen und sich dabei vor allem auf die ersten beiden Phasen stützen, jedoch auch
einige wichtige Änderungen im Bereich des Hedge Accounting einbeziehen. Die kritische
Analyse im Hinblick auf die Erhöhung der Entscheidungsnützlichkeit ist in zwei
Unterkapitel unterteilt: Im ersten Teil wird diese mithilfe der empirischen Studie Pre-
adoption market reaction to IFRS 9 von Onali/Ginesti (2014) ausgewertet. Im zweiten
Teil erfolgt eine normative Auswertung, die untersucht, ob die Neuregelungen von
IFRS 9 besser als der Vorgängerstandard unter die Anforderungen des IASB-
Rahmenkonzeptes subsumiert werden können. Im Fazit erfolgt eine kurze
Zusammenfassung der Neuregelungen und es wird die Frage beantwortet, ob diese
grundsätzlich zu einer Erhöhung der Entscheidungsnützlichkeit beigetragen haben.
Anschließend folgt ein Ausblick mit Bezug zum verpflichtenden Anwendungsdatum des
IFRS 9 ab 1. Januar 2018.
2
2. Gründe und Ziele der Überarbeitung von IAS 39
Bestand die Kritik an IAS 39 in den Punkten Komplexität und Regelbasiertheit schon seit
längerer Zeit (Konvergenzprojekt zwischen FASB und IASB s.o.), wurden im Rahmen
der internationalen Finanzmarktkrise ab 2007 die Eignung des beizulegenden Zeitwertes
als Bewertungsmaßstab sowie das Wertminderungsmodell, das sog. Incurred Loss Model,
kritisiert. Nach der Darlegung der Gründe dafür wird im dritten Teil des Kapitels das
Konzept der Entscheidungsnützlichkeit als Ziel der Überarbeitung von IAS 39
vorgestellt.
2.1 Komplexität und Regelbasierung
Für finanzielle Vermögenswerte existieren nach IAS 39 vier Kategorien, die stark
regelbasiert sind, da sie dem Anwender eine Vielzahl von konkreten Möglichkeiten
vorgeben, die zur Klassifizierung in diese Kategorie führen. Der damalige IASB-
Vorsitzende Sir David Tweedie verweist 2007 darauf, dass die vielen Ausnahmen in
diesem Bereich zu einem ausgeprägten Spezialistentum führen und nur wenige Anwender
den Standard in Gänze verstehen würden.
6
Fraglich ist jedoch, inwieweit eine gewisse
Komplexität durch die Art der Finanzinstrumente selbst begründet ist: Pellens et al.
(2014) zeigen, dass einfache Regelungen, z. B. der Bewertung, ihrerseits zu Problemen
führen und so zwischen verschiedenen Ansätzen abgewogen werden müsse, was
zwangsläufig zu einer höheren Komplexität führe.
7
Die Financial Crisis Advisory Group
äußert sich zu dieser endogenen Komplexität von Finanzinstrumenten ähnlich,
argumentiert jedoch, dass auch unter diesem Gesichtspunkt die existierenden Regelungen
unvertretbar kompliziert seien.
8
Neben vielen Regeln gibt es zwar auch Prinzipien, die bei der Klassifizierung
heranzuziehen sind. So sind u. a. gem. IAS 39.9 bei bis zur Endfälligkeit zu haltenden
Finanzinvestitionen die Fähigkeit des Unternehmens und die Absichten des
Managements, diese auch wirklich bis zur Endfälligkeit zu halten, relevant. Nobes (2003)
bemängelt jedoch, dass diese Absichten nicht nur unklar seien, sondern sich im Verlauf
der Zeit auch ändern könnten.
9
Diese stellen zwar ein Prinzip dar, welches jedoch wegen
der Unklarheit der Auslegung mit vielen Regeln einhergehe.
10
Ein weiteres Problem in
6
Vgl. Pickard (2007), S. 37.
7
Vgl. Pellens et al. (2014), S. 559561.
8
Vgl. im Internet: FASB (2008), S. 5.
9
Vgl. Nobes (2005), S. 29.
10
Vgl. ebd.
