Wie fördern die nicht-monetären Anreize unethisches Verhalten?
Überblick experimenteller Studien
©2014
Diplomarbeit
66 Seiten
Zusammenfassung
Im Rahmen dieser Arbeit wird die Effizienz non-monetärer Anreize sowie ihr Risiko in Form von unethischem Verhalten durch Akteure erforscht. Unternehmen setzen monetäre bzw. non-monetäre Anreize dazu ein, die Motivation und Leistung ihrer Mitarbeiter zu steigern und ihren Beitrag an der Wertschöpfung im Unternehmen zu erhöhen. Anreize können demnach ein effizientes Mittel für Unternehmen sein, um die Ziele der Mitarbeiter an Unternehmenszielen auszurichten. Sie stellen Belohnungen dar, die Mitarbeiter bei erfolgreicher Arbeitsleistung erreichen können. Monetäre Anreize können Geldanreize sein wie z.B. ein fixer Geldbetrag pro verkaufter Produkt- oder Dienstleistungseinheit. Diese Praxis ist u.a. bei Banken und Versicherungsunternehmen bekannt, die ihre Angestellten leistungsabhängig bezahlen und ihnen pro eröffnetes Kundenkonto bzw. pro verkaufte Versicherung einen finanziellen Bonus anbieten. Unter non-monetären oder symbolischen Anreizen versteht man Motivation nicht-materieller Natur wie etwa soziale Kommunikation (d.h. Lob und Tadel von Arbeitskollegen), Auszeichnungen (wie etwa „Mitarbeiter des Monats“, Medaillen, Schilder) aber auch „sozialer Druck von anderen Menschen“ (Falk/Ichino, 2006: 54). Sozialen Druck kann ein Arbeitgeber auf seine Arbeitnehmer ausüben, indem er z.B. einem Team einen Bonus non- monetärer Art nur dann gewährt, wenn jedes Teammitglied eine bestimmte Anforderung erfüllt (z.B. einen Monat lang pünktlich zur Arbeit erscheint). Da das Abweichen eines einzigen Individuums dazu führen würde, dass auch alle anderen Teammitglieder den Bonus nicht erhalten und in Folge dessen eine negative Haltung gegenüber dem „Abweichler“ annehmen würden, verspürt jeder Einzelne diesen sozialen Druck und ist daher motiviert, die Anforderung zu erfüllen und sein Ansehen in der Gruppe nicht zu verlieren. Während es über die Effizienz und die Gefahren in Verbindung mit monetären Anreizen eine relativ große Anzahl an Literatur gibt, ist das Gebiet um non-monetäre Anreize und ihrer Gefahren in Form von unethischem Verhalten vergleichsweise neu und entsprechend sind weniger experimentelle Studien dazu zu finden. Ziel dieser Arbeit ist es, drei experimentelle Studien zum Thema Nicht-monetäre Anreize und unethisches Verhalten miteinander zu vergleichen und im Anschluss Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten und zu erklären.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Kent, Cem: Wie fördern die nicht-monetären Anreize unethisches Verhalten?
Überblick experimenteller Studien, Hamburg, Diplomica Verlag GmbH 2015
PDF-eBook-ISBN: 978-3-95636-455-6
Herstellung: Diplomica Verlag GmbH, Hamburg, 2015
Zugl. Universität zu Köln, Köln, Diplomarbeit, 2014
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Printed in Germany
II
Inhaltsverzeichnis
II Inhaltsverzeichnis
...
II
III
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis ... IV
IV Abkürzungsverzeichnis
... V
1
Einleitung ...
