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Extremmarketing als neuer Ansatz in der Kommunikationspolitik – Einordnung, Anwendung und Potential

©2014 Bachelorarbeit 119 Seiten

Zusammenfassung

Ein österreichischer Extremsportler springt aus einer Ballonkapsel in 39 km Höhe in Richtung Erde und durchbricht die Schallmauer mit einer Geschwindigkeit von rund 1.300 km/h. Der von Red Bull gesponserte Sprung sorgte 2012 weltweit für großes mediales Interesse und lockte Millionen Menschen live vor die Fernsehgeräte und auf YouTube. Der erzielte Werbewert ist schwer zu beziffern, übersteigt die geschätzten Kosten von 50 Millionen Euro jedoch um ein Vielfaches.
Mit einer außergewöhnlichen und erlebnisorientierten Marketingstrategie hebt sich Red Bull als Marke deutlich von Wettbewerbern ab und bietet seiner Zielgruppe mehr als nur ein einfaches Konsumgut. Red Bull ist ein Vorreiter des Extremmarketings, mit dem das Unternehmen versucht, neuartige, außergewöhnliche und kreative Wege zu begehen, um sich Gehör bei seinen Zielgruppen zu verschaffen, aus der Masse herauszustechen und ein starkes Bewusstsein für die Marke zu entwickeln.

Dieser Trend resultiert aus einem starken Wettbewerb am Markt mit steigendem Marken- und Produktangebot. Die zunehmende Werbedichte führt bei Konsumenten zu einem Schwund an Aufmerksamkeit, da die Wahrnehmungs- und Verarbeitungskapazität eines Menschen begrenzt ist. Unternehmen versuchen daher, ihre Marken gegenüber Wettbewerbern noch eindeutiger zu positionieren und noch auffälliger zu inszenieren. Dies führt zu einem massiv gesteigerten Kommunikationswettbewerb mit konkurrierenden Unternehmen.

Als Reaktion auf die kommunikativen Herausforderungen haben sich in den vergangenen Jahren verschiedene erfolgreiche Marketingformen etabliert. Basierend auf dem Guerilla-Marketing stellt das Extremmarketing einen neuen Marketing- bzw. Kommunikationsansatz dar, der noch einen Schritt weiter geht als bisherige Ansätze.

Zielsetzung:

Der Begriff des Extremmarketings wurde bislang keiner kritischen und wissenschaftlichen Untersuchung unterzogen. Ziel der vorliegenden Bachelorarbeit ist die Beschreibung, Einordnung und Analyse des Extremmarketings als neuer Ansatz in der Kommunikationspolitik.
Die Schwerpunkte liegen hierbei auf der Abgrenzung zum Guerilla-Marketing, dem Einsatz des Extremmarketings in bestehenden Instrumenten und der Anwendung in der Praxis sowie dem Potential des Extremmarketings in Form von Chancen und Risiken.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Kindler, Katharina: Extremmarketing als neuer Ansatz in der Kommunikationspolitik ­
Einordnung, Anwendung und Potential, Diplomica Verlag GmbH 2015
PDF-eBook-ISBN: 978-3-95636-405-1
Herstellung: Diplomica Verlag GmbH, Hamburg, 2015
Zugl. Hochschule Pforzheim, Pforzheim, Bachelorarbeit, 2015
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http://www.diplom.de, Hamburg 2015
Printed in Germany

Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis ... I
Abbildungsverzeichnis ... II
Tabellenverzeichnis ... II
1
Einleitung ... 1
1.1
Problemstellung ... 1
1.2
Zielsetzung ... 2
1.3
Aufbau der Arbeit ... 2
1.4
Quellenarbeit ... 3
2
Problemfelder der Marketingkommunikation ... 5
2.1
Änderungen der Marktbedingungen ... 5
2.2
Änderungen der Kommunikationsbedingungen ... 9
2.3
Änderungen bei den Konsumenten ... 15
2.4
Zwischenfazit ... 18
3
Extremmarketing in der Theorie ... 20
3.1
Entwicklung und Definition ... 20
3.1.1
Entwicklung des Extremmarketings ... 20
3.1.2
Auffassungen ... 21
3.1.3
Definition ... 23
3.2
Extremmarketing in der Kommunikationspolitik ... 25
3.2.1
Merkmale und Wirkung ... 26
3.2.2
Abgrenzung zum Guerilla-Marketing ... 28
3.2.3
Extremmarketing im Kommunikations-Mix ... 31
3.3
Extremmarketing außerhalb der Kommunikationspolitik ... 38
4
Extremmarketing in der Praxis ... 41
4.1
Red Bull ... 41
4.1.1
Events ... 42
4.1.2
Sponsoring ... 45

4.2
Benetton ... 48
4.3
IKEA ... 51
4.4
Sony Bravia ... 53
4.5
Nationwide Insurance ... 56
4.6
Feed South Africa ... 57
4.7
Verbotene Extremmarketing-Kampagnen ... 58
5
Anwendung des Extremmarketings ... 60
5.1
Geeignete Zielgruppen ... 60
5.2
Geeignete Unternehmen ... 62
5.3
Geeignete Medien und Medienberichterstattung ... 63
5.4
Möglichkeiten der Erfolgskontrolle ... 66
5.4.1
Wirkung ... 66
5.4.2
Reichweite ... 68
5.4.3
Effizienz ... 69
5.5
Nachhaltigkeit ... 70
5.6
Vereinbarkeit mit Markenführung und Markenidentität ... 72
5.7
Grenzen von Extremmarketing ... 73
6
Chancen und Risiken des Extremmarketings ... 75
6.1
Chancen ... 75
6.2
Risiken ... 76
7
Fazit und Ausblick ... 78
Anlagenverzeichnis ... 80
Literaturverzeichnis ... 108

