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Lovis Corinth

Selbstbildnisse mit Frauen

©2013 Hausarbeit (Hauptseminar) 29 Seiten

Zusammenfassung

Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit Selbstbildnissen mit Frauendarstellungen von Lovis Corinth. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei auf den Gemälden Selbstbildnis mit Modell, Selbstporträt mit Charlotte Berend und Sektkelch, Selbstporträt mit Rückenakt und Bacchantenpaar. Bei der Betrachtung dieser Werke soll die Frage nach der Darstellung der Verbindung zwischen Maler und Modell im Mittelpunkt stehen. Die Biographie Corinths ermöglicht einen Einstieg in das Thema und verschafft einen Überblick über das Lebens des Künstlers, das in seine Selbstdarstellungen einfließt. Es soll im Folgenden untersucht werden, durch welche stilistischen Mittel die Beziehung zwischen den im Doppelporträt dargestellten Personen charakterisiert ist. Zudem werden die Farbwahl, der Pinselduktus und die Staffage mit in die Beschreibung und anschließende Inhaltsanalyse einbezogen. Beispiele aus dem Oeuvre anderer Künstler wie Rembrandt, Rubens und Manet sollen als Vergleich dienen und veranschaulichen, welche Vorbilder Corinth für seine Werke genutzt haben könnte. Abschließend werden die für diese Hausarbeit verwendeten Werke Corinths in Hinblick auf die Darstellungsweise seiner Selbst in Verbindung mit der jeweiligen Frau untersucht. Die Entwicklung des Stils innerhalb der besprochenen Werke Corinths wird in die Betrachtungen mit einbezogen. Die Frage nach der Funktion, die das Bild hat und nach dem Sinn der Selbstdarstellung, also der Rolle, in die der Künstler schlüpft, soll hierdurch beantwortet werden.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Starck-Ottkowitz, Eva: Lovis Corinth. Selbstbildnisse mit Frauen, Hamburg, Diplomica
Verlag GmbH 2015
PDF-eBook-ISBN: 978-3-95636-414-3
Herstellung: Diplomica Verlag GmbH, Hamburg, 2015
Zugl. Christian-Albrechts-Universität Kiel, Hausarbeit, 2013
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Hermannstal 119k, 22119 Hamburg
http://www.diplom.de, Hamburg 2015
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2
2. Biographie
Lovis
Corinths
2
3. Selbstbildnisse Corinths im Vergleich mit Werken anderer Künstler
5
3.1
Selbstbildnis
mit
Modell
5
3.2 Vergleich: Selbstporträt mit Palette von Manet
7
3.3 Selbstporträt mit Charlotte Berend und Sektkelch
8
3.4 Vergleich: Selbstbildnis mit Saskia von Rembrandt
9
3.5 Selbstporträt mit Rückenakt
11
3.6 Vergleich: Venus vor dem Spiegel von Rubens
12
3.7 Bacchantenpaar
13
3.8 Vergleich: Nymphe und Satyr von Rubens
15
4. Rollen Corinths unter Einfluss des Stils in seinen Selbstbildnissen mit Frauen 16
5. Fazit
18