1
2
Monetäre Anreize und unethisches Verhalten ... 2
3
Non-monetäre Anreize und unethisches Verhalten ... 3
3.1 Studie 1 ... 4
3.1.1 Einleitung in die Studie ... 4
3.1.2 Aufbau und Ablauf des Experiments ...
4
3.1.3 Ergebnisse des Experiments ... 7
3.1.4 Zusammenfassung ... 13
3.2 Studie 2 ... 14
3.2.1 Einleitung in die Studie ... 14
3.2.2 Aufbau und Ablauf des Experiments ... 15
3.2.3 Ergebnisse des Experiments ... 19
3.2.3.1 Statusstreben und die Dynamik der Leistung ... 21
3.2.3.2 Statusstreben und Zusatzpunktmethode ... 23
3.2.3.3 Statusstreben und Sabotage ... 23
3.2.4 Zusammenfassung ... 24
3.2.5 Ergebnisvergleich mit Studie 1 ... 25
3.2.5.1 Studie 1 ... 25
3.2.5.2 Studie 2 ... 26
3.2.5.3 Beurteilung des Ergebnisvergleiches ... 27
3.3 Studie 3 ... 29
3.3.1 Einleitung in die Studie ... 29
3.3.2 Aufbau und Ablauf des Experiments ... 31
3.3.3 Ergebnisse des Experiments ... 35
3.3.3.1 Überprüfung von Hypothese 1 ... 35
3.3.3.2 Überprüfung von Hypothese 2 ... 36
3.3.3.3 Überprüfung von Hypothese 3A ... 36
3.3.3.4 Überprüfung von Hypothese 3B ... 37
III
3.3.3.5 Überprüfung von Hypothese 4 ... 37
3.3.3.6
Robustheitskontrolle
...
38
3.3.4 Zusammenfassung ... 38
3.3.5 Ergebnisvergleich mit Studien 1 und 2 ... 41
4
Überblick über die 3 Studien ... 42
4.1 Gesamtergebnis und Beitrag zur Fragestellung ... 42
4.2 Kritik an den Experimenten ... 43
4.2.1 Kritik am Experiment in Studie 1 ... 43
4.2.2 Kritik am Experiment in Studie 2 ... 43
4.2.3 Kritik an allen 3 Experimenten ... 44
5 Fazit
...
44
V Literaturverzeichnis
...
47
VI Anhang
...
52
IV
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
Abbildungen
Abb. 1
Die VCM Formel ...
5
Abb. 2
Entwicklung der Gruppenbeitragshöhen in jeder Spielvariante ...
8
Abb. 3
Entwicklung der durchschnittlichen Anfangsleistung
in jeder Spielvariante ... 20
Abb. 4
Das Vertragsspiel ... 32
Tabellen
Tab. 1
Durchschnittliche individuelle Abgabehöhen pro Gruppe
in
jeder
Spielvariante
...
8
Tab. 2
Daten über (Spielen), (Würfeln) und (Spielen, Würfeln)
in jeder Spielvariante ... 35
Tab. 3
Test für Differenz von Null pro Spielvariante ... 35
V
Abkürzungsverzeichnis
A
Agent
Abb.
Abbildung
Anh.
Anhang
bez.
bezüglich
bspw.
beispielsweise
bzw.
beziehungsweise
d.h.
das
heißt
evtl.
eventuell
GE
Geldeinheiten
gg.
gegen
i.H.v.
in Höhe von
inkl.
inklusive
insb.
insbesondere
K
Kritik(variante)
L
Lob(variante)
LK
Lob-Kritik(variante)
o.g.
oben
genannten
m.E.n.
meines
Erachtens
nach
Meth.
Methode
P
Principal
R. Stämme
Registrierte Stämme
Reg. Stämme
Registrierte Stämme
S
Sabotage (in Studie 2)
S
Standard(variante/methode) (in Studie 1)
SD
Standardabweichung
(,,Standard
Deviation")
sog.
sogenannte
Tab.
Tabelle
u.
und
u.a.
unter
anderem
u.ä.
und
ähnliches
uneth.
unethisch(es)
VI
usw.
und
so
weiter
v.a.
vor
allem
v.H.
verborgene
Handlung
Verh.
Verhalten
z.B.
zum
Beispiel
z.T.
zum
Teil
vgl.weise vergleichsweise
Vgl.
Vergleich
Z
Zusatzpunkt
1
1
Einleitung
Im Rahmen dieser Arbeit wird die Effizienz non-monetärer Anreize sowie ihr Risiko
in Form von unethischem Verhalten durch Akteure erforscht. Unternehmen setzen
monetäre bzw. non-monetäre Anreize dazu ein, die Motivation und Leistung ihrer
Mitarbeiter zu steigern und ihren Beitrag an der Wertschöpfung im Unternehmen zu
erhöhen. Anreize können demnach ein effizientes Mittel für Unternehmen sein, um
die Ziele der Mitarbeiter an Unternehmenszielen auszurichten. Sie stellen
Belohnungen dar, die Mitarbeiter bei erfolgreicher Arbeitsleistung erreichen können.
