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Anwendung und Umsetzung von Blended Learning zur Förderung der Wissensvermittlung

©2004 Diplomarbeit 101 Seiten

Zusammenfassung

Der Umfang dieser Arbeit bezieht sich auf die didaktischen Anwendungs- und Umsetzungselemente der Blended Learning - Konzeption. Dabei wird der Schwerpunkt ausschließlich auf die Optimierung der Wissensvermittlung gelegt. Aufgrund der Komplexität, die mit dem Thema "Blended Learning" und den Bildungsbereichen verbunden ist, werden auf die wesentlichen und elementaren Aspekte des Blended Learning eingegangen.
Der Aufbau der Arbeit gliedert sich nach den relevanten Elementen, die für die Optimierung des Lernprozesses in schulischen und wirtschaftlichen Umgebungen von Bedeutung sind. Diese Erkenntnisse werden auf Blended Learning - Systeme übertragen und finden in deren Konzeptionen Anwendung. Zu Beginn werden Bereiche der Lerntheorien untersucht, die Aufschluß über Funktionen und Anforderungen von Lernprozessen an Lernumgebungen geben können. Durch lerntheoretische Ansätze sollen Aspekte für die geeignete Verwendung von Lerninhalten und Lernmethoden wie auch der Gestaltung von Lernumgebungen abgeleitet werden. Außerdem werden die Bereiche Motivation und Emotion zur lehr- und lernprozeßoptimierten Gestaltung von Lernumgebungen analysiert. Es wird weiterhin bezug auf Aspekte der Innovation sowie der Komponenten genommen, durch die Blended Learning - Konzepte umgesetzt werden können. Dazu zählt auch die webbasierte Lernumgebung, für die entsprechende Gestaltungselemente erforderlich sind. Damit verbunden ist ebenso eine auf die individuellen Bedürfnisse und Umsetzungsziele ausgerichtete Auswahl, Entwicklung und Implementierung einer geeigneten webbasierten Lernumgebung.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


I
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis ... IV
Abbildungsverzeichnis ... V
Tabellenverzeichnis ... VI
Vorwort ... 1
Abstract ... 2
1. Einleitung ... 3
2. Blended Learning ... 4
2.1 Was bedeutet Blended Learning? ... 4
2.2 Entstehung und Herkunft des Blended Learning ... 4
2.3 Definition von Blended Learning ... 5
3. Komponenten des Blended Learning ... 6
3.1 Klassisches Präsenztraining ... 6
3.2 E-Learning ... 8
4. Theorieerklärende Mechanismen des Lernprozesses ... 11
4.1 Lernen und Wissen ... 11
4.2 Die lerntheoretischen Ansätze ... 12
4.2.1 Der behavioristische Ansatz ... 12
4.2.2 Der kognitivistische Ansatz ... 14
4.2.3 Der konstruktivistische Ansatz ... 16
4.3 Bedeutung der lerntheoretischen Ansätze für die Umsetzung in
Lernumgebungen ... 18
4.3.1 Bezug zum traditionellen Präsenztraining ... 18
4.3.2 Bezug zu Lernumgebungen und deren Anforderungen ... 19
4.3.3 Konstruktivistische Aspekte bei der Gestaltung einer Lernumgebung ... 21
4.4 Aufbereitung von Lerninhalten ... 22
5. Die Rolle von Motivation und Emotion im Lernprozeß ... 23
5.1 Die Motivation ... 23
5.1.1 Das Motivational Design ... 24
5.1.2 Motivation und multimedial-unterstütztes Lernen ... 26
5.2 Emotionen ... 26
5.2.1 Der FEASP-Ansatz ... 26
5.2.2 Emotionale Gestaltungsaspekte für Lernumgebungen ... 28
6. Innovation und Blended Learning ... 31

II
6.1 Mediendidaktische Innovation ... 31
6.2 Innovationskiller ... 32
6.3 Maßnahmen gegen Innovationshindernisse ... 33
6.4 Bedeutung von Instruktion und Konstruktion in der Innovation ... 34
6.5 Integration durch Blended Learning auf mehreren Ebenen ... 35
6.6 Innovationsbarrieren überwinden durch Einsatz von Blended Learning ... 36
7. Lernen in der Unternehmenswirtschaft ... 37
7.1 Lernorganisation im Blended Learning ... 39
7.2 Anreizsysteme für die Lernende Organisation ... 40
7.3 Entwicklung von Qualifizierungskonzeptionen ... 40
7.3.1 Wissensmanagement ... 40
7.3.2 Instrumente des Wissensmanagements ... 42
7.4 Elemente erfolgreicher Organisationsentwicklungsprozesse ... 43
7.4.1 Führungskräfte ... 44
7.4.2 Kompetenzen ... 45
7.5 Projektmanagement ... 47
7.5.1 Informationsmanagement ... 47
7.5.2 Ressourcenmanagement ... 48
8. Methodische Konzeption des Blended Learning ... 50
9. Methoden des Blended Learning ... 55
9.1 Aufgabenformen ... 55
9.1.1 Geschlossene Aufgaben zum Einzellernen ... 56
9.1.2 Offene Aufgaben in kooperativem Lernumfeld - Learning Community ... 56
9.2 Design der Qualifizierungsmaßnahmen für Blended Learning - Experten ... 57
10. Didaktische Gestaltungselemente webbasierter Lernumgebungen ... 61
11. Umsetzung des didaktischen Designs in Lernumgebungen ... 64
11.1 Kriterien für die Benutzerfreundlichkeit ... 64
11.2 Der fokussierte Lernprozeß ... 65
11.3 Rhythmik und Strukturanalogie ... 65
11.4 Situative Anbindung ... 65
11.5 Die problemorientierte Methode ... 66
11.6 Individuelles Lernmanagement ... 66
11.7 Sprache und Bildschirmtext ... 66
11.8 Graphische Gestaltung ... 67

III
11.9 Sondermedien ... 68
12. Umsetzung webbasierter Lernplattformen ... 70
12.1 Learning Management System (LMS) ... 70
12.2 Content Management System (CMS) ... 72
12.3 Learning Content Management System (LCMS) ... 72
12.4 Finanzieller Rahmen eines Learning Management Systems ... 73
12.5 Blended Learning und Standards ... 74
12.5.1 Learning Objects (LO) ... 74
12.5.2 Metadaten ... 75
12.5.2.1 Learning Object Metadata (LOM) ... 76
12.5.2.2 Dublin Core (DC) ... 77
12.6 Auswahl einer Lernplattform ... 77
12.7 Entwicklung und Pflege von Web-Based-Training mit E-Learning-
Softwarehäusern ... 81
13. Schlußwort ... 84
Quellenverzeichnis ... 85
Bücher: Monographien ... 85
Bücher: Kompendien ... 85
Internet: Web-Sites ... 86
Internetquellen: Elektronische Dokumentenquellen ... 89
Stichwortverzeichnis ... 90
Anhang ... 93

