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Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus. Lehr- und Lerntheorien

©2005 Hausarbeit (Hauptseminar) 31 Seiten

Zusammenfassung

Der menschliche Lernprozess ist seit jeher Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Forschungen, zählt er doch zu den faszinierendsten und zugleich komplexesten Phänomenen überhaupt. Der Mensch ist von Geburt an lernfähig, so lernen Säuglinge beispielsweise sehr schnell, wie sie ihre Bedürfnisse mitteilen können. Das leistungsfähige Gehirn (gutes Gedächtnis, abstraktes Denken) und die natürliche Neugierde des Menschen unterstreichen diesen Umstand. Lernen geschieht nicht nur bewusst (zum Beispiel in der Schule) sondern oftmals unbewusst (zum Beispiel Spracherwerb von Kleinkindern). Trotzdem werden nicht alle Sinneseindrücke vom menschlichen Gehirn gespeichert – die Sinneswahrnehmungen werden selektiert und bewertet. Gerade für Lehrer stellt sich die Frage, wie ihre Schüler lernen, damit sie die Lernprozesse optimal unterstützen und begleiten können.

In der pädagogischen Diskussion haben sich in den letzten Jahrzehnten drei Lerntheorien herauskristallisiert, die den menschlichen Lernprozess sehr unterschiedlich erklären: Der Behaviorismus, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden ist und bis heute einen großen Einfluss in der wissenschaftlichen Diskussion hat, der Kognitivismus, der aus der Kritik am Behaviorismus hervorgegangen ist und schließlich der Konstruktivismus, der in den 1990er Jahren verstärkt Eingang in die Diskussion gefunden hat.

Beginnend mit einer Begriffsbestimmung von „Lernen“ und „Lerntheorien“ werden in einem zweiten Teil die drei Lerntheorien Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus vorgestellt. Anschließend werden die theoretischen Ausführungen durch drei Lernprogramme ergänzt, wobei jede Lernsoftware einer bestimmten Lerntheorie zugeordnet werden kann. Abschließend sollen die Vor- und Nachteile der drei Lerntheorien und ihre konkreten Einsatzmöglichkeiten im Unterricht diskutiert ...

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Reuter, Stephanie: Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus.
Lehr- und Lerntheorien, Hamburg, Diplomica Verlag GmbH 2015
PDF-eBook-ISBN: 978-3-95636-419-8
Herstellung: Diplomica Verlag GmbH, Hamburg, 2015
Zugl. Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Münster, Hausarbeit, 2005
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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ... 2
2. Begriffsbestimmung ... 3
3. Behaviorismus ... 4
3.1
Das klassische Konditionieren ... 5
3.2
Das operante Konditionieren... 7
3.3
Lehr- und lerntheoretische Konsequenzen ... 9
4. Kognitivismus ... 11
4.1
Neurobiologische Grundlagen der Gehirnforschung ... 11
4.2
Drei theoretische Beiträge zu einer Psychologie des kognitiven Lernens 13
4.3
Lehr- und lerntheoretische Konsequenzen ... 16
5. Konstruktivismus ... 18
5.1
Was ist der Konstruktivismus? ... 18
5.2
Der radikale Konstruktivismus ... 19
5.3
Lehr- und lerntheoretische Konsequenzen ... 20
5.4
Vor- und Nachteile des Konstruktivismus ... 21
6. Zusammenfassung ... 22
7. Programmbeispiele ... 23
8. Diskussion ... 29
9. Literaturverzeichnis ... 30

