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Möglichkeiten und Perspektiven der Rhythmik für die Arbeit mit und in Teams der Sozialen Arbeit

©2011 Diplomarbeit 82 Seiten

Zusammenfassung

Obwohl Teamarbeit in verschiedenen Berufsfeldern zunehmend praktiziert wird und auch in der Sozialen Arbeit in unterschiedlichen Formen auftritt, ist sie in der Praxis häufig mit Schwierigkeiten und Belastungen verbunden. So verweist etwa der Internist und Psychiater Joachim Bauer auf neuere arbeitsmedizinische Studien und stellt fest, dass Arbeitsbedingungen, die mit Beziehungsgestaltung und der Regulation von Stressfaktoren verbunden sind, inzwischen zur führenden Krankheitsursache gehören (Bauer 2009, S. 19).
Ein Internetartikel auf der Homepage des Deutschen Berufsverbands für Soziale Arbeit (DBSH) macht mit der Schlagzeile auf: „Jeder neunte Mitarbeiter in seiner Berufslaufbahn einmal gemobbt – SozialarbeiterInnen besonders betroffen“ Als Ursache wird, neben Mängeln in der Arbeitsorganisation, die Qualität in den sozialen Beziehungen aufgeführt. Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen sind somit herausgefordert, Beziehungen auf ihrem Arbeitsplatz so zu gestalten, dass sie nicht zur Belastung werden, sondern bestenfalls sogar zu eigenem Wohlbefinden und Arbeitszufriedenheit beitragen.
Die im Titel noch relativ offen formulierte Fragestellung der Arbeit liegt darin begründet, dass die Entscheidung für dieses Thema mehr auf einer Intuition beruhte, als auf konkreten Überlegungen. Vielleicht hängt dies auch damit zusammen, dass es bisher kaum Literatur gibt, die Rhythmik mit Teamarbeit in Verbindung bringt […].

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


2.1.3 Dimensionen
gruppendynamischer Prozesse...31
2.1.3.1 Innen und Außen...32
2.1.3.2 Bewusst und unbewusst...32
2.1.3.3 Nähe - Distanz/ Dauer ­ Wechsel... 34
2.1.4 Rollen
und Macht... 38
2.1.4.1 Psychologische und gruppendynamische Rollen... 38
2.1.4.2 Macht und Einfluss... 40
2.1.5
Phasen in der Gruppenentwicklung... 41
2.2
Teams im Allgemeinen und in der Sozialen Arbeit... 43
2.2.1
Begriff/ Merkmale/ Kompetenzen...44
2.2.1.1 Definition/ Merkmale...44
2.2.1.2 Kompetenzen...45
2.2.2 Teamarbeit in der Sozialen Arbeit mit dem Focus auf der Arbeit
mit psychisch kranken Menschen... 46
2.2.3 Die Steuerbarkeit von Teamprozessen... 48
2.3 Zusammenfassung...50
3
Perspektiven und Möglichkeiten für die Arbeit mit
...
und in Teams der Sozialen Arbeit...51
3.1
Mögliche Auswirkungen einer rhythmischen
Übungseinheit
...51
3.1.1
Mögliche Auswirkungen auf einzelne Teammitglieder... 52
3.1.2
Mögliche Auswirkungen auf das Team als Ganzes... 55
3.1.3
Mögliche Auswirkungen auf die Interaktion mit der Organisation. 56
3.2
Gemeinsamkeiten und Schnittpunkte...57
3.2.1 Fähigkeiten und Kompetenzen...57
3.2.2 Rollenerfahrungen
und Rollenwechsel...59
3.2.3 Dimensionen...
60
3.3
Besonderheiten der Rhythmik im Blick auf das Team... 61
3.3.1
Rhythmische Übungseinheiten als ästhetische
Erfahrungsräume...61
3.3.2 Ganzheitlichkeit...63
3.3.3 Polarität
...64
3.3.4 Strukturiertheit...67

3.3.5
Beziehungsgestaltung als Kunst ­
Rhythmik die Basis aller Künste...69
4
Ertrag und Ausblick...72
Quellenangaben...75