IV
Abkürzungsverzeichnis
Abk. Abkürzung
bspw. beispielsweise
i.d.R.
in der Regel
bzgl. bezüglich
sog. sogenannt
ca. circa
(=ungefähr)
u.ä. und
ähnliches
d.h. das
heißt
usw.
und so weiter
et al.
und andere
v.a. vor
allem
evtl. eventuell
vgl. vergleiche
ggf. gegebenenfalls
z.B. zum
Beispiel

V
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Beispiel zur Gestaltung eines Workshops im Blended Learning ... 7
Abbildung 2: Verschiedene e-Learning-Varianten ... 9
Abbildung 3: Drei e-Learning-Varianten ... 10
Abbildung 4: Das magische Viereck mediendidaktischer Innovation ... 31
Abbildung 5: System der Lernprozeßoptimierung im Blended Learning ... 39
Abbildung 6: Das Münchner Wissensmanagement-Modell ... 41
Abbildung 7: Instrumente des Wissensmanagements ... 42
Abbildung 8: Arten von Kompetenzen ... 46
Abbildung 9: Elemente eines effektiven, handlungsorientierten Trainingsdesigns ... 50
Abbildung 10: Zunehmende Individualisierung der Lernprozesse ... 52
Abbildung 11: Sandwichprinzip ... 53
Abbildung 12: Ablauf einer Qualifikation zu E-Trainer ... 59
Abbildung 13: Die Gestaltungsebenen einer Lernumgebung ... 62
Abbildung 14: Typischer Produktionsprozeß mit einem E-Learning-Softwarehaus ... 82

VI
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Kriterienliste zur Entscheidungsfindung fertiges Produkt vs. Eigenentwicklung ... 80
Tabelle 2: Methoden der Lern- und Sozialformen ... 93

1
Vorwort
Das Thema "Blended Learning" hat in mir Interesse geweckt, weil ich in der
Auseinandersetzung mit dieser Materie die Möglichkeit gesehen habe, Vorteile und
Gestaltungselemente einzelner Bildungsbereiche, die für eine Optimierung des Lernprozesses
im schulischen und wirtschaftlichen Umfeld von Bedeutung sein können, zu untersuchen und
darzustellen. Obwohl das Konzept des Blended Learning keine Lösung für alle
Problemstellungen und Anforderungen hinsichtlich Lernumgebungen bieten kann, erfolgt mit
dieser Innovation eine Annäherung der Optimierung von Bildungselementen. Diese Arbeit
verfolgt auch das Ziel, die Entwicklung geeigneter Konzeptionen in verschiedenen
Bildungsbereichen zu unterstützen, damit für nachfolgende Lerngenerationen eine effizientere
Grundlage bzgl. des Lernprozesses geschaffen werden kann.
Ich möchte darauf hinweisen, daß in dieser Arbeit gemäß der gesetzlichen Übergangsfirst bis
Juli 2005, die "alte" Rechtschreibung verwendet wurde.
Ich möchte mich bei Herrn Prof. Geribert E. Jakob unter anderem dafür bedanken, daß er in
seinen Vorlesungen Blended Learning - Aspekte berücksichtigt und integriert hat und aufgrund
dessen mir sowie anderen Kommilitonen die Möglichkeit für eine entsprechende
Lernprozeßoptimierung gegeben wurde.

2
Abstract
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Darstellung des Blended Learning -
Ansatzes, der durch die Kombination von Präsenztraining und E-Learning eine
Optimierung für die Wissensvermittlung erzielt. Die Ausrichtung der Intensität und Art
des Medieneinsatzes in webbasierten Lernumgebungen wird in drei Varianten des E-
Learning veranschaulicht. Zusammen mit den Anforderungen und
Gestaltungsmaßnahmen, die durch lerntheoretische Ansätze beschrieben werden, ist es
für Bildungsanbieter und Entwickler von webbasierten Lernumgebungen möglich, eine
Lernumgebung zu erstellen, die für verschiedenste Lernziele bzw. Umsetzungsabsichten
geeignet sind. Damit eine Umsetzung einer webbasierten Lernumgebung erfolgen kann,
ist die Aufbereitung der Lerninhalte von Lehrenden und Bildungsanbietern nach der
Pullperspektive (Holschuld) zu organisieren. Des weiteren besteht die Erkenntnis, daß
die Berücksichtigung von Motivations- und Emotionselementen für die Gestaltung und
Umsetzung von Lernumgebungen einen massiven Einfluß auf den Lernprozeß ausüben
können. Mit Hilfe von Motivations- und Emotions-Ansätzen ist es möglich, die
Konzentration auf Lerninhalte zu verstärken und dabei Störungsbereiche auszuschalten
bzw. zu umgehen. Die Integration von Lernmethoden und neuen Medien sowie neuer
Lernstrukturen in bestehende Organisationen stellen Innovationen dar, denen in der
praktischen Umsetzung allgemeine und spezielle Hindernisse entgegenstehen. Durch
entsprechende Maßnahmen und dem Einsatz von Blended Learning - Komponenten auf
der normativen, strategischen und operativen Ebene können die Innovationsbarrieren
überwunden werden, womit die Lernprozeßoptimierung durch die Integration und
Strukturierung von Organisationen erleichtert wird. Das Wissensmanagement stellt ein
wichtiges Instrument der Blended Learning - Konzeption dar und konzentriert sich auf
die Wissensrepräsentation, -kommunikation, -generierung und Wissensnutzung in
Organisationen. Die Betrachtung richtet sich einerseits auf das Lernen der einzelnen
Person (mit der Förderung des individuellen Lernens) und andererseits auf das Lernen
der Organisation selbst (mit der Förderung des organisationalen Lernens, durch die
Sicherung von Wissensbasis und Wissenstransfer). Um eine vorhandene
Organisationsstruktur nach diesen Gesichtspunkten (für eine Lernprozeßoptimierung)
umzugestalten, kommt das handlungsorientierte Training sowie deren
Gestaltungsaspekte zum Einsatz. Für Lehrende und Führungskräfte sind
Qualifizierungsmaßnahmen zur Lernprozeßoptimierung notwendig, um das didaktische
sowie methodische Wissen eines Blended Learning - Experten zu entwickeln und
eigene Handlungsroutinen verändern zu können. Die Grundlage der
Wissensorganisation stellt die Lernplattform da, deren Gestaltungselemente nach
benutzer- und lernprozeßgerechten Kriterien auszurichten sind, was besonders für
Bildungsanbieter von Bedeutung ist. Damit eine Sicherung der Verwendung,
Austauschbarkeit und Wiederverwendbarkeit von Lerninhalten über verschiedene
Lernplattformen sowie Systemen hinweg gewährleistet werden kann, kommen
Lernobjekte und Lernmanagement - Systeme mit geeigneten Standardisierungen zum
Einsatz. Auf diese Weise wird auch den Lernenden die Möglichkeit gegeben,
ortsunabhängig und über verschiedene Systemarten hinweg auf die Lernumgebung
zuzugreifen. Verantwortliche für die Bereitstellung von webbasierten Lernumgebungen
müssen neben diesen Kriterien auch Aspekte für die individuelle Verwendung einer
Lernplattform bei der Auswahl oder Entwicklung beachten.