I
Abkürzungsverzeichnis
EU
Europäische
Union
GfK
Gesellschaft
für
Konsumforschung
LCD
Liquid Crystal Display bzw. Flüssigkristallbildschirm
LTE
Long Term Evolution bzw. Breitband-Mobilfunknetz
K.o.
Knockout
TV
Television
UK
Vereinigtes
Königreich
Großbritannien

II
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Wahrgenommene Austauschbarkeit von Marken ... 8
Abbildung 2: Steigende Anzahl der TV-Spots bei konstanter Sehdauer ... 12
Abbildung 3: Bruttowerbeausgaben weltweit, 2011-2017 ... 13
Abbildung 4: Einstellung zur Werbung im europäischen Vergleich ... 17
Abbildung 5: Aufmerksamkeitsdilemma ... 19
Abbildung 6: Einfluss des Extremmarketings auf den Marketing-Mix ... 25
Abbildung 7: Merkmalskompass des Extremmarketings ... 28
Abbildung 8: Übersicht Above-the-line- und Below-the-line-Instrumente ... 33
Abbildung 9: Red Bull Stratos ... 42
Abbildung 10: Red Bull Air Race ... 43
Abbildung 11: Red Bull X-Fighters ... 44
Abbildung 12: Red Bull Crashed Ice ... 44
Abbildung 13: United Colors of Benetton ,,Unhate"-Kampagne ... 49
Abbildung 14: United Colors of Benetton-Kampagnenmotive ... 50
Abbildung 15: IKEA Product Placement ... 52
Abbildung 16: Sony Bravia ,,Colour like no other"-Kampagne ... 53
Abbildung 17: Sony Bravia ,,Pyramid"-Kampagne ... 54
Abbildung 18: Sony Bravia ,,Paint"-Kampagne ... 54
Abbildung 19: Sony Bravia ,,Vulkan"-Kampagne ... 55
Abbildung 20: Nationwide Insurance ,,Life Comes at You Fast"-Kampagne . 56
Abbildung 21: Feed South Africa-Kampagne ... 57
Abbildung 22: Verbotene Extremmarketing-Kampagnen ... 59
Abbildung 23: Motiv- und Emotionsstruktur-Modell ,,Limbic" ... 61
Abbildung 24: Interaktives Plakat ... 64
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Bruttowerbeinvestitionen in Deutschland (2014) ... 13
Tabelle 2: Merkmale Guerilla-Marketing und Extremmarketing ... 30
Tabelle 3: Wirkmechanismen Guerilla-Marketing und Extremmarketing ... 30

1
1
Einleitung
1.1
Problemstellung
Ein österreichischer Extremsportler springt aus einer Ballonkapsel in 39 km
Höhe in Richtung Erde und durchbricht die Schallmauer mit einer
Geschwindigkeit von rund 1.300 km/h. Der von Red Bull gesponserte Sprung
sorgte 2012 weltweit für großes mediales Interesse und lockte Millionen
Menschen live vor die Fernsehgeräte und auf YouTube. Der erzielte
Werbewert ist schwer zu beziffern, übersteigt die geschätzten Kosten von 50
Millionen Euro jedoch um ein Vielfaches.
Mit einer außergewöhnlichen und erlebnisorientierten Marketingstrategie hebt
sich Red Bull als Marke deutlich von Wettbewerbern ab und bietet seiner
Zielgruppe mehr als nur ein einfaches Konsumgut. Red Bull ist ein Vorreiter
des Extremmarketings, mit dem das Unternehmen versucht, neuartige,
außergewöhnliche und kreative Wege zu begehen, um sich Gehör bei seinen
Zielgruppen zu verschaffen, aus der Masse herauszustechen und ein starkes
Bewusstsein für die Marke zu entwickeln.
Dieser Trend resultiert aus einem starken Wettbewerb am Markt mit
steigendem Marken- und Produktangebot. Die zunehmende Werbedichte führt
bei Konsumenten zu einem Schwund an Aufmerksamkeit, da die
Wahrnehmungs- und Verarbeitungskapazität eines Menschen begrenzt ist.
Unternehmen versuchen daher, ihre Marken gegenüber Wettbewerbern noch
eindeutiger zu positionieren und noch auffälliger zu inszenieren. Dies führt zu
einem massiv gesteigerten Kommunikationswettbewerb mit konkurrierenden
Unternehmen.
Als Reaktion auf die kommunikativen Herausforderungen haben sich in den
vergangenen Jahren verschiedene erfolgreiche Marketingformen etabliert.
Basierend auf dem Guerilla-Marketing stellt das Extremmarketing einen neuen
Marketing- bzw. Kommunikationsansatz dar, der noch einen Schritt weiter
geht als bisherige Ansätze.

2
1.2
Zielsetzung
Der Begriff des Extremmarketings wurde bislang keiner kritischen und
wissenschaftlichen Untersuchung unterzogen. Ziel der vorliegenden
Bachelorarbeit ist die Beschreibung, Einordnung und Analyse des
Extremmarketings als neuer Ansatz in der Kommunikationspolitik.
Die Schwerpunkte liegen hierbei auf der Abgrenzung zum Guerilla-Marketing,
dem Einsatz des Extremmarketings in bestehenden Instrumenten und der
Anwendung in der Praxis sowie dem Potential des Extremmarketings in Form
von Chancen und Risiken.
1.3
Aufbau der Arbeit
Um die Entstehung des Extremmarketings nachvollziehen zu können, werden
in Kapitel 2 zunächst wesentliche Problemfelder der Marketingkommunikation
untersucht.
Ausgehend davon werden in Kapitel 3 die Grundlagen des Extremmarketings
dargelegt. Neben der Entwicklung werden verschiedene Auffassungen, eine
allgemeine Definition und Merkmale vorgestellt. Des Weiteren wird auf die
Bedeutung des Extremmarketings in der Kommunikation eingegangen und der
Einsatz in bestehenden Instrumenten ausführlich erläutert.
In Kapitel 4 wird der Begriff des Extremmarketings anhand von Beispielen aus
der Praxis veranschaulicht und in Form einer Bewertung kritisch reflektiert.
Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf Red Bull, da das Unternehmen
Extremmarketing erfolgreich in der Praxis einsetzt.
Auf Basis der vorangegangenen Kapitel werden in Kapitel 5 wichtige
Fragestellungen der praktischen Anwendung von Extremmarketing diskutiert.
Untersucht wird unter anderem, für welche Zielgruppen und Unternehmen
Extremmarketing geeignet ist, welche Möglichkeiten der Erfolgskontrolle es