Einleitung
Obwohl Teamarbeit in verschiedenen Berufsfeldern zunehmend praktiziert
wird und auch in der Sozialen Arbeit in unterschiedlichen Formen auftritt, ist
sie in der Praxis häufig mit Schwierigkeiten und Belastungen verbunden.
So verweist z.B. der Internist und Psychiater Joachim Bauer auf neuere
arbeitsmedizinische Studien und stellt fest, dass Arbeitsbedingungen, die mit
Beziehungsgestaltung und der Regulation von Stressfaktoren verbunden
sind, inzwischen zur führenden Krankheitsursache gehören (Bauer 2009, S.
19).
Ein Internetartikel auf der Homepage des Deutschen Berufsverbands für
Soziale Arbeit (DBSH) macht mit der Schlagzeile auf: ,,Jeder neunte
Mitarbeiter in seiner Berufslaufbahn einmal gemobbt ­ SozialarbeiterInnen
besonders betroffen"
1
Als Ursache wird, neben Mängeln in der
Arbeitsorganisation, die Qualität in den sozialen Beziehungen aufgeführt.
Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen
2
sind somit herausgefordert,
Beziehungen auf ihrem Arbeitsplatz so zu gestalten, dass sie nicht zur
Belastung werden, sondern bestenfalls sogar zu eigenem Wohlbefinden und
Arbeitszufriedenheit beitragen.
Die im Titel noch relativ offen formulierte Fragestellung der Arbeit liegt darin
begründet, dass die Entscheidung für dieses Thema mehr auf einer Intuition
beruhte, als auf konkreten Überlegungen. Vielleicht hängt dies auch damit
zusammen, dass es bisher kaum Literatur gibt, die Rhythmik mit Teamarbeit
in Verbindung bringt und ich somit diesbezüglich wenig Anknüpfungspunkte
hatte.
Erst durch die vertiefte Beschäftigung mit der Rhythmik und der Teamarbeit
an sich, habe ich Perspektiven und Möglichkeiten erkannt, welche die
Rhythmik für Teams der Sozialen Arbeit eröffnen kann.
Um mich nicht in Beliebigkeiten zu bewegen und da ich dort die meisten
Erfahrungen sammeln konnte, stelle ich mir, wenn ich vom Team in der
Sozialen Arbeit spreche, ein Team im Bereich der Arbeit mit psychisch
1
http://www.dbsh.de/redsys/soztop/userpages/mobbing.html.
2
Im Folgenden verwende ich in den Theorieteilen der Arbeit, aufgrund der leichteren
Lesbarkeit, die männliche Form. In den Praxisteilen dagegen vorwiegend die weibliche
Form, da viele in der Sozialen Arbeit Tätige Frauen sind.
5

kranken Menschen vor, wie ich es in unterschiedlichen Praxisphasen in einer
Tagesstätte erlebt habe. Dies bezieht sich jedoch lediglich auf Struktur und
Arbeitsinhalte und nicht auf real erlebte Situationen.
Da es sowohl im Miteinander zwischen Teammitgliedern, als auch im Kontakt
zu den Adressaten um Beziehungsgestaltung geht, gehe ich, je nach
Ansatzpunkt, von der kollegialen Beziehung oder der professionellen
Beziehung zu Klienten aus. Wobei ich an dieser Stelle betonen möchte, dass
dies nicht mit einer Gleichstellung oder Vermischung beider
Beziehungsqualitäten verwechselt werden darf. Es geht mir in dieser Hinsicht
lediglich um die Darstellung von Komponenten, die in jeder Beziehung zum
Tragen kommen.
Im ersten Kapitel beschäftige ich mich mit Hintergründen, Inhalten und
Möglichkeiten sowie mit theoretischen Ansätzen des Erziehungsprinzips
Rhythmik.
Im zweiten Kapitel erarbeite ich, da grundlegend für das Verständnis von
Vorgängen in Teams, Begriffe und Entstehungszusammenhänge der
Gruppendynamik und beschreibe Dimensionen und Triebkräfte
gruppendynamischer Prozesse. Anschließend charakterisiere ich Teams der
Sozialen Arbeit mit ihren Besonderheiten, auch im Blick auf das o.g.
Arbeitsfeld.
Im dritten Kapitel untersuche ich zunächst eine von mir konzipierte
rhythmische Übungssequenz beispielhaft und hypothetisch hinsichtlich
Auswirkungen auf ein fiktives Team. Danach stelle ich Gemeinsamkeiten von
Rhythmik und Teamarbeit bzw. Gruppendynamik heraus. Abschließend
beschäftige ich mich mit Besonderheiten der Rhythmik und ihrer möglichen
Bedeutung für die Arbeit in und mit einem Team.
Kritische Überlegungen zur praktischen Anwendbarkeit der Rhythmik für
Teams in der Sozialen Arbeit, können im Umfang dieser Arbeit nicht
berücksichtigt werden.
6

1 Rhythmik
1.1 Begriff/
Definition
Unternimmt man den Versuch, den Begriff ,,Rhythmik" zu definieren, indem
man ihn von ,,Rhythmus" ableitet, stößt man auf Schwierigkeiten. Der
Rhythmusbegriff, wird je nach Fachrichtung unterschiedlich gebraucht und
man findet ca. 50 unterschiedliche Bedeutungen. Konrad verweist auf
Bünner/ Röthig (1971) und bezeichnet den Rhythmusbegriff als nicht
operationalisierbar (vgl. Konrad, 1995, S. 15-17).
Vogel-Steinmann definiert Rhythmik nach einer Analyse der, bis 1975
erschienenen, deutschsprachigen Fachliteratur wie folgt:
,,Rhythmik ist ein Erziehungsgeschehen,
das in einem Unterrichtsfach ­ dem Rhythmikunterricht ­ oder innerhalb von
üblichen Unterrichtsfächern ­ im Unterrichtsprinzip ­ erscheint;
... das als besondere Arbeitsmittel Musik und Bewegung, Sprache und
Geräte einsetzt;
... das sowohl musik- und bewegungserzieherische Ziele als auch allgemein-
erzieherische Ziele anstrebt;
... das menschliche Entwicklungsprozesse aktiviert, unterstützt, fördert, lenkt,
korrigiert; d.h. als Erziehungsgeschehen, Erziehungsmaßnahme, die
Erziehungshilfe leisten kann" (Vogel-Steinmann 1979, S. 86).
Schaefer konstatiert, dass diese Definition zwar ,,brauchbare Grund-
informationen" enthält, jedoch nicht die historischen Hintergrundinforma-
tionen liefert, die den Meinungspluralismus bedingen (vgl. Schaefer 1992,
S.11). Schaefer selbst definiert Rhythmik vorläufig als:
,,[...] Sammelbegriff für ein in der deutschen Rhythmusbewegung
entstandenes pädagogisches Konzept, das seinen Gegenstand aus der
Wechselwirkung zwischen Musik und Bewegung herleitet und auf die
Pionierarbeiten von Emile Jaquez-Dalcroze und Elfriede Feudel zurückgeht"
(ebd., S. 12).
Um eben diese Hintergründe kenntlich zu machen, folgt ein kurzer Rückblick
auf die Geschichte der deutschen Rhythmikbewegung.
1.2
Historischer Rückblick
Die Anfänge der Rhythmik in Europa gehen auf den Genfer Musikpädagogen
Emile Jaquez-Dalcroze (1865-1950) zurück. Um die Jahrhundertwende
experimentierte er mit Musik und Bewegung und wiederentdeckte dabei den
7