3
1. Einleitung
Der Umfang dieser Arbeit bezieht sich auf die didaktischen Anwendungs- und
Umsetzungselemente der Blended Learning - Konzeption. Dabei wird der Schwerpunkt
ausschließlich auf die Optimierung der Wissensvermittlung gelegt. Aufgrund der Komplexität,
die mit dem Thema "Blended Learning" und den Bildungsbereichen verbunden ist, werden auf
die wesentlichen und elementaren Aspekte des Blended Learning eingegangen.
Der Aufbau der Arbeit gliedert sich nach den relevanten Elementen, die für die Optimierung des
Lernprozesses in schulischen und wirtschaftlichen Umgebungen von Bedeutung sind. Diese
Erkenntnisse werden auf Blended Learning - Systeme übertragen und finden in deren
Konzeptionen Anwendung. Zu Beginn werden Bereiche der Lerntheorien untersucht, die
Aufschluß über Funktionen und Anforderungen von Lernprozessen an Lernumgebungen geben
können. Durch lerntheoretische Ansätze sollen Aspekte für die geeignete Verwendung von
Lerninhalten und Lernmethoden wie auch der Gestaltung von Lernumgebungen abgeleitet
werden. Außerdem werden die Bereiche Motivation und Emotion zur lehr- und
lernprozeßoptimierten Gestaltung von Lernumgebungen analysiert. Es wird weiterhin bezug auf
Aspekte der Innovation sowie der Komponenten genommen, durch die Blended Learning -
Konzepte umgesetzt werden können. Dazu zählt auch die webbasierte Lernumgebung, für die
entsprechende Gestaltungselemente erforderlich sind. Damit verbunden ist ebenso eine auf die
individuellen Bedürfnisse und Umsetzungsziele ausgerichtete Auswahl, Entwicklung und
Implementierung einer geeigneten webbasierten Lernumgebung.

4
2. Blended Learning
2.1 Was bedeutet Blended Learning?
Im Bereich der Entwicklung (und Veränderungen) der Formen und Strukturen von Lehr-
und Lernarrangements gibt es keine einheitliche Definition für "Blended Learning". Deshalb
muß die Entstehung bzw. Entwicklung berücksichtigt werden, aus der diese Form der
Wissensvermittlung hervorgegangen ist. Der Ursprung ist im Bereich des E-Learning
(Electronic Learning) zu suchen, da Blended Learning angesichts seiner Entstehungsgeschichte
eine eigenständige Form des E-Learning darstellt. [Rein03, p. 30] W. Knock (2003) beschreibt
Blended Learning als eine "Kombination von Web-Based Learning und Präsenzveranstaltung".
Bei der Anwendung dieser Lernkonzeption sollen jeweils die Vorteile beider Lehr- und
Lernformen miteinander kombiniert werden mit dem Ziel, eine Optimierung für die Lehrenden
und Lernenden zu erreichen. [Knoc03, p. 18] Speziell auf Bildungsanbieter kommen heutzutage
in bezug auf die Arbeits- und Qualifizierungswelt besondere Anforderungen zu. Um bei
Lernenden die Selbststeuerung und Problemorientierung des Lernens zu fördern, wird die
Möglichkeit einer Ergänzung bzw. Bereicherung der klassischen Lernformen durch eine
Verbindung mit E-Learning zunehmend herangezogen, wobei der Blended Learning - Ansatz
von zentraler Bedeutung ist. [SaSaBe04, p. 68]
2.2 Entstehung und Herkunft des Blended Learning
Ähnlich den Begriffen "E-Learning", "E-Commerce" usw., die durch häufigeren Gebrauch
zu Modewörtern wurden, stellt "Blended Learning" eine Wortneuschöpfung dar. Um eine
nähere Vorstellung darüber zu bekommen, was der Begriff beinhaltet, ist eine grundlegende
Abgrenzung zur Bedeutung von Blended Learning anzustellen. Die Herkunft des Blended
Learning begründet sich darin, E-Learning in Hochschulen und Unternehmen zu etablieren.
Nachdem die Erwartung auf die Virtualisierung der Bildung /Weiterbildung enttäuscht wurde
und die Erkenntnis aufkam, daß E-Learning die herkömmlichen, traditionellen
Bildungsmethoden nicht ersetzen kann, entwickelte sich das Bewußtsein auf eine Kombination
in Richtung des gemischten, hybriden Lernens. Dieser Ansatz bezieht sich auf einen
Methodenmix aus Präsenzveranstaltung und dem Einsatz des elektronischen bzw. webbasierten
Lernens. Aus diesem Hintergrund wurden Ideen und Strukturen für eine "ideale Mischung" aus
klassischen und neuen Lernorganisationsformen, Methoden und Medien entwickelt.