3
gibt, wie Extremmarketing mit der klassischen Markenführung vereint werden
kann und wo Grenzen des Extremmarketings liegen.
In Kapitel 6 werden Chancen und Risiken, die mit dem Einsatz von
Extremmarketing verbunden sind, abschließend zusammengefasst.
In Kapitel 7 findet die Arbeit mit einem Fazit und einem Ausblick ihren
Abschluss.
1.4
Quellenarbeit
Aufgrund der Aktualität und Neuartigkeit des Themas gibt es über das
Extremmarketing bislang keine wissenschaftliche Literatur. Quellen aus dem
Internet können einerseits wichtige Teilaspekte erfassen, andererseits jedoch
viele zeitgemäße Fragen nicht eindeutig beantworten. Aktuelle Meinungen und
Definitionen aus der Praxis konnten auf Basis von Expertenbefragungen
ermittelt werden.
Die Reihenfolge der aufgelisteten Experten entspricht nicht den
Fußnotenbezeichnungen und der Auflistung der Gesprächsprotokolle im
Anhang. Befragt wurden:
-
Experte 1: Professor für Werbung (Marketing-Kommunikation)
-
Experte 2: Professorin für Werbung (Marketing-Kommunikation)
-
Experte 3: Ehemalige Mitarbeiterin bei Red Bull und Lehrbeauftragte
-
Experte 4: Geschäftsführerin, Strategische Mediaberaterin und
Lehrbeauftragte
-
Experte 5: Geschäftsführer einer Agentur für alternative Werbeformen
-
Experte 6: Bereichsleiter E-Commerce
-
Experte 7: Geschäftsführer eines Beratungsunternehmens im Bereich
Dialogmarketing

4
Die Erkenntnisse aus den Interviews sind in den entsprechenden Kapiteln
integriert und durch Vermerke kenntlich gemacht. Im Anhang dieser Arbeit
sind die zentralen Leitfragen und die Gesprächsprotokolle der
Expertenbefragungen aufgeführt.

5
2
Problemfelder der Marketingkommunikation
Die Kommunikationspolitik, auch Marketingkommunikation genannt, ist eine
der vier Säulen des Marketing-Mix. Die Kommunikationspolitik umfasst die
,,systematische Planung, Ausgestaltung, Abstimmung und Kontrolle aller
Kommunikationsmaßnahmen des Unternehmens im Hinblick auf alle
relevanten Zielgruppen, um die Kommunikationsziele und damit die
nachgelagerten Marketing- und Unternehmensziele zu erreichen."
1
Hauptziel
der Kommunikationspolitik ist die attraktive Positionierung eines Angebots
und die Differenzierung gegenüber der Konkurrenz.
2
Die Rahmenbedingungen des Marketings verändern sich stetig. Die
Marketingkommunikation muss sich diesem Wandel anpassen und wird
dadurch stetig vor neue Herausforderungen gestellt. Die Gründe für diesen
Bedeutungswandel lassen sich im Wesentlichen auf folgende Veränderungen
zurückführen, welche in den folgenden Abschnitten genauer betrachtet werden.
-
Änderungen der Marktbedingungen
-
Änderungen der Kommunikationsbedingungen
-
Änderungen bei den Konsumenten
2.1
Änderungen der Marktbedingungen
Änderung in den Märkten
Bis Mitte der 1960er Jahre stand der Begriff des Marketings als Synonym für
das Verkaufen von Produkten. Es herrschte ein Verkäufermarkt vor, in dem die
Nachfrage das Angebot überstieg. Unternehmen konnten das Produkt- und
Verkaufsangebot ohne weitere Einflussgrößen steuern und mussten nur in
geringem Umfang auf Kundenbindung und Kundenbeziehungen achten. Ab
Mitte der 1960er Jahre wandelte sich die Situation von dem vorherrschenden
Verkäufermarkt zu einem Käufermarkt, in dem die Nachfrager einem sehr
großen Produktangebot gegenüberstanden. Der Engpass lag nun beim Absatz
1
Vgl. Meffert (2012), S. 606.
2
Vgl. Meffert (2012), S. 606.

