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Erforschung des Burnout-Syndroms unter Berücksichtigung von Stress-Phänomenen am Arbeitsplatz

©2014 Bachelorarbeit 58 Seiten

Zusammenfassung

Die Begriffe „Burnout“ und „Stress“ sind insbesondere im Arbeitsalltag zu Schlagwörtern geworden. Die Menschen sind zunehmend gestresst, überfordert und erschöpft. Die strukturellen Veränderungen im Beschäftigungssystem und die erhöhten Arbeitsanforderungen setzen viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der heutigen Zeit unter Druck, verursachen Stress und psychische Probleme. Immer häufiger kommt es dadurch zu Personalausfällen. Viele Menschen sind gar nicht mehr in der Lage, sich zu regenerieren und werden aus ihren beruflichen und sozialen Gefügen geworfen.
Relevant ist das Thema Burnout aufgrund von langwierigen und auch kostenintensiven Folgen für Unternehmen, Behörden, Krankenkassen und letztlich für die gesamte Gesellschaft. In den letzten Jahren ist die Zahl der Krankheitstage aufgrund von psychischer Krankheit, insbesondere von Burnout stark angestiegen. Trotz der drastischen Zunahme von psychischen Krankheiten in Deutschland weiß man in vielen Betrieben und Verwaltungen noch sehr wenig über die Ursachen des Burnout-Syndroms und mögliche Präventionsmaßnahmen.
Ist das Burnout-Syndrom eine ernst zu nehmende gesellschaftliche Krankheit, die in der öffentlichen Verwaltung relevant ist? Außerdem erscheint es im Hinblick auf den Krankheitsverlauf des Burnout-Syndroms wichtig, zunächst einen genaueren Blick auf das Thema „Stress am Arbeitsplatz“ zu werfen. Es stellt sich die Frage, welche Faktoren ursächlich für das "Ausbrennen" einst motivierter Mitarbeiter sind. Um die Ursachen zu erforschen, soll zunächst der Verlauf des Burnout-Syndroms analysieret und die dazugehörigen Symptomen ergründet werden. Im Anschluss daran werde ich auf der Basis der Symptome eine Ursachenforschung betreiben. Außerdem halte ich es für sinnvoll, den Umgang mit Betroffenen in der öffentlichen Verwaltung zu untersuchen. Mit Hilfe eines Interview mit dem Sozialen Ansprechpartner der Stadt *** versuche ich herausstellen, ob die erhöhten Anforderungen im Berufsalltag mögliche Einflussfaktoren für das Burnout-Syndrom darstellen. Zuletzt möchte ich noch erläutern, wie die Menschen sich persönlich vor Burnout schützen können und was die Unternehmen und Behörden tun, um Burnout-Erscheinungen zu verhindern.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


I
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung... 1
2. Stress am Arbeitsplatz... 2
2.1 Entstehung und Begriffsbestimmung... 2
2.2 Gefährdete Berufsgruppen... 3
2.3 Stressoren am Arbeitsplatz... 4
2.4 Stressreaktionen... 6
3. Was ist Burnout? ... 8
3.1 Entstehung und Begriffsbestimmung... 8
3.2 Gefährdete Berufsgruppen... 10
3.3 Phasen und Symptomatik... 11
3.4 Auswirkungen auf die Gesundheit... 15
3.5 Wissenschaftliche Ursachenmodelle... 16
3.5.1 Persönlichkeitszentrierter Erklärungsansatz... 17
3.5.2 Sozial-, arbeits- und organisationspsychologischer
Erklärungsansatz... 18
3.5.3 Soziologisch geprägter Erklärungsansatz... 19
4. Umgang mit Betroffenen in der öffentlichen Verwaltung... 19
4.1 Interview mit dem Sozialen Ansprechpartner der Stadt ***... 20
4.2 Auswertung des Interviews... 26
5. Behandlungs- und Präventionsansätze von Burnout... 28
5.1 Behandlungsmöglichkeiten... 29
5.2 Individuelle, personenbezogene Vorbeugung... 29
5.2.1 Stärkung der individuellen Ressourcen... 30
5.2.2 Stressbewältigung... 33
5.2.2.1 Kurzfristige Stressbewältigungsmaßnahmen... 36
5.2.2.2 Langfristige Stressbewältigungsmaßnahmen... 38
5.3 Vorbeugung am Arbeitsplatz... 40