5
Der Begriff "Blended Learning" wird direkt mit "vermischtes Lernen" übersetzt. In einer
Veröffentlichung der Stuttgarter Zeitung (2002) wird hinsichtlich der Wortkreation der
Vergleich angestellt, daß ähnlich der Produktion von Blended Whiskey, bei der verschiedene
Sorten zusammengemixt werden, beim Blended Learning verschiedene Lernformen und -
medien miteinander verknüpft werden. Tatsächlich entstammt der Begriff "Blended Learning"
einer Recherche der Journalisten dieser Zeitung (Joachim Vögele und Joschka Remus, 2002)
zufolge einem Streit zwischen klassischen Trainern und technikorientierten Tele-Trainern,
wobei die beiden Parteien auf dem Treffen des weltgrößten Trainerverbandes ASTD (American
Society for Training and Development) in Florida bzgl. der Wertschätzung der jeweiligen
Richtungen nicht konform gingen. Der Begriff "Blended Learning" sollte eine Gleichwertigkeit
dieser jeweiligen Richtungen des neuen E-Learning und des traditionellen Face-to-Face-Lernens
(Lernen auf der Basis von Präsenzveranstaltungen) vereinigen. [Rein03, pp. 28-29]
2.3 Definition von Blended Learning
Gemäß Sauter, Sauter und Bender (2003) ist "Blended Learning (engl. blender = Mixer) ein
integriertes Lernkonzept, das die heute verfügbaren Möglichkeiten der Vernetzung über Internet
oder Intranet in Verbindung mit klassischen Lernmethoden und -medien in einem sinnvollen
Lernarrangement optimal nutzt. Dieses Lernkonzept "ermöglicht Lernen, Kommunizieren,
Informieren und Wissensmanagement, losgelöst von Ort und Zeit in Kombination mit
Erfahrungsaustausch, Rollenspiel und persönlichen Begegnungen in klassischen
Präsenztrainings." [SaSaBe04, p. 68] Reinmann-Rothmeier (2003) definiert Blended Learning
als "die ideale Mischung aus klassischen und neuen Organisationsformen, Methoden und
Medien: Face-to-Face-Arrangements (wie Seminare und Konferenzen) werden mit asynchronen
und synchronen Medienarrangements verknüpft; Intra-, Internet, CBT (Computer Based
Training) und WBT (Web Based Training), Audio und Video, Handouts und Bücher haben
ihren gleichberechtigten Platz; Selbstlernphasen wechseln mit Situationen, in denen der
Lehrende den Ton angibt, und daneben gibt es Trainer-Lerner-, Lerner-Mentor-, Peer-to-Peer
oder Team-Lernsituationen; kurz: Alles ist möglich." [Rein03, p. 28]
Für Blended Learning werden auch Begriffe als Synonyme verwendet, welche die
Eigenschaften dieser Form ausdrücken sollen: "Distributed Learning und Integrated Learning"
z.B. bringen zum Ausdruck, daß die Lehr- und Lerninhalte auf mehrere Medien verteilt und
integriert werden. Dies entspricht (technisch und methodisch betrachtet) nicht einfach einer
additiven Aneinanderreihung, vielmehr bedarf es einer Abstimmung auf verschiedenen Ebenen,
um eine Verbindung in einem gemeinsamen Konzept zu schaffen. Die Grundidee des "Flexible
Learning" liegt in der besonderen Eigenschaft, sich an verschiedene Kontextbindungen
anzupassen, auf gegenwärtige situative Bedingungen reagieren und hinreichend flexibel sein zu
können. "Hybrid Teaching" stellt schließlich die englische Fassung des "hybriden
Lernarrangements" dar, welches hauptsächlich von Michael Kerres, dem Herausgeber von
Hohenstein und Wilbers (2002), gefordert wird. [Rein03, pp. 29-30]

6
3. Komponenten des Blended Learning
Wie schon beschrieben (Kapitel 1.1 und 1.2), werden beim Blended Learning traditionelle
Lernformen und neue Lernformen miteinander kombiniert, um die Vorteile aus beiden für eine
optimale Wissensvermittlung zu nutzen, sowie die effektivsten Methoden herauszufiltern und zu
verknüpfen. Für die Erläuterung der beiden Komponenten des Blended Learning (klassisches
Präsenztraining und E-Learning) wird auf diese in den nächsten zwei Kapiteln näher
eingegangen.
3.1 Klassisches Präsenztraining
Die traditionellen Lernformen beziehen sich auf die in schriftlicher Form festgehaltenen
Lehr- und Lerninhalte (hierzu zählen bspw. Bücher, Zeitschriften, Skripte, allgemeine und
spezielle Verfassungen usw.) und das Präsenztraining (wie z.B. Frontalunterricht, Vorlesungen,
Rollenspiele, Seminare usw.). Die wohl bekannteste und in Bildungsstrukturen etablierteste
klassische Unterrichtsform ist der Frontalunterricht. Nach K. H. Flechsig (1996) stellt der
Frontalunterricht eine (v.a. im schulischem Bereich verbreitete) Methode der
Wissensvermittlung auf Basis lehrergesteuerter Gespräche dar, die durch Anschauungsmittel
unterstützt werden. Primäre Aufgabe dieser Unterrichtsform ist die Vermittlung
fachspezifischen Orientierungswissens. Der Lernende kann durch Fragen oder Beteiligungen
nur einen geringen Einfluß auf den Unterrichtsprozeß ausüben und nimmt eine eher passive
Rolle ein. Die drei didaktischen Prinzipien des Frontalunterrichts stellen das lehrergesteuerte
Lernen (der Lehrende leitet den Lernprozeß durch sprachliche Anweisungen an), das Lernen im
Klassenverband (dem Lernenden werden relativ standardisierte Lernangebote gegeben, die mit
den anderen Lernenden geteilt werden), sowie das thematisch orientierte Lernen (das
Orientierungswissen über ein Stoffgebiet bildet das Zentrum) dar. Der Frontalunterricht wird in
fünf Phasen gegliedert. In der ersten Phase (Orientierungsphase) wird eine Verbindung
hergestellt zwischen dem bereits vorhandenen Wissen und dem neuen Themengebiet. In der
nächsten Phase, der Rezeptionsphase, werden die neuen Lerninhalte in geordneter Weise vom
Lehrenden vorgestellt. Die dritte Phase ist die Interaktionsphase, in der die Lerninhalte von den
Lernenden in ihren Wissenszusammenhang herausgearbeitet und integriert werden. In der
Festigungsphase sollen die vermittelten Kenntnisse geübt werden mit dem Ziel, diese sicher
wiedergeben zu können. Schließlich werden in der Anwendungsphase die erworbenen
Kenntnisse und Fertigkeiten auf neue Themengebiete übertragen (Transfer). [Stan91]
Aufgrund der intensiven Vorbereitung selbstgesteuerter Lerngruppen entsprechen die
Präsenzphasen des Blended Learning eher dem Charakter von Workshops. Der Lehrende
fungiert in dieser Umgebung vielmehr als Moderator, der Präsentationen entgegennimmt und
bewertet und zudem aufgrund seiner Erfahrungen den Lernprozeß der einzelnen Lernenden
bzw. Gruppen unterstützt.