__________________________________________________________________2
1. Einleitung
Der menschliche Lernprozess ist seit jeher Gegenstand intensiver wissenschaftlicher
Forschungen, zählt er doch zu den faszinierendsten und zugleich komplexesten
Phänomenen überhaupt. Der Mensch ist von Geburt an lernfähig, so lernen Säuglinge
beispielsweise sehr schnell, wie sie ihre Bedürfnisse mitteilen können. Das
leistungsfähige Gehirn (gutes Gedächtnis, abstraktes Denken) und die natürliche
Neugierde des Menschen unterstreichen diesen Umstand. Lernen geschieht nicht nur
bewusst (z. B. in der Schule) sondern oftmals unbewusst (z. B. Spracherwerb von
Kleinkindern). Trotzdem werden nicht alle Sinneseindrücke vom menschlichen
Gehirn gespeichert ­ die Sinneswahrnehmungen werden selektiert und bewertet.
Gerade für Lehrer stellt sich die Frage, wie ihre Schüler lernen, damit sie die
Lernprozesse optimal unterstützen und begleiten können.
In der pädagogischen Diskussion haben sich in den letzten Jahrzehnten drei
Lerntheorien herauskristallisiert, die den menschlichen Lernprozess sehr
unterschiedlich erklären: Der Behaviorismus, der in der ersten Hälfte des 20.
Jahrhunderts entstanden ist und bis heute einen großen Einfluss in der
wissenschaftlichen Diskussion hat, der Kognitivismus, der aus der Kritik am
Behaviorismus hervorgegangen ist und schließlich der Konstruktivismus, der in den
1990er Jahren verstärkt Eingang in die Diskussion gefunden hat.
Beginnend mit einer Begriffsbestimmung von ,,Lernen" und ,,Lerntheorien" werden
in einem zweiten Teil die drei Lerntheorien Behaviorismus, Kognitivismus und
Konstruktivismus vorgestellt. Anschließend werden die theoretischen Ausführungen
durch drei Lernprogramme ergänzt, wobei jede Lernsoftware einer bestimmten
Lerntheorie zugeordnet werden kann. Abschließend sollen die Vor- und Nachteile
der drei Lerntheorien und ihre konkreten Einsatzmöglichkeiten im Unterricht
diskutiert werden.

__________________________________________________________________3
2. Begriffsbestimmung
Um sich überhaupt mit dem Thema Lerntheorien auseinander setzen zu können,
muss man eingangs die Frage klären, was man unter den Begriffen ,,Lernen" und
,,Lerntheorien" versteht.
Der Begriff ,,Lernen" wird in der Umgangssprache häufig mit der Schule verbunden,
in der Pädagogik und der Psychologie wird der Begriff ,,Lernen" jedoch sehr viel
weiter gefasst. Bower und Hilgard definieren ,,Lernen" folgendermaßen:
,,Lernen bezieht sich auf die Veränderung im Verhalten oder im
Verhaltenspotential eines Organismus hinsichtlich einer bestimmten
Situation, die auf wiederholte Erfahrungen des Organismus in dieser
Situation zurückgeht, vorausgesetzt, daß diese Verhaltensänderung
nicht auf angeborene Reaktionstendenzen, Reifung, oder
vorübergehende Zustände (wie etwa Müdigkeit, Trunkenheit,
Triebzustände, usw.) zurückgeführt werden kann."
1
Lernen ist also eine Verhaltensänderung, die durch Erfahrungen mit einer
bestimmten Situation entsteht. Es handelt sich somit um einen Prozess, bei dem sich
die Handlungen, das Denken und Empfinden des Lernenden verändern und ein
verändertes Verhalten nach sich ziehen. Vom Lernen abzugrenzen sind
Verhaltensänderungen die aufgrund anderer Ursachen (z. B. angeborene
Reaktionstendenzen, Reifung, Drogeneinfluss, Müdigkeit) entstehen. Die Definition
verdeutlicht, dass Lernen nicht nur bewusst, z. B. in der Schule, passiert sondern
häufig unbewusst, z. B. der Spracherwerb oder das Laufen lernen bei Kindern.
Außerdem zeigt diese Definition, dass der Mensch in der Lage ist lebenslang zu
lernen, auch wenn der Schwerpunkt der Lernleistung in der frühen Kindheit und
Jugend liegt.
Lerntheorien schließlich ,,sind Versuche, die Kenntnisse über das Lernen zu
systematisieren und zusammenzufassen."
2
1
Bower G. H. und E. R. Hilgard (1983): Theorien des Lernens. Bd. 1. Stuttgart. S. 31.
2
Edelmann, W. (1996): Lernpsychologie. Weinheim. S. 7.

