Lade Inhalt...

Flexibler Übergang in die Rente Lebensarbeitszeitkonten: das zukünftige Instrument in der Personalpolitik

Leitfaden zur Störfallabwicklung und Störfallvorsorge

©2012 Bachelorarbeit 57 Seiten

Zusammenfassung


Angesichts der demografischen Entwicklung in Deutschland und der Verschiebung des gesetzlichen Rentenbeginns auf das 67. Lebensjahr müssen bereits heute attraktive Lösungen gefunden werden, um eine Überalterung der Mitarbeiterstruktur in den Betrieben zu verhindern und um Arbeitnehmern einen flexiblen, abschlagsfreien und gleitenden Übergang in die Altersrente zu ermöglichen.
Auf Grund von stark abfallenden Geburtenjahrgängen und der zunehmenden Verlängerung der Lebenserwartung befinden sich die Altersvorsorgesysteme in einem drastischen Wandel. Die höhere Lebenserwartung bewirkt eine höhere Rentenbezugsdauer. Im Jahr 2010 betrug die durchschnittliche Bezugsdauer 18,5 Jahre, was eine Steigerung von über 2,7 Jahre im Vergleich zu 1995 beinhaltet. Mit Einführung der Erhöhung des Rentenbeginns, will man zum einen die Bezugszeit verkürzen und zum anderen erreichen, dass die Arbeitnehmer länger in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Dennoch wird die gesetzliche Rentenversicherung, neben der betrieblichen und privaten Altersvorsorge, in nächster Zukunft nicht mehr in der Lage sein, den Bedarf der Altersvorsorge als tragende Säule weitreichend abdecken zu können.
Die Lösung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die einen flexiblen Übergang vom Berufsleben in den vorzeitigen Ruhestand präferieren, könnte die Einführung und Vereinbarung von Lebensarbeitszeitkontenmodellen sein. Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren bei diesem Modell, dass Teile des Arbeitsentgeltes, nicht unmittelbar nach erbrachter Arbeitsleistung abzugelten sind, sondern auf ein separates Konto gutgeschrieben werden. Das angesparte Guthaben kann dann unmittelbar vor Renteneintritt verwendet werden, um dem Arbeitnehmer einen frühzeitigeren flexiblen Ausstieg aus dem Arbeitsleben zu ermöglichen.
Ziel dieser Arbeit ist es Lebensarbeitszeitkonten als eine für Arbeitnehmer und Arbeitgeber vorteilhafte Alternative zu betrieblichen Altersvorsorgekonzepten näher zu beleuchten und als sinnvolles personalpolitisches Instrument in den Fokus der Betriebe zu rücken. Darüber hinaus soll aufgezeigt werden, was bei einem möglichen Störfall aus Sicht des Arbeitgebers und Arbeitnehmers alles zu berücksichtigen ist und wie Störfälle im Lebensarbeitszeitmodell bereits im Vorfeld vermieden werden können.

Leseprobe

Inhaltsverzeichnis


Jäger, Maik: Flexibler Übergang in die Rente Lebensarbeitszeitkonten: das zukünftige
Instrument in der Personalpolitik. Leitfaden zur Störfallabwicklung und
Störfallvorsorge, Hamburg, Diplomica Verlag GmbH 2014
PDF-eBook-ISBN: 978-3-95636-343-6
Herstellung: Diplomica Verlag GmbH, Hamburg, 2014
Zugl. Fachhochschule Schmalkalden, Schmalkalden, Deutschland, Bachelorarbeit, 2012
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung
außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages
unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen,
Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden und die Diplomica Verlag GmbH, die
Autoren oder Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine
Haftung für evtl. verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
Alle Rechte vorbehalten
© Diplom.de, Imprint der Diplomica Verlag GmbH
Hermannstal 119k, 22119 Hamburg
http://www.diplom.de, Hamburg 2014
Printed in Germany

Danksagung
Ich danke meinem betreuenden Dozenten, Prof. Dr. Müller-Grune, für die sehr gute
Betreuung, insbesondere seine intensive Auseinandersetzung mit der Arbeit sowie
seine kritischen Anmerkungen und wertvollen Hinweise.
Besonderer Dank gilt auch meinen Freunden, Bekannten und meiner Familie, die
mir bei der Fertigstellung der Arbeit hilfreich zur Seite standen und mir in vielerlei
Hinsicht eine wichtige Stütze waren.

