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Glücksspiele mit Mathematikern (und andere Dinge, die man nie tun sollte)

Eine Anwendung von Parrondo's Paradox

©2014 Seminararbeit 22 Seiten

Zusammenfassung

Gewinnstrategien, die der Casinobesitzer anwendet um seinen Ertrag zu optimieren, führen dazu, dass der Spieler auf lange Sicht mehr Geld verliert, als gewinnt, und halten ihn folglich davon ab sein Geld in Glücksspiele zu investieren. Glücksspiele auf dem Aktienmarkt erweisen sich als ebenso wenig attraktives Anlagegeschäft, da positive Aktienrenditen durch Inflation und Kaufnebenkosten häufig bereinigt werden. Dazu mögen Bärenmärkte und hohe Volatilitäten den Investor kaltstellen. Für einen Mathematiker können sich solche Glücksspiele, im Folgenden losing games genannt, jedoch auch lohnen, sodass sich die Strategie des Casinobesitzers umkehrt und sogar ins Negative wendet oder die Investition in losing Aktien sogar Gewinne suggeriert.

Diese Arbeit zeigt, dass losing games mithilfe relativ einfacher Mathematik in winning games umgewandelt werden können und dass Diversifikation zusammen mit Rebalancing negative Returns in positive kumulierte Portfolioreturns korrigieren kann. Diese scheinbar paradoxen Resultate sind bekannt unter dem Namen Parrondo’s Paradox, entdeckt im Jahr 1996 durch seinen Namensgeber Juan Parrondo (geb. 1964).

„The Parrondo’s paradox is a counterintuitive phenomenon where individually-losing strategies can be combined in producing a winning expectation.“[1]

Es zeigt sich, dass Parrondo’s Paradox gar nicht so paradox ist, wie es scheint, sondern eine logische Konsequenz stochastischer Abhängigkeit. Aus diesem Grund ist es gerechtfertigt sich zu fragen, inwieweit die Bezeichnung als Paradox sinnvoll ist.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Mohr, Marisa: Glücksspiele mit Mathematikern (und andere Dinge, die man nie tun
sollte) Eine Anwendung von Parrondo's Paradox, Hamburg, Diplomica Verlag GmbH
2015
PDF-eBook-ISBN: 978-3-95636-435-8
Herstellung: Diplomica Verlag GmbH, Hamburg, 2015
Zugl. Technische Universität Dortmund, Seminararbeit, 2014
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Alle Rechte vorbehalten
© Diplom.de, Imprint der Diplomica Verlag GmbH
Hermannstal 119k, 22119 Hamburg
http://www.diplom.de, Hamburg 2015
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
1. Abstract
3
2. Parrondo's Paradox: Ein Münzwurf-Beispiel
4
2.1. Spiel A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
2.2. Spiel B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
2.3. Spiel C: Parrondo's Paradox . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
2.4. Erklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
3. Anwendung auf Aktieninvestitionen
10
3.1. Binomialmodell
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
10
3.2. Buy-And-Hold Diversifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
3.3. Rebalancierte Diversifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13
4. Diskussion
15
5. Weitere Anwendungen
16
A. Verwendete MATLAB-Programme
18
A.1. Spiel A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
A.2. Spiel B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
A.3. Spiel C, zufällig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
A.4. Spiel C, deterministisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
A.5. Binomialmodell
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
A.6. Buy-And-Hold Diversifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
A.7. Median der Buy-And-Hold Diversifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
B. Literatur
22
Abbildungsverzeichnis
1.
Simulation Spiel A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
2.
Verlauf Spiel B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
3.
Übergangsgraph der Zustände in Spiel B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
4.
Simulation Spiel B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
5.
Simulation von Spiel C, zufällig . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
6.
Simulation von Spiel C, deterministisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
7.
Simulation Binomialmodell Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
8.
Simulation Buy-And-Hold-Diversifikation Verteilung . . . . . . . . . . . . . .
13