Monetäre Anreize können Geldanreize sein wie z.B. ein fixer Geldbetrag pro
verkaufter Produkt- oder Dienstleistungseinheit. Diese Praxis ist u.a. bei Banken und
Versicherungsunternehmen bekannt, die ihre Angestellten leistungsabhängig
bezahlen und ihnen pro eröffnetes Kundenkonto bzw. pro verkaufte Versicherung
einen finanziellen Bonus anbieten. Unter non-monetären oder symbolischen
Anreizen versteht man Motivation nicht-materieller Natur wie etwa soziale
Kommunikation (d.h. Lob und Tadel von Arbeitskollegen), Auszeichnungen (wie
etwa ,,Mitarbeiter des Monats", Medaillen, Schilder) aber auch ,,sozialer Druck von
anderen Menschen" (Falk/Ichino, 2006: 54). Sozialen Druck kann ein Arbeitgeber
auf seine Arbeitnehmer ausüben, indem er z.B. einem Team einen Bonus non-
monetärer Art nur dann gewährt, wenn jedes Teammitglied eine bestimmte
Anforderung erfüllt (z.B. einen Monat lang pünktlich zur Arbeit erscheint). Da das
Abweichen eines einzigen Individuums dazu führen würde, dass auch alle anderen
Teammitglieder den Bonus nicht erhalten und in Folge dessen eine negative Haltung
gegenüber dem ,,Abweicher" annehmen würden, verspürt jeder Einzelne diesen
sozialen Druck und ist daher motiviert, die Anforderung zu erfüllen und sein
Ansehen in der Gruppe nicht zu verlieren. Während es über die Effizienz und die
Gefahren in Verbindung mit monetären Anreizen eine relativ große Anzahl an
Literatur gibt, ist das Gebiet um non-monetäre Anreize und ihrer Gefahren in Form
von unethischem Verhalten vergleichsweise neu und entsprechend sind weniger
experimentelle Studien dazu zu finden. Ziel dieser Arbeit ist es, drei experimentelle
Studien zum Thema Nicht-monetäre Anreize und unethisches Verhalten miteinander
zu vergleichen und im Anschluss Gemeinsamkeiten und Unterschiede
herauszuarbeiten und zu erklären. Das Ergebnis dieser Arbeit kann die Forschung
dabei unterstützen, die Vorteile und Gefahren von non-monetären Anreizen zu
2
erkennen und ihre Anwendungsbedingungen besser einzuschätzen. In Kapitel 2
werden die Chancen und Gefahren monetärer Anreize kurz erläutert um eine
Vergleichsbasis zu non-monetären Anreizen zu schaffen. Wie in Kapitel 3 zu
erkennen sein wird, bergen auch non-monetäre Anreize durchaus Gefahren, durch
die Unternehmen am Ende sogar einen finanziellen Schaden erleiden können. Das
selbe Kapitel enthält eine Zusammenfassung der drei Studien, dabei wird das
jeweilige Experiment samt Ergebnissen beschrieben und mit den jeweils anderen
Studien verglichen sowie ein Erklärungsansatz für die Gemeinsamkeiten und
Unterschiede angeboten. In Kapitel 4 wird aus dem Vergleich das Ergebnis zur
Fragestellung sowie einige Kritikpunkte an den Experimenten präsentiert.
2
Monetäre Anreize und unethisches Verhalten
Harbring und Irlenbusch (2005), die unethisches Verhalten von Akteuren zur
Erreichung der monetären Belohnungen experimentell nachweisen konnten, geben
ihre Erkenntnisse zusammengefasst in drei Ergebnissätzen wieder. Dem ersten
Ergebnis nach gilt, dass, ,,wenn der Gewinnpreis erhöht wird, dass dann sowohl der
Arbeitsaufwand als auch die Sabotage(aktivitäten) steigen" (Harbring/Irlenbusch,
2005: 648). Sabotage ist als eine bewusst vorgenommene Handlung eines Akteurs zu
verstehen, mit der Absicht seinem Gegenspieler zu schaden und somit den
Leistungsvergleich und damit den Siegerpreis für sich zu gewinnen. Das zweite
Ergebnis besagt, dass ,,bei exogen gegebenem Siegerpreis die Sabotageaktivitäten im
größeren Ausmaß als die Produktivität steigen" (Harbring/Irlenbusch, 2005: 650).