II
5.3.1 Betriebliches Gesundheitsmanagement... 40
5.3.2 Umsetzung des Betrieblichen Gesundheitsmanagements
bei der Vorzeigekommune Dortmund... 45
6. Ausblick... 46
Literatur- und Quellenverzeichnis... 50
Abkürzungsverzeichnis... 53
Abbildungsverzeichnis... 54
Anlagenverzeichnis... 54

2
1. Einleitung
Die Begriffe ,,Burnout" und ,,Stress" sind insbesondere im Arbeitsalltag zu
Schlagwörtern geworden. Die Menschen sind zunehmend gestresst, überfordert und
erschöpft. Die strukturellen Veränderungen im Beschäftigungssystem und die erhöhten
Arbeitsanforderungen setzen viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
1
in der heutigen
Zeit unter Druck, verursachen Stress und psychische Probleme. Immer häufiger kommt
es dadurch zu Personalausfällen. Viele Menschen sind gar nicht mehr in der Lage, sich
zu regenerieren und werden aus ihren beruflichen und sozialen Gefügen geworfen.
Relevant ist das Thema Burnout aufgrund von langwierigen und auch kostenintensiven
Folgen für Unternehmen, Behörden, Krankenkassen und letztlich für die gesamte
Gesellschaft. In den letzten Jahren ist die Zahl der Krankheitstage aufgrund von
psychischer Krankheit, insbesondere von Burnout stark angestiegen. Die Techniker
Krankenkasse hat ermittelt, dass ,,jährlich rund 40 000 Arbeitskräfte wegen einer mit
Burnout assoziierten Erkrankung an ihrem Arbeitsplatz fehlen"
2
. Di
e Anzahl der
Menschen, die sich in einem fortgeschrittenen Stadium des Ausgebranntseins befinden,
ist in den letzten Jahren dramatisch gestiegen.
Die Beschäftigten der öffentlichen
Verwaltung sind zunehmend den stagnierenden, sogar knapper werdenden finanziellen
Ressourcen ausgesetzt und können den ständig steigenden Arbeitsanforderungen nicht
mehr standhalten. Durch organisationsbedingten Druck auf die Mitarbeiter ist es nicht
verwunderlich, dass diese verstärkt Symptome des Burnout-Syndroms zeigen. Trotz der
drastischen Zunahme von psychischen Krankheiten in Deutschland weiß man in vielen
Betrieben und Verwaltungen noch sehr wenig über die Ursachen des Burnout-Syndroms
und mögliche Präventionsmaßnahmen.
Ich möchte in dieser Bachelorarbeit folgenden Problemstellungen auf den Grund gehen:
Ist das Burnout-Syndrom eine ernst zu nehmende gesellschaftliche Krankheit, die in der
öffentlichen Verwaltung relevant ist? Außerdem erscheint es mir im Hinblick auf den
Krankheitsverlauf des Burnout-Syndroms wichtig, zunächst einen genaueren Blick auf
das Thema ,,Stress am Arbeitsplatz" zu
werfen. Mir stellt
sich die Frage, welche
Faktoren ursächlich für das "Ausbrennen" einst motivierter Mitarbeiter sind. Um die
Ursachen zu erforschen, sollte ich zunächst
den Verlauf des Burnout-Syndroms
1
Im Folgenden wird der Einfachheit halber nur die männliche Form verwendet. Die weibliche Form ist selbstverständlich immer
mit eingeschlossen.
2
Weimer / Pöll, 2012, S. 17.