Zusammenhang zwischen körperlichem und musikalischem Rhythmus.
Durch Beobachtungen an seinen Schülern erkannte Dalcroze die
Wechselwirkung zwischen Bewegung und Musikalität . Diese Erkenntnis
hatte starken Einfluss auf seine künstlerische und pädagogische Arbeit und
er entwickelte daraus seine Lehrmethode, die ,,gymnastique rhythmique",
später auch kurz ,,Rhythmik" genannt (vgl. Schaefer 1992, S. 13). Hierbei
sollte in der Auseinandersetzung mit einem Musikstück Musik in Bewegung
ausgedrückt werden. Durch Körperübungen wurde der Sinn für Rhythmus
geschult, das Gehör entwickelt und die innere Aktivität gesteigert. Der ganze
Körper wurde für die Wiedergabe der Musik ausgebildet, sodass auch die
emotionale Auseinandersetzung mit dem Stück zum Ausdruck kommen
konnte (vgl. Kühnel 2004, S. 166). ,,Jaquez-Dalcroze ging es um die Einheit
von Musik und Bewegung als Ausdruck der Integration von Geist, Seele und
Körper bzw. von Bewußtem (!) und Unbewußtem (!) im Menschen" (Schaefer
1992, S. 13). Seine Methode verstand er zum Einen als allgemeine
Erziehungsmethode, zum anderen als Grundlage aller Künste (vgl. ebd., S.
13).
Durch Unterstützung des Wissenschaftlers Wolf Dohrn (1878-1914) wurde in
der Gartenstadt Hellerau bei Dresden eine ,,Bildungsanstalt für Musik und
Rhythmus" erbaut, in der Dalcroze seine Methode unterrichten konnte. In der
kurzen Zeit ihres Bestehens (1911-1914) wuchs die Schülerzahl auf fast 500
Teilnehmer aus 14 Nationen an. Es war die Zeit allgemeiner
Erneuerungsbewegungen. Im Bereich der Kunst wurden neue Stil- und
Ausdrucksmittel entwickelt, wie es z.B. Expressionismus, Jugendstil und
Ausdruckstanz zeigen. Die Wissenschaften brachten die Relativitätstheorie,
Reformpädagogik und Psychoanalyse hervor. Künste und Wissenschaften
inspirierten sich gegenseitig. Mit Ausbruch des ersten Weltkrieges wurde die
Bildungsanstalt geschlossen. Durch die Schüler wurde die Methode
Dalcrozes weiterverbreitet und es entstanden weltweit Rhythmikschulen und
­seminare, die sich schwerpunktmäßig nach den persönlichen Interessen
ihrer Begründer (z.B. Leibeserziehung, Tanzerziehung oder Musikerziehung)
ausrichteten und individuell weiterentwickelten (vgl. ebd. S. 13-15; Ring/
Steinmann 1997, S. 67, 68, 109-111; Stummer 2006, S. 16-17). Ebenso hat
die Rhythmusbewegung Einfluss auf unterschiedliche leiborientierte und
8

