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Untersuchungen zum Sprachgebrauch in der Jugendzeitschrift BRAVO

©2006 Hausarbeit 40 Seiten

Zusammenfassung

Die Jugendzeitschrift BRAVO hat gerade im Zuge des in diesem Jahre zu feiernden 50-jährigen Jubiläums große Aufmerksamkeit gefunden. Die kommerzielle Zeitschrift BRAVO ist das am weitesten verbreitete und am meisten verkaufte Printmedium für die Zielgruppe der Jugendlichen im Alter von 12-19 Jahren. Ihre Erfolgsgeschichte dauert nun schon mehr als 50 Jahre an, seitdem am 26. August 1956 die erste Ausgabe auf den Markt kam.
Das Deutsche Zeitungsmuseum in Wadgassen präsentiert eine Ausstellung, die die Geschichte der BRAVO in den Fokus stellt und neben zahlreichen Berichten in den Feuilletons gab die Jahresfeier auch den Anlass zu einigen sowohl wissenschaftlichen als auch an den normalen Leser gerichtete Publikationen. Besonders dem Thema Sexualität und Aufklärung und dessen nicht immer unumstrittene Darbietung in der BRAVO wird dabei verstärkt Aufmerksamkeit zuteil. Wie auch die BRAVO – Macher die selber angeben, dass sie mit ihrer Arbeit der „Spiegel der Jugend“ zu sein gedenken, wird die BRAVO allgemein als Zeugnis der Jugendkultur in Deutschland angesehen und herangezogen.
Ein wichtiger Teil, der Kultur ausmacht, ist die Sprache, nicht anders verhält es sich bei der Jugendkultur. Dabei ist unter jugendlich ein bestimmtes Stadium im Leben eines jeden Menschen zwischen Kindheit und Erwachsenenalter zu verstehen, das sich, neben vielen anderen Aspekten, auch auf die Sprache auswirkt und durch Sprache ausgedrückt wird, denn der Sprachgebrauch jugendlicher Menschen unterscheidet sich von dem anderer Altersgruppen und dient oftmals als Mittel der Abgrenzung gegenüber Anderen. So individuell wie die Jugendlichen selber ist auch ihr Sprachgebrauch, daher wird davon ausgegangen, dass es nicht die eine Jugendsprache gibt, sondern viele verschiedene ‚Sprachen’, die, würde man sie zusammenfassen, das Sprechen und den Sprachgebrauch Jugendlicher widerspiegeln.

Die Zeitschrift BRAVO ist überregional, sie wird von allen sozialen Schichten und Jungen und Mädchen unterschiedlichen Alters gleichermaßen gelesen und sie wird, was für unseren Zusammenhang von besonderer Bedeutung ist, nicht von Jugendlichen, sondern von Erwachsenen für Jugendliche geschrieben.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis



3
Einleitung
Die Jugendzeitschrift BRAVO hat gerade im Zuge des in diesem Jahre zu feiernden 50-
jährigen Jubiläums große Aufmerksamkeit gefunden. Die kommerzielle Zeitschrift
BRAVO ist das am weitesten verbreitete und am meisten verkaufte Printmedium für die
Zielgruppe der Jugendlichen im Alter von 12-19 Jahren.
1
Ihre Erfolgsgeschichte dauert
nun schon mehr als 50 Jahre an, seitdem am 26. August 1956 die erste Ausgabe auf den
Markt kam.
Das Deutsche Zeitungsmuseum in Wadgassen präsentiert eine Ausstellung, die die Ge-
schichte der BRAVO in den Fokus stellt
2
und neben zahlreichen Berichten in den Feuil-
letons gab die Jahresfeier auch den Anlass zu einigen sowohl wissenschaftlichen als
auch an den normalen Leser gerichtete Publikationen. Besonders dem Thema Sexualität
und Aufklärung und dessen nicht immer unumstrittene Darbietung in der BRAVO wird
dabei verstärkt Aufmerksamkeit zuteil. Wie auch die BRAVO ­ Macher die selber an-
geben, dass sie mit ihrer Arbeit der ,,Spiegel der Jugend"
3
zu sein gedenken, wird die
BRAVO allgemein als Zeugnis der Jugendkultur in Deutschland angesehen und heran-
gezogen.
4
Ein wichtiger Teil, der Kultur ausmacht, ist die Sprache, nicht anders verhält es sich bei
der Jugendkultur. Dabei ist unter jugendlich ein bestimmtes Stadium im Leben eines
jeden Menschen zwischen Kindheit und Erwachsenenalter zu verstehen, das sich, neben
vielen anderen Aspekten, auch auf die Sprache auswirkt und durch Sprache ausgedrückt
wird, denn der Sprachgebrauch jugendlicher Menschen unterscheidet sich von dem an-
derer Altersgruppen und dient oftmals als Mittel der Abgrenzung gegenüber Anderen.
So individuell wie die Jugendlichen selber ist auch ihr Sprachgebrauch, daher wird da-
von ausgegangen, dass es nicht die eine Jugendsprache gibt, sondern viele verschiedene
,Sprachen', die, würde man sie zusammenfassen, das Sprechen und den Sprachgebrauch
Jugendlicher widerspiegeln.
1
Jedes Heft wird 2-3mal umgeschlagen und die Auflagenhöhe liegt bei 521 615 Exemplaren. Quelle:
http://www.bauermedia.com/jugend.0.html. (Datum 01.11.2006, 21:15h)
2
siehe dazu das Online-Angebot unter:
http://www.deutscheszeitungsmuseum.de/main.php?nav=178&lang=1 (Datum: 01.11.06, 21:00h)
3
Stollberg, J.: Wie tickt die Jugend 2000? Wie BRAVO ihre ,,Kids" erreicht, in: Knoll, J., Monssen-
Engberding, E. (Hrsg.), BRAVO, Sex und Zärtlichkeit. Medienwissenschaftler und Medienmacher über
ein Stück Jugendkultur. Forum Verlag Godesberg, Mönchengladbach 2000, S. 36- 41, hier: S. 38. [kün-
fitg zitiert als: Stollberg, J.: Wie tickt die Jugend 2000?]
4
Das Archiv der Jugendkulturen hat so den Band 50 Jahre Bravo herausgegeben. 50 Jahre Bravo (Hrsg.)
Archiv der Jugendkulturen e.V. Tilsner, Bad Tölz 2006. [künftig zitiert als Bravo wird 50.]

4
Die Zeitschrift BRAVO ist überregional, sie wird von allen sozialen Schichten und Jun-
gen und Mädchen unterschiedlichen Alters gleichermaßen gelesen und sie wird, was für
unseren Zusammenhang von besonderer Bedeutung ist, nicht von Jugendlichen, sondern
von Erwachsenen für Jugendliche geschrieben.
Daher wirft sich die Frage auf, ob die in der BRAVO verwendete Sprache spezifisch für
den Sprachgebrauch Jugendlicher ist, anders gefragt: Ist es einer Zeitschrift wie der
BRAVO, die sich selbst als ,,Spiegel der Jugend"
5
und Zeugnis der Jugendkultur be-
zeichnet, überhaupt möglich, einen authentischen Eindruck vom Sprachgebrauch der
Jugendlichen zu geben oder handelt es sich vielmehr um eine (durch die Medien be-
dingte) Stilisierung von Sprache, die den Anschein von Jugendlichkeit und Modernität
nur erwecken soll?
Dieser Frage soll im Rahmen der vorliegenden Hausarbeit nachgegangen werden.
Allerdings muss an dieser Stelle gleich eingeräumt werden, dass keine allgemein gülti-
gen Aussagen über den Sprachgebrauch Jugendlicher gemacht werden können, da solch
einer Aussage eine empirische Untersuchung zugrunde liegen müsste. Ob sich, die in
der BRAVO verwendete Sprache mit dem aktuellen Sprachgebrauch Jugendlicher tat-
sächlich deckt, kann im Rahmen dieser Arbeit nur tendenziell untersucht werden, da
hierzu empirische Untersuchungen über den Sprachgebrauch Jugendlicher benötigt
würden und dies den Umfang der Arbeit sprengen würde. Wohl aber können und sollen
Tendenzen und sprachliche Auffälligkeiten aufgezeigt und herausgestellt werden.
Um einen Eindruck von der Sprache Jugendlicher und dem Sprachgebrauch jugendli-
cher Menschen zu bekommen, ist es hilfreich, die Forschungsgeschichte heranzuziehen,
denn schon seit langer Zeit sind die Sprache und der Sprachgebrauch jugendlicher Men-
schen Gegenstand der Forschung gewesen.
Daher soll zunächst, vor der Untersuchung des Sprachgebrauchs in der Jugendzeitschrift
BRAVO, im ersten Teil dieser Hausarbeit ein kurzer Überblick über die Forschungsge-
schichte und den aktuellen Stand der Forschung gegeben werden. Im Anschluss daran
soll der eigentliche Untersuchungsgegenstand, die BRAVO, vorgestellt und untersucht
werden. Als Untersuchungsgegenstand werden die Zeitschriftenausgaben 19 ­ 24 sowie
43 und 44 des Jahres 2006 herangezogen.
5
Stollberg, J.: Wie tickt die Jugend 2000?, S. 38.