3
analysieren und die dazugehörigen Symptomen ergründen.
Im Anschluss daran werde
ich auf der Basis der Symptome eine Ursachenforschung betreiben
. Außerdem halte ich
es für sinnvoll, den Umgang mit Betroffenen in der öffentlichen Verwaltung zu
untersuchen. Mit Hilfe eines Interview mit dem Sozialen Ansprechpartner der Stadt ***
versuche ich herausstellen, ob die erhöhten Anforderungen im Berufsalltag mögliche
Einflussfaktoren für das Burnout-Syndrom darstellen. Zuletzt möchte ich noch
erläutern, wie die Menschen sich persönlich vor Burnout
schützen können und was die
Unternehmen und Behörden tun, um Burnout-Erscheinungen zu verhindern.
2. Stress am Arbeitsplatz
Der Beruf und das tägliche Arbeitsleben haben in der heutigen Gesellschaft einen hohen
Stellenwert. Allein die 41-Stunden-Woche bei den Beamten und die 39-Stunden-Woche
bei den Angestellten zeigt, dass wir einen Großteil des Tages am Arbeitsplatz
verbringen. Die Auslastung eines jeden Mitarbeiters scheint erschöpft zu sein, zumal zu
den ca. acht Stunden Arbeitszeit noch die Fahrtzeit hinzukommt, die je nach
Verkehrssituation die Konzentration des Mitarbeiters fordert.
3
Für die Familie und
weitere Freizeitaktivitäten bleibt nur noch wenig Zeit. Auf der Arbeit sollen die
Tätigkeiten zufriedenstellend und fehlerfrei abgearbeitet werden. Lässt der hohe
Leistungsdruck und die gestiegenen Anforderungen und Erwartungen der Vorgesetzten
die Mitarbeiter in Stresssituationen verfallen?
2.1 Entstehung und Begriffsbestimmung
Hans Selye prägte die Begriffe Eustress und Disstress. Positiver Stress (Eustress) ist
gleichzusetzen mit einem angeregten Zustand, den Menschen erleben, wenn sie sich frei
fühlen.
4
Negativer Stress (Disstress) wird in unangenehmen Situationen empfunden,
insbesondere wenn Menschen sich nicht frei fühlen oder sogar in der Situation
gezwungen sind.
5
In den folgenden Ausführungen ist grundsätzlich die Form des
Disstresses als Belastungssituation gemeint.
Die Entstehung von Stress wird folgendermaßen definiert: ,,Stress ist die Reaktion eines
Organismus, die immer dann entsteht, wenn eine erlebte Belastung im Ungleichgewicht
mit dem Leistungs- und Verhaltenspotenzial der jeweiligen Person steht. Dabei ist die
3
Vgl. Huber, 1983, S. 90.
4
Vgl. Prieß, 2013, S. 12 ­ 13.
5
Vgl. Schneider, 2013, S. 146.

4
Leistungsfähigkeit keine stabile Größe [...], weiterhin wird die Belastung und
Bedrohung subjektiv bewertet. Das führt bei einer Person in verschiedenen Situationen
erst recht bei verschiedenen Personen zu unterschiedlich starkem Stresserleben."
6
Stress
ist also ein unangenehmer Spannungszustand und wird dadurch ausgelöst, dass eine
Situation als subjektiv schwierig erlebt wird, weil die Fähigkeit, die Situation zu
bewältigen, in Frage gestellt wird. Folglich löst nicht die Situation an sich Stress aus.
Stress entsteht dadurch, was Menschen in Situationen empfinden, ob sie das Gefühl
haben, sie sind der Situation gewachsen oder nicht.
7
2.2 Gefährdete Berufsgruppen
Das Statistische Bundesamt stellte im Jahr 2007 fest, dass Erwerbstätige in
akademischen Berufen (18 %) gefolgt von Leitungs- und Führungskräften (17 %) vor
allem unter Stress, Zeitdruck und Überlastung am Arbeitsplatz leiden. Überwiegend
Arbeitnehmer, an die permanent hohe Anforderungen gestellt werden, sind am
Arbeitsplatz von Stress betroffen, darunter fallen z. B. Akademiker und
Führungskräfte.
Abb. 1: Zeitdruck und Arbeitsüberlastung bei Erwerbstätigen nach Berufsgruppen im
Jahr 2007
8
In der öffentlichen Verwaltung gibt es zahlreiche Berufsgruppen, darunter sind auch
einige Akademiker, Führungskräfte, Techniker und auch zahlreiche Bürokräfte. Auch
6
Althoff / Thielepape, 2000, S. 125.
7
Vgl. Prieß, 2013, S. 13.
8
Statistisches Bundesamt, Zeitdruck und Arbeitsbelastung 2007,
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Indikatoren/QualitaetArbeit/_Grafik/1_2_Stress.png?__blob=poster, 14.05.2014.