1. Abstract
Gewinnstrategien, die der Casinobesitzer anwendet um seinen Ertrag zu optimieren, führen
dazu, dass der Spieler auf lange Sicht mehr Geld verliert als gewinnt und halten ihn folglich
davon ab sein Geld in Glücksspiele zu investieren. Glücksspiele auf dem Aktienmarkt erweisen
sich als ebenso wenig attraktives Anlagegeschäft, da positive Aktienrenditen durch Inflation
und Kaufnebenkosten häufig bereinigt werden. Dazu mögen Bärenmärkte und hohe Volati-
litäten den Investor kaltstellen. Für einen Mathematiker können sich solche Glücksspiele, im
Folgenden losing games genannt, jedoch auch lohnen, sodass sich die Strategie des Casino-
besitzers umkehrt und sogar ins Negative wendet oder die Investition in losing Aktien sogar
Gewinne suggeriert.
Diese Arbeit zeigt, dass losing games mithilfe relativ einfacher Mathematik in winning games
umgewandelt werden können und dass Diversifikation zusammen mit Rebalancing negative
Returns in positive kumulierte Portfolioreturns korrigieren kann. Diese scheinbar paradoxen
Resultate sind bekannt unter dem Namen Parrondo's Paradox, entdeckt im Jahr 1996 durch
seinen Namensgeber Juan Parrondo (geb. 1964).
,,The Parrondo's paradox is a counterintuitive phenomenon where individually-losing
strategies can be combined in producing a winning expectation."[1]
Es zeigt sich, dass Parrondo's Paradox gar nicht so paradox ist, wie es scheint, sondern nur
eine logische Konsequenz stochastischer Abhängigkeit. Aus diesem Grund sollte man sich auch
die Fragen stellen, ob die Bezeichnung als Paradox überhaupt gerechtfertigt ist.
3

2. Parrondo's Paradox: Ein Münzwurf-Beispiel
Im Folgenden wird die Schicksalswende eines Spielers analysiert, der bei separatem Spielen
zweier einzelner Glücksspiele Geld verliert, jedoch Geld gewinnt, wenn er diese zufällig hinter-
einander spielt. Es gibt viele Möglichkeiten Spiele, die dem Prinzip von Parrondo's Paradox
zugeordnet werden können, zu finden oder sie zu konstruieren. Dieses Kapitel behandelt ein
bekanntes Beispiel von Harmer und Abbott [2].
2.1. Spiel A
Ein Spieler wirft
n Mal eine unfaire Münze 1. Dabei bedeutet unfair, dass die beiden Seiten
der Münze nicht mit einer Wahrscheinlichkeit von
p =
1
2
auftreten. Stattdessen gewinnt der
Spieler mit einer Wahrscheinlichkeit von
p
1
=
1
2
- , 0 < <
1
2
einen Euro, bzw. verliert
diesen mit einer Wahrscheinlichkeit von
1-p
1
. Dass dieses Spiel auf lange Sicht verloren wird,
ist intuitiv klar. Sei
X ^
= ,,Der Wert, den der Spieler bei Spiel A gewinnt" eine Zufallsvariable,
dann gilt für den Erwartungswert von
n Wiederholungen
E(X) = n · (
1
2
- ) · 1 + (
1
2
+ ) · (-1)
= n · (- ) < 0
für
n N, 0 < <
1
2
Es ist also ein Verlust zu erwarten. Um die Aussage des Erwartungswertes weiter zu verifi-
zieren folgt eine graphische Auswertung mit Parametern
n = 100,
= 0, 005 und 100000
Durchläufen, um etwaige Fehler zu beheben. (Die MATLAB-Programmcodes aller folgenden
Simulationen sind im Anhang zu finden.)
Abbildung 1: Simulation Spiel A
Der Graph der Simulation von Spiel A
(A.1) in Abbildung 1 zeigt eindeutig, dass
sich das Kapital über die Anzahl der Wür-
fe stetig verringert und nach
100 Spielen
mit einem Verlust von
e 1 zu rechnen ist.
Damit ist Spiel A offensichtlich ein losing
game.
4

2.2. Spiel B
Sei
C N das Startkapital. In Abhängigkeit von diesem Kapital werden zwei unterschiedliche
unfaire Münzen geworfen:
·
C 0 mod 3 werfe Münze 2 mit einer Gewinnwahrscheinlichkeit von p
2
=
1
10
-
·
C 0 mod 3 werfe Münze 3 mit einer Gewinnwahrscheinlichkeit von p
3
=
3
4
-
Abbildung 2: Verlauf Spiel B
Um den Erwartungswert für Spiel B mit
dem Spielverlauf in Abbildung 2 berech-
nen zu können, muss vorerst die relative
Häufigkeit der Würfe von Münze 2 und
Münze 3 berechnet werden, insbesonde-
re die relative Häufigkeit der Zustände
{0, 1, 2} modulo 3. Dass jeder einzelne
der drei Zustände auf naiver Weise nicht
mit einer relativen Häufigkeit von
1
3
der
Zeit auftritt, wird im Folgenden gezeigt.
Spiel B stellt einen stochastischen Prozess dar, insbesondere eine Markov-Kette
(X
t
)
tN
0
mit
diskretem Zustandsraum
E = {0, 1, 2}, das heißt n N b
0
, ..., b
n+1
mit
P (X
0
= b
0
, ..., X
n
= b
n
) > 0:
P (X
n+1
= b
n+1
| X
0
= b
0
, ..., X
n
= b
n
) = P (X
n+1
= b
n+1
| X
n
= b
n
)
Das heißt also, dass bei Kenntnis der Gegenwart zur Zeit
n die Zukunft unabhängig von der
Vergangenheit ist, was in diesem Modell eine sinnvolle Annahme darstellt. Man betrachte den
Übergangsgraphen der einzelnen Zustände in Abbildung 3,
Abbildung 3: Übergangsgraph der Zustände in Spiel B
5