II
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ... II
Abkürzungsverzeichnis ... IV
1
Einführung und Problemhintergrund ... - 1 -
2
Funktion und praktische Bedeutung von Lebensarbeitszeitkonten ... - 4 -
2.1
Funktionsweise von Arbeitszeitkonten ... - 4 -
2.2
Ausprägungen von Arbeitszeitkonten ... - 5 -
2.2.1
Begrifflichkeit Kurzzeitkonten ... - 5 -
2.2.2
Begrifflichkeit Langzeitkonten ... - 6 -
2.2.3
Begrifflichkeit Lebensarbeitszeitkonten ... - 6 -
2.3
Ziele und Beweggründe zur Einführung ... - 6 -
2.3.1
Beweggründe für Arbeitnehmer ... - 7 -
2.3.2
Beweggründe für Arbeitgeber ... - 8 -
2.4
Aufbau und Kontoführung von Wertguthaben ... - 9 -
2.4.1
Aufbau von Wertguthaben ... - 9 -
2.4.1.1
Entgeltumwandlung in Wertguthaben ... - 9 -
2.4.1.2
Aufbau mit Hilfe von Demografiefonds ... - 10 -
2.4.2
Kontoführung von Wertguthaben ... - 10 -
2.4.2.1
Finanzierung, Verwaltung und Verzinsung ... - 10 -
2.4.2.2
Führung von Wertguthaben ... - 12 -
3
Gesetzliche Rahmenbedingungen ... - 13 -
3.1
Geltungsbereich ... - 13 -
3.2
Öffentlich-rechtlicher Rahmen ... - 13 -
3.3
Gestaltung der vertraglichen Vereinbarung ... - 15 -
3.4
Steuerrechtliche Behandlung ... - 16 -
3.4.1
Steuerliche Behandlung beim Arbeitnehmer ... - 16 -
3.4.1.1
Steuerliche Behandlung während der Ansparphase ... - 16 -
3.4.1.2
Steuerliche Behandlung während der Freistellungsphase ... - 16 -
3.4.1.3
Steuerliche Behandlung bei Störfällen ... - 17 -
3.4.2
Steuerliche Behandlung beim Arbeitgeber ... - 18 -
3.4.2.1
Steuerliche Behandlung während der Ansparphase ... - 18 -
3.4.2.2
Steuerliche Behandlung im Störfall und in der Freistellung ... - 19 -
3.5
Sozialversicherungsrechtliche Behandlung ... - 19 -
3.5.1
Behandlung in der Ansparphase ... - 20 -
3.5.2
Behandlung in der Freistellungsphase ... - 20 -
3.5.3
Behandlung im Störfall ... - 21 -

III
4
Störfälle und Störfallvorsorge ... - 22 -
4.1
Insolvenzsicherung ... - 22 -
4.1.1
Gesetzliche Verpflichtung zur Insolvenzsicherung ... - 22 -
4.1.2
Haftung bei Verletzung der Insolvenzsicherungspflicht ... - 22 -
4.1.3
Insolvenzsicherung anhand Contractual Trust Arrangements ... - 23 -
4.2
Portabilität von Wertguthaben ... - 27 -
4.2.1
Arbeitgeberwechsel, Arbeitslosigkeit, Betriebsübergang ... - 27 -
4.2.2
Übertragung auf die Deutsche Rentenversicherung Bund ... - 29 -
4.2.3
Tod des Arbeitnehmers ... - 31 -
4.3
Problemfelder während der Freistellungsphase ... - 32 -
4.3.1
Urlaubsansprüche ... - 32 -
4.3.2
Ansprüche nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz ... - 33 -
5
Kritikpunkte ... - 34 -
6
Zusammenfassung ... - 36 -
7
Ausblick ... - 38 -
Abbildungsverzeichnis ... IV
Literaturverzeichnis ... VIII
Anhang ... XIII