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3. Behaviorismus
Der Begriff Behaviorismus leitet sich ab von dem englischen Wort ,,behavior",
welches mit dem deutschen Nomen ,,das Verhalten" zu übersetzen ist. Somit ist der
Behaviorismus eine Theorie der Wissenschaft, die sich mit dem Verhalten des
Menschen auseinandersetzt beziehungsweise dieses untersucht. Es geht den
Behavioristen vor allem darum, das Verhalten des Menschens (oftmals abgeleitet
vom Verhalten des Tieres) möglichst exakt und objektiv zu beschreiben. ,,Der
Behaviorist fragt: Warum machen wir nicht das, was wir beobachten können, zum
eigentlichen Gebiet der Psychologie?".
3
Als Begründer des Behaviorismus gilt der amerikanische Psychologe John Broadus
Watson (1878- 1958), der in der Einleitung seines Aufsatzes Psychologie wie sie der
Behaviorist sieht folgendes schreibt: ,,Der Leser wird keine Diskussion des
Bewusstseins finden und auch nicht die Begriffe wie Empfindungen, Wahrnehmung,
Aufmerksamkeit, Vorstellung, Wille usw. Diese Worte haben einen guten Klang,
aber ich habe festgestellt, dass ich auf sie verzichten kann".
4
Daraus resultierend
kann also festgehalten werden, dass die Beobachtung objektiv wahrnehmbaren
Verhaltens die Methode der Behavioristen ist und man sich damit ganz eindeutig
gegen die Bewusstseinspsychologie richtet. Der Behaviorist beschränkt sich nämlich
auf Dinge, die beobachtbar sind, da ,,geistige Phänomene" nicht messbar sind und
daher auch nie zu wissenschaftlichen Daten werden können. Somit wird der Mensch
von den Behavioristen als Black-Box angesehen, wobei die Gefühle und das
Bewusstsein absolut unberücksichtigt bleiben. Im Prinzip versucht der Behaviorist
den Organismus (sowohl den menschlichen als auch den tierischen) nach dem
Vorbild einer Maschine zu verstehen- einer Maschine allerdings, in die nicht
hineingesehen werden kann, sondern deren Funktionsweise nur aus dem Input (Reiz)
und dem Output (Reaktion) zu erschließen ist.
5
Ziel dieser Lerntheorie ist die Vorhersage und Kontrolle von Verhalten, das heißt es
geht um die Beschreibung und Steuerung des Lernens durch Hinweisreize und
Verstärkungen, so dass das erwünschte Verhalten am Ende erfolgt. (Dieser Prozess
wird im weiteren Verlauf dieser Hausarbeit noch genauer erläutert werden.)
3
Baumgart, 2001, S. 118.
4
Watson, 1984. Einleitung.
5
Vgl. http://stangl-taller.at/ARBEITSBLAETTER/LERNEN/Behaviorismus.shtml

__________________________________________________________________5
3.1 Das klassische Konditionieren
Das Paradebeispiel für den Behaviorismus ist das Klassische Konditionieren oder
auch Signallernen. Unter dem Begriff Konditionieren versteht man nun das Erlernen
von neuen Reiz- Reaktions- Verbindungen, das bedeutet ein bestimmter Reiz führt
dann auch zu einer ganz bestimmten Reaktion. Die Voraussetzung hierfür sind
jedoch reflexartige Reaktionen, die einem von Natur aus angeboren sind. Im Verlauf
dieses Konditionierungsprozesses wird dann schlussendlich ein neutraler Reiz zu
einem bedingten Reiz, wodurch daraufhin dann auch eine bedingte Reaktion
ausgelöst wird. Um diese theoretischen Ansätze etwas nachvollziehbarer zu machen,
werde ich dies nun einmal konkret an Hand eines typischen Experimentes zur
Klassischen Konditionierung verdeutlichen.
Als Begründer der Klassischen Konditionierung gilt der russische Physiologe Iwan
Petrowitsch Pawlow (1848- 1936), der in Petersburg das physiologische Labor für
experimentelle Medizin gegründet hat, in dem er dann auch den größten Teil seiner
berühmten Forschungsarbeiten durchgeführt hat- so auch sein recht bekanntes
Experiment zur Untersuchung zwischen dem Zusammenhang des Speichelflusses
(Reaktion) und der Fütterung (Reiz) bei Hunden (vgl. Schema):
Abb. 1: Der Pawlowsche Hund
Quelle: http://paedpsych.jk.uni-linz.ac.at:4711/LEHRTEXTE/LERNEN/
klassi.htm
Für dieses Experiment ist ein Hund in einen besonderen Apparat gestellt worden, in
dem die Intensität des Speichelflusses als Reaktion auf bestimmte Reize gemessen
werden konnte. Der Hund hat sich in dieser Apparatur nicht sehr viel bewegen