3
diesem Zusammenhang ist die starke Subjektivität durch die Konzentration auf die
Absichten von einzelnen Personen.
Ein weiterer Kritikpunkt in Bezug auf die Komplexität ist die Verwendung eines
gemischten Bewertungskonzepts, bei welchem sowohl zu (fortgeführten)
Anschaffungskosten als auch zum beizulegenden Zeitwert bewertet wird. Unter
fortgeführten Anschaffungskosten im Sinne des IAS 39 versteht man den Wert bei
Ansatz, vermindert um Tilgungszahlungen. Weiterhin ist bei einem Agio oder Disagio
die Methode des effektiven Zinssatzes (interner Zinsfuß) anzuwenden. Dadurch, dass der
Gläubiger einen geringeren Betrag auszahlt, stellt die Differenz zum Erfüllungsbetrag
einen vorweggenommenen Zinsertrag dar, der über die Laufzeit zu verteilen ist.
11
Unter
beizulegendem Zeitwert wird gem. IAS 32.11 derjenige Preis verstanden, ,,der in einem
geordneten Geschäftsvorfall zwischen Marktteilnehmern am Bemessungsstichtag für den
Verkauf eines Vermögenswerts eingenommen bzw. für die Übertragung einer Schuld
gezahlt würde". Gem. IFRS 13.7290 ist bei der Ermittlung des beizulegenden Zeitwertes
eine Hierarchie aus drei Ebenen heranzuziehen, die von unangepassten und
beobachtbaren Marktpreisen als Optimum ausgeht und bis zu adjustierten und
unbeobachtbaren Preisen reicht.
Nicht nur, dass der Verwendung eines gemischten Bewertungskonzepts kein klares
Prinzip zugrunde liegt und dieses die Komplexität durch einen größeren Umfang des
Standards erhöht, es ergeben sich weiterhin Probleme in Bezug auf das Hedge
Accounting, die Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen. Diese zeichnet sich dadurch
aus, dass eine Wertänderung eines zu sichernden Geschäfts zumindest zum Teil durch
das Sicherungsgeschäft kompensiert wird und diese folglich eine gemeinsam zu
bewertende wirtschaftliche Einheit darstellen. Wird jedoch das zu sichernde
Grundgeschäft zu fortgeführten Anschaffungskosten und das Sicherungsgeschäft zum
beizulegenden Zeitwert bewertet, wird nur die Veränderung des letzteren unmittelbar in
Gewinn oder Verlust erfasst und es können sich Bewertungsinkongruenzen ergeben, die
weitere Regelungen erfordern.
11
Vgl. Ruhnke/Simons (2012), S. 406.
4
2.2 Zeitwertbewertung und das Incurred Loss Model in der Finanzmarktkrise
Z
EITWERTBEWERTUNG
: Ein Vorschlag zur Komplexitätsreduktion war eine Bewertung
ausschließlich nach dem beizulegenden Zeitwert, um den Anwendern ein klares Prinzip
vorzugeben und die Vergleichbarkeit zu erhöhen.
12
Das IASB ist diesen Aufforderungen
nicht gefolgt und wendet mit IFRS 9 weiterhin ein gemischtes Bewertungskonzept an.
Morales Díaz (2010) identifiziert drei Hauptargumente, die für die Einführung eines
solchen Models sprechen: Die Erhöhung der Relevanz durch aktuellere Informationen,
die Komplexitäts-, sowie die Ermessensreduktion.
13
Auf der Seite der Gegenargumente
seien besonders die Schwierigkeit der Ermittlung des beizulegenden Zeitwertes auf
illiquiden Märkten sowie die Ergebnisvolatilität, die sich aus immer wieder ändernden
Preisen ergibt, zu nennen.
14
Zwar stellen objektive Marktpreise durchaus Zeitnähe her,
jedoch ist es fraglich, ob ein solches Modell, bei dem für jedes Finanzinstrument ein
beizulegender Zeitwert zu ermitteln ist, tatsächlich die Komplexität reduziert. Des
Weiteren ist eine Ermessensreduktion gerade in Bezug auf die Verwendung nicht
beobachtbarer, angepasster Informationen nach der dritten Stufe der Hierarchie (siehe
Seite 4) nicht unbedingt zu befürworten.