5
Zunächst wird dargestellt werden, wie Sprache in der BRAVO verwendet wird und
welche sprachlichen Elemente bzw. Auffälligkeiten auftreten. Dabei soll besonders be-
rücksichtigt werden, wo diese Auffälligkeiten auftreten und verwendet und wie sie ein-
gesetzt werden. Im Anschluss daran wird anhand ausgewählter Beispiele eine Untersu-
chung der Wortarten, der Wortbildungen sowie der Syntax vorgenommen werden.

6
1. Annäherung an die Sprache von Jugendlichen ­ Ein Forschungsüberblick
1.1 Die Anfänge der deutschen Jugendsprachforschung
Das Forschungsfeld der deutschen `Jugendsprache´ ist zweifelsfrei nicht erst vor kurzer
Zeit entstanden oder gar eine Modeerscheinung unseres Jahrhunderts, vielmehr handelt
sich es hierbei um ein historisches Phänomen. Nachdem im Jahre 1687 ,,das Deutsche
[...] von Thomasius in die Hörsäle eingeführt"
6
worden ist, kann auch seit etwa dieser
Zeit von den Anfängen einer deutschen Studentensprache gesprochen werden. Bereits
im 16. Jahrhundert ist die Jugendsprache ,,in Form des damaligen Studentenjargons em-
pirisch belegt"
7
und auch aus dem 18. Jahrhundert lassen sich Untersuchungen zur deut-
schen Studentensprache finden. Bei diesen Forschungen handelt es sich vor allem um
reine Wörterbuchverzeichnisse, welche die gebräuchlichen Wörter des Sprachgebrauchs
der Jugendlichen (hier Studenten) dokumentieren. Das Handlexikon der unter den Her-
ren Purschen auf Universitäten gebräuchlichsten Kunstwörter von Robert Salmasius
aus dem Jahre 1749 gilt beispielsweise als eines der ersten dieser Wörterbuchverzeich-
nisse
8
. Nach diesem Vorbild sind dann etliche weitere Wörterbücher erschienen, so zum
Beispiel im Jahre 1781 Kindlebens Studentenlexicon oder Augustins Idiotikon der Bur-
schensprache aus dem Jahre 1795. Selbstverständlich muss bei all diesen Werken im-
merzu bedacht werden, dass die Studentenschaft zu dieser Zeit lediglich aus männlichen
Studierenden bestand und die Wörterbuchverzeichnisse daher auch nur den damaligen
Wortbestand der männlichen, akademischen Jugendlichen offenbaren. Somit beschreibt
und dokumentiert die historische Studentensprache des 18. und 19. Jahrhunderts also
lediglich einen Teil der damaligen Jugend, da die Sprechweisen weniger privilegierter
Schichten keine Beachtung gefunden haben.
Bei nahezu allen dieser Wörterbücher zur Studentensprache können insbesondere vier
Herkunftsbereiche rekonstruiert werden:
a. Die klassischen Sprachen der Antike, denn da die lateinische Sprache in der gelehrten
Welt, somit also gerade auch bei den Studenten, ein sehr wichtiges Verständigungsme-
dium gewesen (und dies bis heute) ist, manifestierten sich daher auch sehr viele lateini-
sche Begriffe in der Studentensprache.
6
Neuland, E.: Jugendsprache- Jugendliteratur- Jugendkultur. Interdisziplinäre Beiträge zu sprachkul-
turellen Ausdrucksformen Jugendlicher. Frankfurt a. M. : Peter Lang 2003. S. 92.
7
Ehmann, H.: Jugendsprache und Dialekt. Regionalismen im Sprachgebrauch von Jugendlichen.
Opladen: Westdeutscher Verlag 1992. S. 9. [künftig zitiert als: Ehmann, H.: Jugendsprache und
Dialekt. 1992.]
8
Vgl. Neuland, E. (Hrsg.): Jugendsprachen. Spiegel der Zeit. Frankfurt a. M.: Peter Lang 2003. S. 10.
[künftig zitiert als: Neuland, E. (Hrsg.): Jugendsprachen. 2003.]