IV
Abkürzungsverzeichnis
a.a.O.
am angegebenen Ort
Abs.
Absatz
Abb.
Abbildung
ArbZG
Arbeitszeitgesetz
Art.
Artikel
BetrAVG
Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung
BetrVG Betriebsverfassungsgesetz
BGB
Bürgerliches
Gesetzbuch
BMF
Bundesministerium
für
Finanzen
BSG
Bundessozialgericht
bspw.
beispielsweise
BÜV
Bauüberwachungsverband
BurlG
Bundesurlaubsgesetz
bzw.
beziehungsweise
CTA
Contructual
Trust
Arangement
d.h.
das
heißt
EFZG
Entgeltfortzahlungsgesetz
EStG
Einkommenssteuergesetz
EU
Europäische
Union
f.
folgende
ff.
fort
folgende
HGB
Handelsgesetzbuch
h.M.
herrschende
Meinung
Hrsg.
Herausgeber
InsO
Insolvenzordnung

V
i.d.R.
in
der
Regel
i.S.d.
im
Sinne
des
i.V.m.
in
Verbindung
mit
KStG
Körperschaftssteuergesetz
KWG
Gesetz über das Kreditwesen
LStDV
Lohnsteuerdurchführungsverordnung
p.a.
per anno (pro Jahr)
Rn.
Randnummer
S.
Seite/Satz
SGB
Sozialgesetzbuch
TVG Tarifvertragsgesetz
u.a.
unter
anderem
vgl.
vergleiche

- 1 -
1 Einführung und Problemhintergrund
Angesichts der demografischen Entwicklung in Deutschland und der Verschiebung
des gesetzlichen Rentenbeginns auf das 67. Lebensjahr müssen bereits heute
attraktive Lösungen gefunden werden, um eine Überalterung der Mitarbeiterstruktur
in den Betrieben zu verhindern und um Arbeitnehmern einen flexiblen,
abschlagsfreien und gleitenden Übergang in die Altersrente zu ermöglichen.
Auf Grund von stark abfallenden Geburtenjahrgängen und der zunehmenden
Verlängerung der Lebenserwartung befinden sich die Altersvorsorgesysteme in
einem drastischen Wandel. Die höhere Lebenserwartung bewirkt eine höhere
Rentenbezugsdauer. Im Jahr 2010 betrug die durchschnittliche Bezugsdauer 18,5
Jahre, was eine Steigerung von über 2,7 Jahre im Vergleich zu 1995 beinhaltet.
1
Mit
Einführung der Erhöhung des Rentenbeginns, will man zum einen die Bezugszeit
verkürzen und zum anderen erreichen, dass die Arbeitnehmer länger in die
gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Dennoch wird die gesetzliche
Rentenversicherung, neben der betrieblichen und privaten Altersvorsorge, in
nächster Zukunft nicht mehr in der Lage sein, den Bedarf der Altersvorsorge als
tragende Säule
2
weitreichend abdecken zu können.
3
Denkbar nah würde hier als Lösung eine Erhöhung der Rentenversicherungsbeiträge
liegen. Diese ist jedoch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht nicht vorstellbar, um das
Finanzierungsproblem zu lösen. Denn Deutschland unterliegt schon jetzt, auf Grund
von hohen Arbeits- und Lohnnebenkosten, einem extremen Wettbewerbsnachteil im
internationalen Vergleich
4
. Folglich werden immer mehr Unternehmensstandorte
und Arbeitsplätze in Niedriglohnländer umgesiedelt. Eine Entlastung durch
Aufstockung der gesetzlichen Rentenversicherung würde aus
wettbewerbspolitischer Sicht grundlegend nur weitere Probleme schaffen. Der Staat
und die Unternehmen müssen daher neue Anreize zum Aufbau einer zusätzlichen
1
Vgl. dazu URL 1.
2
,,drei Säulen Theorie der Altersvorsorge" ­ gesetzliche Altersvorsorge, betriebliche Vorsorge,
private Vorsorge.
3
Rott, Lebensarbeitszeitkonten ­ die Ideallösung für den Vorruhestand, BC 2004, S. 214.
4
Arbeitgeber in der deutschen Privatwirtschaft bezahlten im Jahr 2011 durchschnittlich 30,10 Euro
für eine geleistete Arbeitsstunde. Damit lag Deutschland in der EU auf Rang sieben.
Vgl. dazu Abb. 1.