musiktherapeutische Ansätze genommen (vgl. Frohne 1981, S. 206). Auch in
Tanz, Theater, bildender Kunst und Literatur lässt sich ihr Einfluss
wiedererkennen.
Im deutschsprachigen Raum haben vor allem die Dalcroze-Schülerinnen
Elfriede Feudel (1881-1966) und Mimi Scheiblauer (1891-1968) die Rhythmik
weiterentwickelt. Scheiblauer hat die Rhythmik in die Heilpädagogik
eingeführt und Spielgeräte (Scheiblauer Materialien) verwendet.
Kennzeichnend für sie war die Einfachheit ihrer Arbeitsweise. So reduzierte
sie z.B. eine umfassende erzieherische Aufgabe auf die Schlagworte:
,,Anhalten ­ Umschalten ­ Durchhalten" (vgl. Ring/ Steinmann 1997, S. 242-
246). Feudel führte die Rhythmik in Schulen ein. Sie sah Bewegung als Basis
für alle menschliche, elementar-wissenschaftliche und künstlerische Bildung.
Dalcrozes ,,Musikerziehung durch Bewegung" entwickelte sie weiter zur
,,Erziehung durch Bewegung", sie sah die Rhythmik als allgemein gültiges
pädagogisches Prinzip an (vgl. Schaefer 1992, S. 18). In der ,,rhythmischen
Erziehung" sah sie die Möglichkeit, geistig und leibfeindlichen Tendenzen,
welche die Industrialisierung mit sich brachte, entgegenzuwirken.
Haltungsschäden, Abstumpfung der Sinne, Fantasielosigkeit und
Unkonzentriertheit wurde durch rhythmische Übungen, die ,,das
Ineinanderspielen seelisch-geistiger leiblicher Kräfte" (Feudel 1982 zit. n.
ebd., S. 15) aktiviert und fördert, entgegengewirkt.
Im Laufe der Jahrzehnte strömten viele Einflüsse aus anderen Fachgebieten
auf die Rhythmik ein. Die Rhythmik wurde zu einem Fachkomplex mit vielen
Facetten, der sich bis heute im Prozess der Reflexion, Weiterentwicklung
und Standortbestimmung befindet (vgl. Kühnel 2004, S.167-168).
1.3
Praktische Beispiele/ Themen
Um im weiteren Verlauf der Arbeit Ziele, Wirkungsweisen und
Theorieansätze der Rhythmik besser erläutern zu können, sollen zunächst
einige Beispiele rhythmischer Übungen zur Veranschaulichung und späteren
Bezugnahme beschrieben werden. Unter dem Gesichtspunkt eines
jeweiligen Oberthemas werden Praxisbeispiele dargestellt. Dazu ist
anzumerken, dass ein bestimmtes Thema zwar vom Rhythmiklehrer
schwerpunktmäßig konzipiert werden kann, jede Übung jedoch verschiedene
9

Themen beinhaltet. Für die Teilnehmer können bei ein und derselben Übung
unterschiedliche Themen im Vordergrund stehen.
1.3.1 Das Eigene und das Fremde
,,Gehen Sie etwas im Raum umher" ...
,,Gehen Sie in Ihrem eigenen Tempo" ...
,,Nehmen Sie ihren Körper bewusst wahr: Spüren Sie ihre Füße, wie sie den
Boden berühren ..., die Beine ..., das Becken ..., ihren Bauch ..., den
Brustkorb ..., den Rücken ..., Ihre Wirbelsäule ..., Ihre Arme ..., den Nacken
..., Ihren Kopf ...".
,,Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf ihren Atem ..., auf den Rhythmus Ihres
Atems ... und auf den Rhythmus Ihrer Schritte." ...
,, Erlauben Sie sich auch Pausen und bleiben Sie stehen, wenn Sie mögen."
...
,,Nun richten Sie langsam Ihre Aufmerksamkeit auf den Raum, nehmen Sie
auch Ihre Kolleginnen und Kollegen wahr." ...
,,Es können Blickkontakte entstehen und wenn Sie mögen auch kurze,
körperliche Berührungen, z.B. die Hand geben." ...
,,Kommen Sie jetzt wieder zurück zu sich selbst, ihrem eigenen Rhythmus
und Tempo." ...
,,Führen Sie nun eine Bewegung aus, die Ihnen jetzt gefällt ­ sie kann auch
mit Lauten verbunden sein, muss aber nicht." ...
(Evtl. Beispiel vormachen, z.B. auf Oberschenkel klatschen und dann die
Arme hochheben).
,,Sie gehen eine Weile weiter und machen diese, ihre Übung." ...
,,Sie gehen weiter und schauen sich dabei um und wenn Sie mögen,
schließen Sie sich einer anderen Person an, indem Sie hinter ihr herlaufen
und deren Übung ausprobieren." ...
,,Kommen Sie zwischendurch wieder zu Ihrer eigenen Übung zurück
und/oder schließen sich einer anderen Person an." ...
,,Die Übung ist beendet, wenn sich alle einer Person angeschlossen haben."
...
,,Kommen Sie jetzt wieder zurück in einen Kreis."
10