7
Die Präsenzphasen geben den Lernenden die Möglichkeit, offene Fragen zu stellen und
erarbeitete Lösungen zu präsentieren. Darauf aufbauend können Übungen zur Förderung der
Handlungskompetenz durchgeführt werden. Die Präsenzveranstaltungen erlauben ebenfalls die
Vermittlung von weiterführendem Wissen, welches aktuelle Inhalte oder Bereiche umfaßt, die
über eine webbasierte Lernumgebung nur schwer abzubilden sind. Besonders bei
handlungsorientierten Lernprozessen hat sich die Zusammenstellung der Präsenzphasen mittels
der Möglichkeiten aus den Lern- und Sozialformen bewährt. [SaSaBe04, pp. 106] Nähere
Erläuterungen über die Zusammenhänge für diese Gestaltung der klassischen Präsenzphasen in
der Blended Learning - Konzeption werden in den nachfolgenden Kapiteln gegeben. Der
Aufbau einer Präsenzphase des Blended Learning - Konzeptes wird in der folgenden Abbildung
als Beispiel veranschaulicht.
Abbildung
1
: Beispiel zur Gestaltung eines Workshops im Blended Learning
Quelle: [SaSaBe04, p. 146]
Das "Blitzlicht" stellt eine Lern- und Sozialform dar, die für die Planung von erfolgreichen
Lernprozessen und insbesondere in Verbindung mit handlungsorientierten Lernprozessen
eingesetzt werden können. Weitere Lern- und Sozialformen für den Einsatz in Präsenzphasen
werden als Tabelle im Anhang kurz erläutert.

8
3.2 E-Learning
Wie auch beim Begriff des Blended Learning gibt es für E-Learning keine allgemein gültige
Definition. Es bestehen vielmehr mehrere Formen des E-Learning mit jeweils unterschiedlichen
Anforderungen im Hinblick auf die Anwender (Lehrende und Lernende). E-Learning ist als
Abkürzung von "electronic learning" bzgl. der Bedeutung einem ständigen Wandel unterzogen.
Im frühen Einsatz von E-Learning wurde mit diesem Begriff die Unterstützung des Lernens mit
Hilfe der Medien (z.B. satellitengestütztes Lernen, Lernen per interaktivem TV, CD-ROM und
Videobänder) gemeint. Mit dem Einzug des Internets wurde diese Anwendung erweitert und als
Überbegriff für alle Arten des medienunterstützten Lernens verwendet. Heutzutage schließt E-
Learning den Gebrauch von installierter Software (Lernprogramme, CD-ROM), sowie auch das
Lernen über das Internet mit ein. E-Learning ist damit als ein Begriff für das
softwareunterstützte Lernen zu sehen, wobei das Medium für die jeweilige Anwendung variabel
sein kann (bspw. Computer, Handy usw.). [Re03, p. 31] Diese Medien werden als "neue
Medien" bezeichnet und stellen alle Verfahren und Mittel dar, die durch digitale Technologie
(computerunterstützt) weiterentwickelte Formen der Verarbeitung, Speicherung und
Übertragung von Informationen, sowie moderne Kommunikationsformen ermöglichen.
[Boll98, p.12] Sie können entsprechend ihren Möglichkeiten in drei Leitfunktionen für das E-
Learning eingeteilt werden, welche den Lernenden und seinen Lernprozeß jeweils in
unterschiedlicher Art und Weise beeinflussen.
Beim "E-Learning by distributing" geht es um die Verbreitung und Bereitstellung von
Informationen auf Grundlage der neuen Medien. Der Lernende erhält die Möglichkeit, die
elektronischen Informationen aufzunehmen, selbstgesteuert zu verinnerlichen und letztendlich
anzuwenden. Auf der Grundlage der Verteilung und Distribution von Informationen ist es für
einen optimalen Lernprozeß notwendig, die Informationen mittels multimedialem Einsatz
lernfreundlich zu gestalten. Für die Lernenden ergeben sich hohe Anforderungen in bezug auf
Selbststeuerung im Lernprozeß und Medienkompetenz. Des weiteren müssen Voraussetzungen
für die Lernenden bestehen, sich selbst bzgl. der Lerninhalte motivieren zu können und
entsprechendes Vorwissen für die Bearbeitung zu besitzen bzw. sich anzueignen.
Als weitere Form des E-Learning bietet das "E-Learning by interacting" Lernenden die
Möglichkeit, Lerninhalte mittels technisch angeleiteter Unterstützung zu verarbeiten und die
Verinnerlichung wie auch Festigung der Inhalte durch Übungen oder auch Spiele
selbstorganisiert durchzuführen. Die neuen Medien übernehmen dabei die Funktion, eine
Interaktion zwischen dem Lernenden und dem System bereit zu stellen. Zusätzlich zur
erforderlichen lernfreundlichen Informationsgestaltung wird in dieser Variante auch eine
professionelle Gestaltung von Instruktionen, Übungen, Aufgaben und Rückmeldungen benötigt.
Die Anforderungen gegenüber dem Lernenden sind wegen den bereits aufbereiteten
Informationen und der für Aufgabenbearbeitung und Übungen bereitstehenden Lernumgebung
eher gering gehalten. Die Konzentration beschränkt sich somit auf die Selbstmotivation und
Fähigkeit zur Selbstorganisation.