Unternehmen können daraus für sich ableiten, dass ein größeres Preisausschreiben
als Anreiz nicht zu größerer, sondern zu geringerer Gesamtproduktivität führen kann,
da die Gruppenmitglieder sich gegenseitig und damit dem Gesamtergebnis des
Teams schaden werden um den Bonus für sich zu gewinnen. Ergebnis 3 offenbart,
dass ,,unter der Bedingung des geringsten Siegerpreises im ,,Interaktionsverfahren"
(,,interaction treatment") mehr Sabotageaktivitäten zu beobachten sind als im
Standardverfahren" (Harbring/Irlenbusch, 2005: 653). Unter dem
Interaktionsverfahren ist zu verstehen, dass die Akteure sich den Siegerpreis vorher
aussuchen können.
Dass monetäre Anreize ihr ursprüngliches Ziel verfehlen und sich durch Sabotage als
Fehlinvestition erweisen können, wird durch weitere Studien wie z.B. die von
Vandegrift, D. und Yavas, A. (2010: 282) gestützt: die Autoren stellen fest, dass
3
,,Turniere, die Belohnungen auf der Grundlage von relativer Leistung, d.h. auf dem
Leistungsvergleich zwischen Angestellten basieren, daran scheitern werden das
Gesamtoutput zu erhöhen". Unter diesen Bedingungen versuchen Akteure ihr
Leistungsoutput nicht nur durch höhere Anstrengung zu steigern, sondern auch durch
Handlungen, die darauf abzielen, das Leistungsoutput der anderen Teilnehmer zu
verringern (Sabotage) und somit im Leistungsvergleich als Bester dazustehen. Die
Studie stellt weiterhin fest, dass das Anbieten eines höheren Siegerpreises bzw.
Bonus zu einer vermehrten Häufigkeit und Intensität der Sabotage führt, jedoch nicht
zu einer signifikanten Steigerung der Leistung.
Durch die Erkenntnis über die Wirksamkeit und Gefahr von monetären Anreizen
anhand der experimentellen Studien gilt es non-monetäre Anreize, die in ihrer
Anschaffung keine oder kaum finanzielle Kosten verursachen, als eine Alternative zu
betrachten. Im folgenden Kapitel werden drei Studien vorgestellt, die die
Wirksamkeit von non-monetären Anreizen sowie die das Verhalten der Beteiligten
auf unethisches Verhalten zur Erreichung dieser Anreize untersuchen. Während
unethisches Verhalten zur Erreichung monetärer Anreize und damit zur
Maximierung des eigenen finanziellen bzw. materiellen Nutzens rational
nachzuvollziehen ist, besteht aus dieser Sicht kein Grund dafür, unethische
Handlungen wie etwa Täuschung oder Sabotage um non-monetäre Anreize
einzusetzen, da diese rein symbolischer oder psychosozialer Natur sind (wie etwa
Respekt oder Ansehen) und somit keine Auswirkung auf die eigenen Einnahmen
haben. Die folgenden Studien beantworten anhand ihrer Ergebnisse die Frage, ob
non-monetäre Anreize trotz ihrer nicht-finanziellen/ -materiellen Natur Menschen zu
höherer Leistung motivieren können und ob dabei der Anreiz entsteht, sich durch
unethische Mittel einen Vorteil zu verschaffen um den (symbolischen) Siegerpreis
für sich zu gewinnen.
3
Non-monetäre Anreize und unethisches Verhalten
,,Orden, Ehrenzeichen und Medaillen genießen im Militärbereich einen sehr hohen
Stellenwert" (Frey/Neckermann, 2009: 180) und werden daher dort sehr erfolgreich
als non-monetäre Anreize eingesetzt. Es stellt sich jedoch die Frage, welche Rolle
non-monetäre Anreize im Wirtschaftsbereich spielen. ,,Höhere Bildungsinstitute sind
ebenfalls mit Berufstiteln, Mitgliedschaften (,,fellowships") und Auszeichnungen
4
überflutet, deren Wert meist symbolisch ist, aber den Empfängern einen Status
beschert" (Besley/Ghatak, 2008: 206).