So der Entwurf einer von mir für ein Team der Sozialen Arbeit konzipierten,
kurzen Übung, die ich im studentischen Seminar erprobt habe und in Kapitel
drei näher beleuchte.
1.3.2 Führen und Folgen
Ein in der Rhythmik häufig vorkommendes oder gewähltes Thema ist
,,Führen und Folgen". Es entfaltet sich zwischen den Polen ,,Anpassung" und
,,Selbstständigkeit".
Im Folgenden werden zunächst drei einfache Paarübungen aufgeführt, bei
denen jeweils ein Sinnesbereich besonders angesprochen wird.
· Einem Teilnehmer werden die Augen verbunden. Der andere
Teilnehmer gibt, z.B. summend oder instrumental, akustische Signale
(z.B. einen bestimmten Rhythmus), denen der ,,blinde" Teilnehmer
folgt.
· Ein ,,blinder" Teilnehmer wird in einem Reifen durch den Raum
geführt. Er kann diesen, je nach Bedarf, mit den Händen, dem Rücken
oder dem Bauch berühren.
· Zwei Teilnehmer stehen sich gegenüber, der eine gibt eine Bewegung
vor, die der andere spiegelbildlich nachvollzieht.
Die letzte Übung eignet sich gut zum spontanen, auch vielfachen Wechsel
der Führungsposition. Hierbei ist es möglich, dass jeder der Partner den
Führungswechsel initiiert (vgl. Friedrich-Barthel 1985, S. 53-57).
1.3.3 Nähe und Distanz
Nähe und Distanz ist ein in rhythmischen Einheiten ebenso häufig
vorkommendes Thema. Zwar wird es nicht immer ausdrücklich benannt,
kann aber je nach Lenkung der Aufmerksamkeit wahrgenommen werden.
Die Spanne zwischen den Polen Nähe und Distanz kann sehr unterschiedlich
sein. So gibt es Übungen, die mehr oder weniger intensive, direkte
Körperkontakte der Partner beinhalten oder solche, die zwischenmenschliche
Kontakte über Materialien (z.B. beide Teilnehmer halten sich an einem
Reifen fest oder balancieren einen Luftballon zwischen sich) herstellen. Die
Beteiligten können nebeneinander herlaufen oder die Entfernung zwischen
sich, während sie weitergehen, bis über den ganzen Raum ausdehnen und
11

dennoch, durch bewusste Aufmerksamkeit, in Verbindung bleiben. Dies ist
selbst dann möglich, wenn eine größere Gruppe Menschen im Raum ist.
Eine Abwandlung dieser Übung wäre z.B., wenn Übungspartner dazu die
jeweils gleiche Bewegung machen, die vorher während des gemeinsamen
Nebeneinandergehens erarbeitet wurde.
Eine Basiserfahrung zum Thema Nähe und Distanz ist durch folgende Übung
möglich: Die Gruppe teilt sich und stellt sich in zwei Reihen, in
ausreichendem Abstand, gegenüber auf. Die Teilnehmer, die sich gegenüber
stehen, bilden ein Übungspaar. Nun geht ein Partner auf den anderen zu und
bleibt stehen, wenn der Abstand zum Partner angenehm (d.h. nicht zu nah
und nicht zu weit) ist. Dann wird gewechselt. Der persönliche Abstand kann
zu verschiedenen Personen unterschiedlich sein. Dies kann durch
Veränderung der Paarkonstellationen in der Gruppe erprobt und erfahren
werden.
1.3.4 Der Einzelne und die Gruppe
Eine weitere Übung, bei der ein Einzelner der ganzen Gruppe
gegenübersteht, ist folgende:
Ein Teilnehmer hat verschiedene, einfache Instrumente zur Verfügung (z.B.
Klangstäbe, Tamburin, Stimme, ...), denen je eine Bewegung zugeordnet
wird (z.B. kriechen, laufen, ein Tuch schwingen, ...). Er leitet nun die
Teilnehmer durch die Musik zu den unterschiedlichen Bewegungen an. Nach
einer gewissen Zeit kann er die Führung an ein Gruppenmitglied abgeben
und sich selbst der Gruppe anschließen. Oder ein Gruppenmitglied geht auf
den ,,Dirigenten" zu und signalisiert seine Führungswünsche, ebenso kann
der Führungswechsel von dem Gruppenleiter bestimmt werden (vgl. ebd., S.
57-58).
Diese Übungseinheit erfordert einerseits Reaktionsbereitschaft der Gruppe,
andererseits Sensibilität des Führenden, um Frustrationsgefühle durch Über-
oder Unterforderung zu vermeiden. Eine entscheidende Bedeutung kommt
dem Rollenwechsel zu. Auch Teilnehmer mit starken Dominanz-
bestrebungen, die bevorzugt Führungspositionen einnehmen, müssen das
Instrument weitergeben und haben somit die Gelegenheit neue Erfahrungen
im Gruppenerleben zu sammeln. Ebenso ergibt sich für eher zurückhaltende
12