- 2 -
Altersversorgung schaffen, um das Defizit aus der gesetzlichen Rentenversicherung
zu decken.
5
Weiterhin muss es eine Lösung geben um der Überalterung in den Betrieben
entgegenzuarbeiten, da es bei Erhöhung des gesetzlichen Renteneintritts auf das 67.
Lebensjahr bei einer Vielzahl von Berufen zu einer Steigerung der körperlichen
Belastung im Alter kommt. Folglich könnte es zu einer Erhöhung des
durchschnittlichen Krankenstandes in den Betrieben kommen. Vor allem in
Berufsfeldern in denen im Schichtdienst gearbeitet wird, steigt der Krankenstand im
Alter besonders stark an. Problematisch ist außerdem, dass in vielen Bereichen es
älteren Arbeitnehmern auch sehr schwer fällt mit der technologischen Entwicklung
Schritt zu halten.
6
Dies sollte vor allem durch Frühverrentungssystemen und Altersteilzeitmodellen,
die von vielen Unternehmen angeboten werden, verhindert werden. Diese bieten
dem Unternehmen, die Möglichkeit auf eine erhöhte Altersstruktur zu reagieren und
können eine sozial gerechte Lösung im Falle eines betrieblichen Personalabbaus
sein. Aber durch diese Systeme wird die Rentenversicherung gleich doppelt
belastet, da sie zu einer Verkürzung der Lebensarbeitszeit führen und die
,,Rentenkasse" schon wesentlich früher belasten, als eigentlich angedacht. Die
Frühverrentung würde aber auch den Bedürfnissen der Arbeitnehmer entsprechen,
welche heute schon im Schnitt mit 61,3 Jahren
7
ihre Altersrente beschreiten und
wenig Interesse haben bis zum 67. Lebensjahr zu arbeiten.
Die Lösung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die einen flexiblen Übergang vom
Berufsleben in den vorzeitigen Ruhestand präferieren, könnte die Einführung und
Vereinbarung von Lebensarbeitszeitkontenmodellen sein. Arbeitgeber und
Arbeitnehmer vereinbaren bei diesem Modell, dass Teile des Arbeitsentgeltes, nicht
unmittelbar nach erbrachter Arbeitsleistung abzugelten sind, sondern auf ein
separates Konto gutgeschrieben werden. Das angesparte Guthaben kann dann
5
Wolf, Lebensarbeitszeitmodelle - Eine Alternative zu betrieblichen Altersvorsorgekonzepten ­
eine Vorteilhaftigkeitsbetrachtung für Unternehmer und Arbeitnehmer, Hamburg, 2007, S. 1 f..
6
Vgl. Abb. 2.
7
Vgl. Abb. 3.