In diesem Kapitel werden drei experimentelle Studien vorgestellt, die non-monetäre
Belohnungen auf ihre Wirkung als Anreiz analysieren. Zusätzlich untersuchen sie, ob
und in welchem Ausmaß die Teilnehmer des Experiments unethische Mittel
einsetzen, um ähnlich wie bei Experimenten mit monetären Anreizen - ihre
Konkurrenten mit unehrlichen Mitteln auszustechen und somit die (non-monetäre)
Belohnung für sich zu gewinnen. Wenn Menschen wie der ,,Homo oeconomicus"
agieren würden, dürften non-monetäre Anreize im Wirtschaftssektor keine Wirkung
haben, denn ,,er (der Homo oeconomicus; Anm. d. Autors) stellt in allen
Lebensbeziehungen den Nützlichkeitswert voran" (Spranger, 1966: 148).
3.1 Studie 1
Die erste der drei zu betrachtenden experimentellen Studien stammt aus dem Jahre
2013 von Subhasish Dugar und trägt den Titel ,,Non-monetary incentives and
opportunistic behavior: Evidence from a laboratory public good game".
3.1.1
Einleitung in die Studie
Ziel des Experiments ist es herauszufinden, ob non-monetäre Anreize, in diesem Fall
zwei wichtige Kommunikationsinstrumente, sozialer Lob und soziale Kritik (,,social
approval" und ,,social disapproval") in der Lage sind das Trittbrettfahrerproblem zu
lösen. Unter diesem Problem versteht man in der Literatur, dass eine Person Nutzen
aus einer Sache zieht ohne sich an den entsprechenden Kosten zu beteiligen. Auf
lange Sicht führt dieses Verhalten zu Nachahmung und letztendlich zum
Zusammenbruch des gesamten Systems. Zu diesem Zweck spielen die Spieler in
diesem Experiment das VCM Spiel (,,Voluntary Contribution Mechanism").
3.1.2
Aufbau und Ablauf des Experiments
Das Experiment wird von 96 Studienanfängern der Universität von Calgary, Kanada
in vier verschiedenen Varianten gespielt: in der Standardvariante (S), Lobvariante
(L), Kritikvariante (K) und in der Lob-Kritikvariante (LK). Jede der vier
Spielvarianten wird in je zwei Durchgängen à 15 Runden gespielt. Das Design und
die Parameter des Experiments sind stark an das von Masclet et al. (2003) angelehnt:
Zu Beginn jeder Runde erhält jeder Spieler 20 Wertmarken (,,token"), die zusammen
einem Kanadischen Dollar und damit etwa 0,75 Euro entsprechen. Die Teilnehmer
entscheiden gleichzeitig darüber wie viele Marken sie in die Gruppenkasse
5
übertragen. ,,Jede Marke, die in die Gruppenkasse eingezahlt wird, kehrt jedem der
Spieler als Rendite i.H.v. 0,4 Wertmarken zurück, jede nicht investierte Marke bleibt
demjenigen Spieler in seiner eigenen Kasse erhalten" (Dugar, 2013: 1378). Somit
lautet die Formel für die Einnahmen wie folgt:
Abb. 1: Die VCM Formel; erweitert durch eigene gebogene Klammern mit Nummerierungen
Quelle: Dugar, 2013, S. 1378
Der Gewinn eines jeden Spielers i (1) besteht aus seinem Anfangsbudget i. H. v. 20
Wertmarken (2) abzüglich seiner Kosten, d.h. Abgaben in die Gruppenkasse (3) und
zuzüglich den Einnahmen aus der Gruppenkasse, die sich aus den Abgaben aller vier
Spieler (5) zusammenzählen und mit dem Faktor 0,4 (4) multipliziert werden.