Teilnehmer die Gelegenheit der Steuerung der Gruppe und damit des
Erlebens von Selbstwirksamkeit und Macht (vgl. ebd., S. 59).
Somit ermöglichen die im Spiel erlebten Wechsel zwischen Anpassung und
Selbstbehauptung, Basiserfahrungen, die zu jeder zufriedenstellenden
Interaktion gehören und zur Ich-Stärkung beitragen (vgl. ebd., S. 60).
1.3.5 Anspannung und Entspannung
Die Musik- und Bewegungspädagogin Birgitta Stummer beschreibt, dass
Jugendliche und Erwachsene oft das berechtigte Bedürfnis nach
Entspannungsschwerpunkten in Rhythmikeinheiten haben. Sie bezeichnet
unter anderem den Wechsel zwischen Ruhe und Aktivität, Spannung und
Entspannung als Kennzeichen der Rhythmik. Die Angebote der Rhythmik
fördern das kinästhetische und das vestibuläre System, die neben
bestimmten Hormonen und Gefühlen Einfluss auf den Muskeltonus haben,
(vgl. Stummer 2006, S. 173-174) ,,und machen (somit) Entspannung leichter
möglich"(ebd., S. 174).
Das Ziel der Entspannung in der Rhythmik ist nicht die Tiefenentspannung,
sondern die sensibilisierte Aufmerksamkeit für die eigene Körper-
befindlichkeit (vgl. Edleditsch 1998, S. 104). Für Erwachsene empfiehlt
Stummer z.B. Körperreisen in Form von Partnerübungen bei der mit Hilfe von
Massagebällen die Aufmerksamkeit auf unterschiedliche Körperteile gelenkt
wird. Dieser Umgang erfordert ein großes Reflexionsvermögen von den
beteiligten Personen und neben dem differenzierten Wahrnehmen von
Veränderungen ein Erkennen und Äußern von Bedürfnissen und Grenzen
(vgl. Stummer 2006, S. 174).
Da Kinder häufig an mangelnder Bewegung leiden, bringt für sie z.B. eine
Geschichte, die sie zu Bewegungen anleitet und auch Ruhephasen mit
einbaut, oft mehr als eine lange Phase meditativer Ruhe (vgl. ebd., S. 174).
1.4 Felder/ Mittel/ Ziele ­ Kategorisierung nach Rudolf Konrad
Um den Begriff ,,Rhythmik" noch deutlicher zu füllen, greife ich auf die
Systematisierung des Komponisten und Professors für Rhythmik Rudolf
Konrad zurück. Konrad geht der Frage nach, welche Ziele die Rhythmik mit
13

welchen Mitteln verfolgt und in welchen Feldern sie durch welche Merkmale
wirksam wird (vgl. Konrad 1995, S. 65).
1.4.1 Felder
Mit dem Begriff ,,Feld" sind ,, [...] Handlungsfelder oder Aktionsfelder (­
ebenen) gemeint, in denen direkt ,etwas' geschieht" (ebd., S.65). Es sind die
Bereiche: Sensomotorik, Interaktion, Sozialisation, Ästhetik und multimediale
Situation, die im Folgenden genauer erläutert werden.
Der Autor weist darauf hin, dass man sich die Felder in einem ,,dynamischen
Faktorengefüge" vorstellen kann, die Grenzen der Felder durchlässig sind
und untereinander Wechselwirkungen stattfinden. Ebenso können sie eine
unterschiedliche Ausdehnung und Gewichtung haben (vgl. ebd., S. 66).
· Sensomotorik beinhaltet den Funktionskreis zwischen Bewegung
und Sinneswahrnehmung. Auf die Sinneswahrnehmung eines Reizes
von ,,außen" folgt eine Reaktion und Aktion von ,,innen", die sich
entweder dem Reiz anpasst oder gegensteuert. Innerhalb des
Funktionskreises stellen das Bewusstsein über das augenblickliche
Geschehen und die damit zusammenhängende differenzierte
Wahrnehmung (sowohl der Impulse von außen, als auch die eigenen
inneren Reaktionen darauf), die Basis für Gestaltungsmöglichkeiten
unterschiedlicher Art dar (vgl. ebd., S. 66). Woraus sich die
Vermutung ableiten lässt , dass mit dem Grad des Bewusstseins und
der differenzierten Wahrnehmung auch die Möglichkeiten der
Gestaltung steigen.
Liegt in einer rhythmischen Übung das Augenmerk auf der
Bewegungstechnik, z.B. auf der Aufarbeitung von Bewegungs-
defiziten, verwendet man den Begriff Motorik. Steht der
Bewegungsausdruck und Handlungscharakter im Vordergrund, spricht
man von psychomotorischen Bewegungen (vgl. ebd., S. 66).
· Das Feld Interaktion meint neben den zahlreichen
Wechselbeziehungen, die in der Rhythmik zwischen den Teilnehmern
einer Gruppe stattfinden, auch im Besonderen die Interaktion
unterschiedlicher Bereiche menschlicher Möglichkeiten (vgl. ebd., S.
14

58, 67). Der kognitive Bereich betrifft Wissen, Verständnis,
Anwendung, Analyse, Synthese und Bewertung. Der affektiv-soziale
Bereich geht über den Emotionalitätsbegriff hinaus und schließt den
Partnerbezug mit ein. Hier geht es um Aufmerksamkeit, Reaktion,
Bewertung, Aufbau eines Wertkomplexes und (Welt-) Anschauung.
Mit dem pragmatisch-motorischen Bereich ist nicht nur die
Bewegung, sondern auch das Verhalten gemeint. Er schließt Reiz,
Fertigkeit, Präzision, Strukturierung und Generalisierung mit ein.
Auditive, visuelle oder haptische Umwelterfahrungen wirken auf alle
drei Bereiche ein. Zwischen allen Bereichen besteht eine ständige
Wechselwirkung ­ diese ist bezeichnend für das Feld Interaktion
(vgl. ebd., S. 57, 59, 67).
· Ein weiteres Feld ist das der Sozialisation. Obwohl der
Gesellschaftsbezug auch in anderen Feldern beinhaltet ist, kann er
doch fokusiert entwickelt und eingeübt werden und ist daher einem
eigenen Feld zugewiesen. Konrad spricht von ,,sozialen
Erziehungsprozessen" und versteht darunter, ,,[...], wenn eine Person
sich nicht nur am Verhalten einer anderen, sondern auch an deren
Erwartungen auf ihr eigenes Verhalten hin orientiert und diese
Erwartung ohne Selbstverlust akzeptiert" (ebd., S. 68).
· Rhythmik im Feld Ästhetik betrifft die Entwicklung nonverbaler
Kompetenzen. Rhythmik als ästhetischer Erziehungsansatz beinhaltet
eine Einführung und Vorbereitung zu den Bereichen Musik, Tanz,
Darstellung, Sprache und bildende Künste. Im Wesentlichen geht es
dabei darum, Grunderfahrungen der Strukturen dieser Bereiche der
Kunst zu machen (ebd., S. 68). Ästhetische Erziehung beruht auf der
Verfeinerung der Wahrnehmung durch Sensibilisierung der Sinne und
Konzentration. Sie ,,[ ...] steigert die Erlebnisfähigkeit und fördert die
vertiefende Beschäftigung mit den Phänomenen der Welt" (Kühnel
2004, S. 169).
·
Multimediale Situationen sind Spielsituationen innerhalb der
rhythmischen Einheit mit einem auffordernden Charakter. Sie werden
hervorgerufen durch Verunsicherung, die z.B. durch ständigen
15