- 3 -
unmittelbar vor Renteneintritt verwendet werden, um dem Arbeitnehmer einen
frühzeitigeren flexiblen Ausstieg aus dem Arbeitsleben zu ermöglichen.
8
Obwohl das Interesse von Unternehmen an Lebensarbeitszeitkonten zunehmend
wächst, werden diese bislang nur von wenigen Unternehmen angeboten und auch
genutzt. Lediglich ca. drei Prozent aller Unternehmen in Deutschland nutzen
Lebensarbeitszeitkonten. Es fällt hierbei auf, dass dieses Modell besonders bei
größeren Betrieben zum Einsatz kommt. Zumindest acht Prozent der Betriebe mit
über 1000 Beschäftigten bieten ihren Arbeitnehmern das
Lebensarbeitszeitkontenmodell an. Besonders weit verbreitet in Deutschland sind
Lebensarbeitszeitkonten derzeit im Fahrzeugbausektor. Rechtliche Unsicherheiten
und Risiken in Hinsicht auf eventuelle Störfälle, wie der Insolvenzsicherung und die
unvorhersehbare Länge der Vereinbarung zum Aufbau eines
Lebensarbeitszeitkontos lassen dieses personalpolitische Instrument jedoch für
kleine und mittlere Unternehmen zunächst als unattraktiv erscheinen.
9
Ziel dieser Arbeit ist es Lebensarbeitszeitkonten als eine für Arbeitnehmer und
Arbeitgeber vorteilhafte Alternative zu betrieblichen Altersvorsorgekonzepten näher
zu beleuchten und als sinnvolles personalpolitisches Instrument in den Fokus der
Betriebe zu rücken. Darüber hinaus soll aufgezeigt werden, was bei einem
möglichen Störfall aus Sicht des Arbeitgebers und Arbeitnehmers alles zu
berücksichtigen ist und wie Störfälle im Lebensarbeitszeitmodell bereits im Vorfeld
vermieden werden können.
8
Heide, Lebensarbeitszeitkonten aus arbeitsrechtlicher Sicht, Mannheimer Schriften zum
Unternehmensrecht, 1. Auflage, 2008, S. 22 ff..
9
Ergebnisse einer DIHK-Unternehmensbefragung (Hrsg.), ,,Individuell und flexibel
Wettbewerbsfaktor Arbeitszeitgestaltung",2004, vgl. PDF 1.

- 4 -
2 Funktion und praktische Bedeutung von
Lebensarbeitszeitkonten
2.1 Funktionsweise von Arbeitszeitkonten
Unter dem Begriff der flexiblen Arbeitszeitkonten zählt man grundsätzlich alle
Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, bei denen geleistete
Arbeitszeit oder erzielte Arbeitsentgelte in einen späteren Abrechnungszeitraum
fallen, um diese für eine Freistellungsphase von der Arbeit zu verwenden.
Unterschieden werden hierbei zum einen die Ansparphase und zum anderen die
Freistellungsphase. In der Ansparphase werden Wertguthaben
10
zur Finanzierung
für zukünftig folgende Freistellungsphasen gebildet.
11
Die Wertguthaben werden
meist über einen Treuhänder verwaltet und bei einer Kapitalanlagegesellschaft
angelegt.
12
In der Freistellungsphase erbringt der Arbeitnehmer hingegen keine
Arbeitsleistung, währenddessen er weiterhin sein Arbeitsentgelt vom Arbeitgeber,
durch die sukzessive Auflösung seines Lebensarbeitszeitkontos, bezieht.
13
Abb. 4: ContiTIME, Ablauf des Lebensarbeitszeitmodells der Continental AG
10
Unter dem Begriff Wertguthaben sind alle im Rahmen der vertraglichen flexiblen
Arbeitszeitregelungen erzielten Guthaben zu verstehen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Guthaben
in Geldkonten oder in Zeitkonten geführt werden. (Spitzenorganisation der Sozialversicherung
[Hrsg.], Sozialrechtliche Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen ­ Auswirkungen auf das
Versicherungs-, Beitrags- und Melderecht vom 29.08.2003, S. 20).
11
Vgl. Punkt 2.4.
12
Vgl. Punkt 2.4.2.
13
Wolf, Lebensarbeitszeitmodelle - Eine Alternative zu betrieblichen Altersvorsorgekonzepten ­ eine
Vorteilhaftigkeitsbetrachtung für Unternehmer und Arbeitnehmer, Hamburg, 2007, S. 3 f..