6
der Produkte. Das geringe Nachfragevolumen zwang die Unternehmen
weltweit in neue Märkte einzutreten, um eine Auslastung ihrer Kapazitäten zu
gewährleisten und konkurrenzfähig zu bleiben.
3
Der Wandel vom Verkäufer-
zum Käufermarkt führte zu einer Abhängigkeit der Unternehmen von den
Konsumenten. Um diese positiv zu beeinflussen, intensivierten die
Unternehmen ihre Marketingkommunikation.
Marktsättigung
Heute gelten mindestens drei Viertel aller Branchen in den Industrieländern als
gesättigt. Kennzeichen eines gesättigten Marktes ist das weitestgehend
ausgeschöpfte Marktpotential und eine rückläufige Nachfrage der Verbraucher.
Eine Vergrößerung des Marktanteils eines Anbieters kann nur noch zu Lasten
der Wettbewerber erfolgen. Daraus resultiert eine Zuspitzung des
Konkurrenzkampfes und des Verdrängungswettbewerbes.
4
Die angebotenen Produkte sind meist ausgereift und qualitativ gleichwertig
und somit substituierbar. Unter diesen Marktbedingungen können sich
Anbieter nicht mehr auf Differenzierungsmerkmale wie innovative
Produkteigenschaften oder die objektive Qualität von Produkten berufen.
Obwohl Kommunikation als besonders geeignet gilt, um Angebote in einem
gesättigten Markt zu differenzieren und den psychologischen Nutzen für den
Konsumenten herauszustellen, stellt dies offensichtlich immer noch viele
Unternehmen vor eine große Herausforderung. Eine ähnlich formale
Aufmachung der Werbemittel und inhaltlich austauschbare Informationen
führen zu einer unwirksamem Positionierung gegenüber Wettbewerbern.
5
Fragmentierung der Zielgruppen durch Marktsegmentierung
Unter Marktsegmentierung versteht man die Unterteilung eines Marktes nach
bestimmten Kriterien in klar abgrenzbare Käufergruppen, die hinsichtlich ihres
Kaufverhaltens in sich möglichst homogen und untereinander möglichst
heterogen sein sollen.
6
Eine Segmentierung ermöglicht einen
3
Vgl. Meffert (2012), S. 6.
4
Vgl. Meffert (2012), S. 288.
5
Vgl. Kroeber-Riel, Esch (2011), S. 35ff.
6
Vgl. Meffert (2012), S. 186f.

7
zielgruppengerechten und effizienten Einsatz der Marketinginstrumente, so
dass unterschiedliche Bedürfnisse und Erwartungen einzelner Kundengruppen
angesprochen werden können.
7
Eine standardisierte, einheitliche und meist kostenintensive Massenansprache
verliert aufgrund der Zielgruppenzersplitterung häufig ihre Wirksamkeit.
Innovative, zielgruppengerechte und kreative Wege der Kundenansprache
nehmen aufgrund des Kosten-Nutzen-Verhältnisses und der Wirksamkeit einen
immer größer werdenden Stellenwert ein.
Eine Marktsegmentierung führt daher nicht nur zu einer differenzierteren
Marketingkommunikation, sondern auch zu einer Erweiterung des Produkt-
und Markenangebotes.
8
Steigende Markenanzahl
Während das Angebot an Zahnpasta in England 1950 noch vierzehn Marken
umfasste, waren es 1995 bereits 177 Varianten. Die Ausdehnung des Produkt-
und Markenangebots ist eine Folge der immer differenzierter werdenden
Kundenbedürfnisse und der Hoffnung diverser Unternehmen, diese erfüllen zu
können. Vor allem in gesättigten Märkten nimmt die Angebotsvielfalt zu.
Unternehmen besetzen einzelne Nischen, in denen die Konkurrenz schwächer
oder noch nicht vorhanden ist.
9
Allein 2013 wurden beim Deutschen Patent- und Markenamt 60.161 neue
Marken angemeldet; ein Plus von 0,5 % zum Vorjahr. Insgesamt sind damit
über 789.500 nationale Marken eingetragen.
10
Als wesentliches Problem stellt
sich heraus, dass 64 % der Konsumenten Marken als austauschbar
wahrnehmen und keine wesentlichen Unterschiede zwischen einer Marke und
ihren Konkurrenzmarken erkennen
11
, wie Abbildung 1 illustriert.
Insbesondere in der Verbrauchsgüterbranche werden Marken als austauschbar
wahrgenommen. Aus diesem Grund ist es für Unternehmen wichtig, ein starkes
7
Vgl. Bruhn (2005), S. 177.
8
Vgl. Kroeber-Riel, Esch (2011), S. 41.
9
Vgl. Kroeber-Riel, Esch (2011), S. 38.
10
Vgl. Deutsches Patent- und Markenamt (2012), URL, PDF S. 2.
11
Vgl. BBDO Consulting (2009), URL, S. 19.

8
und etabliertes Markenportfolio anzubieten und mit einem entsprechenden
Kommunikationseinsatz darauf aufmerksam zu machen.
Abbildung 1: Wahrgenommene Austauschbarkeit von Marken
Quelle: BBDO Consulting (2009), URL, S. 19.
Steigende Anzahl an Innovationen und kürzere Produktlebenszyklen
Insbesondere in gesättigten Märkten müssen Unternehmen stetig neue und
innovative Produkte anbieten, um sich von der Konkurrenz abzuheben.
Teilweise dauert es nur wenige Monate, bis ein Nachfolgeprodukt oder -modell
auf den Markt kommt, das leistungsstärker und oftmals sogar günstiger ist. Der
Einsatz moderner Vernetzungstechnologien wie Open Innovation
12
, Cloud
Computing
13
, schnellere Datenübertragungstechnologien wie LTE, aber auch
mobile Endgeräte oder soziale Netzwerke beschleunigen den
Innovationsprozess.
14
Apple veröffentlicht beispielsweise jedes Jahr ein neues iPhone-Modell.
Wettbewerber müssen deshalb sehr schnell auf Produktinnovationen von
Mitanbietern reagieren, um keine Marktanteile zu verlieren.
15
12
Open Innovation bezeichnet die Öffnung des Innovationsprozesses von Organisationen. Das
Innovationspotential wird vergrößert, indem Stakeholder dazu aufgerufen werden,
Lösungsvorschläge für Problemstellungen oder Produktinnovationen zu generieren. Vgl.
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/81584/open-innovation-v6.html, Zugriff am
29.07.2014.
13
Cloud-Computing bezeichnet den Ansatz, Informationstechnik und IT-Strukturen (z. B.
Rechenleistung, Speicherplatz), Plattformen und Software dynamisch und bedarfsgerecht
über ein Netz zur Verfügung zu stellen. Vgl. https://www.bsi.bund.de/DE/
Themen/CloudComputing/Grundlagen/Grundlagen_node.html, Zugriff am 29.07.2014.
14
Vgl. Innovationen Institut (2011), S. 2f.
15
Vgl. Fuchs, Unger (2005), S. 2.