5
die Bürokräfte liegen in der Statistik mit 9% noch auf Rang 5, der von Zeitdruck und
Arbeitsüberlastung betroffenen Erwerbstätigen. Da die öffentliche Verwaltung ein
breites Spektrum an Berufstätigkeiten bietet und in all diesen Berufsgruppen
Arbeitnehmer stärker unter Stress am Arbeitsplatz leiden, als Erwerbstätige in
Handwerksberufen, in der Landwirtschaft / Fischerei und in Dienstleistungsberufen, ist
nun zu ergründen, welche Stressoren
9
am Arbeitsplatz in der öffentlichen Verwaltung
verstärkt vorkommen.
2.3 Stressoren am Arbeitsplatz
Im Hinblick auf die Stressoren am Arbeitsplatz, sind folgende, von Zimbardo (1983)
vorgebrachten Fragen von interessanter Bedeutung: ,,Was macht eine Arbeitstätigkeit
zur Streßquelle? Welche Merkmale weisen eine Beschäftigung als Gesundheitsrisiko
aus?"
10
Stress am Arbeitsplatz kann aus unterschiedlichen Quellen resultieren, und zwar sowohl
aus den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen als auch den materiellen und sozialen
Arbeitsbedingungen des Arbeitsplatzes. Festzustellen ist, dass sich die
gesellschaftlichen Rahmenbedingungen durch Globalisierung und Privatisierung stark
verändert haben. Für die Mitarbeiter bedeutet dies, stets mobil und flexibel zu sein. Es
wird gewünscht, dass die Arbeitnehmer für ihre Fortbildung selbst Verantwortung
übernehmen. Auch die Arbeitsdichte und die Komplexität der Arbeitsaufgaben haben
sich stets erhöht, sodass die Kräfte der Mitarbeiter sowohl zeitlich als auch geistig
zunehmend bis zur Erschöpfung beansprucht werden. Hinzukommt, dass viele
Arbeitnehmer Angst um ihren Arbeitsplatz haben und so den Stress auf sich nehmen.
11
Solch schlechte Rahmenbedingungen wirken sich negativ auf das Stressempfinden am
konkreten Arbeitsplatz aus.
Hinzukommen die materiellen und sozialen Arbeitsbedingungen, die Stress
verursachen. Jeder Beruf birgt Gefahren für Stressoren, insbesondere spielen Faktoren
wie ,,die Tätigkeitsmerkmale, Arbeitsbedingungen, die Rolle des einzelnen in der
Hierarchie [...], Karriere- und betriebsklimatische Probleme oder zwischenmenschliche
Fragen" eine große Rolle.
12
Cooper (1981) und Sofer (1970) haben herausgefunden,
dass Stress ,,durch Zeit- und Termindruck, ein Zuviel oder Zuwenig an Arbeit, durch
9
Faktoren / Bedingungen, die die Wahrscheinlichkeit der Auslösung von Stress erhöhen und zu Funktionsstörungen im Organismus
bzw. zu psychischen Beeinträchtigungen führen.
10
Olszewski, 1993, S. 20.
11
Vgl. Eppel, 2007, S. 27.
12
Vgl. Olszewski, 1993, S. 18 -19.