- 5 -
Das angesparte Wertguthaben muss aber nicht zwingend, wie angedacht, für
Freistellungsphasen verwendet werden. Kommt es zu einem unverhofften Störfall
14
,
dann kommt es grundsätzlich zu einer Auszahlung des Guthabens, wobei dann
Steuer- und Sozialversicherungsabgaben sofort fällig werden. Aufgrund der
alternativen Auszahlung des Einmalbetrages spricht man hier von einem
alternativen Instrument der betrieblichen Entgeltumwandlung
15
, da hierbei die
Möglichkeit besteht eine zusätzliche Altersvorsorge aufzubauen.
16
2.2 Ausprägungen von Arbeitszeitkonten
2.2.1 Begrifflichkeit Kurzzeitkonten
Kurzzeitkonten, auch Flexibilisierungskonten genannt, werden in der Regel in
,,Zeit" geführt. Diese werden wie Gleitzeitkonten oder Jahresarbeitszeitkonten
produktions- und saisonal abhängig monatlich bzw. jährlich ausgeglichen. Denkbar
sind nicht nur Überstunden, die der Mitarbeiter anspart, sondern auch
Minusstunden, die der Arbeitnehmer später wieder herausarbeiten muss. Diese
Flexibilisierung der Arbeitszeit soll vor allem der ,,work-life-balance"
17
und somit
den Mitarbeitern im Unternehmen zu Gute kommen, aber sie dient auch dazu um
auf Auftragsschwankungen besser reagieren zu können. Kurzzeitkonten unterliegen
keiner Insolvenzsicherungspflicht, da sie zumeist für einen kurzfristigen und
kurzzeitigen Arbeitszeitausgleich angedacht sind und da in vielen Betrieben ein
Ansammeln von Arbeitszeit zum Freizeitausgleich nur in bestimmten Grenzen
möglich ist. Diese Grenze ist beispielsweise in vielen Betrieben bei 150 Plusstunden
und 50 Negativstunden angesetzt.
18
14
In den Fällen, in denen das Wertguthaben, nicht wie vereinbart, für eine Zeit der Freistellung
verwendet wird, spricht man von sogenannten Störfällen. (Spitzenorganisation der
Sozialversicherung [Hrsg.], Sozialrechtliche Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen ­
Auswirkungen auf das Versicherungs-, Beitrags- und Melderecht vom 29.08.2003, S. 64).
15
Um eine durch Entgeltumwandlung finanzierte betriebliche Altersversorgung handelt es sich,
wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren, künftige Arbeitslohnansprüche zugunsten einer
betrieblichen Altersversorgung herabzusetzen. (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG).
16
Wolf, Lebensarbeitszeitmodelle - Eine Alternative zu betrieblichen Altersvorsorgekonzepten ­ eine
Vorteilhaftigkeitsbetrachtung für Unternehmer und Arbeitnehmer, Hamburg, 2007, S. 3 f..
17
Unter work-life-balance ist ein ausgewogenes Verhältnis von Arbeit und Privatleben zu verstehen.
18
Rott, Lebensarbeitszeitkonten ­ die Ideallösung für den Vorruhestand, BC 2004, S. 214 ff..