2
1. Einleitung
Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit Selbstbildnissen mit Frauendarstellungen von Lovis
Corinth. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei auf den Gemälden Selbstbildnis mit Modell,
Selbstporträt mit Charlotte Berend und Sektkelch, Selbstporträt mit Rückenakt und
Bacchantenpaar. Bei der Betrachtung dieser Werke soll die Frage nach der Darstellung der
Verbindung zwischen Maler und Modell im Mittelpunkt stehen. Die Biographie Corinths
ermöglicht einen Einstieg in das Thema und verschafft einen Überblick über das Lebens des
Künstlers, das in seine Selbstdarstellungen einfließt. Es soll im Folgenden untersucht werden,
durch welche stilistischen Mittel die Beziehung zwischen den im Doppelporträt dargestellten
Personen charakterisiert ist. Zudem werden die Farbwahl, der Pinselduktus und die Staffage
mit in die Beschreibung und anschließende Inhaltsanalyse einbezogen. Beispiele aus dem
Oeuvre anderer Künstler wie Rembrandt, Rubens und Manet sollen als Vergleich dienen und
veranschaulichen, welche Vorbilder Corinth für seine Werke genutzt haben könnte.
Abschließend werden die für diese Hausarbeit verwendeten Werke Corinths in Hinblick auf
die Darstellungsweise seiner Selbst in Verbindung mit der jeweiligen Frau untersucht. Die
Entwicklung des Stils innerhalb der besprochenen Werke Corinths wird in die Betrachtungen
mit einbezogen. Die Frage nach der Funktion, die das Bild hat und nach dem Sinn der
Selbstdarstellung, also der Rolle, in die der Künstler schlüpft, soll hierdurch beantwortet
werden.
2. Biographie Lovis Corinths
Am 21.07.1858 wird Franz Heinrich Louis Corinth, der sich später den Künstlernamen Lovis
Corinth verleiht, in Tapiau, Ostpreußen ­ heute Russland ­ geboren. Sein Vater, Franz
Heinrich, arbeitet als Lohgerber, Landwirt und Ratsherr, während seine Mutter, Amalie
Wilhelmine, die 13 Jahre ältere Cousine des Vaters, den Gerbereibetrieb und fünf Kinder aus
erster Ehe mitbringt.
1
Lovis Corinth erfährt lediglich von seinem Vater Unterstützung, der ihn musisch fördert und
ab 1866 ein humanistisches Gymnasium in Königsberg besuchen lässt. Nach dem Tod seiner
Mutter 1873 bricht er die Schule ab und studiert an der Kunstakademie in Königsberg von
1
Vgl. Kat. Lovis Corinth 2008, S. 20

3
1876 bis 1880 unter anderem bei Otto Günther.
2
Für ein paar Monate lernt er in der privaten
Malschule des Genremalers Franz von Defregger in der ,,[...] süddeutschen Kunstmetropole
München [...], die bis Ende des 19. Jahrhunderts neben Paris als bedeutendstes Zentrum der
Malerei in Europa gilt."
3
In dem moderneren Atelier von Ludwig Löfftz eignet Corinth sich
ab Oktober 1880 ,,[...] eine noble Tonmalerei, die zwischen altmeisterlicher Lasur und
impressionistischer Alla-prima-Technik vermittelt [...]"
4
an. Nach gemeinsamen Reisen mit
seinem Vater, unter anderem nach Venedig, reist Corinth nach Antwerpen, wo er Paul Eugène
Gorge kennenlernt. Ab Oktober 1884 wird er von Adolphe William Bouguereau und Tony
Robert-Fleury an der angesehensten privaten Pariser Kunstschule, Académie Julian, vor allem
im Aktzeichnen und der Übersetzung dessen in mythologische Themenbereiche, unterrichtet.
Durch die Konzentration auf die ,,[...] Ausbildung in akademisch-klassizistischer Tradition
[...]"
5
entgeht Corinth der Blick auf den derzeit aktuellen französischen Impressionismus. Im
Oktober 1887 zieht er nach Berlin, wo er dem Künstlerbund Nasser Lappen beitritt. Nach
dem Tod seines Vaters 1889 baut Corinth sich vom Erbe ein Atelier in Königsberg auf. Durch
den Erhalt der Auszeichnung des Pariser Salons für ein in Königsberg entstandenes Werk,
schöpft Corinth neues Selbstbewusstsein, das ihn zurück nach München verschlägt.
6
Dort
entstehen viele Werke im Stil des Neuidealismus, deren Inhalt zwischen idyllisch anmutenden
Landschaften, mythologischen Themen und von Alkoholexzessen geprägten, skandalösen
Darstellungen variiert. Der Künstler als Mensch gilt als Bohemien, der ,,[...] trinkfest über
Kunst, Gott und die Welt diskutiert [...]"
7
. So bewegt auch Corinth sich in Künstlerkreisen
wie der Allotria und ist Mitbegründer der Münchener Sezession und der Freien Vereinigung,
wo er auf Künstler wie Lenbach, Liebermann, Uhde, Trübner, Thoma und Stuck trifft.
8
Im Herbst 1901 zieht Corinth schließlich nach Berlin, die damalige Hochburg der Moderne in
Deutschland. Trotz viel geäußerter Kritik und häufiger Darstellung in Karikaturen als ,,[...]
grobschlächtiger ,Maler-Metzger` und farbspritzender ,Pinselkraftmeier` [...]"
9
eröffnet
Corinth noch im selben Jahr mit großem Erfolg eine Malschule für Damen. Hier lernt er auch
die 22 Jahre jüngere Charlotte Berend kennen, die von seiner Schülerin zu Muse, Modell - es
2
Vgl. ebd., S. 21
3
Kat. Lovis Corinth, S. 21
4
Ebd.
5
Ebd., S. 23
6
Vgl. ebd., S. 25
7
Ebd., S. 27
8
Ebd.
9
Ebd., S. 30