7
b. Der biblisch-theologische Bereich, denn da die Theologie bis zur Mitte des 19. Jahr-
hunderts ein sehr hohes wissenschaftliches Ansehen genossen hat, bot sich somit für die
Studenten die Gelegenheit gerade Begriffe aus dem theologischen Bereich zu parodie-
ren und karikieren, um auf diese Art und Weise Aufsehen zu erregen.
c. Der Sprachgebrauch der Gauner, denn gerade auch Studenten sind sehr viel auf Land-
straßen gereist, auf denen sie dann wiederum mit Vagabunden und ähnlichen Personen-
kreisen in Kontakt gekommen sind. So haben sich dann manche Studenten das ein oder
andere Wort aus den verschiedenen Sprachen der Gauner und Landstreicher angeeignet
und haben es dann teilweise sogar in ihren eigenen Sprachgebrauch integriert.
d. Zoologische Elemente, denn da viele Tierarten mit bestimmten Eigenschaften gleich-
gesetzt werden, braucht es keiner großen Erklärung mehr, wenn man bestimmte Perso-
nen mit Tiernamen bezeichnet (z. B. junge ,,knusprige" Mädchen= Backfisch)
9
.
1.2 Die Sondersprachforschung
Die Studenten- und die Schülersprache sind nun auch im ausgehenden 19. und zu Be-
ginn des 20. Jahrhunderts Forschungsgegenstände der Sondersprachforschung des Deut-
schen gewesen. Es lassen sich daher auch aus diesem Zeitraum sehr viele Wörterbuch-
verzeichnisse finden, die den damals typischen Wortschatz der Studenten erfasst haben.
Auffällig ist hierbei, dass viele Wörterbücher auf regionale Aspekte der Studentenspra-
che beschränkt sind. Allerdings kann sicherlich davon ausgegangen werden, dass Wör-
terbücher, die lediglich die Studentensprache einer ganz bestimmten Region dokumen-
tieren, bereits aussagekräftiger sind als ältere Wörterbücher, die noch von `der einen
Studentensprache´ ausgehen, beziehungsweise sprechen.
In Analogie zu der Studentensprache hat es nun aber auch etliche Wörterbuchverzeich-
nisse zur Schüler- oder Pennälersprache gegeben, so etwa von Schladebach (1904),
Steinhäuser (1906) oder Wocke (1918). Hierbei ist ebenfalls wie bei der Erforschung
der Studentensprache festgestellt worden, dass es auch in der Pennälersprache große
regionale Unterschiede gibt. Einige Forscher gehen sogar soweit, dass sie behaupten,
die Pennälersprache sei lediglich ,,das ziemlich getreue Abbild der Studentensprache"
10
.
Melzers Untersuchungen zur Breslauer Schülersprache von 1928 gehen nun erstmals
über reine Wörterbuchverzeichnisse hinaus. Das heißt, Melzer stellt ,,mit den spezifi-
9
Vgl. Ehmann, H.: Jugendsprache und Dialekt. 1992. S. 36-39.
10
Ehmann, H.: Jugendsprache und Dialekt. 1992. S. 43.