Neben Pro- und Kontraargumenten ist zu untersuchen, ob die Bewertung zum
beizulegenden Zeitwert während der Finanzmarktkrise durch Ansteckungseffekte zu
deren Verschlimmerung beigetragen hat. Laux/Leuz (2010) sehen in ihrer empirischen
Studie nur wenige Hinweise dafür, dass Preise in dieser Zeit durch sog. fire sales, den
Verkauf mit enormen Rabatten, um Aktiva schnell abstoßen zu können, systematisch
verzerrt wurden.
15
Sie sprechen sich jedoch nicht für eine Ausweitung der Bilanzierung
zum beizulegenden Zeitwert aus, sondern verweisen auf die Notwendigkeit, in diesem
Bereich weiter zu forschen.
16
Sollte sich dabei herausstellen, dass diese
Bewertungsmethode zu Ansteckungseffekten und Abwärtsspiralen geführt hat, solle
dieser negative Umstand damit abgewogen werden, dass Banken dadurch Abwärtstrends
und Wertminderungen früher erkennen und zum Handeln gezwungen werden.
17
12
Vgl. Nobes (2005), S. 30.
13
Vgl. Morales Díaz (2010), S. 192.
14
Vgl. ebd.
15
Vgl. Laux/Leuz (2010), S. 114 f.
16
Vgl. ebd, S. 115.
17
Vgl. ebd.
5
I
NCURRED
L
OSS
M
ODEL
: Jedoch können solche Trends auch dadurch aufgedeckt werden,
dass für Wertminderungen nicht nur bereits eingetretene Ereignisse herangezogen werden
müssen, sondern dass auch zukünftige Verluste zu berücksichtigen sind. In diesem
Zusammenhang wurde das Wertminderungsmodell Incurred Loss Model (,,to incur" engl.
für ,,anfallen") des IAS 39 kritisiert, nach welchem Wertminderungen erst nach Eintritt
eines objektiven Hinweises auf einen Schaden angesetzt werden dürfen und diese dadurch
systematisch zu spät erfolgen würden.
18
Das Financial Stability Forum (FSF), seit 2009
Financial Stability Board (FSB), ein internationales Beratungsgremium, sieht in einem
Bericht dieses Wertminderungsmodell als Treiber von Prozyklizität im Finanzsystem, die
verringert werden müsse.
19
Unter Prozyklizität wird, nach dem Gabler
Wirtschaftslexikon, eine ,, [...] dem Konjunkturverlauf gleichgerichtete Bewegung
ökonomischer Größen" verstanden"
20
und diese verstärkt somit einen negativen
konjunkturellen Abwärtstrend. Die G20 forderten deshalb 2009 auf dem Londoner
Gipfeltreffen die Einbeziehung einer größeren Menge von Kreditinformationen beim
Ansatz von Wertminderungen, mithin die Einbeziehung künftig erwarteter Verluste.
21
Barth und Landsmann (2010) gehen nicht davon aus, dass dadurch die Prozyklizität
zwangsläufig sinke, aber langfristige Abwärtstrends sichtbarer werden und die
Marktdisziplin steige, was positiv zu beurteilen sei.
22
Einen weiteren Kritikpunkt stellen die unterschiedlichen Wertminderungsmodelle dar,
die für die Kategorien von Vermögenswerten gelten. Diese unterscheiden sich im
Hinblick auf die Berechnung des Wertminderungsbedarfs und die Möglichkeit zur
Wertaufholung. Dieses Vorgehen führt bei den Unternehmen zu einem zusätzlichen
Aufwand und erschwert das Verständnis der wirtschaftlichen Vorgänge.
Die Abkehr vom Incurred Loss Model in IFRS 9 kann als Resultat der Finanzmarktkrise
bezeichnet werden, hat sich das IASB bei der letzten Überarbeitung der
Wertminderungsregeln im Jahre 2003 doch für dessen Beibehaltung entschieden.
23
Begründet wurde diese damit, dass den Unternehmen die Möglichkeit der Bilanzpolitik
genommen werden sollte und Vermögensgegenstände zu früh wertberichtigt werden, um
deren Wertaufholung in Zeiten schlechter Ertragslage zu realisieren.