Wechsel oder Überlagerung von Sequenzen oder durch Verfremdung
von Materialien oder Rollentausch herbeigeführt wird. Multimediale
Situationen aktivieren spontanes, flexibles Handeln, fördern ein ,,Sich-
Ausfädeln-Können" aus Routinen und regen ein Variieren und
Differenzieren von Abläufen an. Konrad nennt sie auch ein ,,Training
von Spontaneität durch Provokation der Fantasie". Wichtig ist hierbei
das Zulassen von Expressivität und Improvisation (vgl. Konrad 1995,
S. 68- 69).
1.4.2 Mittel/ Ziele
Konrad nennt vier Mittel der Rhythmik, die in Übungseinheiten zur Erreichung
bestimmter Ziele eingesetzt werden. Es sind Bewegung, Musik, Stimme und
Gerät (vgl. ebd., S. 69-70). Bewegungen können z.B. Koordinationsübungen,
Vorübungen zur Gestaltung von Gruppenbewegungen, Regulierung der
Körperspannung oder Bewegungsimprovisationen beinhalten. Musik kann
Melodien, aber auch Geräusche oder Klänge bedeuten und beispielsweise
mit unterschiedlichen Tempi oder Rhythmen arbeiten. Ebenso kann sie die
Differenzierung von Hörgewohnheiten schulen. Mit Stimme ist in der
Rhythmik weniger die Sprache gemeint, sondern Geräusche, Rufe,
Wortreihen oder Reime. Geräte sind z.B. Reifen, Tücher, Bälle aber auch
Naturmaterialien oder einfache Musikinstrumente.
In der Rhythmik gibt es keinen streng vorgegebenen Lernzielkatalog.
Vielmehr ergeben sich die Lern- und Erziehungsziele aus den oben
beschriebenen Feldern und Mitteln. (vgl. Ring/ Steinmann 1997, S. 176). Sie
knüpfen an vorausgehende Erfahrungen an, regen zur Reflexion und
Erweiterung bereits bestehender Denkstrukturen und Überzeugungen an und
werden vom Schüler selbst mitbestimmt. (vgl. ebd., S. 173). Konrad
unterteilt die Ziele in Richt- Grob- und Feinziele. Richtziele sind allgemeine,
übergreifende Ziele, die in gesellschaftlichen Gruppen von Bedeutung sind
und abstrakt formuliert werden. In den Grobzielen werden die Intentionen der
Richtziele weiter differenziert. Sie beziehen sich auf den Inhalt und das
angestrebte Verhalten in einer Übung. Feinziele sind ausdifferenzierte Ziele,
die sich nur in Bezug auf eine bestimmte Zielgruppe festlegen lassen.
Konrad differenziert die drei Zielgruppen jeweils in einen kognitiven, affektiv-
16