6
Entscheidungszwänge, durch Ermüdung als Folge körperlicher (und sicher auch als
Folge geistiger) Belastung"
13
entsteht. Insbesondere die Überforderung in der
Arbeitsaufgabe oder Stressoren der Arbeitsumgebung (Lärmquellen wie z. B. ständiges
Telefonklingeln) bringen den Mitarbeiter an die Grenze seiner Belastung, insbesondere
dann, wenn Stressoren hinsichtlich der zeitlichen Organisation hinzukommen, wie z. B.
Überstunden, Schichtdienst oder nicht genügend Erholungspausen. Ausbleibende
Beförderungen, erfolglose Bewerbungen auf andere Stellen sind Stressoren in der
Karriere und wirken sich nicht motivationsfördernd aus. Auch ein negatives
Arbeitsklima, welches sich durch persönliche Angriffe auf Mitarbeiter oder sogar
Mobbingsituationen prägt, wirkt sich stressfördernd aus. All diese Faktoren sind ebenso
wie die Anwendung verschiedener Führungsstile und die Bedeutung der
Mitarbeitermotivation geeignet, negative Verhaltensweisen und körperliche, kognitive
und emotionale Reaktionen hervorzurufen. In der öffentlichen Verwaltung lassen sich in
einigen publikumsträchtigen Ämtern ein hoher Zeitdruck und nur ein geringer
Entscheidungsspielraum des Mitarbeiters erkennen. Kommt dazu nur wenig Rückhalt
und Unterstützung von den Arbeitskollegen und Vorgesetzten, handelt es sich um ein
,,Anforderungs-Kontroll-Modell"
14
, welches sich negativ auf das Stressempfinden der
Mitarbeiter auswirkt.
All diese Stressoren schädigen auf Dauer Körper und Geist, denn
durch zu hohe Leistungsanforderungen, Überforderung und dadurch bedingten Stress
auf der Arbeit entwickelt der Betroffene eine negative Einstellung zum Beruf.
15
Eine andere Theorie für Stress am Arbeitsplatz ist das ,,Modell beruflicher
Gratifikation", welche die fehlende Anerkennung als Ausgangspunkt für
Stressempfinden am Arbeitsplatz sieht. Dabei können sowohl die Lohnhöhe, als auch
die Sicherheit des Arbeitsplatzes und die Aufstiegschancen für das Stressempfinden von
Bedeutung sein.
16
Der wohl bekannteste und stresserzeugende Beruf in der öffentlichen Verwaltung ist der
des Polizisten. Dieser birgt, allein wegen der Arbeitsbedingungen und der möglichen
körperlichen Schäden, Gefahren für Stresssituationen und gilt somit als besonders
konfliktanfällig. Stressquellen sind beispielsweise der zwischenmenschliche Kontakt,
das hohe Verantwortungsbewusstsein, Selbstbeherrschung und die hohe
Arbeitsbelastung, u. a. aufgrund des Wechselschichtmodells und das Bevorstehen
13
Olszewski, 1993, S. 19.
14
Eppel, 2007, S. 28 - 29.
15
Vgl. Olszewski, 1993, S. 19.
16
Vgl. Eppel, 2007, S. 29.

7
unvorhersehbarer Konflikte mit Bürgern. Auch die Konfliktbewältigung muss
praktiziert und beherrscht werden. All diese Faktoren bieten Stresssituationen für den
Polizeibeamten, die er bewältigen muss.
17
2.4 Stressreaktionen
Nach der Theorie von Lazarus nimmt eine Person eine sofortige primäre Einschätzung
vor, sobald Stressoren ihr Wohlbefinden tangieren. Eine Situation kann sowohl
belastend, irrelevant oder positiv sein. Eine stressige Situation wird immer als Belastung
erlebt, und zwar kann es sich dabei sowohl um eine Herausforderung, eine Bedrohung
oder eine Schädigung handeln. Simultan nimmt die Person eine sekundäre Einschätzung
der Situation vor, also eine ,,handlungsbezogene Bewertung der Anforderung"
18
. Die
bisher gemachten Erfahrungen und Einschätzungen helfen der Person dabei, den Stress
zu beseitigen.
19
Weiterhin ist festzustellen, dass es nach der subjektiven Verarbeitung und Einschätzung
der Situation beim Betroffenen zur Auslösung von Stressreaktionen kommt.
20
Diese
laufen bei allen Betroffenen auf ähnliche Weise ab, und zwar nach einem solchen
Ablaufschema:
Abb.2: Stressreaktionen anhand eines Phasenmodells
21
Nach Hans Selye lassen sich nach Auftreten von Stressoren folgende
Stressreaktionsphasen unterscheiden:
Orientierungsphase: Die Stresssituation wird wahrgenommen und eine subjektive
Bewertung vorgenommen, ob eine Bedrohung erwartet wird.
22
17
Vgl. Olszewski, 1993, S. 21.
18
Eppel, 2007, S. 2.
19
Vgl. ebd.
20
Vgl. Prieß, 2013, S. 130.
21
Althoff / Thielepape, 2000, S. 126.