24
18
Vgl. Bär (2010), S. 290.
19
Vgl. im Internet: FSB (2009), S. 4.
20
o.V. (2010), S. 2485.
21
Vgl. im Internet: G20 (2009), S. 5.
22
Vgl. Barth/Landsman (2010), S. 415 f.
23
Vgl. Camfferman (2015), S. 4.
24
Vgl. im Internet: IASB (2014b), S. 14.
6
2.3 Verbesserung der Entscheidungsnützlichkeit
Ziel dieser Bachelorarbeit ist die Klärung der Frage, ob die im Folgenden dargestellten
Änderungen des IFRS 9 gegenüber IAS 39 zu größerer Entscheidungsnützlichkeit führen.
Vor der kritischen Analyse zum Schluss der Arbeit sollen die dieser Analyse
zugrundeliegenden Kriterien in deren Kontext im Rahmenkonzept erläutert werden.
Oberstes Ziel der IFRS ist gem. IASB F.OB1 die Vermittlung entscheidungsnützlicher
Informationen, die dadurch definiert werden, dass sie relevant sind und einen Sachverhalt
glaubwürdig darstellen, mithin diese beiden fundamentalen qualitativen Kriterien
erfüllen. Dabei ist gem. IASB F.QC16 grundsätzlich von einer Gleichberechtigung der
beiden Kriterien auszugehen.
R
ELEVANZ
besitzt eine Information gem. IASB F.QC6, wenn sie Entscheidungen
potenziell beeinflussen kann, unabhängig davon, ob sie diese tatsächlich beeinflusst. Das
ist gem. IASB F.QC7 der Fall, wenn diese Vorhersage- und/oder Bestätigungskraft
besitzt. Einen vorhersagenden Charakter hat eine Information gem. IASB F.QC8, die
Ausgangspunkt für die Vorhersage zukünftiger Entwicklungen ist dabei muss sie dem
Abschlussnutzer kein präzises Szenario zu diesen liefern, sondern ihn in die Lage
versetzen, auf dieser Grundlage ein eigenes zu entwickeln. Bestätigenden Charakter
besitzt eine Information hingegen, wenn sie Feedback liefert, welches zur Unterstützung
oder Anpassung getroffener Einschätzungen führt (IASB F.QC9). Da die Relevanz ein
sehr abstraktes und weites Kriterium darstellt, wird sie durch die enger gefasste
Wesentlichkeit, welche im Unterschied unternehmensspezifischer ist, konkretisiert und
relativiert (IASB F.QC11). Das Weglassen oder die falsche Darstellung einer
wesentlichen Information würde gem. IASB F.QC11 Entscheidungen beeinflussen, die
ein Nutzer der Finanzberichterstattung eines speziellen Unternehmens auf dieser
Grundlage trifft. Folglich muss eine relevante Information auch wesentlich, d. h. für das
konkrete Unternehmen, auch in Bezug auf bedeutsame Abschlusspositionen, wie z. B.
Eigenkapital, von Belang sein.
25
G
LAUBWÜRDIGE
D
ARSTELLUNG
: Das Ideal einer glaubwürdigen Darstellung besteht gem.
IASB F.QC12 aus einer Abbildung, die sowohl vollständig, als auch neutral und fehlerfrei
ist. Unter Vollständigkeit wird gem. IASB F.QC13 verstanden, dass dem Abschlussnutzer
alle zur Entscheidung relevanten Informationen vorgebracht werden. Neutralität bedeutet
gem. IASB F.QC14, dass das Verhalten der Abschlussnutzer nicht durch eine parteiische
25
Vgl. Pellens et al. (2014), S. 93.
7
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2015
- ISBN (PDF)
- 9783956366512
- ISBN (Paperback)
- 9783956369957
- Dateigröße
- 1.9 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Freie Universität Berlin – Wirtschaftswissenschaft
- Erscheinungsdatum
- 2016 (April)
- Note
- 1,3
- Schlagworte
- IFRS 9 IAS 39 Rechnungslegung Finanzinstrumente Controlling IASB