4
existieren 80 Gemälde von ihr -, Ehefrau und Mutter seiner Kinder wird.
10
Nach der Hochzeit
1903 werden im darauffolgenden Jahr sein Sohn Thomas und 1909 seine Tochter Wilhelmine
geboren. Als Mitglied und zweitem Schriftführer der Berliner Secession seit 1901, zu deren
Vorsitzenden er 1911 gewählt wird, spricht Corinth sich klar gegen den aufkommenden
Nationalismus und eine strikt akademische Ausbildung aus.
11
Durch regelmäßige
Ausstellungen zeigt er Präsenz und bildet sich durch zahlreiche Reisen, unter anderem nach
Paris, Antwerpen, Holland, Florenz und Kassel, weiter. So bietet sich ihm die Möglichkeit
Rembrandt und Frans Hals genau zu studieren, die auf seine Werke großen Einfluss haben.
Als einer der erfolgreichsten und bestbezahlten Porträtkünstler Berlins bleiben Corinth freie
Entfaltungsmöglichkeiten in seinem Stil, sodass er sowohl mit dem Impressionismus als auch
mit dem Rollenporträt experimentiert.
12
Da die großen Erfolge hier ausbleiben, arbeitet
Corinth in der Öffentlichkeit weiterhin mit Großkompositionen und Salonmalerei, was der
Direktor der Bremer Kunsthalle als ,,[...] burleske Realität im mythologischen
Mummenschanz [...]"
13
kritisiert. ,,Er zeigt uns Fräulein Müller, Herrn Schulze und den
kleinen Meier in den Rollen der Olympier."
14
Was bei den Fachleuten Tadel hervorruft, wird
von der Menge gefeiert.
Nach einem Schlaganfall 1911 scheinen seine Werke emotionaler durch die Art der
Darstellung der Figuren, den Duktus und die Farbintensität. Auch ein Stilwechsel vollzieht
sich, 1917 erstmals an dem Gemälde Kain festzumachen, weg vom Impressionismus hin zum
Expressionismus.
15
Bei Ausbruch des ersten Weltkrieges 1914 schlägt Corinth sich neben
weiteren Künstlern wie Liebermann, Slevogt und Barlach auf die Seite der Kriegsbegeisterten
und erhofft sich trotz früherer, antinationaler Einstellung einen Sieg der deutschen Kunst über
die der Welt.
16
1919 bezieht Corinth mit seiner Familie ein Holzhaus am Walchensee, wo unzählige Gemälde
in der Ruhe dieses Rückzugsortes aus dem lauten Berlin entstehen. In dieser Zeit beginnt sein
Spätwerk, das sowohl Aspekte des Impressionismus als auch des Expressionismus vereint und
daher zusammenfassend als Altersstil bezeichnet wird.
17
In dieser Phase beschäftigt er sich
10
Vgl. ebd., S. 30-34
11
Vgl. ebd., S. 35
12
Vgl. ebd., S. 38
13
Zit. nach Laux 1998, S. 102
14
Ebd.
15
Vgl. Kat. Lovis Corinth 2008, S. 40
16
Vgl. ebd.
17
Vgl. ebd.