- 6 -
2.2.2 Begrifflichkeit Langzeitkonten
Langzeitkonten hingegen ermöglichen dem Arbeitnehmer eine längere Ansparphase
auf seinem Arbeitszeitkonto. Diese werden oftmals für sogenannte ,,Sabbaticals"
19
,
längere Reisen oder Erziehungszeiten genutzt, ohne dass der Mitarbeiter dabei auf
sein Gehalt verzichten muss. Langzeitkonten können in Zeit oder aber auch in Geld
geführt werden. Es ist dabei zwingend darauf zu achten, dass die Konten vor einem
Insolvenzfall des Unternehmens gesichert werden, wenn diese das Dreifache der
monatlichen Bezugsgröße der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 18 SGB IV
betragen und sich länger als 27 Monate gemäß § 23b Absatz 3a SGB IV aufbauen.
Bestehen Überkapazitäten kann das Konto zur Vermeidung von Kurzarbeit benutzt
werden. Dieses Arbeitszeitmodell soll vor allem hoch qualifizierte Fachkräfte an
das Unternehmen binden.
20
2.2.3 Begrifflichkeit Lebensarbeitszeitkonten
Lebensarbeitszeitkonten sind Arbeitszeitkonten auf die der Mitarbeiter
Wertguthaben während seiner gesamten Erwerbstätigkeit anspart. Sie dienen
lediglich dem Vorruhestand und zielen nicht wie Langzeitkonten in erster Linie auf
die Flexibilisierung während der Erwerbstätigkeit ab. Das heißt, das Wertguthaben
wird direkt vor Beginn der gesetzlichen Altersrente für eine Freistellungsphase
verwendet. Das angesammelte Wertguthaben muss daher auch nicht zur
Vermeidung einer drohenden Kurzarbeit aufgelöst werden, § 170 SGB III.
Lebensarbeitszeitkonten werden grundsätzlich in Geld geführt und sind genauso wie
Langzeitkonten gegen Insolvenz abzusichern.
21
2.3 Ziele und Beweggründe zur Einführung
Die Flexibilisierung von Arbeitszeit gibt sowohl Arbeitnehmern als auch
Arbeitgebern die Möglichkeit ihre individuellen Ziele weiter zu forcieren.
Besonders bei der Einführung von Lebensarbeitszeitkonten müssen alle Beteiligten
sich ihrer Zielvorstellungen und ihrer Interessen bewusst sein, um das Konzept
19
Unter einem ,,Sabbatical" versteht man eine flexible Arbeitszeitgestaltung, die es dem
Arbeitnehmer ermöglicht für eine längere Zeit unter Beibehaltung seiner Bezüge aus dem
Arbeitsleben auszuscheiden, um sich privaten Interessen oder beruflichen Weiterbildungen zu
widmen. (vgl. PDF 2).
20
Jacobsen/ Klups/ Skorsczk, Lebensarbeitszeitkonten, Betriebsberater, BB-Special 4/2007, S. 2.
21
Klemm, Lebensarbeitszeitkonten ­ ein Modell für die Zukunft, NZA, 23. Jg. (2006), S. 946 ff..

Details

Seiten
Erscheinungsform
Originalausgabe
Jahr
2012
ISBN (eBook)
9783956363436
ISBN (Paperback)
9783956366871
Dateigröße
712 KB
Sprache
Deutsch
Institution / Hochschule
Hochschule Schmalkalden, ehem. Fachhochschule Schmalkalden
Erscheinungsdatum
2014 (September)
Note
1,3
Schlagworte
Lebensarbeitszeikonten Work-Life-Balance demografischer Wandel Lösung Personalpolitik
Zurück

Titel: Flexibler Übergang in die Rente Lebensarbeitszeitkonten: das zukünftige Instrument in der Personalpolitik
book preview page numper 1
book preview page numper 2
book preview page numper 3
book preview page numper 4
book preview page numper 5
book preview page numper 6
book preview page numper 7
book preview page numper 8
book preview page numper 9
book preview page numper 10
book preview page numper 11
book preview page numper 12
book preview page numper 13
57 Seiten
Cookie-Einstellungen