8
Alarmphase: Die Bedrohung ist eingetreten. Es gibt folgende zwei Reaktionsmuster des
Körpers: Kampf oder Flucht. Der Körper passt sich der belastenden Situation an und
weist automatisch charakteristische Veränderungen auf, er pumpt Blut in die Muskeln
und schüttet Hormone aus. Hierdurch wird die Aufmerksamkeit gesteigert, die
Abwehrbereitschaft nimmt zu und schnelle Reaktionen sind möglich.
23
Die Alarmphase
spiegelt die Kurzzeitreaktion auf einzeln auftretende Reize wider.
24
Widerstandsphase: In diese Phase fallen Reaktionen auf Langzeitbelastungen und
fortwirkenden Stress. Einzelne Alarmreaktionen fallen länger oder stärker aus. Der
Betroffene befindet sich in einer Situation der allgemeinen Erregungsbereitschaft, die
enorm viel Energie beansprucht. Die Folge davon ist sogar eine vermehrte
Hormonausschüttung.
25
Erholungsphase: Bei Stressbewältigung kehrt der Körper in die Ruhestellung zurück. Es
folgt die Erholung von dem Energieeinsatz und die Regeneration der verbrauchten
Kräfte.
26
Erschöpfungsphase: Ist die Stressbelastung von längerer Dauer oder die Stressdosis sehr
hoch, kehren die Alarmreaktionen zurück und verbrauchen Energie. Dies kann zur
totalen Erschöpfung und zu Dauerschäden führen, u. a. zu Krankheiten oder sogar zum
Tod.
27
Nach Wagner-Link lassen sich bei Stressreaktionen drei verschiedene Reaktionsebenen
erkennen, und zwar auf emotionaler, physiologischer und psychischer Ebene
(entnommen aus: Althoff / Thielepape).
28
Viele Betroffene reagieren auf der
Verhaltensebene und bringen ihre Wut, Verärgerung, Aggressionsbereitschaft oder
Depression zum Ausdruck. Sie leiden häufig an erhöhter Reizbarkeit, Übererregung und
Angstzuständen.
Wenn der Zustand des Stresses zum Dauerzustand wird, werden diese
negativen Eigenschaften noch gefördert. Ein solches Stressempfinden kann langfristig
zu Körperreaktionen führen und gesundheitliche Folgen haben.
29
Bei den
Körperreaktionen lässt sich eine erhöhte Funktion des Kreislaufs, des vegetativen
22
Vgl. Althoff / Thielepape, 2000, S. 126- 127.
23
Vgl. ebd.
24
Vgl. Huber, 1983, S. 50.
25
Vgl. ebd., S. 50 - 51.
26
Vgl. Althoff / Thielepape, 2000, S. 126- 127.
27
Vgl. ebd.
28
Vgl. ebd., S. 127.
29
Vgl. Oesterreich, 1999, S. 192.

9
Nervensystems und den davon gesteuerten Organen erkennen. Auch der Abbau von
Zucker- und Fettvorräten wird sichtbar. Außerdem erfolgt eine Ausschüttung von
Stresshormonen, Adrenalin und Cortisol. Die Folgen davon sind Verspannungen,
Verkrampfungen, muskuläre Anspannung bis hin zur Herz- und
Atemfrequenzbeschleunigung und zur Blutgefäßverengung. Häufig leiden gestresste
Personen unter Magenschmerzen, Migräne und Bluthochdruck. Weiterhin gibt es die
kognitiven Reaktionen, die die Denk- und Wahrnehmungsprozesse umfassen.
Betroffene versuchen, die Anforderungen gedanklich zu bewältigen. Dabei kommt es
zur Einengung der Wahrnehmung auf Reize, die für die Stresssituation von Bedeutung
sind. Betroffene haben häufig Katastrophengedanken oder Konzentrationsstörungen.
Typische Symptome sind Ermüdung und Erschöpfung.
30
Burnout gilt schon jetzt als Folgeerkrankung von berufsbedingten
Dauerstresszuständen. Nun ist zu erforschen, ob das Burnout-Syndrom tatsächlich durch
die klassischen beruflichen Stressoren hervorgerufen wird und ob sich die Burnout-
Symptome letztlich mit den Stresssymptomen decken.
3. Burnout
3.1 Entstehung und Begriffsbestimmung
Das Burnout-Syndrom wurde in den 60-iger bis 70-iger Jahren bei Personen in
Beratungs-, Pflege-, Helfer- und Betreuungsberufen festgestellt, bei denen die
hauptsächliche Tätigkeit im intensiven Umgang mit Kunden oder Patienten besteht.
Betroffene waren vor allem Menschen, die im Beruf viel Kontakt mit Menschen hatten,
welche sich in emotional belastenden Situationen befinden. In den 70-iger bis 80-iger
Jahren trat das Burnout-Syndrom gehäuft bei Managern auf. Heutzutage wird Burnout
auch bei vielen anderen Berufen beobachtet, in denen der Umgang mit Menschen von
herausragender Bedeutung ist, z. B. bei leitenden Angestellten, höheren Beamten und
Arbeitskräften mit starkem Publikumsverkehr.
31
Der Begriff ,,Burnout" heißt wörtlich übersetzt ,,ausgebrannt".
32
Es existiert keine
einheitliche Definition von Burnout, doch der Zustand des Ausgebranntseins lässt sich
als ein individueller Zustand körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfung mit
reduzierter Leistungsfähigkeit beschreiben. Dieser Zustand kann bei anhaltender,
30
Vgl. Althoff / Thielepape, 2000, S. 127.
31
Vgl. Müller-Timmermann, 2012, S. 35 ­ 36.
32
Vgl. Wenchel, 2001, S. 61.