9
Eine gemeinsame Studie des Marktforschungsinstituts GfK und der
Werbeagentur Serviceplan belegt, dass 70 % aller Neuentwicklungen im
Marktsegment der Fast Moving Consumer Goods
16
floppen. Fehlende
Kommunikation ist nur ein kleiner Teilaspekt davon. Dennoch sollte ein
ausreichendes Budget vorhanden sein, um Innovationen erfolgreich zu
bewerben. Die Studie besagt, dass ein Unternehmen mindestens 19 % des
Werbeaufkommens seiner Branche in die Kommunikation von
Neuentwicklungen investieren sollte (Share of Advertising).
Die steigende Anzahl der Innovationen und kürzer werdende
Produktlebenszyklen bewirken einen verschärften Kommunikationswettbewerb
der Unternehmen.
17
2.2
Änderungen der Kommunikationsbedingungen
Differenzierung der Medienlandschaft
Eine Folge der Marktsegmentierung ist nicht nur eine differenziertere
Marketingkommunikation, sondern auch die Differenzierung der
Medienlandschaft.
18
Fernseh- und Hörfunksender erweitern ihr Angebot
beispielsweise kontinuierlich durch die Etablierung von bezahlpflichtigen
Sendern.
19
Hinzu kommen neue internetbasierte Medien und
Kommunikationsmöglichkeiten wie E-Commerce, Blogs, Podcasting,
Kommunikation über mobile Endgeräte oder digitales Fernsehen. Sie erlauben
nicht nur eine interaktive Ausrichtung der Kommunikation, sondern erhöhen
auch die Anspruchshaltung der Konsumenten, die sich in einer abnehmenden
Unternehmensloyalität niederschlägt. Dies erhöht wiederum den
Konkurrenzdruck.
20
16
Fast Moving Consumer Goods sind Konsumgüter des täglichen Bedarfs, die sich durch eine
hohe Kaufhäufigkeit und Verbrauchsgeschwindigkeit auszeichnen. Vgl. http://www.
wirtschaftslexikon24.com/d/fast-moving-consumer-goods/fast-moving-consumer-
goods.htm, Zugriff am 29.07.2014.
17
Vgl. Serviceplan (a) (2006), URL, S. 1ff.
18
Vgl. Kroeber-Riel, Esch (2011), S. 41.
19
Vgl. Institut für Demoskopie Allensbach (2013), URL.
20
Vgl. Bruhn (2005), S. 28.

10
In Anbetracht der Möglichkeiten der Mediaplanung steigen für Unternehmen
die Optionen der einsetzbaren Kommunikationsmedien, um Konsumenten
zielgruppengenau anzusprechen. Unternehmen müssen sich auch verschiedener
Kommunikationsplattformen bedienen, um weiterhin die gleiche Menge an
Verbrauchern zu erreichen. Sie können aber auch leichter Gefahr laufen, sich
mit vielen Einzelaktionen zu verzetteln.
21
Als Folge ist mit einer geringeren
Reichweite und Streuverlusten zu rechnen.
22
Verschiebung von Offline- zu Online-Medien
Bei einer Vielzahl von Unternehmen nimmt die Online-Kommunikation längst
eine tragende Rolle ein. Das Internet hat sich als Kommunikationskanal fest im
Marketing-Mix etabliert. Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2013 zeigen,
dass rund 77,2 % der Deutschen (rund 54 Millionen) das Internet nutzen.
Zunehmende Relevanz erfährt hierbei der Zugriff auf Fernsehinhalte, sei es
über die Websites der Sender, über Mediatheken oder über Videoportale wie
YouTube.
23
Trotz der rasanten Entwicklung des Internetkonsums sind Fernsehen und
Hörfunk immer noch die Leitmedien in deutschen Haushalten. Der
Medienwandel macht sich explizit bei der jüngeren Generation, der 14- bis 29-
Jährigen, bemerkbar, die das Internet verstärkt zur Unterhaltung nutzen und zu
einem Großteil in sozialen Netzwerken aktiv sind.
24
Durch die Verschiebung von Offline- zu Online-Medien müssen
werbetreibende Unternehmen auf die sich ändernde Art der Kommunikation
der Konsumenten eingehen. Das Informationsverhalten wird schneller und
reduzierter.
25
Informationen über den Kurznachrichtendienst Twitter sind
beispielsweise auf 140 Zeichen begrenzt. Unternehmen, die sich aktiv im Netz
präsentieren und ihre ,,Inhalte auf vielfältigen Wegen und in angebots- und
zielgruppenspezifischer Aufbereitung ihren Nutzern dar[...]bieten" profitieren
von der Digitalisierung.
26
21
Vgl. Fuchs, Unger (2005), S. 6f.
22
Vgl. Gaiser (2005), S. 19.
23
Vgl. ARD/ZDF-Medienkommission (2013), URL.
24
Vgl. Kroeber-Riel, Esch (2011), S. 30.
25
Vgl. Kroeber-Riel, Esch (2011), S. 33.
26
Vgl. ARD/ZDF-Medienkommission (2013), URL.