5
mit der Auflösung von Formen und in seinen regelmäßig erstellten Selbstporträts mit dem
eigenen Alterungsprozess.
Am 17.07.1925 verstirbt Lovis Corinth schließlich an den Folgen einer Lungenentzündung,
an der er auf seiner letzten Reise nach Amsterdam, wo er noch ein Mal die Werke von
Rembrandt und Frans Hals besucht, erkrankt.
18
Sein Oeuvre umfasst ,,[...] über 1.000
Gemälde und ein ähnlich großes Konvolut druckgraphischer Arbeiten, Hunderte von
Aquarellen und Tausende Zeichnungen."
19
3. Selbstbildnisse Corinths im Vergleich mit Werken anderer Künstler
Das Selbstporträt ist ein Mittel des Künstlers sich selbst in seiner ganz eigenen Wahrnehmung
abzubilden und verschiedene Rollen auszuprobieren. Vor allem aber zeigt das Selbstporträt
,,[...] schonungslos ihr eigenes Bild [...]"
20
, ihre ganz eigene Sichtweise auf sich selbst. Wie
bereits aus der Biographie hervorgeht, ist Corinth sein Leben lang daran interessiert, die
Werke anderer Künstler zu studieren, um sein eigenes Oeuvre zu bereichern. An dem
Vergleich mit Werken von Rubens, Rembrandt und Manet lassen sich stilistische und
thematische Parallelen aufzeigen, die bei der Deutung der Werke Corinths behilflich sein
können.
3.1 Selbstbildnis mit Modell
Das Gemälde Selbstbildnis mit Modell (Abb. 1) entsteht 1901 in der Technik Öl auf Leinwand
mit den Maßen 88 x 68,5 cm und befindet sich heute im Kunstmuseum Winterthur.
Das Halbfigurenporträt zeigt Lovis Corinth selbst auf der vom Betrachter aus linken und sein
Modell auf der rechten Seite. Corinth hält in seiner rechten Hand eine Farbpalette mit
verschiedenen Farben, durch die er seinen Daumen gesteckt hat, und mehrere Pinsel. In seiner
linken Hand hält er den Malpinsel, als würde er gerade in diesem Moment das Gemälde
erstellen, in dem er sich selbst befindet. Er trägt einen schwarzen Anzug, darunter eine ebenso
dunkle Weste und ein weißes Hemd. Über seiner ebenfalls weißen, mit einer Nadel fixierten
18
Vgl. ebd., S. 47
19
Ebd.
20
Mühling 2004, S. 75

6
Krawatte hat Corinth einen Schnürschlips, gebunden und schmückt sein Haupt mir einem
dunkelbraunen Hut. Sein recht detailliert herausgearbeitetes Gesicht ziert ein Schnurrbart.
Aus kleinen, blauen Augen blickt er, scheinbar auf sein nicht sichtbares Werk konzentriert,
schräg rechts am Betrachter vorbei. Die Frau zu seiner Linken lehnt sich an seine Schulter
und legt ihre Hand auf diese. Ihr dunkelgrünes Gewandt bedeckt ihre weiße Bluse, die am
Hals mit einer Brosche zusammengehalten wird. Ihre braunen, hochgesteckten Haare geben
einen goldenen Ohrring an ihrem linken Ohrläppchen preis. Der Blick der Frau ist direkt auf
den Betrachter gerichtet, den sie freundlich anlächelt. Der Hintergrund des Gemäldes ist in
dunklen Brauntönen gehalten, die auf der Seite des Modells heller werden. Rechts hinter der
Frau ist eine Ablagefläche angedeutet, auf der sich eine kleine, weibliche Skulptur und
mehrere, bunte Gegenstände befinden. Des Weiteren sind am rechten, oberen Bildrand der
Rahmen eines Gemäldes und über der Frau eine aufgehängte Öllampe auszumachen.
Allgemein sind die Farben eher in gedeckten, dunklen Tönen gehalten, lediglich die Gesichter
sind erhellt, was besonders bei Corinth von dem Weiß des Hemdes und ein wenig von der
Bluse des Modells verstärkt wird. Auch die Farbpalette tritt durch ihre helleren Farben in den
Vordergrund.
Lovis Corinth stellt sich selbst als konzentrierten Maler in einer beruflichen Situation dar.
Seine Arbeit setzt er mit Hilfe der Palette und des Malpinsels in Szene. Durch den
Halbschatten, den der Hut auf seine Augen wirft, und den Blick, der knapp am Betrachter
vorbeiführt, wirkt er noch nachdenklicher und in sich versunken. Sein leicht aufgequollenes
Gesicht ist, ebenso wie der Hals-Brust-Bereich genau ausgearbeitet. Sein Modell ist weitaus
weniger detailliert dargestellt. Ihre Kleidung ist in grobem Duktus gemalt, der verschiedene
Farben mischt, sodass die einzelnen Pinselstriche sichtbar sind. Auch die Gesichtszüge der
Frau sind sehr viel weniger ausdifferenziert als diejenigen des Malers. Hierdurch wird
deutlich, dass Corinth sich selbst und seine Malerei in den Fokus des Bildes stellen will. Die
Frau dient lediglich, wie der Titel noch einmal unterstreicht, als Modell. Sie fängt den Blick
des Betrachters auf, damit dieser sich angesprochen fühlt und das Gemälde genauer
begutachtet. Hierbei sollen dann der Künstler selbst und seine Tätigkeit in den Mittelpunkt
rücken, worauf die Farben, der Lichteinfall und die Feinheit des Pinselduktus verweisen.
,,[...] wenn sich uns nicht immer wieder der Künstler in den Weg stellte, sich in dem Maße,
wie er sich selbst thematisiert, zur Identifizierung anböte, gleichsam mit jedem Bild sein ,Ich`