10
wiederholter Belastung oder bei intensivem Einsatz für andere Menschen auftreten.
Betroffene spüren Hilflosigkeit und innere Leere bezüglich ihrer persönlichen
Lebenssituation und in ihrem beruflichen Status.
33
Die emotionale Erschöpfung äußert
sich in emotionaler Überforderung und Perspektivlosigkeit. Betroffene fühlen sich
ausgelaugt und haben gar das Gefühl, nichts mehr geben zu können. Die
Niedergeschlagenheit zeigt sich sowohl im Berufs- und im Privatleben. Die
gefühlsmäßige Erschöpfung zieht einher mit beruflicher Demotivation und dem Gefühl,
durch den Beruf frustriert und ausgebrannt zu sein. Die körperliche Erschöpfung zeigt
sich durch chronische Müdigkeit und psychosomatischen Beschwerden. Betroffene
fühlen sich bereits morgens schon müde, wenn sie daran denken, einen neuen
Arbeitstag anzutreten.
34
Einige Menschen gehen zu sehr in ihrer Arbeit auf, behaupten
selbst, sie arbeiten ,,`sieben Stunden, oder auch einen ganzen Tag, ohne zu essen, oder
Pause zu machen.`"
35
Zudem leiden Burnout-Betroffene an sozialer Erschöpfung, sie
nehmen Mitmenschen als zusätzliche Belastung dar, verlieren die Empathie und ziehen
sich zurück.
36
Das ICD-10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health
Problems
37
) hat das Ausgebranntsein als Zustand der totalen Erschöpfung betrachtet.
,,Es wird im Abschnitt XII (Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur
Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen) unter der Rubrik Z (Personen, die das
Gesundheitswesen unter sonstigen Gründen in Anspruch nehmen) als Z73 `Probleme
mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung` aufgeführt."
38
Das Burnout-
Syndrom ist laut ICD-10 folglich nicht als Krankheit eingestuft. Einige Menschen
verleugnen das Burnout-Syndrom und behaupten sogar, Burnout gäbe es gar nicht. Es
wird reichlich debattiert, ob das Burnout-Syndrom als Krankheit einzustufen ist oder
nicht. Die Einstufung als Krankheit hätte weitere Auswirkungen auf das
Gesundheitssystem. Betroffene könnten von den finanziellen Regelungen profitieren.
Andererseits könnten sie sich aber auch gedemütigt fühlen, da psychische Erkrankungen
33
Vgl. Schneider, 2013, S. 12.
34
Vgl. Fiedler / Goldschmid, 2010, S. 43.
35
Schneider, 2013, S. 11.
36
Vgl. Fiedler / Goldschmid, 2010, S. 43.
37
Internationale Klassifizierung der Krankheiten.
38
Schneider, 2013, S. 209 .