8
schen Ausdrucksweisen das zeitlich und örtlich gebundene Schülerleben"
11
dar,
wodurch zumindest ansatzweise eine sprachbiographische Perspektive eingenommen
wird. Es geht hierbei also darum die Sprache und das Leben der Schüler und Studenten,
kurz der Jugendlichen, in eine Beziehung zu setzen. Laut Melzers Untersuchungen tritt
die Schülersprache vor allem in den Themenbereichen Schule, Sport und Spiel sowie
Mitmenschen auf. Diverse Forscher sprechen in diesem Zusammenhang von der bis zu
dieser Zeit ,,theoretisch und methodisch fortgeschrittenste[n] Arbeit"
12
. Außer der kurz-
zeitigen Beschäftigung mit den so genannten Schülergeheimsprachen hat ,,die sonder-
sprachliche Erforschung der Studenten- und Schülersprache seitdem [erst einmal] keine
nennenswerte Fortsetzung mehr"
13
gefunden.
Das damalige Verständnis von `Schülersprache´ hat nun so ausgesehen, dass man von
einer Homogenität der Sprachbenutzer und des Sprachgebrauchs ausgegangen ist. Zu-
dem hat man einen themengebundenen Sonderwortschatz konstatiert und es ist zu ,,ei-
nem Verzicht auf übergreifende theoretische Beschreibungs- und Erklärungszusam-
menhänge"
14
gekommen. Bei den bisherigen Forschungsergebnissen der Jugendsprach-
forschung können somit oftmals methodische Mängel festgestellt werden, da die meis-
ten Ergebnisse auf Grund der Auswertung von Fragebögen oder Interviews zustande
gekommen sind. Authentische Gespräche mit Jugendlichen finden dahingegen bei die-
sen Untersuchungen kaum Berücksichtigung. Daraus resultierend kann vermutet wer-
den, dass durch (Erhebungs-)Methoden wie beispielsweise Fragebögen lediglich das
herausgefunden werden kann, was von vorneherein vermutet und erwartet wird. Raum
für völlig neue und unerwartete Ergebnisse gibt es hierbei allerdings nicht, und
,,[z]udem fehlt in den meisten Untersuchungen die Einbeziehung des situativen Kontex-
tes des Sprechens"
15
.
11
Dürscheid, Ch.: Perspektiven der Jugendsprachforschung. Frankfurt a.M.: Lang 2006. S. 52. [künftig
zitiert als: Dürscheid, Ch.: Perspektiven der Jugendsprachforschung. 2006.]
12
Henne, H.: Jugend und ihre Sprache. Berlin: de Gruyter 1986. S. 13. [künftig zitiert als: Henne, H.:
Jugend und ihre Sprache. 1986.]
13
Dürscheid, Ch.: Perspektiven der Jugendsprachforschung. 2006. S. 53.
14
Ebd. S. 54.
15
Augenstein, S.: Funktionen von Jugendsprache. Studien zu verschiedenen Gesprächstypen des
Dialogs Jugendlicher mit Erwachsenen. Tübingen. Niemeyer 1998. S. 2. [künftig zitiert als: Augen-
stein, S.: Funktionen von Jugendsprache. 1998.]

9
1.3 Jugendsprachforschung in der Zeit von 1945 bis 1980
Nach dem Zweiten Weltkrieg hat die Sondersprachforschung erst wieder gegen Ende
der 50er Jahre eingesetzt. Hierbei ist es in erster Linie erneut um das Sammeln und Re-
gistrieren von `typisch jugendsprachlichen Ausdrücken´ gegangen. Bei den meisten
Arbeiten zur Jugendsprache ist es zu einem recht negativen Werturteil gekommen, da zu
dieser Zeit beispielsweise sehr viele Ausdrücke des jugendlichen Sprachgebrauchs aus
der Gaunersprache stammten. Hans Marcus hat im Jahre 1962 mit seinem Buch Twen-
Deutsch die bis dahin positivste Bewertung der Jugendsprache geliefert, da er darin
auch ,,einige Prinzipien der jugendlichen Wortschatzbildungen (unter anderem `Meta-
phern´, `Anglizismen´, `Neologismen´) erläutert"
16
und den Jugendlichen somit eine
gewisse sprachliche Kreativität zubilligt. Bei fast allen Untersuchungen dieser Zeit ist
jedoch zu bemängeln, dass die genauen Angaben der Quellennachweise schlichtweg
fehlen. Nichtsdestotrotz kann sicherlich als positiver Wert dieser Arbeiten festgehalten
werden, dass viele der schon damals dokumentierten Begriffe des jugendlichen Sprach-
gebrauchs auch heute noch gebräuchliche Ausdrücke für viele Jugendliche darstellen.
In den 60er und 70er Jahren ist es dann jedoch durch Küpper zu einer Wiederaufnahme
der Forschungen zur Schülersprache gekommen, da er sehr viele und umfangreiche Un-
tersuchungen und Umfragen in Schulen, Kasernen, Hochschulen et cetera durchgeführt
hat. Bereits im Vorwort seines kleinen Lexikons Schülerdeutsch weist Küpper darauf-
hin, dass es ihm darum geht, ,,auf sprachlichem Weg das Verständnis für die heutige
Jugend"
17
zu vertiefen. Im Gegensatz zu Melzer teilt Küpper den Schülerwortschatz in
den Erfahrungsbereich der Schule und in außerschulische Bereiche, wie Ferien und
Freizeit (zum Beispiel Partys), die Gruppe und Englisches Schülerdeutsch (stress,
homework) ein. Der Erfahrungsbereich der Schule wird dann selber noch einmal in die
Unterbereiche Schule und Lehre, Lernen (pauken, fuschen) und Autorität eingeteilt. Im
direkten Vergleich sieht man bereits hieran, dass die Einteilungen Küppers schon diffe-
renzierter als beispielsweise noch die von Melzer aus dem Jahre 1928 sind. Die Wörter-
buchverzeichnisse Küppers sind wesentlich wissenschaftlicher als die seiner Vorgänger,
da direkt auffällt, ,,daß hier keine oberflächliche Arbeit geleistet, sondern erstmals Lite-
raturbelege, Etymologienachweise und andere Quellen angeführt wurden"
18
.
16
Ehmann, H.: Jugendsprache und Dialekt. 1992. S. 44.
17
Küpper, H. u. M.: Lexikon. Schülerdeutsch. Hamburg: Claassen 1972.
18
Ehmann, H.: Jugendsprache und Dialekt. 1992. S. 46.