Welche Ausmaße der Gewinn eines Spielers nehmen kann, soll durch einige
Beispiele verdeutlicht werden:
Wenn keiner der Spieler etwas in die Gruppenkasse investiert, beträgt der Gewinn
für jeden Spieler i: 20 0 + 0,4 * 0 = 20. Da niemand einen Beitrag in die
Gruppenkasse leistet, betragen die Kosten c
i
und die Einnahmen aus dem
Gruppentopf 0 (Wertmarken). Somit bleiben Gewinn und Anfangsbestand (20
Wertmarken) unverändert.
Wenn alle Spieler ihr komplettes Anfangsbudget investieren, beträgt der Gewinn für
jeden Spieler i: 20 20 + 0,4 * (20*4) = 32. In diesem Fall wird der vollständige
Anfangsbestand durch die Übertragung in die Gruppenkasse aufgebraucht, doch da
jeder Spieler in die Gruppenkasse 20 Wertmarken übertragen hat, beträgt der Gewinn
für jeden Probanden 0,4 (Renditefaktor) * 80 Wertmarken aus der Gruppenkasse (4
Abgaben à 20 Wertmarken) = 32. Die Ergebnisse können wie folgt interpretiert
werden: extremes Teamwork im Sinne von Investition des kompletten
Anfangsbestandes in die Gruppenkasse bringt jedem Spieler eine höhere Auszahlung
6
als egoistisches Verhalten im Sinne von keiner Investition in die Gruppenkasse (32 >
20).
Als letztes Beispiel soll der Fall des unethischen Verhaltens eines Spielers i
betrachtet werden: Spieler i überträgt nichts in die Gruppenkasse, während alle
anderen Gruppenmitglieder ihr komplettes Anfangsbudget von 20 Wertmarken
einsetzen. In diesem Fall beträgt der Gewinn für den opportunistisch handelnden
Akteur: 20 0 + 0,4 * 60 = 44. Der Gewinn für die übrigen drei Spieler beträgt dann:
20 20 + 0,4 * 60 = 24. Der Anfangsbestand des opportunistisch handelnden
Spielers wird nicht reduziert, da er keine Abgaben in die Gruppenkasse leistet. Er
erhält zudem 40 % aus der Gruppenkasse, in die alle anderen drei Spieler jeweils 20
Wertmarken investiert haben, was eine zusätzliche Einnahme von (0,4 * 60 =) 24
Marken ergibt.
Betrachtet man diese drei extremen Verhaltensoptionen eines Spielers i, kann man
folgende Zusammenhänge ableiten: Opportunistisches Verhalten mit der Bedingung,
dass alle anderen Gruppenmitglieder ihr komplettes Anfangsbudget investieren,
bringt Spieler i die höchste Auszahlung (44), also mehr als wenn er sich ebenfalls an
der Gruppenkasse mit einer kompletten Investition beteiligen würde (32); diese
Option ist wiederum lohnenswerter als der Fall, in dem jeder Spieler egoistisch
handelt und nichts in die Gruppenkasse überträgt (20). Je nach Spielvariante kann die
Entscheidung über die Höhe des Investitionsbetrags zu Reaktionsverhalten führen.
Im Folgenden werden die vier Spielvarianten erläutert.
Die Standardvariante (S) besteht in jeder Runde aus nur einer Phase, die anderen drei
Varianten, die Kritikvariante (K), Lobvariante (L) und die Lob-Kritikvariante (LK)
bestehen aus zwei Phasen. In jeder Spielvariante entscheiden die Spieler in der ersten
Phase darüber, wie viele Wertmarken sie in die Gruppenkasse übertragen. Nur in L,
K und LK erscheinen nach der 1. Phase auf den Computerbildschirmen die
Informationen darüber, wie hoch die Investitionen pro Spieler in die Gruppenkasse
waren. Auf Grundlage dieser Information kann jeder Spieler jedem anderen Spieler
in diesen drei Spielvarianten ein Feedback bez. seines Investitionsverhaltens geben
und ihn dafür loben oder kritisieren: in der Lobvariante des Spiels kann man jedem
Mitspieler als Feedback 0 bis 6 Lobpunkte verschicken, in der Kritikvariante sind es
entsprechend 0 bis 6 Kritikpunkte und in der Lob-Kritikvariante kann man 0 bis 6
Lob- oder Kritikpunkte vergeben, wobei man ein und derselben Person nicht beide
Punktearten gleichzeitig vergeben kann. Man vergibt in dieser Variante entweder
7
Lob- oder Kritikpunkte. Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass ,,die Vergabe von Lob-
bzw. Kritikpunkten keinerlei Auswirkung auf das Guthaben bzw. den Gewinn der
Spieler haben. Die Vergabe von Lob- oder Kritikpunkten dient lediglich dem
Feedback bez. des Investitionsverhaltens aus der 1. Rundenphase" (Dugar, 2013:
1378). Aus Sicht der Standardtheorie, in der der Homo oeconomicus nur auf
materielle Reize reagiert, sollten die Feedback-Punkte (Lob oder Kritik) als non-
monetäre Anreize keinen Einfluss auf das Investitionsverhalten in der nächsten
Runde haben.