11
heutzutage eher mit negativen Merkmalen behaftet sind.
39
Es bleibt fraglich, ob ,,diese
Art der Klassifizierung unserem Zeitgeschehen angemessen"
40
erscheint.
3.2 Gefährdete Berufsgruppen
Abb. 3: Berufsklassen der Burnout-Patienten
41
Vor allem Arbeitnehmer in kaufmännischen Berufen und Verwaltungsberufen in
Unternehmen, Betrieben und im öffentlichen Dienst sind mit 25,3 % am häufigsten vom
Burnout-Syndrom betroffen. An zweiter Stelle der von Burnout betroffenen
Berufsgruppen stehen mit 22 % Arbeitnehmer, die in technischen Berufen arbeiten.
Dahinter liegen mit 17,6 % Beschäftigte, die in medizinischen und Pflegeberufen tätig
sind.
42
Die Statistik zeigt, dass gerade im öffentlichen Dienst das Thema Burnout enorm
an Bedeutung gewinnt.
Es gibt Merkmale, die für alle Burnout-Betroffenen zutreffen, und zwar dass sie einst zu
Hochleistungen motiviert waren und etwas bewirken wollten. Arbeitskräfte in Berufen,
die menschlichen Kontakt und Publikumsverkehr haben, sind daher anfälliger für
Burnout, da sie sich intensiv mit hilflosen Menschen beschäftigen, sich für sie einsetzen
39
Vgl. ebd., S. 210.
40
Prieß, 2013, S. 9
41
Weimer / Pöll, 2012, S. 32.
42
Vgl. ebd.

12
und ihnen in ihrer Notlage helfen. Gerade Angestellte und Beamte, die in
publikumsträchtigen Ämtern (Jobcenter, Sozialamt und Ausländeramt) arbeiten, sind
deshalb stark Burnout gefährdet. Doch auch Verwaltungsfachangestellte, die einfache
Büroarbeit erledigen sind zunehmend Burnout gefährdet, denn die eintönige Büroarbeit,
die zu abarbeitenden ,,Aktenberge" und die tägliche Arbeitsroutine erhöhen die Gefahr
des Ausbrennens.
43
3.3 Phasen und Symptomatik
In der Regel entwickelt sich das Burnout-Syndrom über einen längeren Zeitraum von
drei Jahren und mehr.
44
Burnout ist folglich immer als Prozess zu verstehen und daher
in verschiedene Phasen unterteilbar. Es gibt allerdings keinen typischen Verlauf, jeder
Prozess ist individuell. In der Literatur werden viele verschiedene Phasenmodelle von
Burnout-Entwicklungen dargestellt. Die wichtigsten Aspekte der Phasenlehren von
Freudenberger, Edelwich und Cherniss lassen sich wie folgt zusammenfassen.
45
In der Anfangsphase werden von Burnout-Gefährdeten erste Andeutungen und Signale
häufig verdrängt, da sie störend sind. Ein möglicher erster Hinweis ist Überengagement.
Erkennbar ist dieses Verhalten dadurch, dass die Betroffenen im Arbeitsalltag pausenlos
durcharbeiten und ihrer Meinung nach keine Erholungsphasen benötigen. Über negative
Gefühle sehen sie hinweg und übergehen ihre eigenen Bedürfnisse.
46
Doch gerade die
Erholungspausen sind wichtig, um neue Energie zu schöpfen. Erholen sich Menschen
nicht ausreichend, geraten sie in Disstress.
47
Nach Cherniss gilt der berufliche Stress als
wichtigstes Merkmal dieser Phase.
48
Insgesamt ist die Anfangsphase gekennzeichnet
von übermäßigem Engagement, Überaktivität und gleichzeitigem Verzicht auf
Entspannungsphasen. Freizeitaktivitäten werden ganz außer Acht gelassen, es folgt die
volle Konzentration auf den Arbeitsalltag. Viele fühlen sich im Beruf unentbehrlich und
machen sich durch ihren Eifer und ihr berufliches Engagement zunehmend bei
Arbeitskollegen unbeliebt. Bei den Vorgesetzten hingegen sind sie äußerst beliebt,
gerade wegen ihrer Tüchtigkeit.
49
43
Vgl. Müller-Timmermann, 2012, S. 37 ­ 38.
44
Vgl. Schneider, 2013, S. 12.
45
Vgl. Schmidbauer, 2007, S. 322 - 323.
46
Vgl. ebd., S. 323 - 325.
47
Vgl. Schneider, 2013, S. 12.
48
Vgl. Hillert / Marwitz, 2006, S. 75
49
Vgl. Schmidbauer, 2007, S. 323 - 325.

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Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2014
ISBN (eBook)
9783956363634
ISBN (Paperback)
9783956367076
Dateigröße
2.9 MB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen; Duisburg
Erscheinungsdatum
2014 (Oktober)
Schlagworte
Erschöpfung Burnout Burn-out Depression am Arbeitsplatz Produktivität Krank Karanktheiten psychische Krankheiten Stress
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Titel: Erforschung des Burnout-Syndroms unter
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