9
Beim "E-Learning by collaborating" haben die neuen Medien die Funktion, eine
Zusammenarbeit der Lernenden ortsunabhängig voneinander zu ermöglichen, um in einem
Prozeß des sozialen Problemlösens schneller an Ergebnisse und Lösungen zu gelangen. Aus der
Sicht der Lernenden besteht so die Möglichkeit, in einer kollaborativen Lernumgebung neues
Wissen zu konstruieren, wobei dies in eigenständiger Form stattfindet. Um die Lernprozesse der
einzelnen Lernenden sowie Gruppenarbeiten zu unterstützen, wird der Einsatz eines Lehrenden
in der Rolle als Moderator oder Coach herangezogen. In einer kollaboratorischen
Lernumgebung sind neben didaktisch aufbereiteten Informationen, Instruktion und Aufgaben
ebenso inhaltliche und soziale Kontexte zur Verfügung zu stellen. Die Anforderungen an
Lernende sind bei dieser Variante wegen der für die Kollaboration zwischen Lernenden
erforderlichen hohen Medienkompetenz, Selbststeuerungsfähigkeit und benötigten sozialen
Kompetenz sehr hoch. [Re03, pp. 31-34]
Abbildung
2
: Verschiedene e-Learning-Varianten
Quelle: [Re03, p. 33]
Die abgebildeten drei Varianten des E-Learning stellen unterschiedliche Anforderungen
einerseits an die Gestaltung der E-Learning-Umgebung und damit an die Fähigkeiten der
Mediengestalter und der Lehrenden und andererseits an die Lernprozesse und damit an die
Voraussetzungen, die von Lernenden gefordert werden. Beide Aspekte sind für eine Umsetzung
einer Lernumgebung von großer Bedeutung, obwohl sie im praktischen Einsatz oftmals zu
wenig Beachtung finden. Die folgende Abbildung dient als Zusammenfassung und Übersicht
über die Eigenschaften und Anforderungen der jeweiligen E-Learning-Varianten. [Re03, p. 33]

10
Abbildung 3: Drei e-Learning-Varianten
Quelle: [Re03, p. 35]

11
4. Theorieerklärende Mechanismen des Lernprozesses
4.1 Lernen und Wissen
Lernen entspricht einem aktiven Prozeß, bei dem sich die Lernenden mit der Umwelt
auseinandersetzen, um eine relativ dauerhafte Veränderung (bzw. Erweiterung) der Fähigkeiten
und Fertigkeiten zu erzielen. Das verinnerlichte Wissen ist dabei das direkte Ziel und Ergebnis
des Lernens und wird als ein komplexes, vernetztes und dynamisches System verstanden.
Wissen kann allgemein gesehen in zwei Formen aufgeteilt werden, dem expliziten und dem
impliziten Wissen. Während das explizite Wissens in sprachlicher Form festgehalten werden
kann, ist das implizite Wissen laut Bullinger (1997) eher aktionsgebunden und äußerst
subjektiv. Nach Sauter, Sauter und Bender (2004) bewirkt das individuelle Lernen eine
Zunahme sowohl des expliziten, wie auch des impliziten Wissens, sowie eine Veränderung der
Handlungsmuster des einzelnen. [SaSaBe04, p. 73]
Aus den beiden Wissensformen (explizites
Wissen, implizites Wissen) bilden sich drei wesentliche Wissensarten heraus: 1. Deklaratives
Wissen (Faktenwissen - knowing that, existiert explizit), 2. Konzeptuelles Wissen
(Konzeptwissen - knowing how, existiert explizit) und 3. Prozedurales Wissen (Strategiewissen
- know-how, existiert implizit).
1. Deklaratives Wissen stellt ein Faktenwissen dar, das explizit im Gedächtnis
vorhanden ist, und auf das bei Bedarf zugegriffen werden kann. Fakten zu einem
Problembereich sind als grundlegendes Basiswissen zu verstehen, das sich durch
darauf aufbauendes Wissen erweitert. Deklaratives Wissen kann entweder als
Inhalt einer sprachlichen Äußerung oder einer graphischen Darstellung dargestellt
werden.
2. Als konzeptuelles Wissen bezeichnet Anderson (1996) das Faktenwissen, das
generell hierarchisch organisiert und miteinander vernetzt ist. Die Repräsentation
dieses Wissens kann in Form von semantischen Netzwerken, Schemata oder
Kategorien erfolgen. [Holz+01a, p. 61-65]
3. Prozedurales Wissen, das sich aus dem Können, den Fähigkeiten und den
Kompetenzen des einzelnen bildet, wird eingesetzt, um Lösungen für bestimmte
Problemstellungen zu entwickeln. Das prozedurale Wissen kann erst mittels
Metaphern, Bildern, Analogien und Simulationen in explizites Wissen umgeformt
und somit zu einem beschreibbaren Wissen werden. [SaSaBe04, p. 73]
Zum didaktischen Design etablierte sich in literarischen Arbeiten zunächst die
Unterscheidung zwischen deklarativem und prozeduralem Wissen. Weiterhin ist das
konzeptuelle Wissen für situierte Ansätze des didaktischen Designs von großer Bedeutung
(vgl. Tennyson & Rasch, 1988). [Kerr01]

12
4.2 Die lerntheoretischen Ansätze
Damit der Lernprozeß in einem Blended Learning - Konzept beeinflußt oder deren
Rahmenbedingungen gestaltet werden kann, ist es erforderlich einen Überblick über die
lerntheoretischen Ansätze zu bekommen. Die Ansätze ermöglichen es, diejenigen Variablen
herauszufiltern, die für eine Optimierung des Lernprozesses sowie auch deren Lernumgebung
erforderlich sind.
Keine wissenschaftliche Lerntheorie kann alle Veränderungen von Wissen und Können auf
den verschiedenen Komplexitätsstufen darstellen. Deshalb nehmen die folgenden drei
lerntheoretischen Ansätze des Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus zur
annähernden Beschreibung eine wichtige Rolle ein. Die Reihenfolge der Lerntheorien gibt die
chronologische Entwicklung wieder, in der keine gegenseitige Verdrängung der Theorien
erfolgt. Dieser Umstand läßt sich dadurch erklären, daß in der Praxis unterschiedliche
Lernprozesse vorhanden sind, die sich je nach Einzelfall entweder durch behavioristische,
kognitivistische oder konstruktivistische Ansätze theoretisch erklären lassen. Deshalb ist die
Kenntnis dieser Lerntheorien und der Bezug zu bestimmten Lernkonzepten für die Gestaltung
von Lernwelten, wie auch dem Design elektronischer Lernangebote notwendig.
[Rein03, pp. 35-36] Anhand der Lerntheorieansätze soll deutlich gemacht werden, unter
welchen Voraussetzungen der menschliche Lernprozeß funktioniert. Diese Ansätze stellen auch
die Basis für eine Optimierung von problemorientierten Lernstrukturen dar, die in Blended
Learning - Konzeptionen angewendet werden.
4.2.1 Der behavioristische Ansatz
Die Grundlage des Behaviorismus wird vom Objektivismus gebildet. Das Wissen wird als
externes Objekt dargestellt, welches für jeden Menschen in gleicher Form aufgenommen und
verstanden wird. Der Lernende wird als sog. Black-Box (passiver Behälter, bzw. nicht
einsehbarer Bereich) betrachtet, in der Informationen aufgenommen und ebenso wiedergegeben
werden können. Menschliches Verhalten ist gemäß dem Behaviorismus ausschließlich auf eine
Reiz-Reaktionsverbindung beschränkt. [Stan04a] Im Behaviorismus gibt es zwei führende
Theorien, die "klassische Konditionierung" und das "instrumentelle Lernen". Die Theorie des
"klassischen Konditionierens" nach Pawlow besagt, daß einem natürlichen, meist angeborenem
Reflex (z.B. auf einen Hund übertragen, das Hungergefühl beim Anblick von Futter) ein neuer
bedingter Reiz (z.B. Alarmglocke) zugefügt werden kann. Durch den bedingten Reiz wird die
gleiche Reaktion hervorgerufen wie durch den natürlichen, unbedingten Reiz (d.h. der Alarmton
führt auch zum Hungergefühl). Bedingung dafür ist die zeitliche Koppelung, was bedeutet, daß
der natürliche Reiz und der noch unbedingte Reiz kurz aufeinander erfolgen müssen, damit die
Konditionierung erfolgreich ist. [Stan04b]