11
Web 2.0 und User Generated Content
Die durch das Internet entstehende Transparenz verändert nicht nur das Kauf-
und Konsumverhalten der Menschen, sondern auch, wie sie über Marken
denken und mit Unternehmen interagieren. Die neue Generation der
Internetuser nutzt die medialen Möglichkeiten, um selbst Inhalte zu gestalten
(User Generated Content). Sie posten, twittern, bloggen, teilen Bilder und
produzieren Videos für die Öffentlichkeit ­ in unzähligen Communities, auf
Mikroblogs und in sozialen Netzwerken. Der vormals passive Konsument tritt
in Konkurrenz mit den Kommunikationsaktivitäten der Unternehmen und weiß
das neue Medium oftmals besser und kreativer zu nutzen als diese.
27
Steigendes Werbeangebot
Die Marktsegmentierung hat eine zunehmende Nachfrage nach
Medienprodukten hervorgerufen. Wie bereits in den vorangegangenen
Abschnitten aufgeführt, nimmt die Anzahl der Medienangebote und der
beworbenen Marken stetig zu. Eine Folge davon ist die Intensivierung der
produzierten und geschalteten Werbung.
Abbildung 2 zeigt, wie sich die Anzahl der TV-Spots und die damit
verbundene Informationsfülle in den vergangenen zwanzig Jahren entwickelt
hat. Während zu Beginn der 1990er Jahre nur rund 300.000 Spots pro Jahr
ausgestrahlt wurden, verachtfachte sich diese Zahl bis um die
Jahrtausendwende. Gleichzeitig veränderte sich die durchschnittliche Sehdauer
in den vergangenen Jahren pro Tag nur wenig.
27
Vgl. 2b Ahead ThinkTank (o.J.), URL.

12
Abbildung 2: Steigende Anzahl der TV-Spots bei konstanter Sehdauer
Quelle: Hutter, Hoffmann (2013), S. 6.
Die Werbedichte verringert nicht nur die Reichweite, es wird auch immer
teurer, gleiche Leistungswerte zu erzielen. Insbesondere Zielgruppen mit
geringem Involvement reagieren mit nachlassendem Interesse auf die vielen
Kommunikationsbotschaften.
28
Entwicklung der Werbeinvestitionen
Die Ausgaben für Kommunikation haben sich in den letzten Jahren
kontinuierlich erhöht, wie Abbildung 3 veranschaulicht.
28
Vgl. Gaiser (2005), S. 19.

13
Abbildung 3: Bruttowerbeausgaben weltweit, 2011-2017
Quelle: http://www.emarketer.com/images/chart_gifs/158001-159000/158774.gif
Tabelle 1 zeigt eine Übersicht der Bruttowerbeinvestitionen in Deutschland im
ersten Halbjahr 2014, aufgeschlüsselt nach Kommunikationskanälen.
Bruttowerbeinvestitionen
Januar - Juni 2014
Vergleich zum
Vorjahr
Fernsehen
6 Milliarden Euro
+ 8,6 %
Printwerbung
Davon
-
Fachzeitschriften
-
Zeitungen
-
Publikumszeitschriften
ca. 4,1 Milliarden Euro
198 Millionen Euro
2,2 Milliarden Euro
1,7 Milliarden Euro
0 %
­ 3,4 %
+ 0,4 %
­ 0,2 %
Online-Werbung
Davon
auf mobilen Endgeräten
1,6 Milliarden Euro
72 Millionen Euro
+ 7,3 %
+ ca. 50 %
Radiowerbung
792 Millionen Euro
­ 0,3 %
Out-of-Home-Werbung
737 Millionen Euro
+ 22 %
(nur im Juni)
Kinowerbung
46 Millionen Euro
+ 4,9 %
Tabelle 1: Bruttowerbeinvestitionen in Deutschland (2014)
Quelle: Eigene Darstellung nach The Nielsen Company (2014), URL.

14
Insgesamt liegen die Bruttowerbeinvestitionen im Zeitraum von Januar bis Juni
2014 bei rund 13,2 Milliarden Euro. Damit entfachen sie einen
Bruttowerbedruck, der gegenüber dem Vorjahr um 4,9 % anstieg. Die
Erhöhung des Werbedrucks bedeutet meist eine wachsende Konkurrenz der
Kommunikationsbotschaften und lässt damit die Kommunikationswirkung
sinken.
Sinkende Effizienz und Abnahme der Kommunikationswirkung
Eine Folge der zunehmenden kommunikativen Konkurrenz und der
Informationsüberflutung ist die verminderte Kommunikationswirkung, vor
allem der klassischen Werbung. Ein TV-Spot oder eine Anzeige ist heute
weniger wirksam als noch vor 10 oder 15 Jahren. Um die schwindenden
Medialeistungen zu kompensieren, stocken viele Unternehmen ihre Werbeetats
auf und erhöhen den Werbedruck, um sich gegen Wettbewerber zu beweisen.
Es kommt zu einer Spiralwirkung, in der die Werbedichte für den
Konsumenten stetig zunimmt, die Effizienz der eingesetzten Werbemittel aber
abnimmt. Auch in Zukunft ist von einer weiter abnehmenden Werbewirkung
auszugehen.
29
Anforderungen an die Informationsdarbietung
Aufgrund des Überflusses an Informationen bevorzugt der Konsument
,,Informationen aufzunehmen, die auffallen und griffig dargeboten werden".
30
Diesem Druck kommt die Informationsdarbietung über eine unterhaltsame und
bildhafte Ausdrucksweise entgegen. Bilder, Fotos, Zeichnungen etc. sollen im
,,Vorbeigehen" aufgenommen werden können, beispielsweise in Printmedien
oder auf Websites. Insbesondere der weniger involvierte und passive Rezipient
kann Bildkommunikation gedanklich schneller und einfacher aufnehmen und
verarbeiten als reine Textkommunikation. Bilder verfügen über ein stärkeres
Aktivierungspotential und führen zu einer höheren Erinnerungsleistung, da der
Erlebnis- und Unterhaltungswert größer ist. Die Dominanz der
Bildkommunikation bestimmt zunehmend die Erwartungen, die an die
Informationsvermittlung gestellt werden. Unternehmen müssen die sich
29
Vgl. Fuchs, Unger (2007), S. 8.
30
Vgl. Kroeber-Riel, Esch (2011), S. 26.