7
in die Waagschale würfe [...]"
21
, so hätte der Betrachter kein Bild von dem Künstler, dessen
Werke er immer wieder eingehend studiert, und dem Menschen hinter den Werken.
3.2 Vergleich: Selbstporträt mit Palette von Manet
Das Gemälde Selbstporträt mit Palette (Abb.2) mit den Maßen 86 x 67 cm erstellt Edouard
Manet 1879 in der Technik Öl auf Leinwand. Es befindet sich heute in einer Privatsammlung.
Edouard Manet trägt eine schwarze Melone, die sein Haar halb verdeckt und einen
hellbraunen Anzug, unter dem eine schwarze Krawatte mit einer Krawattennadel sichtbar ist.
In seiner rechten Hand hält er eine Farbpalette und drei Pinsel, in der linken einen Malpinsel
mit rötlich-brauner Farbe. Der halbfigürlich dargestellte Maler richtet seinen ernsten und
konzentrierten Blick direkt auf den Betrachter. Sein Gesicht mit Vollbart ist wesentlich
genauer ausgearbeitet als der Rest des Körpers, bei dem der Pinselduktus breiter und schneller
wird. Besonders die Konturen der linken Hand und die des Anzugs scheinen ineinander
überzugehen, genau wie der dunkel gehaltene Hintergrund, der nahezu mit der Melone
verschmilzt.
Beim Vergleich der beiden Gemälde fällt zunächst auf, dass in Manets Selbstporträt mit
Palette kein Modell anwesend ist. Dies ist aber, anders als bei Corinth, nicht nötig, um den
Blick des Betrachters aufzufangen, da Manet selbst den Rezipienten anschaut. Zudem ist der
Hintergrund bei Manet frei von jeglicher Staffage, während beim Selbstbildnis mit Modell
einige, unter Punkt 3.1 bereits beschriebene Gegenstände zu finden sind. Auch der Stil ist
verschieden: Während Manet eher nass malt und die Farbe dünn aufträgt, was vor allem am
rechten unteren Bildrand auffällt, wirken die Farben bei Corinth an einigen Stellen wie der
Palette oder der Krawatte bereits pastos. Der Kleidungsstil der beiden Maler ist wiederum
ähnlich: Beide Männer tragen Anzug, Hut, Krawatte und Krawattennadel. Dies lässt sich
damit erklären, dass lediglich 22 Jahre zwischen der Entstehung der Gemälde liegen und die
Mode sich nicht so schnell verändert hat. Auch die ernsten und konzentrierten Blicke der
Künstler bilden eine Brücke zwischen beiden Werken. Beide halten in ihrer linken Hand je
einen Malpinsel, den sie gerade im erfassten Moment zur Leinwand bewegen, und in der
rechten eine Palette mit weiteren Pinseln. Außerdem legen beide Maler den Fokus ihres
Werkes auf sich selbst in ihrer Tätigkeit, besonders auf ihre Gesichter, die detaillierter
21
Hevers 2004, S. 66

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2013
ISBN (eBook)
9783956364143
ISBN (Paperback)
9783956367588
Dateigröße
2.9 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel – Kunsthistorisches Institut
Erscheinungsdatum
2015 (Januar)
Note
1,7
Schlagworte
Portrait Selbstbild Malerei Lovis Corinth Akt Porträt Bild Kunst
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