__________________________________________________________________6
können, so dass sein Kopf geradeaus gerichtet gewesen ist und er immer nach vorne
gesehen hat. Ein runder Auffangbehälter, der dem Hund seitlich unter das Maul
gebunden worden ist, hat den abgesonderten Speichel des Hundes gesammelt; der
Abfluss des Speichels ist mit Hilfe eines chirurgischen Eingriffs durch eine Fistel
nach außen geleitet worden. Direkt vor dem Hund hat eine Schale gestanden, die von
außen je nach Belieben mit Futter gefüllt werden konnte.
Als der Hund nun in dieser Apparatur gestanden hat, hat man eine Glocke ertönen
lassen. Daraufhin hat der Hund (natürlicher Weise) keine besondere Reaktion gezeigt
und auch keinen Speichel abgesondert. Zu Anfang dieses Experiments hat es
demnach noch keinen Zusammenhang zwischen der Glocke und der
Speichelabsonderung des Hundes gegeben. Im nächsten Schritt ist dem Hund dann
Futter gegeben worden, woraufhin der Hund Speichel abgesondert hat. Nun sind
verschiedene Versuchsdurchgänge, in denen kurz vor der Fütterung/ der
Futterabgabe der Klang der Glocke ertönt ist, gefolgt. Als natürliche Reaktion auf
das Futter hat der Hund auch hierbei Speichel abgesondert. Nachdem diese
Kombination der Glocke mit dem Futter noch öfters wiederholt worden ist, hat
Pawlow im nächsten Schritt nur die Glocke alleine ertönen lassen. Die erstaunliche
Reaktion des Tieres ist nun gewesen, dass es jetzt schon bei dem Klang der Glocke
Speichel abgesondert hat, ohne auch zugleich Futter zu bekommen. Somit hat der
Hund durch dieses Experiment eine neue Reiz- Reaktions- Verbindung gelernt. Im
Laufe dieses Konditionierungsprozesses wird also der anfänglich neutrale Reiz
(Glocke) zu einem bedingten Reiz, der dann wiederum eine bedingte, also erlernte,
Reaktion auslöst. Die Grundvoraussetzung hierfür ist allerdings, dass ein Hund über
einen angeborenen Speichelreflex verfügt, sobald er Futter bekommt. Diese Tatsache
wird oftmals als etwas Normales oder Selbstverständliches angesehen, jedoch sind
diese reflexartigen Reaktionen, die schon angeboren sind, auf jeden Fall nötig, wenn
neue Reiz- Reaktions- Verbindungen erlernt werden möchten.
Durch das Klassische Konditionieren ist man dann zu den folgenden drei
Forschungsergebnissen gekommen: Kontiguität, Extinktion und Generalisierung.
Das Gesetz der Kontiguität sagt, dass eine räumlich- zeitliche Nähe der Reize absolut
notwendig ist. Das heißt also nur wenn der neutrale und der bedingte Reiz (hier:
Glocke und Futter) kurz aufeinander folgen und räumlich beieinander liegen, erfolgt
der Prozess der Konditionierung.

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Die sogenannte Extinktion beschreibt die Löschung der konditionierten Reiz-
Reaktions- Verbindung nach der Trennung dieser beiden Reize. Für unser Beispiel
bedeutet dies: wenn dem Hund nach dem Ertönen der Glocke längere Zeit kein Futter
mehr gegeben wird, dann wird sich irgendwann auch die Speichelabsonderung des
Hundes als Reaktion auf das Ertönen der Glocke wieder einstellen. Der bedingte
Reiz wird also wieder zum neutralen Reiz. Wiederholt man dieses Experiment
jedoch nach einiger Zeit wieder, so zeigt der Hund nach wesentlich weniger
Versuchsdurchführungen wieder die bedingte Reaktion auf den bedingten Reiz.
Somit ist also bewiesen, dass die Konditionierung nicht gänzlich gelöscht worden ist,
sondern lediglich gehemmt worden ist.
Mit der Generalisierung ist gemeint, dass auch ähnliche Reize die entsprechende
Reaktion hervorrufen können. Ein Alltagsbeispiel hierfür wäre, dass sich die Angst,
die ein kleines Kind gegenüber dem Vater verspürt auf einen männlichen Lehrer oder
Onkel übertragen kann.
3.2 Das operante Konditionieren
Neben dem Klassischen Konditionieren gibt es auch noch das operante
Konditionieren, welches auch Instrumentelles Lernen oder Verstärkungslernen
genannt wird. Hierbei geht es auch um das Erlernen neuer Verhaltensweisen und
man vertritt die Ansicht, dass Lernen durch Belohnung und Bestrafung erfolgt. Man
könnte auch sagen die Umwelt reagiert positiv oder negativ auf ein bestimmtes
Verhalten und beeinflusst somit den Organismus. Ziel dieses Lernprogramms ist
somit die Häufung von Verhalten, das angenehme Konsequenzen mit sich bringt.
Ein wichtiger Vertreter des operanten Konditionierens ist der US- amerikanische
Psychologe Edward Lee Thorndike (1874- 1949). Auch er hat sehr viele
Verhaltensstudien an Tieren durchgeführt und letztendlich Parallelen zwischen den
Verhaltensweisen und Lernvorgängen von Mensch und Tier gezogen. Da es zu weit
führen würde, diese Versuche jetzt genauer zu erläutern, möchte ich an dieser Stelle
lediglich kurz auf die wichtigsten Forschungsergebnisse Thorndikes eingehen.
Thorndike hat nun zwei Gesetzmäßigkeiten für das Lernen formuliert: Das Gesetz
der Auswirkung und das Gesetz der Übung.
Das Gesetz der Auswirkung besagt, dass die Auswirkungen der Reaktion auf einen
Reiz die Wahrscheinlichkeit des Wiederauftretens der Reaktion beeinflussen. Dies