sozialen und pragmatisch-motorischen Bereich, womit er die umfassende
(ganzheitliche) Wechselwirkungsweise der Rhythmik anspricht (vgl. Konrad
1995, S. 57; Ring/ Steinmann 1997, S. 176- 177).
Für das in 1.3.1 aufgeführte Beispiel zum Thema ,,Das Eigene und das
Fremde" könnte Empathiefähigkeit z.B. ein übergeordnetes Richtziel für die
im sozialen Bereich Tätigen sein. Als Grobziel, das näher an den
Bedürfnissen der Gruppe orientiert ist, könnte man die Bereitschaft zur
Perspektivenübernahme nennen. Ein Feinziel kann sein, im Erfahrungs-
prozess der Übernahme einer fremden Bewegung, Differenzen zwischen der
,,eigenen" und der ,,fremden" Bewegung auf affektiv ­ sozialer, pragmatisch ­
motorischer und kognitiver Ebene, wahrzunehmen.
Felder, Mittel und Ziele sind keine statischen Gebilde sondern in sich bewegt
und weisen sich durch Polyvalenz und Reziprozität aus (vgl. Konrad 1995, S.
75).
,,Jeder Erziehungsprozess ist ein kybernetischer Regelungsprozeß (!) bei
dem der Erzieher und der zu Erziehende sich wechselseitig beeinflussen;
diese wechselseitige Beeinflussung ist im Verfahren Rhythmik besonders
intensiv" (Schaefer 1992, S. 37).
In rhythmischen Prozessen kann somit, aufgrund der großen Anzahl von
Variablen, nicht von kausalen und linearen Wirkungsweisen ausgegangen
werden (vgl. Konrad 1995, S. 75).
1.5
Grundelemente: Raum/ Zeit/ Kraft/ Form
Als Grundelemente der rhythmischen Bewegung nennt Feudel Raum, Zeit,
Kraft und Form (vgl. Ring/ Steinmann 1987, S. 82). Dabei bezieht sie sich
sowohl auf die Erkenntnisse Dalcrozes, als auch auf die des
Ausdruckstänzers, Pädagogen und Bewegungsforschers Rudolf von Laban.
Beide beschäftigten sich mit der Systematisierung des Verhältnisses von
Zeit, Raum und Kraft, wobei für Dalcroze der musikalische Rhythmus im
Vordergrund stand, während für von Laban von der Bedeutung der
Grundelemente der Rhythmik für den Bewegungsausdruck ausgeht (vgl. ebd.
S. 168).
Feudel benutzt die Kategorien zur Einordnung von Rhythmikübungen,
befasst sich aber noch nicht wissenschaftlich damit (vgl. ebd., S. 218).
Konrad bezeichnet die häufig verwendete Aussage, dass Bewegung in Raum
und Zeit erfolgt, als unbefriedigend. Er erläutert, dass in der Rhythmik der
17

dreidimensionale (euklidische, objektive) Raum durch die sinnliche
Wahrnehmung subjektiv erschlossen wird. Für die Übenden entsteht ein
subjektiver Handlungs- und Aktionsraum (,,gelebter Raum") (vgl. Konrad
1995, S. 125-127, 133). Dieser ist keine starre Größe, ,,[...] sondern der sich
bewegende Mensch ist an der Entstehung des Raumes, seines Raumes,
selbst beteiligt" (ebd., S. 128) Ebenso verändert ein Mensch, der einen Raum
betritt, diesen durch seine Anwesenheit (vgl. ebd., S. 130). Mensch und
Raum treten in Wechselwirkung und der Raum kann auch als Gegenspieler,
Widerstand, Ort der Entfaltungsmöglichkeit oder Geborgenheit erlebt werden
(vgl. ebd., S. 135).
Als Pendant zum ,,gelebten Raum" beschreibt Konrad die ,,gelebte Zeit", die
subjektiv empfunden der physikalisch-mathematischen Zeit gegenübersteht,
diese aber nicht außer Kraft setzt. In ihr treffen Musik
3
und Bewegung im
,,Hier" zusammen. ,,Die Zeit [...], die sich uns als ,gelebte Zeit' erschließt, [...]
tritt als Einheit der Zweiheit Bewegung und Musik in Erscheinung" (ebd., S.
133).
Durch Bewegung geschieht eine Ordnung von Zeit im gelebten Raum (vgl.
ebd. S. 133). Zur Bewegung führt das dritte Grundelement der Rhythmik, die
Kraft oder Dynamik. Anatomisch gesehen führt sie durch Zusammenziehen
der Muskeln zur Bewegung. ,,Philosophisch umfaßt (!) der Begriff die
Möglichkeit und Fähigkeit des Menschen zur Veränderung von sich selbst
oder eines anderen Körpers" (Ring/ Steinmann1997, S. 160). Kraft ist das
Element, das am intensivsten mit der Persönlichkeit des Übenden
zusammenhängt. Der individuelle Krafteinsatz wird von der Wahrnehmungs-
fähigkeit, den Bewegungsideen, persönlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten
der Körpertechnik sowie Ausdrucks- und Klangvorstellungen des Übenden
mitbestimmt (vgl. ebd., S. 160).
Als viertes Element entsteht die Form, wenn Raum, Zeit und Kraft in einem
stimmigen Verhältnis sind (vgl. ebd., S. 90).
Konrad formuliert: ,,Raum, Zeit und Bewegung stehen in gleichzeitigem
Wirkzusammenhang. Das Ergebnis des Zusammenwirkens dieser drei heißt
Form. Form ist das sichtbar gewordene Wie des Zusammenwirkens dieser
drei" (Konrad 1995, S. 139).
3
Konrad geht davon aus, dass jeder Bewegung Musik immanent ist und z.B. der musiklose
Tanz die Musik lediglich verschweigt (vgl. Konrad 1995, S. 134).
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Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Erscheinungsjahr
2011
ISBN (PDF)
9783956365812
ISBN (Paperback)
9783956369254
Dateigröße
945 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Evangelische Hochschule Darmstadt, ehem. Evangelische Fachhochschule Darmstadt – Soziale Arbeit
Erscheinungsdatum
2015 (November)
Note
1,1
Schlagworte
Soziale Arbeit Mobbing Gruppendynamik Teamprozess Rhythmische Übungseinheit
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Titel: Möglichkeiten und Perspektiven der Rhythmik für die Arbeit mit und in Teams der Sozialen Arbeit
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