3.1.3
Ergebnisse des Experiments
Die Ergebnisse sind in Abb. 2 grafisch dargestellt. Auf der x-Achse sind die Runden
von 1 bis 15 zu erkennen, die y-Achse zeigt die Höhe der Abgaben in die
Gruppenkasse. Dabei handelt es sich jeweils um die Gesamtbeiträge aller vier Spieler
in den vier Spielvarianten (Benchmark = Standardvariante, Approval-Disapproval =
Lob-Kritikvariante, Disapproval = Kritikvariante, Approval = Lobvariante).
In Runde 1 sind die Spieler mit der Anwendung von Lob- bzw. Kritikpunkten noch
nicht vertraut, daher bewegen sich die Beiträge in dieser Runde auf etwa gleicher
Höhe. ,,Konkret liegen hier die Beitragshöhen zwischen 48% und 55% des
verfügbaren Einkommens" (Dugar, 2013: 1379). Ab Runde 2 ist eine
unterschiedliche Entwicklung in den Beitragshöhen zu beobachten. In den Runden
danach ist zu erkennen, dass die Gruppenbeiträge in S und L kontinuierlich sinken
und sich bei etwa 13% Beitragshöhe ansiedeln. Bei K ist ein ähnlicher Trend zu
beobachten, wobei Kritik zwar an Wirkung zu verlieren scheint aber diese Abnahme
ist im Vergleich zu S und L weniger stark. ,,Die schwächste Minderung ist in der
LK-Variante zu beobachten, daher scheint die Kombination von Lob und Kritik dem
Trittbrettfahrerproblem am effektivsten entgegen zu wirken" (Dugar, 2013: 1379).
8
Abb. 2: Entwicklung der Gruppenbeitragshöhen in jeder Spielvariante
Quelle: Studie 1, S. 1380
Die konkreten Zahlen dazu sind Tab. 1 zu entnehmen:
Tab. 1: Durchschnittliche individuelle Abgabehöhen pro Gruppe in jeder Spielvariante
Quelle: Studie 1, S. 1380
Tab. 1 zeigt die durchschnittlichen individuellen Beitragshöhen in jeder Spielvariante
pro Gruppe sowie die Standardabweichungen in Klammern. Hier reicht eine
Betrachtung der Durchschnittswerte in der letzten Zeile. Die höchsten Beiträge
zeigen sich in der LK-Variante (Abgabe von 11,89 von möglichen 20 Wertmarken).
Die Zahlen lassen folgende Rückschlüsse zu: ,,(1) die gleichzeitige Verfügbarkeit
von Lob- und Kritikpunkten führt zu höherer Abgabebereitschaft als in der Variante
mit nur Lob- oder Kritikmöglichkeit. (2) Kritikpunkte führen zu höherer
Abgabebereitschaft als Lobpunkte. (3) Die Abgabehöhe ist in der Lobvariante leicht
höher als in der Standardvariante. (4) Die Durchschnittswerte zwischen den Gruppen
Details
- Seiten
- Erscheinungsform
- Originalausgabe
- Erscheinungsjahr
- 2014
- ISBN (PDF)
- 9783956364556
- ISBN (Paperback)
- 9783956367991
- Dateigröße
- 5.7 MB
- Sprache
- Deutsch
- Institution / Hochschule
- Universität zu Köln
- Erscheinungsdatum
- 2015 (April)
- Note
- 1,7
- Schlagworte
- Anreize non-monetär non-monetäre Anreize unethisches Verhalten Status Studien
- Produktsicherheit
- Diplom.de