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erscheint meiner Meinung nach auch recht plausibel, denn wenn beispielsweise
jemand für sein Verhalten gelobt wird, wird dieser auch in Zukunft bemüht sein,
dieses Verhalten zu wiederholen.
Bei dem Gesetz der Übung geht es darum, dass je öfter und je interessierter eine
Lernaufgabe wiederholt wird, desto eher kann man sich den Lernstoff einprägen.
Dies ist auch ein Punkt, den sehr viele Menschen aus ihren Alltagserfahrungen
nachvollziehen und daher bestätigen können.
Ein weiterer Vertreter des operanten Konditionierens ist der amerikanische
Psychologe Burrhus Frederic Skinner (1904- 1990). Man kann sicherlich sagen, dass
Skinner das Gesetz der Auswirkung von Thorndike weiterentwickelt hat, denn auch
er war der Überzeugung, dass Konsequenzen, die unmittelbar auf ein Verhalten
folgen, das Verhalten in Zukunft beeinflussen. Für Skinner ist die Verknüpfung von
Reiz und Reaktion nicht einfach nur durch Wiederholung und Kontiguität vorhanden,
sondern ebenfalls an eine Verstärkung gebunden. Auch hier soll nun nicht näher auf
einzelne Versuche eingegangen werden, es soll jedoch festgehalten werden, dass das
Prinzip von Skinners Experimenten recht einfach ist, das heisst wenn ein
Versuchstier zufällig die erwünschte Handlung ausführt, bekommt es eine
Belohnung. Auf diese Art und Weise erlernt dann das Tier (oder auch der Mensch)
ganz schnell den Zusammenhang zwischen Handlung und Belohnung.
Skinner ist nun durch seine Forschungen zu dem Ergebnis gekommen, dass sich das
Auftreten des gewünschten Verhaltens erhöht, a.) bei einem hinzukommenden Reiz,
also einer positiven Verstärkung (z.B. Anerkennung, Lob, Geld) und b.) bei einem
wegfallenden Reiz, also einer negativen Verstärkung (z.B. Lärm, Stromschlag, der
Wegfall von Lob usw.). Die dritte Variante ist die Bestrafung (z.B. einem Kind ein
Spielzeug wegnehmen), hierbei kommt es nicht zu einer Stärkung, sondern zu einer
Unterdrückung eines Verhaltens. Hierbei muss allerdings bedacht werden, dass
einige Reize von manchen Leuten als Bestrafung empfunden, von anderen jedoch
nicht.
6
Im direkten Vergleich der Klassischen mit der Operanten Konditionierung kann
festgehalten werden, dass sich erstere, in welcher der Lernende eher passiv auftritt,
eher auf Assoziationen und zweitere auf einen adaptiven Hedonismus aufbaut. Damit
der Prozess des Klassischen Konditionierens auch wirklich erfolgreich ablaufen
6
Vgl. Baumgart, 2001, S. 130.

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Jahr
2005
ISBN (PDF)
9783956364198
ISBN (Paperback)
9783956367632
Dateigröße
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Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Universität Münster – Institut für Erziehungswissenschaften
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2015 (Januar)
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Schlagworte
behaviorismus kognitivismus konstruktivismus lehr- lerntheorien
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