15
ändernden Kommunikationsbedingungen beachten und professionell und
anschaulich umsetzen, um Wirkungsverluste zu vermeiden.
31
2.3
Änderungen bei den Konsumenten
Informationsüberlastung
Sowohl die Anzahl der Medien als auch die kommunikativen Maßnahmen
verzeichnen ein stetiges Wachstum. Konsumenten sind nicht mehr in der Lage,
alle Informationen aufzunehmen, die ihnen angeboten werden. Es kommt zu
einer Informationsüberlastung des Konsumenten.
32
Das Ungleichgewicht
zwischen wachsendem Informationsangebot und der biologisch begrenzten
Aufnahmefähigkeit von Informationen wird zudem durch die Verbreitung des
Internets verstärkt. Die Informationsüberlastung der Konsumenten ist eine
gesamtgesellschaftliche Entwicklung, zu der die Werbung einen erheblichen
Beitrag leistet. Höchstens 5 % der gedruckten Werbung gelangt zum
vorhergesehenen Empfänger. Bei elektronischen Medien ist laut Kroeber-Riel
und Esch mit einer noch geringeren Prozentzahl zu rechnen.
33
Aufmerksamkeit und selektive Wahrnehmung der Konsumenten
Aufmerksamkeit beschreibt die Bereitschaft eines Individuums, Reize aus
seiner Umwelt aufzunehmen, mit der Intention eine Erinnerungsleistung
hervorzurufen. Die selektive Aufmerksamkeit ist laut Kroeber-Riel und
Gröppel-Klein eine ,,vorübergehende Erhöhung der Aktivierung, die zur
Sensibilisierung des Individuums gegenüber bestimmten Reizen führt." Stößt
der Konsument auf mehrere Werbeanzeigen, wird er lediglich auf bestimmte
Reize reagieren, diese aufnehmen und verarbeiten. Die Reizauswahl schützt
das Gehirn vor einer Überbelastung durch Reizüberflutung.
34
Der Konsument wendet seine Aufmerksamkeit willentlich bestimmten Reizen
zu, wenn er gezielt nach Informationen sucht. Aufmerksamkeit kann aber auch
31
Vgl. Kroeber-Riel, Esch (2011), S. 23-28.
32
Vgl. Esch (2005), S. 16f.
33
Vgl. Kroeber-Riel, Esch (2011), S.19-22.
34
Vgl. Kroeber-Riel, Gröppel-Klein (2013), S. 61ff.

16
automatisch vom Aktivierungspotential eines Reizes ausgelöst werden.
Intensive, das Gefühl ansprechende oder Überraschung auslösende Reize
haben grundsätzlich ein höheres Aktivierungspotential und werden eher
aufgenommen. Der Konsument ist offener gegenüber Reizen, die ihm
angenehm sind und seine Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche ansprechen.
Irrelevante oder unangenehme Reize werden benachteiligt, gemieden oder
schlechter wahrgenommen.
35
Folglich können werbetreibende Unternehmen mit aufmerksamkeitsstarker
Kommunikation mit einem hohen Aktivierungspotential die zunehmende
selektive Wahrnehmung der Konsumenten umgehen.
Werbevermeidungsverhalten
Angesichts einer begrenzten Verarbeitungskapazität gehen immer mehr
Menschen der wachsenden Werbe- und Informationsflut ganz bewusst aus dem
Weg. ,,Zapping", ,,Keine Werbung"-Sticker an Briefkästen oder Pop-up-
Blocker beschreiben den selektiven Umgang der Verbraucher mit den Medien
treffend.
36
Eine Studie der IBM Global Business Service besagt, dass 71 % der
Zuschauer Werbung im Fernsehen überspringen wollen.
37
Abbildung 4 demonstriert die Einstellung von Konsumenten verschiedener
Nationalitäten zur Werbung im europäischen Vergleich. In einer europaweiten
Studie untersuchte das Marktforschungsinstitut GfK Einstellungen und
Präferenzen der Verbraucher gegenüber Werbung in 21 Ländern. Die GfK kam
zu dem Ergebnis, dass sich alle Befragten, unabhängig von der Herkunft, mit
zu viel Werbung konfrontiert sehen. Je unterhaltsamer die Werbung jedoch
wahrgenommen wurde, desto weniger fühlten sich die Rezipienten davon
belästigt.
38
35
Vgl. Kroeber-Riel, Gröppel-Klein (2013), S. 365-368.
36
Vgl. Opaschowski (2006), S. 157f.
37
Vgl. IBM Global Business Services (2008), URL, S. 7.
38
Vgl. GfK (2003), URL.

17
Abbildung 4: Einstellung zur Werbung im europäischen Vergleich
Quelle: http://www.pressebox.de/pressemitteilung/pdf/11236/meldung.pdf
Wertewandel
Einer der wichtigsten Auslöser für die sich ändernde Haltung der Konsumenten
gegenüber Werbung ist der Wertewandel in der Gesellschaft. In den letzten
Jahrzehnten nahmen die Sensibilisierung und die kritischere Haltung der
Bevölkerung gegenüber den Kommunikationsaktivitäten der Unternehmen zu.
Konsumenten stehen einer Kommunikationsmaßnahme in erster Linie kritisch
gegenüber, wenn sie nicht ihrer persönlichen und moralischen Wertehaltung,
Überzeugung oder Norm entspricht. Dies kann Irritation und Ablehnung
auslösen und schränkt in diesen Fällen die Beeinflussungswirkung ein.
39
39
Vgl. Kroeber-Riel, Esch (2011), S. 43ff.