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Beim "instrumentellen Lernen" nach Skinner entscheiden die Konsequenzen (Verstärker), die
dem Verhalten folgen, über dessen zukünftiges Auftreten. Lerneffekte sind bedingt durch ihre
Konsequenzen. Durch positive Verstärkung i. S. einer Belohnung kann z.B. Verhalten
aufgebaut werden, während Bestrafung zum Unterlassen eines Verhaltens führt. Bei der
Verwendung der "operanten (= instrumentellen) Konditionierung" konnte die Erkenntnis
gemacht werden, daß der Lerneffekt am größten ist, wenn eine Belohnung unmittelbar nach
einem gewünschten Verhalten erfolgt.
Skinner verfolgte die Entwicklung des "Programmierten Lernens" auf Grundlage
behavioristischer Methoden und formulierte entsprechende Gestaltungsregeln. Diese Regeln
dienten über eine lange Zeit vielen Entwicklern als Wegweisung für weitere Lernprogramme
und Unterrichtseinheiten und wurden dann als "Programmierter Unterricht" (PU),
"Programmierte Instruktion" (PI) und "Objektiver Unterricht" bezeichnet.
Gestaltungsregeln nach Skinner (1958):
1. Auf jede Antwort muß unmittelbar eine Rückmeldung folgen.
2. Jeder Schüler soll in seinem persönlichen Lerntempo eine Unterrichtseinheit
bewältigen.
3. Die Lernziele müssen klar und objektiv formuliert werden, damit gezielt
Rückmeldungen und Belohnungen gegeben werden können. (z.B. in Form von
Fragen und Antworten).
4. Aufgaben sollen so gestellt werden, daß sie mit hoher Wahrscheinlichkeit richtig
gelöst werden, um Frustration zu vermeiden und die Chance für die richtigen
Antworten zu erhöhen.
5. Der Unterrichtsstoff soll in einer Abfolge von Frage- und Antwortkombinationen
gebracht werden. Dabei sollte vom Leichten zum Schwierigen gegangen und der
Stoff aus unterschiedlichen Blickwinkeln aufbereitet werden.
6. Die Lernenden sollen möglichst aktiv sein und Fragen bzw. Aufgaben auch wirklich
bearbeiten.
7. Mittels einer Reihe von Zusatzbelohnungen wird eine besonders ausdauernde und
gute Bearbeitung der Aufgaben durch den Lernenden abgesichert. [Härt02, p. 148]
Diese Prinzipien wurden in computerbasierten Lernprogrammen integriert, die zuvor eine
reine Präsentation von Lehrbuchmaterialien umfaßten. Es stellte sich jedoch heraus, daß dieses
Lernkonzept sehr monoton ausgerichtet war und hauptsächlich auf der Grundlage von
auswendig Gelerntem und dessen Wiedergabe, aber nicht auf der Anwendung von Konzepten
beruhte. [Stan04c]
Die theoretischen und didaktischen Schwierigkeiten dieses Ansatzes beziehen sich
hauptsächlich auf die Erforschung geeigneter Reize und Unterstützung mit äquivalenter
Rückmeldung, um die korrekten Verhaltensweisen intensivieren zu können. Zu kritisieren ist,
daß beim Behaviorismus das Lernen auf Konditionierung reduziert ist und der Organismus
ausschließlich als "Black-Box" betrachtet wird, wobei individuelle Faktoren menschlichen
Bewußtseins vernachlässigt werden.

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Die behavioristische Lerntheorie ist auf ein rein rezeptives, passives Lernen in Form der
Wiedergabe vorgegebener Lerninhalte fixiert und demnach auch nur für sehr einfache
Lernkonzeptionen einsetzbar. Weitere Kritikpunkte, die sich auf die Umsetzung des
Behaviorismus beziehen, sind das träge Wissen und mangelnder Transfer des Wissens
(vgl. Kapitel 4.3.1) aufgrund von auswendiggelernten und anschließend teilweise oder komplett
vergessenen Lerninhalten. Weiterhin fehlen die Fähigkeiten zur Lösung komplexerer
praktischer Probleme, da Informationen lediglich so wiedergegeben werden können, wie sie
aufgenommen wurden. Anstatt der Verwendung bewußter (kognitiver) Steuerungsprozesse
werden Verhaltensweisen gezeigt, die sich auf die auswendiggelernten Verhaltensmuster
stützen. Damit fehlen Möglichkeiten, Strategien zum selbstgesteuerten und
eigenverantwortlichen Lernen und Problemlösen einzusetzen. Dies betrifft ebenso die
Fähigkeiten zur kritischen Auseinandersetzung mit Konzepten und Denkmustern, sowie im
sozialen Kontext handeln zu können. [Stan04a]
Im begrenzten Bereich des Trainieren von Fertigkeiten kann der Behaviorismus dagegen
große Erfolge verzeichnen. Die Konditionierung, die auf einfache Problemstellungen
ausgerichtet ist und Aufgaben beinhaltet, welche auf die Wiedergabe von Informationen und
Fakten beruhen (bspw. Vokabeltraining bzgl. dem Lernen von Sprachen), bildet einen
sinnvollen Bereich für die Anwendung des behavioristischen Ansatzes. Gerade in
Hochschulbereichen ist die Methode des Drill & Practice bei Lernenden weit verbreitet und
wird auch weiterhin bei dem Erlernen von einfachen Inhalten und Fakten angewendet werden.
4.2.2 Der kognitivistische Ansatz
Bei diesem Ansatz stehen die inneren Denk- und Verstehensprozesse im Vordergrund. Der
Lernende wird als Individuum begriffen, das äußere Reize aktiv und selbständig verarbeitet.
Dem menschlichen Gehirn wird eine eigene Verarbeitungs- und Transformationskapazität
zugestanden. Demzufolge wird auch kein reines Faktenwissen wiedergegeben, da vielmehr,
aufgrund der Denk- und Verstehensprozesse, verschiedene Verfahren zu optimalen Ergebnissen
führen können. [Stan04d]
Ein führender Vertreter dieser Theorierichtung, Jean Piaget, stellt zwei grundsätzliche
Lernprozesse dar, in denen Austauschvorgänge mit der Umwelt beschrieben werden. Nach
Piaget konstruiert das Individuum selbst seine kognitive Struktur von innen heraus, indem
inadäquate Vorstellungen von Objekten ständig durch neue, stimmigere ersetzt werden. Laut
Piaget streben lebende Organismen nach einem Gleichgewicht zwischen Assimilation und
Akkomodation. Er definiert Assimilation (lat. assimilare = angleichen, nämlich von Elementen
aus der Umwelt an vorgegebene Organismus-Strukturen) als die auf die Objektwelt zugreifende
menschliche Geisteskraft. Assimilation meint demnach im wesentlichen ein aktives
Interpretieren, Einordnen oder Denken von Ereignissen und Objekten der Außenwelt in
Begriffen der individuellen, bevorzugten und gerade verfügbaren Art, über diese Dinge zu
denken.