sowie das Langzeitverhalten der zugehörigen Übergangsmatrix
P = (p
ij
), i, j N, wobei p
ij
die Übergangswahrscheinlichkeit von Zustand
i zu Zustand j darstellt.
P =
0
p
2
1 - p
2
1 - p
3
0
p
3
p
3
1 - p
3
0
=
0
1
10
-
9
10
+
1
4
+
0
3
4
-
3
4
-
1
4
+
0
lim
n
P
n =0,005
=
0.383612 0.154281 0.462108
0.383612 0.154281 0.462108
0.383612 0.154281 0.462108
Das Langzeitverhalten der Übergangsmatrix
P zeigt, dass der Zustand C 0 mod 3 unge-
fähr zu 38,36% der Zeit auftritt. Das führt dazu, dass die Häufigkeit des Wurfes von Münze
2 mit einer relativ geringeren Gewinnwahrscheinlichkeit von
p
2
=
1
10
- , die relativ hohe
Gewinnwahrscheinlichkeit von Münze 3 mit
p
3
=
3
4
- überwiegt.
Abbildung 4: Simulation Spiel B
Um den Effekt der unterschiedlichen rela-
tiven Häufigkeiten der Zustände zu veran-
schaulichen ist in Abbildung 4 eine Simu-
lation von Spiel B (A.2) mit Parametern
n = 100,
= 0, 005 und 100000 Durch-
läufen zur Fehlerdämpfung gegeben. Der
rote Graph von Spiel B zeigt, dass nach
100 Spielen mit einem Verlust von e
1, 40 zu rechnen ist. Spiel B ist folglich
ebenfalls ein losing game.
6

2.3. Spiel C: Parrondo's Paradox
In einem dritten Spiel, Spiel C, werden Spiel A und Spiel B zufällig hintereinander gespielt,
mit keiner Reihenfolge als Sequenz, solange bis
n = 100 Spiele gespielt wurden. Obwohl
Spiel A und Spiel B einzeln gespielt losing games sind, zeigt die Simulation von Spiel C
(A.3) in Abbildung 5 mit Parametern wie vorher, dass der kombinierte rote Graph stetig
wächst. Somit ist nach 100 Spielen mit einem Gewinn von ungefähr
e 1, 25 zu rechnen. Die
Entstehung dieses winning games ist Parrondo's Paradox und der Grund dafür Glücksspiele
mit Mathematikern mit großer Vorsicht zu genießen.
Abbildung 5: Simulation von Spiel C,
zufällig
Abbildung 6: Simulation von Spiel C,
deterministisch
Aber es geht noch besser: Spielt man Spiel A und Spiel B in deterministischer Reihenfolge,
hier AABBAA..., so steigt die Gewinnerwartung noch ein wenig mehr. Der rote Graph (A.4)
in Abbildung 6 bestätigt dies.
Dass deterministische Spielweisen die Gewinnchancen weiter erhöhen, ist eine logische Kon-
sequenz daraus, dass der Spieler zu jedem einzelnen Zeitpunkt die für ihn günstigere Münze
wählen kann und damit seinen Gewinn erhöht. Der Spieler wird dann immer Spiel B spielen,
wenn das Kapital nicht durch 3 teilbar ist, ansonsten Spiel A. Es sind durchaus noch weitere
deterministische Reihenfolgen denkbar, die von dieser abweichen, das Ergebnis aber mögli-
cherweise noch weiter steigern.
7

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2014
ISBN (PDF)
9783956364358
Dateigröße
634 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Technische Universität Dortmund – Lehrstuhl für Angwandte Mathematik und Numerik
Erscheinungsdatum
2015 (Februar)
Note
1,0
Schlagworte
Parrondo Parrondo's Paradox Stochastische Abhängigkeit Binomialmodell Aktiendiversifikation Münzwürfe Simulation Münzwurfsimulation Buy And Hold Diversifikation Markov Ketten Übergangsmatrizen Glücksspiele Unfaire Münze Stochastischer Prozess Stochastik Numerik winning game losing game Log-Normalverteilung Harmer Abbott Spieltheorie Gewinnstrategie Gedächtnislosigkeit
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