18
Erlebnisorientierung
Mehr als 40 % der deutschen Bevölkerung zählt sich heute zur Gruppe der
Erlebniskonsumenten. Der Erlebnischarakter bestimmt zunehmend die
Attraktivität eines Angebotes und wird zu einem immer wichtigeren
Kaufkriterium ­ insbesondere für die jüngere Generation.
40
Erlebnisorientierte
Konsumenten kaufen Marken, die Erlebnisse und Gefühle vermitteln und
weniger Produkte mit bestimmten funktionalen Eigenschaften.
41
Das Bedürfnis
nach emotionalen Konsumerlebnissen wächst. Dabei ist die entscheidende
Motivation nicht der Bedarf, sondern die Erregung und der Spaßfaktor.
42
Die Erlebnisorientierung beeinflusst auch die Kommunikation zwischen
Unternehmen und Konsumenten. Diese wollen in zunehmendem Maße
emotional, anregend und lustbetont angesprochen werden.
43
2.4
Zwischenfazit
Die Märkte befinden sich in einem ständigen Wandel und stellen
werbetreibende Unternehmen stetig vor neue Herausforderungen. Die Vielzahl
an Marken und Produkten und deren Homogenität führen zu einem starken
Konkurrenzkampf und einem Verdrängungswettbewerb der bestehenden
Unternehmen im Markt. Um sich von Wettbewerbern abzugrenzen und die
Aufmerksamkeit der Konsumenten zu gewinnen, intensivieren Unternehmen
ihre Kommunikationsaktivitäten. Verbraucher sehen sich deshalb mit einer
erheblichen Werbeflut konfrontiert. Angesichts der begrenzten
Verarbeitungskapazität reagieren die Konsumenten zunehmend mit selektiver
Wahrnehmung, Reaktanz oder Ignoranz auf die Informationsüberlastung und
den steigenden Werbedruck der Unternehmen. Das mindert sowohl die
Wirkung als auch die Effizienz der Kommunikation erheblich. Der Spaßfaktor
und der Erlebnischarakter bestimmen zunehmend die Attraktivität eines
Angebotes und beeinflussen die Kommunikation zwischen Unternehmen und
40
Vgl. Kroeber-Riel, Esch (2011), S. 45f.
41
Vgl. Esch (2005), S. 20.
42
Vgl. Opaschowski (2006), S. 152ff.
43
Vgl. Kroeber-Riel, Esch (2011), S. 45.

19
Konsumenten. Abbildung 5 fasst das Aufmerksamkeitsdilemma grafisch
zusammen.
Abbildung 5: Aufmerksamkeitsdilemma
Quelle: Eigene Darstellung nach Hutter, Hoffmann (2013), S. 6.
Um aus diesem Kreislauf auszubrechen, müssen Unternehmen neue, innovative
und außergewöhnliche Wege finden, um sich Gehör bei ihren Zielgruppen zu
verschaffen, ihre Wünsche und Bedürfnisse nachhaltig anzusprechen, aus der
Masse herauszustechen und ihre Marke eindeutig gegenüber Wettbewerbern zu
positionieren.
Als Antwort auf die kommunikativen Herausforderungen hat sich ein neuer
Trend entwickelt, das Extremmarketing. Im nachfolgenden Kapitel wird der
theoretische Ansatz des Extremmarketings vorgestellt.
Ausbruch
aus Kreislauf
Sinkende Werbebudgets
Alternative
Kommunikationsansätze
verstärke
nd
e Rückkoppl
ung
Homogene Produkte
Informations-
überlastung
Wettbewerbs-
druck
Wettbewerbsdruck
Nachlassende Werbeeffizienz
Steigender Werbedruck

20
3
Extremmarketing in der Theorie
,,Das Marketing, so wie wir es heute kennen, ist von gestern."
44
Marketingexperten bekräftigen die These, dass sich die Marketingwelt,
insbesondere die Marketingkommunikation, den Trends der Zeit anpassen
muss und somit einem ständigen Wandel unterworfen ist
.
Beständig werden
neue Gattungen und Disziplinen kreiert. Zu einem noch sehr jungen
Praxisphänomen zählt das Extremmarketing.
Ausgehend von den Problemfeldern der Marketingkommunikation werden im
Folgenden die Grundlagen des Extremmarketings dargelegt. Neben der
Entwicklung des Extremmarketings werden verschiedene Auffassungen, eine
allgemeine Definition, Merkmale und Anwendungsmöglichkeiten, mit
Schwerpunkt auf der Kommunikationspolitik, vorgestellt.
3.1
Entwicklung und Definition
3.1.1
Entwicklung des Extremmarketings
Als Reaktion auf die zunehmenden Herausforderungen der Kommunikation
haben sich in der jüngeren Vergangenheit bereits einige neue und erfolgreiche
Marketingformen etabliert, insbesondere das Guerilla-Marketing und das virale
Marketing. Im Vordergrund steht dabei nicht die Marke oder das Unternehmen,
sondern eine ungewöhnliche, innovative Idee oder eine Aktion, die für einen
dauerhaften Platz auf der Gesprächsagenda der Konsumenten sorgen soll.
45
Die Forderung nach offensiverem und aggressiverem Marketing wird lauter.
Zerr stellt sogar die Frage in den Raum, ob diese Stimmen verzweifelter
Ausdruck oder gar das Eingeständnis des Versagens herkömmlicher
Marketingansätze sind.
46
Der Wunsch der Unternehmen aus der Masse
herauszustechen, sich abzugrenzen und ein starkes Markenbewusstsein zu
entwickeln, kann von bisherigen Marketingformen nur in begrenztem Umfang
44
Vgl. Kotler (2002), Klappentext.
45
Vgl. Zerr (2005), S. 470.
46
Vgl. Zerr (2005), S. 465.

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2014
ISBN (eBook)
9783956364051
ISBN (Paperback)
9783956367496
Dateigröße
1.7 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Pforzheim
Erscheinungsdatum
2015 (Januar)
Note
1,3
Schlagworte
Marketingkommunikation PR Event Extreme Red Bull Kommunikationspolitik Grenzen Risiken Extremmarketing Extrem-Marketing Extremes Marketing Sony IKEA Benetton Werbedichte extrem Grenzüberschreitung Grenzauslotung Guerilla Marketing Virales Marketing provozierend unklassisch Alternative spektakulär Aufmerksamkeit Aktivierungspotential übertrieben unkonventionell provokativ innovativ
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Titel: Extremmarketing als neuer Ansatz in der Kommunikationspolitik – Einordnung, Anwendung und Potential
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