10
1.4 Die linguistische Jugendsprachforschung
1.4.1 Die 80er Jahre
Ab dem Beginn der 80er Jahre ist es dann zu Innovationen durch die linguistische Ju-
gendsprachforschung gekommen. Hierzu gibt es nun etliche Untersuchungen aus dieser
Zeit, da die Forscher ganz unterschiedliche Ziele mit ihren Forschungen verfolgt haben.
Henne ist es beispielsweise um den pragmatischen Anspruch gegangen, wohingegen
Heinemann die lexikographischen Traditionen weitergeführt und Januschek sich für die
Phraseologien innerhalb der Jugendsprache(n) interessiert hat. Neben dieser großen
Vielfalt an theoretischen Zugängen hat sich dann allerdings auch das Methodenspekt-
rum der Jugendsprachforschung erweitert. So werden von nun an neben den bisher übli-
chen Fragebögen und Interviews auch vermehrt teilnehmende Beobachtungen und In-
teraktionsanalysen zur Jugendsprachforschung eingesetzt.
19
Wie bereits zuvor erwähnt, hat bei den Forschern zur Jugendsprache lange Zeit lediglich
die Lexik im Vordergrund beziehungsweise im Mittelpunkt des Interesses gestanden.
Morphologische, syntaktische oder linguistische Auffälligkeiten im Sprachgebrauch der
Jugendlichen haben dahingegen so gut wie keinerlei Berücksichtigung gefunden. Erst
im Jahre 1986 ist es mit Helmut Hennes Werk Jugend und ihre Sprache zu der ersten
(tatsächlich wissenschaftlichen) Veröffentlichung zum Thema Jugendsprache gekom-
men, ,,die neben lexikalischen auch syntaktische, morphologische und phonologische
Gesichtspunkte der Jugendsprache"
20
zu Grunde gelegt hat. So findet Henne beispiels-
weise heraus, dass ganz bestimmte studentische Ausdrucksweisen zwar in diversen Stu-
dentenwörterbüchern verzeichnet sind, es im Laufe der Jahre jedoch zu teilweise recht
unterschiedlichen Bedeutungen und Aussageabsichten dieser Worte gekommen ist
21
.
Des Weiteren hat sich Henne in diesem Buch bereits auch schon mit dem Thema `Ju-
gendsprache in den Medien´ beschäftigt, was bis zu dieser Zeit noch ganz eindeutig als
Forschungsdesiderat angesehen werden konnte. Von dieser Zeit an kann dann jedoch
regelrecht von einer Vermarktung der Jugendsprache in den Medien gesprochen wer-
den, da es zu dieser Zeit diverse Bücher und Fernsehsendungen gegeben hat, die das
Thema Jugendsprache thematisieren. Schlobinski et al. weisen in diesem Zusammen-
hang jedoch deutlich darauf hin, dass es sich hierbei nicht um ,,Jugendsprache, sondern
19
Vgl. Neuland, E. (Hrsg.): Jugendsprachen. S. 13.
20
Ehmann, H.: Jugendsprache und Dialekt. 1992. S. 32.
21
Vgl. Henne, H.: Jugend und ihre Sprache. 1986. S. 2-5.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2006
ISBN (PDF)
9783956365294
ISBN (Paperback)
9783956368738
Dateigröße
1 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Münster – Germanistisches Institut
Erscheinungsdatum
2015 (August)
Note
2,0
Schlagworte
BRAVO Jugendzeitschrift Jugendsprache Jugendkultur Jugendsprachforschung Sprachgebrauch
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