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Unter Akkomodation versteht Piaget die auf die Geisteskräfte hindringende Eigengesetzlichkeit
der Objektwelt. Akkomodation ist somit eine stärker reaktive Funktion. Auf äußere Reize wird
im allgemeinen sofort mit einem angepaßten Schema reagiert. Akkomodation tritt auf, wenn es
eine Störung oder Diskrepanz gibt, für die der Organismus noch kein geeignetes Schema besitzt.
Lernen ist zunächst und v.a. ein selbstorganisierter Prozeß, bei welchem Wissen interaktiv in
Form innerer Repräsentationen der Welt gebildet wird. [Stan04e]
Beim Grundmodell des Lernens entspricht der Prozeß des menschlichen Denkens einem Prozeß
der Informationsverarbeitung. Gemäß dieser Sichtweise funktioniert die Verarbeitung der
Informationen etwa äquivalent zu der Informationsverarbeitung eines Computers. Aus diesem
Hintergrund heraus können Störquellen der Informationsaufnahme eingegrenzt werden auf eine
fehlerhafte Information, dem gewählten nicht äquivalenten oder störungsbehafteten Medium,
oder auf eine Störung der Aufnahme des Lernenden bzgl. der Motivation bzw. der
Vorkenntnisse. Der Aspekt der Informationsverarbeitung ist allerdings als alleiniges
Erklärungsmodell fragwürdig. Lernen wird als eine Wechselbeziehung von externen Angeboten
(Informationen) und internen Strukturen gesehen. Ein enger Zusammenhang mit dem Ansatz
des Kognitivismus besteht zum Forschungsgebiet der künstlichen Intelligenz. Es wird versucht,
intelligentes Verhalten in technischen Systemen zu simulieren. Diese Entwicklung zielt
besonders auf Intelligente Tutorielle Systeme (ITS) ab, worin versucht wird, das Verhalten
eines Lehrers im Rahmen eines Fachgebietes, einer Reihe instruktioneller Strategien und
Informationen über den Lernenden zu simulieren. [BauPay94, p. 104] Im Zuge des
Kognitivismus nahm auch die Bedeutung des "entdeckenden Lernens" zu, das als eine Art des
selbstgesteuerten Lernens das Ziel hat, die Selbständigkeit des Lernenden zu fördern. Das
Konzept des entdeckenden Lernens enthält die zentralen Begriffe der "problemhaltigen
Lernumgebung", "intrinsischen Motivation durch Neugier" und "Lernen durch Erfahrung".
[Hara01] Die Theorie des "entdeckenden Lernens" wurde in den 60er Jahren von Bruner
entwickelt, der eine Gruppe von Lehr-/Lernansätzen vorstellte. Ein Aspekt ist, daß
entdeckendes Lernen durch die Lernenden selbst gesteuert wird. Ein zweiter Aspekt befaßt sich
damit, daß die Lernenden selbständig Informationen entdecken, priorisieren und neu ordnen
müssen, bevor daraus Wissen generiert werden kann (statt alle relevanten Informationen wie im
Behaviorismus fertig strukturiert präsentiert zu bekommen), sie danach Regeln ableiten,
Konzepte bilden und v.a. diese Regeln und Konzepte auf neue Probleme anwenden können.
Letzter Aspekt besagt, daß Lernvorgänge von Neugier und Interesse der Lernenden geleitet
werden. So sollen Lösungsansätze und Lösungswege auf interessante Fragen und gestellte
Probleme entwickelt statt behavioristisch Fakten auswendig gelernt werden. [Holz+01a, p. 137]
Das Konzept des entdeckenden Lernens läßt die Entwicklung einer reicheren Lernumgebung
mit mehr Möglichkeiten zu. Den Lernenden werden anstatt eines einzigen Weges zum
Wissenserwerb zu gelangen, verschiedene Wege offen gelassen, gleichzeitig erhält das
Metawissen eine größere Bedeutung für die Umsetzung dieses Konzeptes. Mit dem
Kognitivismus entwickelte sich auch die Lernsoftwareart der Microwelten. Ein Beispiel dafür
ist die Programmiersprache "LOGO" für Kinder. [Holz+01a, p. 137]
Am Kognitivismus kann kritisiert werden, daß proportionale Repräsentationen überbetont
werden und geistige Verarbeitungsprozesse zu stark im Vordergrund stehen, wobei das Wissen
extern und losgelöst vom Bewußtsein existiert. [Härt02, pp. 154-155]

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2004
ISBN (eBook)
9783956363672
ISBN (Paperback)
9783956367113
Dateigröße
3.8 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Coburg (FH)
Erscheinungsdatum
2014 (Oktober)
Note
1,0
Schlagworte
Blended Learning E-Learning Lernprozess Lernumgebung Konzept Umsetzung Lerntheoretische Ansätze
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Titel: Anwendung und Umsetzung von Blended Learning zur Förderung der Wissensvermittlung
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